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Hygiene im Krankenhaus ist ein ständig aktuelles Thema. Die Gewährleistung der Sicherheit von Patienten und Mitarbeitern verlangt demzufolge umfassende Kenntnisse und ständige Fortbildung. Die 4., aktualisierte Auflage dieses Standardwerkes entspricht den Anforderungen, die an eine moderne Krankenhaushygiene gestellt werden. Mehr noch: Auch der außerklinische Bereich (stationäre und ambulante Einrichtungen der Altenhilfe) wird mit in den Fokus genommen. Das Buch vermittelt die Grundlagen der Krankenhaushygiene und ihre konkrete Umsetzung. Auszubildende lernen hier die wichtigsten Bausteine einer sorgfältigen Hygiene, und Mitarbeiter erweitern ihre Kenntnisse, ohne umfangreiche Fachliteratur wälzen zu müssen. Nützlich: Tabellen im Anhang listen viele Erreger und die entsprechenden Hygienemaßnahmen auf. So ist das Buch ein unverzichtbarer Ratgeber im Pflegealltag.
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Seitenzahl: 354
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Peter Bergen
BasiswissenKrankenhaushygiene
Hygienegrundlagenfür Gesundheitsberufe
4., aktualisierte Auflage
Aktuelles Basiswissen
Maßnahmen & Umsetzung
Für Ausbildung & Praxis
Der Autor:Peter Bergen arbeitet als Hygienefachkraft im Niedersächsischen Landesgesundheitsamt. Er ist seit vielen Jahren in der Aus- und Fortbildung von Hygienebeauftragten tätig.
Peter BergenFreiherr-vom-Stein-Str. 731141 Hildesheim
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89993-823-4 (Print)ISBN 978-3-8426-8555-0 (PDF)
© 2014 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. Die im Folgenden verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig für beide Geschlechter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind. Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, ohne dass dieses besonders gekennzeichnet wurde.
Reihengestaltung:
Groothuis, Lohfert, Consorten | glcons.de
Satz:
PER Medien+Marketing GmbH, Braunschweig
Druck:
Vorwort
Teil A Grundlagen
1Grundbegriffe
1.1Gesundheit und Krankheit
1.2Prävention
1.2.1Primärprävention
1.2.2Sekundärprävention
1.2.3Tertiärprävention
1.3Hygiene
1.3.1Expositions- und Dispositionsprophylaxe
1.3.2Hygienezweige
1.3.3Krankenhaushygiene
1.4Geschichtliche Entwicklung der Krankenhaushygiene
1.4.1Erste Ansätze
1.4.2Entdeckung der Asepsis und Antisepsis
1.4.3Entdeckung der Antibiotika
1.5Qualität
1.5.1Definition
1.5.2Qualitätsforderungen
1.5.3Qualitätsmerkmale
1.5.4Qualitätsmanagement
1.5.5Qualität und Krankenhaushygiene
2Mikrobiologische Grundkenntnisse
2.1Definitionen
2.2Bakterien
2.2.1Aufbau
2.2.2Eigenschaften und Einteilung
2.2.3Therapie
2.3Pilze
2.3.1Aufbau und Morphologie
2.3.2Eigenschaften
2.3.3Therapie
2.4Protozoen
2.5Viren
2.5.1Aufbau
2.5.2Vermehrung und Eigenschaften
2.5.3Therapie
2.6Viroide, Prionen und Bakteriophagen
2.6.1Viroide
2.6.2Prionen
2.6.3Bakteriophagen
3Infektiologische Grundkenntnisse
3.1Definitionen
3.1.1Infektion, Kolonisation und Kontamination
3.1.2Epidemiologische Begriffe
3.2Entstehung und Übertragung von Infektionen
3.2.1Entstehung endogener Infektionen
3.2.2Entstehung exogener Infektionen
3.2.3Infektionsabwehr
3.2.4Reaktionen des Körpers bei einer Infektion
3.3Entstehung und Übertragung nosokomialer Infektionen
3.3.1Definition und Auslegung des Begriffes
3.3.2Ursachen und Verteilung
3.3.3Erreger nosokomialer Infektionen
3.3.4Allgemeine Entstehung nosokomialer Infektionen
4Grundlagen zur mikrobiologischen Diagnostik
4.1Nachweis und Identifizierung von Bakterien
4.1.1Ausgangssituation und Fragestellungen
4.1.2Der Laborauftrag
4.1.3Entnahme und Transport von Untersuchungsmaterial
4.1.4Laboruntersuchungen
4.2Nachweis und Identifizierung von Mikrophyten und Protozoen
4.3Nachweis und Identifizierung von Viren
4.3.1Ausgangssituation und Fragestellungen
4.3.2Laboruntersuchungen
5Grundlagen zu Reinigung, Desinfektion und Sterilisation
5.1Definitionen
5.1.1Fachbegriffe
5.1.2Wirkungsbereiche
5.1.3Reinigung, Desinfektion und Sterilisation
5.2Der Sinnersche Kreis
5.3Reinigung
5.3.1Definitionen
5.3.2Reinigungsmittel
5.3.3Wasser
5.3.4Reinigungsverfahren
5.4Desinfektion
5.4.1Einteilung der Desinfektionsverfahren
5.4.2Physikalische Desinfektionsverfahren
5.4.3Chemische Desinfektionsverfahren
5.4.4Chemothermische Desinfektionsverfahren
5.5Organisation von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen
5.5.1Fortlaufende Reinigung und Desinfektion
5.5.2Schluss- und Raumdesinfektion
5.5.3Desinfektionsmittellisten
5.6Sterilisation
5.6.1Fachbegriffe
5.6.2Sterilisationsverfahren
6Grundlagen zur Parasitologie und zur Schädlingsbekämpfung
6.1Grundbegriffe
6.1.1Begriffe der Parasitologie
6.1.2Begriffe der Schädlingsbekämpfung
6.2Schädlingsprophylaxe und -bekämpfung
6.2.1Prophylaxe und Früherkennung
6.2.2Bekämpfung
6.3Die wichtigsten Schädlinge und Parasiten
6.3.1Keimverschlepper
6.3.2Ektoparasiten
6.3.3Endoparasiten
7Rechtliche Grundlagen
7.1Rechtssituation
7.1.1Der rechtliche Rahmen
7.1.2Verantwortlichkeiten
7.1.3Ordnungswidrigkeiten
7.1.4Delikte
7.1.5Vertragsverletzungen
7.2Krankenhausexterne Regelwerke
7.2.1Verbindlichkeiten
7.2.2Infektionsschutzgesetz
7.2.3Hygieneverordnungen der Länder
7.2.4Medizinproduktegesetz und -betreiberverordnung
7.2.5Biostoffverordnung
7.2.6Berufsgenossenschaftliche Regelwerke
7.2.7Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (KRINKO)
7.2.8Normen und andere Empfehlungen
Teil B Basishygiene
8Organisation der Krankenhaushygiene
8.1Hygienekommission
8.2Hygienefachpersonal
8.2.1Krankenhaushygieniker
8.2.2Hygienebeauftragte Ärzte
8.2.3Hygienefachkräfte
8.2.4Hygienebeauftragte Pflegekräfte
8.2.5Krankenhausdesinfektor
8.3Krankenhausinterne Regelwerke
8.3.1Verbindlichkeit
8.3.2Hygieneplan
8.3.3Reinigungs- und Desinfektionspläne
8.3.4Weitere interne Regelwerke
8.4Surveillance
8.4.1Infektionserfassung
8.4.2Durchführung der Surveillance
8.5Beaufsichtigung der Krankenhäuser
8.5.1Aufgaben der Gesundheitsämter
8.5.2Aufgaben des Gewerbeaufsichtsamtes
8.5.3Aufgaben des Veterinäramtes
9Arbeits- und Personalhygiene
9.1Infektionsgefahren am pflegerischen Arbeitsplatz
9.2Organisation der Arbeitssicherheit
9.2.1Der Arbeitsschutzausschuss
9.2.2Fachkräfte für Arbeitssicherheit
9.2.3Sicherheitsbeauftragte
9.2.4Betriebsärzte
9.2.5Umsetzung der Bio- und der Gefahrstoffverordnung
9.3Schutzimpfungen
9.3.1Organisation
9.3.2Impfempfehlungen
