Billionenspiel am Arabischen Golf - Thorben Olszewski - E-Book

Billionenspiel am Arabischen Golf E-Book

Thorben Olszewski

4,9

Beschreibung

Willkommen im Übermorgenland! Kaum eine Stadt hat in den letzten Jahren für so viel Furore gesorgt wie Dubai, mit seinen immer neuen Rekorden und Projekten, darunter das höchste Gebäude der Welt. In Jahren der Wirtschaftskrise sahen sich viele Skeptiker bestätigt, doch Dubai hat sich aus der Krise herausgearbeitet und legt wieder los. Doch auch in den anderen Emiraten und Ländern der Region entwickeln sich Städte und Staaten in rasantem Tempo. Dieses Buch kombiniert persönliche Reiseerlebnisse des Autors in arabischen Ländern mit den Fakten eines Wirtschaftswunders, zu dem es keine Parallele gibt. Der Autor ermöglicht so einen ungewohnten Einblick in eine Welt, deren Entwicklung sich auch auf viele Unternehmen in Deutschland auswirkt.

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»In the race for excellence there is no finish line.«

Mohammed bin Rashid Al Maktoum

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die arabischen Staaten der Golfregion

2.1 Die Vereinigten Arabischen Emirate

2.1.1 Dubai

2.1.2 Abu Dhabi

2.1.3 Schardscha

2.1.4 Adschman

2.1.5 Fudschaira

2.1.6 Ras al-Chaima

2.1.7 Umm al-Quwain

2.1.8 Die Oase Al-Ain

2.2 Katar

2.3 Kuwait

2.4 Bahrain

2.5 Oman

2.6 Saudi-Arabien

Die Luftschlacht um die ganze Welt

3.1 Unter der Flagge der Emirate

3.2 Der Oryx im Schatten der Falken

3.3 Der neue Falke steigt auf

3.4 Ferner flogen

The »Spirit of Dubai«

Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Kaum ein weltweiter Faktor hat sich so auf die Gemütslage vieler Deutscher ausgewirkt wie der Ölpreis, genauer gesagt der Preis für Benzin oder Diesel an der deutschen Zapfsäule, deren Literpreis dank der Kapriolen des Ölpreises immer wieder erheblich gestiegen oder gesunken ist. Der Ölpreis ist von einer Reihe von Faktoren abhängig. Im Endeffekt ist er nicht das Ergebnis eines Marktprozesses, sondern das Resultat der Verzerrung eines Marktprozesses durch Spekulanten, deren Ängste, Hoffnungen, Erwartungen und Handlungen. Nicht nur auf der Seite der Verbraucher sind diese Schwankungen ärgerlich, auch die Förderländer sind auf einen bestimmten Marktpreis angewiesen, um ihre Staatshaushalte ausgeglichen zu halten beziehungsweise an der Förderung von Erdöl überhaupt zu verdienen. Vielen Menschen ist vielleicht nicht mehr bewusst, dass vom Beginn des Ölzeitalters im Jahr 1860 bis etwa 1974 die Vereinigten Staaten von Amerika das größte Erdölförderland der Welt waren. Erst 1977 förderte Saudi-Arabien erstmals mehr Erdöl als die USA, danach verlagerte sich der Schwerpunkt der globalen Ölförderung nach und nach in den Nahen Osten, hauptsächlich in Gebiete am Persischen Golf. Diese Region blieb über Jahrzehnte führend bei der Ölgewinnung, flankiert von anderen Förderländern wie Russland, den