Bewegung wirkt Wunder - Björn Witt - E-Book

Bewegung wirkt Wunder E-Book

Björn Witt

5,0

Beschreibung

Als Allergiker, Neurodermitis- und Asthmakranker erfahre ich im Alter von 23 Jahren, dass meine Lunge so geschädigt ist, dass ich meine Rente nicht mehr erleben werde. Zwei Jahre später stelle ich entsetzt fest, nicht einmal mehr 300 Meter joggen zu können und fange bald darauf an, um mein Leben zu laufen. Es beginnt ein Kampf um jeden Meter, der nach achtzehn Jahren seinen Höhepunkt findet - in einem 100-Kilometer-Marathon, den ich bis zum Ziel laufe. Mit meinem Buch möchte ich anderen Mut machen, an sich zu glauben und für die eigenen Ziele zu kämpfen. Autobiographisch berichte ich über meine abenteuerliche Selbsterfahrungs- und Genesungsreise. Beispielsweise darüber, wie ich mit meiner Höhenangst die Zugspitze besteige; wie ich bei einem Wattlauf an der Nordsee von der Flut überrascht werde; wie es mir gelang, alte negative Glaubenssätze aufzulösen und durch neue, positive zu ersetzten; wie ich dadurch einen grandiosen Heilungsprozess anstieß und Allergie, Neurodermitis und Asthma fast verschwanden.

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Buch

Als Allergiker, Neurodermitis- und Asthmakranker erfahre ich im Alter von 23 Jahren, dass meine Lunge so geschädigt ist, dass ich meine Rente nicht mehr erleben werde. Zwei Jahre später stelle ich entsetzt fest, nicht einmal mehr 300 Meter joggen zu können und fange bald darauf an, um mein Leben zu laufen. Es beginnt ein Kampf um jeden Meter, der nach 18 Jahren seinen Höhepunkt findet – in einem 100-Kilometer-Marathon, den ich bis zum Ziel laufe. Mit meinem Buch möchte ich anderen Mut machen, an sich zu glauben und für die eigenen Ziele zu kämpfen. Autobiographisch berichte ich über meine abenteuerliche Selbsterfahrungs- und Genesungsreise. Beispielsweise darüber, wie ich mit meiner Höhenangst die Zugspitze besteige; wie ich bei einem Wattlauf an der Nordsee von der Flut überrascht werde; wie es mir gelang, alte negative Glaubenssätze aufzulösen und durch neue, positive zu ersetzten; wie ich dadurch einen grandiosen Heilungsprozess anstieß und Allergie, Neurodermitis und Asthma fast verschwanden.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Meine Kindheit

Der erste Lauf 1997

Die Laufstrecke wird ausgebaut

Der erste Halbmarathon

Mein erster Marathon

Weitere Läufe 1999

Cyclassics Radrennen Hamburg 2000

Nach Bayern 2003

Mountainbike-Rennen Garmisch Partenkirchen 2008

Rad-Tour Via Claudia Augusta 2009

Sandra & Björn 2011

Wattwanderung von Duhnen nach Neuwerk und zurück

Guts-Muths-Rennsteiglauf Supermarathon 2013

Zugspitzwanderung mit Hindernissen

Motivation zum Laufen

Die Bieler Lauftage 2015

Nachtläufe und andere Katastrophen

Meditative Erlebnisse beim Joggen

Nachwort

Danksagung

Für Sandra,

meinen Engel,

meine Freundin und Frau.

Danke für Deine Geduld und Liebe.

