brütt oder Die seufzenden Gärten - Friederike Mayröcker - E-Book

brütt oder Die seufzenden Gärten E-Book

Friederike Mayröcker

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Beschreibung

»brütt«. Für Friederike Mayröcker ein Sinnbild von Schmerz und Härte, Kälte und Trauer. Wären da nicht die »seufzenden Gärten«, die den Liebesregungen, denen sie sorgsam nachspürt, ein sanftes Gegengewicht verleihen. Doch hat sie wahrhaftig stattgefunden, die Beziehung zu Joseph, oder ist sie nur ein Hirngespinst, eine reine Wunschvorstellung? Im Liebestaumel ist die Gewissheit nie greifbar. Gleichwohl vermag die Autorin ihre diffusen Seelenzustände zu ordnen, den Empfindungen Namen zu geben und dem Unerklärbaren auf die Spur zu kommen. In ihrer unverwechselbaren Sprachgenauigkeit legt sie Schicht für Schicht den zerbrechlichen Kern der Liebe frei und löst sich damit selbst aus den Ketten des Unsagbaren. In einer eindringlichen Selbststudie legt Friederike Mayröcker Rechenschaft ab über eine Liebe, in der Freude, Glück, Zweifel und Schmerzen gleichermaßen zum »schönen Erzählen« werden.

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Friederike Mayröckerbrütt oder Die seufzenden Gärten

Suhrkamp

Abbildung auf S. →: Pablo Picasso. Paul beim Zeichnen, 1923

© Succession Picasso/VG Bild­Kunst, Bonn, 2021

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2022

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4563.

© 1998, Suhrkamp Verlag AG, Berlin

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Umschlaggestaltung: hißmann, heilmann, hamburg

eISBN 978-3-518-77158-7

www.suhrkamp.de

Inhaltsverzeichnis

Aus einem Brief von X.

13. 9.

15. 9.

16. 9.

19. 9.

21. 9.

22. 9.

29. 9. spätnachmittags

29. 9. früh

30. 9.

1. 10.

2. 10.

3. 10.

4. 10.

19. 10.

nachts, abermals 19. 10.

21. 10.

25. 10.

26. 10.

27. 10.

29. 10.

31. 10.

2. 11.

3. 11.

etwa den 4. 11. nachts

5. 11.

10. 11.

13. 11.

18. 11.

etwa 19. 11.

20. 11.

22. 11.

24. 11.

25. 11.

26. 11.

27. 11.

5. 12.

6. 12.

7. 12.

12. 12.

16. 12.

17. 12.

19. 12.

26. 12.

29. 12.

31. 12.

Neujahr

6. 1.

7. 1.

10. 1.

13. 1.

19. 1.

30. 1.

2. 2.

8. 2. / 10. 2.

12. 2.

16. 2.

17. / 19. 2.

21. 2.

29. 2.

2. 3.

8. 3.

13. 3.

17. 3.

29. / 30. / 31. 3.

4. / 5. 4.

7. 4.

14. 4.

17. 6. -4. 7.

SUPPLEMENT

. . »als ich meine Tritte noch in Butter wusch, und der Fels um mich goß Bäche Oeles« ..

Martin Luther, Buch Hiob, 29, 6

aus einem Brief von X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) : »ich schreibe am besten gleich, wenn deine plötzliche Stimme noch nachklingt und den Tag durchklingt.

Wenn es bei dem Prosa Anfang bleibt, den du von mir geliehen hast, laß unbedingt das »vermutlich« weg, auch wenn ich es – fälschlicherweise – geschrieben haben sollte. »Ich erlebe nun eine Liebesgeschichte : meine letzte« muß es heißen.

Die Lebensfreude, von der ich schrieb, ist ja nicht alles was passiert, es gibt auch das Erschrecken darüber wie glücklich oder unglücklich ich mit einemmale sein kann – und daß ich in einem nie gewollten Ausmaß wieder wie jung und dumm bin. Aber lassen wir das, du wirst auch ohne mein ERLEBNISKOLORIT zu deiner Sprache finden, und es wird eine Sprache sein, die von meiner nicht allzuviel brauchen kann ..«

13. 9.

(»und teigige Stimme / mein Papa selig und Mama«)

Schritt vor Schritt und Fuß vor Fuß gesetzt und dann immer weniger immer seltener ausgegangen und immer langsamer gegangen als ob da 1 HEMMSCHUH, 1 WEHR, 1 STAUWALL eingebaut wäre in dir, da unten, und immer weniger Antrieb auszugehen weil auch immer schlechter gesehen – Brille aufgesetzt Brille abgesetzt : beides gleich störend / verwirrend, alles 1 wenig verschoben verschwommen, nicht wahr, nicht in der richtigen Perspektive, jedes Ding in der Straße für 1 anderes Ding gehalten . . seltsam und mißgesehen (Beckett), auch Mißvergnügen im nicht rechtzeitig Erkennen bekannter Personen, erst knapp vorher, zeichne mir die Umrisse vertrauter Personen vor, wie Ahnung auf dem Papier, usw., meist von ganz unbekannten Personen gegrüßt worden, den Gruß erwidert, fast immer zu spät wenn Freunde Kollegen an mir vorüber, immer die gleichen Wege gegangen, vertraute Umgebung wird vorgezogen, jedes Haus jede Parkbank vertraut, die fallenden Blätter / schon Herbst, bald Anfang Oktober, und wenn du betrittst den Kreis von Freunden Bekannten : lange nicht wirklich erkennen können wer da ist, Kopf und Figur, einfach irgendwelche Grüße erwidern, Begrüßungsküsse auf beide Wangen dann sich zurückziehen auf einen Platz und die Veranstaltung verfolgen, jedes Wort registrieren, 1 paar Notizen machen, daheim meist nicht mehr enzifferbar, weil zu flüchtig geschrieben, dann wieder an die Maschine gesetzt, und, wenn nachmittags Sonnenlicht einfällt, unwillig die Vorhänge zugezogen – immer fremder geworden der äußeren Welt, immer furchtsamer geworden den Zwischenfällen der äußeren Welt gegenüber, aus dem Weg gegangen jeder möglichen Gefahr, jeder Art RISIKO, usw., überall Komplikationen gewittert, dann noch schwieriger der tägliche Ablauf, auch beim über die Straße Gehen nicht mehr gewandt genug, manchmal der flatternde Mantelsaum von einem Fahrzeug, ich meine schon EINGEFANGEN, von einem einbiegenden Fahrzeug schon MITGERISSEN, und mit halbem Auge zurück ob schon überrollt, Vorstellungswelt noch intakt, also ÜBERSCHÄTZT, das meiste ja ÜBERSCHÄTZT, oder zu knapp vor heranbrausender Straßenbahn über die Gleise gehetzt, usw., immer in Panik, Schweißausbrüche Rücken und Brust Stirn und Nacken, immer entsetzt über Lärm, und Erscheinung herumstreunender Gestalten : Schirm der Basketball Mütze nach hinten gerückt, Angst, sie könnten dich attackieren, Augenkontakt vermeiden! Angst vor den Radfahrern, die von überallher in atemberaubendem Tempo also ZISCHEND : FLITZEND : im allerletzten Moment ausweichend / bremsend / vorüberbrausen, ebenso Skateboard Springer, Rollschuhläufer auf Gehsteigen, Seitengassen, betonierten Freiplätzen, usw. und sich schließlich total zurückziehen wollen, aber sich nichts anmerken lassen wollen, immer noch so tun als gehöre man dazu, als käme man schon noch mit, mit hinreißendem Attribut : Rucksack, Windjacke Pullmanmütze schief auf dem rechten Ohr . . lachen und scherzen wenn jemand der einen erkennt, stehenbleibt in der Straße und fragt WIE GEHTS? – (und vielleicht denkt : NOCH IMMER AM LEBEN DIE ALTE!). Ach der Schein nämlich der Schein : der Schein ist lange aufrechtzuerhalten, immerhin, der Schein ist hilfreich, und lachen und scherzen und hoffen, die Begegnung, das Treffen bald vorüber, nichts wie nach Hause, wo noch Gleichgewicht und Geborgenheit, immerhin, dann endlich wieder allein und für sich und niemand der stört und nicht mehr nötig irgendwelche Rücksichten oder sich irgendwelche Höflichkeit abzuringen, nicht wahr, mit sich allein, zuguterletzt, Stille, und alles so tun und lassen können wie es einem gefällt, und sich stundenlang auf dem kaputten Lager und ausgestreckt, und das Telefon neben dem Kopfkissen und hoffen, daß niemand anruft und für sich sein können und wieder beginnen können, Gedanken, Betrachtungen aufkommen zu lassen, und überlegen wie man etwa aus diesem Ungemach wieder heraus, usw. und plötzlich, von einem Augenblick auf den andern, das deutliche Gefühl von Behaglichkeit und Trost, und der Wunsch, daß alles so bleibe, inständiger Wunsch, daß keine Veränderungen, Verschlechterungen, und nur schreiben wollen und ungestört bleiben und die Sehnsucht, viele Briefe zu bekommen, besonders von Joseph, und immer öfter aus dem Fenster blicken und in einem Buch lesen – nicht unbedingt von der ersten zur letzten Seite, oder am liebsten in Büchern lesen, deren Schriftbild anziehend wirkt, und exzerpieren um nicht sogleich wieder alles zu vergessen, was einen glücklich gemacht hat, nicht wahr, aber bald wieder vergessen, tatsächlich bald wieder vergessen, weil den Zettel, das Heftchen verlegt, die verschwindende Schrift, die (im Grunde) : vergebliche Schrift, usw., und zurückblättern : wie hatte das Wort wie hatte der Satz wie hatten die Gedankenzusammenhänge geheißen, und dann denken wie man früher, vor 1 paar Jahren noch, jeden Hang, jede steil ansteigende Gasse, das Treppenhaus, hinaufgelaufen war, wie ungetrübt damals die Sicht, wie wenig die alltäglichen Widerwärtigkeiten uns anhaben konnten, auf jeden Fall immer noch alles erträglich gewesen, alles noch zu bezwingen, und, immer wieder, denkend an Abwicklungen, Veränderungen, Beschwerlichkeiten, eingedenk sein des Vergehens von Zeit, wie rasend die Wochen Monate Jahre, wie rasend Frühling und Herbst und wieder / Winter und Sommer, und Wechseln der Kleider : der Fellmantel, das Badekleid, die Pullmanmütze, der Wollturban, die Regenstiefel, die Christussandalen – und einfach verschwindend die Zeit, und wie sie einfach verschwindet, verstreicht – wohin? wie eine ganz bestimmte Welle in einem Bach, die wir lange verfolgen können, dann fort – so dieser Tag diese Stunde dieser Atemzug, 1 Sturz in die Zeit . . und nie gab sie aus diese Zeit, diese Stunde, der halbe Tag, die Woche, der Monat, die bevorzugte Jahreszeit, das Jahr, die Wiederkunft der privaten Jahrestage, nicht wahr, die Begegnungen die Lieblinge der Regen die bezaubernden Töne das berauschende Wort die geliebte Stimme, der Blick der überspringende Blick und in Flammen ..

