Baustelle Blödmann - Sonya Kraus - E-Book

Baustelle Blödmann E-Book

Sonya Kraus

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Beschreibung

Wo geliebt wird, da steigt der Blutdruck - und das nicht nur vor lauter Glücksgefühlen! Denn Männer schaffen es mit ihrer Herr-lichkeit allzu oft, ihre Frauen zur Mordlust zu treiben. Sonya Kraus redet Tacheles und erzählt von Dates mit passionierten Jein-Sagern, von Spaß-Papis, die am Wochenende jeden erzieherischen Erfolg zunichte erlauben, und sie fragt sich, wie viel Lob ein Mann für die Zubereitung des Gourmetgerichts "Nudeln mit Tomatensauce" erwartet. Ihr Buch ist Balsam für das gebeutelte Weib sowie ein gut gemeinter Schuss vor den Bug der Männer. Und eine Liebeserklärung. Denn irgendwie lieben wir die Kerle ja auch ein bisschen so, wie sie nun mal sind. Worüber sollten wir uns sonst mit aller Leidenschaft aufregen?

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Seitenzahl: 426

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

VORWORT

TEIL I

EINLEITENDER BERICHT DER BAUAUFSICHT

Das Konstrukt »Mann«: was taugt es, was kann es – und brauchen wir es überhaupt auf unserem Baugelände?

Der Sperminator: Schwächer die Glocken nie klangen

Die große Frage: Was wäre wirklich, wenn … es keine Männer gäbe?

TEIL II

MIT DEM BAGGER GEGEN DIE WAND: MAN(N)CHER ANFANG IST SCHWER (DANEBEN)

Vom ersten Bauinteresse im Nullkommanix zum ersten Dachschaden, oder: Warum stehen wir überhaupt auf Blödmänner?

Verlieben: Alle Latten locker – noch vor Baubeginn

Am Anfang war kein Wort: Kommunikationsversuche in Zeiten des Hirnschadens

Alles Lüge: So entlarven wir jeden Märchenonkel!

Er liebt mich, er liebt mich nicht: Bauauftrag oder Ende im Gelände?

He loves you, yeah, yeah, yeah!

Einstweiliger Baustopp: Die männliche Höhenangst

Alexias »Mach-ihn-schwach-Schach« (M.i.s.S.) in sieben Schritten

Objekt XY gecheckt, oder: Ein erster Blick hinter die Fassade

Gibt es eine Gleichung für die Liebe?

Blödmann oder Babe: Der Fundament-Test für frisch Verliebte

TEIL III

NIE WEIT ZUM NÄCHSTEN STREIT: UNSER EINZUG IN DIE LIEBESLAUBE

Zwei in einer Bude: verschärfte Gefahrenlage auf der Baustelle

Neue Schmierstoffe fürs Baustellenpersonal – und jetzt alle: Ommm!

TÜV Mann-Heim: Wir bestimmen seine Vier-Wände-Tauglichkeit

Minenfrei durchs Einzugsgebiet

Männliche Macken unter Denkmalschutz, oder: Kann man da vielleicht noch was machen?

Renovierung am Bauwerk Mann: Was geht – und was nicht? Und wenn was geht: Wie geht das?

Verständigung mit dem Menschenmännchen, oder: Wie baue ich eine Einbahnstraße zur Kommunikationsautobahn um?

Die richtigen Emotionen bringen ihn zum Sprechen!

Wie wir verhindern, dass unser Mitarbeiter auf anderen Grundstücken Rohre verlegt (und wie wir dabei nebenher unser Beziehungsglück stärken)

Das F.u.C.K.-OFF-System (

F

remdverkehr-

u

nd-

C

oitus-

K

okolores

OFF

)

TEIL IV

ANBAUEN UND FESTKLOPFEN: WE ARE FAMILY!

Zuständigkeitsunklarheiten in den Baustellenbereichen »Haushalt« und »Familie«, oder: Ach, da hab ich auch was mit zu tun?

Back to the Fifties: Der Traditionalisierungseffekt

Meine geheime Entdeckung: Die Zauberformel zur Papa-Aktivierung

Völlig reisefertig: Report aus den »schönsten Wochen« des Jahres

Kleiner Survival-Guide für die Ferien

Baubefestigung oder Baurisiko: Sollen wir den Blödmann beringen?

Ehe sie es sich versah: Pro und Contra »Ja, ich will«

TEIL V

PFUSCH AM BAU: AUS DER MITTE ENTSPRINGT EIN STUSS

Geschichten vom Krisenstab: Störfälle im Schritt

Der Psycho-Indikator in der Unterhose: Ein paar Worte über »kurz« oder »lang«…

… und ein paar Worte zu seiner Hard- und Software

Ausblühungen im Oberstübchen: Sein Knall und wir

Ei, ei, ei - Einsturzgefahr durch Eifersucht!

Ups, er hat das falsche Grundstück bebaut, und jetzt? Abrissbirne oder Neuaufbau?

Er ist dann mal weggetreten: Männliche Krisen und andere Selbstverwirklichungstrips

Blödmann oder Babe – Testauflösung

Mal gucken

Das letzte Wort

Über dieses Buch

Wo geliebt wird, da steigt der Blutdruck – und das nicht nur vor lauter Glücksgefühlen! Denn Männer schaffen es mit ihrer Herr-lichkeit allzu oft, ihre Frauen zur Mordlust zu treiben. Sonya Kraus redet Tacheles und erzählt von Dates mit passionierten Jein-Sagern, von Spaß-Papis, die am Wochenende jeden erzieherischen Erfolg zunichte erlauben, und sie fragt sich, wie viel Lob ein Mann für die Zubereitung des Gourmetgerichts „Nudeln mit Tomatensauce“ erwartet. Ihr Buch ist Balsam für das gebeutelte Weib sowie ein gut gemeinter Schuss vor den Bug der Männer. Und eine Liebeserklärung. Denn irgendwie lieben wir die Kerle ja auch ein bisschen so, wie sie nun mal sind. Worüber sollten wir uns sonst mit aller Leidenschaft aufregen?

Über die Autorin

Sonya Kraus jobbte schon mit 15 als Model, machte Abitur und arbeitete danach in allen Metropolen der Welt. Sie wollte zum Fernsehen, landete beim Glücksrad – und mochte dort nicht nur stumm lächeln, sondern lieber frech plaudern. Sie talk, talk, talkte ganz viel, wurde Deutschlands Do-it-yourself-Queen, setzte zwei kleine männliche Monster in die Welt und backt leidenschaftlich. Zusammen mit ihrer Mutter, zwei riesigen Sofawölfen und ihren drei kleinen und großen Blödmännern lebt sie in ihrer Heimatstadt Frankfurt. Die beliebte Moderatorin ist Autorin der Bestseller BAUSTELLE MANN, BAUSTELLE BODY, WENN DAS LEBEN DIR EINE ZITRONE GIBT, FRAG NACH SALZ UND TEQUILA, BAUSTELLE BABY und TÖRTCHENZEIT.

Sonya Kraus

Mit Christiane Stella Bongertz

Baustelle Blödmann

Und heute bringe ich ihn um

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Der Verlag weist darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links nur bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags für externe Links ist darum ausgeschlossen.

Originalausgabe

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Ann-Kathrin Schwarz, Berlin

Umschlagmotive: © Amanda Dahms, Köln | © FinePic

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

eBook-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-7325-5606-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Für

alle Mädels, Muddis, Ladys,

Weiber, Babes, Mausis,

Zicken, Schlampen, Furien, Meckertanten, Putzteufelinnen

oder wie auch immer uns die Kerle mit dem seltsamen Y-Chromosom gerne mal nennen.

Liebe Freundinnen,

dieses Buch ist für alle Frauen, die sich

– wie ich –

täglich mit ihrem ganz persönlichen Blödmann durchs Leben kämpfen.

Natürlich auch für alle, die ihren Blödmann noch nicht gefunden haben, denn:

Haben wir keinen, wollen wir einen!

Ganz schön blöd von uns, aber genau so ist es.

Amore, l’amour, die Liebe! All you need is love! Und Mr. Right.

