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Welches Handwerkszeug benötigen Sie als Coach, Trainer oder Berater? Auf welche Methoden sollten Sie setzen? Erfahrene Experten von Kienbaum helfen Ihnen mit Praxistipps bei der Karriereplanung auf dem erfolgreichen Weg in die Selbstständigkeit. Inhalte: - Alles zum Berufsfeld HR-Beratung, Training und Coaching. - Marktsituation und aktuelle Trends. - So entwickeln Sie Ihre Methodenkompetenz weiter und stärken Ihre Beraterpersönlichkeit. - Interviews mit erfolgreichen Praktikern. - Checklisten und Selbsttests.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 522
In kaum einem anderen Berufsfeld liegen Scharlatanerie und Genialität so eng beieinander wie in der HR-Beratung. Mangels eines eindeutigen Berufsbildes bieten vielerorts selbst ernannte Glücksritter ihre Leistungen im Markt feil. Sei es unter der Überschrift „Führungstraining mit Pferden“ oder „Astro-Coaching mit Herz & Hirn“, das Ziel bleibt gleich. Die offerierten Leistungen sollen den Klienten helfen, mindestens ein besserer Mensch zu werden oder (unbescheiden) zu den Erfolgreichsten der Welt aufzuschließen.
In der Folge ist ein Streit entbrannt, ob die Entwicklung von Personen überhaupt etwas Sinnvolles hervorbringen kann. Das Pendel schwankt zwischen einer methodengetriebenen Euphorie und einem ausgeprägten Kulturpessimismus. Die Optimisten frohlocken, dass bei richtiger Gestaltung des Lernarrangements selbst die menschenscheusten Wesen zu Spitzen-Führungskräften werden können. Die Skeptiker hingegen rufen laut, alles sei „(Weiterbildungs)Lüge“ und verdächtigen alle Maßnahmen der Personalentwicklung als unnütz.
Auch die Fachwelt ist in dieser Frage gespalten. Angesichts einer unübersichtlichen und unbefriedigenden (Markt-)Situation wird schon seit geraumer Zeit diskutiert, wie die Qualifikation des Personals in der HR-Beratung professionalisiert werden kann, um zumindest die größte „Quacksalberei“ zu verhindern. Es wird unter anderem die Forderung nach einer stärkeren „Kriterienorientiertheit“ gestellt. Gemeint ist eine Spezialisierung und Akademisierung des Berufswissens hin zu einem Expertenstatus (vgl. z. B. Faulstich, Döring et al.).
Die HR-Berater sollen in die Lage versetzt werden, in konkreten Situationen ihre Qualifikation angemessen anzuwenden. Dazu bedarf es Voraussetzungen.
Gefordert werden:
festgelegte Ausbildungs- und Fortbildungswege für den Zugang zum Expertenstatus,
klar definierte Zugangsvoraussetzungen, welche den Bewerberkreis einschränken und ein Mindestmaß an Homogenität sichern,
spezifische Einkommens- und Aufstiegschancen, welche ein Sozialprestige verleihen und ein auf die Arbeitstätigkeit bezogenes professionalisierungstypisches Ethos ermöglichen,
Interessenvertretungen in Form von Berufsverbänden zur Durchsetzung von Interessenlagen.
In den letzten Jahren hat sich einiges getan. So schießen die Aus- und Fortbildungen für Trainer, Coachs und Berater wie die Pilze aus dem Boden und auch die Hochschulen haben sich dieses Marktes angenommen. Seit Längerem existieren so auch einige Angebote von zielgruppenspezifischen, postgradualen Studiengängen im deutschsprachigen Raum. So bietet z. B. die Universität Bern das Nachdiplomstudium „Weiterbildungsmanagement“, die Universität Bielefeld das weiterbildende Studium „Betriebliche Bildung/Personalentwicklung“, die Universität Dresden das Ergänzungsstudium „Berufliche Erwachsenenbildung“, die Universität Landau den Studiengang „Bildungsmanagement“ mit Masterabschluss oder die Deutsche Weiterbildungsuniversität die Qualifizierung „Bildungs- und Kompetenzmanagement“ an. Dennoch besteht hier mit Sicherheit für die Zukunft ein noch größeres Potenzial.
Das vorliegende Buch liefert einen wertvollen Beitrag zu einer Professionalisierung von HR-Beratern. Es führt leicht verständlich und fachkundig in das Berufsfeld ein. Es erläutert die Basiskompetenzen der Berater und kann sich die augenzwinkernden Praxiskommentare nicht verkneifen, die den Alltag ausmachen.
