Beyond the pale - Svea Lundberg - E-Book

Beyond the pale E-Book

Svea Lundberg

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Liebe heilt alle Wunden – doch was ist dann mit denen, deren Wunden sich niemals schließen? Hatten wir einfach nicht genug geliebt? Das wollte ich ganz sicher nicht glauben.« Im Privaten hat Rizzo mit Liam und Keith sein Glück gefunden. Als Dragqueen Mandy Licious erobert er die Bühnen der Welt und auch seine Karriere als Exklusivdarsteller des Labels CC Cocks ist auf ihrem Höhepunkt. Vor und auch hinter der Kamera weiß Rizzo sehr genau, was er möchte – und was nicht. Niemals hätte er damit gerechnet, dass ein einzelnes Erlebnis mit einem seiner Co-Darsteller alles in Frage stellen könnte, was er als sicher erachtet hat. Beruflich, aber auch privat. Ausgerechnet Keith, seinen Fels in der Brandung, kann Rizzo nach diesem traumatischen Erlebnis nicht mehr an sich heranlassen – worunter auch Liam leidet. Mit ihm könnte sich alles so leicht anfühlen, wäre da nicht die Angst, ihre Beziehung zu dritt könnte letztlich an dem Erlebten zerbrechen. Denn was bleibt, wenn Liebe allein eben nicht alle Wunden heilen kann?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 688

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Svea Lundberg

F****ing real – Beyond the pale

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2022

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© KONSTANTIN_SHISHKIN – shutterstock.com

© azure1 – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-520-6

ISBN 978-3-96089-521-3 (epub)

Inhalt

»Liebe heilt alle Wunden – doch was ist dann mit denen, deren Wunden sich niemals schließen? Wurden sie einfach nicht genug geliebt? Das wollte ich ganz sicher nicht glauben.«

Im Privaten hat Rizzo mit Liam und Keith sein Glück gefunden. Als Dragqueen Mandy Licious erobert er die Bühnen der Welt und auch seine Karriere als Exklusivdarsteller des Labels CC Cocks ist auf ihrem Höhepunkt. Vor und auch hinter der Kamera weiß Rizzo sehr genau, was er möchte – und was nicht. Niemals hätte er damit gerechnet, dass ein einzelnes Erlebnis mit einem seiner Co-Darsteller alles in Frage stellen könnte, was er als sicher erachtet hat. Beruflich, aber auch privat.

Ausgerechnet Keith, seinen Fels in der Brandung, kann Rizzo nach diesem traumatischen Erlebnis nicht mehr an sich heranlassen – worunter auch Liam leidet. Mit ihm könnte sich alles so leicht anfühlen, wäre da nicht die Angst, ihre Beziehung zu dritt könnte letztlich an dem Erlebten zerbrechen. Denn was bleibt, wenn Liebe allein eben nicht alle Wunden heilen kann?

~~~~~

Bei diesem Roman handelt es sich um einen losen Nachfolger zu »Beyond reproach«, dem 2. Band der »F***ing real«-Reihe. Die Handlung ist jeweils in sich abgeschlossen, dennoch empfiehlt es sich, zunächst Band 2 zu lesen, um die Protagonisten kennenzulernen. Außerdem könnte es hilfreich sein, die Bonusstory »Beyond comparison«, die CC Cocks Poolparty, vorab zu lesen.

Dieser Roman spielt in Teilen zeitgleich zu Band 3, »Beyond price«. Da Band 3 andere Protagonisten hat, muss dieser Band jedoch nicht vorab gelesen werden.

Band 5 der Reihe, der im Herbst 2022 erscheinen wird, spielt wieder unabhängig von den Vorgängerbänden und ihr lernt dort neue Protagonisten kennen.

Vorwort inklusive Triggerwarnung

Liebe Leser*innen,

dieser Roman behandelt eine sensible Thematik, die bei Menschen, die Ähnliches erlebt haben, negative Gefühl auslösen kann. Daher möchte ich euch bitten, vorab dieses Vorwort durchzulesen.

Innerhalb der Romanhandlung werden sexueller Missbrauch und in diesem Zusammenhang auch Victim blaming thematisiert. Wenn ihr das gar nicht oder aktuell nicht lesen möchtet, könnt ihr euch mit mir gemeinsam auf Band 5 der Reihe freuen, der ebenfalls noch in diesem Jahr erscheinen wird.

Allen, die diese Geschichte trotz des sensiblen Themas lesen möchten, will ich Folgendes mit auf den Weg geben: Ich habe lange überlegt, ob ich diese Thematik aufgreifen soll. Dafür entschieden habe ich mich letztlich, weil ich es wichtig finde, gerade im Kontext der Pornoindustrie zu verdeutlichen, dass Sexworker*in zu sein, niemals bedeuten darf, nicht mehr frei über den eigenen Körper entscheiden zu können. Ein Nein ist immer ein Nein – ganz gleich, aus welchem Mund es kommt.

In diesen Roman sind verschiedene Erfahrungen von Betroffenen eingeflossen, außerdem habe ich Sensitivity Reader und eine Psychologin hinzugezogen. Dennoch kann es sein, dass es Leser*innen gibt, die sich in der Art, wie diese Geschichte erzählt wird, nicht wiederfinden. Sie ist fiktiv und hat nicht den geringsten Anspruch auf Allgemeingültigkeit. In meinen Büchern versuche ich, individuelle Lebensrealitäten von (fiktiven) Menschen darzustellen, die auch Fehler machen können. Als wichtig empfinde ich es, diese Fehler aufzuzeigen und zu hinterfragen.

Des Weiteren spielt die Geschichte in den USA und gerade in Hinblick auf Therapiemöglichkeiten und das Rechtssystem herrschen dort deutliche Unterschiede zu Deutschland.

Nun wünsche ich euch – trotz der schweren Thematik – schöne Lesestunden. Ich verspreche euch, dieser Roman hat auch seine ›cosy moments‹ und – dieser Spoiler muss sein – wie für die Reihe üblich ein Happy End.

Alles Liebe

Eure Svea

Prolog – Jayson

~~~ Februar 2020 ~~~

Mandy Licious war wunderschön.

Wenn sie sich auf der Bühne präsentierte, wenn sie tanzte und die Lippen in perfekter Synchronizität zur Musik bewegte, lag ihr das Publikum regelrecht zu Füßen – und sie liebte es. Sie badete in den bewundernden Blicken und im Jubel der Menschen, sie genoss jede Sekunde der Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde.

So war es immer gewesen.

Seit Rizzo zum ersten Mal in Drag auf der Bühne gestanden hatte, war da dieses Funkeln in seinen –  in Mandys –  Augen gewesen, das ihn von da an bei jeder Show begleitete.

Bei jeder. Bis heute.

Während die Leute um mich herum klatschten und johlten und Mandy zuriefen, wie absolut fantastisch sie war, blieb ihr Blick unberührt. Mandy lächelte und tanzte und sang und sah so atemberaubend aus wie immer, aber das Strahlen, das stets von ganz tief innen kam, suchte ich vergebens. Stattdessen war da eine Härte in ihrem Blick, ein winziger Hauch von etwas in ihrer Miene, das ich wohl sah, aber nicht zu fassen bekam.

Ich war mir sicher, dass es niemandem außer mir auffiel. Aber auch niemand außer mir hatte Rizzo vorhin gehalten. An keiner anderen Schulter hatte er geweint, seine Hände waren unter kein anderes Shirt geglitten, auf der fast gierigen Suche nach Nähe.

›Was ist los mit dir, Sunny?‹

Ich bewegte die Lippen stumm, ebenso wie Mandy es tat. Sie performte Dua Lipas ›Physical‹ und sie tat es mit einer Energie, mit einer eleganten Sinnlichkeit, die den ganzen riesigen Raum füllte, die die Menschen einnahm. Nur sie selbst, nur Mandy, wirkte dabei leer auf mich.

Was, zur Hölle, war es, das Rizzo so dringend zu verbergen versuchte? Selbst vor mir. Selbst in meinen Armen. Von Liam und Keith ganz zu schweigen.

Der letzte Takt verklang. In einer energischen und gleichsam grazilen Bewegung reckte Mandy sich in ihre Endpose. Der ganze Körper bis ins letzte Glied gestreckt, von den Finger- bis in die Zehenspitzen eine sinnliche Linie, verharrte sie noch sekundenlang. Die an einen Herzschlag erinnernden letzten Töne des Liedes wurden vom tosenden Applaus des Publikums verschlungen. Die Leute jubelten, nur ich stand still. Sah atemlos zu Mandy empor. Im Bühnenlicht hob und senkte sich ihr Brustkorb in einem raschen Stakkato. Viel zu schnell als für sie nach einer Show üblich.

Langsam löste sie die Endpose. Wartete ab, bis die Scheinwerfer, die direkt auf die Bühne gerichtet waren, erloschen. Dann erst ging sie von der Bühne. Perfekt aufgerichtet auf ihren Highheels, jeder Schritt voller Präzision und doch …

Hätte ich Rizzo nicht wenige Stunden zuvor in meinen Armen gehalten und gespürt, wie seine Tränen mein Shirt durchnässten, ich hätte es ihm nicht angesehen. Doch ich hatte ihn gehalten. Ich sah es ihm an. Sah es in jeder Bewegung, in jedem Blick. Nur was?

Die Lichter blinkten auf, der DJ drehte die Musik lauter. Das Johlen der Feiernden vermischte sich mit dem Pumpen der Bässe. Hart pochte der Beat bis in meinen Brustkorb. Ich wandte mich um, bahnte mir einen Weg durch die Menge und nach hinten. Hinein in den Gang, der zu den Toiletten und weiter zu einem kleinen Privatraum des Clubs führte.