Wir wünschen uns, was den betrifft, doch bloß einen einfühlsamen Herzbuben, der immer eine Schulter zum Anlehnen bietet und für uns ohne Murren die Sportschau sausen lässt. Natürlich sollte er trotzdem kein Warmduscher sein, sondern ein echter Kerl, der im Alleingang ganze Bauernhäuser Schöner-Wohnen-tauglich renovieren kann. Ein Hengst am Herd wie Jamie Oliver wäre auch nicht übel. Nach dem Fünf-Gänge-Menü putzt so ein Supermann selbstverständlich brav die Küche, entsorgt den Müll und vögelt uns dann auf Wolke sieben. Erfolg im Job ist bei allen Hausmann-Qualitäten natürlich nicht verboten! Dazu wäre eine Optik wie der junge Elvis, ein Denkorgan wie Einstein und die mysteriöse Ausstrahlung von Batman denkbar. Ach, ganz vergessen: Natürlich muss er auch spitze mit Kindern können und absolut tierlieb sein. Und dass er treu wie Gold ist, versteht sich von selbst!

Denn nichts Geringeres haben wir verdient.

Ich schwöre, es gibt sie, diese perfekten Männer.

In Hollywoodschnulzen und in Schwulenbars …

Und was bekommen wir?

BLÖDMÄNNER!

Kerle, die wir zwar lieben, die uns aber täglich in den Wahnsinn treiben. Typen, die garantiert vergessen, den Turnbeutel in den Kindergarten mitzunehmen, auch wenn er bereits an der Türklinke hängt. Männer, die in unserer Abwesenheit auf dem von uns liebevoll bepflanzten Balkon grillen und Bier trinken. Aber sich keiner Schuld bewusst sind, wenn wir bei unserer Rückkehr darüber schimpfen, dass sie dort die Wüste Gobi hinterlassen haben. Weil sie niemals auf die Idee gekommen wären, dass Blümchen bei Hitze verdursten. Workaholics, die mehr mit ihrem Handy als mit uns sprechen. Gamer, die nächtelang Playstation zocken und sich wundern, warum sie immer so müde sind – es muss der stressige Job sein! Helden, die mit einem leichten Schnupfen wehleidig im Bett jammern, während wir selbst mit einem Norovirus immer noch tapfer das Baby wickeln und dabei in den Windeleimer kotzen …

Höchste Zeit, diesen rätselhaften Kreaturen ein Buch zu widmen, in dem wir gebeutelte Weiber Zuspruch finden – und das als kleine Überlebenshilfe im Alltag mit dem gemeinen Blödmännchen und seinen zutiefst männlichen Macken dient. Damit wir nicht eines Tages die Nerven oder – schlimmer! – gar den Humor verlieren.

Die Idee dazu kam mir, als ich für meine Yahoo-Webshow, bei der es um Partnerschaft ging, in der Maske saß und eine verzweifelte Visagistin versuchte, meine aufgeschlagenen Knie zu überschminken:

FALLING DOWN, ODER: MACH ICH MIR MEIN KARMA HALT SELBST!

Mein Ignorant hatte seine Businesstreter mal wieder mitten im Flur stehen gelassen. Unzählige Male hatte ich mir an den Dingern mit den schweren Lederabsätzen schon schmerzhaft die Zehen angehauen oder war darüber gestolpert. Statt einer Entschuldigung für seine Dämlichkeit oder dem Versprechen, sich zu bessern, musste ich mir dann jedes Mal ein freches »Dann guck halt, wo du hinläufst!« anhören.

Er fand’s lustig.

Ich nicht.

Dann kam die Nacht, die das Fass zum Überlaufen brachte. Das Baby schrie, ich huschte im Dunkeln zum Kinderzimmer, damit unser anderer Sohn nicht auch noch wach wurde – und flog mal wieder im hohen Bogen über seine Scheißschuhe. Während ich auf dem Boden lag und mir die blutenden Knie hielt, pennte der Mistkerl einfach weiter. Er hatte nichts mitbekommen, weder vom Babygeschrei noch von meinem Sturzflug.

Schlafen Männer eigentlich oder sind sie einfach für sechs bis acht Stunden tot?

Dass er mir mal wieder seine Schuhe in den Weg gestellt hatte, war doch glatt fahrlässige Körperverletzung – mindestens! Dabei war alles noch glimpflich ausgegangen: Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich mit dem Baby im Arm über die Latschen gestolpert wäre! Das Einzige, was mich in diesem Moment davon abhielt, aus der Küche Mordwerkzeuge zu holen, war die Angst vor Blutflecken auf meinen geliebten Holzdielen. Nicht die seinen, denn das wäre auf die waschbare Bettwäsche gegangen. Aber meine Knie tropften böse.

Im Rausch der Rache pfefferte ich einen seiner Galoschen aus dem zweiten Stock in den Garten und hoffte auf einen kräftigen Schauer. Den anderen nahm ich mit ins Schlafzimmer und katapultierte ihn mit ordentlichem Karacho in Richtung seiner Weichteile. Die Boys waren mittlerweile eh wach, jetzt durfte auch er ruhig mal vor Schmerz schreien. Und seine restlichen Keimzellen mit Y-Chromosom konnte er sowieso behalten! Noch ein Junge – und ich wäre fällig für ’nen Burn-out.

Diese kleine Anekdote erzählte ich meinem vornehmlich weiblichen Team. Reihum gaben Redakteurinnen, die Stylistin, meine Visagistin und ich den ganzen Drehtag lang Blödmann-Storys zum Besten. Selbst die Kameramänner mussten über ihre Geschlechtsgenossen lachen. Es war einer der lustigsten Arbeitstage, die ich je erleben durfte. Wir Mädels gingen alle gut gelaunt nach Hause, im sicheren Wissen: Ich bin nicht allein! Jede von uns hat ihn zu Hause: ihren ganz persönlichen Blödmann! Außerdem wusste ich plötzlich, mit welchem Ventil ich Druck von meinen Nerven nehmen und meinem Kerl in der nächsten brenzligen Situation das Leben retten konnte: Ich würde mein Schweigen brechen und einfach alles aufschreiben.

Viel Spaß damit und 1000 Bussis

Der ideale Mann ist der Mann, von dem alle Frauen träumen und den keine kennt.Anna Magnani

TEIL IEINLEITENDER BERICHT DER BAUAUFSICHT

Vielleicht finden Sie den Untertitel dieses Buches auf den ersten Blick etwas drastisch. Und da hätten Sie natürlich recht. Den Gesetzen der Logik folgt nämlich: Wer seinen Kerl um die Ecke bringt, der hat keinen mehr! Aus der Klaus – oder wie er eben heißt! Nicht nur praktische Gründe wie die Beseitigung einer ein Meter neunzig großen Leiche, sondern auch diese vorausschauende Überlegung haben mich bisher davon abgehalten, dem Gedanken »Und heute bringe ich ihn um« Taten folgen zu lassen, wenn mein persönliches Blödmännchen mich mal wieder an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht hat. Manchmal jedoch war es knapp. Dank mildernder Umstände wäre ich zwar umgehend freigesprochen worden, aber vielleicht wäre es mir danach zu Hause eine Ahnung zu entspannt gewesen.

Möglicherweise hätte ich mit einer solchen Tat aber einer unaufhaltsamen globalen Entwicklung nur etwas vorgegriffen. Vor nicht allzu langer Zeit erfuhr ich:

Das Konstrukt »Mann« ist ganz offiziell ein Auslaufmodell!

Da staunen Sie, was? Nein, diese Info stammt nicht von einer geheimen Guerilla-Vereinigung radikaler Männerhasserinnen, und mit Auslaufen meine ich auch nicht das beliebte Männerhobby »Zielschießen mit der Naturstrahlkanone in sanitären Anlagen« (dazu komme ich aber noch!). Lange hatte ich nicht den leisesten Schimmer, dass die Existenz des Mannes als solche bedroht sein könnte. Schließlich gibt es jede Menge Kerle, weltweit derzeit sogar etwa 3,8 Milliarden! Allein bei mir zu Hause laufen vier Besitzer von Y-Chromosomen rum (wenn auch nicht alle zu den Menschenmännchen zählen und Doggenmischling Franky wirklich ganz brav ist).

Doch dann erfuhr ich brisante Details!

DAS KONSTRUKT »MANN«: WAS TAUGT ES, WAS KANN ES – UND BRAUCHEN WIR ES ÜBERHAUPT AUF UNSEREM BAUGELÄNDE?