Ich wünsche Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, eine gewinnbringende Lektüre. Vielleicht werden auch Sie angesteckt von der Begeisterung unserer Autoren, die seit vielen Jahren in diesem Berufsfeld tätig sind. Für diejenigen unter Ihnen, die bereits Kolleginnen und Kollegen sind, bin ich mir sicher, dass auch Sie noch einige neue Hinweise erhalten oder einfach die eine oder andere überspitzt formulierte Situation wiederfinden, die Sie in Ihrem Alltag bereits erlebt haben. Auch wenn ich persönlich auf nahezu zwanzig Jahre Erfahrung im HR-Consulting zurückschaue: Das Buch hat es in sich!
Matthias T. Meifert
Mitglied der Geschäftsleitung und
Herausgeber der Edition Kienbaum bei Haufe
Sie werden feststellen, dass wir uns beim Verfassen dieses Buches an die männliche Schreibweise gehalten haben. Dies soll ausdrücklich keine Geringschätzung weiblicher Berater, Trainer oder Coachs bedeuten. Entschieden haben wir uns für diese Schreibweise lediglich aufgrund der besseren Lesbarkeit. Wir hoffen, Sie werden uns dies nachsehen.
Ein Buch zu schreiben macht zwar Spaß, ist manchmal aber gar nicht so einfach, weil man unzählige Ideen hat. Einige davon kann man gut umsetzen. Bei anderen ist es schwieriger, weil das nötige Wissen, die Erfahrung oder Ähnliches fehlen.
Wir hatten beim Schreiben dieses Buches das Glück, auf ein großes Netzwerk von Beratern, Trainern und Coachs bauen zu können, die uns unterstützt haben. Ganz herzlich bedanken möchten wir uns bei allen Koautorinnen und -autoren, die zum Entstehen dieses Buches beigetragen haben. Dies sind Nina Noormann-Becht, Achim Mollbach, Maria Hoppen, Yue Yang, Marie-Luise Retzmann, Barbara Foitzik, Dirk Weiß, Bernd Baumann, Anne Zeyer, Peter Henn, Andrea Datan, Martina Cohrs und André Wolff. Vielen herzlichen Dank für Ihr großes Engagement, Ihre Tipps und Tricks!
Außerdem möchten wir uns bei all jenen bedanken, die bereit waren, sich von uns interviewen zu lassen und uns an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen. Dies sind Karen Seelmann-Eggbert, Torsten Brandenburg, Marc Minor, Katharina Gürthler, Norbert Hildebrandt, Thorsten Veith, Andrea Nienaber sowie weitere Gesprächspartner mit interessanten Hintergrundinformationen. Danke für Ihre interessanten und realistischen Einblicke in Ihre tägliche Arbeit.
Die oben genannten Personen haben selber Teile des Buches geschrieben oder dazu beigetragen. Darüber hinaus gibt es jedoch zahlreiche Personen, die indirekt an der Entstehung von „Beraten, Trainieren, Coachen“ beteiligt waren, z. B. durch die Teilnahme an unseren Studien. Hier denken wir besonders an die zahlreichen Trainer, Berater und Coachs, von denen wir in den letzten Jahren abschauen durften oder die wir selber ausgebildet und supervidiert haben. Unsere vielen lieben Trainerkollegen bei Kienbaum und bei Kooperationspartnern wie der Bundesagentur für Arbeit seien hier nur beispielhaft genannt. Vielleicht findet sich der eine oder andere auf den folgenden Seiten wieder?
Wieder gilt unser besonderer Dank auch der professionellen Unterstützung durch unsere Ansprechpartnerin im Haufe-Verlag, Kathrin Menzel-Salpietro, sowie durch die Redakteure Peter Böke und Ulrich Leinz. Ein herzliches Dankeschön für die gute Zusammenarbeit.