15. 9.

ach die Tage freuen mich wieder, die stürzenden Geranien, und ich reche jetzt heraus was herauszurechen ist, sage ich zu Blum, diese alte Schrift, schon halb verdorben, sage ich, scheint zu neuem Leben erwacht, sage ich, im weißen Kittel mit aufgebäumter Frisur so laufe ich den ganzen Tag herum, weil ich so viel zu tun habe, so viel zu schreiben, alles multipliziert sich plötzlich vor meinem inneren Auge, alles scheint FEUER GEFANGEN zu haben, die Heckensiedlung in Nachblüte, die Kastanienbäume fangen 1 zweites Malan, zu blühen in rosa und weiß, ich spüre wie mich alles beseligt, auf einem Notizzettel finde ich : »bißchen schäkern, nichts Ernstes : Schäfchen im Himmel ..«, und mit einemmal ich glaube ich genieße es, daß ich weder den Wäscheschrank noch den Kleiderschrank öffnen kann, ja, es belustigt mich beinahe, die Schränke sind blockiert, sage ich, von Reisetaschen, Koffern, Arbeitsmaterial, Stößen von Zetteln, Büchern, Notizheften, bemalten, bekritzelten Stoffservietten (Filzstiftspuren), mißratenem Vogelzeug, usw., ich kann schon lange kein Bad mehr nehmen, sage ich, ich amüsiere mich über den Umstand, daß die Badewanne mit Trödel und Manuskriptblättern vollgeräumt ist, es ist auch das Erlebnis eines direkten Hineingehens in 1 Klavier, schreibe ich an X. (oder Wilhelm oder Ferdinand), ich meine kein Ton,keine Musik herauszukriegen, weil bis an den Rand mit mumifizierten Gegenständen, Hundekadaver (? DALI?) angefüllt, usw., CLUBBING DER ANDEREN ART, sage ich zu Blum, der bis zur Hälfte mit Wasser gefüllte geborstene Kochtopf unter dem Schemel, zum Kopfübergießen (»Kopfguß«), wenn Hirnrinde siedet, zum Kopfhineintauchen, wie damals in jenen Sommern als Kind, in die große Regentonne Kopf und Haare getaucht an heißen Augusttagen, und umarmt Sonne und süßen Wind, usw.

Bin 1 unebener Mensch, sage ich zu Blum, dennoch gerüttelt von einem Seligkeitsrausch, ach diese beglückenden Tage, an welchen mir ALLES in einer hinschmelzenden Verzauberung erscheint, seltene Tage, sage ich zu Blum, ich sehe die Dachruten fangen die Himmelsmikroben ein, vermutlich werden wir alle krank von dem Astralmist, der durch die Schüsselantennen eindringt in unsere Häuser, ich ertappe mich, daß ich zur toten Mutter spreche, ich sage zu ihr, Blum hat immer 1 sauberes Taschentuch bei sich, gute Manieren, und wenn er sich beim Telefonieren für etwas bedankt, macht er eine Verbeugung als stünde der Gesprächspartner ihm gegenüber, löchriges altes Zeug, kaputtes Gewerbe, sagt Blum, und ich bin nicht sicher, ob er damit nur die alten Töpfe, das zerscherbte Geschirr meint oder auch meine Aufzeichnungen, warum wirfst du nicht alles fort?, sagt Blum, PIETÄT, sage ich, alles PIETÄT, Nachsicht, Geduld, der gelungene Versuch, sich zu identifizieren, mit den Lebewesen, den Dingen, die (scheinbare) Treue, das sich Zurücknehmen, alles nur Pietät, sage ich, eigentlich nicht vertretbar, eigentlich nicht angebracht, eigentlich außer der Zeit, nicht populär, dennoch bleibt man dabei, usw.

Was X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) angeht, wäre noch zu ergänzen : daß er schreibt, er denke von einem Meeresrauschen ans nächste, um den Wandel aller Dinge am eigenen Leib zu erfahren, dann träume ich, daß ich zu Blum sage : LASS MICH DEIN ECKERMANN SEIN!, worauf er mir im Traum erwidert : 1 Zusammenbruch der Sinnzusammenhänge ist verantwortlich für den allgemeinen Irrsinn und die überhandnehmende Brutalität . . die LAMMHEIT, das Angenehme, sage ich, ist nicht gleich dem Schönen : eine ästhetische Komponente fehlt bei den Tieren, vor den Fenstern der Veranda der ewige See, nein nicht Schnee, es rennt vorüber der Teller das Telefon. Ach Odeonkehle, ach die Tage tropfend wie Honig, rufe ich, was X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) betrifft, so sei er 1 unabhängiger großer Geist, der sich nicht begreifen läßt, sage ich zu Blum, er hätte mich schon an der Hand nehmen müssen und einführen müssen in das Labyrinth seiner Seele, vielleicht hätte ich dann verstanden, ich glaube in der Auslage eines Gemüseladens hatte man hineingewälzt riesige Wassermassen (-melonen) und in der Tiefe des Schaufensters stand eine Figur, welche einen Rasenmäher handhabte, mit grüner Gartenschürze und Hut, usw., und nachts habe ich genippt von sämtlichen schmerzstillenden Medikamenten, weil die Verspannung des Nackens beinahe unerträglich, das WETTER GENIE und die Seidenschärpe um meinen Hals gewickelt, es ist plötzlich naß und kalt geworden, sage ich zu Blum, durch die Ritzen der Fenster fegt es herüber an meinen Tisch wo ich sitze, sage ich, man täte gut, etwas wie eine Wollmütze, Kapuze, Tellerkappe und Muff anzulegen, nicht wahr, was zeigt meine HASENUHR, sagt Blum, ich überhöre aus irgendwelchen Gründen seine Frage, obwohl mir das Wort HASENUHR sogleich eingeht, ich meine ich brauche keine Erklärung von ihm, was oder wen er so bezeichnet, und ich, seit Aberwochen, Kopf über Maschine, sage ich, Sternenbanner im Fenster, weil ich jetzt auch in der Nacht arbeite, alles rätselhaft in der Grundierung, sage ich zu Blum, ich glaube das ist der Kniff, will oft selbst nicht so gerne wissen, wie sich das abspielt, wie sich das alles zusammenfügt (-reimt), nicht wahr, und wenn man mich ausfragt, wie denn das alles entstanden ist, bleibe ich meist die Antwort schuldig oder sage nur noch geschwätziges Zeug, usw., 1 ALPENGENUSS, sage ich, so als wollte ich aus einer buntscheckigen Matte einen ganz bestimmten Faden herauszupfen, 1 ALPENGENUSS ist dieses Schreiben, und damit basta!, sage ich, aber das Fragen geht weiter, nein, Ideen habe ich keine beim Schreiben, sage ich, du mußt etwas wagen wenn du arbeitest, sage ich, du mußt etwas einsetzen, nämlich dein Leben, deine Gesundheit, du mußt tollkühn vorgehen, ich glaube tollwütig, sage ich, auf niemand Rücksicht nehmen, am allerwenigsten auf dich selbst, alle Regeln des guten Geschmacks außer acht lassen, ja : verächtlich machen, alle Begrenzungen überschreiten. Wenn ich Zeichnungen fabriziere : 1 Dilettieren, wenn ich schreibe : 1 Herzverwüsten, ohne ANSCHAUUNG geht gar nichts, sage ich, und manchmal glaube ich, alles immer noch zu wenig couragiert, diese ganze Schreibhaltung allzu gemäßigt, allzu sehr Partitur, nicht wahr, die Küche flattert. Die animierten die uferlosen Gebetsmühlen der Sprache, sage ich, Papierschere gleitet mit offenen Schenkeln ins Badewasser, dann ist deine Postkarte in meinem Schoß gelegen, sage ich zu Joseph, Kirk Douglas erscheint auf dem Bildschirm, gealtert, keineswegs greisenhaft, sage ich, 1 SPEKTAKEL VON GESICHT, sage ich zu Joseph, wir löffeln die Instant Suppe, wir teilen uns die Schmolle des Gebäcks, Kruste zu hart, sage ich zu Joseph, Infantilphase im Alter, kein Entkommen mehr, sage ich, nervöses Blätterdach, usw. Ich saß vor meinem Zelt in der Sonne und döste vor mich hin, ich saß am Herd, ich saß in der Waschküche und dachte an Joseph, während ich zu Blum redete. Joseph und ich, sage ich zu Blum, vermeiden es kurioserweise, dieses mein entstehendes Buch »die Schrift« oder »das Manuskript« oder »die neue Prosa« zu bezeichnen, sondern wir sprechen, wenn überhaupt, vom PROJEKT.

