Blitzhochzeit – und dann? - Shannon McKenna - E-Book

Blitzhochzeit – und dann? E-Book

Shannon McKenna

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Beschreibung

„Sie müssen mich heiraten.“ Marcus Moss braucht dringend eine Ehefrau, und Eve braucht Geld, um ihren Traum von einem Biotech-Startup zu verwirklichen. Also sagt sie Ja zu Marcus’ Antrag und der Summe, die er ihr bietet. Schon der erste Kuss nach der Blitzhochzeit ist überwältigend erotisch und die Spannung zwischen ihnen fast greifbar. Eine sinnliche Nacht folgt auf die andere, und Eve wünschte, ihre Ehe hätte kein Ablaufdatum. Doch dann taucht Marcus’ Ex auf und enthüllt ihr ein pikantes Geheimnis …

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2022 by Shannon McKenna Originaltitel: „How to Marry a Bad Boy“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe 2023 in der Reihe BACCARA, Band 2308 Übersetzung: Maike Claußnitzer

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751515795

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. Kapitel

„Ihr macht Witze, oder?“, fragte Marcus Moss. „Sagt mir, dass das ein Scherz ist.“

Seine Büroleiterin Gisela Velez schnalzte mit der Zunge. „Jede Frau auf meiner Liste könnte problemlos deine Ehefrau spielen. Bitte zieh es wenigstens in Erwägung.“

„Was muss ich denn noch tun, damit ihr es begreift?“, brüllte er. „Ich mache da nicht mit! Ich weigere mich! Kapiert ihr das nicht?“

„Es geht nicht nur um dich, Marcus“, rief seine Schwägerin Tilda ihm ins Gedächtnis. „Viele Jobs stehen auf dem Spiel.“

Fluchend sprang Marcus Moss, CTO von MossTech, auf und schob seinen Stuhl von dem großen, unordentlichen Schreibtisch zurück.

Nachmittagslicht strömte in sein weitläufiges Eckbüro. Böse starrte er in die Runde: Tilda, Gisela und seine kleine Schwester Maddie gingen ihm heute gnadenlos auf die Nerven.

Gisela arbeitete schon für ihn, seit er bei MossTech angefangen hatte, lange bevor er CTO geworden war. Sie führte sein Büro in Seattle kompetent und mit eiserner Hand, wenn er im Ausland war und sich um die weit verstreuten Filiallabore kümmerte. Normalerweise brachte er ihr viel Respekt und Zuneigung entgegen. Heute jedoch nicht.

Gisela verschränkte die Arme vor ihrem üppigen Busen und musterte ihn stirnrunzelnd, als wäre er der Unvernünftige in dieser Runde. „Wir verlangen ja nicht von dir, dich auf Kommando zu verlieben, sondern nur, dich auf einen Deal einzulassen.“

„Du hast nicht mehr viel Zeit“, warf Maddie ein. „In sieben Wochen wirst du fünfunddreißig. Wenn du dann noch unverheiratet bist, fällt die Kontrollmehrheit an Onkel Jerome, und das war es dann für MossTech.“

Marcus schloss die Augen und fluchte erneut. Die Vorstellung, sein Großonkel Jerome könnte die Anteilsmehrheit an MossTech übernehmen, war der reinste Horror und könnte Wirklichkeit werden, wenn er, Marcus, nicht auf das idiotische Heiratsultimatum einging, das seine Großmutter ihren Enkelkindern gestellt hatte. Schon seit Jerome und sein Bruder, Marcus’ Großvater Bertram, die Firma gegründet hatten, wollte er das alleinige Sagen in dem Familienunternehmen haben. Die letzten fünfzig Jahre waren ein einziger Machtkampf gewesen. Und diese Tatsache nutzte Elaine Moss nun skrupellos aus, auch auf die Gefahr hin, MossTech zu schaden. Jahrzehntelang hatte sie das Unternehmen geführt, an dem ihr große Anteile gehörten. Aber nun war es ihr noch wichtiger, dass ihre drei Enkel unter allen Umständen heirateten.

