Beyond Band 3: Continue? - Andrea Bottlinger - E-Book

Beyond Band 3: Continue? E-Book

Andrea Bottlinger

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Beschreibung

Dies ist die dritte Episode der Romanserie "Beyond". Die Reporterin Nina Lessing glaubt, im Tod von Juri Koslow eine interessante Story gefunden zu haben. Doch bei ihrer Recherche gerät sie schnell in ein Netz aus den Intrigen großer Konzerne. Was hat Juris ehemaliger Arbeitgeber SensAdds mit dessen Ableben zu tun? Und wie steht das alles in Zusammenhang mit dem Spiel Beyond? Über die Serie: Menschen haben in der Zukunft nur als Arbeitskräfte oder Konsumenten einen Wert. Das Spiel Beyond wird für viele eine Zuflucht vor der Realität. Man spielt es nicht daheim am Computer, sondern draußen in der echten Welt. Technische Hilfsmittel wie Glasses, Contacts und kybernetische Augen machen virtuelle Elemente sichtbar. Dann stirbt Juri Koslow, weil er einem Geheimnis auf die Spur gekommen ist, das eine Gefahr für diese letzte Zuflucht und den Rest Menschenwürde der Spieler bedeuten könnte ... Nun liegt es an Juris altem Freund Leander Dohlman und einer zusammengewürfelte Gruppe von Außenseitern, zu rekonstruieren, was Juri wusste, bevor es zu spät ist ...

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Seitenzahl: 122

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Episode 3

Continue?

Andrea Bottlinger

Digitale Originalausgabe

Beyond wird herausgegeben vom Rohde Verlag

Rohde Verlag, Auf der Heide 43, 53757 Sankt Augustin

Verleger & Redaktion: Markus Rohde

Autorin: Andrea Bottlinger

Lektorat: Christian Humberg

Covermotiv & -gestaltung: Martin Frei

Copyright © 2013 by Rohde Verlag

ISBN 978-3-95662-009-6

www.traumsphaeren.de/

www.helden-in-serie.de

www.rohde-verlag.de

Kapitel 1: Ehrlichkeit und Lügen

Es war eine armselige Demonstration. Nina wäre fast daran vorbeigegangen, während sie ein Pop-up fortwischte, das ihr die neueste Kollektion von Shoes ’n More anpries. »Memo«, murmelte sie. »Den Pop-up-Blocker neu einstellen.« Ihr Phone summte bestätigend.

Dann erst fiel ihr Blick auf das Grüppchen im Schatten des Fernsehturms von Berlin. Es waren vielleicht zehn durchnässte Gestalten, allesamt in Klamotten von Fairtrade. Wenn man bedachte, dass hinter dieser Marke längst auch ein großer Konzern stand, waren die Schilder, die die Gestalten hochhielten, pure Ironie.

KEINE MACHT DEN KONZERNEN, stand unter Plastikfolie auf einem Stück Pappe.

VIRTUELLES LEBEN IST KEIN LEBEN.

WIE LANGE WOLLEN WIR UNS NOCH VERARSCHEN LASSEN??

»Aufnahme«, wies Nina ihr Phone an. Sie nahm den Regenschirm ein Stück nach hinten, damit er nicht im Bild war, und ließ den Blick langsam über die Gruppe schweifen. Ihre Contacts sollten Gelegenheit haben, alles aufzuzeichnen. Nun zu einem guten Beginn für den Bericht. Nachdenklich tippte sie sich mit dem Zeigefinger auf die Unterlippe.

»Stumm stehen sie im Regen«, diktierte sie schließlich. »Während der hart arbeitende Teil der Bevölkerung an ihnen vorbeiströmt, auf dem Weg zur nächsten U-Bahn. Niemand hat einen Blick für sie übrig. Aber wozu auch? Ernst nehmen kann man diese Anti-AR-Bewegung kaum.«

Das klang gut, oder nicht? Im Zweifelsfall konnte sie später noch einen neuen Text einsprechen. Langsam ging sie um die Gruppe herum. Mehr Schilder kamen in Sicht.

KONSUM ≠ LEBEN.

WARUM HABT IHR GEORG GETÖTET?

Nina hielt inne. Das letzte Schild gehörte einer jungen Frau – Überbiss, dunkler Pferdeschwanz und grell orangefarbener Regenmantel.

