Best Job Ever - Magdalena Sporkmann - E-Book

Best Job Ever E-Book

Magdalena Sporkmann

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mach deinen Job zum Traumjob!

Du wünschst dir (wieder) mehr Freude im Job? Mehr Leichtigkeit bei der Arbeit, weniger Hamsterrad? Eine sinnstiftende Tätigkeit und Raum, gemäß deinen eigenen Überzeugungen zu handeln? Magdalena Sporkmann hat sich selbständig gemacht, um all das zu erreichen. Aber das ist nicht die einzige Möglichkeit, den eigenen Job zum Traumjob zu machen. Du kannst auch als Angestellte mehr Selbstbestimmung, Kreativität und Sinn in deinen Job bringen – indem du lernst, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Wie das geht, erzählen junge Unternehmerinnen aus aller Welt, die Magdalena für ihr Buch befragt hat. Gerade Frauen erfahren immer noch Diskriminierung in der Arbeitswelt. Dieses Buch macht Mut und stattet dich mit dem Werkzeug aus, die Regie über deine Karriere zu übernehmen, um dir den Job zu schaffen, der zu dir passt - ob angestellt oder selbständig.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 414

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



MACHDEINENJOBZUMTRAUMJOB!

Du wünschst dir mehr Freude bei der Arbeit? Mehr Leichtigkeit, weniger Hamsterrad? Eine sinnstiftende Tätigkeit und Raum, deinen eigenen Überzeugungen zu folgen? Bring mehr Selbstbestimmung, Kreativität und Erfüllung in deinen Berufsalltag – indem du lernst, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Magdalena Sporkmann zeigt, wie‘s geht, zusammen mit jungen Unternehmerinnen aus aller Welt, die sie für ihr Buch befragt hat. Gerade Frauen erfahren immer noch Diskriminierung in der Arbeitswelt. Dieses Buch macht Mut und stattet dich mit Wissen und Werkzeugen aus, die dir helfen, Regie über deine Karriere zu übernehmen und dir den Job zu schaffen, der zu dir passt – ob angestellt oder selbständig.

Magdalena Sporkmann, geb. 1988, lebt in Berlin. Als Autorin, Speakerin und Mentorin engagiert sie sich für Female Empowerment und finanzielle Bildung. Im Januar 2023 erschien ihr erstes Buch, Miss Money. Was schlaue Mädchen über Geld wissen sollten. Sie schreibt zum Thema Finanzen und Frauen u. a. für die Zeitschrift Brigitte. Als Speakerin gibt sie ihr Wissen in Vorträgen, Lesungen und Podiumsdiskussionen weiter. Außerdem begleitet sie Frauen als Mentorin in Finanzfragen.

Magdalena Sporkmann in der Presse:

»Praxisnah, gut verständlich und strukturiert.« Deutschlandfunk über Miss Money

www.penguin-verlag.de

Magdalena Sporkmann

Best Job Ever

Wie du deine Wünsche und Werte im Beruf verwirklichst

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2024 by Penguin Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: Favoritbuero, München

Coverfoto: Barbara Dietl

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-32255-7V001

www.penguin-verlag.de

Inhalt

Einleitung

Wenn ich groß bin …

Arbeit in der Leistungsgesellschaft

Unzufriedene Arbeitnehmer*innen

It’s a man’s working world

Wir können nur gemeinsam gewinnen

Schaffe dir deinen Traumjob!

Durch Intrapreneurship zu beruflicher Erfüllung

Lerne von Unternehmerinnen!

Finde deine Vision!

Wie ich meine Vision fand

Kevads Vision: Kaffeetrinken als Wellness-Ritual

Ikigai: Finde deine Berufung!

Visionen schenken Sinn, Erfüllung und Freude

Neugierig werden und bleiben

Neugier: die Lust am Lernen

Neugier: leicht und spielerisch arbeiten

Neugier: FOMO statt Versagensängsten

Neugier wecken und erhalten

Neugier stiftet Sinn, Verbindung, Leichtigkeit und Kreativität

Die Kraft deines Selbstwertgefühls

Das Hochstapler-Syndrom

Lähmend: ein geringes Selbstwertgefühl

Empowernd: ein starkes Selbstwertgefühl

Dein Selbstwertgefühl stärken

Du verdienst Respekt und Wertschätzung

Verletzlichkeit wagen, Mut beweisen

Scham erstickt dein Potential

Verletzlichkeit: der Mut zum Unperfekten

Entdecke deine Stärke: Sei verletzlich!

Entscheidungen treffen und Ungewissheit meistern

Entscheidungsfähigkeit

Angst vor Fehlentscheidungen

Der Angst vor Fehlentscheidungen begegnen

Gute Entscheidungen treffen

Serendipität

Unbesiegbar durch Resilienz

Resilienz: Widerstandsfähig durch Flexibilität

Resilienz im Berufsleben

Der richtige Nährboden für Resilienz

So stärkst du deine Resilienz

Als Führungskraft Resilienz im Team fördern

Sinn und Freude durch Kreativität

Was ist Kreativität?

Kreativität im Beruf

Die kreative Persönlichkeit

Was der Kreativität schadet

Was der Kreativität nützt

Deine Kreativität wecken und stärken

Die Grenzen des Intrapreneurships

Von Intrapreneurship zu Entrepreneurship

Vorurteile gegenüber der Selbständigkeit

Keine Angst vor der Selbständigkeit!

Mama ist Unternehmerin – Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Familie

Warum Selbständigkeit gerade Frauen nützt

Uns fehlen Vorbilder

Alle profitieren von weiblichem Unternehmertum

Wer sind die Unternehmerinnen Deutschlands?

Ratschläge von den Profis

Schluss

Unsere Arbeitswelt im Wandel

Wer gestaltet den Wandel und wie?

Was kannst du selbst tun?

Darf ich vorstellen: Meine Interviewpartnerinnen

Dank

Anmerkungen

Einleitung

Wenn ich groß bin …

»Wenn ich groß bin, möchte ich Nonne werden« – das nahm ich mir als Kind vor. Ich bin weder streng religiös erzogen worden, noch kannte ich persönlich eine Nonne, aber ich stellte mir vor, dass ich als Nonne vor dem ständigen kapitalistischen Existenzkampf in Sicherheit wäre. Als Kind habe ich das, wovor mir graute, natürlich nicht »kapitalistischer Existenzkampf« genannt. Ich hatte aber beobachtet, dass die Erwachsenen »arbeiten mussten«, weil sie »Geld verdienen mussten«. Nach der Arbeit waren sie »gestresst« und »erledigt«. Ich hielt also Arbeit für ein notwendiges Übel: freudlose, auslaugende Maloche. So wollte ich nicht enden und hielt den Rückzug ins Kloster für einen genialen Ausweg. Dort, so vermutete ich, würde ich zwar sehr früh aufstehen und sehr oft beten müssen. Ansonsten wähnte ich mich aber von Erwartungen frei. Ich nahm mir vor, mir meditative Aufgaben zu suchen, die nicht allzu komplex erschienen und die mir viel Zeit zum Tagträumen lassen würden. Ich wollte den Klostergarten pflegen, Kräuterwässerchen herstellen und alte Bücher abschreiben, um ihre Texte vor dem Verschwinden zu bewahren. Ganz entscheidend war dabei meine Hoffnung, dass es egal wäre, wie gut oder schnell ich diese Tätigkeiten verrichtete: Die Gemeinde der Nonnen und die Institution der Kirche würden mich allein wegen meines Bekenntnisses zu ihnen und Gott bis an mein Lebensende mit Wohnung und Nahrung versorgen. Nichts leisten müssen und trotzdem immer genug zum Leben haben, das wünschte ich mir.

Zwei Gründe hielten mich letztendlich davon ab, Nonne zu werden. Erstens wurde mir spätestens bei meiner Konfirmation klar, dass ich nicht an Gott glaubte und es somit mindestens sinnentleert, wenn nicht gar verlogen wäre, als Nonne zu leben. Zweitens erkannte ich, dass Angst meistens kein Motor, sondern eher ein Bremsklotz ist. Wäre ich aus Angst vor dem kapitalistischen Leistungsdiktat Nonne geworden, hätte ich möglicherweise viele Erfahrungen, für die ich heute sehr dankbar bin, nie machen können. Denn Tatsache ist: meistens wachsen wir an dem, wovor wir uns fürchten. Ich stellte mich also der Herausforderung, jeden Monat meinen Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu sichern – in der Hoffnung, dass es ganz so schlimm nicht werden und vielleicht sogar ab und zu Spaß machen würde.