Für die drei war es natürlich ein Albtraum – oder besser gesagt, nur noch für Marcus. Caleb hatte letztes Jahr schon sein Glück gefunden, Maddie erst vor ein paar Wochen. Sie hatten es Gott sei Dank geschafft.

„Also?“, hakte Maddie nach. „Erde an Marcus. Komm in die Hufe, Junge.“

„Was glaubt ihr denn, was ich tue?“, protestierte er. „Ich versuche, so viel wie möglich von unserer Arbeit zu retten, bevor Jerome alles vernichtet, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben. Hört auf, mich abzulenken.“

„Unser Vorschlag verschafft dir Zeit“, drängte Tilda ihn. „Lass dich auf ein Arrangement mit jemandem von Giselas Liste ein. Du musst nicht mal so tun, als wäre es eine echte Ehe. Gran ist inzwischen auch klüger geworden und wird sich nicht beschweren.“

„Als wäre das so einfach“, gab er zurück. „Ich bin nicht wie Caleb, Tilda. Ich habe jeder Frau, mit der ich bisher zusammen war, sofort klargemacht, dass ich nicht auf eine feste Beziehung aus bin. Ich will nicht mal eine echte Ehe – und ganz bestimmt keine arrangierte.“

Tilda kniff die grünen Augen zusammen. „Komm schon, Marcus. Die Frauen liegen dir zu Füßen.“

„Ja, für eine heiße Wochenendaffäre! Darum geht es hier aber nicht.“

„Du schmollst, weil alles jetzt allein von dir abhängt, oder?“, fragte Maddie. „Du hast gehofft, dass Caleb und ich scheitern würden. Dann wärst du aus dem Schneider gewesen. Aber erstaunlicherweise hat es bei uns funktioniert.“

„Ich freue mich ja auch für euch, aber ihr hättet nicht nach Grans Pfeife tanzen sollen. Jetzt glaubt sie, dass sie eure Probleme gelöst hat und ihre Magie nur noch bei mir wirken muss.“

Tilda und Maddie tauschten schuldbewusste Blicke.

„Ich habe mich nicht auf Grans Wunsch hin in Jack verliebt, Marcus“, meinte Maddie dann.

„Das gilt auch für Caleb und mich“, fügte Tilda hinzu.

„Ja, und ich beuge mich ihr auch nicht“, blaffte Marcus. „Das wisst ihr, und Gran sollte es auch wissen.“

„Sie versucht, alte Fehler wiedergutzumachen“, erklärte Tilda. „Auf ihre ungeschickte, herrische Art meint sie es gut und glaubt, euch zu helfen.“

„Sie kommandiert mich schon rum, seit ich ein Kleinkind war.“ Genervt schüttelte Marcus den Kopf. „Damals hatte das auch keine Wirkung. Warum denkt sie, dass ich jetzt brav sein werde?“

„Erinnerst du dich noch an den Videoanruf, bei dem du auf dem Reisfeld in Indonesien gestanden hast?“, fragte Maddie. „Ihr seid so laut geworden, dass euer Streit bestimmt weltweit zu hören war.“

„Als Gran versucht hat, mir ein Date für deine Hochzeit zu organisieren? Oh ja. An das Gespräch erinnere ich mich nur zu gut.“

„Du hast gesagt, dass du lieber einen Namen aus einem Hut ziehen würdest, als sie eine Frau für dich aussuchen zu lassen“, erklärte Tilda. „Das hat uns auf eine Idee gebracht.“

„Das war ein Witz, Til“, stieß er hervor.