Das Anklopfen sparte ich mir. Vermutlich würde Rizzo es über die Musik, die auch hier hinten dröhnte, ohnehin nicht hören und außerdem wusste er, dass ich nach der Show zu ihm kommen würde. Ich drückte die Klinge hinunter, schob mich in den zum Schminken viel zu schlecht beleuchteten Raum. Ich sah ihn am Waschbecken stehen. Ihn. Rizzo. Das war nicht Mandy, die dort stand. Ohne Heels an den Füßen, nur mit Strumpfhose auf dem sicherlich schweinekalten Boden. Die Hände beidseitig um den Rand des Waschbeckens geklammert. Jede Körperfaser angespannt. Verspannt. Nein, der Kerl, der sich dort in Drag an das Waschbecken klammerte, sah nicht einmal nach Rizzo aus. Das war nicht mein Sunnyboy.

Was auch immer ihn heute dermaßen aus der Bahn geworfen hatte – denn bei Gott, er konnte mir nicht erzählen, dass es einfach nur ein Streit mit Keith gewesen war –, ich würde ihn auffangen. Tief durchatmend drückte ich die Tür ins Schloss und ging zu ihm. Von hinten schlang ich die Arme um ihn. Noch in dem Moment, in dem ich ihn rücklings an mich zog, spürte ich, wie er sich weiter verkrampfte. Vor Schreck, wie ich annahm.

»Hey«, raunte ich ihm ins Ohr, »bin doch nur ich.«

Was eine Beruhigung, eine so vertraute Geste zwischen uns hätte sein sollen, bewirkte nur, dass er sich vollends verkrampfte. Für einen Sekundenbruchteil nur. Schneller, als ich je hätte reagieren können, spannte er sich an, wich aus, stieß mich von sich.

»Fass mich nicht an!«

Er wirbelte zu mir herum. Fassungslos starrten wir einander in die Augen. In seinen die blanke Furcht.

»Sunnyboy …«, setzte ich an, seltsam hilflos in diesem Moment, weil mich Rizzos Reaktion vollkommen aus dem Konzept brachte. Die Art, wie er mich ansah, die Augen weit aufgerissen, nichts als Panik im Blick …

Er würde zusammenbrechen.

Ich realisierte es im nahezu selben Moment, in dem es tatsächlich geschah. Rizzo klappt regelrecht zusammen, seine Beine sackten ihm einfach weg. Ich fing ihn auf, gerade noch so. Sank mit ihm zu Boden, weil ich sein Gewicht, obwohl er so leicht war, nicht halten konnte. Gemeinsam kauerten wir auf dem Boden, der tatsächlich eiskalt war. Rizzo zitterte in meinen Armen, umso mehr, je näher ich ihn an mich zog. Ganz kurz wallte der Gedanke in mir auf, er könnte meine Nähe nicht wollen. Nicht ertragen. Doch er krallte die Finger in mein Shirt und in meine Arme. Klammerte sich an mich, als sei ich alles, woran er sich jemals wieder würde festhalten können.

Dann begann er zu schluchzen. Gequälte Laute, die nahe an Schreien, aber doch zu leise dafür waren, halb erstickt an meiner Schulter.

»Sunnyboy«, flüsterte ich ihm zu, immer wieder. »Gott, Sunnyboy … was ist mit dir passiert …?«

