Bettgeflüster - Andrea Bräu - E-Book

Bettgeflüster E-Book

Andrea Bräu

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  • Herausgeber: Südwest
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Let's talk about sex!

Sex und Erotik sind in der heutigen Zeit fast allgegenwärtig: im Fernsehen, in der Werbung oder in Zeitschriften. Im Privaten herrscht dagegen oft Sprachlosigkeit. Das äußert sich nicht nur an der fehlenden Kommunikation über Vorlieben und Wünsche, sondern auch am Vokabular, mit dem wir über Sex reden. Als Paar MÜSSEN Sie aber spätestens dann über Sex sprechen, wenn Sie ihn haben wollen. Aber wie geht das? Wie sagen Sie nur, was Sie gern hätten? Oder was Ihnen nicht gefällt? Gibt es auch nonverbale Kommunikationsmöglichkeiten? Was ist Dirty-Talk und macht das an?

Andrea Bräu weiß, wie groß das Schweigen in deutschen Schlafzimmern ist, wie groß die Scham und der Frust sind. Sie weiß aber auch, wie Sie das ändern können. Mithilfe dieses Buches kommen wieder Leben und Lust ins Bett. Und das ist gar nicht so schwer. Andrea Bräu erzählt aus ihrer Praxis, leistet Hilfestellung und gibt erstaunlich einfache sowie spannende Anregungen an die Hand, mit der Sie die Kommunikation und damit den Sex in Ihrer Partnerschaft verbessern können. Für eine aufregende, schöne und lebendige Erotik!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 200

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Inhaltsverzeichnis

VorwortUnd noch ein kurzes Vorspiel …Kapitel 1 - Kommunikation – mehr als einfach nur reden …
Aber was ist eigentlich Kommunikation?Warum Paare schweigen
Kapitel 2 - Wer bin ich und wo stehe ich?
Wer sind Sie eigentlich?Schritt 1 – die Startposition bestimmen: Wo stehen Sie heute?Schritt 2: Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr eigenes Leben
Kapitel 3 - Machen Sie sich auf den Weg!
Veränderung – und was sie bedeutetWelchen Sex hätten Sie denn gern?Sagen Sie doch, was Sie wollen!Was tun, wenn die Veränderung nicht klappt?
Kapitel 4 - Auf dem Weg zu einem neuen Miteinander
Kommen Sie wieder miteinander ins Gespräch!Streit und Probleme vs. Begehren und LeidenschaftEndlich wieder Sex!
Kapitel 5 - Aus zwei wird drei … vom Paar zur Familie
Endlich schwanger! Schluss mit lustig?Das GeburtserlebnisDas Kind ist da – die Lust ist weg?Welche Rollen spielen Sie?Schaffen Sie sich FreiräumeUnd wie geht es weiter?
Kapitel 6 - … und wieder zurück. Von der Familie zum Paar
Angekommen an einem WendepunktÄlter werden – auch eine ChanceEntdecken Sie sich selbst neu!Finden Sie sich neu als PaarEin neues Miteinander
Kapitel 7 - Ein Ende – und ein Neustart?
Sie haben immer eine WahlTrennung: große Herausforderung – und dennoch eine ChanceEin neuer StartMagische Momente
Kapitel 8 - Als ausgiebiges Nachspiel: Wortspiele, Leidenschaft, erotische Abenteuer … mehr von allem!
Erotik für VerbalakrobatenVon Herzen lieben …Erotik als sinnliche ErfahrungMit Erotik und Fantasie den Alltag bunt machenErotik für SpielerErotische Grenzgänge für MutigeFragebogen: Wie steht’s um Ihre Fantasien?
Anhang
QuellenverzeichnisLiteraturtippsCDs zum EntspannenSpielerische IdeenFilmeKontakt zur Autorin
Ich danke …Copyright

Vorwort

In diesem Buch geht es um Bettgeflüster. Damit meine ich vor allem: das Reden, die Verständigung, den Austausch über den Sex. Denn in meiner täglichen Arbeit ist die Sexualität der Menschen das immer wiederkehrende Thema. Dabei steht ein Konflikt im Mittelpunkt: die mangelnde oder sogar völlig fehlende Kommunikation.