Ich schlage eines meiner Lieblingsbücher auf und finde den folgenden Satz, der mich durchdringt : ». . man erfährt aus dem Tagebuch, daß es mitunter etwas ganz Willkürliches war, das sie begehrte, z. B. einen Kuß, und um keinen Preis mehr, weil es das Schönste mit dem Betreffenden war ..«

16. 9.

in seinem jüngsten Brief schrieb mir X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) aus Spanien und er denke von einem Meeresrauschen ans nächste, und ich frage mich, ist das Meeresrauschen in Spanien 1 anderes als das an der griechischen Küste, wie unterscheiden sich die beiden Meeresrauschen von einander, wie unterscheidet sich tatsächlich 1 Meeresrauschen von einem anderen Meeresrauschen, wie unterscheiden sich die Himmel in den verschiedenen Ländern von einander, wie die verschiedenen Bergspitzen . . X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) schreibt mir also, ich denke von einem Meeresrauschen ans nächste, er schreibt mir aus Spanien, auf dem Weg nach der griechischen Insel, wohin wir, Blum und ich, jetzt nicht können – dies alles geht mir durch den Kopf, wenn ich an X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) denke, wenn ich seine innere Gestalt zu begreifen suche : seine und meine Gestalt, vielleicht einander bedingend, eine Art KORRELAT, nicht wahr, sage ich zu Blum, aber im Grunde verstehe ich nichts von ihm, ich kenne ihn kaum, ich erkenne ihn kaum, obwohl wir einander so oft begegnet sind, einander so oft geschrieben haben, sage ich zu Blum, vielleicht habe ich auch keine Ambitionen, seine innere Gestalt zu erkennen, sage ich mir, nur als er mir schrieb, er sei nun betrübt, weil er die Reise nach Siphnos allein unternehmen müsse, und daß sein Kopf sich eingetrübt habe wie dieser Himmel, glaubte ich, etwas von ihm zu erahnen, auch kam mir wieder die Querverbindung zwischen ihm und Joseph in den Sinn, nämlich diese zwischen ihnen hin- und herfliegenden Briefe, und dieser Umstand rangierte plötzlich an vorderster Stelle, schien bedenkenswerter als alles übrige. Mein Blick zum aufgeschlagenen Fenster : am Fensterknauf baumelt das papierdünne Chinesenpüppchen, im blaugrünen Seidenkaftan, rote Taillenschärpe, strolchenden Fußes, sage ich, es befindet sich auf einer Reise, vermutlich an Seidenschnüren gezogen – wohin? die Tränen schießen mir augenblicklich hervor, wenn ich es so betrachte, in eine Ferne schweifend, von der es und ich nichts wissen können, wie lange lebt es schon hier in meiner Stube, sage ich zu Blum, an meinem Fenster, manchmal dreht es das seltsame 1 wenig verzogene Gesicht (1 wenig von Qualen verzogen), aber liebreizend noch in seinem feinen Schmerz, zu mir herum und blickt mich an, dann schnürt sich mir die Kehle zusammen . . die vergrämte Sprache?, frage ich mich, bei hellem Tageslicht die Schreibtischlampe angeknipst, weil umlagert von licht- und luftabhaltenden Stößen Papier, usw., das alte Lied, sage ich zu Blum: Sprachgeschichte, sage ich, alles ist Sprachgeschichte, wir wollen es nur nicht wahrhaben. Wo Beliebigkeitswerte vorherrschen, sage ich, wo in einem Kunstwerk Beliebigkeitswerte vorherrschen, suchen wir vergeblich nach irgendeinem anderen Wert, ich verlas mich in der Adresse des Absenders, statt Schillerplatz : Achillesplatz, ich frage mich, ob es da einen Zusammenhang gibt?, ich wußte nicht, kam das Auto in der Dunkelheit auf mich zu oder entfernte es sich, statt »München« meist »Mündchen« adressiert, es ging mir heute früh auf, daß ich nach einer ROMANHAFTIGKEIT in meinen jüngsten Schriften aus bin, ja, ich strebe eine Art ROMANHAFTIGKEIT an, was immer das heißen mag, sage ich zu Blum, was halten Sie von Ihren Werkübergängen, will 1 Journalist wissen, aber ich weiß es nicht, ich sage ihm : diese beständige, ich glaube inständige Phantasiehaltung (also nicht wirkliche Phantasie) hat immer noch Hochbetrieb, und sah die Träne am amputierten Baum, goldfarben spühende Harzträne, sage ich, sah die Pappelrosen am hohen Stiel, die welkenden Robinienbäume in der Allee, die Garnele auf meinem Teller, das ist das ganze Geheimnis, oder wie Botho Strauß sagt : DAS ENDE PLÖTZLICH MITTEN IN DER GARDEROBE . . aber manchmal, sage ich zu Blum, wenn ich Bilanz ziehe, in diesen trostlosen, dürren Stunden, geschieht es, daß ich mir sagen muß : ich habe alles falsch gemacht, ich habe alles verloren, vertan, versäumt, ich habe die falsche Richtung eingeschlagen, vielleicht ist SPRACHÄSTHETIK, um die es mir seit den Anfängen gegangen ist, die falsche Zielsetzung gewesen, in dieser von Ungeheurlichkeiten erschütterten Zeit, usw., ach, die Composita haben es mir angetan, die Componisten, das Spacieren, wie Elisabeth von Samsonow schreibt, sie sehe mich vor sich wie ich spaciere, in ihrer ockerfarbenen Schrift, eine ockerfarbene Frauenhand mit rotem Bordürenschmuck am Handgelenk, reicht mir 1 Sträußchen Frühlingsblumen, jetzt mitten im Herbst, sage ich zu Blum, Sterne in hellen Farben, die saftig grünen Stengel ungleich abgeschnitten, zusammengewickelt mit doppeltem Bastfaden, hochbeinig aus Wasser (steigend) ..

nach Datum, irgendwo notiert, solle angemerkt werden, »früh, frech«, Der große Wiesenknopf, oder auch Blutstropfen, wie die Leute hier sagen, schreibt mir Angelika Kaufmann, jetzt überall in den Wiesen. Seit 5 Tagen, schreibt Angelika Kaufmann, bin ich jetzt schon allein im Waldviertel und stelle mit Erstaunen fest, daß dies ganz gut geht, 6 Monate nach Harrys Tod – ich wandle auf seinen Spuren, nehme Dinge in die Hand, die er in die Hand genommen hat und verrichte Arbeiten, die er verrichtet hat. Dies ist dann beides : manchmal sehr beglückend und manchmal sehr traurig, daß es mir die Kehle zuschnürt.

Seit Aberwochen, ich habe etwa 1 Kreislauf Delikt, Traum.

Die Schwalbenfüße, das Schwalbengesicht, nie wahrgenommen, sage ich zu Blum, verwunderlich, weil die vielen Sommer der Kindheit in ihrer Nachbarschaft verbracht, nur die Schnäbel, die aufgerissenen Schnäbel, wenn sie tief flogen, beinah streiften die Dorfstraße, was Regen verkündete, wie geglaubt wurde, eine Nachtigall nie gehört, aber die Aufschwünge der Fasane erinnert, damals, über den abgeernteten Feldern, in dieser verwunschenen Landschaft, die ich nie mehr vergessen kann, sage ich zu Blum, ach die Atem Quelle, die Flammen Erpressung der Gestirne in jenen Hochsommermonaten, das staunende Auge, manchmal, schon damals, stürzten mir die Tränen aus den Augen beim Anblick der vielfältigen Wunder, jetzt, nach so vielen Jahrzehnten, ich lebe in Agonie, im Kleid eines Holzfällers, entwurzelt-selig, wenn mir das Schreiben zufällt, sage ich, so torkele ich zwischen Ottomane und Tisch, erblicke an einem frühen Morgen den blanken Himmel, und jetzt ist Regenwetter versprochen, die liebe Wange. Und frage mich aber immer wieder, mitten drin, im hingerissenen Schreiben : wohin soll das alles führen, was ist der Zweck dieses Schreibens, nach 1 paar Jahren wird alles vergessen, verloren sein, alle Bücher, die ich geschrieben habe, längst vergriffen, alles, alles verweht, alles vergeblich, jegliche Welle, jeglicher Atemzug, jeglicher Blitzgedanke wie nie gewesen, meine Bücher verramscht, vom Markt verdrängt, ich glaube, es hat mich gar nie gegeben.