Die Anatomie weist Unterschiede auf, aber keiner von ihnen stellt einen Vorteil für das männliche Geschlecht dar.Simone de Beauvoir

Der Tag, an dem die Welt, wie ich sie zu kennen glaubte, ins Wanken geriet (na ja, zumindest ein bisschen), war ein Donnerstag. Ich war nach einem Fünfzehn-Stunden-Tag auf der Couch kollabiert. Irgendwie hatte ich es hingekriegt, meine beiden kleinen Nachwuchspiraten davon zu überzeugen, dass eine Seeschlacht in der Badewanne keine so geile Idee ist. Heldinnenhaft hatte ich so die Flutung des Wohnbereichs in letzter Sekunde verhindert. Gefühlte weitere drei Stunden später hatte (m)ich der Widerspenstigen Zähmung geschafft. Die Seeräuber hatten die Kajüten geentert, ich saß mit meinem Notfall-Dipp, Nutella mit Knäckesticks, vor der Glotze. Für alles andere war ich zu k. o., und nach der psychologischen Kriegsführung im Kinderzimmer brauchte ich unbedingt Nervennahrung. Mein Akku reichte so gerade noch für einen Klick auf der Fernbedienung. Erleichtert ließ ich mich in die weichen Polster sinken. Puh! Finally Feierabend! Mein Freund juckelte auf Geschäftsreise durch die Weltgeschichte, also gab es niemanden, der mich bei meiner Entspannung störte. Womöglich noch mit amourösen Avancen. Für körperliche Anstrengungen hatte ich nach diesem Tag nun wirklich keine Kraft mehr.

Plötzlich flackerte der körnige Schriftzug Welt ohne Männer über den Bildschirm. Auweia, da hatte wohl irgendwer die Fernbedienung umprogrammiert – mir kam da direkt ein Verdacht … Offensichtlich hatte ich den Scifi Classics Channel oder etwas in der Richtung erwischt! Vermutlich ein alter Schinken in Technicolor. Ich konnte mir den Inhalt schon lebhaft vorstellen: Anfangs befinden wir uns auf einem Amazonen-Planeten voller schlecht gelaunter Weiber im Micro-Mini, deren in Hartschalen eingepackte Möpse drohend wie ein doppelter Gewehrlauf auf den Betrachter gerichtet sind. Natürlich nur so lange, bis die Mädels endlich Besuch von kernigen Raumfahrern bekommen. Da verschwindet dann die miese Laune – Simsalabim! –, und schwuppdiwupp wird das Matriarchat wieder fein säuberlich in der Mottenkiste verstaut. Auch wenn man in vergangenen Zeiten mit deutlichen Szenen gespart hat, ist die Message klar: Die armen Chicas sind untervögelt, haben PMS und müssen nur mal wieder ordentlich rangenommen werden!

So ein Macho-Mist hatte mir in meiner Verfassung gerade noch gefehlt!

Doch kurz bevor ich checken konnte, was bei den Nachbarsendern im Angebot war, stellte eine freundliche weibliche Stimme, die eher nach Morgenmagazin als nach unendlichen Weiten klang, die revolutionäre Frage:

»Werden Männer noch gebraucht? Und wenn ja, wozu?«

Mein Finger schwebte über der Fernbedienung.

Äh, wie jetzt?

Klar werden die noch gebraucht.

Für …

Ja, wofür eigentlich?

Ich geriet ins Grübeln: Klappte irgendwas schlechter, wenn mein Freund, wie zufällig heute, nicht zu Hause war? Gab’s etwas, bei dem seine Anwesenheit Pflicht war, statt nur Kür? Mein Denkapparat rauchte, aber mir fiel nix ein. Klassisch »männliche« Tätigkeiten wie renovieren, Geld verdienen, Kisten schleppen, Bäume fällen, Spinnen raustragen und IKEA-Schränke aufbauen kriegte ich ohne Probleme auch ganz allein hin. Aber irgendwas musste es doch geben. Ich dachte an die Amazonen, und plötzlich fiel der Groschen: Riiiichtig! Es konnte sich nur um Sex handeln! Der ging ja mit Typ deutlich besser als ohne. Obwohl: Nicht alles, was so genannt wird, hat den Namen auch verdient. Ich erinnerte mich spontan an eine Begebenheit, die ich nun wirklich nicht »gebraucht« hätte …

ZU GEIL FÜR DIESE WELT, ODER: ALLES MEINS?

Es war irgendwann Mitte der Neunziger. Ich steuerte meinen voll besetzten Offroader über den sandigen Schleichweg zur einsamsten Bucht am Baggersee, vorbei an Schildern mit Aufschriften wie Privatgelände und Baden verboten.

»Und du meinst wirklich, ich kann hier …?«, fragte ich unsicher nach rechts.

»Sonya, mach dich locker! Bei Schering wird freitags um vier Feierabend gemacht. Am Wochenende ist hier kein Mensch!«

André war unser Partyexperte und Location-Scout und hatte hier nach eigenen Angaben schon so einige Abende wild gefeiert.

»Park die Karre einfach hinter dem großen Sandhügel da drüben. Falls der Wachdienst doch mal kommt – da sieht sie keiner.«

»Mein armes Monster!«, jammerte ich. Aber die Sorgen um mein rustikales Allrad-Juwel interessierten keinen der Insassen.

»Ist das abgefahren hier! Sieht aus wie Klein-Gran-Canaria!«, kreischte Steffi, nachdem wir die Parkposition erreicht hatten.

Sie fuhr sich durch ihre braune Mähne, hüpfte aus dem Wagen und machte sich mit Britta daran, in Rekordzeit unser Lager aufzubauen: Bunte indische Batiktücher wurden ausgebreitet, die Kühlbox mit jeder Menge Flüssigkalorien und wenig Essbarem daneben platziert. Währenddessen bestückte ich den hochmodernen portablen CD-Player mit kinderfaustgroßen Batterien.

»André, du bist der Mann! Du schleppst die Wassermelone aus dem Auto«, bestimmte ich.

Beim Türken hatte ich eine 15-Pfund-Bombe erstanden, das Riesending angebohrt, mit einem Schuss Wodka gepimpt und über Nacht in unserer Tiefkühltruhe gelagert.

»Ich eile!«, flötete unser Schnucki und setzte sich mit ausladendem Arschgewackel theatralisch in Bewegung.

André war optisch wirklich lecker. Für uns Mädels sexuell jedoch so neutral wie die Schweiz. Sobald allerdings ein Männchen auftauchte, galt für Schnucki: Maulkorb und Leine anlegen! Denn dann mutierte unser sanfter Kumpel zu Nachbars Lumpi auf Viagra. Trotzdem, oder gerade deswegen, liebten wir unseren 1,90 Meter großen, rosarot verzauberten Prinzen. Der nun zärtlich die Melone in den Sand plumpsen ließ und einen Feldstecher aus dem Rucksack zog.

»Wofür hast du denn das Ding mitgenommen? Müssen wir doch aufpassen, dass keiner kommt?«

Ich war ja immerhin die Fahrzeughalterin und durchaus besorgt. Außerdem wollte ich nach der Beachparty genügend Zeit zum Ausnüchtern haben und nicht angedüdelt hinters Steuer springen und vor der Polizei flüchten müssen.

»Quatsch!«

André hatte das Fernglas bereits auf der Nase und grinste.

»Das dient zur Beobachtung halbnackter Großstädter …«

»Gib her!«

Während wir schon die ersten gedopten Melonenstücke vernaschten, grapschte Steffi sich das Teil und beobachtete das bunte Treiben am gegenüberliegenden Ufer, wo sich der offizielle Strand des Baggersees befand. Sie schwenkte das Fernglas hin und her, hielt dann aber abrupt in der Bewegung inne.

»Wow! Den müsst ihr euch angucken. Da, im See, ungefähr bei dem überhängenden Baum …«, sagte sie und reichte mir das Observations-Tool.

»Alter Schwede …«, konnte ich nach dem Blick durchs Okular gerade noch flüstern, dann fehlten mir die Worte. Zu viel Wodka-Melone auf fast nüchternen Magen? Nein, eindeutig: Meine Eierstöcke machten gerade »Plopp« und warfen die Turboproduktion an, denn das, was ich durch den Feldstecher erspähte, war Porno pur: Braun gebrannte, nasse Haut spannte sich über die lang gestreckten Muskeln zweier Oberarme, die mit regelmäßigen Zügen beharrlich durch den Baggersee pflügten. Die Spitzen langer dunkler Haare umspülten sanft massive Schultern.

»Sonya, du egoistisches Miststück, jetzt gib endlich her!«

André hatte die Geduld mit mir verloren und riss mir den Feldstecher aus den Händen.