Viele jüngere Menschen, die wir in unserer Berufstätigkeit kennengelernt haben, interessieren sich für die Arbeit als HR-Berater, Trainer oder Coach. Das Interesse an diesem Arbeitsfeld ist besonders bei vielen Studenten, Praktikanten und Diplomanden aus dem sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich groß. Die Vorstellungen über genauere Arbeitsbedingungen, Tätigkeiten, notwendige Kompetenzen, Werkzeuge und Kenntnisse sind jedoch meistens weniger ausgeprägt. Wir glauben jedoch, dass „Beraten, Trainieren, Coachen“ nicht nur für Berufseinsteiger eine interessante Lektüre sein kann. Denn auch bei Persönlichkeiten mit vielen Jahren Berufserfahrung stellen wir eine hohe Affinität zu diesen beratenden Tätigkeiten fest. Manche sprechen uns ganz offen an, welche Möglichkeiten wir für sie sehen, in die HR-Beratung zu wechseln. Sie arbeiten zum Beispiel gedanklich an ihrem „Einstieg aus dem Ausstieg“ im Unternehmen, wollen sich also selbstständig machen. Andere wählen den Weg in die organisations- und konzerninterne HR-Tätigkeit, um sich z. B. als freigestellte Trainer innerhalb ihres Unternehmens stärker um Themen, die ihnen am Herzen liegen, kümmern zu können. Für all die oben genannten Personengruppen ist dieses Buch gedacht. Wir wollen Ihnen auf den nächsten Seiten einen Einblick in dieses zugleich faszinierende wie herausfordernde Betätigungsfeld geben und Sie genauer über die Tätigkeit als HR-Berater, Trainer und Coach informieren.
Jedes der drei Hauptkapitel (Kapitel 2 bis 4) beginnt mit einer Beschreibung, was wir unter der jeweiligen Tätigkeit verstehen. Es enthält Beispiele für typische Themenstellungen sowie einen Überblick über die einzelnen Unterkapitel. Insbesondere im Kapitel zur HR-Beratung (Kapitel 2), haben wir einige Abschnitte mit hilfreichem Hintergrundwissen hinzugefügt, weil dieses Kapitel auch die Grundlagen für die beiden folgenden Kapitel schafft. Training und Coaching sind natürlich Teilgebiete der HR-Beratung. Wir glauben, dass man – egal ob in der Rolle als Berater, Trainer oder Coach – Unternehmen besser bei Personalfragen beraten kann, wenn man versteht, wie HR-Abteilungen aufgebaut sind und was ihre Tätigkeiten sind.
Im Anschluss wollen wir Ihnen in jedem Kapitel Instrumente und Techniken vorstellen: Von der richtigen Auftragsklärung in HR-Beratungsprojekten über die Gestaltung von Übungen in Trainings bis hin zur Anwendung von Hypothesen und systemischen Fragetechniken im Coaching.
Das Buch wäre jedoch nicht vollständig, wenn es nicht auch auf Schwierigkeiten in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen eingehen würde. Insofern haben wir auch diesem Thema unsere Aufmerksamkeit gewidmet und in jedem Kapitel Erfahrungswerte und Praxistipps zum Umgang mit den jeweils spezifischen, konkreten Herausforderungen zusammengefasst. Was packt man als HR-Berater für eine Woche mit fünf verschiedenen Terminen in den Koffer? Wie gelingt es, trotz der häufig zeitintensiven und herausfordernden Tätigkeit genug Zeit und Energie für Familie und Freunde zu finden? Wie geht man als Trainer damit um, wenn Teilnehmer das Seminar stören oder sabotieren? Wie kommt man wieder auf die Beine, wenn das Abschluss-Feedback vernichtend war? Und wie gelingt es einem Coach, geheime Aufträge des Auftraggebers („Berichten Sie doch mal, ob mein Mitarbeiter überhaupt für seine Stelle geeignet ist!“) abzuwenden?
Um die vielen Facetten der beschriebenen Arbeitsfelder deutlicher zu machen, war es uns wichtig, auch andere Praktiker zu Wort kommen zu lassen. Sie finden daher über diese Abschnitte verteilt auch Gastkapitel zu verschiedenen Themen. Sie beschreiben zum Beispiel die besondere Herausforderung, die Doppelrolle als junge Mutter und selbstständiger Coach unter einen Hut zu bekommen, Besonderheiten von Trainings im interkulturellen Kontext mit chinesischen Teilnehmern oder relevante Unterschiede zwischen Persönlichkeits- und Business-Coachings.
Auch zu Möglichkeiten des Einstiegs in die jeweiligen Bereiche haben wir recherchiert. Wir stellen wichtige Einstiegskriterien und klassische Organisationsformen von HR-Beratungen vor und geben einen Überblick über ausgewählte Trainings- und Coaching-Ausbildungen.
Kapitel 5 spannt den Bogen über die zuvor beschriebenen Abschnitte, fasst zusammen und hält weitere Praxisbeispiele bereit. Neben einem Überblick über tätigkeitsübergreifend relevante Kompetenzen wie Humor, Flexibilität oder Empathie diskutieren wir hier auch Techniken der Selbstvermarktung, insbesondere die Netzwerkbildung für nichtselbstständige und selbstständige HR-Berater, Trainer und Coachs.