Und was das Altern betrifft : nämlich daß hineingegriffen worden war in dieses Gesicht, in dieses mein Altersgesicht, ich glaube die Zeit habe hineingegriffen und ihre Spuren in ihm zurückgelassen, die düsteren Nischen der eingesunkenen Augen, die schlaffen Wangen : senile Bäckchen : Beutelchen eines Kleinkindes, aber heruntergerutscht in die untere Hälfte des Gesichtes, greisenhaft häßlich, clownesk, die vertrackten Nervenbahnen, die gemergelten Füße, der faltenverschnürte Leib.

Der Markusplatz, sage ich zu Joseph, der mich wieder besucht, 1 Holler Platz, ich meine SO SCHWARZ, ich habe ihn anders in Erinnerung gehabt, ich wurde von einer Panik erfaßt, ich flüchtete zu den Buden zurück, durch welche ich mich vorher gezwängt hatte, ich glaube, es war 1 Zerrbild des Markusplatzes, einer Kampfarena nicht unähnlich.

Und jetzt fliege ich 1 wenig durch meine Erstschrift, ich überfliege die Erstschrift, sie ist mir englitten, aber vielleicht kann ich auf diese oberflächliche Weise (Lesart?) noch 1 paar glühende Verwüstungen, oder was, ins Endgültige, in die endgültige, ich meine in eine gültige Form bringen, usw.

19. 9.

(sie hat keine ZENSUR aber Regenmantel : diese Fliege ..)

sie hat keine ZENSUR aber Regenmantel : die Fliege, der ausgegossene Kaffee statt in die Tasse auf den Fußboden, der mit EILAND bedruckt, von den nassen Fußsohlen, wenn ich aufgestört, ohne mich abtrocknen zu können aus dem Badewasser : wenn ich spritze, nässe, tropfe, tapse, und die Tropfen (Kaffeespüle) den Schenkel hinabrinnen . . hätte noch gerne weitergeschlürft, aber alles zu Boden gerollt, während das Telefon nämlich irgendeine GENERATIONS NICHTE sich für nachmittags anmeldet, usw., während als Flagellant das Plakat (jetzt »poster« mißgenannt, was heißt schon »poster«, am ehesten noch »Polster« da steckt wenigstens die Sehnsucht nach Polster, Polsterbett, durch Polsterberge sich abschotten von der Welt, usw. drin, nicht wahr, sage ich zu Blum), auch habe ich immer wieder zur Schau gestellt meine Schwachheit (Demenz) mein durchnäßtes Fell, usw., es ist wie 1 Vorwand an jedem Morgen,sage ich, erst 1 × gar nichts zu UNTERNEHMEN, nichts UNTERNEHMEN ZU MÜSSEN als die Füße ins siedend heiße Wasser zu tauchen, daß sie krebsrot, usw., und schreiben, behutsam : bedächtig, während die Füße da unten in ihren heißen Pulsen und die 1. Herbstfliege auftaucht ich meine die 1. Stubenfliege, vielleicht auch nur Augentäuschung, die Fliege nämlich : eckenstehend und klaubend (kleinlaut) die abertausend Staubpartikelchen in meinem Zimmer, wie ich, genau wie ich, wir scheinen einander in überraschender Weise ähnlich, nachdenklich, meditierend, vielleicht auch 1 wenig betrübt, was weiß ich, sie hat jedenfalls keine Tränen, das unterscheidet uns von einander, jedenfalls nicht nachweisbar, noch nicht nachweisbar, noch nicht erwiesen, Fliege mit Tränen wäre eine Sensation, sage ich zu Blum, aber sie fliegt und sitzt und liegt auf dem Staubsofa, sie empfindet vermutlich wie ich, wenn ich mich kauere auf dem staubigen Lager, die Augen geschlossen, gedemütigt, ängstlich, in Panik auch, denn wir beide sie und ich wir leben in Panik, das ist völlig klar nicht wahr, manchmal bin ich übereifrig, sage ich zu Blum, ich überschlage mich (in meiner Zuneigung zu Joseph, zum Beispiel), sage ich, ich habe eine tägliche Meditation, sage ich zu Blum, aber der Wagen der Schreibmaschine, der zu beiden Seiten an die Papierstöße ich meine an den Papierstößen aneckt, reißt mich heraus und ich sehe das Wort END VERSTAUBUNG aufgesprayt an den Hauswänden ..

und wenn ich mit Menschen verkehre, gezwungen bin, mit ihnen zu verkehren, fühle ich diese schreckliche UMGARNUNG, die mir die Kehle zuschnürt, die mein höfliches Lächeln erstarren läßt, und ich frage mich dann WAS HINTERFLIEGT MEIN AUGE MEIN OHR?

aber zurück zur Fliege, sage ich, ich habe eine tägliche kleine Meditation, sobald ich das Fußbad nehme, während ich SIE, die 1. Stubenfliege, beobachte, wie auch sie sitzt und mit ihren Vorderfüßen sich über den Kopf streicht, vielleicht Geste des Nachdenkens, was weiß ich, aber ich bin mir sicher es ist ihr baldiger Tod; in diesem Zimmer zu verweilen, bedeutet ihren baldigen Tod, in diesem Zimmer hier wird ihr Tod sie ereilen, wie mich, einst, vielleicht morgen, vielleicht überlebt sie mich auch, sie hat keine Wahl, usw. ach! stampfende Sprache!, du darfst, schreibt Marguerite Duras, deinen Freund nie etwas lesen lassen was du geschrieben hast, das erträgt kein Mann, aber im Augenblick liege ich mehr als ich sitze, auch hocke ich wie meine Stubenfliege 1 wenig herum, liege herum, Füße im Wasser, ich sage zu Joseph, ich stehe und sitze reglos, um auf jenen Tag zu warten in vermutlich 2 Monaten wenn wir einander wiedersehen werden, ohnehin alle Zeit so gedehnt und langsam, wie die Figuren draußen an einem Sonntag, Feiertag, wie Sirup, sie bewegen sich kaum, so scheint es, es ist 1 Bild das mir nahegeht, die Sonntage, Feiertage wirken lähmend, so scheint es. Aber das Jahr ist doch rapide gelaufen, sagt Joseph, die Zeit allzu knapp bemessen, sagt Joseph, im Sitzen im Liegen zu kurz, sagt Joseph, wie geht das alles zusammen, frage ich mich. Ach warum hatte ich ihn nicht umarmt als er fortging am vergangenen Abend, einfach umarmt, meine Arme um seinen Hals geschlungen und ihn geküßt, so wie ich es mir lange ersehne, so wie ich es mir lange vorstelle. In der Vorstellung ist alles möglich, sage ich zu Joseph, aber die Vorstellungen sind meist nicht zu verwirklichen, kaum kommt es zu dem Punkt, da eine Vorstellung sich realisieren sollte, bricht sie in sich zusammen, ja, 1 tatsächlicher Zusammenbruch ist das, man verbirgt sich hinter einem verlegenen Lachen, einem schmerzlich verzogenen Lächeln, man winkt dem Scheidenden nach, winkt vom Fenster aus nach, worauf jener der fortging und wiederkommt fragt : hast du mir nachgeschaut? hast du mir nachgewinkt? bist du am Fenster gestanden? es ist wie 1 Verhör, glaube ich. Und zum 1. Mal, denke ich, auf deinem Gesicht, in deinen Augen, 1 kleines ironisches Lächeln, aber auch die vergebliche Bemühung, es nicht zu zeigen, und es sagt, du habest mich durchschaut, alle meine Wünsche, alle meine Verstiegenheiten. Meine Hand berührt deine Hand, deinen Arm, als wäre ich versehentlich angestoßen und hätte dich verletzt, und sage : verzeih! und berühre abermals Hand und Arm, als könnte ich gutmachen, was ich falschgemacht, usw.

Und all dies, sage ich zu Joseph, nicht so sehr die Erinnerung selbst als der Schatten einer Erinnerung, oder : schon seit dem Morgen : das Gefühl, ich erlebe nicht den Traum sondern den Schatten eines Traumes. (1 starrer Zeppelin am Himmel zieht Werbetransparent hinter sich her, ohne sich zu bewegen, die Wiese knarrt, die gelben Füße : nackten gelben Säckchen einer sitzenden Person im Badezimmer . . Elisabeth von Samsonow schreibt mir, überhaupt ist dein Deutsch die einzige natürliche Sprache, und : ich sehe dich spacieren!)

21. 9.