»Danach bin ich wieder dran!«, bestimmte Steffi. »Und hiermit möchte ich festhalten: Ich hab ihn zuerst gesehen!« Sie zwinkerte mir zu. »Aber wahrscheinlich hat er sowieso O-Beine, ist eins fünfzig groß, lispelt und hat ’nen Schwanz wie ein Chihuahua …«

»Unsinn! Wenn der liebe Gott nur halb so viel von Proportionen versteht wie ich, dann ist ein Kerl mit so ’ner Armspanne knapp zwei Meter groß und hat ’ne Keule in der Bux …«, verkündete André fachmännisch, während er weiter grinsend durch sein Fernglas spannte. »Und er ist selbstverständlich schwul.«

»Zeig!«

Jetzt hatte auch Britta endlich Testosteron geschnüffelt und griff sich das Fernglas.

»Fick die Henne! Ich kipp wie ’n Krabbelkäfer auf den Rücken, streck die Beine von mir und will besamt werden …«

Als Mädchen aus erzkonservativem Elternhaus liebte Britta jegliche Form unflätiger Konversation. Die Arme musste immerhin sechs Jahre katholisches Mädcheninternat kompensieren.

»Gott, ist der geil.«

Gut, dass ich heute meine Linsen eingeworfen hatte, denn so konnte selbst Maulwurf-Me mit bloßem Auge das zügig näher kommende Objekt unserer Begierde begutachten, und so langsam verstummte unsere Konversation und wich einer andächtigen Stille. Nur Vogelgezwitscher und Grillenzirpen war um uns herum zu vernehmen, denn den CD-Player hatte ich vor lauter Aufregung erst gar nicht angeschmissen.

Das Wesen aus unseren Erotikträumen entstieg nun elegant den Fluten, als wäre er der Schaumgeborene, und präsentierte uns endlich seine ganze Vorderseite.

»Ahhh …«

Das kehlige Stöhnen kam von Steffi, die rechts neben mir stand.

»… wie in der Cool-Water-Werbung. Nur besser.«

Zustimmend kam flüsternd von André: »Oh, fuck! Jaa!«

Worauf Britta »Nee, fuck me!« einwarf. Ich war der Worte immer noch nicht fähig und völlig damit beschäftigt, diesen Anblick zu verarbeiten. Schmale Hüften, breites Kreuz, der Bauch war nicht nur gerippt wie eine Tafel Schokolade, sondern ging im unteren Bereich in diagonal verlaufende Muskeln über. Es sah aus wie ein Pfeil, dessen Spitze von türkisfarbenen Surfershorts verdeckt wurde. Auf denen für mich ganz deutlich draufstand: »Bitte hier aufreißen!«

Ja, mein Gehirn hatte sich spontan in den Höhlenmenschen-Paarungsmodus verabschiedet. Jetzt hob der Adonis die Hände zum Gesicht – o mein Gott, ja, er hatte auch diese kleinen niedlichen Muckies, seitlich an den Rippen – und strich sich die Haare mit beiden Händen aus dem Gesicht … Nachdem nun auch der Blick auf sein göttliches Antlitz freigelegt war, stellte ich ihm meinen persönlichen Freifahrtschein aus: Er war glattrasiert, kein kratziger Dreitagebart bedeckte sein kantiges Kinn. So kamen die wunderbaren Lippen, die nur auf einen Kuss zu warten schienen, voll zur Geltung. Die gerade, lange Nase führte von ihrer Spitze zwischen hohen, von langen Wimpern beschatteten Wangenknochen hinauf zum Highlight: intelligenten, leicht schräg stehenden Augen in irgendeinem rauchigen Olivton unter perfekt geschwungenen Augenbrauen.

SEINE MAJESTÄT

Kurz: ein echter Wüstenprinz mit einer Prise Liebesgott, garniert mit jungenhaftem Schmelz, der Knabe war nämlich höchstens Anfang zwanzig.

Moment, wie kam so ein Jüngling zu solch einem Körper?

Keine Zeit, darüber nachzudenken, denn Seine Majestät kam direkt auf uns zu, lächelte lasziv und sprach:

»Hey! Nice spot you’ve got here! I’m Jared.«

Und mit diesen Worten ließ er sich lässig vor uns im Sand nieder.

Wat? Nix Wüstenprinz? Ein Ami?!

Egal, dann war er eben der Häuptling der Apachen! Und Winnetou lag nun schmerzlich nahe vor uns und musterte uns schmunzelnd. Kleine Rinnsale liefen über die haarlose breite Brust und umspielten kleine harte Brustwarzen. Mit genau denen konnte ich, ganz ohne kaltes Wasser, gerade auch dienen. Die Sekunden tickten peinlich dahin, keiner sprach, wir Fans waren in Trance.

Winnetou sah uns nach einer Weile etwas verwirrt an.

»Do you speak English?«

Wir nickten verzückt.

»Und Französisch …«, raunte mir Britta zu. Da sie als Erste zur Sprache zurückgefunden hatte, begann sie das Kreuzverhör:

»Äh, ja, these are my friends Steffi, Sonya and André. And I’m Britta. Where are you from?«

Innerhalb von zwanzig Minuten hatte unser Schätzchen fünf Stücke Wassermelone verputzt, und wir hatten ihm seinen Lebenslauf entlockt:

Der indianische Meisterschwimmer war 23, bezeichnenderweise Sternzeichen Fisch, und geboren in Phoenix, Arizona. Tatsächlich war sein Ur-, Ur-, Urgroßvater vom Stamme der Blackfoot-Indianer. Seine Oma mütterlicherseits war Deutsche, der Papa kam aus Florenz. Der gelungene Gencocktail studierte nun an der University of L.A., und war mit seinem Schwimmteam gerade im Trainingslager, irgendwo bei Frankfurt. Ergo: der Body! Und der Sprint quer durch den Baggersee!

Am anderen Ufer, rein geografisch gesehen, faulenzte der Rest seiner Sportskameraden. Es gab also noch Hoffnung auf Nachschub an V-förmigen Superbodys. Die schlechte Nachricht: In zehn Tagen ging es für alle zurück in den Golden State.

Frei nach meiner Think-Pink-Philosophie1 war das natürlich gar kein Problem. Im Geiste sah ich schon, wie ich mich in Venice am Beach aalte, während mein Schwimmer sich im knappen Speedo-Höschen in die Brandung warf. Genau! Am besten, ich heiratete den Typen gleich, dann hätte ich ja automatisch ’ne Green Card. Spitzenplan!

Mein zukünftiger Ehemann begutachtete uns drei Mädels währenddessen ebenso unverblümt. Ungefähr wie Heidi Klum, kurz bevor sie Fotos verteilt (auch wenn die damals selbst noch Germany’s Next Topmodel war). Hoppla, offenbar befand ich mich hier in einem knallharten Casting mit meinen BFFs.

Eines konnte ich jedoch jetzt schon diagnostizieren: Unser Leckerchen stand ungefähr so sehr auf Männer wie Hella von Sinnen. André trug es mit Fassung und übernahm dafür die Moderation:

»So, if you’re not gay – what kind of girls do you like?«

Der Kerl grinste mich kackendreist an und antwortete:

»Blond, funny and killer body.«

Aha! Öhm? Sämtliche Augenpaare starrten mich an. Moment, meinten die alle mich? Okay, das Haltbarkeitsdatum meines Körpers war damals noch nicht überschritten, und dank L’Oréal war mein Haupt hell erblondet. Dass meine Freunde mich witzig fanden, war zu hoffen. Doch woher wollte … äh, wie hieß er noch mal? Ach ja! Woher wollte Jared wissen, was für eine Spaßbombe ihm hier gegenübersaß? Hatte ich überhaupt irgendwas gesagt, während mein Hirn unzüchtige, mit Kuschelrock untermalte Bilder abspielte? Wahrscheinlich wollte er nur nett sein, so wie alle Amerikaner! Oder?

FALSCH!

Schlagartig wurde mir klar: Ich war soeben zu Jared’s Next Fräulein gewählt worden. Meine Ohren wurden augenblicklich heiß, und ich fühlte mich sehr nackt in meinem Bikini.

»Tja, Freundin, da hast du jetzt echt keine Ausreden mehr!« Das kam von Britta, sie lachte sich gerade schlapp. »Vielleicht wird aus deiner Parole ›Jetzt lass ich’s krachen!‹ doch noch was, bevor ich mit Rollator shoppen gehe.«

Dieses Statement besiegelten sie und Steffi mit einem High Five, so dass auch unserem US-Import klar sein musste, was da eben auf German getuschelt worden war. Ein sexy-siegessicheres Zahnpasta-Grinsen war seine Belohnung für meine Mädels.