Dein Björn

Vorwort

von Brigitte & Sebastian Seidl-Lichtenberg – Deutsche Heilerschule

Genesung durch Bewegung – Das großartige Abenteuer des Björn Witt

Wer wagt sich schon aus freien Stücken daran, die klassische Medizin in Frage zu stellen und aus eigenem Antrieb heraus neue Welten zu erkunden. Wer wagt sich daran, seine eigenen Begrenzungen und Ängste zu überwinden und im wahrsten Sinne des Wortes einen Hindernislauf zu beginnen? Zugegeben, es gibt ein großes Interesse an der Kraft des eigenen inneren Willens und der Macht des Geistes, aber so ganz genau wollen es auf praktischem Wege dann doch nur die wenigsten wissen. Sobald nämlich klar wird, dass es sich um persönliche Sabotageprogramme und eine beschränkte Wahrnehmung der eigenen Realität handelt, immer wieder vermischt mit dem Druck der vorherrschenden Gesinnung der Allgemeinheit, bleibt zwar die Faszination vorerst erhalten, aber die Mühe, sich mit allen Einzelheiten beschäftigen zu müssen, schreckt häufig bald ab. Den inneren Schweinehund zu überwinden fällt schließlich schwer, und man versteckt sich nur allzu gerne hinter dem Gedanken, dass man es so genau gar nicht wissen kann.

Da macht sich jemand auf und erkundet auf eigene Faust, auf eine ganz spezielle Art und Weise, die eigene innere Lebenseinstellung und hinterfragt die Fundamente der klassischen Medizin, um das Bild des eigenen Lebensweges in allen Facetten und Nuancen neu zu entwerfen. Zur Veranschaulichung benutzt dieser unermüdliche Entdecker und Reflektierer eine eigene bildhafte Sprache und sehr geniale, aus seiner unmittelbaren Lebensumwelt gegriffene, Beispiele. Und das Bezauberndste ist, es ist alles angemessen und richtig! Björn Witt legt hier ein Werk vor, mit dem er seine über lange Jahre erworbenen Erfahrungen mit anderen teilt. »Bewegung wirkt Wunder« ist eine höchst heilsame, weil sehr amüsante und zugleich bemerkenswert geistreiche Reise durch das Leben des expandierenden Geistes und Bewusstseins eines Menschen, der versucht, die Welt im Inneren zu verstehen und über sich hinauszuwachsen. Bei jeder Zeile hat man den Eindruck, direkt bei jedem Schritt und Lauf seines Lebens dabei zu sein. Das eigene Universum wird hier zur Laufbahn, die eigene Überzeugung zum Marathon und selbst vor schwierigsten Widrigkeiten auf dem Zweirad wird nicht haltgemacht. Dem Autor ist hier etwas gelungen, zu dem wir ihm nur voller Respekt gratulieren können.

Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dass die Kraft und Begeisterung, welche in jedem Kapitel zum Ausdruck kommt, auch in Ihnen den unerschütterlichen Glauben an sich selbst wecken kann, das scheinbar Unmögliche zu erreichen.

Danke für die Hingabe, Liebe und die Erkenntnis, was es bedeutet, wenn man seine Ziele auch unter widrigen Umständen verfolgt.

Brigitte & Sebastian (Gründer der Deutschen Heilerschule)

1 Meine Kindheit

Björn 31.01.1972

„Das Leben ist wunderbar! Gib dem Wunder eine Chance!“

Am 31.01.1972, nach einer stundenlangen Geburt, erblicke ich, Björn Witt, in Hamburg die Welt und werde mit einem freundlichen Klaps auf den Hintern begrüßt. „Hallo du schöne Welt.“ Es stellen sich vor: Holger und Ursula meine Eltern, Thorsten mein großer Bruder sowie Steffi unsere Pudel-Dame.

Nach den ersten gesundheitlichen Untersuchungen ist das erste Ergebnis nicht ganz optimal. Ich leide an Bronchial-Asthma und Neurodermitis, später kommen noch einige Allergien dazu. Das fängt ja gut an, das haben sich meine Eltern anders vorgestellt mit mir. Was soll’s, machen wir das Beste daraus und überhaupt, schließlich bin ich davon abgesehen ja ein super tolles Wunschkind.

Durch meine gesundheitlichen Schwächen werde ich im Kindergarten und später in der Schule oft besonders behandelt von den Lehrern. Es wird sogar überlegt, mich vom Sport zu befreien. Es gibt viele Tage, wo ich wegen Atemnot zu Hause bleibe. Meine Haut ist oft vom Juckreiz blutig gekratzt, besonders im Frühjahr durch den Pollenstaub. Dazu noch Tierhaar- Allergie. Wo mich doch jedes Tier mit Haaren magisch anzieht und ich unseren Hund von Herzen liebe. Meine Mutter hat dazu noch ein Pferd, von dem ich mich lieber fernhalte. Alles nicht so einfach.