Wie in anderen Berufen auch, lernt man als HR-Berater nie aus. Insbesondere den Austausch mit anderen in diesem Bereich professionell Tätigen empfinden wir selbst immer wieder als sehr bereichernd. Erneut kommen daher im fünften Kapitel verschiedene Praktiker zu Wort. Sie finden hier Interviews mit acht interessanten Berater- und Trainerpersönlichkeiten aus ganz unterschiedlichen Bereichen sowie die Ergebnisse einer speziell für dieses Buch durchgeführten Studie zu Tätigkeitsschwerpunkten, Arbeitsbedingungen und Herausforderungen von 67 HR-Beratern, Trainern und Coachs.
Arbeiten als Trainer und Coach – ein Traumjob! Zweimal in der Woche für einen Tag vor einer kleinen Gruppe von Führungskräften stehen und ein paar Theorien vortragen und schon ist der Lebensunterhalt gesichert – was könnte es für einen schöneren Beruf geben? Weit gefehlt! Der Beruf des HR-Beraters kann mitunter auch einmal anstrengend bis hin zu nervenaufreibend sein. Das folgende Kapitel beschreibt – zugegebenermaßen stark überspitzt und etwas ironisch –, wie die Arbeit als Trainer, Coach oder Berater manchmal auch aussehen kann.
Die Geschichte ist ein Sammelsurium verschiedener Situationen, die uns selbstständige Coachs und Trainer, aber auch Berater verschiedener Unternehmensberatungen berichtet haben. Auch wenn sie in dieser Form sicher noch nicht geschehen ist, beschreibt sie doch gut die Vielfältigkeit und Arbeitsverdichtung, die der Beruf des HR-Beraters mitunter mit sich bringen kann.
Es ist Freitag einer anstrengenden Woche von Falk Führmann: Montag und Dienstag Assessment-Center in München, jeweils von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, 30 Minuten Mittagspause, Abendessen gemeinsam mit den Kandidaten, zwischendurch Telefonate. Von dort am Abend direkt nach Frankfurt, am nächsten Morgen Workshop mit der Geschäftsleitung eines Onlinebuchhändlers, es geht um die Optimierung des Employer-Brandings zur Steigerung der Unternehmensattraktivität als Arbeitgeber für High Potentials. Mittwochabends ab 18:30 Uhr Fahrt im Mietwagen weiter nach Köln, während der Fahrt und danach Telefonkonferenzen mit Kollegen bis ca. 21:00 Uhr. In Köln ein Training für Bereichsleiter eines Versicherungskonzerns, dann zurück nach Berlin, gegen Mitternacht zuhause angekommen, um 2:00 Uhr ins Bett gefallen.
Jetzt ist es Freitag, 8:15 Uhr, Falk ist seit 7:30 Uhr im Büro und müde von der Woche und der kurzen letzten Nacht. Heute ist nun zum Wochenabschluss der „Kickoff“ eines Veränderungsprojektes für die Einführung eines Shared Servicecenters eines wichtigen Kunden in der Nähe von Mannheim. Der Leiter des Centers wird natürlich da sein, außerdem ca. 10 Führungskräfte verschiedener Ebenen, vom Bereichs- bis zum Teamleiter und natürlich der Betriebsrat. Die interne Stimmungslage zum Projekt ist eher durchwachsen.
Um 8:55 Uhr ist Checkin am Flughafen Berlin-Tegel. Fahrzeit um diese Tageszeit vom Büro zum Flughafen: 30 Minuten. Wenn man einigermaßen gut durchkommt, geht es auch in 25 Minuten. Falk Führmann sitzt noch in seinem Büro, um ihn herum liegen sein quasi leeres Blackberry und diverse Stapel von Unterlagen, die alle heute Nachmittag unbedingt mit dabei sein müssen, Die Teilnehmerliste kommt gerade aus dem Drucker. Es ist 8:17 Uhr, also noch viel Zeit, bis der Flug geht.
8:18 Uhr: Falk muss dringend noch das Ladegerät seines Computers einstecken.
8:20 Uhr: Jetzt aber das Taxi rufen! Es ist dauernd besetzt, in Berlin ist Berlinale. Daran hatte er gar nicht gedacht.