Sex sollte in erster Linie Spaß und Freude machen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Sexualität eine der größten Energiequellen des Menschen ist und in einer Partnerschaft das „Paar-Immunsystem“ nachhaltig stärkt. Vielleicht kennen Sie selbst das Gefühl, wenn man es getan hat – und sich danach alles ein bisschen anders, besser, leichter anfühlt? Wir haben mehr Energie, fühlen uns vitaler … das partnerschaftliche Immunsystem ist gestärkt und schon regen einen die herumliegenden Socken des anderen kaum mehr auf. So beschreiben es viele Paare.

Wir Menschen haben ein immenses Entwicklungs- und Wachstumspotenzial, daran glaube ich fest. Und dennoch richten sich Frauen und immer häufiger auch Männer in einer „Bequemzone“ ein, in der die sexuellen Aktivitäten zu einer Pflichtübung geschrumpft sind. Während Männer vor allem die klägliche Quantität bemängeln, beklagen Frauen häufiger die Qualität. Von Spaß und Freude ist jedenfalls meist nicht mehr viel zu spüren, von Liebe schon gar nicht.

Es gibt unzählige Bücher über sexuelle Techniken und Praktiken, doch die helfen meiner Meinung nach nicht, das Problem zu lösen, denn Sexualität ist so viel mehr als eine körperliche Gymnastikstunde. Sie bietet eine Möglichkeit, sich mit sich selbst zu konfrontieren, sich auszuprobieren, Grenzen zu erfahren und manchmal vielleicht sogar zu überschreiten, was sich auf das eigene Selbstwertgefühl auswirkt. Zu wirklich erfüllender und befriedigender Sexualität finden wir nicht durch detaillierte Anleitungen zum Orgasmustraining und Turnübungen, sondern indem wir uns auf wirkliche Intimität einlassen. Indem wir uns auf den Partner einlassen, und zwar weit mehr als nur körperlich. Und hier liegt das eigentliche Problem: in unseren Ängsten, uns dem anderen so zu zeigen, wie wir wirklich sind. Nur so erreichen wir Tiefgang und Lebendigkeit in Partnerschaft und Sexualität.

In meiner Arbeit erlebe ich immer wieder, dass unglaublich viele Menschen gar nicht wissen, wer sie eigentlich sind, sondern dass sie zu etwas geformt wurden, das ihnen im Grunde ihres Herzens gar nicht entspricht. So etwas wirkt sich früher oder später immer als Lebenskrise aus, sei es in Form von Krankheit, Trennung oder zumindest Beziehungskrisen. Denn gerade in Beziehungen, in der Auseinandersetzung mit einem Partner, lauert enormes Wachstumspotenzial.

Weil das Thema Mensch ebenso komplex wie spannend ist, habe ich versucht, es so einfach wie möglich darzustellen. An manchen Punkten ist es jedoch unumgänglich, ein bisschen tiefer einzusteigen, denn Ihnen hier mit ein paar oberflächlichen Tipps zu einer erfüllenden Sexualität verhelfen zu wollen, wäre grob fahrlässig.

Es geht mir keinesfalls darum, Menschen die Devise „Man muss Sex haben“ oder „Das gehört aber in einer guten Partnerschaft dazu“ überzustülpen, ganz im Gegenteil. Jedes Paar entscheidet ganz individuell, wie es leben will. Mit Sex, ohne Sex, mit schlechtem Sex, mit gutem Sex … oder sehr wahrscheinlich: mit irgendwas dazwischen. Passt es für beide, gibt es auch kein Problem. Falls sich jedoch nur einer von zweien zum sexuellen Ausstieg oder zur Enthaltsamkeit entscheidet, muss man auch darüber reden.