USA, Venezuela oder Kanada. Im Jahr 2008 erreichte der Ölpreis sein Höchstniveau von 147 US-Dollar pro Barrel, befeuert von Erwartungen an einen immer weiter steigenden Verbrauch weltweit und dem Glauben an immer knapper werdende Lagerstätten. Diesem Anstieg, der allerhand kuriose Spritspartipps und -maßnahmen für Autofahrer und Fluggesellschaften mit sich brachte, folgte bald ein Abstieg auf 37 US-Dollar. Über die „Ölkrisen“ der 1970er-Jahre mit ihren autofreien Sonntagen kann man da eigentlich nur noch lachen, war doch ein „Anstieg“ des Rohölpreises von 3 auf 5 US-Dollar pro Barrel 1973 eine der wesentlichen Ursachen. Tatsächlich führte der drastische Preisanstieg des Jahres 2008 und die deutlich abnehmende Bereitschaft der amerikanischen Bevölkerung für die militärische Präsenz ihres Landes am Persischen Golf dazu, dass in den USA mit der vermehrten Anwendung der „Fracking“-Methode ein beispielloser Förderboom ausgelöst wurde. Dieser führte letztendlich dazu, dass die USA um 2014 plötzlich erstmals seit 40 Jahren wieder das größte Förderland der Welt wurden und Saudi-Arabien auf den zweiten Platz verwiesen. Danach kam es in den Jahren 2014 bis 2016 zu einem recht plötzlichen Abfall des Ölpreises von ca. 116 US-Dollar auf unter 30 US-Dollar. Was Ökonomen als »Schweinezyklus« bezeichnen konnte auch für Erdöl beobachtet werden. Durch das Fracking – in Deutschland von der breiten Öffentlichkeit bislang verteufelt und abgelehnt – erscheinen die weltweiten Lagerstätten plötzlich erheblich größer als bisher, ebenso die maximale tägliche Fördermenge. Die Erwartungen an den zukünftigen Ölverbrauch hingegen sinken eher, trotz globalem Wirtschaftswachstum. Die sich weltweit verbreitenden alternativen Energien, eine globale Renaissance der Atomkraft und die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit von Elektroautos scheinen denjenigen Recht zu geben, die sagen, dass das Ölzeitalter nicht durch das Ausgehen des Öls beendet werden wird, ebenso wie die Steinzeit auch nicht durch einem Mangel an Steinen ihr Ende gefunden hat. Gerade die neuen Elektroautos führen der Welt Alternativen zur weiteren Erdölnutzung vor Augen, vor allem seit dem der kalifornische Hersteller Tesla im Jahr 2012 mit dem Model S ein supermodernes, formschönes und absolut konkurrenzfähiges Elektroauto vorstellte. Diesem Modell, das preislich noch auf dem Niveau einer Mercedes-Benz S-Klasse ist, sollen kleinere Autos mit größeren Stückzahlen folgen. Parallel dazu baut Tesla eine Infrastruktur von Ladegeräten aus und will mit einer gigantischen Batteriefabrik die Kosten für die Akkus der Elektroautos, die gegenwärtig noch sehr hoch sind, über Skaleneffekte senken. Wie optimistisch die Erfolgsaussichten des noch kleinen Herstellers gesehen werden, lässt sich am Aktienkurs von Tesla Motors ablesen, der von 33 US-Dollar im Jahr 2013 auf über 280 US-Dollar im Jahr 2015 kletterte.

