Bis unsere Träume uns finden - oder: Schauspieler küssen anders - Sandra Regnier - E-Book
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Bis unsere Träume uns finden - oder: Schauspieler küssen anders E-Book

Sandra Regnier

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Beschreibung

Manchmal muss man nach den Sternen greifen: Der Liebesroman »Bis unsere Träume uns finden« von Bestsellerautorin Sandra Regnier als eBook bei dotbooks. Als Restaurateurin antiker Möbel verleiht Lisa alten Schätzen wieder neuen Glanz – sie selbst hält sich allerdings am liebsten im Hintergrund: dort, wo sie sich sicher fühlt, wo niemand sie erneut enttäuschen oder verletzen kann. Doch ihr neuer Auftrag führt sie an ein großes Filmset … und plötzlich scheint das Scheinwerferlicht ausgerechnet auf ihr zu liegen. Warum taucht Robert Faulkner, der ebenso charmante wie attraktive Star, immer rein zufällig dort auf, wo Lisa gerade arbeitet? Das kann nicht mehr als eine kleine Tagträumerei sein, sagt ihr Kopf … und doch spürt ihr Herz, dass jede von Roberts flüchtigen Berührungen ihre Welt in allen Farben erstrahlen lässt. Hin- und hergerissen zwischen diesen zarten Gefühlen und den Geheimnissen ihrer Vergangenheit muss Lisa schon bald alles riskieren, wenn sie nach dem Glück greifen will … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der bewegende Schicksalsroman »Bis unsere Träume uns finden« von Bestsellerautorin Sandra Regnier, auch bekannt unter dem Titel »Hollywood Dreams: Schauspieler küssen anders«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 451

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Über dieses Buch:

Als Restaurateurin antiker Möbel verleiht Lisa alten Schätzen wieder neuen Glanz – sie selbst hält sich allerdings am liebsten im Hintergrund: dort, wo sie sich sicher fühlt, wo niemand sie erneut enttäuschen oder verletzen kann. Doch ihr neuer Auftrag führt sie an ein großes Filmset … und plötzlich scheint das Scheinwerferlicht ausgerechnet auf ihr zu liegen. Warum taucht Robert Faulkner, der ebenso charmante wie attraktive Star, immer rein zufällig dort auf, wo Lisa gerade arbeitet? Das kann nicht mehr als eine kleine Tagträumerei sein, sagt ihr Kopf … und doch spürt ihr Herz, dass jede von Roberts flüchtigen Berührungen ihre Welt in allen Farben erstrahlen lässt. Hin- und hergerissen zwischen diesen zarten Gefühlen und den Geheimnissen ihrer Vergangenheit muss Lisa schon bald alles riskieren, wenn sie nach dem Glück greifen will …

Über die Autorin:

Sandra Regnier ist in der Vulkaneifel geboren und aufgewachsen. Nach der Schule und einer Ausbildung zur Beamtin wollte sie lange nach Frankreich auswandern – stattdessen heiratete sie einen Mann mit französischem Namen und blieb in der Heimat. Nach ihrer Arbeit im Tourismus übernahm sie die Leitung einer Schulbibliothek und konnte sich wieder ganz ihrer Leidenschaft widmen: den Büchern. Heute schreibt sie hauptberuflich und ist nebenher viel mit dem Fahrrad unterwegs, um Ideen zu sammeln, oder träumt beim Wandern von fantastischen Welten.

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Dieser Roman ist bereits unter dem Titel HOLLYWOOD DREAMS - SCHAUSPIELER KÜSSEN ANDERS bei dotbooks erschienen.

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Überarbeitete eBook-Neuausgabe April 2021, Juni 2022

Dieses Buch erschien bereits 2012 unter dem Titel »Schauspieler küssen anders« im Drachenmond-Verlag und 2021 unter dem Titel »Hollywood Dreams - Schauspieler küssen anders« bei dotbooks.

Copyright © der Originalausgabe 2012 Drachenmond-Verlag

Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2021, 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96655-662-0

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Sandra Regnier

Bis unsere Träume uns finden

Roman

dotbooks.

Für Franziska,

die Geschichten mochte.

Für Valentin,

der gerne Geschichten erzählte.

Und für meinen Vater Gottfried, der eine Lücke hinterlässt.

Was dunkel in dem holden Buch geblieben,

das lies in seinem Aug’ am Rand geschrieben.

Und dieses Freiers ungebundner Stand,

dies Buch der Liebe, braucht nur einen Band.

Der Fisch lebt in der See,

und doppelt teuer wird äußres Schön’

als innrer Schönheit Schleier.

Das Buch glänzt allermeist im Aug’ der Welt,

das goldne Lehr’ in goldnen Spangen hält.

So wirst du alles, was er hat, genießen,

wenn du ihn hast, ohn’ etwas einzubüßen.

Shakespeare, Romeo und Julia

Prolog

Es tat so furchtbar weh. Alles um mich herum verschwamm und wurde dann schwarz. Ich wusste, ich hatte verloren. Ich hatte das verloren, was ich am meisten ersehnt und geliebt hatte. Gab es danach überhaupt noch einen Grund, weiterzuleben? Ich fühlte wieder das Blut aus mir strömen, spürte die Schmerzen und dann das Geschrei, das zu einem Wimmern verblasste, bis es ganz verebbte.

Die Stille war am schlimmsten.

***

Robert Faulkner war der aufsteigende Stern am Himmel von Hollywood. Seit der Teenager-Komödie Boy Loves Girl, in der er die Hauptrolle des charismatischen Hugh Vincent spielte, war er zum Idol sämtlicher Mädchen zwischen elf und dreißig geworden. Sein Erscheinen löste frenetisches Kreischen aus, seine Filme wurden Kassenhits. Poster, Figuren, T-Shirts fanden reißenden Absatz. Die Paparazzi folgten ihm auf Schritt und Tritt. Zeitungen und Klatschmagazine spekulierten über seine weiblichen Begleiter und ob seine Filmpartnerin Rachel Living nicht doch mehr als nur eine Kollegin war.

Ich hatte nur die Überschriften überflogen, nie die kompletten Berichte gelesen. Was ging mich Robert Faulkner an? Er war einerseits unerreichbar fern, andererseits viel zu jung, um irgendwie interessant zu sein. Ich hatte die Dreißig nämlich schon längst überschritten.

Ich hätte mir nie träumen lassen, einmal beim Film zu landen. Diese Glitzerwelt war für mich so weit entfernt wie der Gipfel des Mount Everest.

Doch David überredete mich. David Garth war Regisseur und Produzent und seit vielen Jahren mein Kunde. Beim ersten Auftrag für Bilderrahmen zu einem Film kam noch die Set-Dekorateurin die Rahmen auswählen. Beim dritten Film war er höchstpersönlich erschienen.

Wir hatten uns auf Anhieb verstanden. Er war so nett und unkompliziert. Er wollte alles über mein kleines Antiquitäten-Geschäft, meine Rahmenwerkstatt und uns selber wissen. Er hatte sich als echter Freund erwiesen, als ... nun, als alles daneben ging.

Ich bräuchte Abwechslung hatte er gesagt. Seine bisherige Ausstatterin habe keine Zeit wegen eines anderen Angebots, erklärte er und verpflichtete mich, die Ausstattung seines neuesten Films Storming Love, einem Nachfolger der Teenager-Romanze Boy loves Girl, zu übernehmen.

Eigentlich war das Ganze eine Nummer zu groß für mich. Nicht nur der Film an sich ließ mich schon zittern, sondern auch die Namen, die dahinterstanden. Ziemlich bekannt. Nicht allein in Amerika. Die Hauptdarsteller waren gut aussehende, junge Menschen mit hervorragenden Aussichten, in wenigen Jahren einen Oscar zu ergattern.

Aber David konnte sehr überzeugend sein und so kam ich zum Film. Das veränderte mein ganzes Leben.

Und David hatte Recht behalten. Die Vorbereitungen, die Planungen,

Requisitenbeschaffung, das alles nahm viel Zeit in Anspruch, machte mir Spaß und lenkte mich ab. Nachdem David mich eingeführt und mir erklärt hatte, wie seine vorherigen Szenenbildner gearbeitet hatten, hatte ich freie Hand. Er stellte mich ungefähr zwanzig Leuten vor, die ab sofort für die Umsetzung meiner Ideen bereitstünden und die mich offen und freundlich empfingen. David besprach zwar seine Wünsche mit mir, aber die meiste Zeit arbeitete ich selbstständig. Die Konzentration tat mir gut. Die Arbeit machte mir Spaß. Und dann wurde es ernst.

Die Dreharbeiten begannen ...