Weil Sie dieses Buch jetzt in der Hand halten, setze ich einfach voraus, dass Sie ein gewisses Interesse an dem Spannungsdreieck „Partnerschaft – Kommunikation – Sexualität“ haben und daran, Ihren ganz persönlichen Weg zu finden.

Mein Anliegen ist es, über dieses Buch Ihrer Kommunikation in Sachen Sexualität auf die Sprünge zu helfen und sie Ihnen zu erleichtern. Sexualität ist Kommunikation. Denn ganz ehrlich, Sie wissen doch selbst, dass Sie „nur“ darüber sprechen müssten, um das zu bekommen, was Sie wollen. Aber genau das ist ja das Problem! Viele können das nicht – es fällt ihnen oft sogar leichter, mit der besten Freundin über sexuelle Wünsche zu sprechen, als mit dem eigenen Partner! Aber Sex wollen Sie doch mit diesem haben, oder? Darum geht es in diesem Buch: Es enthält Tipps für die direkte, verbale Kommunikation, aber auch alternative Anregungen, wie Zeigen, Schreiben, Hören, Lesen, Spielen, Zeichnen.

Ich möchte Sie an die Hand nehmen, dazu einladen, neue Erfahrungen zu machen, Sie ermutigen und inspirieren. Aber gehen müssen Sie immer noch selbst. Und vor allem müssen Sie das auch wirklich wollen.

Viel Erfolg und Vergnügen dabei wünscht IhnenIhre Andrea Bräu

Und noch ein kurzes Vorspiel …

Vorab einige Worte zum Inhalt des Buches, damit Sie sich gut zurechtfinden und sofort dort einsteigen können, wo es für Sie am interessantesten ist:

Dieses Buch ist so aufgebaut, dass jedes Kapitel mit einem Fallbeispiel eingeleitet wird, das das Kapitelthema anschaulich illustriert. Möglicherweise erkennen Sie sich in der einen oder anderen beschriebenen Situation wieder? Das ist beabsichtigt …

Kapitel 1 bis 3 enthalten das Handwerkszeug für den Weg zu unverschämt gutem Sex. Diese sollten Sie vorab lesen, wenn Sie sich auch für die Hintergründe der Beziehungskommunikation interessieren.

In den weiteren Kapiteln gehe ich auf verschiedene Situationen ein, die im Laufe einer Beziehung entstehen können. Ich habe darin Informationen, Tipps, Anregungen und Ideen für Sie zusammengefasst, die in den unterschiedlichen Phasen des Beziehungslebens nützlich sind:

Sie sind schon einige Jahre als Paar zusammen und möchten Ihre Kommunikation und Ihr Liebesleben verbessern? Im Kapitel 4 finden Sie Tipps für Paare, die nach dem Abklingen der Verliebtheit den Weg in eine intensive und leidenschaftliche Liebesbeziehung suchen. Bekommen Sie gerade Kinder oder haben bereits welche? Im Kapitel 5 finden Sie vor allem Ideen, wie Sie sich während der Schwangerschaft und in einer jungen Familie weiterhin eine erregende Sexualität und Freiräume als Paar schaffen. Im Kapitel 6 habe ich Ideen und Anregungen für die Paare zusammengestellt, die nach dem Heranwachsen der Kinder wieder mehr Zweisamkeit leben können und wollen. Nicht jeder Konflikt ist lösbar. Manchmal stellt man als Paar auch fest, dass man sich so weit auseinandergelebt hat, dass eine Trennung nötig wird. Und danach gibt es möglicherweise einen Neuanfang mit einem anderen Menschen? Mehr dazu lesen Sie im Kapitel 7. Für alle, die nicht genug bekommen können: Noch mehr Tipps für innige Kommunikation, heißes Sexgeflüster, ungeahnte Abenteuer mit Ihrem Liebsten gibt es im Kapitel 8.