„Das hier ist keiner. Zieh einen Namen, Marcus. Komm schon, es macht Spaß.“

„Ich habe mit dem Personal von MossTech angefangen und die Liste auf Frauen zusammengestrichen, die nur befristet für spezielle Projekte engagiert sind“, erklärte Gisela. „Sie alle sind klug und ehrgeizig. Vertraulichkeitsvereinbarungen für die Firma haben sie schon unterzeichnet. Wir können einen speziellen Passus für diese Sache ergänzen. Wenn sie Nein sagen, hat das keine negativen Auswirkungen auf ihren Job, das habe ich schon mit der Personalabteilung geklärt. Ich habe einen Algorithmus geschrieben, um Singles im passenden Alter zu finden, und mich umgehört, um sicherzugehen, dass sie auch keine Beziehung haben. Es ist die beste Gelegenheit zum Netzwerken, die sie je bekommen werden. Zugegeben, es ist für alle etwas komisch, aber eine verzweifelte Lage erfordert besondere Maßnahmen. Und wer wäre nicht gern mit dem heißesten Traummann von MossTech verheiratet?“

„Das ist Caleb“, grummelte Marcus.

„Nein“, erklärte Tilda. „Der Titel ist auf dich übergegangen, als Caleb mich geheiratet hat. Der ist jetzt nur noch gestresster Familienvater.“

Das Lächeln, das sie mit Maddie und Gisela tauschte, ging ihm auf die Nerven. „Provoziert mich nicht“, warnte er sie.

„Ach, komm“, erwiderte Maddie. „Ich weiß aus Erfahrung, wie schwer es ist, unter Zeitdruck jemanden aufzutreiben, den man heiraten kann. Caleb hatte letztes Jahr nur einen Monat Zeit, als Gran das Ultimatum gestellt hat. Wir versuchen, dir ein Sprungbrett zu bauen.“

„Von dem ich mich geradewegs in den Abgrund stürzen kann, wie?“

„Apropos Abgrund: Wenn Jerome MossTech übernimmt, endet die Fusion mit der Firma meines Dads in einer Katastrophe für die Angestellten von Riley BioGen“, meinte Tilda. „Also hilf mir, Marcus. Bitte. Es geht wirklich nicht nur um dich.“

„Rede mit Gran“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich bin nicht für diesen Scheiß verantwortlich.“

„Achthundert Leute bei Riley BioGen verlassen sich darauf, dass ich ihnen ihren Lebensunterhalt sichere. Also streng dich an. Es gibt einen Ausweg, schon vergessen? Die Ehe muss ja nicht ewig halten. Ich zeige dir den Ehevertrag, den Caleb und ich geschlossen haben. Nutz ihn als Vorlage.“

„Ich mache mich doch nicht für Gran zum Affen!“

„Also lässt du dich lieber feuern“, warf Gisela spitz ein.

„Komm, Marcus“, beschwor Maddie ihn. „Es ist doch nicht so, als ob es dich etwas kosten würde.“

„Nur meinen Stolz, meine Würde und meine Integrität.“

Gisela verdrehte die Augen. „Pah! Meine Cousins haben mich auf Onkel Luiz’ Hochzeit mit Hector verkuppelt. Zwei Tage später waren wir verlobt. Die Ehe hält nun schon dreißig Jahre und funktioniert. Bis auf sein Schnarchen.“

„Bei Leuten, die für MossTech arbeiten, kannst du dir zumindest sicher sein, dass sie intelligent sind“, hob Maddie hervor.

„Hat Gran auch ihre Zähne und ihre Krankengeschichte überprüfen lassen?“

„Es sind alles respektable junge Frauen, also sei gefälligst höflich.“ Herausfordernd sah Giesela ihn an, während sie eine Tabelle aus einer Mappe zog und dann eine dunkelblaue Geschenktüte aus der Handtasche nahm. „Einen Hut habe ich nicht, aber wir nehmen einfach die Tüte, in der du mir die Flasche J’adore von Dior zum Geburtstag geschenkt hast. Das Parfüm gefällt mir übrigens sehr.“