Die Kapriolen des Ölpreises ärgern jedoch nicht nur westliche Verbraucher, sie stellen auch für die Öl fördernden Länder, für die die Einnahmen aus dem Verkauf von Erdöl und Erdgas oft einen wesentlichen Teil des Staatshaushaltes darstellen, eine erhebliche Problematik dar. Der folgende Text befasst sich mit den sechs Staaten des Golf-Kooperationsrates, die alle in kleinerem oder größerem Umfang Erdöl und Erdgas exportieren und damit teilweise extrem hohe Einnahmen erzielt haben. Diese Staaten werden über kurz oder lang ihre Volkswirtschaften anpassen müssen, weg von fossilen Rohstoffen und hin zu anderen Einnahmequellen. Da es sich oft um absolute Monarchien mit relativ kleiner Bevölkerung handelt, dürfte dies erheblich einfacher sein als für große Länder. Die arabischen Staaten am Persischen Golf, die diesen ausschließlich als Arabischen Golf bezeichnen, haben mit Perlen bereits eine der Entwicklung des Erdöls vergleichbare Erfahrung gemacht. Diese wurden im Golf in den 1920er- und 1930er-Jahren zahlreich gesammelt und exportiert, was den Menschen in dieser sonst eher kargen Region eine Einnahmequelle ungeahnten Ausmaßes bescherte. Nach kurzer Zeit sorgten jedoch die Weltwirtschaftskrise sowie in Japan entwickelte künstliche Perlen für das Versiegen dieser Einnahmequelle. Mit diesem historischen Wissen und den immer noch hohen Rohstoffeinnahmen können die Lenker dieser Staaten sich nun auf die Zeit nach dem Erdöl in einer globalisierten Welt vorbereiten. Ihre Aktivitäten dabei haben auch auf die deutsche Wirtschaft erhebliche Auswirkungen: als Absatzmarkt für moderne Technikprodukte und als Konkurrenz auf globalen Märkten, etwa im Luft- und Seetransport. Die vorliegende Betrachtung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr soll sie eine Melange aus persönlichen Reiseerfahrungen, historischem Gesamtkontext und aktuellen politischen und wirtschaftlichen Beobachtungen sein. Die Forscherin Nadine Scharfenfort von der Universität Mainz nennt die Zahl von 2 Billionen US-Dollar, die in den letzten 40 Jahren von den Herrschern dieser Länder in lokale Projekte investiert wurden. Der ehemalige »Handelsblatt«-Korrespondent Michael Backfisch schreibt, dass sich gegenwärtig Investitionen für mehr als 2 Billionen US-Dollar im Bau befänden. Die genaue Zahl ist unmöglich zu ermitteln, niemand weiß was all die Flughäfen, Flugzeuge, Autos, Straßen, Brücken, Gebäude, Häfen, Schiffe, Fabriken, Industrieanlagen und künstlichen Inseln im Detail kosten. Meine persönliche Berechnung kommt allein bei allen vorhandenen und bestellten Flugzeugen zu gängigen Preisen auf mehr als eine Viertelbillion US-Dollar. Den Terminus »Billionenspiel« halte ich daher für gerechtfertigt.

2 Die arabischen Staaten der Golfregion

2.1 Die Vereinigten Arabischen Emirate

An meine erste Begegnung mit diesem faszinierenden Land kann ich mich noch sehr gut erinnern. Im Sommer des Jahres 1990 war ich fast neun Jahre alt und die Fußballweltmeisterschaft in Italien war das erste große Sportturnier, das ich bewusst verfolgte. In der Vorrunde traf der spätere Weltmeister Deutschland auf die Vereinigten Arabischen Emirate, die sich unter dem brasilianischen Weltenbummler Carlos Alberto Parreira, der bereits 1982 mit Kuwait die WM-Endrunde erreichte, und der als Trainer beziehungsweise Fitnesstrainer und mit fünf Mannschaften an insgesamt sieben Fußballweltmeisterschaften teilnahm, qualifiziert hatten. Das Spiel selbst durfte ich aufgrund der späten Anstoßzeit um 21 Uhr nicht sehen, jedoch konnten mein Bruder und ich die Jubelschreie unseres Hausmeisters hören. Anschließend rannten wir jedes Mal in die Küche, um auf dem Fernseher dort die Wiederholung des Treffers zu sehen. Bei fünf Toren für Deutschland und mindestens genauso vielen guten Chancen, bei denen manch einer den Ball schon drin sah und auch jubelte, kamen wir kaum zur Ruhe. Die Emiratis verkauften sich so gut wie möglich und erzielten kurz nach der Pause nach einer missglückten Kopfballabwehr des kleinen Berliners Thomas »Icke« Häßler sogar das zwischenzeitliche 1:2. Insgesamt war Deutschland jedoch klar überlegen und so endete das Spiel 1:5 aus Sicht der Araber. Die Emiratis hatten bereits ihr Auftaktspiel mit 0:2 gegen Kolumbien verloren und auch im dritten und letzten Gruppenspiel gegen Jugoslawien ging man mit einem 1:4 als Verlierer vom Platz. Nach drei Spielen, null Punkten und 2:11 Toren war die erste und bisher letzte Teilnahme der Vereinigten Arabischen Emirate an einer Fußballweltmeisterschaft damit nach der Vorrunde beendet.

