Berliner Inseln Reiseführer LIEBLINGSORTE - Lorenz Maroldt - E-Book

Berliner Inseln Reiseführer LIEBLINGSORTE E-Book

Lorenz Maroldt

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Beschreibung

Eine Brise zaust durchs Haar, Wellen brechen am Steg, Möwenschreie … Insel-Feeling in Berlin

Wer das Inselleben sucht, muss weder stundenlange Autofahrten noch überfüllte Zugwaggons oder gar Flugreisen auf sich nehmen. Mehr als 50 Inseln und fast 60 km² Wasserfläche besitzt Berlin, (grüne) Strände finden sich in allen Himmelsrichtungen und fast jedem Bezirk. Die ersten warmen Tage des Jahres auf der Insel der Jugend, Sonnenbaden am Sandstrand von Valentinswerder, herbstliche Paddeltour rund um die Eilande im Seddinsee, Flanieren auf der eingeschneiten Pfaueninsel – zu jeder Jahreszeit laden Berlins Inseln zum Kurzurlaub vom hektischen Großstadtalltag ein.

Die Autor:innen dieses Buches stellen sie vor – die berühmten und bekannten, aber auch viele Geheimtipps. Sie führen uns zu den schönsten Ausflugszielen, wir erfahren von den Geschichten, die in die Eilande eingeschrieben sind und schauen auf die »einsamen Inseln«, denn die vielen unter Naturschutz stehenden Bereiche sind trotz Zutrittsverbot alles andere als unbewohnt: Wildschweine rotten sich zum Insel-Hopping zusammen, Vogelchöre veranstalten Gesangswettbewerbe, und Fledermäuse besetzen in Berliner Manier leerstehende Gemäuer.

Unser Reiseführer führt Sie zu Orten, von denen viele bald zu Ihren Lieblingsorten werden und zu denen Sie immer wieder zurückkehren möchten.

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Eine Brise zaust durchs Haar, Wellen brechen am Steg, Möwenschreie …

Wer das Inselleben sucht, muss weder stundenlange Autofahrten noch überfüllte Zugwaggons oder gar Flugreisen auf sich nehmen. Mehr als 50 Inseln und fast 60 km² Wasserfläche besitzt Berlin, (grüne) Strände finden sich in allen Himmelsrichtungen und fast jedem Bezirk. Die ersten warmen Tage des Jahres auf der Insel der Jugend, Sonnenbaden am Sandstrand von Valentinswerder, herbstliche Paddeltour rund um die Eilande im Seddinsee, Flanieren auf der eingeschneiten Pfaueninsel – zu jeder Jahreszeit laden Berlins Inseln zum Kurzurlaub vom hektischen Großstadtalltag ein.

Die Autor:innen dieses Buches stellen sie vor – die berühmten und bekannten, aber auch viele Geheimtipps. Sie führen uns zu den schönsten Ausflugszielen, wir erfahren von den Geschichten, die in die Eilande eingeschrieben sind und schauen auf die »einsamen Inseln«, denn die vielen unter Naturschutz stehenden Bereiche sind trotz Zutrittsverbot alles andere als unbewohnt: Wildschweine rotten sich zum Insel-Hopping zusammen, Vogelchöre veranstalten Gesangswettbewerbe, und Fledermäuse besetzen in Berliner Manier leerstehende Gemäuer.

Ann-Kathrin Hipp lebt seit zehn Jahren in Berlin, arbeitet als Verantwortliche Redakteurin für den »Tagesspiegel Checkpoint« und findet, dass man den Müggelsee durchaus als Meer durchgehen lassen könnte.

Lorenz Maroldt, geboren in Köln, ist seit 2004 Chefredakteur beim Tagesspiegel und hat sich in Berlin schon immer als Insulaner gefühlt.

Nadine Voß lebt und arbeitet als Kulturmanagerin und freie Beraterin in Berlin. Den Köpper vom Havelsteg toppt für sie nur eines: die Pommes danach.