An dieser Stelle muss ich eine kleine Hintergrundinfo einschieben: Ich hatte wohl ein bisschen dick aufgetragen, als ich eine Weile zuvor endlich mal wieder Single geworden war. Denn ich hatte meinen Mädels »Sonya, die wilde Hilde!« versprochen, ein Alter Ego, das keine Hemmungen kannte. Bekommen hatten sie allerdings eher die heilige Hildegard von Bingen. Was hätte ich auch sonst tun sollen? Mir war einfach kein appetitliches Exemplar über den Weg gelaufen. Bis jetzt. Trotzdem hatte ich gerade das Gefühl, wie auf dem Pferdemarkt vertickt zu werden. Ich war nervös wie eine frisch vermählte Jungfer, die gerade ins eheliche Schlafgemach geführt wird. Zeit für ein stilles aufmunterndes Selbstgespräch:

Du bist eine moderne Frau, Sonya. Der Winnetou da ist Sex am Stiel. Schnapp ihn dir, Mädchen! Chacka!!! PS: Danke, liebes Universum! Erstens dafür, dass der Indianer anscheinend auf blass-blond steht, und zweitens für meine großartigen Mädels, die mir den Häuptlingssohn gönnen, statt sich auf den Kriegspfad zu begeben.

Ermutigt von diesem inneren Schulterklopfen tat ich etwas, was ich noch nie zuvor gewagt hatte: Ich schnappte mir die Hand des hotten Indianers und tätowierte ihm mit Kuli meine Nummer auf den Unterarm – Festnetz selbstverständlich, Mobiltelefone waren damals zwar bereits erfunden, aber ich kannte niemanden, der eins hatte. Höchste Konzentration war für diesen Vorgang vonnöten, denn kaum hatte ich seine Haut berührt, fingen meine Hände an zu kribbeln. Wie kam ein Typ, bitte schön, zu so einer zarten Froschfötzchenhaut? Oder war das Prickeln eine allergische Reaktion? Oder doch nur der Psychoterror meiner Hormone? Ich kam mir jedenfalls vor wie eine Lebensmittelmotte, die zielstrebig auf die Klebstoff-Platte der Falle zusteuerte … (Wahrscheinlich war es sogar genau das, was passierte! Mehr dazu lesen Sie ab Seite 71!)

Nur dass sein Mund, diese süffisant lächelnden Lippen, auf mich zusteuerten. Ich fühlte mich auf einmal wie Bambi auf der Landstraße, das gebannt in die Scheinwerfer starrt, bevor es vom LKW überrollt wird. Was wollte der mit seinem Mund?

Aha, mir einen süßen Kuss auf die Wange (!) drücken und »Thanks!« ins Ohr hauchen.

Endlich konnte ich wieder atmen. Solche Nebensächlichkeiten hatte ich zwischenzeitlich komplett eingestellt. Doch an Entspannung war nicht zu denken, denn Jared parkte sein Gesicht direkt vor dem meinen und sah mir in die Augen. Beim alten Schuh des Manitu! Der hatte Nerven. Er war so nah, ich konnte ihn jetzt sogar riechen.

Ich atmete tief ein.

Er roch sauber, nass, frisch, mit einem Hauch von Hawaiian-Tropic-Sonnencreme. Ich hätte ihn ablecken mögen. Anspringen, anfassen, in seinen Haaren wuscheln. Meine Ladyparts drehten völlig durch.

»I’ll call you!«, versprach er mir leise.

Seine Stimme war Vorspiel pur. Ich biss mir fest auf die Unterlippe. Mit dem dadurch erzeugten Schmerz schaffte ich es, mich aus dem Land des frauenfreundlichen Softpornos ins Hier und Jetzt zurückzubeamen.

»Oookay …«, war alles, was ich tonlos stammeln konnte.

Er verwöhnte mich trotzdem noch mit einem verheißungsvollen Strahlen zum Abschied, erhob sich majestätisch, winkte meiner Gang lässig zu und stürzte seinen Astralkörper in die tropischen Fluten. Na ja, gut, in den Baggersee.

DER GEILSBRINGER VOM BAGGERSEE

Gemeinsam schweigend genossen wir den Anblick seines Abgangs. Nur ich verspürte insgeheim Trennungsangst: Liebes Universum, bitte lass den Kuli dranbleiben!

Als er in der Mitte des Sees angekommen war, unterbrach Steffi die andächtige Stille:

»Sonya, du weißt ja, was die Amis sagen?«

Sie würdigte mich bei dieser Äußerung keines Blickes, weil sie immer noch den sich entfernenden Mann irgendwo im kühlen Nass fixierte.

»Sharing is caring! Wir wollen einen detaillierten Bericht!«

Mit theatralischem Gesichtsausdruck drehte sich Britta zu mir, legte mir ihre Hände auf die Schultern.

»Du weißt, das da war gerade der Messias!«

Ich war mit 16 aus der katholischen Kirche ausgetreten und daher leicht konfus.

»Der Erretter der Menschheit?«

»Blödsinn, Heilsbringer! Du brauchst ’nen Geilsbringer, der deine Vagina errettet, vor Vertr… äh, Vereinsamung …«

»Besamung soll da helfen!«, kam es kichernd von Steffi, und Britta fügte hinzu: »Sogar ein Vegetarier würde den glatt auffressen! Bitte, bitte, pfeif auf innere Werte und Co. Popp ihn einfach! Bitte!«

»Okay, okay, ich will ihn ja nicht gleich heiraten …«, hörte ich mich sagen.

Moment, was wurde dann aus meiner Green Card? Egal, meine Konzentration galt wesentlicheren Dingen: »Habt ihr gesehen? Sogar ’nen perfekten Knackarsch hat er!«

»Nee, was du nicht sagst! Wäre mir glatt entgangen …« André verdrehte die Augen und fächelte sich Luft zu: »Und deshalb muss Onkel André jetzt entweder mit Sonnenöl hinter dem nächsten Sandberg verschwinden oder zur Abkühlung ins kalte Wasser springen.«

Seufzend erhob er sich, zupfte seine knappe Shorts plus Inhalt zurecht und stapfte in Richtung See.

»Ich komme mit!«, schrie ich und sprang auf.

Irgendwie musste ich ja wieder ausnüchtern. Beim Baden widerstand ich heroisch dem kurzen Impuls, meinem Indianer hinterherzuschwimmen. Ehrlicherweise war die Angst vor dem sicheren Tod durch Ertrinken das Einzige, was mich davon abhielt, denn bis ans andere Ufer war es weit. Also tauchte ich meinen überhitzten Kopf plus Körper tief ins kühle feuchte Nass. Und ich könnte schwören, es zischte beim Eintauchen!

BESUCH IM DEATH VALLEY

Das Universum erbarmte sich meiner Libido.

Der Indianer hatte brav noch am selben Abend Rauchzeichen gegeben, wir hatten uns verabredet. Mit Pizza essen – also ich, er speiste Insalata Mista, wegen des Bodys – und Kino hatten wir nach US-Brauch artig zwei Dates hinter uns gebracht.

Nach Date Nummer zwei war ich zum Abschied geküsst worden. Mein Hirn hatte sich umgehend in Luft aufgelöst, während ich mich in einen Putzerfisch verwandelte. Mein einziges Lebensziel: mich festzusaugen und für immer an ihm zu kleben! Doch Jared besaß eiserne Selbstkontrolle. Nach zehn Minuten löste er mich zärtlich von seinen Lippen und schickte mich ins Bett. Und zwar allein! War der irre? Oder wollte er mich völlig kirre machen? War das Taktik? Fand er mich vielleicht nicht anziehend? Bevor ich noch an unserer Chemie zweifeln konnte, kam die Erlösung.

»See you tomorrow around eight o’clock? We could watch a video at your place.«

Zur Erklärung für alle, die erst in diesem Jahrtausend geboren wurden: »Gemeinsam zu Hause Video gucken« war in den Neunzigern Codesprache für »heftig rummachen mit Option auf mehr«.

»Okay, see you at eight!«, zwitscherte ich ihm zu.

Kaum war ein Festnetzanschluss verfügbar, trat ich zum Rapport an. In epischer Länge wurde von den Mädels analysiert, wieso, warum, weshalb ich das Kriegsbeil, äh, Liebesbeil des Prärieprinzen immer noch nicht ausgegraben hatte. Mein Death Valley war eben immer noch tot. Es war aber auch zum Verrücktwerden …

In der Folge qualifizierte ich mich endgültig als Kandidatin für die Klapsmühle: Den ganzen nächsten Tag trällerte ich lächelnd einen asbach uralten Schlager vor mich hin: »Aha, aha! Ich bin so heiß wie ein Vulkan. Aha, aha! Du machst mich unbeschreiblich an! Aha, aha! Tanze Samba mit mir, tanze Samba die ganze Nacht …«

Vorfreude war doch die schönste Freude. Der Kerl war so was von fällig!