9.4Äußeres Erscheinungsbild
9.5Dienstkleidung und Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
9.5.1Dienstkleidung
9.5.2Bereichskleidung
9.5.3Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
9.5.4Schutzausrüstung zum Schutz des Patienten
9.6Händehygiene
9.6.1Ziele und Vorgaben der Händehygiene
9.6.2Händereinigung
9.6.3Hygienische Händedesinfektion
9.6.4Chirurgische Händedesinfektion
9.6.5Kontaminationsvermeidung
9.6.6Handpflege
9.7Prävention von Stichverletzungen und Verhalten im Verletzungsfall
10Umgebungshygiene
10.1Baulich-funktionelle Hygienemaßnahmen
10.1.1KRINKO-Einteilung der Krankenhausbereiche
10.1.2Reine und unreine Seiten
10.1.3Schleusen
10.1.4Trinkwasserversorgung
10.1.5Handwaschplätze
10.1.6Belüftung und Klimatisierung
10.2Flächenreinigung und -desinfektion
10.2.1Regelwerke
10.2.2Fortlaufende Flächenreinigung und -desinfektion
10.3Krankenhausbetten
10.3.1Anforderungen an die Aufbereitung
10.3.2Durchführung der Bettenaufbereitung
10.4Krankenhauswäsche
10.4.1Anforderungen an die Aufbereitung
10.4.2Sortierung von Schmutzwäsche
10.4.3Regeln für den Umgang mit Frisch- und Schmutzwäsche
10.5Krankenhausabfälle
10.5.1Regelwerke und Organisation
10.5.2Einteilung von Krankenhausabfällen
10.5.3Regeln für den Umgang mit Abfällen
11Lebensmittelhygiene
11.1Regelwerke
11.2Schädigungsfaktoren bei Lebensmitteln
11.3Lebensmittelvergiftungen und ihre Ursachen
11.3.1Primäre und sekundäre Keimbelastungen
11.3.2Entstehung von Keimpotenzialen
11.4Forderungen und Maßnahmen
11.4.1Hygieneforderungen für Großküchen
11.4.2Hygieneforderungen für Stationsküchen
12Arzneimittelversorgung
12.1Infektionsrisiken durch Arzneimittel
12.2Arzneimittellagerung
12.3Arzneimittelvorbereitung und -austeilung
13Aufbereitung von Medizinprodukten
13.1Anforderungen an die Aufbereitung
13.1.1Aussagen der MPBetreibV
13.1.2Aussagen der KRINKO- und BfArM-Empfehlungen
13.2Aufbereitung unkritischer und semikritischer Medizinprodukte
13.2.1Aufbereitung unkritischer Medizinprodukte
13.2.2Aufbereitung semikritischer Medizinprodukte
13.3Aufbereitung kritischer Medizinprodukte
13.3.1Organisation
13.3.2Chargierung
13.3.3Durchführung
Teil C Spezielle Krankenhaushygiene
14Infektionsprävention bei ausgewählten medizinisch-pflegerischen Maßnahmen
14.1Allgemeine Risiken und Aspekte
14.1.1Infektionsrisiken
14.1.2Hygienische Anforderungen
14.1.3Delegation ärztlicher Tätigkeiten
14.2Körperpflegemaßnahmen
14.2.1Infektionsrisiken
14.2.2Hygienegerechte Durchführung von Körperwaschungen
14.2.3Hygienegerechte Durchführung der Mund- und Zahnpflege
14.2.4Hygienegerechter Umgang mit Utensilien des Patienten
14.3Inhalation und Sauerstoffapplikation
14.3.1Infektionsrisiken
14.3.2Hygienemaßnahmen
14.4Beatmung
14.4.1Infektionsrisiken
14.4.2Pathogenese der Beatmungspneumonie
14.4.3Prävention der Beatmungspneumonie
14.5Tracheostoma und Trachealkanüle
14.5.1Begriffserläuterungen
14.5.2Infektionsrisiken
14.5.3Hygiene- und Pflegemaßnahmen
14.6Punktion, Injektion und Blutentnahme
14.6.1Infektionsrisiken
14.6.2Hygienemaßnahmen
14.7Infusion
14.7.1Infektionsrisiken
14.7.2Pathogenese von Infektionen der Blutbahn im Rahmen einer Infusionstherapie
14.7.3Prävention von nosokomialen Infektionen der Blutbahn
14.8Transfusion
14.8.1Risiken
14.8.2Organisation
14.8.3Hygienegerechte Durchführung
14.9Enterale Ernährung
14.9.1Infektionsrisiken
14.9.2Hygienegerechte Durchführung
14.10Harndrainage
14.10.1Infektionsrisiken
14.10.2Pathogenese der katheterassoziierten Harnwegsinfektion
14.10.3Prävention der katheterassoziierten Harnwegsinfektion
14.11Operation und postoperative Wundversorgung
14.11.1Infektionsrisiken
14.11.2Rahmenbedingungen der Hygiene bei operativen Eingriffen
14.11.3Hygienemaßnahmen in der präoperativen Phase
14.11.4Hygienemaßnahmen in der intraoperativen Phase
14.11.5Postoperative Hygienemaßnahmen innerhalb der Operations-abteilung
14.11.6Postoperative Hygienemaßnahmen außerhalb der Operations-abteilung
15Isolierung und weitere Maßnahmen im Infektionsfall
15.1Isolierungsformen
15.2Organisation von Isolierungsmaßnahmen
15.2.1Festlegung und Anordnung von Isolierungsmaßnahmen
15.2.2Sicherung des Informationsflusses
15.2.3Wahrnehmung der Meldepflicht
15.2.4Ausbruchsmanagement
15.3Quellenisolierung
15.3.1Indikationen
15.3.2Maßnahmen
15.3.3Durchführung einer Quellenisolierung am Beispiel MRSA
15.4Schutzisolierung
15.4.1Allgemeines
15.4.2Schulung
15.4.3Unterbringung
15.4.4Raumluft
15.4.5Wasserversorgung
15.4.6Ernährung
15.4.7Medikamentenversorgung
15.4.8Durchführung bzw. Gestaltung von medizinisch-pflegerischen Maßnahmen
15.4.9Personalhygiene
16Hygiene in speziellen Krankenhausbereichen
16.1Spezielle stationäre Krankenhausbereiche
16.1.1Allgemeines
16.1.2Intensivstationen
16.1.3Dialyseabteilung
16.1.4Neonatologische Stationen
16.2Funktionsbereiche
16.2.1Allgemeines
16.2.2Anästhesieabteilung
16.2.3Zentrale Notaufnahme
16.2.4Endoskopieabteilung
16.2.5Physiotherapie
17Hygiene in außerklinischen Bereichen
17.1Hygiene in Arztpraxen
17.2Hygiene in Alten- und Pflegeeinrichtungen
17.2.1Allgemeine Informationen
17.2.2Infektionsgefahren
17.3Hygienemaßnahmen
17.3.1Hygieneorganisation
17.3.2Personalhygiene
17.3.3Umgebungshygiene
17.3.4Lebensmittelhygiene
17.3.5Hygiene im Zusammenhang mit medizinisch-pflegerischen Maßnahmen
17.3.6Infektionsintervention
17.4Hygiene in ambulanten Pflegediensten
Abkürzungsverzeichnis
Literatur
Anhang A
Anhang B
Anhang C
Anhang D
Register
Krankenhausinfektionen tragen dazu bei, dass Patienten zusätzliche, teilweise bleibende gesundheitliche Schäden erleiden, wobei auch die Todesfolge nicht auszuschließen ist. Die Quote vermeidbarer Krankenhausinfektionen hängt maßgeblich davon ab, inwieweit die entsprechenden Hygienemaßnahmen konsequent und sachkundig umgesetzt werden. Dies verlangt von allen am Patienten tätigen Personen grundlegende Kenntnisse in Belangen der Krankenhaushygiene.
Dieses Lehrbuch will allen interessierten und in der Ausbildung befindlichen Pflegepersonen ein praktisch verwertbares Hygienewissen für den Klinikalltag vermitteln. Hierfür wurde »Basiswissen Krankenhaushygiene« neu überarbeitet und aktualisiert. Durch seinen übersichtlichen Aufbau ist dieses Werk als Lehrbuch und als Nachschlagewerk gleichermaßen nutzbar.
Ganz herzlich bedanken möchte mich bei meiner Lektorin Claudia Flöer und bei den weiteren, an diesem Buch beteiligten Mitarbeitern der Schlüterschen Verlagsgesellschaft.