Nicht bewusst war mir zum Zeitpunkt der Weltmeisterschaft in Italien, dass die Vereinigten Arabischen Emirate damals erst seit knapp 19 Jahren in dieser Form existierten. Die sieben einzelnen Emirate, die diese Föderation bilden, sind teilweise sehr unterschiedlich und es existieren erhebliche Rivalitäten zwischen ihnen. Wie kam es nun zur Gründung dieses Staates? Jahrhunderte lang lebten die Menschen an der Golfküste als Nomaden, Händler und Fischer. Die extremen Lebensbedingungen machten das Ansiedeln größerer Menschenmassen fast unmöglich, der Rest der Welt interessierte sich vergleichsweise wenig für dieses Binnenmeer, das früher auch als »Grünes Meer« bezeichnet wurde. Erst als die große portugiesische Seefahrernation den Weg um das Kap der Guten Hoffnung nach Indien fand, wurde der Golf plötzlich für fremde Mächte aus fernen Ländern interessant. Die portugiesische Herrschaft über den Golf wurde um 1622 von den Niederländern abgelöst, die sich dort bis 1766 hielten. Die Jahre des folgenden Machtvakuums beendeten die Briten zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als sie zur Absicherung der Handelsrouten nach Indien ihre Präsenz erhöhten. Nachdem britische Schiffe gekapert wurden, griffen ihre Kriegsschiffe im Jahr 1818 den Hafen von Ras al-Chaima an. Um 1820 schlossen die Briten den ersten von einer Reihe von Waffenstillstandsverträgen (Englisch: truce) mit den Arabern ab. Aus den Emiraten wurden auf diese Weise die »trucial states«. Im Jahr 1892 wurde dann ein offizielles britisches Protektorat gegründet, ein Jahrzehnt später entstanden erste britische Handelsniederlassungen. In den 1920er-Jahren kauften die Briten vielfach die im Golf zahlreich vorhandenen Perlen auf, es entstand eine regelrechte Perlentaucherindustrie, die den Menschen einen für damalige Verhältnisse ungewohnten Wohlstand brachte. Nach Erfindung der Zuchtperle in Japan und durch die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre versiegte die neue Einnahmequelle schnell wieder. Ende der 1940er-Jahre brach zwischen Abu Dhabi und Dubai ein bewaffneter Konflikt aus, Grenzstreitigkeiten waren der Auslöser. Den endgültigen Kompromiss über die Grenzziehung erreichten die beiden Nachbarn erst 1979.