Kapitel 1

Kommunikation – mehr als einfach nur reden …

Haben Sie heute schon geredet? Gesimst, gemailt, gechattet, geschrieben – kurz: in irgendeiner Form kommuniziert? Mit Ihrem Partner? Oder mit einem anderen Menschen? Ob Sie es glauben oder nicht: Beziehung basiert auf Kommunikation, Sex und Liebe ebenso. In diesem Kapitel geht es um die Fragen: Was ist Kommunikation  – und warum haben gerade Paare so oft Probleme damit?

Beziehungsstillstand nach Kommunikationsflaute

MEINE KLIENTEN:

Richard (43) und Manuela (41), seit 9 Jahren ein Paar, zwei Kinder (4, 7)

WARUM SIE BEI MIR SIND: Sie hatte einen Seitensprung, er fühlt sich mitverantwortlich. Denn beiden ist insgeheim klar: Sie leben seit Jahren nur neben- statt miteinander.

Ich frage wie immer zuerst nach der Geschichte des Paares, das da vor mir sitzt. Manuela und Richard erzählen, sie mehr als er. Folgende Geschichte erfahre ich: Sie lernten sich vor neun Jahren kennen und waren anfangs beide voneinander fasziniert, weil sie sehr unterschiedlich sind: Richard ist als Einzelkind in einer sehr wohlhabenden Familie aufgewachsen, Manuela als älteste von drei Schwestern in einer bürgerlichen Familie. Beide begeisterte das Ungewohnte, das Fremde am anderen. Die Beziehung lief in der ersten Zeit – da sind sich beide einig – „normal“ und gut, aber Kommunikation spielte darin von Anfang an keine große Rolle.

Bald zogen sie zusammen – auch weil sie schon nach kurzer gemeinsamer Zeit das erste Kind bekamen, mit dem Manuela zu Hause blieb. Richard bewies sich als sehr liebevoller Vater, der sich auch zeitlich stark einbrachte. So gab es zwei Jahre später noch ein weiteres Kind, was Manuela eigentlich nicht unbedingt „gebraucht“ hätte. Richard aber wollte gern mehrere Kinder.

Der Alltag zog schnell ein. Er war der Hauptverdiener und Versorger der Familie, sie managte den Haushalt und die Kinder. Richard schlug Manuela jedoch immer häufiger vor, doch auch wieder arbeiten zu gehen. Er wollte sie dabei unterstützen, bewusst viel Zeit mit den Kindern verbringen und strebte nicht die klassische Karriere an. Tatsächlich passte das Manuela gar nicht – und führte dazu, dass Geld immer ein Thema zwischen ihnen war.

Und beim Sex? Nach einigem Gedruckse kommt heraus: Es gab praktisch keine Kommunikation zum Thema Sex. Der lief so mäßig vor sich hin, dann gab es ja auch bald die Kinder, sodass ohnehin nur noch wenig Zeit für Sex blieb. Richard hatte immer mehr das Gefühl, dass Manuela nicht angefasst werden und ihre Ruhe vor ihm haben möchte. Erst hier in der Therapie stellt sich heraus: Manuela dachte die ganze Zeit: „Wann ergreift er endlich mal die Initiative?“ Aber das hatte sie Richard all die Jahre nicht gefragt. Sie gängelte ihn lediglich hin und wieder mit Aussagen wie „Du kommst nie in die Puschen“.

Richard hingegen wollte sie auf keinen Fall bedrängen, was nicht daran lag, dass er sie nicht attraktiv fand! Er wäre sehr gern öfter von ihr verführt oder angemacht worden, aber das kam in all den Jahren nur zwei- oder dreimal vor. Aber auch er sagte nichts. Jahrelang.

Natürlich veränderte sich die Situation nicht zum Guten, da beide vor allem darauf warteten, dass der andere die Initiative ergreift und die Verantwortung für die Beziehung übernimmt, indem er die Kommunikation in Gang bringt. Deshalb fand ich es nicht sonderlich überraschend, dass nach neun Jahren einer von beiden ausgebrochen war. Lediglich, dass es so lange gedauert hatte.