Hildesheim, im Juli 2014
Peter Bergen
Für die Begriffe »Gesundheit« und »Krankheit« gibt es je nach Betrachtungsweise unterschiedliche Auslegungen:
• »Gesundheit ist die Intaktheit des Menschen in seelisch-geistiger, körperlicher und sozialer Hinsicht.« (Medizinische Auslegung)
• »Gesundheit ist der Zustand völligen körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Wohlbefindens.« (Auslegung der WHO)
• »Gesundheit ist die Fähigkeit, sich an eine gegebene belebte, unbelebte und soziale Umwelt sowohl in seelischer, wie auch in körperlicher Hinsicht ständig neu und jeweils optimal anzupassen.« (Auslegung der Hygieniker Beck und Schmidt)
Gemäß letzterer Definition erkranken wir an veränderlichen Umgebungsfaktoren, wenn wir uns ihnen nicht (oder nicht mehr) anpassen (adaptieren) können. Faktoren wie Lärm, Strahlung, Umgebungstemperatur, Nahrung, Mikroorganismen oder soziale Anforderungen wirken als Exposition auf uns ein. Von unserer momentanen Verfassung, von unserer Disposition, hängt es ab, inwiefern wir diese Einwirkungen mit Hilfe unseres Nerven-, Hormon- und Immunsystems, unserer weiteren physischen Fähigkeiten, unserer Sinne und unserer intellektuellen Fähigkeiten im Sinne einer Anpassung »verarbeiten« können. Was nicht »verarbeitet« werden kann, ist mit einer Überforderung gleichzusetzen und erzeugt einen Zustand, der als Stress bezeichnet wird. Umgebungsfaktoren, die Stress erzeugen, werden Stressoren genannt.
Die Fähigkeit des Körpers, trotz aller äußeren Veränderungen das Gleichgewicht seiner Funktionen aufrechtzuerhalten, wird als »Homöostase« bezeichnet. Durch die Regelmechanismen der Homöostase befinden wir uns oft in Zuständen, die man als »relativ gesund« oder »relativ krank« bezeichnen kann.
Beispiel: An einem heißen Sommertag bei hoher Luftfeuchtigkeit kommt es schnell zur übermäßigen Erhitzung des Körpers. Die Mechanismen der Homöostase sorgen dafür, dass die übermäßige Wärme durch Schwitzen bzw. durch Verdunstungskälte abgegeben wird. Wenn die Wärme ein gewisses Maß nicht übersteigt, sorgen diese Mechanismen der Homöostase für einen Erhalt der Körperfunktionen und des Wohlbefindens. Wenn die Wärme dem noch zu kompensierenden Grenzwert näher kommt, wird sich die betreffende Person den Stressoren Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit immer weniger anpassen können, was Störungen des Wohlbefindens und ihrer Körperfunktionen zur Folge haben wird: Ihr ist zu heiß, sie fühlt sich unwohl und ist nur noch bedingt leistungsfähig. Wenn die Wärme dauerhaft diesen Grenzwert übersteigt, dekompensiert die Homöostase mit der Gefahr, dass die betreffende Person erkrankt (z. B. Hitzschlag).
Das Bemühen, unerwünschte Zustände oder Sachverhalte (wie Katastrophen, Verarmung, Erkrankungen) zu vermeiden oder zumindest abzumildern, wird Prävention genannt, wobei drei Stufen unterschieden werden:
• Primärprävention (Krankheitsvorbeugung),
• Sekundärprävention (Krankheitsfrüherkennung),
• Tertiärprävention (Verhütung einer Krankheitsverschlechterung).
Als »Primärprävention« bezeichnet man Maßnahmen, die eine Schädigungsgefahr abwenden sollen. Einerseits soll das Individuum vor krankheitsauslösenden Faktoren (Risikofaktoren bzw. Stressoren) geschützt (Expositionsprophylaxe) und andererseits gegenüber krankheitsauslösenden Faktoren gestärkt werden (Dispositionsprophylaxe).
Beispiel: Risikofaktoren für den Bluthochdruck sind u. a. Übergewicht, Stress oder Genussgifte. Primärprävention wäre z. B. eine Aufklärung über die Risikofaktoren, Vermeidung von Stress, Meidung von Genussgiften, Stärkung und Gegenlenkung, z. B. durch Sport oder sinnvolle Freizeitgestaltung.
Die Sekundärprävention will vorhandene Risikofaktoren erfassen, beherrschen und beseitigen, um so das Eintreten einer Schädigung zu verhindern.
Beispiel: Zu den sekundärpräventiven Maßnahmen bei Bluthochdruck zählen die Gewichtsreduktion, Stressreduktion (z. B. autogenes Training) oder Entwöhnung von Genussgiften.
Maßnahmen der Tertiärprävention werden ergriffen, wenn eine Schädigung bereits eingetreten ist und ein Fortschreiten, eine Verstärkung oder der Eintritt unerwünschter Folgen vermieden werden soll.
Beispiel: Komplikationen des Bluthochdrucks wären u. a. Arterienverkalkung, Durchblutungsstörungen, Gefahr des Herzinfarktes oder des Schlaganfalls. Verhindern ließe sich dies durch tertiärpräventive Maßnahmen wie die medikamentöse Behandlung des Bluthochdrucks, eine angepasste Ernährung (kalorien- und natriumarm) oder evtl. Veränderungen im Arbeitsleben (z. B. Umschulung oder Frührente)
Das Wort »Hygiene« leitet sich ab von »Hygiea« (griechische Göttin der Gesundheit). Hygiene lässt sich mit Begriffen wie »Gesunderhaltung« oder »Gesundheitsvorsorge« oder »medizinischer Primärprävention« übersetzen.
Die Hygiene kennt zwei grundsätzliche Präventionsprinzipien:
• Expositionsprophylaxe, d. h. die unbelebte, belebte und soziale Umwelt so zu beeinflussen, dass aus ihr eine möglichst geringe Gefahr für den Menschen hervorgeht und er sich ihr anpassen kann.
Beispiel: Um einer Grippe-Ansteckung durch Atemtröpfchen vorzubeugen, ist es sinnvoll, einen Mundschutz zu tragen und erkrankte Personen von gesunden zu trennen.
• Dispositionsprophylaxe, d. h. den Menschen so zu fördern und zu beeinflussen, dass er sich den Anforderungen seiner Umwelt anpassen kann.
Beispiel: Um einer Grippe-Erkrankung vorzubeugen ist es sinnvoll, sich gegen die mutmaßlichen Infektionserreger impfen zu lassen.
Weil Gesundheit sehr unterschiedliche Aspekte und Dimensionen hat (siehe Kap. 1.1), ergeben sich auch unterschiedliche Hygienezweige:
• Umwelthygiene, soweit hier die belebte oder unbelebte Umwelt gemeint ist.
• Sozialhygiene, wenn es sich um die menschliche Gesellschaft handelt (= soziale Umwelt).
• Psychohygiene, wenn es darum geht, psychischen und seelischen Störungen vorzubeugen.
Die Individualhygiene soll den einzelnen Menschen befähigen, die Sorge um die eigene Gesundheit selbst übernehmen zu können, um seine Leistungsfähigkeit zu steigern und zu erhalten. Dies betrifft Aspekte wie Körperpflege, Ernährung, Kleidung, Freizeitgestaltung und allgemeine Gesundheitsvorsorge.
Beispiele für Wirkungsfelder: Sportunterricht, Ernährungsberatung, Gesundheitserziehung und Mütterberatung.
Die Umwelthygiene will Risikofaktoren aus der unbelebten und belebten Umwelt vermeiden, mindern oder ausschalten. Als Umwelthygiene bezeichnet man vor allem den Umweltschutz in Form des Luft-, Wasser oder Bodenschutzes.
Beispiele für Wirkungsfelder: Erfassung der Ozonwerte, Abgasuntersuchung, Pollenwarndienst, Abfallbeseitigungsgesetz, Recycling
Die Sozialhygiene wendet sich gegen Schädigungen und Gefahren, die aus der sozialen Gemeinschaft entstehen können. Sie will bewirken, dass die soziale Gemeinschaft in Frieden und Wohlstand miteinander leben kann.
Ihre Aufgaben liegen
• in der Erforschung der Krankheits- und Todesursachen, durch die Epidemiologie;
• in der Regelung des menschlichen Miteinanders, durch entsprechende Gesetzgebung;
• im Schutz vor Krankheit, Arbeitslosigkeit oder -unfähigkeit oder Unfällen durch die Sozialversicherungen;
• in der Gewährleistung von Bildung, Gesundheit und Sicherheit;
• im Erhalt und der menschengerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes.