INHALTSVERZEICHNIS

Berlin und seine Inseln

SPREE

Spreeinsel

Wo alles begann

Lohmühleninsel

Die Kreuzberger Mischung

Insel der Jugend

Auch für Erwachsene

Liebesinsel, Kratzbruch & Bullenbruch

Die Unberührbaren

MÜGGELSPREE

Baumgarteninsel

Unter der Brücke

Kelchs Ecke, Entenwall, Dreibock, Müggelwerder & Schilfwall

Unterwegs mit dem Fähr-Bär

Triglawinsel

Im Zeichen der Badeleiter

SEDDINSEE

Dommelwall

Die Sonneninsel

Seddinwall & Kleiner Seddinwall

Robinsonaden in Berlins Ostsee

Werderchen & Weidenwall

Alles im Fluss

Schmöckwitzer Werder

Am Kap Horn von Berlin

DAHME

Zeuthener Wall

Selbst Fontane fuhr vorbei

Kleiner Rohrwall

Hier lächelt nur der Gartenzwerg

Großer Rohrwall

Bei Anruf Fähre

Rohrwallinsel

Wie Spinat auf der blauen Decke

Altstadt Köpenick & Schlossinsel

Haarspree, Helles und Herzklopfen

STADT

Rousseau-Insel&Luiseninsel

Auf den Atollen des Tiergartens

Moabit

Berlins Alcatraz

Mierendorff-Insel

Die Mitmach-Insel

Die Autobahninsel

Nirgendwo rauscht Meer

Die Inseln im Charlottenburger Schlossgarten

Im Versailles von Berlin

Gartenfeld-Insel

Ein smarter Blick in die Zukunft

UNTERE HAVEL

Pfaueninsel

Ein Königreich für den Kitsch

Wannsee

Die Schatteninsel

Imchen

Berlins lauteste Insel

Kälberwerder

Kein Schwein kommt rein

Schwanenwerder

Hinter den Fassaden

Lindwerder

Von der Muse geküsst

Pichelswerder

Können Schweine pfeifen?

OBERE HAVEL

Spandauer Altstadt

Dit is (bei) Berlin

Zitadelle Spandau

Prunk und Pop

Eiswerder & Pionierinsel

Im Laboratorium der Gegensätze

Großer & Kleiner Wall

Ungleiche Havel-geschwister

TEGELER SEE

Valentinswerder

Am Golf von Tegel

Maienwerder

Die Spießerinsel

Baumwerder

Der Brunnen von Tegel

Scharfenberg

Die Lehrreiche

Lindwerder

Vom Tegeler See auf den Mond

Reiswerder

Der 13. Bezirk

Humboldtinsel & Tegeler Insel

Die Schein-Schönen

Hasselwerder

Humboldts Erbe

Top-10-Inseltouren

DANKSAGUNG

REGISTER

Berlin und seine Inseln

Die Kapuze im Nacken, die Nase im Wind. Eine Brise streicht durchs Haar. Junge Wellen legen sich an der nahen Bucht in den Sand, andere brechen am Steg, wo Zappen und Enten sich dahintreiben lassen. Eine Fähre legt ab, Möwenschreie vor Wolkenbergen, ungeduldig klappern die Fallen am Mast einer Yacht. In der Luft liegt der Duft von salzigen Pommes, ein Angler knirscht wackelnd auf seinem Fahrrad heran. Da sticht die Sonne durchs Grau : Das Wasser glitzert, es wird warm auf der Haut.

Ein Tag im Hafen von Hiddensee ? Auf Rügen oder am Darß ? Am Südstrand von Fehmarn, auf Usedom ? Oder sogar auf Mallorca ? So könnte es sein. Aber wir haben uns nicht in Züge gequetscht, stundenlang im Stau gesteckt oder am BER eingecheckt. Nein, wir sind in Berlin geblieben : die ersten warmen Tage auf Pichelswerder, Sonnenbaden am Sandstrand von Valentinswerder, herbstliche Paddeltouren zum Nixenwall im Seddinsee, ein Winterspaziergang auf der Spreeinsel, der Blick vom imposanten Grunewaldturm auf Schwanenwerder – willkommen in unserer wundervollen Inselwelt !

Berlin ist am Wasser gebaut : an Havel, Dahme und Spree, an Kanälen und dutzenden Seen, an Teichen, Pfuhlen und Weihern, an Fließen und Gräben. Nur in Norwegen sind die Gewässer klarer als der Tegeler See. Von Berlin aus kommt man mit der eigenen Yacht nach New York. Es gibt hier Häfen und Schleusen und hunderte Brücken. Und Inseln, so viele Inseln ! Etliche winzig klein, dass es nicht mal zum Punkt auf dem Stadtplan reicht, geschweige denn zu einem Namen ; andere so riesig, dass Anfang und Ende im Stadtbild verschwimmen.