Heute bin ich als freiberufliche Autorin, Speakerin und Mentorin selbständig und habe jeden Tag Spaß bei meiner Arbeit. Der Weg hierhin war allerdings alles andere als geradlinig. Ich habe nicht nur mehrmals die Branche, sondern auch jedes Mal meinen Beruf gewechselt. Angefangen habe ich im Verlagswesen, dann war ich persönliche Assistentin eines Schauspielers und zuletzt in einer NGO. Ich habe im Lektorat, in der Presseabteilung, in Social Media und der Veranstaltungsorganisation gearbeitet. Dabei ist jeder Job nach dem exakt gleichen Muster abgelaufen: Ich habe mit Euphorie begonnen, in kurzer Zeit sehr viel gelernt, bis ich in meine Rolle hineingewachsen war, dann habe ich ein paar Monate sehr entspannt Tagesgeschäft gemacht, angefangen, mich zu langweilen, um mehr Verantwortung, neue Aufgabenfelder, den Aufstieg in eine höhere Position oder mehr Gehalt gebeten, aber nichts davon bekommen. Also habe ich mir etwas anderes gesucht, das vermeintlich besser zu mir passte. Doch jedes Mal bin ich an sehr harte Grenzen gestoßen.

In einem Job sollte ich, die am schlechtesten bezahlte Mitarbeiterin, als Einzige freitagnachmittags das Büro hüten, obwohl nach der Postlieferung dort absolut nichts mehr zu erwarten war. Ich wollte eine Rufumleitung des Telefons auf mein privates Handy einrichten und den Nachmittag wie alle anderen im Homeoffice verbringen: Nein, jemand müsse im Büro präsent sein. Im selben Job erhielt ich erst dann eine Gehaltserhöhung, als der Mindestlohn eingeführt und damit mein Gehalt automatisch angehoben wurde. Ich machte diesen Job so gut, dass meine auf ein Jahr befristete Stelle verlängert werden sollte. Ich sagte zu, unter der Bedingung, mehr Geld oder eine Beförderung zu bekommen. Beides wurde abgelehnt. Also verlängerte ich nicht. Im nächsten Job kochte ich Hühnersuppe, holte Hemden aus der Reinigung und sortierte DVDs nach dem Alphabet, obwohl ich einen Vertrag als wissenschaftliche Mitarbeiterin unterschrieben hatte.

Danach fing ich in einem Unternehmen an, bei dem ich mir sicher war, dass es der perfekte Arbeitsplatz für mich sein würde: frei wählbares Gehalt, unbegrenzter Urlaub, solange man seinen Pflichten gerecht wurde, freie Wahl des Arbeitsortes und weitgehend auch der Arbeitszeiten, flache Hierarchien, eigenverantwortliches Arbeiten. Für jemanden wie mich, die sich schnell langweilt, ein großes Autonomiebedürfnis hat und auf faire Bezahlung Wert legt, der perfekte Arbeitgeber – scheinbar. Ich stieg in weniger als drei Jahren von der Werkstudentin in Teilzeit zur Vollzeitarbeitskraft in alleiniger Verantwortung über eine Abteilung auf. Trotzdem saß ich während dieses Jobs gelegentlich heulend auf der Bettkante. Zwar mochte ich meinen Beruf, aber letztendlich war ich nur ein Rädchen im Getriebe, abhängig, unsichtbar und im Dienst meines Vorgesetzten. Ich beschäftigte mich rund um die Uhr mit der Vision eines Unternehmens, für die ich selbst nicht brannte. Ich half meinem Arbeitgeber, seine Ziele zu erreichen. Nachdem meine anfängliche Lernkurve abgeflacht war und ich mir ein stabiles Netzwerk aufgebaut hatte, war das einzige Ziel, das ich noch Monat für Monat verfolgte, das Erwirtschaften meines Lebensunterhaltes. Mein Tag bestand nur noch daraus, Routinen zu durchlaufen, To-Dos abzuarbeiten und »Brände« zu löschen. Das hohe Gehalt kam mir immer mehr wie eine Entschädigung für das Hamsterrad vor, in dem ich steckte. »Ich wollte nie, dass mein Leben so aussieht: Arbeiten, Essen, Schlafen. Alle Energie geht nur für mein Gehalt drauf«, jammerte ich. Obwohl ich meine Arbeit fachlich interessant fand, war der Stress einfach zu groß und die Anerkennung zu gering. Ich trug große Verantwortung und leistete viele Überstunden, um einen Personalmangel aufzufangen. Wertschätzung bekam ich dafür nur von wenigen. Die meisten nahmen meine Leistung als selbstverständlich hin, und einige wenige fühlten sich davon sogar bedroht. Deshalb erlebte ich schließlich etwas, was ich als Mobbing empfand, in einem Unternehmen, das sich eine hierarchiearme und faire Arbeitskultur auf die Fahne geschrieben hatte. Da konnte mich auch mein Gehalt nicht mehr trösten. Ich kündigte, ohne einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben zu haben, denn ich hatte das dringende Bedürfnis, meine Zeit, Energie und Kompetenzen nicht mehr einem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen, sondern für meine eigenen Projekte zu nutzen. Trotzdem fühlte sich die Kündigung wie ein Sakrileg an: Wer schmeißt schon einen gut bezahlten und unbefristeten Job mitten in einer globalen Krise hin?

Seitdem bin ich ausschließlich selbständig tätig. Ironischerweise übe ich heute als freiberufliche Schriftstellerin einen Beruf aus, der das Gegenteil der Existenzsicherheit verkörpert, die ich mir als Kind gewünscht habe. Das Autorinnendasein geht in der Regel mit prekären Lebensverhältnissen einher. Die Künstlersozialkasse meldete 2023 als durchschnittliches Jahreseinkommen von Autor*innen innerhalb der ersten drei Jahre nach Berufseinstieg 21 597 Euro brutto.[1] Das sind knapp 1800 Euro pro Monat – vor Abzug der Steuern, vor Zahlungen an Renten- und Krankenkasse sowie selbstverständlich auch nur so lange, wie es gelingt, die eigenen Texte auch tatsächlich an Redaktionen und Verlage zu verkaufen. Das Schreiben, so scheint es, muss man sich leisten können. War ich leichtsinnig, mich darauf einzulassen?

Arbeit in der Leistungsgesellschaft

Die sogenannte Arbeitslosigkeit, in die ich damals freiwillig ging, lehrte mich viel über unseren Begriff von Leistung und Arbeit, denn die Abkehr von der Erwerbsarbeit ist in unserer Leistungsgesellschaft stark stigmatisiert. »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.« Dieser Satz aus dem zweiten Tessalonicherbrief von Apostel Paulus hallt auch nach 2000 Jahren noch wider. Wer nicht arbeitet, so Paulus, treibe »unordentliche Dinge«, komme also auf dumme (revolutionäre?) Gedanken und beschäftige sich mit unproduktiven Tätigkeiten. Produktiv scheint im Kapitalismus jedoch nur zu sein, was auch viel Geld einbringt, zum Beispiel Erwerbsarbeit, und zwar gut bezahlte. So wird etwa Empfänger*innen von Grundsicherung (Bürgergeld) pauschal Faulheit vorgeworfen, obwohl 2022 über ein Viertel von ihnen (überwiegend Kinder) gar nicht erwerbsfähig und über ein Fünftel von ihnen in Minijobs, im Niedriglohnsektor oder als Selbständige erwerbstätig war.[2] Ihr Einkommen aus der Erwerbstätigkeit reichte also nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Andererseits gibt es zahllose Menschen in unserer Gesellschaft – überwiegend sind es Frauen –, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Care-Arbeit reduzieren. Sie leisten täglich viele Stunden gänzlich unbezahlter Arbeit: im Haushalt, in der Pflege von Angehörigen und der Erziehung von Kindern sowie im Ehrenamt und der Nachbarschaftshilfe. Wertschätzung? Fehlanzeige! Viele von ihnen landen später in Altersarmut, weil sie eben kein ausreichend hohes Einkommen erwirtschaftet haben, um für die Rente vorzusorgen. Sie haben wenig bis nicht erwerbsgearbeitet, also sollen sie auch nicht essen, findet unsere Gesellschaft. Sobald jemand jedoch durch Erwerbstätigkeit ein (ausreichend) hohes Einkommen erwirtschaftet, ist er vor dem Vorwurf der Faulheit gefeit – und zwar egal ob er einen Bullshit Job* macht oder mit seiner Arbeit tatsächlich eine Stütze unserer Gesellschaft ist, und egal ob er im Büro Candy Crush spielt oder den Unternehmensumsatz vervielfacht. Es wird deutlich: Der Zusammenhang zwischen der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden und dem Einkommen ist keinesfalls zwingend. Oder schlicht: Menschen können viel arbeiten und wenig oder nichts verdienen. Und Menschen können kaum arbeiten und ein gesichertes Einkommen beziehen. Überhaupt: Welche Tätigkeiten als »Arbeit« gewertet und entlohnt werden, ist äußerst fragwürdig.**