Beispiele für Wirkungsfelder: Verkehrsplanung, Jugendschutz, Schulbildung, Suchtberatung, Rentenversicherung und Schutz vor Berufskrankheiten.
Die Psychohygiene ist bemüht, schädigende Einflüsse für die Psyche des Individuums fernzuhalten; bzw. das Individuum befähigen mit diesen Einflüssen angemessen umgehen zu können. Psychohygiene wirkt erfassend, aufklärend und beratend.
Beispiele: Lenkung der Medien, Kranken- und Sterbebegleitung, Hilfe zur Selbstverwirklichung.
• keine Gesundheitsschäden, insbesondere Infektionen, auftreten (Prävention);
• auftretende Gesundheitsschäden und Infektionen so zeitnah wie möglich erkannt werden;
• diese so rasch wie möglich unter Kontrolle gebracht werden, sodass ihre Weiterverbreitung verhindert wird.«
Gemäß der RKI-Definition sind die Aufgabengebiete und Wirkungsfelder der Krankenhaushygiene vielfältig:
• Auf Patienten bezogen kann es sich u. a. um die Erkennung, Verhütung und Kontrolle von Infektionen, allergischen Reaktionen, Immobilitätsfolgen (wie z. B. Kontrakturen), psychischen Schädigungen (z. B. psychischer Hospitalismus) oder Strahlenschäden (vor allem Röntgenstrahlen) handeln, die mit dem Aufenthalt in Einrichtungen des Gesundheitswesen bzw. mit der Durchführung medizinisch-pflegerischer Maßnahmen im Zusammenhang stehen.
• In Hinblick auf das Personal stehen Gefahren und Gesundheitsrisiken in Form von Verletzungen (z. B. Kanülenstichverletzungen), Infektionen, Rückenschäden, Allergien (z. B. Desinfektionsmittel) oder Strahlenschäden im Vordergrund.
Personen, die sich beruflich mit Krankenhaushygiene befassen, wie z. B. Krankenhaushygieniker oder Hygienefachkräfte, deuten den Begriff »Krankenhaushygiene« jedoch nahezu ausschließlich unter mikrobiologischen bzw. infektiologischen Aspekten. Daher ist es allgemein üblich, die Krankenhaushygiene mit der Erkennung, Verhütung und Kontrolle von Krankenhausinfektionen (nosokomialen Infektionen) gleichzusetzen. Die anderen Teilgebiete werden gewöhnlich separat betrachtet (z. B. als Unfallverhütung, Strahlenschutz, pflegerische Prophylaxen usw.).
Es ist hervorzuheben, dass sich der Begriff »Krankenhaushygiene« nicht nur auf Krankenhäuser, sondern auch auf andere Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie z. B. Alten- und Pflegeheime, Reha-Einrichtungen, Tageskliniken oder Arztpraxen bezieht.
In Hinblick auf nosokomiale Infektionen gibt es für den Patienten (von allgemeinen gesundheitsfördernden Maßnahmen abgesehen) wenig Möglichkeiten zur Dispositionsprophylaxe, sodass es sich bei krankenhaushygienischen Maßnahmen zum Schutz des Patienten fast ausschließlich um Expositionsprophylaxe handelt, wie z. B.:
• hygienegerechte Gestaltung der baulichen Umgebung und der Einrichtung,
• hygienisch zuverlässige Aufbereitung von Medizinprodukten, wie chirurgischem Instrumentar und medizinisch-technischer Geräte,
• präventionsorientierte Regelung von Betriebs- und Arbeitsabläufe oder
• Schutz vor infizierten Mitpatienten und anderen Keimpotenzialen.
Das Personal kann sich dagegen durch Impfungen (z. B. gegen Hepatitis B), Aufklärung (z. B. vor Kanülenstichverletzungen) oder Einübung unfallvermeidender Betriebsabläufe (z. B. im Zuge der Instrumentenaufbereitung) schützen. Hinzu kommen wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz vor Expositionen (z. B. durch Schutzkleidung), sodass das Pflegepersonal allgemein ein geringeres Infektionsrisiko, als der Patient trägt.
Unter Surveillance im Sinne der Krankenhaushygiene versteht man die fortlaufende Kontrolle, Beobachtung und Datenauswertung einer bestimmten Patientengruppe unter bestimmten Fragestellungen (z. B. Pneumoniehäufigkeit im Hinblick auf die Beatmungstage der Patienten einer Intensivstation). Das Ziel der Surveillance besteht darin, Qualitätsparameter im Sinne der Krankenhaushygiene zu schaffen, also Maßstäbe zu setzen, an denen Infizierungstendenzen abgelesen werden können.
Krankenhausinfektionen sind zu einem Großteil unvermeidbar und gehören damit zum Alltagsgeschehen in Akutkrankenhäusern oder vergleichbaren Einrichtungen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich im Krankenhaus epidemische Geschehen, sog. »Infektionsausbrüche« entwickeln können. Über Kontrollmaßnahmen versucht man, dieser Gefahr entgegenzutreten. Hierzu zählen:
• routinemäßige mikrobiologische Untersuchungen von Geräten und Einrichtungen,
• indizierte mikrobiologische Untersuchungen von Patienten und evtl. ihrer Umgebung,
• Isolierungsmaßnahmen im Infektionsfall und
• das wertende Beobachten (= Auditieren) von Arbeitsabläufen.
Vor allem in Deutschland basierten Hygienemaßnahmen bis in die 1990er-Jahre fast ausnahmslos auf Empfehlungen von Arbeitskreisen oder Experten in Ableitung von traditionellen Vorstellungen, logischen Rückschlüssen, mikrobiologischen Nachweisen oder Qualitätsansprüchen. Thematisch beschäftigte man sich vorwiegend mit der baulichen Gestaltung bestimmter Krankenhausbereiche, mit Desinfektions- und Sterilisationsmaßnahmen sowie mit betriebsorganisatorischen Fragen. Diese Arbeits- und Sichtweise wird als traditionelle Krankenhaushygiene bezeichnet.
Über die Effizienz der traditionellen Krankenhaushygiene lassen sich nur indirekte Aussagen treffen (z. B. anhand der Verringerung von Keimpotenzialen). Ob sich durch die Einhaltung der empfohlenen Hygienemaßnahmen der erhoffte Effekt erzielen lässt (z. B. ob sich Infektionsquoten dadurch wirklich senken lassen) bleibt jedoch weit gehend offen.
In den 1980er-Jahren begann man in den USA auf Initiative des Centers for Disease Control (CDC) mit Hilfe von z. T. groß angelegten kontrollierten Studien zu erforschen, welche Hygienemaßnahmen und Arbeitsabläufe die Gefahr von nosokomialen Infektionen vermindern. Über eine Kategorieneinteilung wurde klargestellt, welche Hygieneempfehlungen sich belegen und beweisen (evident) lassen und auf welche das weniger oder gar nicht zutrifft. Die in Deutschland für die Krankenhaushygiene maßgeblichen KRINKO-Empfehlungen (siehe Kap. 7.2.7 und Anhang D, Pos. 1) wurden einer solchen Kategorieneinteilung unterzogen.
Die Arbeits- und Sichtweise, Hygieneempfehlungen stets mit einem Effizienznachweis zu verbinden, nennt sich evidenzbasierte Krankenhaushygiene. Eng verbunden mit der evidenzbasierten Krankenhaushygiene ist die Durchführung einer fortlaufenden Infektionserfassung und -auswertung (Surveillance, siehe Kap. 8.4) als Grundlage und zur Ausrichtung effizienter Hygienemaßnahmen.
Die Gewährleistung einer ausreichenden Ernährung, die Sorge um die Erhaltung der Gesundheit, der Umgang mit Kranken, die Versorgung von Kriegsverletzten oder die Beseitigung von Leichen waren seit jeher gesellschaftliche Probleme, die es zu bewältigen galt. Um den Fortbestand der Gemeinschaft und die Gesundheit des Einzelnen zu sichern, wurden Gesetze und Regelungen geschaffen sowie infrastrukturelle Maßnahmen in Angriff genommen:
• Man kannte schon in der Antike Zusammenhänge zwischen Verwesung und Krankheitsentstehung und wusste um die Ansteckungsfähigkeit infizierter Personen. Die »12 Tafeln Roms« verboten z. B. die Bestattung innerhalb der Stadt, die Bibel berichtet über die Isolation Leprakranker. Die antiken Städte des Mittelmeerraumes besaßen bereits eine hoch entwickelte Wasserversorgung, durch die fäkal-orale Kreisläufe unterbunden werden sollten.