Ein wesentlicher Einschnitt erfolgte 1968, als die britische Regierung aus innenpolitischen und finanziellen Gründen beschloss, ihre gesamte Präsenz im Nahen Osten östlich des Suez-Kanals bis 1971 aufzugeben. Für die Protektorate war dies ein schwieriger Moment, da sie kleine Staaten in einer gefährlichen Weltregion waren und die schützende Hand des Imperiums nun nicht mehr über ihnen liegen würde. Das negative Beispiel des Jemen vor Augen, dessen Entlassung in die Unabhängigkeit in Bürgerkrieg und Spaltung des Landes mündete, begannen die sieben Emirate sowie Bahrain und Katar mit den Verhandlungen über einen gemeinsamen Staat. Die Verhandlungen waren lang und schwierig, eine gerechte Machtverteilung der einzelnen Emirate im neuen Staat war nicht leicht zu bestimmen. Im Jahr 1970 wurde überlegt, den Oman in den neuen Staat miteinzubeziehen, nachdem dort der Reformer Kabus seinen Vater, der das Land weitgehend isoliert hatte, auf dem Thron abgelöst hatte. Bahrain und Katar verließen schließlich erfolglos die Verhandlungen und riefen im August beziehungsweise September 1971 jeweils einen eigenen Staat aus. Die Emirate Abu Dhabi, Dubai, Schardscha, Adschman, Umm Al-Quwain sowie Fudschaira gründeten am 2. Dezember 1971 die Vereinigten Arabischen Emirate, die wenige Tage später der Arabischen Liga und der UNO beitraten. Am 10. Februar 1972 trat schließlich auch das Emirat Ras al-Chaima dem Bund bei, nachdem erhoffte Ölvorkommen doch nicht nachgewiesen werden konnten und der Konflikt mit dem Iran über Inseln im Golf sich zuspitzte. Nach dem Verzicht des persischen Schahs auf die Insel Bahrain setzte er seine Ansprüche auf drei kleinere Inseln im Golf durch. Dies waren die zu Schardscha gehörende Insel Abu Musa sowie die beiden Tunb-Inseln, die zu Ras al-Chaima gehörten. Zwischen Schardscha und dem Iran konnte ein Vertrag ausgehandelt werden, der eine iranische Militärpräsenz auf der Insel Abu Musa gestattete, gleichzeitig aber die arabische Bevölkerung dort wohnen ließ. Zwischen Ras al-Chaima und dem Iran gab es keine Einigung, die kleine Polizeigarnison auf den Inseln schoss auf die iranischen Landungstruppen, als diese die beiden Tunb-Inseln eroberten. Der Konflikt um alle drei Inseln ist bis heute nicht gelöst und hat sich im Laufe der Jahre eher noch verschärft. Wie ernst die Angelegenheit genommen wird, zeigte sich an der Geschichte des deutschen Steinmetzes Donald Klein. Er war Ende 2005 beim Hochseeangeln von den Emiraten aus der Insel Abu Musa zu nahe gekommen und wurde deswegen vom Iran verhaftet und zu 18 Monaten Haft wegen angeblicher Spionage verurteilt. Erst nach erheblichen diplomatischen Bemühungen auf höchster deutscher Ebene wurde er im März 2007 wieder freigelassen.

Im Zuge der Staatsgründung wurde Abu Dhabis Herrscher Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan zum Staatspräsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate ernannt, dieses Amt behielt er bis zu seinem Tod im Jahr 2004 bei. Er wird bis heute in den Emiraten als Gründungsvater der Nation verehrt und ist auf zahlreichen Bildern und Plakaten zu sehen. Jedes Emirat hat eine nach ihm benannte Moschee gebaut. Im Jahr 1976 beendete er einige Grenzstreitigkeiten zwischen verschiedenen Emiraten, indem er mit seinem Rücktritt drohte. Patriotismus wird in den Emiraten sehr groß geschrieben, in Dubai sieht man im Straßenbild mehr VAE-Flaggen als USA-Flaggen in einer amerikanischen Stadt. Auch gibt es zahlreiche Plakate, oft versehen mit huldigenden Textbotschaften, auf denen einem oder mehreren der „Dreifaltigkeit“ bestehend aus dem Staatsgründer Scheich Zayed, dem Präsidenten der VAE und Herrscher von Abu Dhabi, Scheich Chalifa bin Zayed Al Nahyan, und dem Vizepräsidenten und Premierminister der VAE und Herrscher von Dubai, Scheich Mohammed bin Raschid Al Maktoum, gehuldigt wird. In jedem Eckladen kann man außerdem Anstecker und andere Fanartikel mit der Nationalflagge oder einem Herrscherporträt erwerben. Von den sieben Emiraten haben nur Dubai, Abu Dhabi und Schardscha Einnahmen aus der Förderung von Erdöl. Kleinere Emirate wie Adschman und Umm al-Quwain leben hauptsächlich vom Fischfang. Zwischen den Emiraten gibt es eine Art Länderfinanzausgleich, bei dem die reichen Emirate die eher ärmeren mit Geld unterstützen.