Kapitel 1 – Keith

~~~ Dezember 2019 ~~~

Noch bevor ich die Tür zu meinem Appartement ganz aufgeschoben hatte, wusste ich, dass Rizzo bereits hier war. Nicht, weil mir sein Duft entgegenwehte oder ich seine Anwesenheit auf ähnlich romantische Art und Weise spürte, sondern weil die Tür gegen etwas stieß, das nicht auf den Boden dahinter gehörte. Ein Schuh. Um genau zu sein, einer von Rizzos Lederboots, wie mir ein Blick offenbarte, als ich mich vollends durch die nur halb geöffnete Tür zwängte. Der andere Schuh lag einen halben Meter weiter, ebenfalls mitten im Eingangsbereich. Offensichtlich hatte Rizzo sich die lästigen Kleidungsstücke im Gehen einfach abgestreift.

Mit einem innerlichen Augenverdrehen bückte ich mich und schob das Paar an seinen Platz im unteren Fach des Schuhregals. Meine eigenen Lederschuhe folgten ebenso wie meine Sporttasche. Während ich mich aus meinem Mantel schälte, glitt mein Blick suchend durch den Eingangsbereich, doch zu meiner Überraschung lag keine von Rizzos Jacken herum. Ich war mir fast sicher, dass ich diese im Wohnraum, achtlos über eine Stuhllehne geworfen, finden würde. Worüber ich mir noch nicht ganz im Klaren war, war, ob Rizzo seine Klamotten absichtlich herumliegen lassen hatte, in der Hoffnung, seine provozierende Unordentlichkeit würde mich veranlassen, ihn dafür zu rügen – und ein sinnliches Spiel zu beginnen. Oder ob er schlichtweg wirklich in Eile oder nur zu faul gewesen war. Beides lag bei ihm im Bereich des Möglichen.

»Rizzo?« Mit einem leisen Klappern fand der Kleiderbügel samt meiner Jacke seinen Weg an die Garderobe. Ein gedämpftes Klirren aus Richtung Küche folgte. Eine Antwort blieb jedoch aus.

Mit wenigen Schritten durchmaß ich den schmalen Eingangsbereich. Bereits als ich den Wohnraum betrat, erspähte ich Rizzo. Er lehnte rücklings am Tresen der halboffenen Küche, noch gekleidet in eine Lederjacke, die eigentlich zu dünn und zu kurz für die für Los Angeles kühlen Dezembertemperaturen war, kauend und in sein Smartphone vertieft. Der Geruch von Zimt und anderen weihnachtlichen Gewürzen, sowie die offene Verpackung auf dem Tresen verrieten, dass er sich über die letzten Gingerbread-Vorräte hergemacht hatte. Vor dem Abendessen.

»Boy …«

Als würde er grundsätzlich mehr auf diese leicht mahnende Ansprache reagieren als auf seinen Namen, sah er abrupt von seinem Smartphone auf. Der Augenblick der Überraschung wurde sogleich von einem Lächeln abgelöst. Sein Lächeln – weich, aber stets mit diesem winzigen Hauch von Provokation.

»Hey, Daddy.« Die Geste weitete sich zu einem Grinsen aus. »Ich weiß, ich weiß, ich hab meine Schuhe rumliegen lassen und ich nasche vor dem Abendessen. Tut mir leid. Ich hab so einen scheiß Kohldampf!«

Mir lag spontan eine liebevolle Rüge für seine spöttische Ausdrucksweise auf der Zunge, doch ich entschied mich für eine mir dringender erscheinende Frage: »Hast du heute noch nichts gegessen?«

»Nee«, nuschelte er an einem weiteren großen Bissen Gingerbread vorbei, »keine Zeit gehabt. Ich muss auch jetzt noch schnell ein paar Mails checken.« Wie zur Verdeutlichung hob er sein Smartphone hoch, tastete mit der anderen Hand nach der geöffneten Verpackung. »Aber ich schwöre, ich sterbe, wenn ich nichts zu essen bekomme.«

»So schnell stirbt man nicht. Und ich würde dich wirklich lieber etwas Richtiges essen sehen statt das hier.«

Ungeachtet seines durch Gingerbread im Mund halb erstickten Protests nahm ich ihm die Packung aus der Hand. Über sein Smartphone hinweg traf mich ein funkelnder Blick.

»Ich habe Auflauf mit Hühnchen vorbereitet«, ließ ich ihn wissen und drückte wie zur Besänftigung unserer beider Stimmung einen Kuss in sein Haar, als ich vollends zu ihm trat. Meine Hände fanden auf seine Schultern. Angespannt. Wohl aber eher der vielen Arbeit, mit der er sich seit Wochen – oder eigentlich bereits Monaten – zuschüttete, geschuldet als meinen Worten. Er gab einen unwilligen Laut von sich, ließ sich jedoch von mir die Lederjacke abstreifen. Darunter trug er nur einen zwar ebenfalls dünnen, aber dennoch warmen Kaschmirpullover.

»Der Auflauf steht im Kühlschrank. Muss nur noch für eine halbe Stunde in den Ofen. Wirst du das wohl überleben?«

Rizzo ließ ein theatralisches Seufzen vernehmen. »Eventuell gerade so. Aber nur wenn …« Er beendete den Satz nicht, kam mir stattdessen entgegen. Schmiegte sich an mich und reckte den Hals, ganz offensichtlich auf der Suche nach einem Kuss. Seine Lippen waren – ebenso wie sein Haar zuvor – noch kühl unter meinen, sein Atem jedoch streifte hitzig meinen Mund, als er den seinen leicht öffnete. Ich kam seiner stummen Bitte nach, küsste ihn tiefer, ehe ich mich zurückzog.

Rizzo ließ es sich nicht nehmen, betont geräuschvoll und genüsslich den Atem einzuziehen. »Mmh, frischer Männerschweiß … Keine Dusche direkt nach dem Sport?«

»Nein.« Ich drückte ihm seine Jacke in die Hand, ging an ihm vorbei in die Küche und zum Kühlschrank. »Josh hatte es eilig und ich muss mich ohnehin noch rasieren.« Beides Gründe, weshalb ich heute ein paar Minuten früher vom Squash zu Hause war als für einen Freitagabend üblich. Ich hatte ohnehin damit gerechnet, dass Josh absagen würde, weil seine gesamte Familie noch aufgrund der zurückliegenden Weihnachtstage bei ihm zu Hause war. Aber augenscheinlich hatte mein Squash-Partner unsere Sportverabredung genutzt, um dem Trubel für kurze Zeit zu entfliehen.

»Zu schade, dass ich noch Mails beantworten muss.« Rizzos Seufzen verklang im Rascheln der Alufolie. »Hab schon wieder Buchungsanfragen reinbekommen.« Was grundsätzlich gut war. Seit einigen Monaten zeigte Rizzos Karrierekurve nicht nur im Pornobusiness steil nach oben.

»2019 werde ich mit Mandy fliegen«, hatte er im vergangenen Jahr an Silvester prophezeit – und er hatte Recht behalten. Er wirbelte mit seinem Drag Alter Ego über die Bühnen der Vereinigten Staaten, von Großbritannien, Brasilien und Israel. In wenigen Tagen würde er wieder zu einer Show nach Tel Aviv reisen. Daneben drehte er nach wie vor für die CC Cocks Studios. Bereits im Januar stand die nächste Produktion in New York an.

»Dann dürfte dein Terminkalender für das erste Halbjahr 2020 bald voll sein.« Es war nicht wirklich eine Frage gewesen.

Rizzo verneinte sie dennoch. »Geht schon noch was.« Mit seiner Jacke in der Hand verschwand er im Flur, kam gleich darauf mit Smartphone und Tablet zurück. Ich schob derweil die Auflaufform in den Ofen und stellte den Timer. Als ich mich umwandte, lag Rizzo bereits bäuchlings auf dem Sofa, vertieft in seine Buchungsanfragen.

»War sehr lecker, echt.« Mit einem zufriedenen Seufzen schob Rizzo seinen Teller von sich, auf dem sich nicht einmal mehr ein Klecks Soße zeigte. Gingerbread als Vorspeise hatte ihn nicht davon abgehalten, zwei komplette Hähnchenfilets samt Gemüse und Baguette zu verputzen. »Aber weißt du, worauf ich mal wieder richtig Lust hätte? Auf Onionrings und Mozzarellasticks, am besten die vom ›The Abbeys‹.« Und so, wie ich Rizzo kannte, Unmengen von Barbecuesoße dazu.

Über den Tisch hinweg griff ich nach seinem Teller. »Wenn du schon nicht regelmäßig isst, solltest du dich wenigstens ausgewogen ernähren.«

In seine dunklen Augen trat erneut dieses Funkeln, weniger spöttisch als vielmehr verspielt. »Ja, Daddy. Vielleicht solltest du mir jeden Morgen einen Proteindrink einflößen.« Womit er ganz sicher keinen aus einer Flasche meinte …

Schnaubend erhob ich mich. »Wirst du frech?«

»Kommt drauf an … Versohlst du mir den Hintern, wenn ja?«

»Nein.« Allein schon nicht, weil er genau darauf spekulierte.

Er zog eine demonstrative Schnute, schob ebenfalls seinen Stuhl zurück und stand auf. Er griff bereits nach der Auflaufform, doch ich hielt ihn auf. »Ich mach das schon. Bist du fertig am Tablet?«

»Jaaa, zum Glück. Sicher, dass ich dir nicht helfen soll? Dann gehe ich auch noch schnell duschen.«

»Ja, lass dir Zeit.«

»Oder baden?« Es war offensichtlich, dass er mehr mit sich selbst sprach als mit mir.

»Wie gesagt: Was immer du willst.« Als ob er meine Erlaubnis benötigt hätte, nur weil wir uns in meinem Appartement befanden. Rizzo – und auch Liam – bewegten sich hier ebenso frei wie in ihrer gemeinsamen Wohnung – oder genauer: Rizzos Wohnung, in der auch Liam lebte – und wie in meinem Haus in San Francisco. Dieses Haus, bei dem ich schon seit Wochen mit dem Gedanken spielte, es zu verkaufen. Meinen beruflichen Tätigkeitsschwerpunkt hatte ich schon vor Monaten nach Los Angeles verlegt. Durch Rizzos Auftritte und Drehtermine in der halben Welt war es ohnehin schon schwer genug, Zeit zu zweit oder gar zu dritt zu verbringen. Noch dazu, seit Liam vermehrt mit dem Cheer-Squad der UCLA Bruins zu Auftritten reiste. Nicht einmal Weihnachten hatten wir alle gemeinsam verbracht.