Die drei frühen Zentren Berlins wurden auf Inseln gegründet : Alt-Cölln inmitten der Spree, Köpenick im Südosten, Spandau im Westen. Alles Altstadtinseln, bis heute. Früher ließen sich die Siedlungen so leichter gegen Angreifer halten. Viele weitere Inseln dienten im Laufe der Zeit der Abwehr von Eroberern, die mit Schiffen über die Flüsse kamen, sie tragen den »Wall« deshalb schon im Namen : die drei Rohrwall-Inseln, der Dommelwall, der Seddinwall, der Weidenwall, der Zeuthener Wall, der Schilfwall, schließlich der Kleine Wall und der Große, alle an strategisch wichtigen Orten gelegen. Ein Dutzend verschiedene »Werder« erheben sich aus den Berliner Gewässern, Lindwerder zweimal, auch ein »Werderchen« gibt es. Zwei Inseln sind nach Königin Luise benannt, zwei weitere heißen »Bruch«. Gleich drei Liebesinseln sind über die Stadt verteilt – was sie neben dem Namen eint : Für Liebespaare sind sie eher nicht zu empfehlen.

Es gibt in Berlin berühmte Inseln, über die Romane geschrieben wurden, wie die Pfaueninsel von Thomas Hettche. Es gibt Inseln zum Wandern wie den Schmöckwitzer Werder, zum Baden wie im Wannsee, zum Träumen wie auf Lindwerder, zum Feiern wie auf der Insel der Jugend, zum Wohnen wie auf der Humboldtinsel im Tegeler Hafen. Es gibt naturgeschützte Inseln, die nicht betreten werden dürfen, wie den Zeuthener Wall, und manche Insulaner schützen sich vor zu vielen Besuchern mit Schildern wie »Anschwimmen verboten«. Es gibt private Inseln wie Hasselwerder, Segelclubinseln wie den Großen Rohrwall, Kleingartenparadiese wie die Baumgarteninsel. Es gibt Schlossinseln und Museumsinseln, Industrieinseln und Stadtinseln – und sogar eine Schatzinsel, auf der Kleinkriminelle ihre Beute versteckten. Auf anderen Inseln versteckten sich flüchtige Brandstifter und Räuber selbst vor der Polizei. Und es gibt eine Berliner Insel, auf der ein später berühmt gewordener Raumfahrtpionier mit Raketen experimentierte.

Es gibt Inseln aus Schlamm, Kies und Sand, andere aus Schlacke und Schrott. Hier ist das Röhricht am Ufer rundum mit Wellenbrechern vor den Wogen der Ausflugsdampfer und Motoryachten geschützt, dort ragen wilde Stege in den See. Viele Inseln bestehen aus fruchtbarer Erde, manche wurden künstlich vergrößert, andere sind natürlich erodiert. Und eine ist versunken : »Betreten verboten« heißt es auf einem Schild, das an den Tiefwerder Wiesen mitten im Wasser steht. Vor vielen Jahren versuchte man hier im Faulen See, Land zu gewinnen, und so wurde aufgeschüttet. Die Natur wollte es anders, die Insel ging unter, und 1,3 Millionen Euro waren gleich mit versenkt.

Jede Insel hat ihre eigene Geschichte. Aber wie viele sind es denn nun ? Da haben sich schon manche geirrt. Der Berlin-Chronist J. G. A. Ludwig Helling stellte 1830 fest : »Tegelscher See, ziemlich großer See bei ebengenanntem Dorfe, der mit der Havel in offener Verbindung steht und 3 kleine Inseln hat.« Tatsächlich waren es damals schon neun. Also sind es für ganz Berlin eher dreißig, wie mancherorts zu lesen ist ? Vierzig, wie andere sagen ? Oder doch fünfzig ? Vorab schon mal das : Es sind mehr, viel mehr.

Außer Konkurrenz läuft die »Rote Insel« – sie liegt im Schöneberger Häusermeer und ist umschlossen von den Gleisen der Bahn. »Rot« wurde die Gegend aus politischen Gründen genannt, und »Insel«, weil ihr Süden nur über Brücken zu erreichen ist. Wer im dortigen »Inselnest« abstürzt, mag vielleicht schwanken, aber kommt trotzdem trockenen Fußes nach Hause.