Und dann war es so weit: Endlich hatte ich ihn da, wo meine Mädels und ich ihn haben wollten: in meinem Tipi, nur noch mit einem Lendenschurz bekleidet.

DAS LIEBESBEIL WIRD AUSGEGRABEN

Die Augustsonne war bereits untergegangen. Das Licht der Dämmerung fiel durch die Fenster und tauchte Jareds dahingestreckten Körper in schmeichelnde geheimnisvolle Schatten. Es war immer noch heiß, darum hatte sich die hotte Rothaut ihres Tanktops entledigt. Während im Hintergrund Sade leise »Smooth Operator« säuselte, lag er, die muskulösen langen Arme hinterm Kopf verschränkt, wie hingegossen auf meiner lila Satin-Bettwäsche und wartete auf mich. Was für ein Bild! Smartphones waren, wie gesagt, noch nicht erfunden, sonst hätte ich wohl geschwind eine Instagram-Story erstellt oder die Mädels per Facetime gleich live an Bord geholt. So wurde der Anblick meines ganz persönlichen Posterboys einfach nur an die Rezeptoren für »Paarungsbereitschaft« gefunkt. Und die gaben Feuer frei!

Jared sah mich auffordernd an, schmunzelte und verkündete:

»All yours, honey!«

Ja, äh, danke …

War das jetzt endlich die Aufforderung, ihn anzuspringen? Äußerlich ganz souverän und gelassen, geriet ich innerlich ins Schleudern. Himmel, ich hatte noch nie die Initiative übernommen. Normalerweise mutierten Männer doch spätestens nach dem ersten Zungenkontakt zu Tintenfischen mit acht Armen und Hunderten von Saugnäpfen. Seine Selbstbeherrschung hatte Jared jedoch schon am Vortag behalten. Und selbst jetzt, auf meinem Bett, ließ er sich noch Zeit. Ein Kerl, der Macht über seine Pfoten hatte? Wow! Ich war absolut angeturnt – und völlig überfordert.

Aber, hey, there is no business like show business! Inspiriert von diversen Hollywood-Streifen streifte ich die Spaghettiträger meines Sommerkleidchens erst rechts, dann links von meiner Schulter. Dann schenkte ich ihm ein Blick von der Marke »Ich bin sexy, und ich weiß es«.

Was glatt gelogen war.

Anschließend schüttelte ich mich kurz und ließ – wie ich hoffte, anmutig – die Hülle fallen. Et voilà … stand ich im Bikini vor meinem Apachen. Den Zweiteiler hatte ich vorsorglich angezogen, denn im Herzen bin ich eine kleine Spießerin. Ohne was drunter gehe ich nie aus dem Haus.

Der Indianer wackelte mit den Augenbrauen, strich sich genüsslich über die Brust und bewegte sich ansonsten keinen Millimeter. Mir blieb also nichts anderes übrig, als im Raubkatzen-Style übers Bett zu krabbeln. Tja, was macht man nicht alles für so eine Beute? Ich ließ mich auf alle viere sinken und pirschte mich an.

Sollte ich vielleicht noch ein sexy Miau von mir geben? Ich entschied mich spontan dagegen, nahm stattdessen rittlings auf meinem Indianer Platz und drückte meine auf seine Lippen. Himmlisch! Er schmeckte nach amerikanischer Zahnpasta mit einem Hauch von Zimt. Ach, Knutschen würde mich selbst als Omma noch heißmachen! Im aktuellen Fall hoffte ich auf Wechselwirkung.

Da, jetzt, er bewegte sich!

Oder besser gesagt: Seine Hände berührten mich kurz, verschwanden dann aber sofort wieder in seiner Mähne. Ein unauffälliger Check ergab: Die Schleifchen meines Bikini-Oberteils und -Höschens waren mit einem professionellen Ruck geöffnet worden. Jetzt war ich tatsächlich nackig.

Er betrachtete mich amüsiert, und ich widerstand dem Instinkt, schamhaft die Arme über meinen Brüsten zu verschränken. Wo waren grapschende Hände, die Brüste wie Hefeteig kneteten? Wie konnte er sich nur so beherrschen? Oder war es Erfahrung? Hatte er bereits so viele Frauen begattet, dass jegliche Kurven ihren Reiz verloren hatten?

HOCH AUF DEM ROCKY MOUNTAIN

So langsam wurde mir klar, dass ich hier wohl den ultimativen Ladykiller vor, Verzeihung, unter mir hatte. Da wurde ich aus meinen Gedanken gerissen: Er bewegte sich zwar nicht, aber es bewegte sich was!

Verstohlen wanderten meine Augen an seinem gerippten Torso entlang. Schau an, unter mir erhob sich nun ein Rocky Mountain. Sein Hosentipi wies beachtliche Ausmaße auf, so dass ich befürchtete, eher einen Marterpfahl als ein Friedenspfeifchen darunter zu finden.

»All yours, Baby!«

Richtig, das hatte er bereits erwähnt.

Da meine Beute keine Anstalten machte, sich weiter zu entblättern, aber nun brav den heißen Hintern hob, hieß das wohl, ich sollte mein Spielzeug selbst auspacken.

Noch immer saß ich wie ein Cowgirl auf Mr. All Yours.

Völlig fasziniert vom Muskelspiel, das sich mir darbot, strich ich über seine glatte Brust und musste unwillkürlich an Leonardo da Vincis berühmte anatomische Studie eines perfekt proportionierten nackten Mannes denken. Höchste Zeit, eigene Studien durchzuführen! Ich glitt vorübergehend von meinem Mustang herab und ließ die Fingerspitzen über seine Bauchlandschaft wandern. Dann schnappte ich mir den Bund der Surfer-Shorts und zog sie langsam, Zentimeter um Zentimeter, von den schmalen Hüften.

Tja, was soll ich sagen? Vielleicht nur so viel: Auch wenn all DAS meins war, hätte ich auf gut ein Drittel des Dings gerne verzichten können.

»Wow!«, war das Diplomatischste, was mir gerade einfiel. »Aua!« wäre wahrscheinlich authentischer gewesen. Wo sollte das alles hinpassen? Gab es überhaupt Kondome in der Größe? Der Indianer streifte nun mit den Füßen grazil die Shorts ab. Mit gezücktem Colt lag er jetzt in seiner ganzen Schönheit vor mir und sah mich erwartungsvoll an. Oh Mann! So sexy!

Der Anblick ließ mich weich werden und über das knallharte Großkaliber hinwegsehen. Think Pink – denk positiv! Ich hatte es hier doch nur mit einem Luxusproblemchen zu tun! Und ich hatte meinen Mädels fest versprochen, es krachen zu lassen! Keine Herausforderung, der ich mich nicht stellen würde! No problem! Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten war eben alles ein wenig größer. Würde schon passen, kein Grund zur Panik!

Jared schien mein Zögern zu lange zu dauern. Seine linke Hand wanderte zur Schusswaffe, seine rechte zauberte ein silbernes Tütchen hervor. Mit den legendären Worten

drückte er mir das XXL-Präservativ in die Hand und zog mich wieder auf seinen Schoß. Moment! Hatte der Mann, mit dem vollständig erigierten Riesen-Pimmel, gerade zu mir gesagt, ich solle geil sein? Und ihn geil machen? Kaum hatte er mich zu seiner Zufriedenheit positioniert, streckte er wieder alle viere von sich und räkelte sich genüsslich.

Ja, ja, ich hatte schon kapiert: All mine!

Was soll ich sagen, das nun folgende Rodeo fand ohne größere Beteiligung des Wildpferdes statt. Der Mustang war ein wenig, sagen wir, träge. Trotzdem war der Ritt durchaus befriedigend. Und es war ja erst Runde Nummer eins. Ich war jetzt bereit für ein wenig mehr Action.

Doch vorher benötigte der Mustang erst mal eine belebende Massage von mir, dann eine Dusche – wohlgemerkt ohne Sex unter derselbigen. Aus seinem Rucksack zauberte er danach Bodylotion, mit der ich ihn gnädigerweise eincremen durfte. Dann noch ein kleiner Snack aus Vollkornbrot, einem halben Liter Milch und vier Eiern – und seine beiden waren wieder aufgeladen.