Unzufriedene Arbeitnehmer*innen

Erwerbsarbeit scheint tatsächlich für die Allermeisten mehr Pflicht als Vergnügen zu sein: auslaugende Maloche, wie ich sie als Kind fürchtete. Eine repräsentative Studie im Auftrag von Ernst & Young aus dem Jahr 2023 hat die Zufriedenheit, die Motivation und die Arbeitsbelastung von Angestellten in Deutschland gemessen. Zwar gaben insgesamt 83 Prozent an, zufrieden oder eher zufrieden im Job zu sein. Doch bei genauerem Hinsehen gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Ebenen eines Unternehmens. So ist über die Hälfte der Mitarbeiter*innen im Top-Management und der Auszubildenden »generell zufrieden«, aber nur 28,25 Prozent der übrigen Angestellten. Das bedeutet, ganz am Anfang und auf der höchsten Stufe der Karriereleiter sind Angestellte am zufriedensten. Und dazwischen tut sich eine lange Durststrecke auf. Ähnlich verhält es sich laut der Studie mit der Motivation. Zwar sind insgesamt 71 Prozent der Befragten motiviert oder hoch motiviert, und 29 Prozent geben an, nur noch »ihren Job zu machen« oder demotiviert zu sein. Aber auch hier haben Angestellte im Top-Management und Auszubildende viel häufiger als alle übrigen Angestellten geantwortet, dass sie »hoch motiviert« sind. Nach der Ausbildung, die die meisten noch voller Enthusiasmus und Motivation beginnen, scheint sich also eine gewisse Ernüchterung einzustellen. Erst die Verantwortung und Privilegien einer Position im Top-Management pushen die Motivation wieder. À propos Verantwortung: Ein als partizipativ empfundener Führungsstil wirkt sich sehr positiv sowohl auf die Zufriedenheit als auch auf die Motivation der Angestellten aus. Weitere Motivations-Booster sind laut der Studie von Ernst & Young ein gutes Verhältnis zu den Arbeitskolleg*innen, ein gutes Arbeitsklima, spannende und herausfordernde Tätigkeiten, ein hohes Gehalt sowie flexible Arbeitszeitmodelle. Was mich positiv überrascht hat, war, dass fast alle Studienteilnehmer*innen (95 Prozent) auf allen Ebenen des Unternehmens in ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg sehen. Sie erkennen in ihrer täglichen Arbeit also zumindest insofern einen Sinn, als sie zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Und zwei Drittel der Befragten geben an, dass sie ihre Arbeit auch als gewürdigt empfinden. Diese erlebte Wertschätzung ist wiederum umso stärker, je partizipativer der Führungsstil empfunden wird. So sehen 86 Prozent der Beschäftigten, die den Führungsstil als »gemeinsam und gleichberechtigt« empfinden, ihre Arbeit gewürdigt. Aber nur 25 Prozent der Beschäftigten, die finden, der Chef oder die Chefin entscheide allein, empfinden eine Würdigung ihrer Arbeitsleistung. Das erscheint mir logisch. Genauso wenig überraschend finde ich angesichts des vielfach verlauteten Fachkräftemangels, dass zwei Drittel der im Auftrag von Ernst & Young befragten Arbeitnehmer*innen angeben, ihre Arbeitsbelastung habe in den vergangenen fünf Jahren zugenommen. Für nur sieben Prozent hat sie sich verringert, und für die übrigen ist sie gleich geblieben.[3]

Eine zweite repräsentative Studie aus 2023 gibt ernüchternde Einblicke in die Gemütslage deutscher Angestellter. Das Beratungsunternehmen Gallup hat 1500 Arbeitnehmer*innen in Deutschland zu ihrer emotionalen Bindung an ihre*n derzeitige*n Arbeitgeber*in befragt. Die Studie zeigt, dass 67 Prozent nur eine geringe emotionale Bindung haben und nur noch »Dienst nach Vorschrift« machen. 19 Prozent haben sogar gar keine emotionale Bindung und demnach »bereits innerlich gekündigt«. Je geringer die emotionale Bindung an den oder die Arbeitgeber*in ist, desto höher fällt auch die Bereitschaft zum Jobwechsel aus. So erstaunt es nicht, dass laut der Studie 45 Prozent der Arbeitnehmer*innen auf Jobsuche oder offen für neue Angebote sind – und das mit großem Selbstbewusstsein: Ganze 71 Prozent der Befragten schätzen den Arbeitsmarkt für sich persönlich als positiv ein und rechnen sich gute Chancen aus, eine neue Stelle zu finden. Auch diese Studie zeigt, wie wichtig die erlebte Führung ist. Je positiver die Arbeitnehmer*innen die Führung erleben, desto höher ist ihre emotionale Bindung an ihre*n Arbeitgeber*in. Doch nur 14 Prozent der Befragten geben an, ihr Arbeitsumfeld sei durch gute Führung geprägt. Immerhin ein knappes Drittel hat das Gefühl, bei Entscheidungen, die den eigenen Arbeitsbereich betreffen, mitreden zu dürfen, und erlebt damit einen partizipativen Führungsstil. Auch um die Flexibilität scheint es nicht dramatisch schlecht bestellt zu sein. Während sich 56 Prozent flexible Arbeitszeiten wünschen, geben fast 49 Prozent an, diese auch tatsächlich zu haben. Und trotzdem machen ganze 86 Prozent der deutschen Arbeitnehmer*innen nur noch Dienst nach Vorschrift oder haben bereits innerlich gekündigt.[4]

Überwiegend der Gen Z angehörende Arbeitnehmer*innen aus Industriestaaten auf der ganzen Welt haben auf Social Media unter dem Hashtag #quietquitting beschrieben, dass sie vor lauter Enttäuschung über ihre Arbeitgeber*innen in die innere Kündigung gehen und nur noch das Allernötigste machen. Angesichts der Tatsache, dass auch das Allernötigste in einem Vollzeitjob immer noch bedeutet, dass man in der Regel acht Stunden lang in einem Büro sitzt und auf den Feierabend wartet, scheint es mir, als würde hier ein Drittel der Lebenszeit verschwendet – Zeit, die jede*r produktiver und freudvoller nutzen könnte. Das ist nicht nur ein immens trauriger Befund für Millionen von Angestellten. Die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer*innen sorgt auch für Gewinneinbußen in Milliardenhöhe bei den Unternehmen durch verminderte Produktivität, vermehrte Krankentage und eine hohe Mitarbeiter*innen-Fluktuation. In der bereits zitierten Studie von Gallup heißt es: »[D]ie [durch innere Kündigung] entstehenden Kosten aufgrund von Produktivitätseinbußen belaufen sich im Jahr 2023 auf eine Summe zwischen 132,6 und 167,2 Milliarden Euro.«[5]