Ich sah Rizzo nach, wie er quer durch den Wohnraum in Richtung Schlafzimmer ging, an welches das Bad angrenzte. Noch auf dem Weg zog er sich seinen Pullover über den Kopf, brachte von der kalifornischen Sonne gebräunte Haut und einen schlanken, fein definierten Rücken zum Vorschein. Über die Schulter hinweg zwinkerte er mir zu und schmunzelte, als ich ihn mit einem Kopfnicken und einem bestimmenden Blick in Richtung Badezimmer schickte.

Ich hatte nicht auf die Art des Wasserrauschens lauschen müssen, um zu wissen, dass Rizzo sich für die Badewanne entschieden hatte. Allein der Umstand, dass er bereits länger als eine halbe Stunde im Badezimmer verschwunden war, ließ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erahnen, dass er es sich im warmen Wasser und mit einer unerhörten Menge an Schaum gemütlich gemacht hatte.

Nachdem die Küche aufgeräumt war, hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt, ihm zu folgen. Ihn im heißen Wasser an und letztlich auf mich zu ziehen. Erinnerungen loderten in mir auf. Daran, wie ich ihn zum ersten Mal gefickt hatte. In der Badewanne – oder vielmehr auf dem Wannenrand – in meinem Haus in San Francisco, vor über einem Jahr. Manchmal kam es mir länger vor, manchmal, als sei es erst vor wenigen Tagen gewesen. Nach der turbulenten Anfangszeit unserer Beziehung – dieser Beziehung zu dritt mit Liam – war auf emotionaler Ebene ein wenig Ruhe eingekehrt. Nach so vielen Zweifeln zu Beginn waren wir drei uns unserer Gefühle füreinander gewiss. Wir liebten einander nicht auf dieselbe, jedoch auf eine gleichwertige Art und Weise und das nervenaufreibende Hin und Her der Anfangszeit war einer fließenden Dynamik zwischen uns gewichen. Die Art unseres Beisammenseins variierte, je nachdem, ob wir alle drei beieinander oder ich nur mit Rizzo oder Liam oder ob die beiden ohne mich waren.

Insbesondere Liam hatte genau das am Anfang verunsichert: Zu wissen, dass es zwischen mir und Rizzo so anders war als zwischen Rizzo und ihm. Dass Rizzo und mich etwas verband, das es zwischen den beiden in dieser Form nie geben würde. Doch umgekehrt gab es auch Dinge, die nur die beiden miteinander teilten, ebenso wie zwischen Liam und mir mittlerweile eine Verbindung bestand, die anders war als das, was Rizzo und mich verband. Wir waren ein großes Ganzes und doch war jede der Verbindungen innerhalb dessen individuell. Besonders. Einmalig.

Ganz sicher wäre das vergangene Weihnachtsfest anders verlaufen, hätten wir es zu dritt verbracht. Ganz sicher hätte ich Liam nicht kniend auf dem Boden vor dem Tannenbaum gevögelt, hätte er nicht darum gebettelt, dass ich ihn noch härter rannahm und weiter fickte, nachdem er bereits gekommen war. Liam war in vielerlei Hinsicht so anders als Rizzo und das selbstverständlich nicht nur beim Sex. Liam war der Engel, ohne zu brav zu sein, während Rizzo gern den Teufel herausforderte, ohne dabei gewisse Grenzen zu überschreiten. Ebenso wie ich seine Grenzen stets respektierte.

Und genau deshalb verwarf ich den Gedanken, ihm ins Badezimmer zu folgen. Hätte er mich genau jetzt bei sich haben wollen, hätte er es mir deutlicher gezeigt als nur durch einen neckenden Blick. So gern Rizzo unter Leuten war, so gern er mich herausforderte, manchmal brauchte auch er einfach ein wenig Zeit für sich.

Daher ließ ich ihn in meinem Badezimmer planschen, lauschte auf das leise Plätschern, das durch die nur angelehnten Türen drang, und machte es mir mit dem Ebook, welches ich zuletzt zu lesen begonnen hatte, auf dem Sofa bequem. Nicht ohne zuvor ein Glas Rotwein für mich und eine Cranberrysaftschorle für Rizzo bereitzustellen.

Gerade war eine weitere Leiche im Hudson River aufgetaucht, als Rizzo den Wohnraum betrat. In einen Bademantel gehüllt und – wie ich aus dem Augenwinkel sah – schon wieder mit seinem Smartphone in der Hand. Als Makler für Luxusimmobilien war es mir durchaus vertraut, mehr Arbeit als gewollt mit nach Hause zu nehmen. Doch gerade frisch der Badewanne entstiegen, sollte Rizzo nicht so unter Strom stehen, wie er es dem Anschein nach tat.

»Feierabend, Boy.« Als müsste ich meine Worte mit einer Geste untermauern, legte ich den Reader beiseite.

Rizzos Blick huschte von seinem Smartphone zu mir und zurück, kurz zögerte er, doch schließlich landete das Gerät mit einem Klappern auf dem Sideboard neben der Schlafzimmertür.

»Hast ja recht.«

»Seit wann so einsichtig?« Ich streckte eine Hand aus, um ihn neben mich aufs Sofa zu ziehen. Er verdrehte die Augen, lächelte jedoch dabei und ließ meine Neckerei unkommentiert.

»Hast du heute schon was von Liam gehört?« Bei seiner Frage nahm seine Miene sofort diese besondere Art der Weichheit an, die er nur Liam gegenüber zeigte. Mit untergeschlagenen Beinen setzte er sich neben mich.

»Wir haben in meiner Mittagspause telefoniert. Aber nur kurz, weil Malia wach geworden ist. Scheint so, als habe er es sich zur Aufgabe gemacht, bei jeder Gelegenheit nach ihr zu sehen, solange er bei seinen Eltern ist.«

Rizzo schüttelte leicht den Kopf. »Ganz der große Bruder.« Gedankenverloren spielten seine Finger am Gürtel des Bademantels. Die späte Schwangerschaft von Liams Mutter war die große Überraschung des vergangenen Sommers gewesen und nach dem ersten Schock hatte Liam sich wie verrückt auf sein kleines Geschwisterchen gefreut. Rizzo hingegen … Für ihn hatte Familie einen gänzlich anderen Stellenwert als für Liam. Notgedrungenerweise. Den Hauch eines Schattens, der über seine Miene huschte, wischte ich mit einem Streicheln mit dem Daumen an seinem Kinn entlang fort.

»Geht’s ihm gut?«

»Ich denke schon. Er meinte nur, er sei noch immer vollgefressen.«

Rizzo lachte leise. »Bestimmt hat seine Grandma wieder diesen gigantischen Pumpkinpie gemacht. Darf ich?« Bereits als er fragte, rutschte er so weit auf dem Sofa zurück, dass er sich im 90-Grad-Winkel zu mir mit dem Kopf auf meinem Oberschenkel ablegen konnte – seine liebste Position überhaupt. Innerhalb des letzten Jahres hatten er und ich schier unzählige Abende so auf dem Sofa verbracht. Mal nur wir beide, mal gemeinsam mit Liam. Oftmals endeten diese Abende auf unterschiedliche Weise gleich: mit Händen auf nackter Haut und Lippen auf eben solcher.

Auch jetzt blinzelte Rizzo unter seinen dunklen Wimpern hindurch zu mir auf, stupste mit der Nase gegen die weiche Wölbung meines Schritts und lächelte dabei, fragend und herausfordernd in einem. Ich ließ ihn zappeln, schob eine Hand in sein Haar. Eine Geste, die sowohl Zustimmung hätte sein, wie auch zu einer Abwehr hätte werden können. Ich strich durch die noch feuchten und daher im Licht der Stehlampe neben dem Sofa nahezu schwarz wirkenden Strähnen, übte sanften Druck auf seine Kopfhaut aus und erahnte das wohlige Schaudern, das durch ihn fuhr. Unter halb gesenkten Lidern ruhte sein Blick auf mir, lasziv und gleichsam aufmerksam. So fordernd und rau Rizzo in manchen Momenten auch sein konnte, er beobachtete stets genau, und gerade jetzt erschien er mir für ihn fast schon ungewöhnlich zaghaft. Nicht schüchtern – ich war mir nicht einmal sicher, ob diese Verhaltensform in seinem Repertoire jemals existiert hatte –, aber auf sinnliche Weise zurückhaltend. Lediglich mit leicht geöffneten Lippen strich er immer wieder über meinen Schwanz hinweg. Die Berührung durch den weichen Hosenstoff hindurch gedämpft und genau deshalb anheizend.

Im nahezu selben Moment, in dem ich fester in sein Haar griff, intensivierte auch Rizzo seine Mühen, mich zu verführen. Durch Stoffe hindurch ließ er mich seine Zähne spüren, die Hitze seines Mundes erahnen. Er stöhnte unterdrückt, die Stoffe verschluckten den Laut, als ich an seinem Hinterkopf zupackte, mein Becken gegen sein Gesicht drängte. Kurz nur, ehe ich ihn komplett freigab. Auf seinen Wangen zeichnete sich noch die Röte der zurückliegenden Badesession ab, sein fliegender Atem jedoch zeugte eher von innerer Hitze, als er sich halb aufrichtete, um mir direkt ins Gesicht zu sehen.

»Darf ich?«

Überrascht aufgrund seiner erneuten Nachfrage zog ich die Brauen nach oben. Nicht, dass er nicht grundsätzlich sehr hingebungsvoll beim Sex sein konnte. Nur musste man sich diese anschmiegsame Weichheit bei ihm meist hart verdienen – im wahrsten Sinne des Wortes.

»Was genau?«

Und da war es, das Zucken um seine Mundwinkel, das verriet, dass in seiner Zurückhaltung sehr wohl bewusste Berechnung mitschwang. Vermutlich weil er sehr genau wusste, dass mich genau diese Ambivalenz an ihm reizte.

»Deinen Schwanz lutschen. Bitte, Daddy, ich finde, ich hab’s mir nach diesem Tag verdient.«

Er hatte es sich dadurch, dass er arbeitete wie ein Verrückter, verdient, mich zu befriedigen? Eine interessante Logik, die mir ebenfalls ein Grinsen entlockte. Mein erneuter Griff in seine Haare war fest. Mit einer Hand in seinem Nacken zwang ich seinen Kopf ein Stück in die Tiefe, meinem Schritt entgegen, während ich mit der freien Hand an den Bund der Stoffhose griff.