Wir leben in einer Welt mit schier unbegrenzten Kommunikationsmöglichkeiten. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – sind wir oft „sprachlos“, wenn es um die zwischenmenschliche, die direkte Kommunikation miteinander geht. Und wir sind besonders ratlos, wenn es in den engsten Beziehungen nahezu unmöglich scheint, Gedanken, Wünsche und Fantasien mit dem Menschen zu teilen, den wir lieben.

Aber was ist eigentlich Kommunikation?

Die Frage erscheint banal – wir kommunizieren doch ständig – jeder weiß, was das ist! Ja und nein. Der Begriff Kommunikation hat seinen Ursprung im lateinischen communicare. Das steht für (mit)teilen, aber auch für vereinigen. Wir verstehen üblicherweise unter Kommunikation den Austausch von Informationen – und das ist eine sehr vielschichtige Angelegenheit. Denn dieser Austausch beginnt mit scheinbaren Belanglosigkeiten wie „Kaufst du heute noch ein?“ und endet mit der hilflosen Sprachlosigkeit im Bett, wo es vielen Menschen unmöglich zu sein scheint, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse konkret zu formulieren oder zu zeigen.

Kommunikation umfasst jedoch nicht nur das, was wir einander sagen oder schreiben – also wirklich in Worte fassen. Sondern auch alles, was wir nonverbal mitteilen: durch Blicke, Körpersprache, Gesten, Mimik … Wir alle wissen genau, was diese nonverbalen Signale bewirken können, in positiver oder negativer Hinsicht. Wissenschaftler sind sich inzwischen weitgehend einig, dass weit mehr als die Hälfte unserer Kommunikation nonverbal abläuft.

Wir sind gezwungen, zu kommunizieren

Oft sind Paare der Meinung, Kommunikation spiele keine große Rolle in ihrem Leben, oder sie sind davon überzeugt, dass sie eine gute Kommunikation haben! Auf Nachfrage erfahre ich dann oft, dass es eine oberflächliche ist wie „wer holt wann die Kinder wo ab“. Fakt ist jedoch: Die meisten achten überhaupt nicht auf ihre Kommunikation. Zu behaupten, diese würde keine große Rolle spielen, ist etwa so, als würde man mit geschlossenen Augen Auto fahren und sich wundern, dass man einen Unfall verursacht: Man hatte die anderen Verkehrsteilnehmer doch zuverlässig ausgeblendet!

Tatsächlich kommunizieren wir nämlich ohne Unterlass miteinander. Selbst wenn wir nicht reden. Ja, sogar wenn wir uns offensichtlich überhaupt nicht miteinander befassen. Menschen kommunizieren auch, wenn sie lediglich in der U-Bahn nebeneinander stehen und in unterschiedliche Richtungen blicken. Wir signalisieren anderen Menschen dabei durch alles, was wir tun und lassen, etwas: Interesse, Desinteresse, Freundlichkeit, Abwehr, Gleichgültigkeit, Offenheit oder etwas anderes. Wir interpretieren die Signale anderer Menschen oder ignorieren sie – und auch dann sind wir nicht raus aus der Kommunikation, denn durch Ignoranz signalisieren wir eben auch wieder etwas … kurz: Es gelingt uns nicht, uns der Kommunikation zu entziehen.

Das Problem, das viele Menschen mit Kommunikation haben, ist lediglich: Sie kommunizieren unaufmerksam. Ohne darauf zu achten, was sie ihrem Gegenüber mitteilen. Und deshalb entstehen Probleme.