Wir leben auf dem Land in einem kleinen Dorf mit dem Namen „Seeth-Ekholt“ in Schleswig Holstein, auf dem flachen Land hinter der Elbe, wo Nord- und Ostsee nicht weit entfernt sind. Gleich nebenan in der Nachbarschaft gibt es einen kleinen Bauernhof, der natürlich eine gewisse Anziehungskraft auf mich ausübt. Leider bin ich gegen fast alles auf diesem Bauernhof allergisch, was mich allerdings nicht davon abhalten kann, immer wieder hin zu gehen. Es führt dazu, dass ich bei der Heuernte anschließend wegen Atemnot zum Notarzt muss. Verboten haben meine Eltern es mir zum Glück nie, zum Bauern zu gehen.

Die Krankheitstage wirken sich auf meine Schulleistungen recht negativ aus. So darf ich die sechste Klasse zweimal machen. Schule ist in meinem Leben keine Lieblingsbeschäftigung von mir, sie ist für mich sogar oft eine tägliche Bestrafung. Immer wieder muss man irgendetwas für die Lehrer lernen, damit sie einem gute Noten geben. Eine Arbeit schreiben – wenn ich das schon höre, bekomme ich Angstgefühle – das Ganze noch unter Zeitdruck. Wo bleibt da der Spaß am Leben? Wir sind doch Kinder und sollten spielen und nicht erleben, wie man uns mit Zuckerbrot und Peitsche etwas beibringen will. Spielerisch mit Freude und Lachen, das wäre doch was. Also geht meine Leistung rauf und runter, je nach meinem Interesse am Thema. Würde es ein Fach wie „Mofa-Frisieren“ geben, könnte ich in diesem Fach lauter Einser schreiben.

Björn 1982

Es ist eine Erlösung, mit 15 Jahren endlich das Fahrrad gegen ein Mofa einzutauschen und so schnell wie möglich ohne Anstrengung durch die Landschaft zu düsen. Gerade auf dem Land, wo alles so weit auseinander liegt. Sogar die 20 Kilometer nach Hamburg zur Oma sind mit dem Mofa jetzt möglich. Es ist ein großartiges Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Schnell lerne ich alles über das Mofa-Tuning. Damit verbringe ich mit meinen Freunden viel Zeit, um miteinander in Hochgeschwindigkeit als Mofa-Gang die Gegend unsicher zu machen.

Meine gesundheitlichen Probleme versuche ich vor anderen Menschen zu verbergen. Es ist mir unangenehm, krank zu sein. Ein Gefühl von Schwäche. Doch ich will stark sein und ringe oft als Widerstandskämpfer und Raufbold für meine Anerkennung, um so meine Schwächen zu überspielen.

Trotz des Asthmas bin ich im Schwimmverein ein guter Brustschwimmer und gewinne sogar einige Wettkämpfe. Später gefällt es mir, mich mit Krafttraining fit zu halten. Zu Hause mache ich regelmäßig Liegestütze, stemme Waschbetonplatten, und an den Treppenstufen im Haus werden fleißig Klimmzüge geübt. Das macht mir viel Spaß und es gibt mit der Zeit noch richtig schöne Muskeln. Ist das ein tolles Gefühl, wie ein kleiner Rambo zu sein. Später perfektioniere ich meine Kraftübungen noch mit Gewichten und Hanteln.

Mit 15 Jahren geht es regelmäßig mit meinem Freund auf dem Mofa in eine Muckibude. Zwei kleine Jungs, die sich richtig groß fühlten beim Gewichte stemmen. Ein Mann braucht schließlich Muskeln und lässt sich von niemandem etwas sagen. Ich versuchte es auch mal mit Boxen, das war dann doch zu hart für mich. Der Trainer hat mich hart rangenommen und im Ring gab es ordentlich was auf die Ohren. Ohne mich!