(»eine Orangen-, Ozean Wildnis im Leib und im Mittagsschlaf«)

immer wieder die Angst, die alten Aufzeichnungen verlegt, verloren zu haben, vielleicht verzettelt verzahnt mit schönen Wellen von Brombeer und Mohn Saft getränkt, die verschütteten Gläser, Krüge, Tassen oder Wogen von Tusche, Tinte, was weiß ich, untergegangen in Strömen von Vergessenheit, im Ansturm von Tränenflüssen, wie tosende Wasserfälle von der Spitze des Berges stürzend, stetiger schlohfarbener Schwall, usw., eben das Wassergedicht und alles, diese Quelle gluckst in dem alten zerrissenen Kochtopf daß das Wassersogleich auf den Bretterboden spritzend und springend, sehe eine Lache im Unterstand, darin schwimmen die Zigarettenstummel, winzige Schwimmflossen, eine Lache in der UBahn Station ich erschrecke, von ferne wie Schiffchen auf See, die Papiere wenn sie vom ovalen Tischchen flattern, und jeden Morgen diese Hals Attraktion : klematisblaue Kehlkopf Deklination weil nicht länger schluckfähig usw., diese riesigen Schlucktabletten, ich ersticke daran, sage ich zu Blum, blau-schwindlig im Dunst eines mich anfachenden (anfeuernden) Morgenlichts, Krisen-, Kirgisenmütze einer Frau (schwerer Samt), welche zusteigt, noch sommerliche Temperaturen, sage ich, nasses Fell, tief ins Gesicht gezogene Mütze, kuvertiertes Leben, kuvertierter Lebensablauf, sage ich zu Blum, alles abgezirkelt, in die entsprechenden Schubfächer gelegt, nichts Spontanes mehr, nichts Außergewöhnliches, alles verschlossen, VERBRIEFT, nicht wahr, nur im Hinterkopf : im Sehnsuchtsverlies, diese berstende diese rotierende VAGABUNDENSPRACHE, VAGANTENSPRACHE, so dialektische LEBENSSPRACHE, jeden Morgen die Liebes Beisetzung, sage ich zu Blum, kannst du das nachvollziehen, jeden Morgen das Zugrabetragen der Vorstellung, von Joseph umarmt zu werden, ich meine, seine Arme schlingen sich um meinen Nacken und wir sehen einander in die Augen, eigentlich eine ganz einfache Sache, nicht wahr, aber nicht zu realisieren, sage ich. LIEBES BESCHEIDUNG IST GLEICH LIEBES BESCHNEIDUNG!, sagt Blum.

Ach ich trockne mir im Seidenpapier Florpapier Schreibpapier die Hände, sinke mit SCHNABEL in die große Kaffeeschale, sehe die Milchhaut an der Oberfläche des heißen Kaffees, schlage die Hände zusammen, kreuze die Arme im Rücken, und merke, plötzlich sprießt und springt es im Fenster eben wie Frühling und Heiland, und ich am Rand der Wanne hocke und das Laub rieche : Laub der Pfirsiche in der Schale, nämlich im ganzen Zimmer das Laub und der Duft – aus ihrem Leib geatmet. Und kein Verlangen, sie zu verzehren, nur einzusaugen den Duft und das Laub, und die grünen Hänge von Wald und Wind und Wildnis der Pappelrosen.

In meinem Zimmer das wildeste Wortmaterial aufgetürmt also 1 Zuflimmern 1 Zuflimmern, -flammen, 1 Mondgleißen und Sonneglühen, ach sage ich zu Blum, habe mich losgelöst von den Schreibunterlagen von vor 2 Jahren, bin neu animiert, sage ich, oder ich glaube ich schreibe alles mit neuem Antrieb, nicht wahr, habe geträumt dieses und jenes, dachte mir, ich würde es behalten bis zum Morgen, aber nun sind es nur Bruchstücke, nicht von Bedeutung, irgendwie saß ich völlig nackt in einer Gesellschaft und sah, S. und wie sie mit einem der großen Philosophen unserer Zeit – Bloch vermutlich – in vertrautem Gespräch sich befand, ihn überall hin begleitete, usw. – Wie war das mit dem Gehen, Voranschreiten, sich Bewegen, sage ich zu Blum, ich glaube ich erinnere mich an nichts mehr, ich erinnere nicht, welche Orte ich besucht habe, um dort Lesungen zu veranstalten, ich erinnere mich nicht an die Menschen, die ich dort getroffen habe, ich weiß nicht, wer mich nach der Lesung angesprochen, mir sehnsuchtsvoll in die Augen geblickt, meine Hand gedrückt hat, mir eine Blume geschenkt hat, 1 Andenken, 1 Pinsel Bouquet, usw. Ich hatte vermutlich an allen diesen Orten, die ich nicht mehr erinnere, bloß meine Rolle gespielt, ich hatte sie eingelernt, und alles war automatisch abgelaufen, und meine Füße sind ganz von selber gelaufen, und da war das Schlurfen meiner Füße, 1 Fuß zieht den anderen nach, 1 Fuß wird vor den anderen gesetzt, 1 rülpsende Gangart glaube ich, 1 Rülpsen des Fußes, 1 Schlurfen, nicht wahr, 1 Deklination der Füße, der Beine, 1 Beugung, nicht wahr, schrittweise Beugung, SCHRITTWERK, sage ich zu Blum, nein nicht SCHRIFTWERK : SCHRITTWERK, sage ich, nämlich Gehen und Schlurfen und Ablaß erflehen (Hybris statt Selbstvergessen : die große Sünde!), das Wallen Wallfahren Kriechen, und Dösen während des Gehens, die Füße wissen schon ihren Weg, wie anhängliche Hunde, die auch von entferntesten Orten immer wieder nach Hause finden . . man wird mir zeigen eine Wildnis im Mittagsschlaf usw.

Das Geländ’, der Felsgupf, der grüne Bach, sage ich zu Blum, vielleicht sind das die einzigen Erinnerungen, die bleiben, ach in dieser meiner Bodenlosigkeit, oder dieser einzige Blutstropfen, welcher, nachdem der struppige Hund nach mir geschnappt hatte, nicht austrat, sondern stillhielt unter der Haut des Mittelfingers als winzige rubinrote Perle.

22. 9.

(»einst schon bin ich 1 Knabe, ich bin auch 1 Mädchen gewesen, Busch und Vogel und Fisch, der warm aus den Wassern emporschnellt ..« Empedokles)

habe mich eingelassen auf dieses Feder-, Gefieder Instrument (Ausfragungen von Kleidern, usw.), Mallarmé lesen!, und obwohl ich wußte, ich würde nicht lange warten müssen im Wartezimmer des Arztes, versorgte ich mich mit einem Rucksack Bücher, um darin zu lesen, bis die Reihe an mich kam, sage ich zu Blum, überhaupt wird alles wilder, ja, außerordentlich wild und unüberblickbar, selbst die beiläufigen Vorgänge oder Unternehmungen waren verworren, unbegreiflich, undurchschaubar geworden, so daß man am liebsten sich in eine Ecke zurückziehen wollte, um nicht noch mehr Unordnung zu stiften, das leichte Erdbeben : Erbrechen, weil die winzige Fliege verschluckt (weggeschluckt) mit dem vollen Glas Wasser, im Spiegel das MITTEL AUGE : gebrochenes Weiß, fremdes Auge, fremdes Gesicht, sage ich, am liebsten bis zum Spätnachmittag nicht in den Spiegel schauen, auf der Stuhllehne geschrieben, sage ich zu Blum, alle diese Briefe und Karten auf der Stuhllehne oder im linken Handteller, stehend, geschrieben, flüchtig, in wenigen Sekunden, die übliche RAUFEREI jeden Morgen, wenn ich neue Unterkleider, Hemden und Röcke suche, nicht finden kann, also am besten bis zum Abend im Schlafanzug vor der Maschine, auch RAUFEREI mit den Oberkleidern, Socken, Sandalen, die irgendwo verstreut in der Behausung, der Topf mit der kaltgewordenen abgekochten Milch (Fisch) auf dem Teppich neben dem Honigtisch, und irgendein Angehöriger winselte mir im Traum diese Worte, GEH MIR DIE WÄSCHE HOLEN, GEH IN DIE WÄSCHEREI IN DER PILGRAMGASSE UND HOL MIR DIE WÄSCHE, aber ich wußte nicht, wessen Stimme es war, und ich fragte im Traum, wer spricht da? aber ich bekam keine Antwort, eigentlich habe ich nur ihre Einkaufstasche (strohgeflochten) vorüberziehen gesehen, und als ich erwachte, hatte ich noch die Tränen auf meinem Gesicht, sage ich zu Blum, weil mir der Traum so große Angst gemacht hatte, und man sollte doch eigentlich sich festigen in seiner Gemüts- und Gedanken Welt während des Schlafens, sage ich, und ich erwache, ich meine immer wieder diese Empfindung, EBEN ERWACHTZU SEIN, ich erwache also, und werf’ dann die Haare weg und zurück, und erwache mit den Worten einäugiger Waschhandschuh, aber sonst eher steril, sage ich zu Blum, nichts zu machen, jedenfalls nichts GEDIEGENES, und wenn das Telefon läutet, denke ich jetzt schon immer seltener : daß es Joseph sein könnte . . Flüsterpapier und Staude, schreibe ich an Joseph, 1 Faden Blut auf Brillenglas, o hebe mich aus dieser schweren Tinte, usw., im Odeon, damals, sagte ich zu Oskar Werner, schreibe ich an Joseph, daß es mein Wunsch gewesen wäre, von ihm gelesen zu werden, aber es kam nicht dazu, das gleiche mit Francis Bacon, ihm konnte ich immer vertrauen, ihm konnte ich mich jederzeit anvertrauen, ich meine ich konnte der Häßlichkeit und dem Gestank seiner Bilder mich anvertrauen . . wir hasten dahin, dann so durch das Leben und stehen wiederkehrend an den diversen offenen Gräbern und bringen es nicht einmal da zustande, uns zu besinnen, die Gedanken zu konzentrieren auf den, der da weggeschafft wird, nicht wahr, aber was könnte die Lösung sein, was ist das wonach wir trachten, wonach es uns drängt und spornt, und so sehr, wir schleppen uns hin mit dieser schweren und schwarzen Tinte an unserem Leib und Geist, und schwappen über . . da ist doch dieses erbärmliche weil ins Mark dringende Zügenglöckchen, mit seinem fadendünnen Geläut, 1 schwaches Atemziehen, schon ist es zuende mit uns, bitte sehr expreß 1 Bedürfnis Taxi, zB., JEMAND ANDERER HAT MEINE BÜCHER GESCHRIEBEN. Dann 1 Erwachen und 1 sich Sagen : jetzt bin ich zuhause, jetzt in der Nußschale, jetzt 1 wenig betrübt : kein Brief von Joseph, jetzt habe ich alles erfahren, wie der Regen an Wange und Kopf pocht und peitscht und den Schopf und die Haare, und ich mich entlang drücke an den Hauswänden, weil ohne Schirm, und nestle das KÄSTCHEN, TÄSCHCHEN, SÄCKCHEN mit der Post, den vielen Briefen, die ich heute geschrieben habe, ganz in mich hinein, DIE LIEBEN BRIEFBLÄTTER, flüstere ich zu mir, sie vor dem Regen zu schützen, und ins Innere des Mantels, in der Straße die Besen, die Pferde Plafonds, dann wieder zuhaus irgendein Porzellan Rücken : das Anstoßen der Teekanne an eine Tasse, irgendein Porzellan Rücken : danach hat es geklungen, sage ich zu Blum, als ich den Kopf auf dem Kopfpolster hin- und her rückte, nämlich als würde 1 Stück Porzellan angestoßen, irgendeine Unachtsamkeit (mit dem Herzen), etc.