Kommunikation ist Beziehung

Interessant und zugleich herausfordernd ist auch, dass Kommunikation sowohl ein Weg ist, sich auszutauschen, als auch eine soziale Interaktion. Wie Menschen miteinander kommunizieren, sagt auch viel über ihre Beziehung aus. Und dabei spielt es meiner Meinung nach oft nicht die größte Rolle, was gesagt – oder verschwiegen – wird, sondern vor allem, wie etwas gesagt wird. Und wie man dabei schaut. Ob sich die Augenbraue hebt oder der Mundwinkel. Wie man sich bewegt. Auf den anderen zugeht. Oder sich abwendet.

ZUM AUSPROBIEREN

Eine Frage – viele Varianten

Man möchte meinen, die einfache Frage „Wie war dein Tag?“ könne nicht viel aussagen. Testen Sie es mal: Betonen Sie die Worte unterschiedlich stark. Verändern Sie die Stimmlage. Und jetzt darf noch Mimik eingesetzt werden. Na? Jetzt stellen Sie sich bitte noch vor, wie die gleiche Frage wirkt, wenn Sie Ihren Partner dabei umarmen oder berühren – und wie, wenn Sie sich halb von ihm abwenden und mit etwas ganz anderem beschäftigt sind, während Sie ihn fragen …

Klappt auch gut mit allen möglichen anderen Sätzen, etwa „Dein Kleid ist schön“ oder „Der Workshop war bestimmt interessant für dich“.

Die Rolle von Sender und Empfänger

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es beim Kommunizieren vor allem um Aufmerksamkeit geht. Denn unbewusste Kommunikation ist wie Stille Post. Nur dass das, was uns bei diesem Spiel in der Kindheit schreiend komisch erschien – nämlich, dass die angekommene Botschaft mit der abgesendeten nicht mehr das Geringste zu tun hat – im Beziehungsleben oft gar nicht mehr lustig ist.

Reden und Zuhören sind wichtige Komponenten in der Kommunikation. Und dies tun zwei Menschen: ein Sender, der etwas zu sagen hat, und ein Empfänger, der die Information aufnimmt. Wie gut das Übermitteln dieser Nachricht gelingt, hängt von der Beziehung dieser beiden Personen zueinander ab und auch davon, wie gut beide ihre Verantwortung innerhalb der Kommunikation wahrnehmen.

So liegt die Verantwortung dafür, was gesendet wird – und zwar nicht nur der Wortlaut, sondern auch das Wie und das Einschätzen der gesamten Situation – beim Sender. Der Sender ist auch dafür zuständig, alles dafür zu tun, dass die Information richtig beim Empfänger ankommt. Verantwortung des Empfängers ist es ebenso, die Nachricht zu verstehen. Dafür muss er wirklich zuhören können. Das bedeutet, er muss gegebenenfalls auch nachfragen, sich rückversichern, ob das, was bei ihm angekommen ist, tatsächlich das ist, was der Gesprächspartner ihm senden wollte – und nicht einfach interpretieren.

Wie das immer besser gelingen kann, möchte ich Ihnen in diesem Buch mit zahlreichen Beispielen und Übungen näherbringen.

Kommunizieren Sie bewusst und aufmerksam.

Warum Paare schweigen

Bevor wir uns an die praktischen Übungen machen, möchte ich kurz noch darauf eingehen, warum Kommunikation gerade in Paarbeziehungen so schwierig sein kann. Neben den bereits beschriebenen Aspekten – etwa die fehlende Bewusstheit der Gesprächspartner, aber auch die vielen Ebenen, auf denen Kommunikation stattfindet – spielen bei Paaren noch andere Themen eine Rolle.

An erster Stelle steht meiner Erfahrung nach paradoxerweise oft die Angst vor dem Ende der Partnerschaft. In der Kommunikation setze ich mich mit dem Partner auseinander, Konflikte werden möglicherweise aufgeworfen – um das zu vermeiden, weichen viele Menschen in Beziehungen der wirklich intensiven, tiefergehenden Kommunikation aus. Ganz klar: Wenn man Angst hat, der andere könnte gehen, sobald man etwas sagt oder tut, das ihm nicht passt, kann man auch keine Auseinandersetzung aushalten. Das läuft schließlich darauf hinaus, dass man sich dem Partner nicht so zeigt, wie man wirklich ist, sondern immer nur so, wie man glaubt, für ihn aushaltbar zu sein. Das verhindert wirkliche Tiefe. Und es ist nur folgerichtig, dass sich dieses Problem auf sexueller Ebene fortsetzt.