»Machen Sie diese Leute einfach ein bisschen lächerlich«, hatte Ninas Boss gesagt. »Nichts Großes, bloß ein Füller für den Panorama-Teil, klar?«

Dennoch trugen Ninas Füße sie nun über den Platz, auf die Frau zu. Sie war nicht neugierig, nicht direkt zumindest, auf jeden Fall nicht sehr. Aber vielleicht verbarg sich hinter diesem Schild ja eine Verschwörungstheorie, die sie benutzen konnte.

»Wer ist Georg?«

Die junge Frau blinzelte, blickte Nina aus großen Augen an.

Sie mögen einen Dialog wünschen, textete Nina in Gedanken weiter, sind aber vollkommen überfordert, wenn man ihn sucht.

»Nicht antworten, Schakki«, zischte ein bärtiger Kerl neben der jungen Frau. »Die ist von der Presse, das seh ich doch. Dreht dir jedes Wort im Mund herum.«

So viel also zu der Sache mit dem Dialog.

Auf Fragen reagieren sie verstockt und sind nicht zu einem Gespräch bereit. Man fragt sich: Geht es ihnen wirklich darum, ihre Botschaft unter die Leute zu bringen, oder wollen sie sich einfach nur als etwas Besseres fühlen? Sie reiben uns das Hamsterrad unter die Nase, in dem wir ihrer Meinung nach festsitzen. Aber wollen sie uns wirklich heraushelfen? Nein. Es genügt ihnen, wenn wir uns mit unserem Leben ein wenig schlechter fühlen.

Der Boss würde zufrieden sein, genau wie ihr Konto. Und dieser bärtige Typ vielleicht auch, immerhin würde Ninas Artikel ihm Recht geben.

Nina setzte ihr bestes Lächeln auf. »Ich frage doch nur, wer Georg ist. Sicher lässt sich daraus nichts Negatives machen.« Fast glaubte sie die Lüge selbst. Das waren immer die Besten. Hätte sie während ihrer Arbeit für den Boss doch nur genauso viel über richtigen Journalismus gelernt wie übers Lügen.

»Die hat recht«, mischte sich ein zweiter Mann ein, ziemlich jung, das Gesicht voller Pickel. »Wie soll’n die Welt von Georg erfahren, wenn wir den Journalisten nicht vom ihm erzählen?«

»Sie wird die Fakten verdrehen«, brummte der Bärtige.

Nina verschränkte die Arme vor der Brust. »Harte Fakten lassen sich schwer verdrehen.«

»Sie wollen harte Fakten?«, platzte die junge Frau plötzlich heraus. »Georg war mein Bruder, und er ist tot. Erschossen von so nem beschissenen Konzernbluthund!«

Nina zog eine Augenbraue in die Höhe. Das klang nach einer astreinen Verschwörungstheorie. »Wieso denken Sie, dass es jemand von einem Konzern war?«

Der Bärtige verdrehte die Augen. »Da hast du’s, Schakki. Schon zweifelt sie an, was wir sagen.«

»Ich frage nur nach Beweisen«, verteidigte Nina sich. »Ich kann immerhin nicht kritiklos alles schreiben, was mir irgendwer erzählt.«

Der Bärtige schnaubte. »Nein, das machen Sie nur, wenn die Konzerne Ihnen was erzählen.«

»Es gibt Zeugen«, sagte Schakki leise.

»Warum sollte sie denn glauben, was irgendwelche Mindestlohnarbeiter ihr erzählen?«

Nina zuckte zusammen, als sie dem Blick des Bärtigen begegnete. Zwischen buschigen Augenbrauen und schmutzigen Wangen waren die Augen des Mannes nur noch zwei dünne Schlitze. Da hatte jemand wohl wirklich schlechte Erfahrungen gemacht. Aber wer konnte es ihm verdenken?

Als ich genauer nachhake, begegnet man mir aggressiv, ja sogar feindselig.

Immer noch lächelnd wandte sich Nina wieder Schakki zu. »Vielleicht können wir uns ja später irgendwo unterhalten, wo es etwas …« Sie warf einen kurzen Blick zu dem Bärtigen, schaute dann demonstrativ zum Himmel hinauf. »… gemütlicher ist.« Das Prasseln auf ihrem Schirm nahm zu, als wolle es die Worte unterstreichen.