Ein Stern taucht auf

Robert Faulkner war im Anmarsch. Der Menschenauflauf war kaum zu übersehen. Ich hätte gelogen, wenn ich behauptet hätte, ich wäre nicht neugierig auf ihn gewesen. Aber ich wollte auch nicht übereifrig wirken und mich in die Reihen der kriecherischen Schleimer stellen, die ihn überall hofierten. Oder schlimmer noch, die der kreischenden Mädchen. Immerhin war auch er nur ein Mensch. Ein ganz normaler Mensch.

Nein, das war so nicht richtig.

Er war Künstler. Eine andere Art Mensch. Ich war durch meine jahrelange Arbeit mit genügend dieser Spezies in Kontakt gekommen, um zu wissen, dass sie hin und wieder etwas abgedreht sein konnten. Seltsame Hüte, zerfranste Jeans, Achselshirts, die mehr Haut zeigten, als sie verdeckten, lange Haare, gepflegte Bärte aus vergangenen Jahrhunderten. Viele Künstler taten einiges, um auf sich aufmerksam zu machen.

Der Tumult kam näher. Ich konzentrierte mich lieber wieder auf das Requisit vor mir. Der Rahmen passte perfekt zu dem Gemälde. Ich war nicht wenig stolz darauf. Und gleichzeitig packte mich die Wehmut. Das Bild würde nach dem Dreh bis auf unbestimmte Zeit in irgendeinem Lagerregal vermodern. Viel zu schade.

»Das sieht wunderschön aus«, sagte neben mir eine Stimme.

Ich drehte mich um. Er stand neben mir, ich musste zu ihm aufschauen. Er war groß – größer als ich angenommen hatte. Seine Eskorte hatte sich überall im Studio verteilt. Er hatte keinen seltsamen Bart, trug keinen Hut oder kaputte Hosen, sondern eine normale Bluejeans, ein Hemd über einem Shirt und seine hellbraunen Haare waren locker verwuschelt. Er sah aus wie das Model, das er einst gewesen war, ehe er Schauspieler wurde. Genauso gut wie auf seinen Fotos. Nein, eigentlich noch besser. Männlicher. Echter. Er hatte ein markantes, scharf geschnittenes Kinn, hohe Wangenknochen, sehr ebenmäßige Züge und ein paar eisblaue Augen, umrahmt von dichten, dunklen Wimpern und sehr auffällig geformten Augenbrauen. Er war nicht umsonst Sexiest Man alive geworden, dachte ich. Einen Moment lang starrte ich ihn wahrscheinlich an wie ein Mondkalb, dann riss ich mich zusammen. Um sogleich wieder dämlich zu gucken.

»Das Bild ist sehr harmonisch, aber erst der Rahmen unterstreicht seine Schönheit«, sagte er anerkennend.

Ich war perplex. Genau das hatte ich auch gedacht, als ich es zum ersten Mal gerahmt gesehen hatte.

»Oh, tut mir leid. Wir sind uns noch gar nicht vorgestellt worden.« Er sah mich an und lächelte schief. Himmel, das wirkte unglaublich verführerisch. Dessen war er sich mit Sicherheit mehr als bewusst, und ich fasste mich.

»Sie müssen sich nicht vorstellen. Ihr Gesicht ist weitläufig bekannt. Ich habe Sie gestern noch gesehen«, sagte ich trocken.

»Ehrlich? Wo?«

»Bei meinem Arzt im Wartezimmer.«

Er hob eine Augenbraue. »Solange es nicht am Fischstand war ... Stand wenigstens etwas Interessantes darin?«

Ich zuckte die Schultern. »Weiß ich nicht. Ich habe weitergeblättert zu den Rezeptseiten.«

Er lachte laut auf. »Wie reizend«, grinste er und ich hörte einen leicht sarkastischen Tonfall. Er hatte also Humor. Dann sprach er weiter und sah mich dabei an. »Sie sind also für diese wunderbare Ausstattung zuständig? Sie ist ganz außergewöhnlich. Sie haben wahre Wunder gewirkt. Ich muss mir Ihr Gesicht unbedingt merken.«

Es war nur ein Wohnzimmer. Außerdem das erste Set, das komplett fertiggestellt war. Er hatte keine Vergleiche. Ob man das Schmeicheln auf der Schauspielschule lernte?

»Ich wollte Ihren Namen erfahren«, sagte Robert freundlich.

»Oh. Ich bin Lisa. Lisa Greene.«

Er schüttelte meine Hand und sah wieder auf das Set. »Robert Faulkner. Sehr erfreut. Das ganze Set wirkt so lebendig und gemütlich. Gar nicht wie die sonst üblich grellen, vollgestopften Wohnzimmer, die man häufig als Szenenbild sieht.«

Das war ein Kompliment, das ich annehmen konnte und ich strahlte ihn erfreut an. »Danke.«

Er sah mich mit großen Augen an und wirkte auf einmal, als habe ihn etwas aus der Fassung gebracht. »Ich ... mir ... ich muss ... mein ...« Er schluckte.

War ich jetzt doch zu überschwänglich geworden, so wie die anderen Schleimer? Ich ärgerte mich über mich selbst und nickte. »Ja, klar. Sie müssen sich jetzt vorbereiten. Ich lasse Sie in Ruhe. Entschuldigung.«

Ich nahm schnell meinen Ordner mit den Notizen und Bildern und hastete zurück.

»Lisa!«

»Oh. David!«

David Garth war einen Meter fünfundachtzig groß, trug eine schwarze Hornbrille, die immer schief auf seiner Nase saß, und hatte stets einen Dreitagebart. Leider einen von der wild wachsenden Sorte und nicht den smarten, sexy Bart, den Bradley Cooper oder David Beckham so berühmt gemacht hatten. Davon abgesehen sah er sehr gut aus. Schlank durch seine Marathonläufe, die er regelmäßig in seiner Freizeit lief, braune, warme Augen, die gerade jetzt leuchteten, als sie mich erblickten. Erfreut und erleichtert eilte ich auf ihn zu. »Ist das okay so?«, fragte ich unsicher und wartete nervös auf seine Antwort.

David küsste mich auf die Wange und legte einen Arm um meine Schultern. »Lisa, es ist super geworden. Ehrlich. Hast du unseren Hauptdarsteller schon kennengelernt?«

Er wollte mich zurück zu der Stelle ziehen, von der ich soeben geflohen war. Doch Robert war mir gefolgt. Nun ja, sicherlich nicht mir. Wahrscheinlich wollte er zu David. »Robert, das ist die Seele des Sets: Lisa Greene.«

»Wir haben uns gerade bekannt gemacht«, sagte Robert und lächelte wieder dieses unwiderstehliche Lächeln, bei dem sicherlich ganze Horden von weiblichen Teenies in Ohnmacht fielen. »Ich habe ihr auch gerade erklärt, dass dies das harmonischste Set ist, an dem ich je gedreht habe.«

Ich unterdrückte eine Grimasse. Diese Aussage fand ich wieder reichlich überzogen. Mit Anfang Zwanzig konnte er wohl kaum viele Vergleiche haben.

»Ihr wollt bestimmt anfangen«, sagte ich und schälte mich aus Davids Umarmung. »Ich bin in Halle Neun und arbeite an dem Schlafzimmer weiter.«

»Sag Bescheid, wenn du was brauchst«, sagte David und lächelte freundlich. Ich lächelte zurück. Es war so einfach, ihn zu mögen.

»Klar«, sagte ich nur. »Bis später.«

»Bis später«, sagte David.

»Auf Wiedersehen, Miss Greene«, sagte Robert.

Ich hielt kurz inne und drehte mich noch einmal zu ihm um.

»Mrs. Greene«, korrigierte hinter ihm eine andere Stimme. Tracy Coleman, die Innenrequisiteurin, rauschte heran. Wie immer perfekt gestylt, als ginge sie auf eine Filmpremiere. Sie stand damit im krassen Gegensatz zu sämtlichen anderen Crewmitgliedern, die in Jeans und T-Shirts den meist schmutzigen Arbeiten nachgingen. Tracy dagegen war stets makellos.

Und sie hätte gern die Ausstattung gemacht statt der Innenrequisite; das bedeutete, sie hätte gern die kreative Gestaltung der Räume gemacht, statt beim Dreh daneben zu stehen und darauf zu achten, dass die Kaffeetasse auch nach dem vierten Cut noch die gleiche Menge Kaffee beinhaltete und dampfte wie bei der Szene zuvor.