• Die im Mittelalter grassierenden Seuchen (Pest, Pocken, Lepra) erforderten in Verbindung mit einer immer dichteren Bevölkerung neue Regeln für das Zusammenleben. Neben der Einführung von Hafensperren, Quarantäne oder Anzeigepflicht für ansteckende Erkrankungen entstanden in dieser Zeit in Europa Leprosorien (Siedlungen, in denen Leprakranke isoliert von der Außenwelt lebten) und Hospitäler bzw. Lazarette, die als Vorläufer heutiger Krankenhäuser betrachtet werden können (ohne mit ihnen direkt vergleichbar zu sein).
Bis ins 18. Jahrhundert hinein glaubte man jedoch, dass Infektionen durch schlechte Gerüche (Miasmen) und ansteckende Substanzen (Kontagien) übertragen werden. Wundeiterungen und Fieber hielt man für einen normalen Abschnitt des Heilungsverlaufes. Die einzig wirksame Methode zur Infektionsverhütung war die Isolierung.
Ein Krankenhausbetrieb im heutigen Sinne war bis kurz vor 1900 kaum möglich. Hierzu fehlten wesentliche Errungenschaften, wie das Wissen um die Übertragung und Verhütung von Infektionskrankheiten, die Erfindung der Narkose oder die Etablierung von Sozialversicherungen. Die Diagnostik, Therapie und Pflege von Kranken erfolgte daher – wenn irgend möglich – im eigenen Heim.
Die moderne Krankenhaushygiene gewann ihren Ursprung aus logischen Schlussfolgerungen bestimmter Beobachtungen; zunächst unabhängig von mikrobiologischen Erkenntnissen.
Die wichtigste Beobachtung machte in dieser Hinsicht Ignaz Philipp Semmelweis um 1847. Er stellte fest, dass Gebärende, die von Ärzten untersucht wurden, wesentlich häufiger an Kindbettfieber (lebensbedrohliche Infektion der Gebärmutter) erkrankten, als jene, die von Hebammen untersucht wurden. Er schlussfolgerte richtig, dass der wesentlichste Unterschied darin bestand, dass die Ärzte im Gegensatz zu den Hebammen sezierten und nahm an, dass die Ärzte Kontagien (»Leichengift«) auf die Gebärenden übertragen konnten.
Zur Bekämpfung führte Semmelweis Waschungen durch Chlorwasser ein (desinfizierende Substanz), die schnell zur Senkung der Infektionsrate beitrugen. Semmelweis’ Methode basierte also auf der Erkenntnis, dass eine Infektion vermieden wird, wenn die Übertragung von infektionsauslösenden Substanzen bzw. Mikroorganismen verhindert wird.
Dieses Prinzip, eine Infektionsübertragung durch Hygienemaßnahmen zu verhindern, wird als Asepsis bezeichnet. Zu den aseptischen Maßnahmen gehört neben der Händedesinfektion u. a. der Gebrauch steriler Instrumente und Abdeckmaterialien bei Operationen oder die Nutzung von Schleusensystemen zur Trennung reiner und unreiner Krankenhausbereiche.
Joseph Lister begann um 1865 Operationen unter einem Karbolnebel (Karbol ist ein phenolhaltiges Desinfektionsmittel) durchzuführen. Lister ging davon aus, dass Infektionserreger in der Operationswunde unvermeidbar vorhanden sind und daher bekämpft werden müssen.
Das Prinzip, vorhandene Infektionserreger zur Vermeidung bzw. zur Bekämpfung einer Infektion abzutöten bzw. zu reduzieren, nennt man Antisepsis. Zu den antiseptischen Maßnahmen zählen u. a. die Hautdesinfektion vor invasiven Eingriffen, wie Operationen oder Punktionen, die desinfizierende Behandlung infizierter Wunden oder desinfizierende Waschungen zur Beseitigung multiresistenter Krankheitserreger (z. B. MRSA, siehe Kap. 15.3.3.1).
Asepsis und Antisepsis waren lange Zeit die einzig wirksamen Waffen gegen Krankenhausinfektionen. Schon um 1900 waren aseptische Operationen unter Verwendung steriler Instrumente allgemein etabliert. Infizierte sich jedoch ein Patient trotz dieser Maßnahmen, waren die therapeutischen Möglichkeiten sehr begrenzt. Dies änderte sich, als Alexander Flemming 1928 das Penizillin und Gerhard Domagk 1935 das Sulfonamid entdeckte. Mit diesen Substanzen war es erstmals war es möglich, Patienten zu behandeln, die an einer bakteriellen Infektion erkrankt waren.
Leider wurden diese als Antibiotika bezeichneten Medikamente in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und teilweise bis heute ohne eine angemessene Indikationsstellung angewandt. Die Folge war eine ausgeprägte Entwicklung sekundärer Resistenzen (siehe Kap. 2.2.2 und 2.2.3) bei verschiedenen Krankheitserregern, wie z. B. Staphylokokken oder Streptokokken, mit dem Ergebnis, dass die einstmals sehr wirksamen Antibiotika zunehmend versagten. Diese Entwicklung wird als infektiöser Hospitalismus bezeichnet. Die Antwort bestand (und besteht) darin, wirksamere Medikamente zu entwickeln, die aber erfahrungsgemäß wiederum durch Resistenzen an Wirksamkeit verlieren.
Die Deutsche Gesellschaft für Qualitätssicherung (DGQ) definiert Qualität als „die Gesamtheit der Merkmale, die ein Produkt oder eine Dienstleistung zur Erfüllung vorgegebener Forderungen geeignet macht«.
Die DIN EN ISO 9000 stellt mit der Definition »Qualität ist das Verhältnis zwischen realisierter und geforderter Beschaffenheit« einen Zusammenhang zwischen Erwartung und Realität her.
Die in der Industrie und der freien Wirtschaft etablierten Maßnahmen zur Schaffung und Sicherung von Qualität werden seit dem Gesundheitsreformgesetz von 1988 auch von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens in den maßgeblichen Regelwerken gefordert.
• Nach SGB V haben Krankenkassen und Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. § 137 befasst sich explizit mit der Qualitätssicherung bei zugelassenen Krankenhäusern und fordert u. a. einen zweijährig vorzulegenden Qualitätsbericht.
• Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) verpflichtet Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen zur Ergreifung infektionspräventiver Maßnahmen und zur Durchführung einer Surveillance (siehe Kap. 8.4). Die damit verbundene fortlaufende Erfassung und Auswertung nosokomialer Infektionen ermöglicht eine Aussage zur Hygienequalität eines Krankenhauses.
• Auch das Medizinproduktegesetz (MPG) und die damit verbundene Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) ist darauf ausgerichtet, hinsichtlich der Betriebssicherheit und der Bedienung medizinischtechnischer Geräte und Medizinprodukte Qualität zu schaffen und zu sichern.
Als Qualitätsmerkmale werden Anforderungen an die Struktur, den Prozess und das Ergebnis einer Leistung bezeichnet:
• Als Strukturqualität bezeichnet man die Rahmenbedingungen einer Leistung, d. h. die organisatorischen, personellen, informativen, baulich-funktionellen und bildungsbezogenen Merkmale.
• Die Prozessqualität bezieht sich auf den Ablauf einer Leistung, der z. B. in Form von Standards, aber auch im Hygieneplan oder in Reinigungs- und Desinfektionsplänen festgelegt sein kann.
• Die Ergebnisqualität misst den Zustand nach Erbringung einer Leistung, also am Pflege- oder Behandlungsergebnis bzw. an der Zufriedenheit der Patienten.
Die Erbringung einer stetigen bzw. sich fortwährend steigernden Qualität ist ein prozesshaftes Geschehen (so wie der Pflegeprozess), der ein entsprechendes Management verlangt. Als Hilfestellung für solche Prozesse gibt es normative Regelungen, wobei die EN ISO 9000 (bzw. 9001, 9004) am bekanntesten ist. Vereinfacht gesagt geht es beim Qualitätsmanagement nach EN ISO 9000 darum, die Strukturqualität und die Regeln zur Erbringung der Prozessqualität zu erfassen, zu bewerten, nach entsprechender Korrektur im Hinblick auf Vollständigkeit und Korrektheit zu überprüfen und anschließend in regelmäßigen Abständen zu überwachen.