ZUM AUSPROBIEREN

Was würde passieren …

… wenn Sie Ihrem Partner etwas erzählen, das ein kleines bisschen peinlich ist? Probieren Sie es aus: erzählen Sie ihm bei nächster Gelegenheit etwas, das Ihnen mal passiert ist und worüber Sie wahrscheinlich beide lachen werden – vielleicht eine peinliche Situation in der Arbeit, eine frühere Sexpanne oder ein missglücktes Date? Je öfter Sie so etwas tun, umso weniger Angst werden Sie haben, sich Ihrem Partner so zu zeigen, wie Sie wirklich sind.

Weitere mögliche Ursachen für Sprachlosigkeit in Beziehungen sind Desinteresse am anderen, Resignation, Machtkämpfe oder Trotz – also eher destruktive Motive, die oft auch in Angst oder Hilflosigkeit begründet sind. Wenn man feststellt, dass in der eigenen Beziehung Gleichgültigkeit oder Machtkämpfe an der Tagesordnung sind, sollte man sich ernsthaft fragen, ob man das verändern möchte. Und dann vor allem ehrlich darüber nachdenken, ob man es bereits ausgiebig versucht hat. Und – falls all das nichts bringt – sich schließlich auch damit auseinandersetzen, ob man die Beziehung vielleicht überhaupt nicht weiterführen will (mehr dazu ab Kapitel 7).

Ein weiterer – sehr wichtiger – Grund für Kommunikationsprobleme ist auch: Viele Menschen haben es einfach von ihren Eltern nicht gelernt, in einer Beziehung offen zu reden, Dinge anzusprechen. Vor allem Frauen beschweren sich oft darüber, dass Männer zu wenig reden. Auch das hat meiner Meinung nach damit zu tun, dass Männer es noch viel weniger beigebracht bekommen haben, sich mitzuteilen, mit Gefühlen umzugehen.

Nicht zuletzt ist die Kommunikation in Liebesbeziehungen besonders schwierig, weil wir in einer Paarbeziehung auch immer mit anerzogenen und gebildeten Mustern aus unserer Kindheit konfrontiert werden. So haben wir – metaphorisch gesehen – dann plötzlich Mama, Papa und die Schwiegereltern mit im Ehebett sitzen und fechten mit unserem Partner Kämpfe aus, die im Grunde mit ihm nichts zu tun haben.

Zum Schluss noch ein anderer Aspekt: Gute, wichtige Gespräche brauchen auch einen gewissen Rahmen. Manchmal ist man einfach müde und hat deshalb keine Lust und keine Kraft, sich auf eine anspruchsvolle Kommunikation einzulassen. Wenn das in Ihrer Beziehung oft einem oder beiden Partnern so gehen sollte, ist es sicher sinnvoll, sich regelmäßig für Gespräche zu verabreden, Gewohnheiten und Rituale zu schaffen, die Zeit zu zweit ermöglichen.

Und wie ging es weiter mit der Kommunikationsflaute?