ALL INCLUSIVE – NUR KEIN SERVICE

Er ließ das Handtuch fallen, sich selbst aufs Bett und sprach, Sie ahnen es: »All yours!«

Ich hatte ein Déjà-vu, zugegebenermaßen ein sehr leckeres. Doch irgendwie wirkte sein Augenbrauengewackel nicht mehr ganz so betörend auf mich. Aber, hey, einmal ist keinmal, bestimmt war er jetzt erst richtig aufgewärmt für Runde zwei.

Tja.

Same, same.

Not different!

Obwohl, ich will fair sein: Er duftete nun intensiv nach Kokos und hatte die Ausdauer eines Vibrators. Ansonsten blieb mein Präriebüffelschwanzträger seinem Style treu.

Und das änderte sich auch in den nächsten Tagen nicht. Unsere Rodeos hatten gewisse Längen, trotzdem kam ich zu kurz – was angesichts seiner herausragenden Physis ein Paradoxon war.

Aber wie das so ist: Wir Mädels tendieren ja dazu, vieles zu entschuldigen. Und so fand ich eine gute Erklärung für seine Passivität: Er wollte mit seinem massiven Marterpfahl einfach keine Frau bedrängen!

Wie einfühlsam!

Wie sensibel!

Oder?

Warum er beim Sex nur sich selbst streichelte, konnte ich mir allerdings nicht erklären.

Drei Tage Sex nach Schema F und unzählige nonverbale Versuche, dieses aufzubrechen, später konnte ich meinen Mund nicht mehr halten. Ich fragte bei meinem Hengst zärtlich nach. Natürlich nicht nach vollzogenem Akt, sondern auf neutralem Gebiet. In einer Frauenzeitschrift hatte ich erst kurze Zeit zuvor gelesen, dass man Kritik an der Performance in der Kiste niemals in der Kiste üben solle. Dort hatte außerdem gestanden, es sei wichtig, das Ganze zunächst als Lob zu tarnen. Klappte: Händchen haltend, beim Gassigehen mit meinem Hund, bestätigte Jared, dass wir beide »amazing sex« hätten, wir »made for each other« seien, ich die »best massage ever« gäbe und dass er hoffe, ich würde ihn bald in L.A. besuchen kommen.

Will sagen: Er war mehr als zufrieden und merkte null, dass ich vielleicht ein, zwei Kritikpunkte hatte.

Doch ich gab nicht auf. Als ich nun etwas deutlicher nachhakte, warum er so passiv sei, bekam ich endlich Antworten: Erstens stünde er nicht auf die ganze Fummelei. Zweitens sei er ein absoluter Genießer. Drittens hätte er beim Schwimmtraining schon genug »Action«. All das schluckte ich noch tapfer. Bis mit dem vierten Punkt dann der Knaller kam: Bei seinem »big dick« hätte sich noch keine beschwert.

Mit diesen Worten war er bei mir von einer Sekunde auf die nächste im Tal des Todes angekommen.

Ich hatte ja schon viel gehört und wenig erlebt: Storys von Duracell-Häschen, die den genüsslichen Rein-Raus-Rhythmus mit Breakbeats verwechselten, von chronischen Beinverbiegern, die ehrgeizig jede Pornoposition durchturnten, und von Haaregrapschern, die glaubten, jede Frau könne mit ein bisschen Übung als Schwertschluckerin im Zirkus auftreten.

Aber so was?

BYE-BYE INDIANER! #TEAM COWBOY!

Der Typ fand sich selbst so geil, dass es für ihn offenbar reichte, wenn er sich hinfläzte, sein Kriegsbeil aufrichtete und sich bedienen ließ. Von wegen Wilder Westen! Hier hatte ich’s mit einem selbstverliebten Pascha zu tun. Und auf die steh ich nun mal gar nicht.

In meinem Kopf spielte leise »Das Lied vom Tod«. Zum Showdown im Wilden Westen würde es aber garantiert nicht mehr kommen. Ich würde nämlich gar nicht mehr kommen, jedenfalls nicht auf ihm, nicht unter ihm und nicht neben ihm.

So plagte mich leider, leider die restlichen Tage seines Aufenthalts plötzlich extreme Zeitnot.

»Der Job! Du, ich hab da so viel Action! Da kann ich mich nicht auch noch privat verausgaben, du verstehst? Sorry, Baby!«

Nur zum Flughafen kam ich noch zum Winken – frei nach dem Motto: »It could have been all yours – but it’s over now!«

Okay, das ist lange her. Ein Desaster dieser, nun ja, Größenordnung habe ich, toi, toi, toi, seitdem nicht mehr erlebt. In so einem Fall ist man mit einem batteriebetriebenen Joystick doch besser »bedient« – G-Punkt-genau und ohne Drama.

Aber was ist eigentlich mit dem Gegenteil von Pleiten-, Pech- und Pannen-Poppen?, dachte ich auf meiner Couch und vergaß, dass ich eigentlich hatte umschalten wollen. Wann hatte ich denn zuletzt stundenlangen, ungezügelten Luxus-Sex, bei dem mein Lover seiner Bezeichnung alle Ehre machte und wir uns nach allen Regeln der Kunst in den siebten Himmel vögelten?

Ja, jetzt erinnerte ich mich!

An ein großzügiges Hotelzimmer, offene Fenster, durch die warme, salzige Meerluft und tropischer Blütenduft hereinwehten. An Massageöl, einen blubbernden Jacuzzi, Zimmerservice mit Schampus und Kanapees, weil wir zu faul waren, die Suite zu verlassen … Hach! Bei der Erinnerung zog mir plötzlich doch ein sexy Kribbeln durch den Bauch. Wann war das bloß gewesen? Auf jeden Fall, bevor die kleinen Diktatoren Einzug gehalten hatten. In der lang vergangenen Ära, als der Zeitplan hier und da noch Lücken aufwies. Damals, als abends noch so was wie »Energie« übrig war. Ja, ich glaube, es war sogar die Gelegenheit, bei der Sohn Nummer eins auf den Weg gebracht wurde …

Moment mal!

Das war es natürlich, nicht der Sex allein. Das, was wirklich nicht ohne Männer ging, war:

BABYS MACHEN!

Sex können wir Ladys eines Tages vielleicht mit einem Hologramm oder einem Liebesroboter haben. Mit Vibrator plus Kopfkino klappte es ja sogar heute schon ganz gut. Aber selbst wenn »frau« eine Samenbank konsultierte, stammte das Rohmaterial ja immer noch aus dem Rotkäppchen im Lustzentrum des Mannes: dem Pimmel. Oder genauer gesagt: aus dem Körbchen, das unten dranhing.

Oder hatte ich irgendwas verpasst?

Ich saß immer noch mit der Fernbedienung in der Hand da. Jetzt fiel es mir auf: Das graue Geflacker auf dem Bildschirm war nicht der schlechten Bildqualität geschuldet. Das, was da flimmerte, waren Spermien! Unterm Mikroskop! Fünf Minuten später war meine Müdigkeit endgültig wie weggeblasen: Hier ging es zwar um Science, aber keineswegs um Fiction. Das hier war knallharte Realität! Und die Frage aus dem Off, wozu Männer noch gebraucht wurden, war tatsächlich ernst gemeint gewesen. Ich lernte in der nächsten Stunde in einer wahnsinnig spannenden Doku, dass Männer auf dem besten Weg waren, auch in diesem letzten Punkt überflüssig zu werden …

DER SPERMINATOR: SCHWÄCHER DIE GLOCKEN NIE KLANGEN

Die Glocken unserer Kerle läuten in vielen Fällen nämlich nicht mehr ordentlich, sie bimmeln höchstens noch. Will sagen: Die Spermienqualität nimmt seit Jahren dramatisch ab. So sehr, dass Samenbanken Wichswillige en masse abweisen. Umweltgifte und Hormone im Trinkwasser setzen den Kaulquäppchen, die eigentlich fröhlich im Juwelensäckchen unserer Herren herumplanschen sollten, zu und machen sie zu lahmen Enten. Das hat ironischerweise auch damit zu tun, dass uns Mädels weiterhin meist die Verhütung überlassen wird. Die Pillen-Hormone aus unserem Pipi können leider nicht so gut in den Kläranlagen rausgefiltert werden. (Seit ich das weiß, trinke ich deutlich lieber Mineralwasser aus der Flasche.) Der Prototyp der Pille – oder besser gesagt: Spritze – für den Mann ist längst entwickelt, staubt allerdings in irgendeiner Schublade vor sich hin. (Man munkelt, weil die Marktforschung ergeben hat, dass die Herren das Zeug eh nicht nehmen würden, weil sie solche Angst vor dem Piks haben. Buhu!)