So wird sichergestellt, dass die jeweilige Einrichtung für ihre Betriebsabläufe korrekte (d. h. den geltenden Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften entsprechende) Regelungen hinsichtlich der Zielvorgaben, Verantwortlichkeiten, Dokumentationen, Korrekturmaßnahmen, Fehlervermeidung etc. erarbeitet hat und diese auch einhält. Durch systematische Beobachtung und Einsichtnahme in die Dokumentation (Zertifizierungsaudit) wird durch ein unabhängiges Institut (z. B. TÜV) überprüft, ob dies auch tatsächlich zutrifft. Über ein erfolgreiches Audit wird dem Krankenhaus bzw. der Einrichtung ein Zertifikat ausgestellt; die Einrichtung gilt dann als »zertifiziert«.
Durch angewandte Hygiene sollen unerwünschte Geschehnisse so selten wie möglich vorkommen. Eine gute Hygiene ist somit Qualitätsbestandteil jeder medizinisch-pflegerischen Leistung und muss durch zahlreiche Überprüfungsmaßnahmen fortlaufend sichergestellt werden. Dies erfolgt in Form von:
• Begehungen und Audits durch krankenhausinterne und -externe Personen und Institutionen,
• festgelegte Messungen und Checklisten, z. B. im Rahmen der Lebensmittelverarbeitung oder der lnstrumentenaufbereitung,
• regelmäßige mikrobiologische Untersuchungen hygienerelevanter Einrichtungen, Geräte und Instrumente, wie z B. Desinfektionsautomaten, Sterilisatoren, Dialysegeräte, Endoskope usw. durch das Hygienefachpersonal und
• fortwährende Erfassung und Auswertung von Infektionsfällen (Surveillance).
Von Qualität im Sinne der Krankenhaushygiene kann gesprochen werden, wenn die am Patienten erbrachten Leistungen nachweislich so durchgeführt werden, dass alle dem heutigen Wissensstand entsprechenden Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen wurden, um nosokomial bedingte Erkrankungen zu vermeiden. Der Erfolg der Krankenhaushygiene misst sich in erster Linie daran, wie sich das Vorkommen nosokomialer Schädigungen (speziell Infektionen) vor Ort zu den Referenzdaten verhält (siehe Anhang D, Pos. 2). Die Erbringung effizienter Hygienemaßnahmen muss inner- und außerhalb des Krankenhauses nachvollziehbar sein. Daher müssen Arbeitsabläufe in Standards dokumentiert und überprüfbar (validierbar) erbracht werden.
Überprüfen Sie Ihr Wissen!
1. Worin unterscheiden sich Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention?
2. Welches Ziel hat die Expositions- und welches die Dispositionsprophylaxe?
3. Was bedeutet der Begriff »Hygiene« und welche Hygienezweige werden allgemein unterschieden?
4. Wie wird der Begriff »Krankenhaushygiene« definiert und mit welchen Aspekten ist er verbunden?
5. Welchen Gefahren und Gesundheitsrisiken sind Patienten und Personal im Krankenhaus ausgesetzt?
6. Wie erklärte man sich bis ins 18. Jahrhundert hinein die Entstehung von Infektionen?
7. Welche Entdeckung machte Ignaz Philipp Semmelweis und welche Joseph Lister?
8. Welches Prinzip und welche Hygienemaßnahmen sind mit dem Begriff »Asepsis« und welche mit dem Begriff »Antisepsis” verbunden?
9. Was bezeichnet man als infektiösen Hospitalismus?
10. In welcher Weise steht der Begriff »Qualität« mit der Krankenhaushygiene in Verbindung?
Medizinische Mikrobiologie ist die Lehre und Wissenschaft von den Mikroorganismen, die für den Menschen als Krankheitserreger von Bedeutung sind.
Innerhalb der medizinischen Mikrobiologie gibt es Untergruppen wie:
Hiervon abzugrenzen ist die Parasitologie, die sich mit Lebewesen befasst, deren Existenz mit der Schädigung des Wirtes einhergeht (z. B. Würmer, Flöhe oder Läuse).
Mikroorganismen sind Kleinstlebewesen in Form von Bakterien, Viren, Pilzen und Protozoen, die teilweise in der Lage sind, Infektionserkrankungen im menschlichen Körper zu erzeugen.
Bakterien sind einzellige Mikroorganismen, die sich in Größe, Form und Eigenschaften erheblich voneinander unterscheiden. Ihr grundsätzlicher Aufbau besteht aus (Abb. 2.1):
• einer Zellwand, die dem Bakterium eine äußere Stabilität verleiht,
• einer Zytoplasmamembran, die als Pufferzone gegen Druckschwankungen schützt, die Aufnahme von Nahrung und die Abgabe von Ausscheidungen steuert und am Aufbau der Zellwand beteiligt ist sowie
• einem Kernäquivalent, das als Zellkernersatz fungiert.
Einige Bakterien können höchst widerstandsfähige Dauerformen (»Sporen«) bilden.
Darüber hinaus kann ein Bakterium über zusätzliche Anlagen verfügen wie:
• eine Kapsel, die es vor äußeren Einflüssen schützt,
• eine oder mehrere Geißeln, die eine gewisse selbstständige Fortbewegung ermöglichen,
• Fimbrien und Pili, die dem Bakterium ein besseres Anhaftvermögen verleihen und evtl. auch den Austausch ringförmiger Partikel (Plasmide) mit Erbinformation gestatten.
Als wichtiger ergänzender Faktor kommt die Fähigkeit einiger Bakterien hinzu, krankheitsauslösende Gifte (Toxine) oder Eiweiß spaltende Stoffe (Enzyme) bilden zu können. Man unterscheidet Gifte, die vom Bakterium aktiv abgesondert werden (Exotoxine) und Gifte, die erst beim Zerfall des Bakteriums frei werden (Endotoxine).
Abb. 2.1: Allgemeiner Aufbau von Bakterien.
•Vermehrung: Bakterien vermehren sich durch Zellteilung, wobei zwei gleiche Kopien entstehen. Varianten sind durch Mutation (Veränderung von Erbgut) oder Transformation (Übertragung von Erbgut) dennoch möglich.
•Umgebungstemperatur: Die für den Menschen bedeutsamen Bakterien bevorzugen Körpertemperatur.
•Nahrungsbedarf: Bakterien brauchen ebenso wie andere Lebewesen gewisse Grundnahrungsmittel, wie Kohlenstoff, Wasser, Vitamine usw., wobei jedoch die Bedürfnisse von Art zu Art stark variieren.
•Färbeverhalten: Um Bakterien unter dem Lichtmikroskop sichtbar zu machen, werden sie eingefärbt. Routinemäßig findet die sog. »Gramfärbung« Anwendung, die eine Einteilung in grampositiv (mit einer einschichtigen dicken Zellwand) und gramnegativ (mit einer mehrschichtigen dünnen Zellwand) erlaubt.
•Form und Anlagerung: Die Form (kugel-, stäbchen- oder schraubenförmig) und das Anlagerungsverhalten (in Haufen, Paaren oder Ketten) geben Anhaltspunkte über die Art des Bakteriums.
•Sauerstoffbedarf: Bakterien, die auf das Vorhandensein von Luftsauerstoff (O2) angewiesen sind, werden als »obligat aerob« bezeichnet. Bakterien, die keinen Luftsauerstoff vertragen, als »obligat anaerob« und Bakterien, die sich beiden Zuständen anpassen können, als »fakultativ aerob« bzw. »anaerob«.
•Wirtsverhältnisse: Ein Bakterium kann auf Grund seiner Bedürfnisse (z. B. Temperatur, Nährstoffe) eine wirtsgebundene oder ungebundene Lebensweise entwickeln. Diesbezüglich unterscheidet man:
•Pathogenität: Die weitaus meisten Bakterien sind für den Menschen ungefährlich und damit apathogen. Wenn eine Bakterienart bei einem ungeimpften Menschen in der Regel eine Infektion hervorruft, gilt sie als »obligat pathogen«. »Fakultativ pathogene« Bakterien verursachen nur unter ganz bestimmten Umständen, speziell bei einer Abwehrschwäche eine Infektion.