It’s a man’s working world

Frauen geht es auf unserem Arbeitsmarkt besonders schlecht. Während ich in den vergangenen Jahren als Autorin und Speakerin Frauen Mut gemacht habe, finanziell und beruflich mehr zu wagen und gestalten, habe ich in Gesprächen mit meinen Zuhörerinnen und Leserinnen immer wieder die gleichen Sätze gehört: »Ich würde ja gerne mehr verdienen, aber ich kann nur in Teilzeit arbeiten, weil ich Mutter bin.« »Ich würde ja gerne Karriere machen, aber ich will auch mein Kind aufwachsen sehen, und in Teilzeit kann man nicht Karriere machen.« »Die interessanten Projekte bekommen immer meine (männlichen) Kollegen.« »Ich fühle mich in meinem Unternehmen nicht gesehen und wünsche mir mehr Wertschätzung von meinem Arbeitgeber.« »Ich habe schon oft nach einer Gehaltserhöhung gefragt, werde aber immer vertröstet.« »Ich mag meinen Job, aber ich würde gern weniger Stunden arbeiten. Es ist einfach zu viel Stress.« »Als ich aus der Elternzeit wieder in den Beruf eingestiegen bin, hat mich mein Chef aufs Abstellgleis geschoben und dort versauern lassen. Ich musste kündigen, sonst wäre ich niemals vorangekommen.« »Ich bin über fünfzig und arbeitssuchend. Aber die Jobs, die mir angeboten werden, liegen weit unter meinen Qualifikationen und Gehaltsvorstellungen.« »Ich würde gern mehr Verantwortung übernehmen, aber als Berufsanfängerin und Frau nimmt mich im Unternehmen keiner ernst.« »Ich habe das Gefühl, ich muss im Job doppelt so gut sein wie mein männlicher Kollege, um die gleiche Anerkennung zu bekommen.« »Mein Job interessiert mich eigentlich nicht, aber mit irgendwas muss ich ja Geld verdienen. Ich lebe nur auf die Wochenenden und den Urlaub hin.«

Diese Frauen äußern keinesfalls individuelle Befindlichkeiten. Was sie erleben, ist kollektiv: die systematische Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt. Viele Frauen zerreißen sich förmlich zwischen Familie und Beruf. Sie kümmern sich um alle, aber kaum um sich selbst. Sie finanzieren ihren Kindern die beste Ausbildung, aber schieben die eigene Altersvorsorge auf. Sie haben super Qualifikationen vorzuweisen, machen ihren Job tadellos, aber werden von ihren Chefs nicht ernst genommen. Und im Alter ist jede fünfte Frau armutsgefährdet.[6] Frauen haben es in der Arbeitswelt zweifellos schwerer als Männer – mit dramatischen Folgen für ihre Finanzen, ihr Wohlbefinden und ihre (psychische) Gesundheit. Die fünf größten Hindernisse für Frauen im Beruf sind nach wie vor:

Ungleiche BezahlungUngleiche KarrierechancenMikroaggressionen und sexuelle Belästigung am ArbeitsplatzErschwerter Wiedereinstieg in den Beruf nach einer Pause in der ErwerbstätigkeitFehlende Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Auf diese fünf fiesen Türsteher möchte ich einen genaueren Blick werfen, um ganz deutlich zu machen, dass das, was viele Frauen erleben, nicht ihr individuelles Problem, sondern das Ergebnis systematischer Benachteiligung ist. Was jetzt kommt, macht dir vielleicht Angst, macht dich traurig oder wütend. Es weckt vielleicht schmerzhafte Erinnerungen an Erfahrungen, die du selbst im Laufe deiner Karriere gesammelt hast. Viel zu oft verdrängen wir Diskriminierung, wenn sie uns geschieht, nehmen sie einfach hin oder verharmlosen sie – »weil die Welt eben so ist.« Ich glaube aber, wir müssen den Schmerz fühlen, damit wir die Wunde heilen können. Aus Wut, Trauer und Angst kann viel Kraft und Motivation erwachsen, endlich etwas zu ändern. Wenn ich dich also jetzt mit einigen unangenehmen Fakten konfrontiere, dann verstehe das bitte als tough love: Lass uns zusammen da durchgehen, um dann etwas zu ändern.

Ungleiche Bezahlung

Der Gender-Pay-Gap, also die Lücke zwischen den durchschnittlichen Brutto-Stundenlöhnen von Männern und Frauen, liegt in Deutschland seit Jahren bei 18 Prozent. Demnach verdienten Frauen 2023 durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Ein großer Teil dieser Differenz ist damit zu erklären, dass Frauen erstens häufig in Branchen mit einem niedrigeren Lohnniveau – den sogenannten »Frauenberufen« – arbeiten. Zweitens unterbrechen Frauen häufiger ihre Erwerbstätigkeit als Männer, etwa aufgrund einer Schwangerschaft, Geburt und Elternzeit. Und drittens sind Frauen häufiger in Minijobs und Teilzeit tätig als Männer und verdienen deshalb weniger (auch, weil Aufstiegs- und damit die Lohnerhöhungschancen in Teilzeit praktisch nicht existieren).

Der von diesen Faktoren »bereinigte Gender-Pay-Gap« lag 2023 jedoch immer noch bei sechs Prozent.[7] Das bedeutet, bei vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie verdienten Frauen 2023 durchschnittlich sechs Prozent weniger pro Stunde als Männer. Das ist Lohndiskriminierung.

Ungleiche Karrierechancen

Diskriminierung erfahren Frauen*** aber auch, wenn es um ihre Karrierechancen geht. In Deutschland sind Frauen in Führungspositionen immer noch stark unterrepräsentiert. In deutschen Börsenunternehmen gab es 2023 mehr Vorstandsvorsitzende, die Christian (9) hießen, als weibliche Vorstandsvorsitzende (7).[8] Kein Scherz! Der Frauenanteil in den Vorständen der 40 größten börsennotierten Unternehmen beträgt gerade einmal 23,2 Prozent, Stand 1. September 2023.[9] In die höchsten Machtpositionen eines Unternehmens, in den Aufsichtsrat- und Vorstandsvorsitz, dringt so gut wie gar keine Frau vor. In 160 deutschen Börsenunternehmen gab es 2023 nur sechs weibliche Aufsichtsratsvorsitzende und sieben weibliche Vorstandsvorsitzende.[10] Schuld ist der sogenannte »Thomas-Kreislauf«, der benennt, dass wir am ehesten Menschen befördern, die uns ähnlich sind. Und weil in Deutschland überwiegend die sprichwörtlichen alten weißen Männer Machtpositionen innehaben (viele davon mit dem Namen Thomas – oder, seit 2023 häufiger: Christian), befördern diese wiederum alte weiße Männer (am liebsten sogar mit demselben Namen), statt Frauen.[11] Diesen Kreislauf kann eigentlich nur eine verbindliche Frauen-Quote**** oder ein feministisches Erwachen der Thomasse und Christians durchbrechen. Mit Letzterem ist eher nicht zu rechnen, denn wer gibt schon freiwillig Privilegien auf!? Bis auf Weiteres gilt nicht nur für börsennotierte Unternehmen in Deutschland: Frauen werden weniger häufig und weniger hoch befördert. Mehr noch: Werden sie befördert, dann in weniger prestigeträchtige und weniger einflussreiche Positionen. So übernehmen Frauen häufiger das Personalressort und fast nie den Vorstandsvorsitz.[12] Dahinter offenbart sich das Vorurteil, dass Frauen sich gut um andere kümmern (Personal), aber kein Unternehmen führen können (Vorstand).

Mikroaggressionen und sexuelle Belästigung

Als wäre das nicht erschreckend und empörend genug, werden Frauen am Arbeitsplatz auch noch regelmäßig Opfer von Mikroaggressionen und sexueller Belästigung. Sie werden in Meetings unterbrochen und ignoriert, ihre Redebeiträge werden als irrelevant abgetan, sie erhalten sexistische Kommentare über ihr Aussehen, pornografische Fotos und Nachrichten oder Aufforderungen zu sexuellen Handlungen. Während ich dieses Buch schreibe, erlebe ich, wie eine sehr fähige junge Frau in meinem Bekanntenkreis als Einzige in einem ansonsten rein männlichen Team nicht nur Lohndiskriminierung erfährt und in ihrer fachlichen Kompetenz angezweifelt wird. Als bekannt wird, dass ihr Partner nicht weiß ist, bekommt sie von ihren Kollegen auch noch rassistische und anzügliche Kommentare zu ihrem Privatleben.