»Oh, Verzeihung«, sagte Robert. Er ignorierte Tracy und sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich nicht deuten konnte. Ich nickte, warf David ein mattes Lächeln zu und eilte fort. Nicht schnell genug, denn hinter mir hörte ich Robert David leise etwas fragen und David darauf nur kurz antworten: »Sie ist geschieden.«

Das ging ihn nichts an. Das ging niemanden etwas an. Verfluchte Tracy. Ich legte einen Zahn zu und rannte beinahe zu dem nächsten Set. Dort warteten bereits Luis und Anabel, meine Assistenten.

Mit ihnen machte ich die Feinarbeit. Während die anderen Set Decorator Wände, Decken und Böden verlegten, waren Anabel und Luis mir direkt unterstellt und halfen bei der Ausschmückung. So kam es, dass wir drei meist allein arbeiteten.

»David gefällt’s«, berichtete ich und beide lächelten erfreut.

Luis fuhr sich durch sein schon in alle Richtungen stehendes Haar und grinste breit. Ich bemerkte Anabels sehnsüchtigen Blick. Ihre Schwärmerei für Luis war offensichtlich und nicht immer ganz einfach für mich. Immerhin arbeiteten wir eng zusammen und es konnte ganz schön Nerven kosten, wenn einer der Partner nur in der Nähe des anderen arbeiten wollte. Außerdem hatte Anabel ein wenig von Luis’ aufreizend legerer Art, alles locker und easy zu sehen, angenommen. Der Druck, der dadurch für mich zeitweise entstanden war, hatte mich schon ziemlich oft auf die Zähne beißen lassen.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte Luis und lehnte sich lässig auf dem Bett zurück, das in dieser Szene neben dem Hauptdarsteller den Mittelpunkt bildete. Er sah aus, als wolle er die Szene spielen. Zumindest gab er sich alle Mühe, Robert Faulkner nachzueifern. Er trug bequeme, verwaschene Jeans, Shirts und verstrubbelte seine Haare ähnlich. Trotzdem wirkte Robert anders in den Klamotten als Luis. An ihm wirkte es locker, selbstverständlich. Bei Luis war das Shirt zu kurz und zu labberig, die Hose saß viel zu tief auf den Hüften. So wie Luis die Klamotten trug und sich in ihnen bewegte, wirkte es eher affektiert. Obwohl Anabel das nicht zu finden schien. Ich seufzte und erinnerte mich, dass die beiden nur Studenten waren, die in den Semesterferien hier jobbten und nebenbei hofften, entdeckt zu werden.

»Okay, lasst uns tapezieren.« Ich öffnete meinen Ordner und studierte das Bild, das ich mir zu dieser Szene ausgedacht und aufgemalt hatte.

»Das Reptil würde dir jetzt vorhalten, das sei nicht deine Aufgabe«, wandte Luis hoffnungsvoll ein. Ich wusste, er machte sich nicht gern sein Äußeres schmutzig. Labberig war bei ihm gut, schmutzig weniger.

»Reptil?«, fragte ich stirnrunzelnd.

»Tracy Coleman«, antwortete Anabel für ihn. »Sie hatte gestern eine Krokodilledertasche dabei.«

»Ja, bestimmt aus ihrem Nachwuchs gefertigt«, wandte Luis schadenfroh ein. »Krokodile fressen ihre eigenen Kinder, wusstest du das? Deswegen Reptil.«

»Nein, das tun sie nicht«, widersprach Anabel sanft. »Tracy wird so genannt, weil sie, wenn sie sich in was verbissen hat, nicht mehr loslässt.«

Oh, das war passend. Allerdings traf das in manchen Bereichen auch auf mich zu. Und jetzt wollte ich tapezieren. »Wir fangen trotzdem an.«

Luis stöhnte.

Eine Stunde später waren die Wände bereits fertig. Ich nahm Maß für die Fensternischen und zeichnete die Schneidelinien auf der bereitgelegten Tapete an. Anabel hielt die Rolle fest, damit sie sich nicht kringelte.

»Wow. Das sieht schon gut aus«, sagte hinter mir eine Stimme und erschrocken zog ich den Strich quer über die Tapete.

Anabel keuchte überrascht.

Hinter mir stand Robert Faulkner und lächelte mich schuldbewusst an. Erstaunlicherweise war er allein, ohne den Pulk von Menschen, der ihn heute Morgen noch umringt hatte. »Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte er und deutete auf den Strich.

Ich zuckte die Achseln. »Macht nichts. Ist nur die Rückseite.«

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Anabel verzweifelt bemüht war, einen Kleisterfleck von ihrem Shirt zu wischen und gleichzeitig die wirren Haare wieder zu glätten. Ihre verklebten Augenbrauen schien sie nicht zu bemerken.

Ich bemühte mich, nicht zu lachen. Sein Auftauchen brachte meine Hilfskräfte eindeutig durcheinander. Luis versuchte nämlich gerade, eine gelangweilte Miene aufzusetzen und gleichzeitig mit einer besonders legeren Haltung zu beeindrucken.

»Suchen Sie was Bestimmtes?«, fragte ich.

»Ich wollte mir nur einmal ansehen, was noch alles kommt«, antwortete Robert langsam. »Wird das mein Schlafzimmer oder das von Rachel?«

Ich zog meine Augenbrauen hoch und sah ihn an. Das Futonbett und die blaue Tapete gepaart mit den auf dem Bett herumliegenden Motorradpostern und ein paar Baseball-Pokalen im Regal wirkten ja wohl eindeutig männlich.

»Rachels«, antwortete ich und drehte mich wieder zu meiner Tapete um. Diesmal gelang der Strich und ich begann zu schneiden.

Ich hörte ihn leise lachen.

»Das wird dein Zimmer«, hörte ich Anabels Stimme. Sie klang heiser und aufgeregt. »Welche Szene wird hier gedreht?«, fragte sie weiter.

»Mehrere, soviel ich weiß«, hörte ich Robert antworten. »Die Tapete gefällt mir. Ich habe tatsächlich eine ähnliche in meinem Schlafzimmer.«

Ich hörte Anabel schmachtend ein »Oh!« seufzen. Genervt legte ich die Schere hin. »Anabel, würdest du bitte weiter aufkleben? Sonst ist der Kleister eingetrocknet und wir können von vorne anfangen.«

Sie lief puterrot an. Luis sah mich dankbar an und eilte ihr zu Hilfe.

Erstaunt nahm ich meine Schere wieder auf. Also lag Luis doch etwas an Anabel. Dann roch ich den Duft eines exklusiven Rasierwassers.

»Das ist Ihr erster Film, nicht wahr?« Roberts Stimme war unmittelbar hinter mir. Ich schnitt konzentriert meine Linie fertig, dann drehte ich mich zu ihm um. »Mr. Faulkner ...«, begann ich, doch er unterbrach mich sofort.

»Robert«, sagte er leise. Ich blinzelte verwirrt.

»Nun gut, Robert, in zwei Tagen fangen die Dreharbeiten zu diesem Zimmer an und ich muss bis dahin fertig werden«, sagte ich nüchtern. »Es wäre also nett, wenn Sie mich meine Arbeit machen ließen.«

Er schien nicht gekränkt, sondern lächelte entschuldigend. »Tut mir leid. Ich war nur neugierig. Mir gefällt Ihre Art der Ausstattung. Kann man Sie auch außerhalb des Showbusiness beauftragen?«

Ich fühlte, wie mir der Kiefer herunterklappte.

»Ich meine, privat. Für mein Haus zum Beispiel.«

Wurde er rot oder bildete ich mir das ein?

»Äh, klar, normalerweise kann man mich auch für zu Hause buchen.« Im selben Moment fiel mir auf, wonach das klang, und ich fühlte die Hitze in mein Gesicht steigen. »Ich meine natürlich, ich bin selbstständig und habe ein kleines Geschäft und kann nach den Dreharbeiten wieder Aufträge für private Wohnungen übernehmen.«

Er lachte leise. »Würden Sie mir Ihre Telefonnummer geben? Ich komme bestimmt bald darauf zurück.«

»Ja, klar«, sagte ich und ging zurück zum Tapeziertisch. Ich kritzelte meine Nummer auf einen Streifen Resttapete und reichte sie ihm.

»Ich melde mich«, sagte er und sah mir dabei in die Augen.

Ich lächelte höflich und unverbindlich, wie ich das immer bei Kunden tat, die ich nicht näher kannte. »Okay.«

Er wandte sich zum Gehen, da fiel mir noch etwas ein und ich rief: »Welches Zimmer soll denn gemacht werden? Ich überlege mir dann schon mal etwas.«

Er drehte sich zu mir um und zuckte die Achseln. »Das weiß ich noch nicht.« Dann ging er.

Ich starrte ihm sprachlos hinterher.

»Hat Robert Faulkner dich soeben nach deiner Nummer gefragt?«, staunte Anabel hinter mir ehrfürchtig.