»Was du dir verdient hast, entscheide ich, Boy. Fürs Erste würde ich sagen: Zeig mir, was dein Mund mir anbieten kann, dann entscheide ich, ob du bekommst, was du brauchst.«

Sein zustimmendes Seufzen folgte prompt und manifestierte sich als sehnsüchtiges Ziehen in meinem Unterleib. Gleich darauf strich sein Atem warm über meine nackte Haut, als ich mir die Stoffhose samt Unterwäsche ein Stück weit herab schob. Was Rizzo mir mit seinem Mund anbot, war alles, was ich brauchte, um in eben jenem binnen weniger Atemzüge hart zu werden. War alles, was es brauchte, um unser beider Atem merklich schwerer gehen zu lassen. Rizzo keuchte unterdrückt um meinen Schaft herum, als ich ihm diesen ein Stück weit in die Kehle schob. Kurz verkrampften sich seine Finger neben mir im Polster des Sofas, spannte sich seine Schulterlinie. Meinen Rückzug jedoch kommentierte er mit sofortigem Nachrücken. Tief nahm er meinen Schwanz in den Mund, gierig glitt er an meinem Schaft entlang, bis er schließlich nur noch die Lippen um meine Eichel geschlossen hielt, weiter an dieser saugte und lutschte.

»Magst du das?« Meine Frage, sicher nicht notwendig, aber Teil des Spiels zwischen uns.

»Mhm, ja.« Kurz entließ er meinen Schwanz, robbte ein wenig auf dem Sofa herum, sodass sein Bademantel ein Stück auseinander rutschte und mir den Blick auf einen Teil seines drahtigen Körpers, auf seinen ebenfalls erigierten Penis freigab. Doch statt ihn dort anzufassen, schob ich meine Hand von seinem Nacken aus in den Kragen seines Bademantels.

»Mund auf. Zunge raus.« Unter meinen Fingern spürte ich deutlich die erregte Gänsehaut, die über ihn kroch. Mit der freien Hand umfasste ich meinen prallen, von seinem Speichel feuchten Schwanz, rieb die Spitze über seine herausgestreckte Zunge, ließ sie dagegen schnellen. Genoss das hitzige Kribbeln, das durch meinen Schwanz bis in meine Eier zog.

»Daddy, bitte …« Seine Worte, sein Atem kribbelte auf meiner lustfeuchten, gespannten Haut. Mit einem Stöhnen in der Kehle schob ich mich erneut in seinen Mund. Tief. Bis zum Anschlag. Grollte erregt bei dem Gefühl, wie sich sein Hals um mich herum zuzog. Keuchend schnappte er nach Luft, in seinem Körper war jedoch keinerlei Spur von Abwehr, als ich ihn freigab.

»Knie dich hin.«

Er tat es sofort, streifte mir mit meiner Hilfe meine Hosen vollends vom Körper, ehe er sich über mich neigte. Sein Mund an meinen Eiern, eine Hand, die mich wichste, seinen Arsch dabei provozierend in die Luft gereckt. Ich schob den Bademantel vollends über seinen Hintern hoch und beiseite, streichelte seine schön gerundeten Backen und spürte den lustvollen Schauern in meinem Unterleib und ebenso auf seiner Haut nach.

Rizzos zutiefst zufriedenes Seufzen waberte zu mir nach oben, im nächsten Moment war mein Schwanz wieder in seinem Mund, dafür seine Hand an meinen Hoden. Er folgte sehnsüchtig jeder meiner Berührungen, als ich im Sitzen ein Stück tiefer rutschte, sodass ich den Kopf entspannt gegen die Lehne sinken lassen und ihm ein wenig breitbeiniger entgegen stoßen konnte. Nicht zu heftig. Gerade genoss ich es, ihm einen Teil der Führung zu überlassen, einfach das zu nehmen, was er gab. Geben wollte. Und ihm zur selben Zeit ebenfalls mehr zu geben.

Er zuckte leicht, als ich mit zwei Fingern zwischen seine Pobacken glitt, neckend dazwischen entlang streichelte, kam der Berührung gleich darauf entgegen. Beim nächsten Mal waren meine Finger speichelfeucht, ich übte Druck gegen die noch zusammengezogene Ringmuskulatur aus. Rizzos zustimmendes Seufzen vibrierte um meinen Schwanz herum, wurde zu einem leisen Stöhnen, als meine Fingerkuppen in ihn glitten. Nicht mit Nachdruck hineingeschoben, sondern von seinem Körper eingesogen. Mit der anderen Hand streichelte ich durch sein Haar, das inzwischen beinahe trocken und immer seidiger durch meine Finger glitt.

Mit einem weiteren genüsslichen Seufzen hob Rizzo den Kopf, behielt seine Hand jedoch an meinem Schwanz, ließ ihn dank Speichel flüssig durch seine Faust gleiten. Dabei wiegte er sich leicht vor und zurück, an meinen Fingern in ihm entlang. Ich hielt einfach nur dagegen, beobachtete ihn dabei, wie er sich immer wieder leise stöhnend auf meine Finger schob. Die Lider dabei genießerisch herabgesenkt, die Lippen leicht geöffnet, feucht glänzend.

»So ist gut, Boy«, raunte ich ihm zu, wohl wissend, dass ihn meine von Erregung kratzige Stimme zusätzlich anheizte, »mach weiter.«

In einem langen Atemzug stieß er die Luft aus, drehte den Kopf leicht, sodass wir einander direkt ansehen konnten. Stumm nur formten seine Lippen Worte, meinen Namen, eine stille Bitte.

»Was denn? So unruhig?« Im selben Moment, in dem ich ihm zuraunte, stieß ich mit zwei Fingern zu, fand diese eine Stelle in ihm, übte Druck aus. »Was brauchst du, hmm?«

Keuchend lehnte Rizzo sich nach hinten, meiner Hand entgegen, doch ich entzog sie ihm. In seine dunklen Augen trat neben dem lustvollen Glimmen dieser Hauch von Trotz. »Mir reicht das nicht«, zischte er mir entgegen. »Fick mich, Keith. Fick mich richtig.«

Ehe er seinen Worten durch Taten Nachdruck verleihen konnte, packte ich seine Handgelenke, zog seine Hände von meinem Schwanz fort und zwang sie hinter seinen Rücken. Richtete mich dabei ein Stück weit auf, sodass unsere Gesichter einander mit einem Mal ganz nahe waren.

»Du bist mir zu fordernd, Boy«, grollte ich an seinen Lippen.

Scharf atmete er ein, erst widerwillig, dann schmerzlich, als er nach meinen Lippen schnappte und ich einen Atemzug später seine Handgelenke noch fester packte. Mit einer Hand nur. Mit der anderen zog ich seinen Bademantel vorne vollends auseinander.

Gierig ließ ich meinen Blick über seinen nackten Körper schweifen, zeichnete mit einem Finger hauchzart die Linie seines Halses, seines Brustbeins, über seinen Bauch bis hinab zu seinem Unterleib nach. Meine Handkante stieß an seine Schwanzspitze. Die Berührung erzwang ein neuerliches zischendes Einatmen, Lusttropfen zeigten sich auf seiner Spitze. Ich verrieb sie mit dem Daumen – und Rizzo wimmerte leise.

»Keith … bitte.«

»Bitte, was?« Mit einem Ruck zog ich ihn auf meinen Schoß, hielt ihn jedoch so weit auf Abstand, dass wir uns nur an den Oberschenkeln berührten. Noch einmal kreiste ich zart um seine vom Vorsaft feuchte Eichel, verrieb die Spuren seiner Sehnsucht auf meinem eigenen, noch speichelbenetzten Schwanz, lenkte damit automatisch Rizzos Blick genau dorthin und registrierte das erneute Lodern in seinen Augen.

Seine Stimme jedoch war überraschend weich, als er murmelte: »Darf ich dich reiten, Daddy? Bitte.«

Zur Hölle, er wusste sehr genau, in welchen Momenten er mich auf welche Art packen konnte – ebenso wie ich ihn. Unsere kleinen Machtspiele erschöpften sich nicht in einer Daddy-Boy-Hierarchie. Kinky Sex mit Rizzo war genau deshalb so höllisch heiß, weil er sich die Augenhöhe niemals nehmen ließ.

Nur ein bisschen länger ihn noch hinhalten – und ebenso mich selbst.

»Das ist es, was du brauchst?« Ein klein wenig lockerte ich meinen Griff, was Rizzo sofort nutzte, um sich ein Stück weit nach vorne zu lehnen. Flüchtig streiften seine Lippen über meine. Ich war derjenige, der die Geste zu einem echten Kuss vertiefte.

»Ja, bitte, ich brauch das.« Er flüsterte nur, küsste meinen Mundwinkel. Grinste. Und dann: »Und ich glaube, nicht nur ich …«

Er konnte es einfach nicht lassen, selbst im anschmiegsamsten Moment zu provozieren. Ebenso wenig, wie ich es lassen konnte, ihn mit einem Ruck näher an mich zu ziehen. Genau dorthin, wo er sein wollte und wo ich ihn haben wollte: rittlings auf meinem Schoß und ich tief in ihm.

Mit einem abgrundtiefen Seufzer, aus dem nichts als Befriedigung sprach, drehte Rizzo sich auf dem Sofa liegend um, sobald ich die Wolldecke über uns beiden ausgebreitet hatte, sodass er sich an mich schmiegen und sein Gesicht an meiner Brust vergraben konnte. Sein Atem kitzelte zwischen meinen Brusthaaren hindurch und vermutlich kitzelten diese gerade auch sein Gesicht. So zumindest deutete ich sein Prusten.

Er robbte höher, während ich fest die Arme um ihn schlang, rieb seine Nase an meinem Hals. »War schön«, murmelte er gegen meine Haut, drückte sich noch ein wenig näher an mich. Ein weiteres Seufzen folgte. »Aber weißt du was?« Er wartete nicht mal zwei Sekunden, ehe er immer noch nur flüsternd hinzusetzte: »Ich vermisse Liam.«

Seine Worte lösten ein so tiefes Gefühl der Wärme in mir aus, wie es nur er und Liam gemeinsam vermochten. »Ich auch«, entgegnete ich wahrheitsgemäß und ebenfalls nur leise, setzte einen sanften Kuss auf Rizzos Stirn.

Als sei meine Zustimmung ein Signal gewesen, kam schlagartig Leben in ihn. Er wand sich aus meiner Umarmung heraus und unter der Decke hervor, sprang regelrecht vom Sofa auf. »Lass uns ihn anrufen!« Nackt, wie er war, marschierte er quer durch den Raum zum Sideboard, auf dem sein Smartphone lag. »Am besten einen Videocall.«