Eine erste internationale Studie hat 2022 herausgefunden, dass weltweit mehr als ein Fünftel aller Angestellten bereits Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz erfahren haben. Demnach erleben Frauen besonders häufig sexuelle Belästigung. Kommen Faktoren wie Jugendlichkeit, ein Migrationshintergrund oder die Beschäftigung im Niedriglohnsektor hinzu, erhöht sich die Gefahr für Frauen, an ihrem Arbeitsplatz Mikroaggressionen zu erleben und sexuell belästigt zu werden. Die Umfrageergebnisse zeigen beispielsweise, dass junge Frauen doppelt so häufig sexuelle Gewalt und Belästigung erleben wie junge Männer und dass Frauen mit Migrationshintergrund fast doppelt so häufig wie Frauen ohne Migrationshintergrund sexuelle Gewalt und Belästigung zu melden haben.[13] Mir ist das in meinen Zwanzigern auch passiert. Einmal zog mich nach einem Geschäftsessen ein Kunde an sich und flüsterte mir eine Einladung in sein Hotelzimmer ins Ohr. Ein anderes Mal verlangte mein Arbeitgeber in einer Diskussion über die #MeToo-Bewegung, ich solle doch zugeben, dass auch ich bereit wäre, für einen guten Job »die Beine breit zu machen«. Beide Male war ich so erschüttert, dass ich außer einem »Nein« nichts entgegnen konnte.

Erschwerter Wiedereinstieg in den Beruf

Unterbrechen Frauen ihre Erwerbstätigkeit – etwa weil sie ein Kind bekommen –, erschwert sich ihr Berufsalltag weiter. Erstens legen Frauen, wenn sie Mutter werden, ungleich häufiger und länger als Männer eine Pause in der Erwerbstätigkeit ein. Steigen sie danach wieder in den Beruf ein, so häufig zunächst in Teilzeit. Grund für diese Entscheidungen ist einerseits die Biologie: Ein Kind auszutragen, zu gebären und zu stillen, benötigt Energie-Ressourcen, die logischerweise für einen gewissen Zeitraum dann nicht für die Erwerbstätigkeit zur Verfügung stehen. Andererseits resultiert die Entscheidung, dass Frauen häufiger und länger ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Familie aufgeben oder reduzieren, aus einem Hühnchen-Ei-Problem: Weil Frauen weniger verdienen als Männer, verzichten Familien eher auf das Einkommen der Frau als auf das des Mannes. Weil aber Familien eher auf das Einkommen der Frau verzichten, reduziert diese ihre Erwerbstätigkeit und damit auch ihre Chancen auf ein höheres Einkommen in der Zukunft, denn Auszeiten und Phasen reduzierter Erwerbstätigkeit bedeuten fast immer einen irreparablen Knick in der Karriere. Erste Hindernisse für den Wiedereinstieg von Frauen in ihren Job nach einer Elternzeit liegen also bereits in der Gestaltung der Partnerschaften.

Über die Herausforderungen berufstätiger Mütter habe ich mit Juliane Schreiber gesprochen. Sie hat Mamameeting, ein Business-Netzwerk für Mütter, gegründet und berichtet: »Die Partner spielen aus meiner Erfahrung eine ganz große Rolle, vor allem im Stärken und Ernstnehmen. Ich merke das, wenn ich mit Frauen spreche, die in einer Partnerschaft sind, in der der Mann davon ausgeht, dass er der Ernährer ist und die Frau vielleicht ein bisschen zuarbeitet, ein bisschen Nebenerwerb hat, sich aber ansonsten vor allem um die Kinder kümmert, und er diese Aufteilung auch als richtig ansieht. Da kommt es super schnell zu Konflikten. Es geht nicht nur darum, wer wie viel Geld nach Hause bringt. Sondern wir verknüpfen Geld ganz, ganz stark mit Selbstwert. Und wenn ein Partner seiner Partnerin diesen Wert abspricht, weil sie ›nur‹ Care-Arbeit macht, dann schränkt sie das natürlich auch darin ein, zu überlegen: Wie kann ich meine Arbeitskraft, wie kann ich meine Fähigkeiten, wie kann ich mein Potential erhalten? Deswegen spielt die Partnerschaft aus meiner Sicht eine Schlüsselrolle.«

Doch auch von Seiten der Arbeitgeber*innen (ja, erstaunlicherweise muss ich an dieser Stelle gendern) werden den Frauen Steine in den Weg gelegt. Frauen haben es nach einer Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit viel schwerer als Männer, wieder in den Beruf einzusteigen. Jede zweite Frau berichtet von Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund ihrer Mutterschaft. So erleben Frauen nach der Rückkehr aus der Elternzeit in den Job Lohnnachteile, die sich auch langfristig nicht angleichen. Sie erhalten weniger Möglichkeiten zur Qualifizierung und Beförderung, bekommen weniger verantwortungsvolle Aufgaben übertragen, und ihnen werden Projekte entzogen. Ihr Verantwortungsbereich und ihre Rolle werden verkleinert, ihr Gehalt gekürzt und Boni gestrichen.[14]

Juliane Schreiber erzählt mir im Interview, wie Frauen ihrer Erfahrung nach der Wiedereinstieg in den Beruf erschwert wird, nachdem sie Mütter geworden sind: »Müttern wird ein Kompetenzverlust durch das Muttersein zugeschrieben – so als hätten sie plötzlich nicht mehr so viel drauf wie vorher. Eine andere Hürde ist, dass ihnen unterstellt wird, sie hätten einen Interessenkonflikt. Es ist ganz klar, dass viele Mütter es nach der Elternzeit nicht schaffen, zurück in den Beruf zu kommen, nicht weil sie selbst nicht in der Lage wären, sondern weil man es ihnen verwehrt. Erst heute Morgen hatte ich einen welcome call mit acht, neun Müttern, die neu in meinem Business Club sind. Drei von ihnen hatten gerade einen Aufhebungsvertrag unterschrieben, weil man sie nach der Elternzeit dann doch nicht in ihrem Job zurückwollte. Die Hürde ist also ganz real, dass Müttern die Rückkehr in den alten Job verwehrt wird. Auch bei Bewerbungen werden Mütter meiner Meinung nach ganz stark aussortiert, oder ihnen wird gar nicht erst die Möglichkeit gegeben, sich zu bewerben, weil Stellen immer noch sehr selten als Teilzeit oder Jobsharing ausgeschrieben werden. Müttern wird auch unterstellt, sie wollten jetzt gar nicht mehr Karriere machen. Wenn man die Karriere-Tracks von Menschen – Männern und Frauen – plant und guckt: Wo wird die Person sich hinentwickeln? Wo sehen wir die Person in fünf Jahren im Unternehmen?, da wird plötzlich eine Linie eingezogen, eine Grenze, an der man Mütter einfach aussortiert und sagt: ›Die ist ja jetzt Mutter. Ich brauche die gar nicht mehr zu bedenken. Mit der müssen wir gar nicht mehr planen.‹ Das ist eine ganz krasse Hürde.«

Mir ist nicht nur aus menschlicher, sondern auch aus unternehmerischer Sicht unbegreiflich, warum Mütter auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden – immerhin sind sie oft extrem stressresistente Meisterinnen der Effizienz, des Pragmatismus und der Organisation. Juliane Schreiber pflichtet mir bei: »Mütter werden als Arbeitskräfte ganz, ganz stark unterschätzt. Da wird immer noch eine Mama-Schublade aufgemacht, weil ›Teilzeitarbeit‹ mit ›wenig Verantwortung‹ in Verbindung gesetzt wird. Wobei es auch ganz spannende Teilzeitmodelle gibt, durch die längst bewiesen ist, dass Teilzeitkräfte eigentlich viel effizienter arbeiten. Ich habe kürzlich eine Studie gesehen, in der gezeigt wurde, dass zwei Teilzeitkräfte im Jobsharing effizienter sind als eine Vollzeitarbeitskraft. Deswegen würde ich sagen, dass das Potential von berufstätigen Müttern bisher nicht so richtig genutzt wird. Man traut Frauen nach der Elternzeit nicht mehr zu, noch wirklich weiter aufzusteigen. Oder wenn man es tut, dann ist das an sehr starke Forderungen geknüpft, die vielleicht sogar härter sind als gegenüber jemandem, der keine Kinder hat. Mütter aus meinem Business Club erzählen mir regelmäßig davon. Das sind in der Regel Akademikerinnen, Frauen schon in hohen Karrieren, die mit Anfang dreißig, Mitte dreißig Kinder bekommen und das Gefühl haben, dass sie, wenn sie nach der Elternzeit in ein Unternehmen zurückkehren, nicht da weitermachen, wo sie ausgesetzt haben, sondern drei Stufen drunter, und sich jetzt erst mal neu beweisen müssen. Die Frauen laufen dann noch mehr im Hamsterrad. Selbst wenn sie sagen, sie kämpfen dagegen an, ist es wirklich ein Kämpfen und keine faire Karriere. Ich habe das Gefühl, dass Mütter, die in hohe Führungspositionen kommen, viel, viel härter dafür arbeiten müssen, als es zum Beispiel Männer oder Frauen ohne Kinder tun.« Juliane Schreiber fügt hinzu, dass sie vorsichtig sei mit Verallgemeinerungen. »Aussagen wie ›Mamas sind alle so toll im Zeitmanagement‹ finde ich immer etwas generalistisch. Auf jeden Fall aber ist die Erfahrung, Kinder zu kriegen, eine wahnsinnige Wachstumsphase. Das ist eine völlig neue Lebensphase, ganz, ganz anders als das, was man vorher erlebt hat – angefangen bei der plötzlichen völligen Fremdbestimmtheit in der ersten Zeit mit dem Baby. Das ist ein völlig neues Projekt. Ich habe kein Studium dafür gemacht. Wie funktioniert das eigentlich? Also wahnsinnig viel learning on the job, das man durchmacht, weshalb man auch sehr, sehr viel an sich arbeitet. Häufig geht mit dem Elternwerden einher, dass man sich damit auseinandersetzen muss: Was für eine Mutter oder ein Vater möchte ich sein, und wie komme ich da hin? Was möchte ich meinen Kindern mitgeben?