•Virulenz: Das Ausmaß einer Pathogenität wird mit dem Begriff »Virulenz« gekennzeichnet, das auf vier Eigenschaften von Bakterien Bezug nimmt:
– Infektiosität
– Adhärenz
– Gewebsaffinität
– Toxizität
•Resistenz: Bakterien können eine »angeborene« (= primäre) und/oder »erworbene« (= sekundäre) Widerstandskraft gegen antibakteriell wirkende Medikamente (= Antibiotika) besitzen bzw. entwickeln. Ein großes Problem sind vor allem die zunehmenden sekundären Resistenzen, die u. a. für Erreger nosokomialer Infektionen typisch sind (siehe Kap. 3.3.3).
Bei bakteriellen Infektionen werden bakterienabtötende (bakterizide) oder vermehrungshemmende (bakteriostatische) Arzneimittel verordnet, die als Antibiotika bezeichnet werden. Zu den Antibiotika gehören die Penicilline, Cephalosporine, Tetracycline, Makrolide, Gyrasehemmer und zahlreiche Kombinationen dieser Substanzen.
Jedes Antibiotikum wirkt nur gegen bestimmte Gruppen oder Arten (selektive Wirkung). Wenn ein Mittel nur gegen wenige Bakteriengruppen und -arten einsetzbar ist, spricht man von einem Schmalspektrumantibiotikum – ist es gegen viele einsetzbar, von einem Breitspektrum- oder Breitbandantibiotikum. Auf Grund ihrer primären Resistenz bieten bestimmte Bakterienarten für einige antibiotische Wirkstoffe von vornherein kein Angriffsziel, andererseits versagen einstmals wirksame Arzneimittel, weil die betreffende Bakterienart eine sekundäre Resistenz gebildet hat. Dies hat dazu beigetragen, dass in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ein Sockel stets wiederkehrender, schwer therapierbarer Bakterien im Sinne einer Endemie (ständiges Auftreten einer Erkrankung in einem begrenzten Gebiet) anzutreffen ist. Die Ursachen sind vor allem in der falschen bzw. missbräuchlichen Anwendung der Antibiotika zu suchen:
• mangelnde Empfindlichkeitsprüfung der Erreger (Kultur und Resistenzuntersuchung) im Infektionsfall und im Zuge einer antibiotischen Therapie,
• Unterdosierung antibiotischer Medikamente,
• Anwendung wenig geeigneter Präparate gegen den betreffenden Mikroorganismus,
• zu frühes Beenden einer antibiotischen Therapie und
• Vorkommen antibiotischer Rückstände in Lebensmitteln (Fleisch).
Bei einigen bakteriellen Erkrankungen (z. B. Pneumokokken-Infektionen oder Diphtherie) sind Impfungen möglich.
Hinsichtlich der Desinfizierbarkeit gibt es bei Bakterien erhebliche Unterschiede: Nicht sporenbildende Bakterien oder Bakterien, die sich nicht in Sporenform befinden, lassen sich mit den üblichen Desinfektionsmitteln in der Regel gut abtöten. Als Sporen sind Bakterien dagegen so resistent, dass einige Bakterienarten, z. B. der Gasbranderreger, nicht durch Desinfektionsmittel bekämpft werden können.
Hinweis
Im Anhang A finden Sie Beispiele von Erkrankungen, die durch Bakterien verursacht werden.
Pilze im Sinne der Mikrobiologie sind einzellige Lebewesen (Mikrophyten), die gegenüber Bakterien größer sind, einen differenzierteren Aufbau haben und grundsätzlich unbeweglich sind.
Hinsichtlich des Aufbaus unterscheidet man folgende Anteile:
• Kern, durch eine Zellmembran abgegrenzt, besitzt einen Chromosomensatz;
• Zytoplasma, in dem sich neben Ribosomen auch Zellorganellen zur Energiegewinnung (Mitochondrien) befinden;
• Zellwand, die aus Chitin und Polysacchariden aufgebaut ist.
Pilze können zwei Strukturen aufweisen (morphologische Erscheinungsformen) (Abb. 2.2):
• Einige Pilze können in Abhängigkeit von Umgebungsfaktoren sowohl in der Hyphen-, als auch in der Hefenform vorkommen (Dimorphismus).
Abb. 2.2: Aufbau und Morphologie von Pilzen.
•Vermehrung: Die Vermehrung von Mikrophyten und das Wachstum von Pilzkolonien ist von ihrer morphologischen Struktur abhängig:
– Hyphen wachsen in die Länge. Parallel bilden sich mehrere Zellkerne, die mit dem anwachsenden Zellplasma mitwandern. Durch Querwandbildung entstehen neue Hyphen.
– Hefen bilden Ausstülpungen, die mit Zytoplasma gefüllt werden. Parallel bilden sich mehrere Zellkerne, die in die Ausstülpungen einwandern. Bei einer gewissen Größe bildet die »Tochterblase« eine Abschnürung zur Mutterzelle (ohne Querwand).
•Verbreitung: Viele Pilze können sich mit Hilfe von Reproduktionsorganen über große Entfernungen vermehren. Bei diesen Verbreitungsformen werden Fortpflanzungspartikel (»Sporen«) gebildet (nicht zu verwechseln mit den Dauerformen von Bakterien, die ebenfalls Sporen genannt werden).
•Umgebungstemperatur: Mikrophyten bevorzugen allgemein einen Temperaturbereich zwischen 30 und 37 °C.
•Nahrungs- und Sauerstoffbedarf: Alle Pilze benötigen Kohlenstoff, den sie meist aus totem organischem Material gewinnen. Es gibt es aerobe (sauerstoffabhängige) und anaerobe (sauerstoffunabhängige) Lebensformen.
•Pathogenität: Es gibt einen großen Artenreichtum an Mikrophyten, von denen aber nur sehr wenige humanpathogen sind, indem sie z. B. Allergien auslösen oder Toxine bilden. Die Infektabwehr des gesunden Menschen erweist sich als sehr effektiv gegenüber Mikrophyten, sodass meist begünstigende Faktoren vorliegen müssen, ehe es zu einer Pilzinfektion kommt:
– abwehrschädigende (immunsupprimierende) Erkrankungen, wie AIDS oder Leukämie,
– immunsupprimierende Therapiemaßnahmen, wie Zytostase, Strahlentherapie, Transplantation,
– vorgeschädigte, wunde Haut,
– unphysiologische Kleidung, wie Turnschuhe oder Kunststoffgewebe.
Die medikamentöse Therapie lokaler (d. h. auf bestimmte Körperzone begrenzte) Pilzinfektionen ist mit Ausnahme der Behandlung pilzbefallener Nägel unproblematisch. Substanzen wie Amphotericin B, Nystatin oder Clotrimazol können als Salben, Cremes oder Lösungen relativ nebenwirkungsfrei gegeben werden.
Problematisch ist dagegen die Therapie systemischer (d. h. den Gesamtorganismus betreffende) Pilzinfektionen. Medikamente wie Amphotericin B, Flucytosin, Imidazole oder Griseofulvin können bei oraler oder intravenöser Gabe zu erheblichen Nebenwirkungen führen. Z. T. kann es zu sekundären Resistenzen kommen.
Impfungen gegen Pilzerkrankungen gibt es nicht.
Eine gute Desinfizierbarkeit ist bei allen Mikrophyten gegeben.
Hinweis
Im Anhang A finden Sie Beispiele von Erkrankungen, die durch Mikrophyten verursacht werden.
Protozoen sind einzellige, relativ große, hoch entwickelte Einzeller, deren humanpathogene Vertreter den Parasiten zugerechnet werden. Sie sind meist mit einer Vielzahl von Organellen ausgestattet, die zur Energiegewinnung, zur Fortbewegung oder zur Herstellung von Enzymen und Toxinen dienen.
Die Vermehrung erfolgt meist ungeschlechtlich durch Zwei- oder Vielfachteilung. Humanpathogene Protozoen durchlaufen häufig komplizierte Entwicklungszyklen, teilweise mit wechselnden Wirtsorganismen. Die Lebensgewohnheiten und Übertragungsformen von Protozoen sind sehr individuell.
Einige Protozoen sind in der Lage Dauerformen, sog. »Zysten« zu bilden, die gegen Umwelteinflüsse besonders widerstandsfähig sind und die bei oraler Aufnahme in einen Wirtsorganismus zur Infektion führen können.
Hinweis
Im Anhang A finden Sie Beispiele von Erkrankungen, die durch Protozoen verursacht werden.
Viren sind eigenständige, infektiöse Gebilde, die sich in ihrem Aufbau und ihren Eigenschaften grundlegend von anderen Mikroorganismen unterscheiden.