Langsam drehte ich mich zu ihr um. Sie sah genauso verdattert aus, wie ich mich fühlte.

»Ich denke schon«, antwortete ich zittrig.

Doch dann fiel mir wieder ein, wo ich war und wer er war und sogleich schüttelte ich alles ab.

Er war Schauspieler! Er wollte wahrscheinlich höflich sein und guten Wind machen, damit ich ihm keine lila und rosa Farben unterjubelte. Gleichzeitig sagte mir aber eine andere Stimme in meinem Kopf, dass das Unsinn war, weil David mich sonst feuern würde.

Ich rief mich selbst zur Ordnung und arbeitete konzentriert weiter.

Eine Giraffe entbrennt ein Feuer

»Lisa, ich komme gleich um vor Hunger«, stöhnte Luis. Ich sah überrascht auf meine Armbanduhr. Wir hatten den ganzen Tag ohne wirkliche Pause durchgearbeitet. Das Zimmer sah allmählich bewohnbar aus. Nur der Tapetenkleister und der Geruch von neuen Möbeln störten den Eindruck. Wenn ich noch zwei Stunden durcharbeiten könnte, würde es vielleicht noch drehfertig werden und David konnte, falls der Wetterbericht stimmte und es morgen regnen sollte, dann statt der Außenaufnahmen hier weitermachen.

»Es ist nicht mehr viel«, versuchte ich Luis anzuspornen.

»Ich muss unbedingt etwas essen gehen«, sagte Luis wieder, »mir ist schon ganz flau im Magen.«

»Mir auch«, echote Anabel. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Anabel war dünn wie ein Lineal und aß weniger als ein Vögelchen. Mir war klar, dass sie nur in Luis’ Nähe bleiben wollte.

»Außerdem sind die von den Dreharbeiten schon seit einer Viertelstunde im Feierabend und plündern die Reste vom Cateringstand«, quengelte Luis weiter. Aha, darum ging es.

»Macht Feierabend und geht essen«, sagte ich. »Ich mache weiter.«

»Bist du denn nicht hungrig?«, fragte Anabel überrascht.

»Nein. Ich möchte fertig werden«, antwortete ich und drehte eine Schraube an.

»Aber der Dreh findet doch erst Übermorgen statt. Wir haben noch reichlich Zeit.« Luis schien ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

»Ich weiß, aber für morgen ist Regen angesagt. Und eigentlich sollte doch der Außendreh am Strand stattfinden. So könnte David hier weitermachen«, erklärte ich geduldig und setzte eine weitere Schraube an. Luis und Anabel schwiegen einen kleinen Moment und ich hatte das Gefühl, sie sahen sich schuldbewusst an.

»Wir können noch mal zurückkommen«, bot Luis halbherzig an. »Ich muss nur was essen, sonst bin ich gleich völlig unterzuckert.«

»Nein, lass nur. Das ist kein Problem«, sagte ich und war froh, endlich allein zu sein und das Geturtel nicht ständig mitanhören zu müssen. Eigentlich waren die Bauarbeiter für diese Arbeiten zuständig, aber ich liebte es, Schränke zusammenzubauen. Bei dieser Arbeit konnten meine Gedanken nicht abschweifen und das Ergebnis eines schönen Möbelstücks hatte immer etwas Befriedigendes für mich. Die Arbeit hielt mich vom Grübeln ab. Ich hatte zwar auch Hunger, aber der eigentliche Grund, nicht zum Essen zu gehen, war ein anderer. Ich hatte keine Lust – oder eher keinen Mut –, Robert Faulkner noch einmal zu begegnen.

»Also ehrlich, Lisa, das ist doch absoluter Unsinn.«

Tracys Stimme troff vor unterdrückter Genugtuung. »Du reibst dich jetzt schon auf, wo die Dreharbeiten gerade erst richtig begonnen haben. Ein Art Director baut niemals selber Schränke zusammen, hat dir das keiner erklärt?«

»Doch schon, aber die besten Ideen kommen mir bei solch einfachen Arbeiten«, sagte ich geduldig und schraubte einfach weiter.

»Ach wirklich? Und welche oscarverdächtige Ausstattung gedenkst du einem Jugendzimmer zukommen zu lassen?«

Ich legte den Akkuschrauber ab und lächelte sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Tracy, wolltest du nicht Feierabend machen, um ein Bad zu nehmen und deine Nägel zu lackieren?«

»Was hat das denn mit dem Zimmer hier zu tun?« Tracy Coleman war immun gegen Sarkasmus.

»Nichts. Genauso wenig wie deine Einmischung in meine Arbeit.«

»Bitte, wie du willst. Wenn du auf meine professionelle Hilfe verzichten kannst.« Sie drehte sich um. »Ich dachte, ein Neueinsteiger wie du würde vielleicht von den Ratschlägen einer erfahrenen Ausstatterin profitieren. Dann schraub schön weiter. Womöglich tapezierst du auch selbst?«

Tracys spitze Bemerkungen konnten mich nicht treffen. Ich wusste, dass David sie nicht ausstehen konnte. Er hatte sie von dem Co-Produzenten vorgesetzt bekommen.

Eigentlich hatte sie sich für den Posten des Production Designers beworben. Doch meine Zeichnungen hatten der Produktionsfirma besser gefallen. Das war leider auch schon mein einziger Vorzug. Aber er hatte der Produktion gereicht, also musste er auch Tracy genügen. Vom ersten Tag an war klar gewesen, dass Tracy mir das Leben schwer machen würde. Nur gut, dass David kompromisslos zu mir hielt.

Wir arbeiteten mehrere Stunden konzentriert weiter und kamen gut voran. Ich hatte mitbekommen, dass um mich herum alle anderen schon Feierabend gemacht hatten. Auch Luis und Anabel waren vor einer Stunde nach Hause gegangen. Eigentlich war das Zimmer fertig. Es sollte das Zimmer eines achtzehnjährigen Teenagers darstellen. Doch mir fehlte noch etwas. Das Futontett, die unordentliche Bettwäsche, das abgewetzte Sofa mit den Klamotten, Wettkampfpokale auf dem Regal, das Motorradposter an der Wand, Schreibtisch mit PC und ein paar Bücher in einer Ecke – alles wirkte so wie bei meinem siebzehnjährigen Neffen oder dem neunzehnjährigen Sohn meiner Nachbarin. Ein typisches Junggesellenzimmer für einen Highschool-Absolventen. Exakt wie auf meinen Vorlagen. Aber es passte nicht zu einem Robert Faulkner. Was fehlte? Ich ließ noch einmal meinen Blick über alles gleiten und dann wusste ich es.

Ich gestehe, ich war sehr auf die Reaktionen gespannt gewesen. Wie bereits vorausgesehen – oder dem Wetterbericht entnommen – wurden die Aufnahmen für die Schlafzimmerszene vorverlegt, weil es draußen in Strömen regnete und stürmte. David war mir unendlich dankbar und beteuerte, wie froh er sei, mich zu diesem Projekt überredet zu haben. Er hatte kurz gestutzt, als er meine Requisite gesehen hatte, dann aber anerkennend genickt. Auf Robert Faulkners Reaktion war ich allerdings nicht vorbereitet gewesen. Er wünschte mir lächelnd einen guten Morgen, ehe er sich seinen heutigen Arbeitsplatz ansah. Ich hatte das riesige Motorradposter gegen ein Postkartenformat ausgetauscht und dafür ein Poster von Dalís brennender Giraffe den größten Teil der Wand dominieren lassen. Als Robert Faulkner Dalís Werk sah, erstarrte er. Mindestens eine Minute starrte er unbeweglich auf die flirrenden Farben und Formen des Spaniers, dann wandte er sich zu mir. Einen kurzen Moment hatte ich Angst vor ihm, so flammend war sein Blick.

Als er abrupt eine Hand hob, zuckte ich zurück.

Ich konnte erkennen, wie sich seine Augen vergrößerten vor Unglauben. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er mich hatte umarmen wollen.

Peinlich berührt biss ich mir auf die Lippen und sah zu Boden.

Da fühlte ich seine Hand die meine ergreifen. Sie zitterte leicht. Oder war ich es?

»Sie sind unglaublich, Lisa«, sagte er. Jetzt hörte ich, dass seine Stimme bebte.

Ich hob meinen Blick und begegnete seinen blauen Augen. Mein Herz begann auf einmal schneller zu schlagen und die Hand, die er noch hielt, wurde heiß. Genau wie mein Gesicht.

»Gut, fangen wir an«, rief da David laut. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.