Zusätzlich lernt jeder ganz konkrete Skills. Die eine hat vielleicht mehrere Kinder und übt dadurch mehr Konfliktmediation, mehr Konfliktgespräche. Die andere hat ein Kind, das viel wach ist, und trainiert, auch mit hohem Stresslevel noch zu funktionieren. In meiner Arbeit mit Gruppen oder Einzelpersonen nutze ich auch das Konzept des Work-Family-Enrichment. Das besagt, dass es positive Überschreitungen gibt, nicht nur in dem Sinne, was ich mir für Skills angeeignet habe, sondern auch, welches soziale Kapital ich habe, seit ich Mutter bin. Dieses Netzwerk, das soziale Kapital, der Kontakt zu der Mutter aus der Kita oder dem Vater, den ich auf dem Spielplatz getroffen habe, ist ein Wert, den ich so, wenn ich in meiner Branche geblieben wäre, gar nicht gehabt hätte. Mein Netzwerk hat sich extrem erweitert. Während ich vorher in meinem Beruf in meiner Branche war, habe ich plötzlich über die Kita mit Menschen aus ganz anderen Berufen zu tun, habe Einblicke in ganz andere Branchen gewonnen und verstanden, wie die arbeiten.«

Unternehmerinnen wie Maria Lorenz-Bokelberg, die Gründerin der Podcast-Produktionsfirma Pool Artists, haben das Potential von Müttern erkannt und versuchen gezielt, ihnen attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten, wie ich etwas später berichten werde.

Fehlende Unterstützung bei der Vereinbarkeit

Im Jahr 2022 lebten in knapp 36 Prozent aller Haushalte in Deutschland Kinder.[15] Um die kümmern sich überwiegend oder alleinerziehend ihre Mütter – und reduzieren deshalb ihre Erwerbstätigkeit. Nur die Hälfte aller Mütter von Kindern unter sechs Jahren ist 2022 erwerbstätig gewesen. Sind die Kinder älter als sechs Jahre, leisten 78 Prozent der Mütter Erwerbsarbeit. Männer hingegen sind durchschnittlich zu 87 Prozent weiter erwerbstätig, wenn sie Väter werden.[16] Dabei waren 92 Prozent der erwerbstätigen Väter in Vollzeit tätig und nur acht Prozent in Teilzeit. Bei den erwerbstätigen Müttern ist es genau andersherum: 28,5 Prozent waren voll- und 71,5 Prozent teilzeitbeschäftigt.[17] Tatsächlich begründen mehr als ein Drittel aller Frauen in Teilzeitbeschäftigung ihre verminderte Erwerbstätigkeit mit familiären Pflichten.[18] Kein Wunder: Frauen leisten im Durchschnitt täglich 52,4 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Das heißt, Frauen kümmern sich jeden Tag durchschnittlich eineinhalb Stunden länger als Männer um die gemeinsamen Kinder, den Garten, den Haushalt oder pflegebedürftige Angehörige.[19] Das sind zehneinhalb Stunden pro Woche – Zeit, in der Männer sich weiterbilden, Geld verdienen und sich entspannen. Um ihrem Beruf so nachgehen zu können, wie sie es wollen, brauchen Frauen also mindestens zuhause eine gleiche Verteilung der Care-Arbeit. Ich schreibe bewusst nicht »fair«, weil viele Paare es als fair empfinden, wenn die Person, die weniger Erwerbsarbeit leistet, mehr Care-Arbeit übernimmt. Weil das aber umgekehrt bedeutet, dass die Person, die mehr Care-Arbeit übernimmt, weniger Erwerbsarbeit leisten kann, halte ich diese Lösung nicht für fair – zumindest nicht, wenn sie zur Regel wird.

À propos Regel: Vor allem in den westlichen Bundesländern Deutschlands hat nach wie vor die Ansicht großen Einfluss, eine Mutter, die beruflich Karriere machen möchte und ihre Kinder »fremdbetreuen« lässt, sei eine »Rabenmutter«. Eine »sehr inkonsistente Annahme«, findet Juliane Schreiber: »Es ist ja eigentlich völlig normal in unserer Gesellschaft, dass man arbeitet, und ich finde es sehr ungewöhnlich, dass Mütter nicht berufstätig sein sollten. Mutterschaft und Beruf sind zwei Aspekte eines Lebens, zu dem viele Aspekte gehören. Aber es gibt diesen komischen gesellschaftlichen Bruch. Ich habe das selber auch erlebt. Ich hab Abi gemacht, studiert, im Job geschaut, dass ich vorankam, Karriereziele gehabt, und wurde dann Mutter. Ich war ganz irritiert, als ich mit Mitte dreißig von Menschen in meinem Alter gefragt wurde: ›Gehst du denn wieder arbeiten?‹ Als wäre es eine Option, nicht zu arbeiten! Da musste ich dann auch erst mal drauf klarkommen. Ich habe mein Leben lang gearbeitet, und ich gehe davon aus, dass ich bis zur Rente arbeiten werde. Ich finde, es ist eine sehr inkonsistente Annahme, dass Mütter nicht berufstätig sein könnten oder sollten.«

Zum Zeitpunkt des Mauerfalls waren etwa 90 Prozent der Frauen in der DDR berufstätig und 80 Prozent der unter dreijährigen Kinder in einer Kita. In der BRD war hingegen nur etwa die Hälfte aller Frauen berufstätig, und nur zwei Prozent aller Kinder wurden in einer Kita betreut.[20] Heute sind zwar nahezu gleich viele Frauen in Ost und West berufstätig, aber im Westen arbeiten wesentlich mehr Frauen in Teilzeit oder einem Minijob (65,7 Prozent) als im Osten (44,6 Prozent).[21] Die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der Frauen in Ost und West unterscheiden sich also weiterhin massiv. Zwar ist nicht messbar, ob und in welchem Ausmaß dieser Unterschied tatsächlich kulturelle Wurzeln hat, aber Studien deuten darauf hin.[22] In Gesprächen mit Frauen in Ost und West fand ich diese Vermutung bestätigt. Ostsozialisierte Frauen erzählten mir, für sie sei es selbstverständlich, ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes in den Beruf zurückzukehren und dort in absehbarer Zeit wieder in Vollzeit zu arbeiten. Von westsozialisierten Frauen hörte ich hingegen häufig die rhetorische Frage: »Warum habe ich denn Kinder, wenn ich mich dann gar nicht um sie kümmere?« Andere berichteten mir aber auch, dass sie zwar gern nach der Geburt ihres Kindes ihre Karriere weiterverfolgen würden, aber mit der Entscheidung, früh und voll in den Beruf zurückzukehren, die einzige Frau in ihrem direkten Umfeld seien: »Keine meiner Freundinnen arbeitet in Vollzeit. Die meisten bleiben mindestens ein Jahr zuhause und arbeiten danach in Teilzeit.«