Amüsiert über seine plötzliche Euphorie schaffte ich es nicht ganz, meine Stimme so tadelnd wie eigentlich gewollt klingen zu lassen. »Du solltest dir erst mal was anziehen.« Immerhin hatte ich direkt nach dem Sex mit einem feuchten Handtuch dafür gesorgt, sämtliche Spuren von seinem – und meinem – Körper zu beseitigen.

»Ach was.« Noch während Rizzo zurück zum Sofa kam, startete er bereits den Videoanruf. Neben mir sitzend, ein Bein untergeschlagen, angelte er mit der freien Hand nach dem Glas mit Cranberrysaftschorle.

»Rizzo! Hey!« Liams Stimme, der freudig-aufgeregte Klang in ihr, bescherte mir ein wohliges Gefühl im Bauch und das, obwohl ich ihn weder sah, noch seine Begrüßung mir galt. Und obwohl ich am Mittag bereits mit ihm gesprochen hatte.

»Hi, Honey!«

»Voll schön, dass du dich … Himmel, Rizzo!« Liams Worte verklangen in einem Zischen. »Bist du …?«

»Nackt? Jepp. Und nicht nur ich.« Schneller als ich reagieren konnte, hatte Rizzo die Decke ein Stück tiefer gezogen und sein Smartphone gedreht. Durch die Verbindung hindurch ertönte unverständliches Gemurmel. Als Rizzo sein Smartphone noch etwas weiter drehte und sich so hinsetzte, dass wir beide auf das Display sehen konnten, waren da nur Braun- und Grünschattierungen. Liams Pullover von sehr, sehr nahem, begriff ich, als dieser sein Telefon schließlich wieder so hielt, dass wir ihn richtig sehen konnten.

»Mann, Rizzo. Meine Grandma …«

»Poppet?«, ertönte da auch schon Liams Kosename. »Ist das etwa Ricardo?«

So ungewohnt es auch war, jemanden diesen Namen für Rizzo gebrauchen zu hören, so schön war es, wie sehr Liams Großmutter ihn ins Herz geschlossen hatte – und das bereits nach dem ersten Thanksgiving, welches Rizzo im vergangenen Jahr bei Liam und dessen Eltern verbracht hatte. Ich selbst kannte Liams Familie nur flüchtig. Ab und an trafen wir uns auf einen Kaffee, wenn Liam bei mir in San Francisco war. Doch auch wenn Liams Eltern mit seiner Bisexualität recht entspannt umgingen, konnten sie nicht verhehlen, dass sie bezüglich unserer Dreierbeziehung Bedenken hatten. Der Altersunterschied zwischen mir und meinen beiden Jungs tat ein Übriges.

»Wenn das Ricardo ist, möchte ich ihn auch sprechen.«

»Mhm, nachher, Grandma«, versprach Liam über seine Schulter hinweg. Das Bild wackelte leicht. Offenbar war er aus welchem Raum auch immer geflüchtet, gerade schloss er eine Tür hinter sich, lehnte sich dann dagegen und blickte endlich direkt aufs Display. Sein Blick streift über uns hinweg. Rizzo hatte sich inzwischen wieder halb in meinen Arm gekuschelt. Liams Miene schwankte zwischen einem liebevollen Ausdruck und etwas leicht Gequältem. »Es ist unschwer zu erraten, was ihr gerade getrieben habt. Ich will nichts darüber wissen, sonst vermisse ich euch noch mehr.«

Rizzo kicherte neben mir, doch statt Liam zu necken, fragte er nur: »Wie geht’s klein Malia?«

Sofort trat ein Strahlen auf Liams Gesicht, auch wenn er ein wenig müde wirkte. »Gut. Sie ist unheimlich süß. Hält alle ordentlich auf Trab, besonders Mom. Ich versuche, zu helfen, wo es geht, aber …«, er seufzte, »ich werd dennoch morgen zurück fliegen.«

»Morgen schon?« Mit einem Mal saß Rizzo wieder kerzengerade auf dem Sofa. »Das wäre fantastisch, Honey, dann würden wir uns ja noch sehen, bevor ich nach Tel Aviv muss.«

Wirklich fantastisch wäre gewesen, wenn Liam, Rizzo und ich entweder Weihnachten oder Silvester miteinander hätten verbringen können. Dass Liam für die Weihnachtstage und etwas darüber hinaus bei seiner Familie war, war nur verständlich. Ebenso, dass für das Baby noch mehr Besuch zu viel Trubel gewesen wäre. Silvester hingegen …

»Eben darum. Wenn wir schon ausgerechnet beide eine Show am Einunddreißigsten haben, will ich dich wenigstens vorher noch sehen.«

Mir lag auf der Zunge, dass Rizzo durchaus auch erst einen Tag später nach Israel hätte fliegen können, doch ich verkniff mir jeglichen Kommentar. Dieses Thema hatten er und ich bereits hinlänglich miteinander diskutiert. Es war kein Geheimnis, dass Liam sich unheimlich gefreut hätte, hätte Rizzo bei Liams Auftritt mit seinem Cheer-Squad dabei sein können. Ebenso wie es kein Geheimnis war, dass die Show in Tel Aviv eine weitere großartige Möglichkeit für Rizzo war, mit Mandy zu fliegen. Weder Liam noch ich nahmen ihm übel, dass er sich das nicht entgehen ließ. Dennoch war ich der Meinung, dass Rizzo einen späteren Flug hätte buchen können. Nun nahm Liam also einen früheren …

»Hast du schon gebucht?«, hakte ich nach, während Rizzo sich zurück an meine Brust schmiegte, das Smartphone vor uns beiden ausgestreckt haltend.

»Nee, mache ich aber gleich, insofern Malia nicht wieder wach wird. Wobei dann eh meine Mom stillen muss … O Mann, ich sag’s euch, das ist echt verrückt, mit zwanzig plötzlich eine kleine Schwester zu haben.« Als habe besagte Schwester seine Worte gehört, ertönte im Hintergrund durch die geschlossene Tür hindurch Babygeschrei.

»Hätte ich doch nichts gesagt.« Liam grinste schief. »Ich geh mal schauen. Ich meld mich, sobald ich weiß, wann ich lande. Rizzo, willst du Grandma noch sprechen?«

»Na, auf jeden Fall.«

Geistesgegenwärtig schob ich Rizzo ein Stück von mir. Nicht, weil Liams Großmutter uns nicht zusammen sehen sollte, sondern weil ich dafür sorgen wollte, dass die Wolldecke dort war, wo sie hingehörte.

Kapitel 2 – Rizzo

Mittlerweile kam mir der Flughafen von Los Angeles beinahe wie eine Art zweites Zuhause vor. Nicht, weil es hier so besonders heimelig gewesen wäre, sondern weil ich gefühlt andauernd Zeit hier verbrachte. Meist, weil ich selbst derjenige war, der in der Welt herumflog, und manchmal, weil ich Liam abholte. So wie heute.

Ein weiterer Menschenstrom flutete durch die Sicherheitstüren und ich reckte den Hals, konnte meinen Freund jedoch nirgends entdecken. Wahrscheinlich hing sein Gepäck noch im Nirvana fest. Um mich herum drängten sich die Menschen und ich zog meinen eigenen Koffer ein Stückchen näher an mich heran.

Mein Zeitmanagement am heutigen Tag war mal wieder grandios gescheitert. Eigentlich hatte ich den Koffer längst in meinem Appartement abliefern und bei der Gelegenheit eine Kleinigkeit essen wollen. Aber die finale Anprobe meiner Outfits für Tel Aviv hatte länger gedauert als geplant. Tiffany hatte auf meinen Wunsch hin noch im letzten Moment eine Änderung an einem der Kleider vorgenommen. Jetzt war Mandy Licious’ Outfit perfekt – und ich dafür theoretisch zu spät dran. Praktisch allerdings fehlte von Liam noch immer jede Spur. Dafür knurrte mein Magen und verlangte eindeutig nach etwas ganz Bestimmtem: Onionrings!

Bei dem Gedanken daran, wie Keith die Augen verdrehen würde, musste ich unweigerlich grinsen. Seit er den Haupttätigkeitsbereich seines Immobilienbüros nach Los Angeles verlegt hatte, hatte sich mein Ernährungsplan drastisch verändert. Allein schon, weil Keith wirklich gut und vor allem wirklich gern frisch kochte. Was grundsätzlich toll war, nur manchmal überkam mich dann eben doch der Appetit auf Fastfood.

Die Gedanken an Onionrings und Mozzarellasticks und all diesen Kram wurden jedoch zumindest kurzzeitig unwichtig, als Liams dunkelblonder Schopf in der Menge auftauchte. Immer ein wenig verwuschelt, als sei er eben erst aufgestanden. Sein Blick jedoch wirkte wach, suchend sah er sich um. Das Lächeln, das breit auf seinem Gesicht erschien, als er mich erspähte, zeigte sich ebenso auf dem meinen. Mit heftig pochendem Herzen griff ich nach meinem Rollkoffer und schlängelte mich durch die anderen Menschen Liam entgegen.

»Hey, Honey.« Zeitgleich ließen wir unsere Koffer los, standen uns für den Bruchteil einer Sekunde direkt gegenüber. Für den Bruchteil eben jener Sekunde schien die Welt stillzustehen. Wow, wie kitschig. Die Menschen um uns herum waren vergessen, spätestens als ich Liam an mich zog und er meine Umarmung ebenso erwiderte. Vielleicht sogar noch ein wenig fester.

»Hey«, nuschelte er an meinem Hals, drückte die Lippen darauf und weckte so ein feines Kribbeln in meinem Nacken. »Hab dich vermisst.« Das Kribbeln sammelte sich als warmes Flattern in meinem Bauch, wurde gleich darauf jedoch – wenig romantisch – vom energischen Knurren meines Magens abgelöst.

»Ich dich auch«, raunte ich Liam ins Ohr und zog ihn noch ein wenig fester an mich. Zum unzähligsten Mal in diesem Jahr musste ich daran denken, wie erstaunlich es war, dass dieser Kerl, der in allen Punkten so gar nicht dem Bild entsprach, das ich von einer Art Traummann immer gehabt hatte, sich so unwiderruflich tief in mein Herz geschlichen hatte. Einfach nur, indem er so war, wie er nun einmal war: jung, zierlich, süß, fröhlich, lebensfroh, ein wenig verrückt – Liam. Ja, es war erstaunlich. Erstaunlich großartig.