Um Himmels Willen, was tat ich hier? Heiße Blicke mit einem Teenie-Schwarm austauschen, dessen Babysitter ich hätte sein können? Und dann auch noch mit einem Schauspieler! Mit einem, der wusste, wie man schmachtende Blicke auf Kommando gab und sich bei allen beliebt machte. Ich biss mir wieder auf die Lippe, wandte mich ab und verließ fluchtartig Halle Neun.

Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem Büro, die letzten nötigen Requisiten prüfend, Bestellungen erledigend, mit Firmen und Handwerkern telefonierend. Alles Arbeiten, bei denen ich bloß nicht ans Nachdenken kam.

Es war bereits nach acht, als ich endlich zu Hause war. Ich duschte ausgiebig und machte mir einen Tee, als es an der Haustür klingelte.

Erstaunt warf ich einen Blick in den Spiegel. Nicht unbedingt vorzeigbar, mein ausgeleierter brauner Hausanzug, aber bequem. Meine Haare waren noch feucht und mein Gesicht bereits abgeschminkt. Aber wenn jemand um diese Uhrzeit mitten in der Woche klingelte, musste er damit rechnen, dass man eher aussah, als wolle man ins Bett statt auf eine Party.

Ich nahm den Hörer vom Haustelefon ab.

»Ja?«, fragte ich zögerlich.

»Hier ist Robert Faulkner.«

Sofort begann mein Herz zu rasen.

»Was tun Sie hier?«, fragte ich verblüfft.

»Ich möchte mich bedanken«, sagte Roberts Stimme.

Ich runzelte die Stirn. »Weshalb? David bezahlt mich für meine Arbeit.«

»Darf ich vielleicht reinkommen? Noch ist kein Reporter hier, aber man kann nie wissen, wo der nächste Paparazzo lauert.«

Ich zögerte einen Moment, dann betätigte ich den Türöffner. Ich hörte, wie die Haustür aufgedrückt wurde, und schon stand Hugh Vincent in meinem Hausflur. Halt nein, es war Robert Faulkner, rief ich mir in Erinnerung. Allerdings sah er aus wie in seinen Blockbustern: groß, durchtrainiert, perfekt lässig gekleidet und unglaublich sexy. Luis wäre neidisch gewesen.

Ich wurde mir meiner jämmerlichen Erscheinung extrem bewusst. Mit meinem schlabbrigen Anzug und jeder erkennbaren Falte in meinem abgeschminkten, farblosen Gesicht. Ich war nun mal keine Anfang zwanzig mehr sondern Mitte dreißig. Aber wie schon gesagt, wer so spät an der Tür klingelte ...

»Sie müssen sich mit meiner unvorteilhaften Erscheinung zufrieden geben. Ich hatte höchstens noch mit dem Sandmann gerechnet«, sagte ich und lächelte ihn freundlich an.

Er blieb direkt vor mir stehen und musterte schnell meinen flodderigen Aufzug. »Ich finde, Sie sehen großartig aus.«

Ich zog eine Grimasse. »Im Komplimente machen sind Sie ganz groß. Lernt man das für den Umgang mit der Presse?«

Er zog amüsiert einen Mundwinkel hoch. Himmel, dieses Lächeln haute einen um.

Vielleicht war ich deshalb ein wenig grob. »Kommen Sie rein. Im Wohnzimmer können wir weiterreden .« Ich drehte mich um und ging vor. Hinter mir konnte ich ihn leise lachen hören.

»Wie haben Sie mich gefunden? Hat David Ihnen meine Adresse gegeben?«, fragte ich ihn noch immer verwirrt.

»Inverssuche im Internet.« Auf meinen ratlosen Gesichtsausdruck ergänzte er: »Telefonnummer rückwärts suchen.«

Ich bot ihm mit einer Handbewegung den Sessel an und fragte, ob er etwas trinken wolle.

»Trinken Sie mit?«, entgegnete er und machte es sich im Sessel bequem. Es war wirklich unverschämt, wie lässig und gottgleich er darin aussah. Ich hatte mir nie vorgestellt, dass mich einmal ein berühmter Star in meinem Haus besuchen würde, aber dass sich ausgerechnet Robert Faulkner, einer der schönsten Nachwuchsschauspieler Hollywoods, auf dem alten Chintz räkelte, als würde er sich pudelwohl fühlen, hätte ich mir definitiv nie träumen lassen.

Ich konzentrierte mich wieder auf seine Frage.

»Rotwein?«, fragte ich ihn.

Er lächelte mich erfreut an. Ob mein Herz jemals aufhören würde, weniger heftig zu schlagen, solange er hier war? Wenn nicht, bestand die Gefahr eines Herzinfarkts.

Ich ging in die Küche und entkorkte die Weinflasche. Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, saß Robert noch immer im Sessel und betrachtete aufmerksam alles um sich herum.

»Hier sieht es ganz anders aus als am Set«, bemerkte er und ich hörte das Staunen.

Spöttisch zog ich eine Augenbraue hoch. »Natürlich. Ich habe keinen achtzehnjährigen Sohn.«

»Oh, ich bin eigentlich schon Vierundzwanzig«, sagte er.

Ich zog anerkennend die Augenbrauen hoch. »Das ist gut. Dann werde ich nicht wegen Alkoholausschanks an Minderjährige angezeigt.«

Er lächelte und schien nicht im Mindesten beleidigt. »Ich dachte nur, Sie würden Ihren Geschmack auch auf die Arbeit ausdehnen.«

Wieder konnte ich meine Belustigung nicht bremsen. »Zimmer von achtzehnjährigen Teenagern liegen wohl seit fünfzehn Jahren nicht mehr in meinem Geschmacksbereich.«

Er errötete ein wenig. Ich genoss meinen kleinen Triumph. Aber nur kurz.

»Dreiunddreißig?«

Mist. Verraten.

»Ich hätte Sie jünger geschätzt.«

Das bezweifelte ich arg. Das letzte Jahr hatte ziemliche Spuren hinterlassen. Sehr sichtbar, vor allem, wenn ich nicht geschminkt war. Ich nahm die Gläser aus dem Schrank und schenkte ein. Als ich ihm sein Glas reichte, streifte er meine Finger. Absichtlich? Ich wusste es nicht, doch es prickelte nach.

»So nett es auch ist, einen Hollywoodstar auf der Couch sitzen zu haben, frage ich mich doch, warum Sie hier sind«, sagte ich, ehe ich ihm zuprostete.

»Ich musste mit Ihnen sprechen«, sagte er unumwunden. »Wegen heute Morgen.«

»Und das hatte keine Zeit bis morgen früh?«, fragte ich stirnrunzelnd.

Mir war egal, ob er jetzt die Fältchen einer über Dreißigjährigen noch besser sehen konnte.

»Nein. Ehrlich gesagt liefen die Dreharbeiten nicht sonderlich gut, weil ich einfach zu sehr abgelenkt war.« Jetzt sah er zu Boden. »Ich wusste auch nicht, ob ich Sie morgen zu Gesicht bekäme, denn ich habe das seltsame Gefühl ... ist auch egal. Ich wollte etwas erklären ... und erfahren.«

Jetzt sah er auf und mir direkt in die Augen.

»Weshalb haben Sie den Dalí aufgehängt?«

Ich war überrumpelt und sagte spontan das Naheliegendste: »Er passt zu Ihnen.«

Er lächelte und hob dabei einen Mundwinkel höher als den anderen.

Gab es dafür einen Waffenschein? Ich war auf jeden Fall einen Moment außer Gefecht gesetzt bei diesem verführerischen Lächeln.

»Das Kuriose ist, ich habe zu Hause tatsächlich etwas von Dalí hängen. Ich habe seine Werke immer bewundert. Mich interessiert einfach, woher Sie das wussten.«

Ich schluckte. »Wusste ich nicht. Ich habe nur geraten.«

»Tippen Sie bei jedem Achtzehnjährigen auf Dalí?«, hakte er nach und legte ein wenig den Kopf schief.

Er hatte mich erwischt. Ich lachte. »Nein, aber das typische Teenagerzimmer passte nicht zu Ihnen. Da musste schon ein Blickfang hin. Ansonsten wäre neben Ihrer Erscheinung meine ganze Arbeit umsonst gewesen.«

Robert lachte laut auf.

Ich grinste. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich den Dalí nicht gegen einen Klimt austauschen soll oder etwas Provokanteres wie Schiele.«

Er kringelte sich vor Lachen. »Solange ich keinen röhrenden Hirsch aufgehängt bekomme, kann ich sogar mit einem Picasso leben.«

Wenigstens konnte er über sich selbst lachen. Ein besseres Zeichen für Humor gab es wohl kaum.

Ich prostete ihm zu und nippte an meinem Wein.