ZURÜCK zu Richard und Manuela

Sie erinnern sich an unser Fallbeispiel am Anfang des Kapitels:

Richard und Manuela waren in einen Sumpf des Schwei – gens geraten, weil keiner von beiden willig oder in der Lage war, den ersten Schritt zu tun, um die Kommunikation in der Beziehung zu verbessern. Ein großes Streitthema, dass sehr deutlich zeigte, wie sehr beide aneinander vorbeiredeten, war Manuelas Berufstätigkeit: Richard hatte Manuela immer wieder ermutigt, zu arbeiten. Vor allem, weil er gern Zeit mit den Kindern verbringen wollte, am Familienleben interessiert war und Manuela darin unterstützen wollte, sich auch beruflich weiterzuentwickeln. Kurz: Richard verkörperte den Traum vieler Ehefrauen! Leider nicht Manuelas Traum: Sie wollte gern versorgt werden – hatte sie als älteste von drei Schwestern doch schon zeitig für andere sorgen müssen. Insgeheim war sie deshalb wütend auf Richard, der sie dazu drängte und offenbar nicht bereit war, seinerseits dafür zu sorgen, dass sie „nur“ Ehefrau und Mutter sein konnte. Aber darüber sprachen sie nicht miteinander … während Manuelas Leidensdruck wuchs.

Aber wieso wurde nie geredet? Richard meint: „Wir sind halt so in den Alltag reingerutscht. Wenn ich nach Hause kam, saß die Familie schon vor dem Fernseher oder es war immer ein Kind dabei und ich wollte nicht Konfliktthemen vor ihnen besprechen. Abends im Bett wollte ich dann auch keinen Stress machen und verschob es auf den nächsten Tag, an dem natürlich auch wieder irgendwas war. Und so zog sich das dahin und versickerte. Die Themen waren dann auch kaum noch akut. Es ging einfach den Bach runter. Wir schwiegen uns meist nur noch an und bewältigten den Alltag.“

Wahrgenommen hat Richard das erst, als Manuela einen Seitensprung hatte und ihm davon berichtete. Superverständnisvoll reagierte er darauf – mit großer Betroffenheit und mit einer Entschuldigung seinerseits! Dafür, dass er sie mit seinem Verhalten in diese Situation gebracht hatte. Sein Anteil an Manuelas Seitensprung wurde ihm sofort klar und er übernahm die Verantwortung dafür.

In der Therapie wurde Manuela und Richard schnell klar, dass beide einige Fehler gemacht hatten. Sie beschlossen, gemeinsam an ihrer Kommunikation zu arbeiten.

Sie haben es in der Hand, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen

Wir alle sind schnell dabei, uns hinter dem anderen zu verstecken: „Mein Partner sollte“, „mein Partner müsste“, „mein Partner soll nicht“ … Haben Sie sich schon einmal vor Augen gehalten, wie viele Forderungen wir im Grunde an andere Menschen haben? An unsere Mitmenschen, Kinder, Freunde, Kollegen, Eltern – und besonders an unseren Partner? Ich finde das erschreckend. Und Enttäuschungen sind so vorprogrammiert. Oder wie geht es Ihnen, wenn jemand an Sie Erwartungen stellt? „Du solltest“, „du musst“, „du darfst nicht“ – das kennen wir doch alles zur Genüge schon aus unserer Kindheit. Niemand lebt gern von Erwartungen getrieben.

Am besten ist es deshalb, mehr von sich selbst zu erwarten, sich selbst in die Verantwortung für sein eigenes Leben zu nehmen. Es wird oft gesagt, dennoch beherzigen es nur wenige Menschen wirklich: Nur wer zuerst sich selbst liebt, kann von anderen geliebt werden und auch andere lieben. Nur wer seine eigenen Bedürfnisse wahrnimmt und entsprechend handelt, gibt anderen die Möglichkeit, in eine gleichberechtigte, reife Beziehung mit ihm zu gehen. Nur wer seine Bedürfnisse und Wünsche klar kommuniziert, kann von anderen verstanden werden und ein Ja oder Nein bekommen. Wer dagegen selbst nicht weiß, was er eigentlich möchte, oder das, was er sich wünscht, verklausuliert und als Rätsel an die Umwelt abgibt, der kann zwar kein Nein bekommen – und damit ein Risiko vermeiden. Aber ein Ja bekommt er ganz sicher auch nicht.

Der Sexualtherapeut Ulrich Clement beschreibt es ebenfalls so:1