„Freut mich zu hören“, gab er grimmig zurück. „Aber es reicht nicht aus, dich auf meiner Seite zu halten, oder? Was hätte ich dir schenken müssen, Gisela? Edelsteine? Mein Herzblut?“

„Es ist in unser aller Interesse, die Apokalypse zu verhindern“, belehrte Gisela ihn. „Du weißt, dass Jerome auch deine Büromitarbeiter feuert, sobald er dich entlässt, oder? Alle schreiben seit Wochen Bewerbungen. Der Stress ist schlecht für die Arbeitsmoral.“

Daran hatte Marcus noch gar nicht gedacht. „Warum sollte er das tun? Er schneidet sich ins eigene Fleisch, wenn er euch feuert.“

„Jerome ist nicht für seinen gesunden Menschenverstand bekannt“, bemerkte Maddie.

„Ihr kennt diese Firma in- und auswendig“, sagte Marcus zu Gisela. „Die Abläufe, die Labore weltweit. Jerome müsste verrückt sein, wenn er euch entlassen würde.“

„Er wird mir nie vertrauen“, meinte Gisela resigniert. „Bestimmt setzt er mich am selben Tag vor die Tür wie dich. Ich hatte eigentlich gehofft, bis zur Rente in diesem Job bleiben zu können. Du bist also nicht der Einzige, für den viel auf dem Spiel steht. Sebastian!“, rief sie durch die Tür. „Bring mir eine Schere.“

Ein junger Assistent eilte mit einer Schere herein und machte große Augen hinter seiner Brille.

Gisela reichte ihm die Tabelle. „Schneid die Namen aus und wirf sie in die Geschenktüte.“

Sebastian überflog die Liste, während er schnippelte. „Ist das für die Brautverlosung?“

Marcus zuckte zusammen. „Also wissen schon alle aus der Verwaltung über diesen Zirkus Bescheid?“

Gisela warf Marcus einen schuldbewussten Blick zu. „Ich musste mich ja umhören, um zu erfahren, ob die Kandidatinnen noch zu haben sind.“

„Ach so“, grummelte Marcus.

Sebastian schwenkte einen Papierschnipsel. „Barb Jennings sollten wir auslassen. Sie hat gerade einen Typen auf einer Konferenz in Las Vegas kennengelernt. Jetzt schwebt sie auf Wolke sieben und hört gar nicht mehr auf zu kichern.“

„Danke für den Tipp.“ Gisela nahm ihm den Schnipsel ab und warf ihn in den Papierkorb.

Sebastian schob die Papierstreifen mit den Namen in die Tüte und stellte diese vor Marcus auf den Tisch. Seine Augen funkelten vor Vorfreude.

„Raus mit dir, Sebastian“, forderte Gisela ihn auf. „Hopp, hopp.“

Enttäuscht schlich Sebastian davon.

„Ihr wollt also ernsthaft, dass ich einen Namen ziehe und dann eine Frau, die ich nicht einmal kenne, bitte, mich zu heiraten?“, fragte Marcus.

„Ja“, antworteten die Frauen im Chor.

„Bruderherz“, sagte Maddie, „wenn irgendein Mann auf der Welt das kann, dann du. Schließlich bist du reich, klug und echt heiß. Die Frau wird schon Ja sagen. Es sei denn, sie liebt jemand anderen. In dem Fall ziehst du einfach einen neuen Namen.“

„Du liebst doch das Risiko, oder?“, mischte Tilda sich ein. „Extremsport und so?“

Gisela schniefte. „Ich habe Himmel und Hölle für dich in Bewegung gesetzt, Marcus. Du schuldest mir einen Versuch, bevor du unsere Karrieren torpedierst.“

„Mach mir gefälligst kein schlechtes Gewissen“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Gisela hielt ihm die Tüte hin. „Ich habe keine Angst davor, meinen Chef zu verärgern, weil ich ja so oder so gefeuert werde. Und jetzt zieh einen Namen.“

Verdammte Scheiße. Er saß in der Falle, und das wussten sie. Er griff in die Tüte, wühlte herum … und wühlte weiter.