»David hat mir erzählt, er musste lange betteln, bis Sie zusagten«, sagte Robert, nachdem er auch einen Schluck genommen hatte. Anscheinend war er mit Wein vertraut, denn er hielt das Glas sehr souverän am unteren Stiel und schwenkte es locker, so dass der Wein mild wippte.

»War das eine Frage?«, hakte ich vorsichtig nach.

»Na ja ... Ja, eigentlich schon. Ich wundere mich, weil doch sicherlich jeder andere große Opfer erbringen würde, um bei einem solchen Projekt einzusteigen.«

»Ich handele mit Antiquitäten und seltenem Interieur und habe ab und an den Auftrag, eine Wohnung auszustatten. Doch letzteres eher selten. Normalerweise nimmt man für ein Set einen professionellen Art Director oder Innenarchitekten oder so was. Für mich ist das komplettes Neuland. Ich war mir nicht sicher, ob ich das schaffe. Vor allem, weil der Druck enorm hoch ist.«

Nachdenklich sah er auf das Glas in seiner Hand und dann auf mich. »Ich bin beeindruckt. Ehrlich. Ich bin seit elf Jahren beim Film und habe viele verschiedene Sets gesehen. Die meisten sind das, was man als typisch amerikanisch bezeichnen könnte, überladen und verzweifelt um Harmonie bemüht.«

Ich sah ihn erstaunt an. Genau das hatte ich auch immer gedacht. Genauso lebten auch viele meiner Bekannten – meine große Schwester inklusive.

»Mein Motto war immer, weniger ist mehr«, sagte ich leise und lächelte ihn aufrichtig an. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ein so junger Mann solche Weitsicht besäße.

Er sah mir tief in die Augen und lächelte dann wieder dieses unglaublich verführerische Lächeln, bei dem er eine Seite des Mundes höher zog als die andere. Mir wurde warm und mein Puls beschleunigte sich. Ich wandte den Blick ab und nahm einen großen Schluck. Auch er trank.

»Mh. Der ist wirklich gut.« Er griff nach der Flasche und betrachtete das Etikett. »Französischer Burgunder. Sie hätten nicht extra für mich diese Flasche öffnen müssen«, sagte er vorwurfsvoll.

»Sie sind aber eingebildet«, sagte ich lachend. »Wer sagt denn, es sei Ihretwegen?«

Er wurde tatsächlich ein wenig rot. War ich zu harsch gewesen?

»Ich habe nichts anderes im Haus, weil ich mich mit weniger nicht zufriedengebe«, erklärte ich freundlich.

»Also haben Sie nicht nur optischen Geschmack.« Wieder sah er mich durchdringend an.

Meinte er das so, wie ich dachte? Oder war es nur eine harmlose Bemerkung?

»Davon mal abgesehen gibt es nicht viele Vierundzwanzigjährige, die sich mit Wein auskennen«, lenkte ich ab. Das war unverfänglicher.

Er zuckte mit den Schultern.

»Ich habe letztes Jahr in Frankreich gedreht und meine französische Filmpartnerin nahm mich des Öfteren mit zu ihrer Familie, die ein Weingut hat.« Er lächelte in Gedanken daran. »Wir haben oft abends alles Mögliche ausprobiert.«

So, wie er jetzt dreinschaute, sprach er nicht nur vom Wein.

»Kann man eine solch exklusive Story gewinnbringend verkaufen?«, fragte ich unverschämt. Er erstarrte.

Ich sah ihn unschuldig an. »Dann besorge ich von dem Erlös mehr von diesem Wein. Sofern ich keine schlüpfrigen Geschichten zu hören bekomme, dürfen Sie mittrinken.«

Er lachte laut. Er schien gerne und viel zu lachen. Ich fühlte mich eher ein wenig verkrampft. Robert dagegen sah aus, als fühle er sich richtig wohl. Doch dann ertönte Bodies von Robbie Williams.

»Oh, tut mir leid«, sagte Robert Faulkner und fischte nach seinem Handy in der Hosentasche. »Ich habe mir einen Wecker gestellt, damit ich nie zu spät ins Bett komme.«

Er schaltete die Melodie aus und erhob sich.

»Und Sie habe ich auch zu lange aufgehalten.«

Ich war überrascht. Ein Mann mit Prinzipien. Schnell trank Robert den letzten Schluck und ging zur Tür. Ich begleitete ihn.

Ehe er die Haustür öffnete, drehte er sich zu mir um.

»Danke, Lisa Greene. Das war ein wirklich interessanter Abend.«

»Fand ich auch. Sie haben bestimmt noch nicht oft Frauen in ihren

Strampelanzügen gesehen.«

Er lachte wieder leise. »Nein, leider nicht. Sie haben mir eine neue Welt offenbart.«

»Gern geschehen. Immer zu Diensten.«

Er beugte sich schnell zu mir herunter und küsste mich auf die Wange. »Danke für den Wein. Ich revanchiere mich bei Gelegenheit.«

Dann war er fort. Ich stand verdattert im Flur und hielt mir mit einer Hand die Wange, auf die er mich geküsst hatte, mit der anderen meinen Bauch, in dem ein ganzer Schwarm Schmetterlinge gerade Achterbahn fuhr. Das Flattern wurde gar nicht weniger.

Kaum, dass ich im Bett lag, wandelten sich die Schmetterlinge jedoch in schmerzhafte Bauchkrämpfe. Ich durfte jetzt während der Dreharbeiten unter gar keinen Umständen krank werden. Und ich brauchte meinen Schlaf.

Das Telefon schellte.

»Greene«, nahm ich ab.

Nichts. Niemand meldete sich.

»Hallo?« Ich horchte auf einen Atem, Hintergrundgeräusche, irgendwas.

Nichts. »Hallo?«

Da niemand antwortete, legte ich auf. Ob wieder Einbrecher austesteten, wer zu Hause war? Meine Bauchschmerzen wurden durch meine Unruhe noch verstärkt. Damit ich morgen nicht herumlief wie ein Zombie, war ich gezwungen, zwei Schmerztabletten zu nehmen.

Am nächsten Tag begannen wir mit dem Set von Laurens Zimmer. Wie immer hatten die Zimmerleute und Schreiner die Wände vorbereitet und alles so hergerichtet, wie in einer bezugsfertigen Wohnung. Es musste nur noch ausgekleidet werden. Außerdem hatte ich ziemlich klare Vorgaben, denn Laurens Zimmer war in den vergangenen zwei Filmen bereits häufiger gezeigt worden. Die Zuschauer würden es dem Film nicht verzeihen, wenn allzu große Veränderungen stattfänden. Bei Hugh Vincent war das schwieriger gewesen, denn laut Drehbuch hatten seine Eltern ein neues Haus gekauft und waren umgezogen. Also war ich gezwungen gewesen, mich komplett in einen achtzehnjährigen Teenager hineinzuversetzen. Bei Lauren, die noch immer im selben Haus, in derselben Stadt wohnte, blieb ich bei dem, was die Zuschauer kannten und gab dem höchstens meine eigene kleine Note: Nicht so viele weiße Rüschen, Kissen und Kitsch. Robert hatte recht: Weniger war mehr.

Womit meine Gedanken schon wieder zu ihm abdrifteten.

Er hatte mich gestern mehr verunsichert, als ich es je für möglich gehalten hätte. Das gefiel mir nicht, denn einerseits war ich seit acht Monaten geschieden – viel zu kurz, um bei einem anderen Mann aufgeregt zu sein, wenn man mit einem der liebsten Menschen auf der Welt zwölf Jahre verheiratet gewesen war, aber andererseits ... Nein, den Gedanken ersparte ich mir, sonst müsste ich umgehend nach Hause fahren.

Es war wohl besser, ich ging Robert Faulkner in der nächsten Zeit aus dem Weg, bis er jemand anderen gefunden hatte, den er bezirzen konnte. Das dürfte nicht sonderlich lange dauern. Immerhin war er ein gutaussehender junger Mann, der von allen Seiten angehimmelt wurde.

Korrigiere: Er war nicht nur gutaussehend. Er war umwerfend. Vor allem wenn, wie gestern Abend, sein Bartschatten hervortrat. Damit sah er wesentlich männlicher und attraktiver aus – und älter. Mit vierzig würde er noch immer so sexy und anziehend wirken wie jetzt. Wenn nicht noch mehr. Und seine weiblichen Fans würden sich bis dahin noch verdreifacht haben. Vor allem die bildhübschen, modelähnlichen Mädchen, mit denen ich nie mithalten könnte, gekonnt hätte oder können würde. Nein, in die Reihen bewundernder Fans wollte ich mich nicht einreihen.