Ich fluche dann so die Gasse hinunter, und Blum ist 1 Begleiter, unsere Verbundenheit gleicherweise beherrschend und obsolet, seltsam genug, sage ich zu Lily, ich meine man sieht 1 große Blume in seinem aufgeschlagenen Auge, wenn er was sagt oder fragt, fast 1 Rekord ist zu lesen was er denkt wenn ich ihn anblicke –

und wie sich von einem Augenblick zum nächsten alles umkehren kann, sage ich zu Lily, denn daß er nicht schreibt, daß Joseph nicht schreibt, ist jetzt fast schon etwas Wohlmeinendes geworden, wie die Wärme die mich umfängt, wenn ich ins Zimmer trete, das erste Feuermachen im grünen Kamin, oder gares Anfeuern im Kamin, 1 zartes Holz oder die Arme Josephs zärtliche Arme, und erwache aus dem Mittagsschlaf mit dem Wort KUSSLANDSCHAFT, und leuchtend vor mir grünes lanzettförmiges Blattgespinst, usw.

29. 9. spätnachmittags

so pastos, dickflüssig diese Musik, sage ich zu Blum, macht mir Unbehagen, als malte jemand auf meine nackte Haut, usw., Elisabeth von Samsonow schickt mir eine Fotografie ihres Gartens, je länger ich hinsehe, desto mehr gerate ich ins Staunen, sage ich, im Hintergrund in Orangefarbe getauchte Büste einer Frau, Blüte einer Frau, auf einem Sockel, oder jemand, dessen Arme man nicht sieht, hinter einem Lorbeergebüsch versteckt, eher weiblich, aber vielleicht die grünen Arme vielleicht so zu verstehen, daß sie grüne Arme hat Lorbeerarme, nicht wahr, während im Vordergrund das Arbeitstischchen, Jausentischchen mit Teekanne, Tasse, schwarzem Hündchen, Arbeitsbuch, Stift, Mobiltelefon, und, wie 1 schwarzer Zaun ohne Begrenzung, der Sessel mit dem Lattenholz Sitz, Stahlkonstruktion, ebenfalls schwarz, was da aber blüht, rundum, grün gebüschelt wundersames Unkraut, was auch Erde freiläßt, Sand, verschlungene Wege,und zu Füßen des Tisches 1 Busch Rosen, sehr blaß, spärlich was 1 Widerspruch ist, usw. Um zurückzukommen auf jenen WANDERPOETEN, schreibe ich an Elisabeth von Samsonow, hat sich dieser festgesetzt statt zu wandern, ich meine hat sich festgesetzt und eingerichtet in meiner Seelen Koje, und dies zu meinem Mißvergnügen, eine riesige Traube, dunkelviolett hängt im Himmel, ich kann sie vom Fenster aus sehen, ich fühle ihre pralle Leiblichkeit, was mit dem Geschriebenhaben eines Buches zu tun hat, oder dem hingeschleuderten Busen, hinverschlungenen Busen, dem hingeschleusten Busen, nämlich Gewölbe und Flammerei, daß es mir fast das Herz umbringt, usw.

schon elterliches Brot, usw., elterliche Brust, usw., oder zerklüftete Träne, zerklüftete Gebirgsmassiv Träne, nicht wahr.

Habe mich völlig losgelöst von den Unterlagen von vor 2 Jahren, schreibe ich an Elisabeth von Samsonow, ist es denn zu begreifen, daß man alles so anders hört, ich meine, 1 ganz und gar anderer Rhythmus sich aufgedrängt hat und alles was vorher war, in Grund und Boden verdammt, aber vielleicht nach weiteren 2 Jahren, sollte ich dieses Buch dann immer noch nicht abgeschlossen haben, vielleicht dann wieder alles verdammen, und neu schreiben und denken : »dies fetzige Idiom, bloß zusammengestückelt aus Fremdteilen, räuberisches Verhalten ..« (ach die Erstschrift erkennt die Reinschrift nicht mehr, und umgekehrt!). Und wenn man ganz in der Arbeit aufgeht, sage ich zu Blum, wird man vollkommen genügsam, nicht wahr, also mit Denkflügeln, und die silberne Uhr auf den Küchenboden gefallen : nein, 1 Stück Stanniol in einer Ritze des Linoleums, man merkt auch überhaupt nicht, daß die Tage vergehen, und eben war es noch Sommer, und schon verabschiedet sich der September, und der dreckige Estrich das dunkle Lederband der silbernen Uhr, wie ich mir eingebildet hatte, Trikolore im Himmel. Und wieder auf dem Fußboden neben dem Waschbecken aufgelesen : blutüberschwemmtes Fetzchen, mit rotem Stift, Blutstift, gezittert : »bis daß die Fieberdecke« .. und man nur ausgerichtet ist, Tag um Tag, und Jahr um Jahr auf dieses Schreiben, diese Schreibarbeit, dieses Trommeln und Jubeln und Heulen, nämlich auf dieses einzige Zentrum, so als ob das Heil der Welt davon abhinge, nicht wahr, ja, tatsächlich, als ob das Heil der Welt davon abhinge!

Und inzwischen weitere Notizzettelchen ins Wasser gefallen, weil es im Bassin für die Füße, längst ausgekühlt, nicht mehr zu gebrauchen, immer noch unter dem Schreibtisch, sage ich zu Blum, und ich nicht weiß, wohin mit den Füßen, den Beinen, und auf den trocken gebliebenen Zettelchen herumtrete, hie und da hebe ich eines auf, als sei es eine zu wenig beachtete Kostbarkeit, oder ich entziffere : »Auswärtshimmel, getigerte Gaunerei, Wortrakete 5 Uhr früh nach Augenaufschlagen«, und auf einem anderen : »malte ich mir auch öfter die Wangen, weil ich diesen Dreiviertelmantel anhatte (»Paletot«) mit billigstem Fellkragen«, usw.

3 Vögel haben Löcher ins Fenster gepickt, weine nicht!, schreibt Joseph in seinem jüngsten Brief, den ich schon sehnlich erwartet hatte, und was eine Lieblingsbeschäftigung geworden ist, sage ich zu Blum, auf Briefe von Joseph zu warten, und wäre es möglich, sage ich zu Blum, daß Joseph sich durch diese meine Lieblingsbeschäftigung irritiert und befangen fühlte, indem er auf telepathischem Wege aber auch durch eigene Beobachtung (meines Verhaltens) unterrichtet worden sei, über den Stand der Dinge ..

aber heute früh viel über Mutter geweint, mich gefragt wo sie sei, und ob sie imstande sei, ihr Versprechen einzuhalten, mich überallhin zu begleiten, sage ich zu Blum, dann zum Trost die Füße ins heiße Wasser getaucht, unter dem Tisch, sage ich, und dann gemerkt, wie sekundenlang die Erfindungen meines Hirns sich meldeten, aber sogleich alles wieder gelöscht war, weil ich es nicht augenblicklich notiert hatte, heute noch nicht in den Spiegel geschaut ob mir nachts vielleicht irgendwelche Bockshörner oder sonstige Widerlichkeiten gewachsen seien, worauf jemand mit Nagelschuhen : indem er zu dicht hinter mir aus der Bahn steigt, meinen linken Fuß zertritt, der in einer dünnen Sandale, sage ich : jemand den ich gottlob nicht kenne, zertritt mir den linken Fuß, welcher ohnehin schwächer gebaut als der rechte, etc. (»mein einziger guter Fuß in dieser Sprach Volière / Violine ..«)

Einen jungen Mann, der vorüberging, hörte ich zu seiner Begleiterin sagen FÜR 1 LÄCHELNDES JAHRZEHNT, usw.