Nächster Sperminator-Grund: der ungezügelte Appetit der Menschheit auf Steaks, Würstchen und Schnitzel. Klar essen auch Frauen Fleisch, aber doch weit weniger exzessiv. Viele Jungs definieren »Männlichkeit« hingegen unter anderem damit, dass sie ihre Zähne in Fleisch statt in Salat graben. Das ist nicht nur ein Problem fürs Klima – Stichworte: abgeholzte Regenwälder für Weiden, das Anpflanzen von Futterpflanzen und Methan-Pupse –, sondern bringt Viehbauern dazu, ihre Kühe, Schweine und das Geflügel mit Hormonen vollzupumpen, weil die Massentierhaltung dies erfordert. Das und die immensen Mengen der von Humanmedizinern verschriebenen Antibiotika landen ebenfalls teilweise im Trinkwasser.

Stress ist ein weiterer Faktor, der die Spermienqualität in den Keller gehen lässt. Den vertragen unsere »Helden« ebenfalls deutlich schlechter als wir. Wenn das also so weitergeht, kann es gut sein, dass die Männer eines Tages den Hauptjob, den ihnen Mutti Natur zugedacht hat, nicht mehr wuppen: uns Mädels mit Nachkommen zu beglücken.

DAS MOTTO ZUKÜNFTIGER FAMILIENPLANUNG: ICH WILL EIN KIND VON MIR!

Aber – Überraschung! – wenn der Mann im Mittelteil schwächelt, ist das halb so wild! Was ich nicht wusste, war: Sogar, wenn alle Männer peu à peu unfruchtbar würden, wäre die Menschheit nicht mehr zwangsläufig vom Aussterben bedroht. Nicht einmal dann, wenn alles Reagenzglas-Sperma dieser Welt bereits aufgebraucht wäre. Ich bitte um frenetischen Applaus für zwei bahnbrechende Erfindungen, die sich derzeit noch in der Entwicklung befinden:

Forscher haben es inzwischen geschafft,

künstliche Spermien und Eizellen aus Stammzellen

herzustellen. Mit diesen Zutaten lassen sich dann ganz ohne Kerle richtige Babys machen! Tja! Gut, eine kleine Einschränkung gibt es: Bisher haben mit dieser Methode nur Mäusekinder das Licht der Welt erblickt. Aber in nur 20 bis 50 Jahren – so ganz genau wollen sich die Forscher da nicht festlegen – soll es dann auch bei uns Menschen so weit sein! Aus evolutionsbiologischer Perspektive ist so ein Zeitraum nicht mal ein Furz im Wind. Und bis dahin haben wir ja noch sämtliche Samenbankvorräte auf der hohen Kante.

Ein anderes Verfahren, durch das Männer nicht mehr zwingend zur Fortpflanzung gebraucht werden, ist die

Haploidisierung

. Die wird derzeit entwickelt, um Frauen, die zum Beispiel wegen einer Chemotherapie keine funktionstüchtigen Eizellen (mehr) haben, zum Mutterglück zu verhelfen: Dabei wird der Kern einer Spender-Eizelle durch den Kern einer normalen Körperzelle der Frau ersetzt, die sich ein Kind wünscht. Jede einzelne Zelle trägt nämlich unsere gesamte Erbinformation in sich! Dieses clever gepimpte Ei kann dann mit einem Spermium oder aber der Erbinformation aus einer anderen normalen Körperzelle befruchtet werden. Und die kann – tataa! – auch von einer zweiten Frau stammen! In diesem Fall hätte das Baby keinen Vater, sondern tatsächlich zwei biologische Mamis – und das Kind wäre

immer

ein Mädchen, weil in weiblichen Körperzellen logischerweise keine Y-Chromosomen vorkommen! Allerdings ist die Befruchtung per Haploidisierung noch Theorie. In der Praxis hat es bisher nicht geklappt, mit dieser Prozedur einen lebensfähigen Embryo zu erzeugen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!

Das Y-Chromosom beweist: Auf einem Bein kann man nicht stehen

Was heute schon möglich ist – medizinisch-künstlich oder ganz natürlich:

Spermien können

vor der (künstlichen) Befruchtung

danach sortiert werden, ob sie ein X- oder ein Y-Chromosom enthalten

. Die Ypsilons machen Jungs, die Ixe Mädchen. In China und den USA suchen sich Eltern schon häufig das Geschlecht ihres Kindes aus. Bei uns in Europa ist das nur erlaubt, wenn dadurch Erbkrankheiten vermieden werden können. Dabei fällt die Wahl

immer

auf Mädchen! Erbkrankheiten werden nämlich zwar auf einem weiblichen X-Chromosom vererbt, brechen aber mit wenigen Ausnahmen nur bei den Jungs aus: weil die kein X-Chromosom in Reserve haben, das den Defekt ausgleichen kann.

Die Tierwelt ist uns mal wieder voraus: Bei der so genannten

Jungfernzeugung

können viele Weibchen ihre Art ganz unabhängig von wissenschaftlichen Entwicklungen erhalten, ohne dafür die Herrlichkeit bemühen zu müssen. Dazu gehören Komodowarane, verschiedene Haie, manche Vögel, Bienen, Schnecken und noch einige Arten mehr. Sie alle können ihre Kids sowohl sexuell, also mit einer Befruchtung durch ein Männchen, auf den Weg bringen, aber eben auch ohne. Letzteres tun sie immer dann, wenn gerade kein passender Bestäuber zur Hand ist. Das nenne ich echte Emanzipation!

DIE GROSSE FRAGE: WAS WÄRE WIRKLICH, WENN … ES KEINE MÄNNER GÄBE?

Fassen wir also mal zusammen: Egal, ob man das jetzt persönlich erstrebenswert findet oder nicht, ist es theoretisch möglich, dass die Menschheit (und vielleicht auch die Tierwelt) zum Überleben keine Männer braucht! Vielleicht haben Menschheit und Planet ja sogar nur ohne Männer eine Überlebenschance! Denn eins ist sicher:

Eine Welt ohne Männer wäre ganz automatisch auch eine Welt ganz ohne Blödmänner!

Da denke ich übrigens ausnahmsweise nicht (direkt) an meinen Show-Macho2 daheim, den Sie noch ausführlich kennenlernen werden. Sondern eher an die internationale Hanswurst-Riege, die sich auf jeder beliebigen Nachrichtenseite vor allem in den Rubriken Politik und Weltgeschehen besichtigen lässt und ohne die unser Globus und alle, die darauf leben, mit Sicherheit besser dran wäre. Achtung, nicht missverstehen: Ich bin keineswegs der Ansicht, dass sich Frauen nicht auch wie ausgemachte Arschlöcher verhalten können! Mit ganz speziellen Teufelinnen habe ich schon sehr ernüchternde Erfahrungen in der Hexenküche gemacht. Trotzdem glaube ich an die Weisheit, die jemand in meinem alten Sender mit Kajal an die Kabinentür im Damenklo gekritzelt hatte:

Denn Kriege, Amokläufe, Attentate, Folter - also alles, was irgendwie mit Mord und Totschlag im größeren Stil zu tun hat - gehen ja bisher statistisch gesehen doch eher aufs Konto der Jungs. Sorry, liebe Leser, ich kann auch nix für die Fakten!

Damit ich Ihnen hier keinen Käse erzähle, habe ich in diesem Punkt mal ein bisschen recherchiert. Politikwissenschaftler (beiderlei Geschlechts!) haben herausgefunden:

Zwei Länder, in deren Legislative Frauen vertreten sind, geraten kaum in Krieg miteinander.

Mit einer höheren Anzahl von Frauen im Parlament sinkt das Risiko eines bewaffneten Konflikts. Außerdem stimmen weibliche Abgeordnete deutlich seltener für Militäreinsätze. Die gesellschaftliche Gleichstellung von Mann und Frau, die ja automatisch mehr Frauen in entscheidende Positionen befördert, scheint eine Art Geheimrezept für eine einigermaßen zofffreie Gesellschaft zu sein.

Ein weibliches Staatsoberhaupt allein ist noch keine Garantie, dass man sich nicht die Köppe einhaut - aber je mehr Frauen im Parlament sitzen, umso geringer wird das Risiko eines bewaffneten Konflikts.