Ich verzichtete freiwillig auf das Mittagessen, aus Angst, er könne ebenfalls da sein.

Obwohl ein Schauspieler von seinem Kaliber bestimmt ein ausgewähltes Menü auf seine Garderobe serviert bekam.

Als hätte ich eine Vorahnung gehabt, strahlte Anabel, als sie vom Lunch zurückkehrte.

»Robert Faulkner war auch da!«, rief sie mir schon von weitem zu. »Er hat sich wie jeder andere in die Schlange vor dem Imbissstand eingereiht und dann hat er mich nach dir gefragt.«

Lisa, werde nur nicht rot. Nicht rot werden, ermahnte ich mich streng.

Aber umsonst. »Sag mal, wirst du etwa rot?« Luis betrachtete interessiert mein Gesicht.

»Nein, natürlich nicht«, sagte ich schroff. »Weshalb sollte ich?«

Luis war absolut nicht überzeugt. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich glaubte mir ja selber nicht. Und jetzt fühlte ich, dass mein Gesicht wirklich heiß wurde. »Los, lasst uns das hier fertig machen.«

David kam kurz vor Feierabend noch nach mir sehen.

»Super, Lisa«, sagte er und legte anerkennend einen Arm um meine Schultern. »Das sieht genauso aus, wie in den beiden vorherigen Filmen. Aber irgendwie wirkt es besser.«

Er überlegte einen Moment, ehe er draufkam. »Du hast die weißen Rüschen weggelassen und die rosa Schleifen.«

Ich grinste anerkennend. »Wow! Dass das einem Mann auffällt! Ich dachte, für euch sähen Mädchenzimmer immer gleich aus.«

Er wackelte grinsend mit dem Kopf. »Da kommen Erinnerungen hoch. Ich hatte mal eine Freundin, deren Zimmer war ähnlich eingerichtet ...«

Oh bitte, nicht noch mehr schlüpfrige Geschichten!

»Äh, David, wie gefällt dir die Idee, aus dem Café́ ein nostalgisches Bistro im Fünfzigerjahreflair zu zaubern?«

David hob eine Augenbraue. »Hast du ein paar Vorlagen?«

»Was wäre ich für eine Szenenbildnerin, wenn ich keine hätte?« Ich zeigte ihm die ordentlich in Folie gelegten Zeichnungen aus meinem Ordner.

»Donnerwetter, Lisa! Das wird fantastisch. Wie kommst du bloß auf solche Ideen?«

Ich war geschmeichelt. Das Café́ war wirklich das aufwendigste Set – zumindest in meiner Vorstellung. Und zugleich das, worauf ich mich am meisten freute. Ich liebte solche Herausforderungen, obwohl sie mir zuerst immer eine Heidenangst einjagten.

Ich breitete die Zeichnungen auf dem Tisch vor uns aus. Erst nach einer Weile merkte ich, dass David sie gar nicht beachtete, sondern mich ansah.

»Habe ich einen Fleck auf der Wange?«, fragte ich misstrauisch und fühlte nach, ob irgendwo noch Kleister haftete.

»Ich überlege nur gerade, warum du das nicht schon lange machst. Du hast wirklich Talent.«

»Du weißt warum, David«, sagte ich leise und sah lieber wieder auf meine Zeichnungen.

»Ja, sicher. Trotzdem. Ich bin froh, dass ich dich überreden konnte. Der Film wird gut und Robert Faulkner ist im Moment in Hochstimmung.«

Ich sah neugierig auf.

Er erklärte es. »Er spielt im Augenblick super. Mal abgesehen von gestern. Dein Dalí hat ihn aus der Fassung gebracht. Sein Blick ist während des Drehs andauernd dahingewandert. Aber heute war er große Klasse. Er konnte Lauren – ich meine natürlich Rachel – so verliebt ansehen, wie noch nie zuvor. Passt perfekt zum Film.«

Schauspieler. Ich hatte doch gewusst, dass sie diese Blicke per Knopfdruck draufhatten.

David deutete meine versteinerte Miene falsch. »Lisa, ich habe Angst, du mutest dir zu viel zu. Fahr nach Hause. Mach Feierabend. Morgen ist auch noch ein Tag.«

Ich nickte und sammelte meine Zeichnungen wieder ein. Davids Handy klingelte und er ging ran. Er winkte mir ein letztes Mal zu und verließ telefonierend die Halle.

In mir sträubte sich alles, nach Hause zu fahren. In dieses einsame, kleine Haus, dass ich nun allein bewohnte. Jeden Abend kam es mir dunkler und kälter vor. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber mir fehlten sogar die in den Flur geworfenen Schuhe meines Ex-Mannes Alec.

Ich hatte mir einreden wollen, immer die Letzte zu sein, um alle Sets für den kommenden Drehtag zu überprüfen, aber ich wusste eigentlich genau, warum ich tatsächlich als Letzte die Studios verließ.

David hatte Recht. Ich konnte nicht hierbleiben. Der Film wäre irgendwann abgedreht. Ich musste mich meinem einsamen Häuschen stellen und akzeptieren, dass Alecs Arbeitsschuhe nie wieder im Weg liegen würden und durch mein Fernbleiben höchstens die Staubmäuse unter der Couch Riesenpartys feierten.

In dieser Nacht träumte ich das erste Mal seit ein paar Monaten. Ich fühlte im Traum die Schmerzen, ich schwitzte und dann das Blut. Alles war voller Blut. Ich kämpfte um Beherrschung.

Ein Paar kobaltblaue Augen sahen mich an und durch mich hindurch. Ich erwachte schreiend.

Ich nahm eine halbe Schlaftablette, um einem weiteren Traum vorzubeugen.

Pausen

Fünf Tage sah ich nichts von Robert Faulkner. Ich ging auch nicht in die Kantine, sondern vergrub mich in meinem Büro in Arbeit, bestellte fehlende Artikel, fertigte drei Rahmen und durchwühlte das Lager der Universal-Studios mit Hilfe eines älteren Herren namens Roger, der unglaublich viele Geschichten zu jedem einzelnen Requisit kannte und genau wusste, wo Cary Grant überall davorgestanden oder draufgelegen hatte. Das war wirklich lustig und sorgte für Abwechslung. Luis und Anabel strichen derweil die Wände und überwachten die Elektriker, die die Lampen einrichteten und nötigen Anschlüsse für die üblichen Geräte eines Cafés legten. Es musste alles so authentisch wie möglich wirken.

Aber ich konnte mich nicht dauernd verstecken. Außerdem hatte ich Hunger und eine große Sehnsucht nach diesen wunderbaren Oliven, die der Catering Service in der Auslage hatte.

Der Aufenthaltsraum war bis auf zwei Elektriker, die mir zuwinkten, leer. Ich atmete erleichtert auf, nahm mein Tablett mit Essen und einer Extraportion Oliven, und suchte mir einen Platz an der Wand gegenüber den beiden Elektrikern, um in Ruhe mein Buch zu lesen. Genüsslich pickte ich die Oliven auf und ließ mich von der Handlung des Romans mitreißen.

»Ist der Platz noch frei?«

Vor Schreck zuckte ich zusammen und meine Olive sprang von der Gabel, rollte über den Tisch und blieb vor Robert Faulkner liegen. Ich sah seine Mundwinkel zucken, als müsse er ein Grinsen unterdrücken.

»Die sehen aber lecker aus«, sagte er ernsthaft.

»Sie dürfen die da haben«, sagte ich großzügig.

Er setzte sich mir gegenüber und stellte sein Tablett ab. Dann nahm er mir meine Gabel aus der Hand, auf die ich eine neue Olive aufgespießt hatte, und steckte sie sich genießerisch in den Mund. Ich starrte ihn aus großen Augen an, meinen Mund sprachlos geöffnet. Aber nur einen kleinen Augenblick.

»Das war meine!«, zischte ich empört.

»Deswegen schmeckt sie noch besser«, konterte er gelassen.

Er wollte nach einer weiteren Olive auf meinem Teller greifen, also schlug ich ihm auf die Hand. Nicht sanft. Er zuckte nicht einmal, sondern grinste frech und steckte sich eine weitere in den Mund.

»Die sind wirklich gut«, sagte er und sah mir in die Augen.