Das Tempelhofer Feld auf dem alten Flughafengelände vermittelt ebenfalls Inselgefühle – nur dass dort statt Wasser der Straßenverkehr rundherum fließt, wenn auch zumeist wegen des chronischen Staus so träge und zäh wie die Spree durch Berlin.

Eine ganz andere Art Insel haben die Möwen von Mitte für sich entdeckt : Sie liegt auf einer riesigen Shopping-Mall, dem Alexa am Alexanderplatz. Hoch über der Hektik der Stadt sind die Vögel hier völlig ungestört – beste Voraussetzung also : Sie etablierten auf dem kiesbedeckten Dach die größte Brutinsel Berlins.

Auch der »Insulaner« zählt natürlich nicht mit : Der über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Trümmerberg, nach dem Krieg aus Schutt aufgetürmt und mit Weiden, Pappeln und Buchen bepflanzt, steht eindeutig auf Festland. Seinen Namen verdankt der künstliche Hügel einem Ideenwettbewerb unter Schulen. Die Sieger orientierten sich am gleichnamigen Kabarett-Ensemble, das sich, gegründet während der Blockade 1948, wiederum auf die Lage West-Berlins bezog – eine Insel im roten Meer. »Der Insulaner hofft unbeirrt, dass seine Inseln wieder’n schönes Festland wird !«, heißt es im Insulaner-Lied.

Ein berühmter Autor und Kabarettist ist aber tatsächlich ein echter Berlin-Insulaner : Kurt Tucholskys erste Adresse war die Lübecker Straße 13 in Moabit. In Moabit ? Ja, auch Moabit ist eine Insel, von der Spree sowie drei großen Kanälen umschlossen. Die Insel heißt auch ein Gedicht von Tucholsky : »Wir treiben fort. / In das Gerinsel / blick ich zurück. / Du gabst auf einer kleinen Insel / ein kleines Stundenglück.«

Klein ist Moabit allerdings nicht. Doch es gibt noch größere Inseln in Berlin, auch wenn die kaum jemand als solche wahrnimmt. Mal genau hingeschaut : Die Spree, der Britzer Verbindungskanal, der Neuköllner Schifffahrtskanal, der Landwehrkanal und der Flutgraben machen tatsächlich aus ganz Treptow eine Insel ; verfolgt man dazu den Nördlichen und den Südlichen Heidekampgraben, besteht Treptow sogar aus zwei Inseln. Der Teltowkanal wiederum macht zusammen mit dem eben bereits erwähnten Britzer Verbindungskanal und der Spree aus Niederschöneweide, Johannisthal und Adlershof eine Insel, der Gosener Kanal aus Köpenick-Ost und Müggelheim eine weitere. Wer vom Westhafen aus auf dem Kanal Richtung Spree bis zur Havel schippert, dort auf Nordkurs bis zur Wasserstadt geht und über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal zurück bis zum Westhafen fährt, hat achtzehn Brücken sowie zwei Schleusen passiert – und ohne Landberührung Charlottenburg-Nord, die Siemensstadt sowie Haselhorst auf dem Wasser umrundet. Und der Landwehrkanal umschließt mit der Spree, die er an der Lohmühleninsel verlässt und mit der er sich an der Mierendorff-Insel wieder vereint, ganz Kreuzberg, die zentrale Mitte, Tiergarten mit der Siegessäule, das Hansaviertel sowie einen Teil von Charlottenburg zu einer weiteren Insel inmitten der Stadt.

Wer noch genauer hinschaut, entdeckt auch die kleinen und kleinsten Inseln Berlins, die oft zwar Bäume und Sträucher tragen, aber meist keinen Namen. Fast überall sind sie zu finden : acht im Tiergarten, außer den nach Luise und Rousseau benannten, sieben im Neuen See, sieben auch im oberen Seddinsee bei den Gosener Wiesen, deren Gräben und Ströme selbst sieben sumpfige Inseln umschließen. Drei im Schlossgarten Charlottenburg neben der zweiten Luiseninsel, drei rund um die Zitadelle Spandau, ebenfalls eine Insel, drei im Südpark von Spandau, drei rund um den Entenwall und vor dem Hafen von Rahnsdorf. Zwei sind’s im Steglitzer Fontänenteich, zwei im Englischen Garten, zwei im Hermsdorfer See und zwei im Obersee von Hohenschönhausen. Es gibt je eine Insel im Halensee, im Mahlsdorfer Habermannsee, im Borkenheider Teich von Marzahn, im Rohrbruchteich Spandau, im großen Regenrückhaltebecken an der Forckenbeckstraße, im Karpfenteich an der Wuhle, im Karpfenteich im Spandauer Forst, im Stadtparksee Lichtenberg, im Jungfernheideteich, im Hubertussee von Charlottenburg und im Hubertussee in Hessenwinkel, im Herthasee, im Borkheider Teich, am Walloch und eine am Bauersee, gleich bei Neu-Helgoland.