„Mach schon“, drängte Maddie.

„Nerv mich nicht“, gab er zurück und zog einen Papierstreifen heraus.

„Wer ist es?“, fragten die Frauen alle gleichzeitig.

Stirnrunzelnd musterte er den Namen. „Eve Seaton. Nie gehört.“

Tilda schnappte nach Luft. „Oh! Den Namen kenne ich! Caleb hat von ihr erzählt. Alle wollten sie unbedingt, aber sie hat nur einen befristeten Vertrag akzeptiert. Caleb würde alles dafür geben, sie dauerhaft in der Firma zu halten. Er hofft immer noch, dass sie es sich anders überlegt.“

„Worauf ist sie spezialisiert?“

„Genetik.“ Gisela setzte sich an seinen Computer und tippte unglaublich schnell etwas ein. „Man sagt, sie sei brillant. Sie leitet ein Team, das ein Pilzgenom sequenziert. Mal sehen … Ja, genau, Dr. Eve Seaton. Hier.“

Marcus trat hinter Gisela und beugte sich vor, um das Foto auf der Personalseite zu betrachten.

Eve hatte wellige braune Haare, die streng zurückfrisiert waren – ob sie einen Pferdeschwanz, einen Knoten oder einen Zopf trug, sah man nicht, nur einige lose Locken, die ihr in die Stirn fielen. Sie trug eine Brille mit schwarzem Rahmen und einen weißen Laborkittel, der mit dem Hintergrund verschwamm. Ihre Hände und ihr Gesicht schienen in einem Meer aus Weiß zu schweben.

Er beugte sich noch näher heran. Ihre Augen faszinierten ihn. Große, leuchtend graue Augen, die herausfordernd in die Kamera blickten.

Ein Hauch von Giselas J’adore stieg ihm in die Nase.

Eve Seaton wirkte ernst und zugeknöpft. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht mit zierlichem Kinn. Ihre Lippen waren so fest zusammengepresst, dass schwer festzustellen war, welche Form ihr Mund eigentlich hatte. Auf diesem Bild dominierten ihre Augen.

Nach einer Weile wurde ihm klar, dass die Frauen selbstgefällige Blicke tauschten.

„Ich wette, sie ist so klug wie du, Bruderherz, wenn nicht klüger“, meinte Maddie in ihrem typischen Kleine-Schwester-Ton, in dem sie auch Ätsch hätte sagen können. „Vielleicht solltest du lieber noch mal ziehen.“

„Hör auf mit dem Kindergartenscheiß“, grummelte er.

Das unterdrückte Kichern der drei raubte ihm den letzten Nerv. Er hatte endgültig genug.

„Okay, Ladys“, sagte er. „Wir sprechen uns später.“

„Warte!“ Gisela klickte auf eine weitere Information. „Sie ist im Genetiklabor im dritten Stock des Rosen Building. Ihre Büronummer ist 450. Hier.“ Sie wühlte in ihren Mappen herum und hielt ihm dann eine hin. „Das ist alles, was ich über sie herausfinden konnte. Abschlüsse, Lebenslauf, beruflicher Werdegang, wissenschaftliche Publikationen. Du kannst ihre Träume wahr machen … Im Austausch gegen einen Gefallen, der sie nichts kostet. Hm?“

Marcus nahm den Hefter. Da er die drei Frauen nicht gewaltlos aus seinem Büro entfernen konnte, ging er selbst und marschierte durch das Großraumbüro vor seiner Tür. Die Angestellten wandten sich schnell ab, als er vorbeikam, vermutlich weil sie spürten, dass ein Vulkan in ihm brodelte.