Während im Jahr der Staatsgründung 1971 nur 180 000 Menschen in den VAE lebten, sind es heute über 8 Millionen, davon maximal 1 Million einheimischer Staatsbürger, der Rest sind zahllose Arbeitsmigranten, die meisten davon vom indischen Subkontinent. Die Inflationsrate ist mit 8 Prozent relativ hoch, offiziell gibt es keine Arbeitslosigkeit. Gastarbeiter müssen nach Beendigung ihres Arbeitsvertrages sehr schnell das Land verlassen. Die einheimischen Staatsbürger arbeiten zu 90 Prozent im öffentlichen Dienst und kaum in der Privatwirtschaft. Im Land herrscht eine weitgehende Religionsfreiheit, in Zeitschriften werden vor allem »anstößige« Inhalt, also nackte Menschen, zensiert. Frauen haben in den VAE viele Möglichkeiten: Seit 2004 sitzen sie im Kabinett, außerdem machen sie bei Polizei und in der Justiz Karriere. Mit Mariam al-Mansuri hat es eine Frau bis zur F-16-Pilotin gebracht.

Das Militär der VAE ist vergleichsweise klein, aber hoch gerüstet. In der Vergangenheit hat es sich immer wieder an militärischen Aktionen in der Region und auch darüber hinaus beteiligt. An der Operation »Desert Storm« zur Befreiung Kuwaits im Jahr 1991 beteiligte man sich mit 1000 Soldaten. Ende der 1990er-Jahre stellten die VAE bis zu 1500 Soldaten für KFOR-Operationen im Kosovo ab. An der umstrittenen saudi-arabischen Intervention in Bahrain im Jahr 2011 beteiligten die VAE sich mit mehreren 100 Polizisten. Darüber hinaus bombardierten VAE-Flugzeuge im Jahr 2014 islamistische Milizen in Libyen, die teilweise von Katar unterstützt werden, sowie Ziele des selbst ernannten »Islamischen Staates« (IS) in Syrien und im Irak. An der saudischen Invasion im Jemen nahm man ebenfalls teil, im Mai 2016 konnte Truppen der Emirate die Stadt Mukalla erobern, die zuvor von Al Kaida-Anhängern gehalten wurde. Im Juni 2016 wurde jedoch ein Rückzug der Truppen aus dem Jemen bekannt gegeben. Militärisch stehen die VAE heute jedoch klar unter dem Schutzschirm der Vereinigten Staaten, deren 380. Air Expeditionary Wing den südlich von Abu Dhabi gelegenen Luftwaffenstützpunkt Al-Dhafra nutzt.

Zum ihrem 50. Geburtstag im Jahr 2021 planen die Vereinigten Arabischen Emirate sogar eine eigene Marsmission. Die Rakete, mit dem zusammen mit mehreren amerikanischen Universitäten entwickelten Orbiter, soll das Startfenster im Juli 2020 nutzen. Der Orbiter »Al Amal« (Hoffnung) soll dann den Roten Planeten mindestens zwei Jahre lang umkreisen und wissenschaftliche Daten zu seiner Erforschung senden.