Viren bestehen aus zwei, einige aus drei Komponenten (Abb. 2.3):
• dem aus Proteinen bestehenden Kapsid, das aus Einzelbausteinen (Kapsomeren) aufgebaut ist, unterschiedliche Formen haben kann und die Nukleinsäure umschließt und schützt,
• einer Hülle (Envelope), die die Kapsel umgibt und ihr ein leichteres Anhaften an die Wirtszelle erlaubt (nur bei einigen Viren vorhanden).
Abb. 2.3: Aufbau von Viren.
Viren benötigen für ihre Vermehrung zwingend eine Wirtszelle. Eine typische Virusvermehrung (Virusreplikation) vollzieht sich in folgenden Schritten (Abb. 2.4):
•Adsorption: Ein Virus trifft mit einer Zelle zusammen, die über Oberflächenstrukturen Rezeptoren) verfügt, an das das Kapsid oder die Hülle des Virus anhaften kann.
•Penetration: Das Virus wird in die Zelle aufgenommen. Bei umhüllten Viren »verschmilzt« dabei die Hülle mit der Zellwand.
•Uncoating: Die Einheit aus Kapsid und Nukleinsäure (Nukleokapsid) löst sich im Innern unter Einwirkung von Enzymen der Wirtszelle auf.
•Replikation der Nukleinsäure: Die so freigewordene Nukleinsäure wird anstatt der zelleigenen Erbinformation bzw. in Verbindung mit zelleigener Erbinformation abgelesen (Translation). Die Kodierung der fremden Nukleinsäure bewirkt, dass die Wirtszelle ihre Eigenversorgung aufgibt, stattdessen Virus-Kapsomere produziert und unter Beteiligung viraler und zellulärer Enzyme auch die Nukleinsäure des Virus nachbildet.
•Zusammenbau (oder Reifung): Die Kapsomere verbinden sich. Bestandteile der Nukleinsäure lagern sich den Kapsomeren an. Der Kapsomerverbund formt sich zum Kapsid und schließt die Nukleinsäure ein.
•Freisetzung: Die fertigen Viren werden von der Zelle ausgestoßen oder es bilden sich so lange neue Viren, bis die Wirtszelle platzt. Teilweise nehmen Viren bei der Freisetzung Zellwandpartikel der Wirtszelle mit, die für das Virus eine Hülle bilden (Knospung), sodass ein umhülltes Virus entsteht.
Abb. 2.4: Schematischer Ablauf einer Virusvermehrung (Beispiel)
Da diese Replikationsform den Tod der Wirtszelle zur Folge hat, wird von einer »zytoziden Virusreplikation« gesprochen. Es gibt aber durchaus die Möglichkeit, dass die Virusvermehrung nicht mit dem Absterben der Wirtszelle einhergeht, bzw. dass ein Virusgenom zwar in der Wirtszelle vorhanden ist, sich aber (vorerst) nicht vermehrt. Auch können Schwächen des Immunsystems bzw. die Vermehrungsstrategien der Viren dazu führen, dass Viren im Körper verbleiben (persistieren) und nicht restlos bekämpft werden können (z. B. Herpes).
Ähnlich wie bei Bakterien gibt es auch bei Viren Möglichkeiten zur genetischen Variabilität:
• Schon kleine Abweichungen bei der Replikation können als Mutation neue Virus-Eigenschaften bewirken.
• Wenn in ein und derselben Wirtszelle zwei oder mehr unterschiedliche Viren vermehrt werden, kann genetisches Material zwischen den Stämmen neu verteilt werden. Auch ein Austausch mit genetischem Material der Wirtszelle ist möglich.
Die medikamentöse Bekämpfung von Viren ist schwierig, weil Viren keinen Stoffwechsel besitzen und eine Schädigung viraler Strukturen auch die Wirtszellen in Mitleidenschaft ziehen kann. Die Wirkung virenwirksamer Medikamente (Virustatika) besteht in der Hemmung der DNA- bzw. RNASynthese. Bekannte Virustatika sind
• Acyclovir (z. B. Zovirax® gegen Herpes-simplex, Varizellen/Zoster-Viren)
• Ganciclovir (z. B. Cymevene® gegen Zytomegalieviren)
• Zidovudin (z. B. Retrovir® gegen HIV)
• Vidarabin und Ribavirin (z. B. Virazol® gegen Influenza, Parainfluenza, HIV)
• Amantadin (Infex® und Oseltamivir, Tamiflu® gegen Influenza)
• Foscarnet (Foscavir® gegen Retroviren (HIV))
Weil bei den meisten Virusinfektionen eine medikamentöse Therapie nicht oder nur bedingt möglich ist, kommt der Impfung eine besonders große Bedeutung zu.
Hinweis
Im Anhang A finden Sie Beispiele von Erkrankungen, die durch Viren verursacht werden.
Viroide sind infektiöse, zirkulär geschlossene RNA-Stränge; sozusagen »reduzierte Viren«. Die Vermehrungsweise von Viroiden ist bislang unbekannt. Der einzige wichtige humanmedizinische Erreger, der zumindest strukturell mit Viroiden verwandt ist, ist das Hepatitis D-Virus.
Prionen sind keine Lebewesen, sondern infektiös wirkende Proteine, die in bestimmten Nervenzellen fortwährend gebildet und mit Hilfe von Enzymen wieder abgebaut werden. Der pathogene Faktor besteht darin, dass veränderte (modifizierte) Prionen in den Körper gelangen können, deren Form zwar nachgebaut, aber nicht abgebaut werden kann. Die nicht abbaubaren Prionen sammeln sich im Zellinnern an und führen zu Hirnschädigungen (Enzephalopathien). Bei Tieren gibt es mehrere bekannte Enzephalopathien, die durch Prionen hervorgerufen werden: Scrapie (Schafe und Ziegen), TME (Nerze), wasting disease (Hirsche) und vor allem BSE (Rinder).
Die bekannteste Form beim Menschen ist in diesem Zusammenhang die Creutzfeld-Jacob-Erkrankung (CJD), die auch als »humane spongiforme Enzephalopathie« bezeichnet wird. Obwohl CJD erblich bedingt ist, können die veränderten Prionen durch kontaminierte Transplantate (Hirnhaut) und kontaminiertes Instrumentar (z. B. Hirnelektroden) auf andere Menschen übertragen werden und bei ihnen ebenfalls CJD erzeugen. Bei Tieren können Erkrankungen dieser Art nachweislich auch durch Aufnahme von Prionen über die Nahrung ausgelöst werden. Es gibt deutliche Hinweise dafür, dass diese Variante von CJD (= vCJD) auch beim Menschen existent ist.
Prionen widerstehen den normalen Desinfektions- oder Sterilisationsmaßnahmen. Sie lösen keine Immunantwort aus und lassen sich nicht anzüchten oder direkt nachweisen. Die Diagnose wird bei CJD meist anhand der Symptome gestellt. Ein Erregernachweis kann nach dem Tod des Patienten histologisch erbracht werden. Gegen CJD bzw. vCJD gibt es keine kausale Therapie und keine Impfung. vCJD ist bei Verdacht, Erkrankung oder Tod meldepflichtig gemäß § 6 Infektionsschutzgesetz.
Hinweis
Umfangreiche Informationen zum Thema CJK und vCJK bietet das RKI (siehe Anhang D, Pos. 1)
Bakteriophagen sind DNA-Viren, die sich auf Bakterien spezialisiert haben. Sie sind komplex aufgebaut und darauf ausgerichtet, ihr Genom in die Bakterienzelle zu injizieren. Die Phagenvermehrung verläuft in zytozider Form, ähnlich wie in Kapitel 2.5.2 beschrieben.
Eine besondere Bedeutung haben Bakteriophagen in Forschung und Industrie, da mit ihrer Hilfe Gen-Manipulationen vorgenommen und Diagnostik betrieben werden kann.
Überprüfen Sie Ihr Wissen!
1. Welche Arten von Mikroorganismen werden grob unterschieden?
2. Wie sind Bakterien grundsätzlich aufgebaut und welche zusätzlichen Anlagen können bei Bakterien vorhanden sein?
3. In welche vier Gruppen können Bakterien hinsichtlich ihrer Wirtsverhältnisse unterteilt werden?
4. Was sind »fakultativ« und was »obligat« pathogene Bakterien?
5. Was unterscheidet eine primäre von einer sekundären Resistenz?
6. Was sind Merkmale einer falschen bzw. missbräuchlichen Anwendung von Antibiotika?
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