Die Kleingartenanlage »Klein Venedig« im Allende-Viertel liegt nicht auf einer Insel, »Klein Venedig« hinterm Stößensee schon. Die Wohnsiedlung »Neu-Venedig« im einstigen Sumpf von Wilhelmshagen an der Müggelspree ist von Lagunen und römisch nummerierten Kanälen durchzogen und kommt so auf zehn eigene Inseln mit dreizehn Brücken.

Im Südsee im Britzer Garten (»Keine Hunde, keine Räder«) ist keine einzige Insel zu finden ; im Hauptsee nebenan dagegen sind’s gleich ein Dutzend : zehn im »Feuchtbiotop«, eine gegenüber vom Glückspavillon, und eine trägt sogar einen Namen : Es ist eine der drei »Liebesinseln« Berlins. Auf ihr steht im Gestrüpp halb versteckt eine Sonnenlade, ein steinernes Miniaturhaus mit Loch in der Wand, durch das zur Wintersonnenwende ein goldener Strahl fällt.

Es gibt tatsächlich immer wieder neue Inseln zu entdecken – und Inseln immer wieder neu zu entdecken. Aber wie viele sind es denn nun ? Berlins Behörden jedenfalls wissen es nicht. Die Stadtentwicklungsverwaltung verwies schon vor Jahren ahnungslos an die Umweltverwaltung, die ebenso ahnungslos ans Amt für Statistik – das wiederum zurück an die Stadtentwicklungsverwaltung. Berliner Inselpingpong der besonderen Art. Einen zentralen Inselbeauftragten gibt es also nicht. Mal ist der Bezirk zuständig, mal das Land, mal der Bund. Aber es gibt Derk Ehlert, den Wildtierbeauftragten des Landes, und der weiß fast alles, auch über die Berliner Inseln – denn egal, wem sie offiziell gehören : Viele von ihnen sind fest in der Hand von Bisamratten, Bibern und Blesshühnern, von Waschbären, Wildschweinen und Schwarzmilanen, von Habichten, Eisvögeln und Prachttauchern, Füchsen, Kormoranen und Nachtigallen, Spechten, Kleibern und Meisen. Sogar ein Seeadler hat sich auf einer der Berliner Inseln mal wohl gefühlt.

Inseln sind Sehnsuchtsorte. Wer sie betrachtet oder sich auf dem Wasser nähert, spürt ihre Anziehungskraft. Wer sie betritt, wird verzaubert auf mystische Art. »Was kümmert mich der Schiffbruch der Welt, ich weiß von nichts, als meiner seligen Insel«, schrieb Hölderlin. In Berlin rollt die Natur ihnen einen Seerosenteppich aus.

Welche der Inseln die schönste ist, das müssen Sie schon selbst herausfinden. Sie haben fast einhundertfünfzig zur Auswahl. Unsere Favoriten verraten wir Ihnen am Ende unserer Tour durch die herrlichen Gewässer Berlins. Leinen los !

Spree

U-BAHNHOF MUSEUMSINSEL

Spreeinsel

Wo alles begann

Über jeden Abschnitt der innerstädtischen Spreeinsel, die durch breite und viel befahrene Ost-West-Magistralen in drei Teile getrennt ist, ließe sich leicht ein eigenes Buch schreiben. So viel Geschichte, so viele Geschichten ! Von den Hochhaustürmen auf der Fischerinsel, wo die Ureinwohner Berlins in Pfahlbauten direkt über dem Wasser lebten, über das nachgebaute Hohenzollern-Schloss und den Dom am Lustgarten gegenüber in der Inselmitte bis hin zu den alten Museen am nördlichen Ende, die jenem Teil der Insel ihren Namen geben und zum Weltkulturerbe zählen : Hier gibt’s mehr zu erleben, als in einen Kurzurlaub passt. Gerade deswegen zieht die Spreeinsel immer wieder Millionen Touristen an. Fast jeder, der Berlin besucht, kommt hier vorbei – ob zu Fuß, im berühmten 100er-Bus oder in einem der Fahrgastschiffe. Neuerdings hat die Spreeinsel sogar eine U-Bahn-Station, und die dient als unterirdische Kreuzung auch jenen, die neunzig Minuten durch die historische Mitte Berlins laufen wollen, immer am Wasser entlang, ohne an einer einzigen Ampel warten zu müssen. Ja, das geht : Ampellos durch die Stadt !

