Benachbarte Metalle - Friederike Mayröcker - E-Book

Benachbarte Metalle E-Book

Friederike Mayröcker

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Beschreibung

Benachbarte Metalle enthält eine Auswahl von Friederike Mayröckers Gedichten aus über dreißig Jahren, besorgt und mit einem Nachwort versehen von Thomas Kling. In die nichtchronologische Anordnung ist schwerpunktmäßig Lyrik aus ihren Gedichtbüchern aufgenommen, beginnend mit dem fulminanten Zyklus Tod durch Musen, der ihrem ersten Gedichtbuch 1966 den Namen gab. Ein Schwergewicht der Benachbarten Metalle liegt bei den Gedichten der achtziger Jahre aus Winterglück, dem vielleicht wichtigsten Gedichtband der Grande Dame der deutschen Gegenwartsdichtung.

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Seitenzahl: 76

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Friederike Mayröcker Benachbarte Metalle

Ausgewählte Gedichte Anordnung und Nachwort Thomas Kling

Suhrkamp Verlag

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2022

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe der Bibliothek Suhrkamp 1304.

© 1998, Suhrkamp Verlag AG, Berlin

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Umschlaggestaltung: Willy Fleckhaus

eISBN 978-3-518-77109-9

www.suhrkamp.de

so wie man oft mitten in 1 Gedanken oder Satz steckenbleibt

Inhalt

I

Oval der Sonne

Aus der Tiefe

mit Baumnotizen

was brauchst du

komplementär

E

TWAS WIE

K

ÜSTEN KLEEFARBEN UND

G

EWAHRSAM DER

M

EERE

es regnet ein Wunder

LIEBER IN

G

EDANKEN REISEN

, H

OKUSAI

Hölderlinturm, am Neckar, im Mai

» deinetwegen ist .. « (Pindar / Hölderlin)

Mazedonische Nacht

Buszwinter und Schemen

Babylonisches Gedicht

Veduten

Königsgasel

Retour an dich mein totes Kind

»polyphone Spur«

bloody Mary

für einen Dichter

gestörtes Frühstück

etwas Kinder / oder / mehr ist nicht zu sagen / oder Versuch Inger Christensen und Andrea Zanzotto miteinander verknüpfend

Die Gewächshausblumen in Bad Aussee

hineinversäumte hineinversäumende Nacht

drei Traumwahrheiten oder : kein Wort mehr über Träume

II

an eine Mohnblume mitten in der Stadt

Praterbesuch (Neurasthenie)

The Last Round-up oder Kitti-Kitt

Abruf Knochen-Werk

entfesselte Natur

gefundenes Gedicht

beim Hinwegfegen der Abbilder, oder nach dem Besuch der Ausstellung »Palastmuseum Peking Schätze aus der Verbotenen Stadt«

Furioso, Nichttraum und Traum

schöner Brunnen, Schönbrunn

Vogelpredigt

Zeppelin oder Tropfen solch Formgeschöpf

verschlungene Arme

Proëm auf den Änderungsschneider Aslan Gültekin

(

»parforce – oder fuszlos im Traum des Constantin«)

III

M

ANCHMAL BEI IRGENDWELCHEN ZUFÄLLIGEN

B

EWEGUNGEN

Depression

Verlust und Nähe

6. August 89

I.8.92

doppelte Szene

Mutter, dreiundachtzig, Krankenhaus

auf eine jüngst gestorbene Nachtigall

MEINE

M

UTTER MIT DEN OFFENEN

A

RMEN

zweimal dein Gesicht auf einem Sofa

die Übertragung

Krypta

Ein Gleiches

IV

Tod durch Musen (I-9)