»Ähm … lässt du mich auch wieder los?«

Grinsend tat ich genau das, fing Liams Zwinkern ein.

»Also nicht, dass es mich stören würde …«

Ungeachtet der Leute um uns herum neigte ich mich nach vorne und tupfte ihm einen Kuss auf die Lippen. Mehr würde es später geben. Zuerst einmal … »Ich hab Hunger wie blöd – und total Lust auf Onionrings. Wollen wir ins ›The Abbeys‹ gehen?«

Ich war mir ganz sicher, dass Liams Augen beim Wort Onionrings aufgeleuchtet hatten, nun jedoch zog er eine leichte Schnute. »Grundsätzlich hätte ich schon auch Hunger, aber …«, in seine Miene trat eine Mischung aus verschmitztem Schmunzeln und einem Hauch Verlegenheit, »eigentlich wäre ich jetzt erst mal gern mit dir allein.«

»Ach? Um was genau zu tun?«

Entschlossen packte Liam seinen Koffer. »Das werde ich dir hier sicher nicht erzählen. Sag mir lieber, was da drin ist. Die Outfits für Tel Aviv?«

Ich griff ebenfalls nach meinem Koffer und wandte mich um Richtung Terminalausgang. »Ja. Willst du sie sehen?«

»Unbedingt. Können wir nicht irgendwo Onionrings und was auch immer du willst mitnehmen?«

Und das ungesunde Zeug bei mir zu Hause essen, bevor oder nachdem Liam mir ausgiebig gezeigt hatte, was er gern zur Begrüßung anstellen würde? Das klang nach einem verdammt guten Plan, der glatt von mir hätte sein können.

Normalerweise hätte ich auf die Frage nach dem schönsten Moment immer zuerst an den begeisterten Applaus des Publikums nach einer gelungenen Dragshow gedacht. Jetzt gerade allerdings erschien es mir nahezu perfekt, mit Liam auf meinem Sofa zu lümmeln, – wir beide noch nackt und ein wenig benebelt von unserem eben erlebten gemeinsamen Höhepunkt –, Onionrings und Mozzarellasticks und Chicken Wings zu futtern und dabei unserer Lieblingsplaylist von Dua Lipa zu lauschen. Liam erzählte währenddessen von Malia. Eigentlich konnte ich mit Babys im Speziellen und Kindern im Allgemeinen nicht viel anfangen, aber Liam zuzuhören, wie er von seiner kleinen Schwester erzählte, weckte etwas in mir: eine seltsame Mischung aus Wärme und Wehmut. Liam als großen Bruder zu haben, wäre sicher toll. Mal abgesehen davon, dass er ein paar Jahre jünger war als ich und wir vorhin Dinge mit dem Mund am Schwanz des jeweils anderen getan hatten, die Brüder – zumindest leibliche – nicht miteinander tun sollten.

»Woran denkst du schon wieder?«

An meinem Mozzarellastick vorbei grinste ich Liam an. »Nichts, was mit kleinen Schwestern zu tun hat.«

»Mhm, kann ich mir denken.« Liam schnappte sich einen weiteren Hähnchenflügel, tunkte ihn einmal großzügig in die beigelegte Barbecuesoße. »Hast du mir eigentlich zugehört?«

»Hab jedes Wort mitbekommen.« Hatte ich wirklich, auch wenn meine Gedanken gerade abgedriftet waren. Multitasking beherrschte ich in der Regel gut.

Das schien auch Liam anzunehmen, zumindest hakte er nicht nach, was genau er als Letztes gesagt hatte. Stattdessen biss er herzhaft in den Hähnchenflügel.

»Vors-«

Im letzten Moment fing er den Klecks Barbecuesoße, der drohte, auf dem Sofapolster zu landen, mit den Fingern auf. Er kaute rasch, lutschte die Soße von seinem Finger – und warf mir dabei einen eindeutig mehrdeutigen Blick zu. Ich schnaufte leise. »Wer von uns beiden hat jetzt die unanständigen Gedanken?«

Liam zuckte nur ganz unschuldig mit den Schultern und fuhr fort, an seinem Hähnchenflügel zu knabbern. Während ich noch daran dachte, wie er vorhin meine Lusttropfen von meinen Fingern geleckt, ich ihn geküsst hatte und er anschließend mit seinem Mund zwischen meinen Beinen versunken war.

Wie um mich abzulenken, angelte ich einen Onionring aus der Pappschachtel, stoppte jedoch auf halbem Weg zu meinem Mund. Nachdenklich drehte ich den frittierten Zwiebelring zwischen den Fingern.

»Darf ich Keith zitieren? Hör auf, am Essen herumzufingern.«

Ich lachte leise, überlegte tatsächlich kurz, Liam einfach mit dem Onionring zu bewerfen, entschied mich aber zu Gunsten meines Sofas dagegen. »Ich dachte nur gerade daran, dass ich heute Morgen eine Werbemail für ziemlich schicke Cockringe bekommen habe. Vielleicht bestelle ich welche.«

Liams Augen weiteten sich, für einen Augenblick sah er ein wenig geschockt aus, ehe er schmunzelnd den Kopf schüttelte. »Und daran denkst du, weil Zwiebelringe so ungemein viel mit Penisringen zu tun haben? Ich meine, sie sind rund und … riechen manchmal etwas stre-«

»Honey!« Lachend griff ich neben mich und schleuderte eines der kleineren Sofakissen nach Liam. Glücklicherweise hatte der gerade nichts mehr zu essen in der Hand, das Flecken hätte hinterlassen können.

Er fing das Kissen, stopfte es sich in den Rücken und ließ sich in eine halb sitzende, halb liegende Position nach hinten sinken. Gewährte mir so beste Aussicht auf seinen nackten Körper. Prüfend senkte ich den Blick in seinen Schritt. Als ob ein Penis im schlaffen Zustand Auskunft über die passende Ringgröße geben könnte und als ob ich nicht ohnehin sehr genau wusste, wie sein Schwanz aussah, wenn er erigiert war. Wie er sich anfühlte und … wie sehr ich es mochte, wenn er sich regte, nur weil ich ihn ansah.

Liam bewegte sich leicht, als sei es ihm unangenehm, so von mir gemustert zu werden, und dass er dabei schon wieder ansatzweise hart wurde. Doch als ich den Blick hob, lag keinerlei Unwohlsein in seiner Miene.

»Ja, doch, könnte passen«, stellte ich mit einem Zwinkern fest und hielt wie zur Untermauerung meiner Expertise den Onionring hoch.

»Für wen? Für dich oder für mich?«

»Sowohl als auch.« Ich schob mir den Zwiebelring in den Mund, setzte kauend und mit vielsagendem Blick hinzu: »Das solltest du wissen, Honey.« Tatsächlich waren unsere beiden Schwänze nahezu gleich groß und außerdem war die Penisgröße etwas, das für mich sehr weit hinten auf der Prioritätenliste stand. Was nützte mir ein großer Schwanz, wenn der Kerl, der dranhing, nicht mit diesem umzugehen wusste? Ich hatte genug Drehs erlebt, bei denen ich mit Männern mit Prachtschwänzen ziemlich wenig Spaß, ebenso wie ich oft genug im Privaten verdammt guten Sex mit einem vergleichsweise kleinen Modell gehabt hatte.

»Na ja, du hast mir mal gesagt, bei einem Cockring wäre es wichtig, einen zu nehmen, der wirklich passt.«

»Ja, und?«

»Dann möchte ich anzweifeln, dass du und ich wirklich dieselbe Größe brauchen würden.«

»Pfff, so penibel.« Kurzerhand erhob ich mich auf die Knie und rutschte zu Liam hinüber, der wie automatisch die Beine ein Stück weit öffnete, damit ich mich zwischen sie knien konnte. Ich neigte mich weiter über ihn, stupste meine Nasenspitze neckend gegen seine. »Willst du jetzt ernsthaft nachmessen?«

»Nöö.« Von unten herauf grinste Liam mich an, stahl sich einen Kuss von meinen Lippen und nuschelte nahe an diesen: »Muss ich nicht. Ich weiß ganz genau, dass deiner hinten – also genau da, wo der Ring sitzen würde – ein bisschen dicker ist als meiner und dafür meiner etwas länger.« Als müsste er nachträglich zu vertuschen versuchen, dass er das soeben gesagt hatte, drückte Liam seine Lippen erneut auf meine. Fester dieses Mal. Er seufzte leise, als ich mit der Zungenspitze dagegen tippte und den Kuss vertiefte. Zugegeben, ich schmeckte eigentlich nur Zwiebeln und Barbecuesoße, aber das war schließlich auch lecker.

»Gut zu wissen, dass du so gut über meinen Schwanz Bescheid weißt«, neckte ich ihn, als wir den Kuss unterbrachen. Auf Liams Gesicht lag noch immer dieses leicht verlegene Grinsen, für das Keith ihn sicher tiefer in die Kissen gedrückt hätte. Letztlich konnte ich das aber auch. Mit vollem Körpergewicht – auch wenn das nicht besonders viel war – ließ ich mich auf Liam sinken. Es reichte aus, um ihn zum Japsen zu bringen.

»Rizzooo … Mann. Ist ja nicht so, als wäre dein Schwanz nicht schon eintausend Mal in meinem Mund gewesen.«

»Jaaa, das stimmt wohl«, murmelte ich und küsste ihn zum wiederholten Mal an diesem Tag. Generell hätte ich Liam andauernd küssen können, es war immer schön, und außerdem musste ich einige Tage nachholen und noch mehr auftanken, im Angesicht dessen, dass ich morgen nach Tel Aviv flog.

»Und ich glaube wirklich«, nuschelte ich an seinen Lippen, »dass ich das nächste Mal, wenn du mir einen bläst, einen Cockring tragen werde.«

In Liams Augen blitzte es leicht, eindeutig ein Funken Neugier. Auch wenn wir mittlerweile seit über einem Jahr zusammen waren und Keith und ich uns alle Mühe gaben, Liam in Hinblick auf Sex alles zu zeigen, was er mögen könnte, gab es da noch so viel zu entdecken. Nicht nur für ihn, auch für Keith und mich.

»Hab nichts dagegen«, flüsterte Liam noch, ehe er mich mit einer Hand im Nacken erneut auf seine Lippen zog. Bestimmend, wenn auch sanfter, als Keith es tun würde. Apropos Keith …