Kultur hin oder her: Selbst wenn Frauen in Deutschland Kind und Karriere unter einen Hut bekommen und ihr Kind in einer Kita betreuen lassen wollen, mangelt es ihnen an Unterstützung von Seiten des Staates und der Arbeitgeber*innen: Es fehlen 430 000 Kita-Plätze, vor allem in den alten Bundesländern. Zwar vergrößert sich das Kita-Angebot kontinuierlich. Doch die Plätze reichen trotzdem nicht, weil immer mehr Familien sich eine Betreuung wünschen, und das insbesondere für ihre jüngeren Kinder.[23] Der Wunsch, die Kinderbetreuung früh zumindest teilweise auszulagern, ist also bei den Familien vorhanden. Allein, der seit 2013 auch für Kinder unter drei Jahren geltende Betreuungsanspruch kann für Hunderttausende nicht erfüllt werden. Doch auch die existierenden Betreuungsangebote sind zu unflexibel, wie mir Juliane Schreiber erzählt: »Wir brauchen eine Förderung von flexiblen Kinderbetreuungsmodellen. In Deutschland hat die Kita von acht bis 15 Uhr geöffnet. Mein Mann und ich hatten Glück im Unglück, weil wir nicht geschafft haben, einen Platz für unseren Sohn in der öffentlichen Kita zu bekommen. Wir mussten in eine private Kita. Dort hatten sie Angebote für Freelancer. Nachmittags hatten die nicht so viele Kinder, und da konnte ich den Kleinen von zwei bis sechs in die Kita geben. Das war großartig, weil ich vormittags Zeit mit meinem Kind verbringen konnte. Wir konnten in den Zoo gehen, im Wildpark Rehe füttern, und nach dem Mittagsschläfchen habe ich ihn da hingebracht. Er hatte nachmittags Entertainment, und ich konnte arbeiten. Solche Modelle findet man im normalen Bereich eigentlich gar nicht.«

Das Resultat dieses Mangels zeigt sich deutlich: Viele Frauen verzichten unfreiwillig auf die Erwerbsarbeit, um zuhause auf ihre Kinder aufzupassen. Private Kinderbetreuung können sich die meisten Familien nicht leisten. Und die wenigsten Unternehmen entlasten ihre Angestellten durch betriebseigene Kindergärten oder Zuschüsse zur Kinderbetreuung.

Ist der Kita-Platz gesichert, der Arbeitgeber bereit und willens, der new mom ihren Job wiederzugeben, und die Mutter kann tatsächlich an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, muss sie sich dort allzu häufig in ein überhaupt nicht familienfreundliches Korsett zwängen: Starre Arbeitszeiten, wenig Homeoffice, Abendtermine, spontane Aufträge fürs Wochenende, überlange Meetings, keine Karriereaussichten in Teilzeit.

Wir können nur gemeinsam gewinnen

Wenn ich mir die Realität unserer Arbeitswelt vor Augen führe, wundert es mich nicht, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer*innen unzufrieden ist. Aber ich bin überzeugt, dass das nicht so bleiben muss. Was Angestellte brauchen, damit sie glücklich im Job sind und gute Arbeit leisten können, wissen sie meistens selbst ziemlich genau. Und wer diese Bedürfnisse besonders deutlich und laut artikuliert, sind die heutigen Berufseinsteiger*innen, die Gen Z. Häufig wird die Gen Z aber wegen ihrer vermeintlich übertriebenen Forderungen an den Pranger gestellt oder verlacht – zu Unrecht, findet die Psychologin Dr. Hannah Schade vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund: »Die Gen Z will, was seit Dekaden von der Führungsforschung empfohlen wird und was sich Arbeitnehmer von alters her wünschen. Aber ab einer gewissen Zeit des Verbleibs in einem System, das anders tickt, hört man natürlich auf, sich Sachen zu wünschen, die es nicht gibt, sonst wird man ja depressiv. Das ist einer der Gründe, warum es immer die jungen Leute sind, die Änderungen besonders stark einfordern. Die Sachen, die die Gen Z fordert – also Feedback, partizipativer Führungsstil, dass Menschen sich einbringen können, gesundheitsorientierte Führung, flache Hierarchien, persönliches Wachstum, berufliche Entwicklung, weniger Arbeit, eine gesunde Work-Life-Balance, ein akzeptables Gehalt –, all das sind Dinge, die sich jede Generation wünscht. Die jungen Leute stellen diese Forderungen, weil sie sich noch nicht mit dem Status quo abgefunden haben.«

Die zuvor zitierte Studie von Ernst & Young bestätigt, dass die Forderungen der Gen Z im Kern das sind, was Angestellte motiviert: Eine moderate Arbeitsbelastung, ein gutes Verhältnis zu den Arbeitskolleg*innen, Wertschätzung durch die Vorgesetzten, Mitsprachemöglichkeiten sowie spannende und herausfordernde Tätigkeiten. Männer und Frauen sind übrigens nicht auf die gleiche Weise zu motivieren. Während Männer ein hohes Gehalt für die Arbeit motiviert, sind es bei Frauen bezeichnenderweise eher flexible Arbeitszeiten.[24]

Juliane Schreiber von Mamameeting fordert: »Es braucht gesellschaftliche Akzeptanz, also dass es normal ist, dass Mütter berufstätig sind. Politische Regeln richten sich nach dem Weltbild, das man hat: Wie sieht die Welt aus, in der wir leben, und welche Rahmenbedingungen, welche Gesetze brauchen wir dazu, welche finanzielle Unterstützung? Da sehe ich aktuell in unseren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Weltanschauungen noch einen Bruch zur Realität. Es ist noch nicht so richtig angekommen, dass Berufstätigkeit und Mutterschaft parallel existieren. Bei Berufstätigkeit und Vaterschaft streitet ja auch keiner ab, dass das Normalität ist und dafür eventuell ein Rahmen gegeben sein müsste. Das heißt natürlich, dass wir eine anständige Kinderbetreuung zur Verfügung stellen müssen und dass es auch Fördermöglichkeiten gibt, dass es Förderung von Unternehmerinnen gibt, von weiblich geführten Start-ups. Da sehe ich viel Förderbedarf. Wir müssen einen Rahmen dafür schaffen, dass arbeitende Mütter der Normalfall sind.«

Die Forderungen, die Frauen aus den alltäglichen Benachteiligungen in der Arbeitswelt ableiten, finde ich geradezu bescheiden. Eine Studie der ManpowerGroup aus dem Jahr 2022 listet die drei Hauptwünsche von Frauen an ihren Beruf auf: eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine faire Bezahlung und verständnisvolle Führungskräfte.[25] Ich würde noch hinzufügen: gleiche Karrierechancen sowie die Gewährleistung der Unversehrtheit von Körper und Seele der Frauen.

Dr. Hannah Schade unterstreicht, dass es den Unternehmen eigentlich nur nützen kann, die Bedürfnisse der Angestellten zu befriedigen: »Meistens ist es so, dass das, was dem Unternehmen nützt, auch dem Arbeitnehmer nutzt und umgekehrt. Ein erholter Mitarbeiter ist innovativ, ein motivierter Arbeitnehmer ist produktiv, ist einer, der mitdenkt und sich einbringt. Was die Arbeitnehmer wollen, bringt auch dem Unternehmen enorm viel. Warum muss man das eigentlich immer noch erklären?!«