Aber erst einmal hören wir den alten Kapitänen und Matrosen zu, die sich sonntags an der Fischerinsel im Schatten der Hochhäuser auf den ausgemusterten Kähnen im Historischen Hafen treffen. Bei schönem Wetter sitzen sie schon mittags auf dem Schlepperdampfer »Andreas« beim Bier zusammen und lesen einander aus ihren Logbüchern vor. Einige der Schiffe aus altem, angerostetem Stahl und moderndem Holz drehen von Zeit zu Zeit noch eine Runde vor der Mühlendammschleuse ; mehr als 36 000 Wasserfahrzeuge werden hier inzwischen Jahr für Jahr von einem Spreeniveau auf das andere je nach Richtung sanft hinauf- oder hinuntergehoben. Da gibt es eine Menge zu sehen und zu kommentieren – die besten Kapitäne, das ist ja bekannt, liegen mit ihren Schiffen immer fest und sicher am Kai.

Ein lautes Tuten ertönt, es kommt Bewegung in die Runde : Da legt tatsächlich einer der Oldtimer ab. Großes Hallo. Gepflegt wird der Hafen von einem Verein, der »Berlin-Brandenburgischen Schifffahrtsgesellschaft«, bei dem auf sympathisch gemütliche Weise allenfalls die Rechtschreibung (Schifffahrt mit drei f !) modern ist. Was hier zählt, das ist Patina, das sind die Geschichten von früher und das ist die Fortsetzung der Tradition. Den Umbau der Ostseite des Fischerinselufers für ein neues Wehr und einen Fischaufstieg, durchgesetzt vom Senat gegen viel Widerstand, verfolgen die meisten hier skeptisch. Und, wird das Logbuch noch voll ? »Na, wenn der Kahn durchhält und wenn wir durchhalten, dann vielleicht.« Und Prost.

Wir ziehen weiter auf unserem ampellosen Uferspaziergang, laufen von der Südseite des Kupfergrabens aus die Spree hinauf Richtung Osten und über die Jannowitzbrücke. An der Strandbar unter dem Bahnviadukt biegen wir links ab, dann geht’s immer geradeaus Richtung Westen. Unter der Mühlendammbrücke hindurch, an den Cafés vom Nikolaiviertel vorbei, weiter an der modernistischen Rückseite des Humboldt Forums entlang und unter der Liebknechtbrücke hindurch, links der Dom, rechts der James-Simon-Park, dann durch den Monbijoupark, der in den Sommernächten voll feiernder Jugendlicher ist, und weiter bis zum Wendepunkt an der Weidendammer Brücke. Auf dem Rückweg entlang der gegenüberliegenden Seite bleibt das Bode-Museum an der nördlichen Spreeinselspitze, wo der Spreekanal und die Spree wieder zusammentreffen, knapp links liegen ; rechts wohnt seit Jahren Angela Merkel. Hinter den Flohmarktständen und dem Deutschen Historischen Museum kreuzen wir die Linden unterirdisch durch den neuen U-Bahnhof »Museumsinsel«, werfen einen Blick auf die historisierende Schlossfront und in die Ufergewölbe, wechseln am Außenministerium auf die andere Kupfergrabenseite zur Friedrichsgracht, tauchen unter der Leipziger Straße hindurch zurück auf die Fischerinsel, grüßen freundlich den Reiher, der sich auf einer Parkbank niedergelassen hat, und landen schließlich, ohne an einer einzigen Ampel gehalten zu haben, auf einer der schönsten Sonnenuntergangsbrücken Berlins, der Inselbrücke – direkt über dem Historischen Hafen, wo die alten Schiffer beim dritten oder vierten Bier angekommen sind. Für diejenigen, die übers Wasser hierhin navigieren wollen, auch gleich die nautischen Daten : 52,51 333°N, 13,41 099°O. Ahoi !

UND SONST ?