V

Text mit Giotto

eine Postkarte aus Treviso, oder das Mannawunder nach Tintoretto

Salzburg Pachermadonna Franziskanerkirche

Picassos Bildnis eines Knaben mit braunem Haar, oder R

EPETITION

wie Giacometti : Schatten des Abends

Overfoto

VI

blauer Streusand

im Gebirge, August

ganz verstreut Streckstuhl und Tisch in einem Garten

Gefühle des Umgangs

Himmelfahrten süsze soledades

der Gott aus der Maschine

drei Vorstudien zu »Fensterläden«

Deinzendorf / grüne Montage oder wo habe ich diese weiszen Augen schon einmal gesehen

flehentliches Gedicht

Liebesgedicht unausgesprochen

Brief nach Oszla

eine der Blumen unserer Jagd / Puchbergserie

ein Muff

VII

durchnelken

Winter-Romanze

Hammerklaviere

Huckepack

Palmen-Waage

Newtonringe

Liebes-Werk

Frühlings Hauch

eingeäscherter Frühling

unnennbarer Zustand

Menschenalter

schwarz wie die Fahne der Anarchie

mitten im Frühling

Wolf / wie ein Wolf / sagt er

Küste bei Marathon

zugeschüttetes Gesicht

ausgerasselte Sprache

Roheit in Märchen

Dove

..

Hinweise

Benachbarte Metalle (Nachwort)

I

Oval der Sonne

ach im Aprilgefunkel die

taubengrauen Schneisen der

Luft ich bin

keine Ameise sondern im

Lerchenkleid sondern feldgrün und blau

sondern das unzertrennliche

Freundespaar – Herzrose Blumenstern

Dioskurenknospe in seiner Brust oder wie man so

sagt dunkel aus einem Tulpenschosz,

Raptus im tiefen

Mais, Halbschneiderei, die

Dichter tun nur so als wären sie

tot, Ton

aus der Ferne

Aus der Tiefe

Mit dieser Überbürde süsz und herz-zäh wie Blumen

(ein einsamer Wassertropfen im schwarzen Ziehbrunnen schwebender Wolken

eine seidene Monsterprozession schnurgerader sonniger Ameisen

eine endlose Strasze bei Nacht

eine fremde Begrüszung über bernstein-fragenden Tieraugen

Gewaltsames leiden die verkerbten Steine von Stonehenge

ein grausiges knarrendes Feld unbändiger Steinheere

horizontal-massige Gehege

harte Gevierte aus Luft

Versunken wie Wasser blaszblau ein geahntes gepfähltes Paradies

ein schwimmendes graues Paradies von Wolken gestützt

preisgegeben dennoch : der heimsenden Tiefe

den fischblauen Kanälen den verwirrenden Stegen und Katzen-Brücken

den Morgendämmerungen) beweint bekränzt . .

mit Baumnotizen

Feuer und Katarakt : aufwärtsfliehende abwärtsstürzende Augen vögel zwischen Fenster Hof Tür

»die beflügelten Hügel« / sie flügeln mir ins Quartier

das Zigarettenfutter der kleine Zimmerbrand immer wieder im Bett

an der Bettkante sitzen rauchen, den Hemdknopf Perlmuttknopf

im Bett verloren, abgerissen im Schlaf, auf dem Hemdknopf geschlafen die Pressur

an der rechten Wange und Schläfe, schwarze Vogelspur Schlange

das Schlangenei ausgebrütet der bösen Träume

die geflügelte Ferse (»Fergie«) und Kohlenstaub

in den Augen so schwarz, das Ofenheizen in Mutters Schlafkabinett, damals,

die Kohlenschaufel, das Anthrazit der Blicke (in Blitze gezackt) der Ascheneimer die heisze Asche, an der heiszen Asche

die Hände gewärmt – das Krematorium, damals es war Januar und der Freund in den Himmel gefahren

als flüchtige weisze Spur als zarter Schleier aus den Krematoriumsschloten

so dasz wir noch eine Weile seinen Weg in den Himmel, noch eine Weile

verfolgen konnten während wir aus der Halle traten und weinten

und halblaut durchaus dies Lallen, Weihrauchduft über den Gesangsbüchern

in den Betstühlen der Dorfkapelle und will es noch immer nicht wahrhaben

dasz ich erfahren muszte von ihrem Tod durch den Postboten (»Adressat verstorben«)

dasz ich dann Wochen Monate Jahre nicht gewagt hatte die alte Nummer zu wählen

um mir nicht bestätigen lassen zu müssen dasz sie gestorben seioder zum Beispiel meine Groszmutter die war ein Vogel Strausz eine Musik wie himmlische Peitschen, genialischer Gestus, ROMANAUFENTHALT

diese Liebe dieses Brennende und zieht die Hand

ein wenig zu sich, des Kindes, geht langsam die Treppe hinunter mit dem Kind an der Hand