2.1.1 Dubai

Scheinbar langsam und nur begleitet vom eher leisen Brummen seiner vier Triebwerke gleitet der Airbus A340-600 durch die dunkle Nacht. Über Rumänien, dem Schwarzen Meer und der Türkei verwehrt noch eine geschlossene Wolkendecke den Blick auf die Landschaft. Doch über dem nördlichen Irak weicht diese und gibt eine Nachtlandschaft frei. Ich sitze auf der rechten Seite hinter der Tragfläche. Plötzlich wird diese von unten von einem hellen grellorangen Licht angestrahlt. Die Quelle sehe ich erst etwa eine halbe Minute später. Auf dem Boden scheint ein permanenter Feuerball zu stehen. In Wahrheit ist es die Flamme, mit der auf einem Ölfeld oder einer Raffinerie Erdgas abgefackelt wird. Das Flugzeug setzt seinen Kurs auf den Persischen Golf fort. Die Städte wirken in der Dunkelheit grau wie verbrannte Kohle, die Straßenbeleuchtungen sehen aus der Höhe orange aus, wie ein Rest Glut. Nach einer Weile zieht steuerbords in etwa 30 Kilometern Entfernung Bagdad vorbei und wirkt wie ein riesiger runder Grill. Beim Erreichen des Persischen Golfs wird es langsam hell, die Leuchtfeuer der Ölförderung sind immer noch zu sehen, wirken aber nicht mehr so hell. Vor dem Anflug auf den Flughafen von Dubai muss der Flieger aufgrund des starken Betriebes noch mehrere Kreise fliegen. Dann beginnt endlich der Landeanflug. Ein paar Gewitterwolken ziehen in Richtung Kuwait ab. Die Skyline von Dubai ist deutlich auf der Steuerbordseite zu sehen, der Burj Khalifa ist klar zu erkennen. Der über 800 Meter hohe Wolkenkratzer ist deutlich größer als die anderen herum, wirkt vom Flugzeug aus betrachtet aber gar nicht so groß.

Nach der Landung und gefühlten 10 000 Metern Fußmarsch komme ich endlich an der Einreisekontrolle an. Dort muss ich mich fotografieren lassen. Nun kann ich davon ausgehen, dass man mich mit jeder der staatlichen Überwachungskameras identifizieren kann, wenn mein Gesicht einigermaßen klar davon erfasst wird. Nun, wenn es sich denn auf die Emirate beschränkt … Zu meiner Überraschung ist das in der Wüste knappe Wasser zu Flughafenpreisen sehr erschwinglich, eine Halbliterflasche kostet am Automaten nur 1 Dirham, also 20 Cent. In meiner Unbedarftheit bin ich an einem Freitagvormittag angekommen. In der Erwartung, Dubai sei eine Stadt, die niemals schläft, quasi das New York des 21. Jahrhunderts, hatte ich nicht damit gerechnet, dass am Freitag (dem Sonntag der islamischen Länder) vormittags keine U-Bahn fährt. Mit dieser hätte ich mein Hotel sehr bequem erreicht, nun nehme ich doch ein Taxi.

Im Hotel hole ich zunächst den nicht ausreichenden Schlaf des Nachtfluges aus München nach. Als ich wieder aufwache wird es schon langsam dunkel. Ich begebe mich auf eine erste Erkundungstour, gehe zum Creek und von dort nach Norden durch den Stadtteil Deira. Auf den ersten Blick glaubt man in einer indischen Stadt gelandet zu sein, denn im Straßenbild dominieren Menschen vom Subkontinent. Aber auch viele Asiaten, Afrikaner und Araber sind zu sehen. Die Bürgersteige sind schmal, es reiht sich ein Geschäft an das nächste, eins verkauft nur Hemden, das nächste Handtaschen, das nächste Kinderspielzeug usw. Andere Europäer sehe ich nur ca. alle 500 Meter und diese sehen meist genauso verwirrt und verloren aus wie ich. Da es in der Nacht zuvor geregnet hat, haben sich überall Pfützen gebildet. Einige davon werden noch Tage lang erhalten bleiben, aufgrund der wenigen Regentage im Jahr überlässt man die Entwässerung offenbar der Sonne.