Die Zeit des Erwachsenwerdens

Endlich, mit 18 Jahren, kommt der Führerschein für Auto und Motorrad. Mit dem Motorrad über kurvige Straßen und Bergpässe zu fahren, ist ein so unbeschreiblich positives Gefühl von Freiheit. Jedes Wochenende fahren wir jetzt im Sommer mit Motorrädern und im Winter mit Autos irgendwohin um irgendetwas zu feiern bis der Morgen erwacht. Außer mir raucht fast jeder, oft bin ich Stundenlang in total verrauchten Räumen und Kneipen. Es gibt noch keine Rauchverbote. Leider wird mein Asthma durch diese Art von Leben eher schlechter als besser.

Ein unvergesslicher Moment in meinem Leben ist, als ein Lungenfacharzt bei mir im Alter von 23 Jahren nach ausführlichen Behandlungen sagt: „Herr Witt, Ihre Lunge ist zu über 30 Prozent nicht mehr funktionsfähig. Sie sollten lieber nicht auf Ihre Rente sparen und das Leben solange genießen, wie es noch möglich ist.“ Das ist eine Prognose, die mich wie ein Schlag trifft, und es braucht einige Zeit, bis ich wieder klar denken kann.

2 Der erste Lauf 1997

Z wei Jahre nach meiner Lungenuntersuchung habe ich eine Freundin, die regelmäßig joggt, Rennrad fährt und auch sonst recht sportlich ist. Hin und wieder begleite ich sie beim Joggen mit dem Rad. Dabei bewundere ich, wie sie während des Laufens noch normal reden kann, als würden wir spazieren gehen. Immerhin fahre ich mit dem Rad nebenher. Zwar langsam, doch ich fahre. Für mich ist Jogging eine nicht nachzuvollziehende Sportart. So etwas von langweilig und sinnlos. Die wenigen Male, wo ich es im Leben selbst ausprobierte, war mir sofort klar: mit Spaß hat das überhaupt nichts zu tun. Außerdem gibt es beim Krafttraining einen viel schöneren, muskulöseren Körper. Also braucht es kein Jogging in meinem Leben. Bei Sabine ist das erstaunlicherweise ganz anders. Für sie gehört das Joggen zu ihrem Leben. Wenn sie mal länger als drei Tage nicht joggen geht, wird sie gleich unzufrieden. Mein Problem ist, sie möchte gerne mal mit mir zusammen joggen gehen. Was ich zunächst kategorisch ablehne.

Wer Sabine kennenlernt, wird bald erfahren, dass sie nicht so schnell locker lässt. Um der Sache ein Ende zu bereiten, stehe ich kurze Zeit später im Winter mit Laufoutfit in der Wohnung, um gleich mit Sabine eine Runde joggen zu gehen. Nur mal eben 1,7 Kilometer um den Pudding laufen, völlig unspektakulär. Es ist lange Zeit her, dass ich das letzte Mal joggen war, wahrscheinlich in der Schulzeit. Da waren es sogar 10 Kilometer, die ich damals mit Ach und Krach geschafft habe.

Es geht los!

Wir starten langsam trabend in die Dunkelheit bei angenehm kühlem Wetter. Nach einigen Metern steigern wir unsere Laufgeschwindigkeit. Kein Problem, ich fühle mich gut, die ersten 50 Meter sind geschafft. Leider werden jetzt schon meine Beine bei jedem Schritt lahmer und meine Atmung tut es den Beinen gleich. Zusätzlich entsteht ein immer lauter werdender Pfeifton beim Atmen. 100 Meter, und mein Tempo lässt merklich nach, mit dem Erfolg, dabei Sabine nun vor mir herlaufen zu sehen. Fast schon gemein, wie leichtfüßig es bei ihr aussieht. 200 Meter, ich kämpfe. Alles in mir verlangt nach mehr Luft. Es gelingt mir einfach nicht, genug Luft einzuatmen. Wir erreichen die 300-Meter-Marke, und ich breche buchstäblich zusammen. Mit nach vorne gebeugtem Oberkörper stehe ich da und würde mich am liebsten auf den Boden fallen lassen vor Erschöpfung. Mein Atem pfeift und ich schnappe nach Luft, wie ein Fisch an Land. Mein Asthma-Spray hilft mir, die akute Atemnot zu lindern und in mir höre ich die Freude meines inneren Schweinehundes, der von der ganzen Aktion sowieso nicht begeistert ist. Ihm wäre es lieber gewesen, im Bett mit Sabine zu kuscheln, anstatt im Dunkeln durch die Gegend zu joggen. Am liebsten würde ich gerade im Erdboden versinken.