8:21 Uhr: Tasche zusammenpacken. Falks Material ist über den Schreibtisch verteilt, ein Teil der Kickoff-Unterlagen ist noch im Drucker, das Ladegerät für Falks Blackberry hat sich sein Kollege Nico vorhin „mal kurz ausgeliehen“. Jetzt ist er irgendwie verschwunden.
8:23 Uhr: Wieder das mit dem Taxi versuchen, es klappt.
8:24 Uhr: Jacke anziehen, tief im Unterbewusstsein der Gedanke: Wo ist eigentlich meine Krawatte für heute Nachmittag?
8:50 Uhr: Ankunft am Flughafen, jetzt Taxi bezahlen. Der Fahrer nimmt keine Kreditkarten, Bargeld ist aber aus. Zum Glück gibt es am Gate 4 einen EC-Automaten, es folgt ein Sprint, der Koffer bleibt beim Taxifahrer als Pfand.
8:55 Uhr: Flugticket am Schalter holen … Online-Checkin war nicht möglich, da es nach Mannheim mit einer winzig kleinen Fluggesellschaft geht.
Die 30 Minuten bis zum Abflug nutzt Falk, um mit seiner Assistentin zu telefonieren, welche Unterlagen sie ihm bitte für ein Training nächste Woche direkt ins Hotel nach Wuppertal schicken soll. Während er noch eifrig telefoniert und organisiert, hat das Boarding bereits begonnen. Er steigt als einer der letzten ein, es handelt sich um eine kleine Propellermaschine. Mit im Handgepäck eine viel zu volle Laptoptasche sowie ein Koffer, der die Kategorie „Handgepäck“ nur mit viel Wohlwollen der Dame am Checkin erhalten hat.
Er ahnt schon, was nun kommt: Die oberen Gepäckfächer platzen bereits aus allen Nähten. Falk blickt auf das Fach, blickt auf sein Gepäck. Es gibt einfach keinen Platz mehr. Da kommt auch schon die Durchsage: „Schweres Handgepäck verstauen Sie bitte unter Ihrem Vordersitz.“ Falk Führmann weiß sofort, was nun bis Mannheim mit seinen Beinen und Füßen passiert. Sein Nebenmann sieht ihn mitleidig an. Falk stellt fest, dass Platz 3A außerdem direkt neben dem Propeller der Maschine ist. Gut, dass er keine Flugangst hat, denn sonst würde er sich ernsthaft Sorgen machen, wie sich ein abbrechender Propellerflügel auf seine Gesundheit auswirken könnte, wenn dieser in der Maschine einschlägt.
In der Hoffnung, noch ein wenig schlafen zu können, versucht er auf dem winzigen Platz eine angenehme Sitzposition zu finden. Das stellt sich jedoch als schwierig heraus, da die Lehne viel zu kurz ist, die Beinproblematik hatte er ja bereits beim Einsteigen erwartet. Der Steward ist zwar freundlich, aber unglaublich geschäftig: erste Runde durchs Flugzeug mit der Frage, ob jemand Zeitschriften haben möchte, dann zweite Runde: Frühstückstabletts für die erste Klasse (die auch nicht mehr Platz hat), dritte Runde: kleinen Snack verteilen, vierte Runde: Getränke ausgeben; dann noch zwei Runden, um Getränke wieder einzusammeln. Schlaf könnte aber zwischendurch auch nicht schaden … wäre da nicht der Captain. Scheinbar ist es viel zu laut im Cockpit der kleinen Maschine, sodass er die Lautsprecheranlage voll aufdreht für seine Begrüßung kurz nach dem Start, eine Verabschiedung kurz vor der Landung und dann noch einen Wetterbericht zum Zielort zwischendurch.
Also landet Falk ohne weiteren Schlaf in Mannheim. Dafür gibt es eine Vollbremsung aufgrund der kurzen Landebahn des Sportflughafens. Falk rollt mit dem Flugzeug direkt bis vor die Tür des Flughafengebäudes (Terminal 1 von 1, Gate 1 von 1). Trotz eingeschlafener Beine macht er sich direkt auf den Weg zu Sixt, um seinen Wagen für die 80 Kilometer lange Weiterfahrt in ein idyllisches, aber ausgesprochen abgelegenes Sporthotel in der Nähe von Heilbronn abzuholen. Gut, dass er ein Navigationssystem gebucht hat. Leider ist die Sixt-Station so klein, dass sie einfach keines liefern kann.
So findet sich Falk Führmann wenig später mit einer ausgedruckten map24-Wegbeschreibung irgendwo zwischen Waibstadt und Eschelbronn wieder.