Nur Sebastian hatte das offenbar nicht begriffen. Er sprang von seinem Schreibtisch auf. „Hey, Mr. Moss. Wen haben Sie gezogen?“

Marcus zeigte so böse mit dem Finger auf ihn, dass der junge Mann zurückzuckte. „Kein. Wort. Mehr.“

Sebastian blinzelte. „Tut mir leid.“

Marcus ging weiter und schämte sich dafür, dass er einen Tollpatsch wie Sebastian angefahren hatte. Er ging direkt zur Tür zum Hof, um frische Luft zu schnappen.

Es geht nicht nur um dich.

Er verfluchte seine Großmutter dafür, dass sie ihm diesen Scheiß eingebrockt hatte. Wäre es nur um ihn gegangen, hätte er MossTech sofort den Rücken gekehrt. Selbst für seinen Bruder Caleb hätte er sich auf nichts eingelassen. Caleb würde schon irgendwie zurechtkommen. Sein Bruder liebte Tilda und seine kleine Tochter Annika heiß und innig und war froh, dass er sich wieder mit seinem besten Freund Jack Daly versöhnt hatte. Dank Maddie, die Jacks große Liebe war, hatte sich der Verdacht, dass Jack ihn betrogen hatte, als falsch herausgestellt.

All die Romantik versetzte Marcus in Panik.

Aber wenn er daran dachte, dass auch Gisela und die anderen gefeuert werden würden …

In der Mitte des Hofs blieb er am Springbrunnen stehen. Das Wasser floss über eine große, glänzende Weltkugel aus schwarzem Granit.

Er schlug die Mappe auf. Sie war voller Artikel aus wissenschaftlichen Zeitschriften, die von einer Forschungsgruppe verfasst worden waren. Eve Seatons Name stand überall an erster Stelle.

Ein Foto von ihr fiel ihm besonders ins Auge: Lächelnd nahm sie auf einer Bühne den Oskoff-Preis für herausragende Leistungen in der Biotechnologie entgegen. Sie trug ein hautenges anthrazitgraues Seidenkleid mit Stickereien und hohem chinesischem Kragen. Schöner Körper.

Der Preis war für die Genforschung bei einem Projekt namens Corzo vergeben worden. Er überflog die Unterlagen. Sie und ihr Team hatten ein schnell wachsendes Getreide entwickelt, das große Mengen CO2 speicherte. Die proteinreichen Körner waren für den menschlichen Verzehr geeignet und konnten auch als Futtermittel dienen. Die Blüten halfen gefährdeten Bienenarten. Nett. Corzo war offenbar multitaskingfähig.

In allen Artikeln, die Gisela gesammelt hatte, wurde betont, dass Corzo nicht nur essbar, sondern auch schmackhaft war. In einem ging es darum, dass Eve und ihr Team in Partnerschaft mit örtlichen Bäckereien Corzo-Rezepte entwickelt hatten. Fotos zeigten sie und ihr Team neben einer riesigen Auswahl von Backwaren und Nudeln. Auf einem Bild tauchte Eve einen Corzo-Cracker in einen Käsedipp. Auf einem anderen trug sie ein kleines Schwarzes und knallroten Lippenstift und hielt lachend eine Zimtschnecke hoch.

Süßes Lächeln. Weiche, volle Lippen. Gute Figur. Groß, gertenschlank. Tolle Brüste.

Er zückte sein Handy und rief Gisela an.

Sie nahm ab. „Chef?“

„Wird Eve Seatons Corzo-Projekt weiter finanziert?“, erkundigte er sich.

„Nein. Letztes Jahr ist irgendwas schiefgegangen“, antwortete Gisela. „Tolles Projekt, oder? Caleb möchte sie bestimmt für die Dachbegrünung im städtischen Raum an Bord holen, die er mit Maddox Hill Architecture entwickelt.“

„Bestimmt. Bis dann, Gisela.“

Sein zweites Smartphone klingelte in seiner anderen Jackentasche. Er fluchte. Er hätte es in der Schublade liegen lassen sollen, wo es ihn nicht nerven konnte. Das war das Handy, das er nur für sein Sexleben nutzte, um es streng von der Arbeit getrennt zu halten. Da sich herumgesprochen hatte, dass er eine Frau brauchte, meldete sich plötzlich jedes weibliche Wesen bei ihm, mit dem er einmal geschlafen hatte.