Sabine steht neben mir und schaut mich mitfühlend an. So eine Blamage, einfach nur grausam, dieses Gefühl. Langsam richte ich mich wieder auf und kämpfe dabei immer noch darum, wieder genug Luft in meine Lungen zu bekommen. Mein Atem beruhigt sich nur langsam wieder, während wir losgehen, um etwas später erneut in einen Laufschritt zu wechseln. Es dauert nicht lange bis mir erneut die Luft ausgeht. Sabine läuft während meines erneuten „Notstopps“ um mich herum, weil ihr angeblich kalt ist. Frieren? Ich schwitze am ganzen Körper. Mein innerer Schweinehund ist mit meinem Zustand sehr zufrieden, für ihn war es das. Er kennt mich ja gut genug. Nach einigen weiteren Laufeinheiten, mit jeweils anschließendem Gehen, kommen wir endlich wieder zu Hause an. Björn fix und fertig, Sabine topfit. Welch ein schöner Tag.

Ich bin erschüttert, erstens durch meine Erkenntnis, nicht laufen zu können, zweitens weil das Ganze vor meiner Freundin stattfindet, vor der ich doch als Held da stehen will und nicht als Niete. Mit dem Motorrad wäre das nicht passiert. Das unangenehme Ereignis beschäftigt mich gedanklich sehr. Es ist mir nicht möglich, diese kleine Runde zu laufen, in meinem noch recht jungen Alter. Seelisch wie körperlich bin ich am Boden zerstört und mache mir Gedanken über meine Zukunft? Mit 25 Jahren nicht im Stande zu sein, weiter als 300 Meter joggen zu können. Wenn es wenigstens 10 Kilometer gewesen wären, nach denen es mich zerlegt hätte, wäre es noch erträglich gewesen, aber so… Wieso ist Jogging so anstrengend für mich? Radfahren oder Kraftübungen sind doch auch kein Problem. Ich mache fast täglich eine Menge Liegestütze und sogar Klimmzüge, was die Wenigsten können. Doch Jogging ist die Hölle für mich.

Am nächsten Tag habe ich dazu noch einen Muskelkater und fühle mich krank dabei. Mein innerer Schweinehund ist froh, endlich wieder Ruhe zu haben. Er freut sich auf einen gemütlichen Tag. Doch da ist noch etwas Neues in mir. Ganz leise höre ich eine neue undeutliche innere Stimme, und die freut sich überhaupt nicht. Auch nicht auf einen ruhigen Tag. Irgendetwas Neues ist da in mir erweckt worden und gibt keine Ruhe. Meine Blamage bekomme ich auch am nächsten Tag nicht aus dem Kopf.

Erfreulicherweise geht es mir körperlich wieder besser. Zur genauen Kontrolle meines kleinen Abenteuers fahre ich die Strecke nochmal mit dem Rad ab und vermesse alles auf den Meter genau. Tatsächlich 300 Meter und nicht ein Meter weiter. Was nun Frau Huhn? So kann es nicht weitergehen mit mir. Wenn es mir jetzt schon nicht möglich ist, mehr als ein paar hundert Meter weit zu laufen, erübrigt sich der Gedanke, wie weit es dann mit 60 Jahren noch möglich ist? Eine dunkle Zukunftsaussicht. Das will ich so einfach nicht hinnehmen und breche drei Tage später abends heimlich erneut, mit einer Taschenlampe bewaffnet, auf, um die gleiche Runde zu laufen und ich schaffe es sogar ein paar Meter weiter zu joggen, bevor mir die Luft erneut ausgeht. Auch diese Runde schaffe ich mehr gehend als joggend. Ein kleiner Fortschritt ist allerdings gemacht. Das macht Hoffnung und ist allemal besser als anders herum.