Maria Lorenz-Bokelberg, der Gründerin von Pool Artists, muss man das nicht erklären. Sie hat etwa gemeinsam mit ihrer Co-Gründerin Frida Morische die Viertagewoche und eine flexible Arbeitszeitgestaltung eingeführt, um den Bedürfnissen der Angestellten mehr entgegenzukommen und dadurch auch einen größeren Kreis an Bewerber*innen anzusprechen: »Wir verfolgen damit auch das Ziel, diversere Menschen anzuziehen – und zwar nicht nur im Sinne von mehr PoC, was wir uns natürlich auch wünschen. Sondern wir möchten auch, dass sich zum Beispiel mal eine alleinstehende Mama bei uns bewerben kann oder auch jemand, der ein bisschen älter ist. Ich glaube wirklich an die Fähigkeiten von alleinerziehenden Müttern. Ich glaube, die Leute haben noch gar nicht entdeckt, wie die organisieren können, wie effizient die Dinge machen können, über große, komplexe Vorgänge den Überblick behalten, allein aus den Sachen, die sie zuhause regeln müssen. Ich glaube, dass die Leute das total unterschätzen, was für tolle und wertvolle Mitarbeiterinnen in Müttern stecken. Wenn man denen eine gute Arbeitsatmosphäre anbietet und als Arbeitgeber*in bereit ist, ein bisschen Flexibilität mitzugeben, kann das gut funktionieren. Dann sagt man eben: ›Wenn du mittwochs immer erst um 12 kommen kannst, weil du vorher in den Kindergarten musst, dann ist es halt so. Ich habe trotzdem mega was davon, dass du bei uns bist.‹ Mich ärgert es, dass es da so eine steife Kultur gibt: ›Wenn du nicht in der Kernarbeitszeit von neun bis 15 Uhr bei uns sein kannst, dann denken wir gar nicht erst über dich nach.‹ – Dann ist sie halt mittwochvormittags nicht da! Man lässt sich so viele gute Arbeitskompetenzen durch die Lappen gehen, wenn man sich an solchen Sachen festhält. Das ist auch eine sehr deutsche Arbeitskultur: ›Das haben wir schon immer so gemacht …‹ Ich unterstelle Leuten, dass sie einfach zu faul sind, drüber nachzudenken, wie man das jetzt anders lösen könnte: ›Zum Glück ist jetzt nach Corona alles wieder so wie früher. Da kenne ich mich aus.‹ Bei uns herrscht die Devise: Wenn du durch deine Abwesenheit nicht andere in ihrer Arbeit behinderst, ist das okay. Wir haben eine Vertrauensarbeitszeit. Wenn jemand von acht bis 12 arbeiten will, dann eine vierstündige Mittagspause braucht wegen Terminen, und dann abends wieder arbeitet, ist das für uns okay. Sie sollen halt drauf achten, dass sie deswegen nicht wichtige Meetings oder Aufnahmetermine verpassen. Da sollte schon jemand da sein. Aber das funktioniert total gut, weil sich das Team dann abspricht. Die meisten pendeln sich eh in der ›normalen‹ Arbeitszeit ein, wenn die anderen auch alle da sind. Sie arbeiten gern zusammen. Aber es gibt diese Freiheit, wenn es dann doch mal Arzttermine gibt oder irgendwas. Das finde ich total wichtig und ich diskutiere auch oft mit Leuten in Firmen, die sich die Viertagewoche nicht vorstellen können. Ich werde eingeladen, darüber zu erzählen, und mir gegenüber sitzen die Leute mit verschränkten Armen und sagen: ›Das geht nicht.‹ Ich kann fast jedes der Argumente auseinandernehmen und sagen: ›Es geht doch.‹ Natürlich ist es ein bisschen Arbeit. Menschen haben so eine Angst vor Veränderung, das finde ich wahnsinnig faszinierend – und absurd. Veränderung ist anstrengend. Man muss vielleicht was Neues lernen, und das ist einfach Arbeit. Aber sich dagegen zu wehren, ist eigentlich noch viel mehr Arbeit. Es ist eigentlich noch anstrengender, immer diese defensive Haltung aufrechtzuerhalten oder immer zu argumentieren, warum alles beim Alten bleiben sollte. Ich finde Veränderung toll. Ich langweile mich so schnell. Ich brauche solche Wachstumsimpulse.«

Nicht nur, weil ich fortschrittliche Unternehmerinnen wie Maria Lorenz-Bokelberg kennengelernt habe, bin ich überzeugt, es wird sich bald etwas ändern. Denn Arbeitnehmer*innen sind heute in einer unglaublich guten Verhandlungsposition gegenüber den Arbeitgeber*innen. Die vehementen Forderungen der heutigen Berufsanfänger*innen treffen auf einen krassen Arbeitskräftemangel. Juliane Schreiber berichtet, dass sie mit Beginn der Corona-Pandemie von großen Unternehmen kontaktiert wurde, die wissen wollten, wie sie den Müttern – die sich vornehmlich zuhause um die Kinder gekümmert haben – trotz Care-Arbeit die Arbeit im Homeoffice ermöglichen könnten: »Schwieriger Ansatz, aber das war halt so die Denke in Richtung: ›Wir finden das schon ganz gut, wenn die Mütter nicht aufhören zu arbeiten.‹ Da hat ein Unternehmen auch Interesse und sagt: ›Wir brauchen die schon!‹ Aber leider wurde aus meiner Sicht insgesamt in der Corona-Pandemie zu wenig Rücksicht auf Familien genommen und davon ausgegangen, dass alles, was Kinder brauchen, ›mal eben nebenbei von den Mamis mitgewuppt‹ werden kann. Müttern wurden plötzlich Aufgaben rund um Erziehung und Bildung zugeschoben, die eigentlich von Bildungsinstitutionen und studiertem Fachpersonal übernommen werden sollten. Ohne Lehramtsstudium oder Erzieherinnenausbildung, zusätzlich zum regulären Job und der ›alltäglichen‹ Erziehung und Care-Arbeit, das ALLES zu managen, das kriegt man auch mit dem härtesten Zeitmanagement nicht hin. Hier hätte ich mir persönlich, im Nachhinein, ein Umdenken gewünscht und mehr Druck von Seiten der Unternehmen auch auf die Politik, Möglichkeiten zu finden, den Kita- und Schulbetrieb früher wieder aufzunehmen, statt darüber zu diskutieren, wie man das Homeoffice für Moms effizienter gestalten kann.«

Die Unternehmen wollen dringend ihre derzeitigen Angestellten halten und neue rekrutieren, um weiter zu wirtschaften. Das wird nur gelingen, wenn die Arbeitgeber*innen auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer*innen eingehen. Dr. Hannah Schade bestätigt diese Sichtweise mit Blick auf die Zukunft des Arbeitsmarktes: »Der Arbeitsmarkt heute ist geprägt von Fachkräftemangel, und dieser wird sich weiter verschärfen. Dadurch verschieben sich die Machtverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Branchen, die heute sehr viele Arbeitnehmer binden, könnten möglicherweise durch den Einsatz von KI schrumpfen, weil sie besonders einfach digitalisierbar sind. Andere Bereiche, wie die Pflege zu Beispiel, würden gegebenenfalls einen Mehrbedarf haben und dementsprechend aufgewertet werden mit verbesserten Arbeitsbedingungen. Ich denke, es werden sich auch Verschiebungen in der Wertschätzung bestimmter Arbeiten ergeben. Man kann nur hoffen, dass agil mit den Möglichkeiten von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz sowie den Bedürfnissen und Wünschen der jetzt auf den Arbeitsmarkt strömenden jungen Menschen umgegangen wird. Dann hat man natürlich eine deutlich bessere Möglichkeit, diese Krise zu bewältigen. Wenn die Leute das Gefühl haben, sie können sich einbringen, und das Unternehmensziel, also die gemeinsame Unternehmung, liegt ihnen am Herzen, weil sie sie mitgestaltet haben, selber auch einen Vorteil daraus ziehen, dann entstehen gar nicht bezifferbare Mehrwerte für den Einzelnen und die Firma.«

Unternehmen und Arbeitskräfte können also nur gemeinsam gewinnen und diese Erkenntnis setzt sich so langsam durch.

* Ich greife hier auf einen von David Graeber geprägten Begriff zurück: »A bullshit job is a form of paid employment that is so completely pointless, unnecessary, or pernicious that even the employee cannot justify its existence even though, as part of the conditions of employment, the employee feels obliged to pretend that this is not the case.« (David Graeber: Bullshit Jobs. Simon & Schuster. New York, 2018, S. 9 f.)

** Ich möchte es in diesem Buch der Leserin überlassen, welche Tätigkeiten für sie als Arbeit gelten. Denn das, scheint mir, ist sehr individuell. Ich selbst unterscheide zwischen Arbeit und Erwerbsarbeit, um zu markieren, dass manche Arbeit monetär entlohnt wird und andere nicht. Diese Unterscheidung geht mit keiner Bewertung einher.

*** Diskriminiert werden auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht nur Frauen, sondern im Grunde alle, die keine weißen, heterosexuellen Cis-Männer sind, also beispielsweise auch B(I)PoC und LGBTQIA+, Menschen mit Behinderungen und Senior*innen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich Feminismus als intersektional verstehe. Wenn ich in diesem Buch über »Frauen« schreibe, dann weil ich mich selbst als Frau identifiziere und aus dieser Perspektive berichten kann und will. Aus Perspektive anderer diskriminierter Gruppen auf den Arbeitsmarkt zu blicken, halte ich für wichtig und lohnend, möchte es aber jenen überlassen, die mehr Einsicht in das Erleben jener Gruppen haben.

**** Eine solche Frauen-Quote wurde mit dem Führungspositionen-Gesetz 2015 eingeführt und 2021 reformiert.

Schaffe dir deinen Traumjob!