Blum sagt, wenn es dunkel ist, sehe er fast gar nichts auf der Straße, er habe dann das Bedürfnis, seine Augen in die Hand zu nehmen und damit zu leuchten, ich habe meine Tunika abgestreift. Bei Roland Barthes stoße ich auf 1 Zitat von Robert Musil – beim Vergleich mit den eigenen Stilmitteln trolle ich mich als beschämter Verlierer : vergleiche ich die Festigkeit gleicherweise Durchlässigkeit musilscher Sprache mit der eigenen, erscheint mir diese ungenau, schwächlich, flüchtig, und nicht imstande, wirkliche Schatten zu werfen, was eine der Voraussetzungen für gute Literatur ist : da es sich um lebende Objekte von Kunst handelt, besitzen sie einen Schatten, aber dieses ist in der Sprach Praxis unter Beweis zu stellen, sage ich, das schwierigste, sage ich, ist der Gebrauch der Verben. Wenn ich zB notiere : »im Traum habe ich, wie etliche Male zuvor, jemanden (»1 junge Person«) verraten«. Ich halte inne – NICHT DAS RICHTIGE VERBUM! es muß heißen : »verleugnet (verleumdet?)«, oftmals, sage ich, das passende Verbum nicht zur Verfügung gehabt, beginnende Demenz, mentale Unterversorgung, oder da sind auch diese winzigen PARASITEN in meinem Körper (Kopf), usw., vermutlich Affendiele.

Das Offenstehen der inneren Fensterflügel tut mir wohl, es zeigt an das Eindringen von blaugrauer Welt, auf diese Weise nicht GANZ zugemauert, nicht wahr, schreibe ich an X. (oder Wilhelm oder Ferdinand), bin erschrocken : das nackte : ungeschminkte Auge der Wirtin, beinahe schamlos aus dem weißgepuderten viel zu flachen Gesicht (ohne Vorsprünge, Erker!), wenn ich von der Maschine aufblicke, sehe ich drüben an der Frontseite des Anbaus der Fabrik den Kopf einer Freundin, seltsam genug, schreibe ich an X. (oder Wilhelm oder Ferdinand), wie sich das aufdrängt : das schräge Blechdach des Anbaus entspricht der Kurzhaarfrisur der Freundin, getigertes Grau, darunter die melancholischen Fenster (Augen) . . worauf X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) antwortet – nein, die Briefe hatten sich gekreuzt : »wann, wo, soll ich dir jetzt von meiner letzten Liebe erzählen, da wir einander so lange nicht sehen werden.«

Aus dem Badetuch schreckt eine Motte auf, der Eiskasten schnarcht, oder scheint Turboprop Maschine (während des Flugs) zu imitieren, ich packe den Kunstlederkoffer, soviel Nächte soviel Slips, sage ich zu Blum, also 9, 1 Zahnbürste, die gesammelten Werke von Jean Paul, Haarstummel auf Fliesenboden, alles grünlich verfließend.

Hat sich denn wirklich so viel verändert in der AUFFASSUNG, sage ich zu Blum, ich meine, seit ich angefangen habe, dieses Buch zu schreiben, das ist mir im Grunde ganz unbegreiflich.

29. 9. früh

es ist fast alles ARRANGEMENT, antworte ich Blum, der mich anruft, auf seine Fragen : was bedeutet dies, was bedeutet das, in deinem Text, es ist fast alles eine Farben-, Gedanken-, Gefühls Explosion, nicht wahr, sage ich, eine Exhaustion, nicht festzumachen, eine Kopf- und Körper- und Erinnerungs Exaltation, wie kann es da gültige Erklärungen geben –aber heute, sage ich zu Blum, habe ich einiges erlebt : beim Erwachen, noch sehr ANGEDOCKT an Träume, einen Traum, welche mir entschwunden sind, deren Geschmack ich jedoch auf meiner Zunge spüre, erschien mir der Satz »UDINE ANDERS VORGESTELLT«, dabei kam es mir vor, ich hätte diesen Satz schon früher einmal, ebenfalls kurz nach einem Erwachen, gehört, gesehen, das nämliche Gefühl, also den Gedanken (als Satz) : »UDINE ANDERS VORGESTELLT, NÄMLICH MIT STOCKBAHNHOF«, wobei ich mich fragte, was 1 Stockbahnhof sei, also : »UDINE ANDERS VORGESTELLT« – bei dicht gedrängtem Stadt Visier, sage ich, ja : VISIER! : die grünen Holzverschalungen vor den Fenstern, die während der Nacht offenstanden, wie einstens in dieser Dorf Vertrautheit in D., und wenn man sie aufschlug am Morgen, flutete Sommer herein, und der berückende Duft von feuchten Gräsern, glitzernd vom Tau, der Duft von wehenden Bäumen im Wind, der Duft der hohen kerzengeraden weißen Lilien im Vorgarten, das Duften nach frisch gemähtem Gras, usw. Ich erwachte also mit dem Gedanken, eigentlich mit dem Satz »UDINE ANDERS VORGESTELLT, HABE MIR UDINE ANDERS VORGESTELLT«, dem diesmal eine Art Korrektur folgte : es konnte sich gar nicht um Udine gehandelt haben, vielmehr um Venedig, erst kürzlich wieder aufgesucht, also hätte der Satz beim Erwachen heißen müssen, etwa »VENEDIG ANDERS VORGESTELLT« – ich lag also da und klammerte mich an diesen Satz »UDINE GANZ ANDERS VORGESTELLT« oder »VENEDIG GANZ ANDERS VORGESTELLT . . MIT STOCKBAHNHOF ..« – es war also diese Wortidee, dieser Satz, losgelöst von irgendwelchen Erinnerungsteilchen, »UDINE ANDERS VORGESTELLT« samt dem nachtmahrartigen »MIT STOCKBAHNHOF« .. in meinem Halbbewußtsein, sage ich zu Blum, auf gefaltete kleine mauvefarbene Papierservietten gekritzelt, der kleine Finger gleitet als Sirup Schleife über das leere Blatt, 1 Kniff oder Trick oder Tränke, ich gehe gedankenverloren bei Nacht in der Mitte der Straße, mit meiner schwarzen wehenden Mutter an meiner Hand, mein Ringfinger als Sirup Schleife, sage ich zu Mutter, sie hat 1 langes schwarzes Kleid an und sehr klobige Schuhe, wie es jetzt in der Mode ist, sage ich zu Blum, mein Ringfinger umwickelt von der Schnur, die ich von einem Paket gelöst habe, ich weine in meinen schwarzen Tuchmantel hinein, mir ist immer kalt, selbst an warmen Sommertagen lasse ich in der Küche beide Gasflammen brennen, Maßliebchenfeuer, sage ich zu Mutter, daß du es zugelassen, ja dir gewünscht hast, daß man dich verbrennt, wenn du gestorben bist, ist mir 1 immerwährender Schmerz, ich meine wenn ich an deine Hände, an deine Augen,an deine Lippen denke, dein Haar, alles eine einzige Flamme, auch die Knochen, ich habe geweint in den schwarzen Tuchmantel habe ich hineingeweint, dann mit dem Ärmel über Nase und Mund gefahren, über die Augen, dieses ganze Marschiergewand, mein Marschiergewand, dieser mein Invalidenmantel, zeckenzerbissener Radmantel, Überwurf, mit langen Teppichfransen verzierter Umhang, ist ja alles so trivial, sage ich zu Mutter, sie will mit mir über die Anschaffung einer KOMMODE sprechen, sie will mit mir beraten, wie man die in ihrer Wohnung wild verstreuten Gegenstände verstauen soll, usw., alles unüberlegt angeschaffte Möbelstücke und Gegenstände, die im Grunde keine Gebrauchsgegenstände sind, weil man sie ja überhaupt nicht gebrauchen kann, weil sie ständig im Weg stehen und nur Anlaß sind, darüber zu stolpern, nicht wahr, sage ich zu Mutter, nämlich um sie zu verfluchen, wenn sie dann (endlich!) zerborsten auf dem Fliesenboden, etc., ich kreuze die Straße, bin unaufmerksam, der Fahrer eines kleinformatigen Autos (Alfa Romeo?), der liegend chauffiert, hat gerade noch den Zipfel meines Mantels erwischt, sage ich zu Blum, statt das volle Wasserglas zum Mund, führe ich den Telefonhörer ans Ohr, so zerstreut bin ich, Rhythmus der Welt und Stifters Sternenhimmel (bis daß die Fieberdecke), sage ich zu Blum, weil du immer nur nach innen sprichst, sagt Blum, strengt es dich an, zu kommunizieren, du gehst ja geradezu jeder Kommunikation aus dem Wege, sagt Blum, du läßt dich verleugnen, wenn jemand dich sprechen will, du stellst dich tot, wenn jemand dich aufsuchen will, selbst 1 Gespräch mit Freunden : du tust dir Gewalt an, wenn du mit Freunden umgehst, dann wird die Rede mit Innen unterbrochen, und es kommt zu einem SEELENSTAU, vermutlich BLUTSTAU, und schon möchtest du weglaufen und dich verstecken, und ist es nicht so, daß auch ich, daß wir beide, die Freunde von Woche zu Woche und von Monat zu Monat vertröstet haben, im Juli zuletzt, sagt Blum, ehe wir verreisten und ihnen das Versprechen gaben, ABER DANN! : IM SEPTEMBER! . . und jetzt : der September vorüber, und nicht einen einzigen Menschen getroffen, nicht wahr, so daß sich jetzt eine Schicht über die andere zauberte, oder zauderte; sehr sanft trat der neue Morgen ein, sage ich zu Blum, nach einem zu kurzen Schlaf, aber alle Unpäßlichkeiten des vergangenen Tags waren vergessen, es hatte sie gleichsam nie gegeben, sage ich, diese Unpäßlichkeiten : dieses unser NIRGENDHINPASSEN, NIRGENDHINEINPASSEN, also alles Verquere und Unglückliche war wie weggewischt, weggepustet alles, was uns Qualen beigebracht hatte, nicht wahr, Qualen, Ängste, Mißstimmungen, usw. und wogegen wir uns mit Flüchen, Weinkrämpfen, Angriffen zu wehren versucht hatten, was freilich nur zu unserer totalen Erschöpfung geführt hatte, führen mußte . . ich ließ mich dann meist zurückfallen auf das fleckige Bettuch, das ich seit Wochen nicht mehr gewechselt hatte, weil das zuviel Anstrengung bedeutet hätte, ebenso vermied ich es, am Morgen 1 Bad zu nehmen, es kostete zu viel Mühe, auch erschien es mir ganz unmöglich, Dinge zu koordinieren, Sachverhalte zu überblicken, Entscheidungen zu treffen, ich lebte beinahe nur noch in meinem Körper, von da her ließ sich immerhin noch das meiste bestimmen, ausrichten, ablesen, enträtseln ..