Zum Entsetzen meines inneren Schweinehundes nimmt mein Plan, die Strecke irgendwann in einem Stück durchzulaufen, in dieser Nacht Gestalt an und meine neue innere Stimme freut sich dagegen über diesen Plan. Der Gedanke, irgendwann erneut mit Sabine die Strecke zu laufen und mir dabei ihr erstauntes Gesicht vorzustellen, wenn ich die Strecke durchlaufe, ist zusätzlich ein sehr guter Grund, die Sache anzugehen. Dieser Entschluss und seine Umsetzung wird mein Leben von Grund auf verändern.

Ich gebe zu meiner Verwunderung nicht auf und laufe zwei- bis dreimal die Woche soweit es mir möglich ist, um danach in eine Gehpause zu wechseln. Die Strecke, die ich joggen kann, wird immer länger und die Gehpausen immer kürzer. Mein Asthma-Spray kommt zu meiner Freude immer weniger zum Einsatz. In meiner Begeisterung über die Fortschritte trainiere ich daraufhin häufiger, was dazu führt, das gesundheitliche Probleme an meiner Achillessehne auftreten.

„Typischer Anfänger-Fehler: zu schnell, zu viel steigern.“

Das ist leider nicht die letzte Verletzung, die in der nächsten Zeit durch die Schwierigkeiten meines Körpers, sich den Anforderungen beim Laufen anzupassen, auftreten. Nachdem die Achillessehne wieder gesund ist, folgen eine Knochenhautentzündung, Knie-Schmerzen und weitere Verletzungen. Was dazu führt, dass hin und wieder für einige Tage Verletzungspausen entstehen, um danach entsetzt festzustellen, dass meine Leistung wieder gesunken ist. Ein guter Freund sagt, dass die körperliche Verbesserung beim Trainieren dreimal so lange brauche wie der Abbau des Körpers bei einer Pause. Sind das nicht tolle Aussichten? Allerdings werden meine gesundheitlichen Probleme durch die Belastung beim Laufen mit der Zeit immer weniger, da sich mein Körper der Belastung immer besser anpasst. Trotz aller Probleme schaffe ich es, nach zwei Monaten das erste Mal, die Strecke ohne Pause zu laufen. Ein wunderbares Gefühl. Ich habe es geschafft. Party!!! Jetzt bin ich ein Läufer.

Mein innerer Schweinehund ist erst einmal gezähmt, das andere in mir geweckte neue Wesen hat sich inzwischen als mein Antreiber vorgestellt, der auch nicht immer der angenehmste Begleiter ist. Um meine gesundheitliche Zukunft brauchte ich mir jetzt auch weniger Sorgen zu machen. Es geht mir durch den Laufsport merklich besser.

Mein Lauftraining ist tatsächlich vor Sabine geheim geblieben und nun freue ich mich darauf, ihr endlich zu zeigen, was ich doch für ein Stier bin. Dieses Bild hat mir in den letzten Monaten immer wieder Kraft gegeben. In meiner Fantasie zu erleben, wie ich mit Sabine die Strecke laufe und dabei bis zum Schluss glänze. Jetzt endlich steht dieser Moment kurz davor, Wirklichkeit zu werden.

Wir verabreden uns für Samstag, um die Runde erneut zu joggen. Dieses Mal muss ich allerdings Sabine überreden, die nach unserem letzten Lauf keine Lust mehr verspürt, so etwas zu wiederholen. Also starten wir zwei Monate später unseren zweiten gemeinsamen Lauf. Ich kann zwar nach einiger Zeit kaum noch reden beim Laufen, was auch nicht so wichtig ist, aber ich kann laufen, und zwar bis zum Ende. Ich fühlte mich großartig, in mir zündet ein Feuerwerk der Begeisterung. Sabine ist merklich erstaunt über meine positive Verbesserung. Vielleicht erkenne ich auch einen Hauch von Ungläubigkeit bei ihr. Für mich ist allerdings ein Traum in Erfüllung gegangen und ich schwebe auf Wolken.