Auf dem Display stand der Name Teresa Haber. Ein Wochenendflirt. Mit ihr wollte er nicht unbedingt noch einmal reden.

Wehret den Anfängen. Er nahm den Anruf entgegen. „Hi, Teresa.“

„Hallo, Marcus.“ Ihre leise Stimme klang verführerisch. „Ich habe etwas sehr Schockierendes gehört. Angeblich zwingt dich deine Großmutter, dir eine Braut zu suchen.“

„Ja, aber das ist schon geklärt“, versicherte er ihr. „Schönen Abend noch, Teresa.“

„Also hast du jemanden gefunden? Wen?“

Er legte auf. Das ging sie nun wirklich nichts an.

Auf den Fotos in dem Artikel sah er Eve Seatons lachendes Gesicht noch einmal an. Das Rosen Building lag gleich auf der anderen Seite des Hofs.

Um diese Uhrzeit war es hier draußen fast leer. Leute mit Familien waren schon auf dem Heimweg. Eve Seaton hatte das Labor sicher schon verlassen. Vielleicht trank sie noch etwas mit Freundinnen oder Kollegen. Wer wusste das schon? Aber seine Füße trugen ihn hinein und zu den Fahrstühlen. Er fuhr in den vierten Stock.

Dort angekommen, spazierte er durch die fast leeren Flure, bis er Büro 450 erreichte. Die Tür war abgeschlossen.

Er ging weiter bis zu dem Labor, das Gisela ihm genannt hatte. Drinnen sah er einen großen Asiaten aus einer Sicherheitsschleuse kommen.

Marcus ging auf ihn zu. „Entschuldigen Sie bitte. Ist Eve Seaton noch hier?“

„Ja, im keimfreien Raum.“ Der Mann zeigte auf eine einsame Gestalt, die durch eine Glasscheibe im Bereich hinter der Sicherheitsschleuse zu sehen war.

„Danke.“ Marcus ging zu dem Fenster.

Eve Seaton hatte ihm den Rücken zugewandt. Sie war schlank und hielt sich sehr aufrecht. Das war alles, was er unter ihrem Schutzanzug erkennen konnte. Mit ihren Handschuhen und Stiefeln, der Kapuze, der Maske und der Schutzbrille hätte sie auch als Astronautin durchgehen können.

Das machte es ihm schwer, vor sich selbst zu rechtfertigen, dass er sie anstarrte. Er sah schließlich nur eine Person im Schutzanzug vor sich, die ins Mikroskop spähte und keine Ahnung hatte, dass er da war. Eigentlich hätte das ungefähr so interessant sein sollen, wie Farbe beim Trocknen zuzuschauen.

Aber er langweilte sich überhaupt nicht.

2. Kapitel

Eve verstaute ihre Ausrüstung im Eimer, um alles sterilisieren zu lassen, und ließ erschöpft die Schultern kreisen. Sie hätte schon vor Stunden nach Hause gehen sollen, um ein gesundes Abendessen mit viel Gemüse zu kochen und Yoga zu machen. Stattdessen hatte sie wieder einmal Überstunden für das MossTech-Genomprojekt geschoben. Und das nur, um beschäftigt zu sein und nicht an dieses Arschloch Walter zu denken. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte sie diesen Job nicht gebraucht, sondern ihr eigenes Start-up gegründet.

Obwohl es Monate her war, konnte sie immer noch nicht fassen, was passiert war. Walter hatte sie unterstützt und sie für ihr Projekt bewundert. Er war Buchhalter von Beruf, ein Naturtalent, was Zahlen anging. Geldfragen waren immer ihre Schwäche gewesen, und so hatten sie und Walter sich perfekt ergänzt. Oder nicht?