»Schakki …«

Die junge Frau sah zu dem Bärtigen auf. »Es muss wirklich jemand davon erfahren. Wir können es wenigstens versuchen, oder?«

Der Mann schüttelte den Kopf. »Diese Reporter sind wie Aasgeier. Die stürzen sich auf alles, was sie bekommen können, und zerfleischen es bis zur Unkenntlichkeit.«

»Ich wär für nen Versuch«, meldete sich der picklige Junge wieder zu Wort. Neben ihm nickte eine etwas ältere Frau.

Schakki sah die beiden an, wandte sich dann wieder Nina zu. »Okay.«

Nina lächelte breiter, während sie die mordlüsternen Blicke ignorierte, die der Bärtige ihr zuwarf.

Schakkis Regenmantel tropfte auf den Boden des Cafés ganz in der Nähe des Google-Towers. Ihr Pullover trug das Fairtrade-Logo, unter dem jedes Mal ein Werbespruch erschien, wenn Nina in diese Richtung sah: Gut – billig – fair. Mindestens zwei dieser Dinge schlossen das dritte aus.

Die Anti-AR-Bewegung verweigert Glasses und Phones vollständig. Schakki hat den Werbespruch an ihrem Pullover nie deaktiviert, weil sie ihn nicht sehen kann, und ich muss ihr die Speisekarte vorlesen, die natürlich kein angesagtes Café mehr gedruckt bringt.

Nina scrollte in der Liste weiter, die auf der Tischplatte leuchtete, und seufzte dann. »Warum nimmst du nicht einfach …?« Gab es irgendetwas auf dieser Karte, das man trinken konnte, ohne damit große Konzerne zu unterstützen? »… Wasser?«

Zu ihrer Erleichterung nickte Schakki. »Aus der Leitung, bitte.«

Nina bemühte sich, nicht das Gesicht zu verziehen, als sie die Bestellung aufgab.

»Also«, sagte sie eine Weile später. Sie rührte in einem Kaffee, der sicher entweder synthetisch hergestellt oder unter Ausbeutung irgendwelcher Ureinwohner entstanden war. »Warum erzählst du mir nicht mehr über deinen Bruder und diesen Konzern-Auftragskiller? Wieso wollte ein Konzern Georg tot sehen?«

Schakki schloss beide Hände um ihr Glas. »Es ging nicht um Georg.«

Wie enttäuschend realistisch. Kein Konzern, der Georg loswerden wollte, weil er mit seiner Anti-AR-Botschaft zu viele Leute erreicht hatte? »Um wen dann?«

»Georg hat zwei Leuten geholfen. Die sind vor dem Konzern-Bluthund geflüchtet. Mehrere von den Mindestlohn-Arbeitern haben sie wegrennen sehen. Ganz hier in der Nähe. Dann gab’s nen Schuss. Später haben wir Georg gefunden, mit nem Loch in der Schläfe.« Schakkis Stimme zitterte ein wenig. Nina wartete auf Tränen, aber es kamen keine. Immerhin.

»Was waren das für Leute?«

»N Mann und ne Frau. Der Mann war groß und dünn, die Frau hatte pinke Strähnchen. Das sagen die Mindestlohnarbeiter.«

Hatte dieses Mädchen etwa selbst im Mindestlohn-Viertel Leute befragt? Gründliche Arbeit, das musste man ihr lassen. »Vielleicht waren es irgendwelche Gang-Streitigkeiten, oder sie sind einfach überfallen worden.« Gang-Streitigkeiten praktisch unter der Nase des Google-Towers? Unwahrscheinlich. Dennoch …

Schakki schüttelte heftig den Kopf. »Ich hab auch wen gefunden, der Georgs Mörder gesehen hat. Soll n ziemlich schicker Kerl in nem schicken Auto gewesen sein. Mit so nem blöden runden Hut aufm Kopf. Hat Georg erschossen und die beiden andern gezwungen, zu ihm ins Auto zu steigen.« Sie beugte sich vor. »Wenn der Kerl nicht von nem Konzern war, was war er dann?«

Nina starrte auf ihren Kaffee hinab. Was war er dann? Von irgendeiner Verbrecherorganisation? Aber es war schon sehr dreist, für Mord und Entführung extra mit dem Wagen vorzufahren. Wer so agierte, musste Leute mit ziemlich viel Einfluss hinter sich wissen. Verbrecher mit so viel Einfluss nannte man Konzernchefs …

Verdammt! Musste sie ausgerechnet bei der Recherche zu so einem harmlosen Artikel über die einzige Konzernkiller-Story stolpern, die tatsächlich plausibel klang? Sie schob ihren Kaffee von sich, ohne auch nur einen Schluck davon getrunken zu haben.