zieht die Hand an die Brust (Rubenspark Winter '27), des Enkelkinds kleine Hand auf dem alten Foto –

holde Schwalbe Januarhimmel / an Windes Braut

mein Schatten an der Brücke über die Schwechat das war in der Nähe der Mutter

die Sonne hat den Schatten gemalt auf diesem Foto –

(von Raketen), die gebratenen Würste, der Eiswein

mit bübischer bunter Plastikhaube der alte Fleischer

auf und ab schreitend auf blutiger Metzgerbühne

gelbe Hals- und Haarkrause vergeblich trübes Gebisz

intermittierend im Parkrasen : Hundegestalt

weiszer HIS MASTER’S VOICE Hund an den Kniegelenken die geschwollenen Adern

in einer Indianerfrühe habe ich grimassiert, vor dem Spiegel

gar nicht mehr hingehört, oder die Zahnbürste vergessen auf dem Waschtischrand

VOGELSPANGE / Nackenstarre, das Gesicht der Gipsstatuette

der Länge nach, diagonal, verdeckt

die runden Trophäen der Adern (Augen)

im Gespräch mit dem Arzt auf die hohe Lehne des Patientenstuhls abgestützt

sich der eigenen Verlegenheitshaltung bewuszt geworden : plötzlich,

im Abgelenktsein verstummt / die Wallfahrtswege

die Wallfahrerblutstropfen (Mariazell)

MARIAZELLER MAGENTROPFEN, Kondome eingekauft, oder damals

auf dem Höhenweg von Meran nach Dorf Tirol diese Vorfrühlingsluft Verführung

zärtliche Wärme auf Steinen, und Wiesenhang

dieser KULT KIMONO / KAFTANBEWÖLKUNG– und in Strähnen, Strömen

gesintert, im blauen Alkoven des Augs

auf dem Handrücken Farnkrautfrottage, die weiche

weisze Musik der Zitate, Zanzotto zum Beispiel

mit ausgespannten Flügeln der schwarze Schmetterling an der Zimmerdecke

mir ist nicht mehr zu helfen –

GRASMEDIUM – ach? lauter Neologismen – »es wimmelt in Ihren Schriften von

Neologismen ..«

aber wenn ich jetzt sprechen musz wenn ich jetzt sprechen müszte wenn

ich jetzt irgendwelche Rede, es wäre nur.........................

(Pistazienwälder, gefroren)

was brauchst du

was brauchst du? einen Baum ein Haus zu

ermessen wie grosz wie klein das Leben als Mensch

wie grosz wie klein wenn du aufblickst zur Krone

dich verlierst in grüner üppiger Schönheit

wie grosz wie klein bedenkst du wie kurz

dein Leben vergleichst du es mit dem Leben der Bäume

du brauchst einen Baum du brauchst ein Haus

keines für dich allein nur einen Winkel ein Dach

zu sitzen zu denken zu schlafen zu träumen

zu schreiben zu schweigen zu sehen den Freund

die Gestirne das Gras die Blume den Himmel

für Heinz Lunzer

komplementär

so gleich Rot so gleich

Rot ja so geschieht es mir so gleich

Rot ist die Farbe Grün in

der Welt, also Grün zugleich Rot, aber

Grieszkörner, Sand, aber

wie Griesz und Sand zusammen, wie

Griesz oder Sand im Turnier in Toledo, so

geschieht es mir, also geschieht es mir meinen

Augen also geschieht es mir

auffallend –

Leimrute Zopf

ETWAS WIE KÜSTEN KLEEFARBENUND GEWAHRSAM DER MEERE

etwas wie Möven stirnnah und schreiend wie ertragenes Schicksal

etwas wie historische Nacht klösterlich braun und ausgebrannt

in den Mulden der Insel

etwas wie Hanf wogender Kniefall mitten in schönen Pfauen

(Schalmeien)

etwas wie Luftschwingen Traumhecken Schaum-Gestrüpp

etwas wie gläserne Küsse Nachtauge schwärmende Trauervögel

(Mohn)

etwas wie schütterer Morgen im frühen November

etwas wie Regen an traurig bekränzten Fischen (Rauch)

etwas wie Asche ängstlich und windhoch gewirbelt