An einer Tankstelle wird ihm geholfen. Bis Heilbronn verläuft die weitere Fahrt ereignislos. Etwa 30 Minuten vor Beginn fährt er in die Tiefgarage des Hotels. Er legt seine Krawatte an, atmet zweimal tief durch, schultert die Unterlagen und nimmt den Fahrstuhl. Oben nimmt ihn der Personaler des Kunden in Empfang: „Hallo Herr Führmann! Pünktlich wie immer, schön dass Sie da sind, wir können dann gleich starten.“
Der Termin verläuft hervorragend Im Anschluss geht es zurück zum Flughafen.
Der Flug nach Berlin hat eine halbe Stunde Verspätung. Diese weiß Falk natürlich sinnvoll zu nutzen. Er telefoniert mit einem Kollegen, der unbedingt mit ihm einen Workshop diskutieren möchte. Zurück in Berlin im Taxi muss er noch rasch den Computer aufklappen und das Fotoprotokoll an die Teilnehmer des letzten Workshops schicken, dabei versucht der gesprächige Taxifahrer mit ihm über seine Vorliebe für Motorräder zu sprechen. Dieser erklärt, dass er seit einem Jahr einen Führerschein habe und wie das alles so funktioniere mit dem Motorradfahren. Kennt Falk leider alles schon, denn er fährt selbst seit vielen Jahren, was der Taxifahrer nicht einmal merkt, als Falk ihm auf 10 kg genau sagen kann, wie schwer dessen Maschine ist. Also: Ohren auf Durchzug und weiter nach dem Fotoprotokoll auf der Festplatte suchen.
Um 20:30 Uhr am Freitagabend kommt Falk zu Hause an. Er wird nun erst mal einkaufen gehen. Der Kühlschrank ist mal wieder leer.
Kapitel 2 soll Ihnen eine Übersicht über Tätigkeitsfelder, Herausforderungen und wichtige Methoden- und Alltagskompetenzen von HR-Beratern geben. Während viele Menschen, die im HR-Umfeld tätig sind, primär mit Trainings (Kapitel 3) und Coachings (Kapitel 4) ihren Lebensunterhalt verdienen, wollen wir in diesem Kapitel auch andere Dienstleistungen, die Selbstständige und Berater in kleineren und größeren Beratungen im HR-Bereich erbringen, beleuchten.
Zum Themenfeld „Arbeiten in der Unternehmensberatung“ und „Einstieg in Unternehmensberatungen“ sind bereits, insbesondere im angloamerikanischen Bereich, zahlreiche Bücher geschrieben worden. Häufig fokussieren diese auf das Einüben in wichtige Modelle („Five Forces“ von Porter, BCG-Matrix), die Gestaltung perfekter Präsentationsfolien (Anwendung des pyramidalen Denkens und des „Minto-Prinzips“) oder aber auch auf das Lösen von MiniFällen, „Guesstimates“ und „Brain Teasern“ in den harten Einstellungsinterviews für McKinsey und Co.
Dieses Kapitel möchte einen etwas anderen Schwerpunkt legen. Zum einen wollen wir genauer erklären,
was Beratung im HR-Bereich überhaupt ausmacht,
was typische Projekte sein könnten,
wer einem auf der Kundenseite gegenübersitzt und
wie sich HR-Beratungen selber organisieren.
Zum anderen wollen wir – auf Grundlage von Erfahrungswerten und gelegentlich mit einem Augenzwinkern – Tipps und Techniken zum erfolgreichen Arbeiten im HR-Beratungsfeld zusammenfassen. Diese reichen von der richtigen Auftragsklärung über das regelmäßige Aufladen der eigenen Energiebatterien bis hin zum Vermeiden des berüchtigten Beraterjargons.
Zunächst erhalten Sie einen Überblick zu den einzelnen Teilkapiteln aus Kapitel 2. So haben Sie die Möglichkeit, gezielt diejenigen Themen auszuwählen, die für Sie von besonderem Interesse sind.
Kapitel 2.1 stellt überblicksartig verschiedene Projekte und Aufgabenfelder innerhalb der HR-Beratung dar. Schon dieser kurze Abschnitt wird zeigen, wie vielschichtig, herausfordernd, aber auch interessant Beratungsleistung im HR-Umfeld sein kann.
„Kontextwissen“ ist das Schlagwort, mit welchem sich die nächsten Kapitel am besten beschreiben lassen. Kapitel 2.2