Was nun? Sie wusste, was der Boss tun würde. Aber die Kehle schnürte sich ihr zu, als sie in Schakkis große Augen blickte. Das falsche Versprechen, der Sache auf den Grund zu gehen, blieb ihr im Hals stecken.

Nina räusperte sich, starrte wieder ihre Kaffeetasse an. Vielleicht täte es dem Mädchen gut, ein paar ihrer Illusionen zu zerstören. »Ich bin jetzt mal ehrlich, okay?«

Die junge Frau nickte.

Nina holte noch einmal tief Luft und sah auf. »Dein bärtiger Freund hat recht. Ich wurde hergeschickt, um einen Artikel zu schreiben, der euch durch den Dreck zieht. Ich dachte, du erzählst mir irgendeine lächerliche Verschwörungstheorie. Aber das hast du nicht.«

Zitterte Schakkis Unterlippe stärker? Da musste sie jetzt wohl durch.

»Ich kann nichts für dich tun, verstehst du? Wir schreiben nichts Konzernkritisches. Wir wollen, dass die weiter ihre Werbung bei uns schalten. Das System ist beschissen, aber so ist es nun mal. Man schwimmt entweder mit dem Strom, oder man geht unter.« Sie schob ihren Stuhl zurück, erhob sich. »Bezahlen.« Die Summe, die kurz rechts oben in ihrem Blickfeld erschien, würde sie trotzdem auf die Spesenrechnung setzen. Sie nickte Schakki zu. »Tut mir leid.«

»Warten Sie!« Eine kalte Hand packte ihr Handgelenk. Nina hielt inne, blickte sich schnell um. Leute schauten in ihre Richtung. Wie peinlich. Und in Schakkis Augen glitzerten Tränen. Nina fluchte stumm. Sie hätte doch lieber beim Lügen bleiben sollen.

»Ich hab Geld!«

Nina holte bereits Luft, um die fünfzig Neo-Euro abzulehnen, die ihr wahrscheinlich gleich angeboten wurden, aber Schakki sprach schnell weiter.

»Sie können nachgucken, was auf den Überwachungsvideos drauf ist, oder? Ich schau manchmal heimlich Nachrichten. Die zeigen oft Aufnahmen. Sie können das nachgucken, oder?«

Das war nicht gerade der Bestechungsversuch, mit dem Nina gerechnet hatte. Sie schüttelte den Kopf. »Dafür muss man einen Antrag stellen.«

Sie wollte sich losmachen, aber Schakki packte fester zu. »Dann stellen Sie so nen Antrag. Ich geb Ihnen Geld für das Video.«

Eine Lüge wäre eindeutig die bessere Lösung gewesen. Nina seufzte. »So viel hast du nicht.«

»Reichen tausend Neo-Euro?«

Für einen Augenblick stand Nina der Mund offen. Dann setzte sie sich wieder an den Tisch.

Kapitel 2: Auf alten Spuren

Von: Anita Gruber <[email protected]>An: Nina Lessing <[email protected]>

Sehr geehrte Frau Nina Lessing,

wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Antrag (Antragsnummer A38-45987) auf Einsicht der Aufnahmen von Kamera 10115.003 Berlin Mitte für den 04.09. abgelehnt wurde. Derzeit besteht kein Bedarf an einer Berichterstattung über die Geschehnisse an dem genannten Ort zu dem genannten Zeitpunkt.

Mit freundlichen Grüßen,Anita GruberPressestelle Bundeskriminalamt

++++Sicherheitskameras von Hansen Security – Uns entgeht nichts++++

Nina starrte die Mail an, die über ihrem Schreibtisch schwebte. Derzeit besteht kein Bedarf an einer Berichterstattung.Ihr Finger krallten sich um die Schreibtischkante. Wie praktisch, wenn man die Presse auf alles hetzen konnte, was einem nicht gefiel, sie sich aber brav an die Leine legen ließ, sobald es einem passte. »Beschissenes System« beschrieb die ganze Sache nicht mal annähernd.