ach, mit den prall gefüllten Rock- und Hosentaschen überall angestoßen, hängengeblieben, in meiner engen Kammer, sage ich zu Blum, alles immer vom Tisch gestreift, sobald ich mir den Weg zum einzig unverbauten Fenster bahnte, dann im Unrat herumgestiefelt, Windel/ Wickel zu Füßen des wackeligen art-deco-Tischchens : blutig verschmierter Zettel, verschwommen die rote Filzstift Schrift, nicht mehr zu entziffern, BIS DASS DIE FIEBERDECKE, BIS DASS DIE HARN- UND BLUT SCHERE, BIS DASS DER AFTER BRÜLLT UND BELLT, usw.

Im blanken Kaffeelöffel mein verzerrtes Gesicht : Spiegelkabinett : Abbild in Kleinstformat.

Den Kopf veranständigen!, die Wäsche häkeln!, kraftlos und saftlos!, heitert Blum am Morgen durchs Telefon, gehen wir an die Arbeit!, und ich sekundiere ihm : so daß die Zöpfchen fliegen!

30. 9.

(»über die Sturzengel«)

vergnügliches Schneeflocken-, nein Schneeschuppen Treiben über mein Hausgewand, sage ich zu Blum, die zahllosen in weißen Puder getunkten Puderquasten ausgeschüttelt auf dieses mein rotes Hausgewand, sage ich, wie sieht denn das aus, so weißpudrig gesiebt und gesilbt und gepustet, was weiß ich, jedenfalls bizarrisch, die deutsche Sprach’ und wie!, oder 1 ALPENDRAMATISCHER RAUM : ROMAN, nicht wahr. Meine Füße wollen allein aus dem Zimmer laufen, schreibt Elisabeth von Samsonow, und ich muß sie zurückhalten, daß sie den Vortragssaal nicht verlassen, und ich versuche, 1 intelligentes nämlich interessiertes Gesicht aufzusetzen, damit niemand merkt, wie sehr ich mich langweile, usw. Es ging mir auf, sage ich zu Blum, daß da 1 Hundekopf aus dem Papierkorb ragte, ich glaube von einem riesenhaften Wolfshund, mit großen spitzen Ohren, welche die Farbe pausenlos wechselten, und dann kam es mir vor, das Cello ich meine das Cellophansäckchen mit den GELEEFRÜCHTEN schmatzt vor sich hin, oder in der Fäulnis von Ninas Rosen, die Botschaften an diesem Morgen waren vielfältiger Natur, ich glaube jemand rasselte mir die Beiwagenmaschine in einen Schatten ich glaube ICH WAR MEIN VATER, ICH HATTE MICH IN MEINEN VATER VERWANDELT, er ließ es unwillig zu, daß die Maschine wie von selbst immer wieder in einen Schatten rannte, aber die Sonne rückte so manisch nach, daß wir (nun zu zweit : Vater UND ich) nicht nachkamen, sie wieder aus dem Schatten zu ziehen, es war wie 1 ewiger Kampf, oder es war die Zeit, da Mutter mit der Kurbel den Talbot ankurbeln mußte damit er anspringe, ich meine, daß sie so lange mit aller Kraft kurbeln mußte, an der Schnauze des Talbot, bis er endlich losbrummte, 1 vertracktes Geräusch, nicht wahr, das Rhapsodische der Dinge, sage ich zu Blum, oder, wie Markus Lüpertz es nennt, das Dithyrambische der Dinge, also begeisterte Würdigung, usw.

Das alte Papiergeschäft gegenüber, DER GRÜNE JÄGER, sage ich zu Blum, erinnerst du dich, schien plötzlich, nach mehreren Jahrzehnten, wiedererstanden, wo ich damals die Schulhefte kaufte, Bleistifte, Mappen, zwei alte papierdünne Damen mit Aufsteckfrisur bedienten mit ausgesuchter Höflichkeit, aber eines Tages war eine von ihnen nicht mehr da, sage ich, ohne daß gefragt wurde oder Auskunft gegeben wurde, was geschehen war mit ihr, aber in meinem Traum von heute nacht ist 1 Sandalengeschäft geworden daraus, in welches ich hineinstürze, Sandalen verlange, ja, braune, sage ich, Nummer 44, im Abverkaufskistchen, sagte man mir, sei noch Vorrat, aber von jedem Sandalenpaar war da nur 1 rechter Schuh, und ich wollte doch beide Schuhe probieren, ehe ich wählen konnte, ich meine es war vielleicht nicht nur eine Beiwagenmaschine, mit der Vater so mutwillig umging, indem er sie immer wieder aus dem Schatten riß und hervorholte sondern vielleicht auch 1 Schäferhund, und es war gegen seine Art, denn ich habe ihn kaum je zornig gesehen in meiner Kindheit, vielmehr wurde er schweigsam, wenn jemand, wenn etwas ihn ärgerte, sein Mund schien versiegelt.

Ich wasche mir die Haare vor dem Zubettgehen, ich liege dann auf dem feuchten Haar, was nicht angenehm ist, im Flur riecht es nach Haarshampoo, die großen weißen Poren der Hemdbrust, sage ich, sind von durchlässiger Reminiszenz . . ich meine als er, X. (oder Wilhelm oder Ferdinand) sich so hinwarf ins Gras oder sich hinaufwarf in den Heuschober neben dem Haus, nachdem er uns, Blum und mich, stundenlang gefahren hatte über die Pässe und Alpenstraßen, sage ich zu Alma, und wir endlich angekommen waren in diesem Haus, und er da einschlief auf dem Rücken liegend, auf der Wiese vor dem Haus, mit ausgebreiteten Armen, 1 seltsamer Anblick, sage ich, aber sein Schlaf nicht lange währte, er dann aufsprang und uns alle umarmte und sagte : wie schön! wieder da! wieder angekommen!, etc., und dann sagte, wir gehen gleich Pilze suchen!, und sich dann doch lieber zurückzog in sein Mansardenzimmer, und ich dann auf einen kleinen Bühel stieg in einiger Entfernung vom Haus, der mir einen guten Einblick gewährte in seine Kammer und ich beobachten konnte wie er rasch die Kleider ablegte und sich aufs Bett warf, und völlig nackt, ohne die Vorhänge zugezogen zu haben, und ich dann 1 paar Blumen pflückte, so sehr liebte ich ihn damals, und ihm die Wiesenblumen auf seinen Kopfpolster legte, sobald alle aus dem Haus, usw., und ich sage zu Alma, damals, in diesem Sommer sagte ich zu ihm LASS UNS ZUSAMMEN LIEGEN, weil ich ihn sehr liebte und mit den Blumen auf dem Kopfpolster nicht alle Sehnsucht nach ihm gestillt werden konnte, sagte er still, ohne mich anzublicken, ich kann nicht lügen!, und als ich sagte, ICH MÖCHTE JA NUR 1 × FÜR 1 WEILE LIEGEN BEI DIR : DEINE NÄHE SPÜREN, sagte er ebenso still, dann können wir gleich miteinander schlafen. Aber dann wurde ihm übel, weil er zu viel ungekühltes Coca Cola mit Rum getrunken hatte und er übergab sich, und ich half ihm, sich zu reinigen und umzuziehen, und dann schlief er ein und ich legte mich neben ihn und wir schliefen, in Kleidern, bis zum Morgen, seine Brille lag auf der Bettdecke, als wir aufwachten, und sonst geschah gar nichts, und nichts mehr, und dann kamen wieder, Jahr für Jahr, diese blauen Karten vom Meer, die Ägäis, schrieb er, die hängenden Gärten, die grauen Olivenhaine, ziehen mich mächtig an, und : wir wären hier gewesen, wir hätten es uns gewünscht, hier gewesen zu sein, und von den Klippen der Steilküste, und Ausschau gehalten.

Und es waren die Spruchgeister, die mich seit ein paar Tagen verfolgten, und sie grollten, oder vielleicht war es so daß ich in ihnen grollte, mir selbst und den tatsächlichen Geschehnissen und Wendungen, denn ich sagte zu mir, pausenlos sagte ich, oder die Spruchgeister sagten es zu mir, grimmig und grollend : ICH BIN 1 TOTER MANN! das sagten sie, oder ich sagte es, ich sah ein, ich war 1 toter Mann, ich gab es zu, daß meine