Ja, er interessierte sich für Geld. Sie hatte nur nicht gleich begriffen, in welcher Hinsicht. Nicht, bevor er ihr Erbe und ihre Ersparnisse gestohlen und sich mit seiner Geliebten abgesetzt hatte.

Hör auf. Wenn sie auch nur anfing, daran zu denken, würde sie so wütend werden, dass ihr schlecht wurde.

Ein Glas Wein und ein Sandwich würden helfen. Etwas Schlaf wäre auch nicht verkehrt. Sie sah ihr Spiegelbild in der Glasscheibe und zuckte zusammen. Die synthetische Kapuze hatte ihr Haar feucht werden lassen. Es klebte ihr am Kopf, und ihre Brille war beschlagen. Vielleicht sollte sie Kontaktlinsen tragen, aber die vertrug sie nicht besonders gut. Außerdem hatte Walter Kontaktlinsen bevorzugt, weil er sie nur ohne Brille sexy gefunden hatte.

Zum Teufel mit sexy. Zum Teufel mit Walter. Sie drehte ihre Haare zu einem lockeren Knoten. Dann trat sie aus der Luftschleuse.

„Entschuldigen Sie bitte.“

Die leise Stimme hinter ihr ließ sie herumwirbeln.

„Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe“, fuhr der Mann fort. „Sind Sie Dr. Eve Seaton?“

Eve war sprachlos.

Marcus Moss höchstpersönlich. Er war der heimliche Grund dafür, dass sie sich für den Job bei MossTech entschieden hatte, obwohl ihr andere prestigeträchtige Optionen offengestanden hätten. Der Teil ihres Gehirns, der sie immer noch als junges Mädchen sah, hatte gehofft, dass sie ihm irgendwann über den Weg laufen würde.

Er kam näher. „Ich bin Marcus Moss.“

Das weiß ich doch. CTO von Moss Tech und heimlicher Star ihrer nicht ganz jugendfreien Träume.

Meine Güte. Aus der Nähe war er so attraktiv, dass es fast schon unanständig war.

Er wartete auf eine Antwort und runzelte die Stirn. Seine dunklen Augenbrauen waren wohlgeformt. Sie hatte gehört, dass sein Vater Japaner oder vielleicht Koreaner war. Verdammt, ist er attraktiv!

Ein Lächeln umspielte seinen sinnlichen Mund. Offenbar war er es gewohnt, dass Frauen ihre Muttersprache vergaßen, wenn er sie auch nur ansah.

„Tut mir leid, dass ich sie überrumpelt habe“, erklärte er sanft. „Ich bin nicht gefährlich, versprochen.“

Beinah hätte sie laut aufgelacht. Lüg nicht, Freundchen.

„Ich bin der …“

„… CTO von MossTech, ich weiß.“ Gott sei Dank funktionierte ihre Stimme wieder. „Tut mir leid, ich hatte einen Frosch im Hals.“

„Also wissen Sie, wer ich bin.“

„Natürlich. Das wissen doch alle.“ Aber die anderen haben keine heißen erotischen Träume, in denen du die Hauptrolle spielst. Sie suchen nicht im Internet nach jeder noch so kleinen Nachricht über dich.

Sie durfte gar nicht daran denken, wie seltsam ihr Verhalten war.

„Sie arbeiten doch an der Sequenzierung des Pilzgenoms, oder?“, wollte er wissen.

„Genau.“ Sie bemühte sich um einen professionellen Tonfall, klang aber seltsam atemlos. „Was kann ich für Sie tun, Mr. Moss?“

„Da bin ich mir noch nicht sicher“, gab er zurück. „Aber ich habe … na ja, man könnte es einen geschäftlichen Vorschlag nennen.“

Eve strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Was für einen?“