Da ging sie hin, die Chance, einmal einer Sache tatsächlich auf den Grund zu gehen und ein Geheimnis aufzudecken, anstatt Halbwahrheiten und Lügen zu verbreiten – und damit auch noch tausend Neo-Euro zu verdienen.

Schakki hatte in diesem Café beim Google-Tower ein uraltes Smartphone aus der Tasche gezogen, eines dieser Klötze, die länger waren als ihre Hand. Dann hatte sie eine Überweisung angewiesen. 500 Neo-Euro auf Ninas Konto. Nina hatte den Geldeingang mehrmals überprüft, bevor sie es glauben konnte.

»Von meiner Oma«, hatte das Mädchen gesagt. »Für den Führerschein. Aber den mach ich eh nicht. Die Autokonzerne sind die allerschlimmsten. Wissen Sie, wie viele chinesische Fabrikarbeiter im letzten Jahr Selbstmord begangen haben?«

Nina wusste es nicht und wollte es gar nicht wissen. »Ich melde mich, wenn ich etwas habe«, hatte sie nur gesagt.

Aber sie hatte nichts, abgesehen von dieser Mail, die sie mit einem Hund verwechselte, dem man »aus« und »Platz« befehlen konnte.

Nina schob das Kinn vor. Diesmal nicht. Diesmal winkte ein ganzes Monatsgehalt jenseits des Systems.

Was auch immer Georg zugestoßen ist, einflussreiche Personen sind offensichtlich daran interessiert, es geheim zu halten. Doch die Wahrheit findet immer einen Weg!

Klang das zu abgedroschen? Aber wozu sich darüber Gedanken machen? Schakki bezahlte nur für das Video.

»Tastatur«, wies Nina ihr Phone an. »MyTube aufrufen.«

Wie gut, dass man nach Datum und Ort suchen konnte. So viele Videos konnten rings um den Google-Tower, dem Alexanderplatz und das dahinter liegende Viertel der Mindestlohnarbeiter an einem Tag nicht online gestellt worden sein, oder?

Fünfzig. Nina seufzte, als sie die Zahl der Suchergebnisse sah.

Sie begann ganz oben. Ein Kätzchen, das auf höchst niedliche Weise von einem Stuhl fiel. Jemand, der Tischtennisbälle über verschiedene Abpralltechniken in Pappbecher beförderte. Ein Video mit Schminktipps. Ein Beyond-Video, in dem jemand seine Battlebeasts einen Tanz aufführen ließ. Ein schlechter Striptease in irgendeinem Schlafzimmer, im Hintergrund die Bügelwäsche. Eine Anleitung, wie man mithilfe von Kenncodes virtuelle Tattoos schuf. Und dann …

Total! Krasser!! Unfall!!1 Nähe Alexanderplatz — Blood + Death.

Ein Unfall? Dennoch tippte Nina auf den vor ihr schwebenden Titel.

Und sie sah einen Unfall. Einen tödlichen mit Fahrerflucht. Oder?

Sie kniff die Augen zusammen. Was war denn mit dem Kennzeichen des Autos los? Von dem Trick hatte sie gehört, ihn bisher aber noch nie gesehen. Doch die weiße Fläche, wo eigentlich Buchstaben und Zahlen sein sollten, war bestimmt kein Zufall. Sie ließ das Video noch einmal laufen. Ein schickes Auto, hatte Schakki gesagt. Der weiße Seat Ikarus war ohne Zweifel schick. Und er machte wirklich keinerlei Anstalten zu bremsen. Eher gab er sogar noch Gas.

Zwei Morde in derselben Gegend am selben Tag?

»Erneut abspielen.«

Wieder zogen die virtuellen Palmen im vierten Stock des Google-Towers an ihr vorbei. Erst kam der Drache, der wahrscheinlich aus Beyond stammte, dann der Kameraschwenk über die Straße.

»Anhalten!«

Ninas Herz schlug schneller. Sie deutete auf einen bestimmten Bildausschnitt. »Vergrößern.«

Dort stand er, ein wenig verschwommen, aber ansonsten gut erkennbar. Neben der Tür zu einer dieser Beyond