»Wollen Sie nicht lieber Ihren Salat essen? Er wird sonst kalt«, sagte ich. »Und müssten Sie nicht eigentlich bei den Dreharbeiten sein?«

»Nein«, sagte er und begann nun seinen Salat zu essen. »Rachel ist dran. Ich habe mindestens eine Stunde Zeit.«

Er aß und wir schwiegen eine Weile. Ich wusste nicht, ob es sehr unhöflich gewesen wäre, in meinem Buch weiterzulesen, während er mir gegenübersaß. Ich wusste andererseits auch nicht, worüber ich hätte sprechen sollen. Er schien meine Anspannung nicht zu bemerken. Ungerührt aß er weiter. Ich beobachtete ihn verstohlen, während ich meine Oliven weiter pickte. Er war glatt rasiert, mit diesen niedlichen Koteletten, die in seine einzigartige Wuschelmähne übergingen. Sein Gesicht wirkte wie gemeißelt. Seine Bewegungen waren fließend und geschmeidig, wie bei einem asiatischen Kampfsportler. Michelangelos David zum Leben erwacht.

Plötzlich sah er auf und mir direkt in die Augen. Ich errötete und blickte schnell zu meinem Buch, das noch immer aufgeschlagen neben meinem Tablett lag.

Doch ehe ich so tun konnte, als würde ich weiterlesen, hatte er bereits seine Hand ausgestreckt und das Buch zu sich gezogen.

Ich fühlte mich noch tiefer erröten. Er las ein paar Zeilen, hob dann die Augenbrauen und ich konnte wieder das Zucken um seine Mundwinkel sehen.

»Okay, ich gebe mich geschlagen«, stöhnte ich. »Ich lese gern Liebesromane. Da muss ich nicht denken, kann mich berieseln lassen und herrlich entspannen.«

Jetzt grinste er. »Kein Wunder bei solchen Szenen.« Er deutete auf eine Passage, die, wie ich wusste, als ... nennen wir es delikat gelten würde.

»Das war ja auch nur für meine Augen bestimmt«, murmelte ich verlegen, schnappte mir das Buch und klappte es demonstrativ zu.

»Glauben Sie daran?«, fragte er neugierig. Er legte die Gabel weg, sein Teller war leer.

»An Sex? Klar glaube ich, dass es so was gibt«, sagte ich trocken.

Er lachte leise. »Das meine ich nicht. An die ewige Liebe, dass man nur zu einem Menschen gehört.«

Ich erstarrte. »Ich denke, aus dem Alter bin ich raus.«

Sein Lächeln verblasste. »Entschuldigung. Ich habe nicht mehr daran gedacht. Möchten Sie einen Kaffee?«

Eigentlich trank ich immer Kaffee nach dem Essen. Und Robert Faulkner wollte sicherlich seine unbewusste Bemerkung wieder gutmachen. Also stimmte ich zu.

Er nahm sein und mein Tablett und kam nach einer Minute mit zwei Tassen Kaffee zurück. »Wie finden Sie es bislang beim Film?«, fragte er.

Ich beäugte ihn misstrauisch, aber es schien ihn wirklich zu interessieren.

»Spannend«, gestand ich schließlich. »Anstrengend. Ich hätte nicht gedacht, dass einem hier so viel abverlangt wird.«

»Ja, hier ist Perfektion gefragt«, gab er seufzend zu.

»Darf ich Sie mal was fragen?« Ich konnte es nicht länger unterdrücken.

»Alles«, antwortete Robert und sah mich wieder mit diesem entwaffneten Lächeln an.

»Sind Sie gerne Schauspieler?«

Er trank einen Schluck Kaffee, ehe er antwortete. »Ich drehe für mein Leben gern Filme, wenn es das ist, was Sie meinen. Es macht mir auch nichts aus, eine Szene tausendmal zu wiederholen, egal wie anstrengend sie ist. Ich stehe jeden Morgen gern auf, um ans Set zu fahren. Aber der Rummel, der um mich gemacht wird«, fügte er düster hinzu, »auf den könnte ich jederzeit verzichten.«

Ich nickte. »Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen. Wie ein Zimmerer, der gerne Dachstühle aufstellt. Er genießt vielleicht die Höhe und Freiheit, muss aber die Gerüste in Kauf nehmen und immer damit rechnen, vom Dach zu fallen.«

Er lachte laut auf. »Das ist aber mal ein Vergleich. Aber ja ... ja, das trifft es. Irgendwie. Jetzt habe ich noch eine Frage.«

»Klar. Quid pro quo oder wie hieß das bei Hannibal Lecter?«

Er lächelte wieder.

»Wenn Ihnen jemand ein weiteres Angebot für die Ausstattung beim Film anböte, würden Sie annehmen?«

»Jederzeit«, sagte ich, ohne nachzudenken.

Er hob erstaunt eine Augenbraue.

»Mag sein, dass es anstrengend ist, aber es ist auch befriedigend und die Bezahlung ist gut. Und es ist eine so angenehme Stimmung hier.«

»Ich finde die Stimmung auch angenehm«, sagte er und sah mir tief in die Augen.

Verlegen wandte ich den Blick ab.

»Ich glaube, ich muss wieder an die Arbeit«, sagte ich hölzern und erhob mich. »Danke für den Kaffee.«

»Jederzeit«, sagte er und als ich ging, fühlte ich seinen Blick in meinem Rücken.

Es war lange nicht so schlimm gewesen, wie ich befürchtet hatte. Tatsächlich musste ich ein paarmal leise vor mich hin lächeln, wenn ich an das Mittagessen dachte. Die Gespräche mit Robert Faulkner waren auf jeden Fall interessant. Solange ich die Erinnerung an sein umwerfendes Lächeln ausschaltete, war alles gut.

Ich beschloss, die Oliven ab sofort wieder täglich zu würdigen.

»Das Reptil hat sich beschwert«, sagte Luis, als ich zu unserer Baustelle zurückkehrte.

»Worüber diesmal?«, fragte ich nicht sonderlich interessiert. Tracy beschwerte sich andauernd. Über die Lampen, die Möbel, die Tapete, die Anordnung der Zimmerwände.

»Die Farben wären nicht mit ihr abgesprochen gewesen. Die Kaffeetassen würden nicht zu dem Rest der Einrichtung passen. Sie hätte informiert werden müssen.«

Ich rollte die Augen. »Und?«

»David hat ihr erklärt, sie solle gefälligst darauf achten, dass der Kaffee in den Tassen dampfe. Wie die aussähen, wäre egal.« Luis grinste schadenfroh bei der Erinnerung.

»Hat er das vor allen anderen gesagt?«, hakte ich wachsam nach.

Luis zuckte die Schultern. »Du kennst doch David. Der kann ausrasten, wenn es sein muss.«

Nein, so hatte ich ihn selber nie erlebt. Luis hatte David schon bei einem anderen Film geholfen, in den vorletzten Semesterferien.

Ich überlegte kurz, ob ich so etwas mit Tracy besprechen musste. Aber dann fiel mir ein, dass Tracy genau wie der erste Kameramann Greg, die Kostümdesignerin Shawn und Philip, der Außenrequisiteur, alle Vorlagen erhalten hatte – mit der genauen Farbwahl und meinen Skizzen.

»Sollen wir ihr ein öffentliches Memo senden?«, fragte ich und grinste spitzbübisch. »Das Café́ erhalte die Farben Spektralorange und kaledonisch Braun. Mal sehen, was sie damit anfangen kann.«

Luis kicherte. »Sag doch einfach Kackbraun und Glückskeksorange.«

»Glückskeksorange?«

»Klar. Das sind für meine Familie Jaffa-Kekse mit Orangenfüllung. Die sind immer ruckzuck weg. Es ist bei uns immer Glücksache, einen abzubekommen.«

»Nehmen Sie den Fisch. Die Koteletts sind fürchterlich, aber der Fisch ist großartig«, raunte mir von hinten eine Stimme ins Ohr. Ich fühlte den warmen Atem und roch ein dezentes Rasierwasser. Ich drehte den Kopf ein wenig und sah direkt in die Augen von Robert Faulkner.

Er stand so dicht hinter mir, dass ich seine Körperwärme spürte.

Mein Herz machte unwillkürlich ein paar Schläge extra.

»Äh, Fisch ist gesund, oder?«, fragte ich tonlos und hätte mich gleichzeitig ohrfeigen können. Das klang so ähnlich wie »Ich habe eine Wassermelone getragen«.

»Pazifischer Heilbutt. Schon mal gegessen?«, wollte er wissen, noch immer so dicht bei mir.

»Nein. Ich bin eher der Fleischesser.«

Er hob eine Augenbraue.

»Was darf’s sein?«, fragte Paul.

Ich zögerte noch. Fisch war eigentlich gar nicht meins.

»Zweimal den Heilbutt mit Rucola und Naturreis«, bestellte Robert

über meinen Kopf hinweg.

Ich drehte mich empört um. Er sah mich an und ergänzte dann zu Paul gewandt: »Oh, Verzeihung. Und eine Portion Oliven. Nein, besser zwei.«