Ich löste mich von Liam und rutschte neben ihn. Wollte über ihn hinweg nach den Onionrings greifen, doch er kam mir zuvor und hielt mir ein stattliches Exemplar mit ordentlich Panade unter die Nase. »Und der wäre dann wohl für Keith.«

Lachend schnappte ich nach dem Zwiebelring und biss herzhaft hinein, als ich ihn zu fassen bekam.

»Meinst du, wir hätten vorher anrufen sollen?« Lediglich einen Häuserblock von Keiths neuen Büroräumen in West L.A. entfernt, blieb Liam mitten auf dem Bürgersteig stehen.

»Er hat mir gesagt, dass er den ganzen Nachmittag über im Büro sein wird. Keine Besichtigungstermine. Vorsicht.« Eine Blondine mit einem Hündchen, das in ihrer Handtasche saß und eher aussah wie eine frisierte Kanalratte, drückte sich an uns vorbei, gefolgt von einem Türsteher-Optik-Typen, der allerlei Shoppingtüten hinter ihr herschleppte. Mein Gott, was für ein Hollywood-Klischee.

Liam sah dem Gespann kurz nach, ehe er hinzusetzte: »Schon. Aber kann ja sein, dass er einen Kunden bei sich im Büro hat.«

»Na und? Er hat gesagt, wir können vorbeikommen.«

»Wann?«

»Immer.«

»Nein, ich meine, wann hat er das gesagt?«

»Heute Morgen, bevor er zur Arbeit los ist. Jetzt komm.«

Die Geräusche auf dem Asphalt bestätigten, dass Liam mir folgte. Mit zwei großen Schritten schloss er zu mir auf.

»Und das sagst du nicht nur so?«

»Honey!« Gespielt empört blinzelte ich ihn von der Seite an. »Das traust du mir zu?«

»Jaaa, durchaus. Ich erinnere mal nur an besagten Abend, als du behauptet hast, Keith hätte absolut nichts dagegen, dass wir schon mal ohne ihn … ähm … anfangen.«

»Hmm? Was meinst du?« Natürlich wusste ich sehr genau, wovon Liam sprach, obwohl besagter Abend schon über ein Jahr her war. Aber ich wollte es gern aus seinem Mund hören. Einfach nur, weil ich wusste, dass er darüber nicht gern in der Öffentlichkeit sprach, und es ihn doch irgendwie reizte, von mir herausgefordert zu werden. Allerdings hatte ich die Rechnung wohl ohne Liam gemacht.

»Au!« Lachend wich ich seinem sanften Boxhieb aus, allerdings zu spät, und taumelte dabei beinahe in ein weiteres Pärchen hinein – ohne Hündchen-Handtasche. »Sorry.«

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder Liam zu, der mich gespielt böse anfunkelte. »Das hast du verdient. Ich traue dir nämlich durchaus zu, dass du mich zu Keith ins Büro schleppst, obwohl er dir gesagt hat, dass er arbeiten muss. Einfach nur in der Hoffnung, dass …«, er sah sich flüchtig um und beendete seinen Satz mit gesenkter Stimme: »… Daddy dir dann zur Strafe den Hintern versohlt.«

»Während du zusiehst?«

Liam verdrehte nur die Augen, packte mich am Handgelenk und zog mich um die letzte Häuserecke herum. In ein paar Metern Entfernung konnten wir bereits das Schild sehen, das in einen Hinterhof und zu Keiths Büroräumen wies.

»Während halb L.A. zusieht«, grummelte Liam, als wir in die schmale Gasse traten, die zwischen zwei Häuserfassaden hindurch führte.

»Wir sind in einem Hinterhof«, wies ich Liam auf das Offensichtliche hin.

»Trotzdem hat das Büro an zwei Seiten bodentief verglaste Fenster.«

Das stimmte allerdings, und tatsächlich waren besagte Fenster Grund genug für mich, nicht ernsthaft auf die Idee zu kommen, mit Keith oder gar mit ihm und Liam in diesen Räumlichkeiten intim zu werden. Nicht, weil ich mich vor Public Sex scheute – dann wäre ich als Pornostar wohl falsch –, sondern weil ich auf eine Anzeige verzichten konnte und vor allem, weil das, was Liam, Keith und ich miteinander hatten, im Gegensatz zu all dem Pornokram, privat war. Intim. Nur für uns drei bestimmt.

Einem inneren Impuls folgend, der wohl aus diesen Gedanken entsprang, tastete ich nach Liams Hand und verflocht unsere Finger sanft miteinander. Aus dem Augenwinkel fing ich sein weiches Lächeln auf und musste einfach kurz stehen bleiben, um ihn zu küssen. Nicht offensiv – Öffentlichkeit und so –, aber so, dass er wusste, wie viel mir das mit ihm bedeutete.

Gemeinsam betraten wir den Innenhof und besagte bodentiefe Fenster offenbarten uns, dass Keith tatsächlich gerade einen Kunden bei sich im Büro hatte. Dieser lehnte mit dem Rücken zu uns am Schreibtisch, während Keith ihm gegenüberstand. Irgendwie eine seltsam privat wirkende Pose mit umgekehrten Rollen für ein geschäftliches Treffen, wie ich fand. Keith schien uns noch nicht bemerkt zu haben. Erst als ich die Türklinke hinunter drückte, wandte er sich uns zu, ebenso wie sein Besuch.

»Dale! Hey!« Schande über mein Haupt, dass ich ihn nicht sofort erkannt hatte.

»Hi, Sunnyboy.« Er grinste mir zu, gleich darauf wurde sein Lächeln eine Spur weicher, beinahe liebevoll. »Hi, Liam.«

»Hey!« Liam strahlte ihn an, wandte sich dann jedoch erst einmal Keith zu und ich ließ den beiden nur zu gern den Moment. Immerhin hatte ich Liam heute schon ausgiebig begrüßt und die letzten Tage und Nächte mit Keith verbracht.

Während Liam sich an Keith schmiegte und der ihn zärtlich küsste, tauschte ich einen flüchtigen Schmatzer mit Dale. »Du hier? Wo steckt deine bessere Hälfte?«

»Ich wage zu bezweifeln, dass Jay die bessere Hälfte ist«, er zwinkerte vielsagend und brachte mich damit ebenfalls zum Grinsen, »der ist heute mit Ariana unterwegs. Ich bin aber auch nicht hier, um bei unserem Makler etwas an unserem Haus zu beanstanden, sondern wegen potenzieller Immobilien für mein Studio.«

»Ach?« Ich sah zu Keith, der jedoch immer noch ganz darin vertieft schien, kleine Zärtlichkeiten mit Liam auszutauschen. »Kümmert er sich jetzt doch darum?« Eigentlich hatte Keith ausschließlich hochpreisige Wohnimmobilien in seinem Portfolio. Aber nachdem er Jay und Dale vor kurzem erst deren gemeinsames Haus vermittelt hatte, hatte er sich nun wohl doch erweichen lassen, Dale auch bei der Suche für ein neues Fotostudio in Los Angeles behilflich zu sein. Nachdem dieser sein Studio in New York aufgegeben hatte, um endlich mit Jay zusammenzuziehen.

»Ja und ich bin echt froh darüber. Keith hat mich heute Morgen angerufen und mir sogar schon ein paar Objekte vorgelegt. Vielleicht schaffen wir es noch vor Neujahr, sie zu besichtigen.«

»Ich drücke die Daumen, dass was dabei ist.«

»Warten wir’s ab«, entgegnete Dale mit einem entspannten Schulterzucken. Überhaupt wirkte er in sich ruhend. Mehr noch, seit er und Jay sich durchgerungen hatten, ihre Beziehung mit dem Kauf eines gemeinsamen Hauses auf ein nächstes Level zu heben. Ich hätte mich nicht gewundert, würden die beiden bald verkünden, dass sie ein Kind adoptieren wollten. In der Hinsicht waren die beiden echt heteronormativ – auch wenn Jay das niemals würde hören wollen. Mal abgesehen davon, dass Dale ja bereits eine leibliche Tochter hatte.

»’tschuldige, jetzt aber, hey.« Liam trat zu uns und wurde von Dale in eine kurze, aber feste Umarmung gezogen, während ich zu Keith huschte. Auch mich küsste er, wenn auch nicht so intensiv wie Liam zuvor.

»Ist Liam pünktlich gelandet? Wart ihr schon zu Hause?«

»Mhm, schon eine Weile. Und ich gestehe, wir haben eine kleine Fastfood-Orgie veranstaltet.«

Zu meiner Überraschung blieb der erwartete tadelnde Blick aus. Keith entgegnete nur schlicht: »Es ist nicht zu leugnen, ihr beide schmeckt nach Zwiebeln und Frittierfett.«

»Ups.« Von unten herauf grinste ich ihn betont unschuldig an. »Gehen wir trotzdem heute Abend essen? Wenn schon gemeinsames Weihnachten und Silvester flachfällt, könnten wir wenigstens den Abend heute ein wenig feiern.«

»Gern. Ich mache hier Schluss, sobald Dale und ich fertig sind. Was hält Liam davon?«

»Hat bestimmt nichts einzuwenden. Allerdings … ich würde gern zahlen. Immerhin bin ich derjenige, der euch an Silvester sitzen lässt.« Ich war mir nicht ganz sicher, ob der Hauch von Unwillen, der über Keiths Miene huschte, primär meinem Einwand bezüglich der zu begleichenden Essensrechnung oder der mangelnden Zeit miteinander geschuldet war. Doch so oder so, er nickte einfach nur zu einem knappen »Okay«, die erwartete Diskussion blieb aus. Zum Glück. Wir beide hatten sie schon so, so oft geführt. Einer der wenigen grundsätzlichen Streitpunkte in unserer Beziehung.

Es war nicht so, dass Keith unbedingt den Sugardaddy raushängen lassen wollte. Er wusste sehr wohl, dass man sich Zuneigung nicht erkaufen konnte, – zumindest nicht von Liam oder mir –, ebenso wenig, wie er einen von uns von sich abhängig zu machen versuchte. Es ging einfach nur darum, dass er gern für uns beide, für seine Boys, sorgen wollte – und das in jeglicher Hinsicht, emotional noch mehr als finanziell. Er wollte für uns da sein, in jeder Lebenslage. Etwas, das ich – zugegebenermaßen – manchmal nur schwer wertschätzen konnte. Zum einen, weil ich, besonders finanziell, partout auf eigenen Beinen stehen wollte, und zum anderen, weil ich eigentlich nie jemanden gehabt hatte, der sich um mich kümmerte. Wirklich kümmerte. Mit Ausnahme vielleicht von Jay. Aber das war etwas anderes, da Jay und ich … eben einfach Rizzo und Jay