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Wie funktioniert die Blockchain-Technologie? Was sind Tokens und NFTs? Welchen Nutzen bieten die Anwendungen aus der dezentralen Finanzwelt (DeFi)? Verständliche Ausführungen, eine klare Strukturierung und über 120 grafische Darstellungen verschaffen einen vertieften Einblick in die komplexe Welt von Blockchain und Digital Assets. «Blockchain in der Finanzwelt» ist eines der ersten Lehrbücher im deutschsprachigen Raum, welches das vielfältige Themenfeld rund um Blockchain und Digital Assets in seiner ganzen Breite und Tiefe behandelt. Das neue Standardwerk bietet sowohl einen raschen Überblick für Einsteigerinnen und Einsteiger als auch zahlreiche Vertiefungen sowie den einen oder anderen fachlichen Leckerbissen für Fortgeschrittene. Das Nachfolgewerk von «Blockchain für die Praxis» enthält eine Fülle an zusätzlichen Informationen zu den Themen Smart Contracts, Skalierbarkeit, CBDCs, Tokenisierung, Stablecoins, NFTs, Decentralised Finance (DeFi) und Metaverse. Der Fokus liegt dabei auf den neuesten Entwicklungen und Anwendungsfällen in der Finanzwelt. Möchten auch Sie das vielfältige Potenzial von Blockchain und Digital Assets entdecken und in diese neue dezentrale Welt eintauchen? Mit «Blockchain in der Finanzwelt» bieten die beiden Autoren Pascal Egloff und Ernesto Turnes einen kompakten und gut verständlichen Zusammenzug ihres Fachwissens aus mehrjährigen Forschungs-, Lehr- und Beratungstätigkeiten. Das einzigartige Nachschlagewerk ermöglicht einen umfassenden und differenzierten Blick hinter die Kulissen der Blockchain-Welt. Zielgruppe: - Mitarbeitende von Unternehmen aus der Finanzdienstleistungsbranche, die sich für das Potenzial und die Funktionsweise der Blockchain-Technologie interessieren. Dazu zählen z. B. Angestellte von Banken, Versicherungen sowie Vermögensverwaltungsgesellschaften, aber auch des Treuhandwesens, der Wirtschaftsprüfung, der Unternehmens-, Rechts- und Steuerberatung sowie von staatlichen Institutionen. Auch Fach- und Führungskräfte von Finanzabteilungen wie bspw. Controller oder CFOs sind angesprochen. - Blockchain- und Krypto-Interessierte, die sich mit dieser innovativen Technologie und den Anwendungsmöglichkeiten in der Finanzwelt vertieft auseinandersetzen möchten. - Private und institutionelle Anlegerinnen und Anleger, welche die Chancen und Risiken von Digital Assets besser verstehen möchten. - Studierende von Fachhochschulen und Universitäten sowie Teilnehmende von Seminaren und Weiterbildungslehrgängen.
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Seitenzahl: 532
Veröffentlichungsjahr: 2023
Pascal Egloff und Ernesto Turnes
Crypto Assets, DeFi, Tokenisierung, NFT und Metaverse
1. Auflage 2023
Pascal Egloff, Ernesto Turnes: Blockchain in der Finanzwelt
ISBN 978-3-286-50306-9
Das Werk erscheint als E-Book unter der ISBN 978-3-286-11764-8 (PDF)und als ePub unter der ISBN 978-3-286-11773-0 (EPUB)
© Verlag SKV AG, Zürich
www.verlagskv.ch
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Umschlagbild: Miloš Stojanovic
Inhalt Bildquellen:
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Seite 256: Vector Factory
Seite 267: Colourhand/Shutterstock.com
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Wir nehmen diese gerne per E-Mail an [email protected] entgegen.
Die beiden Autoren haben zu gleichen Teilen das vorliegende Buch verfasst:
Ernesto Turnes ist seit 2006 Dozent und seit 2012 Professor für Banking und Finance an der Ostschweizer Fachhochschule (OST) in St. Gallen und leitete dort von 2012 bis 2023 das Kompetenzzentrum für Banking und Finance. Seit 2023 ist er Leiter des neuen Instituts für Finance und Law (IFL). Neben der Lehrtätigkeit im Bereich Aus- und Weiterbildung sowie zahlreichen Referaten und externen Seminaren leitet er diverse Forschungs- und Dienstleistungsprojekte bei Banken und Vermögensverwaltern. Er ist Co-Autor der Lehrbücher «Unternehmensbewertung und Aktienanalyse» sowie «Blockchain für die Praxis». Zu seinen Spezialgebieten zählen das Asset Management, die Bewertung von Finanzinstrumenten sowie Investments in Crypto Assets.
Ernesto Turnes amtete während zehn Jahren als Verwaltungsratspräsident einer Schweizer Asset Management Boutique und ist seit 2020 im Stiftungsrat einer grossen Schweizer Pensionskasse (Anlageausschuss). Vor seiner Tätigkeit an der FH OST arbeitete er als Aktienanalyst bei der Credit Suisse und als Kreditrisikomanager bei Raiffeisen Schweiz. Er hält zwei Masterdiplome der Universität St. Gallen (HSG): M. A. in Banking & Finance et M. A. in Volkswirtschaftslehre. Zudem ist er CFA-Charterholder (Chartered Financial Analyst) und Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Finanzmarktforschung.
Pascal Egloff ist seit 2017 Dozent an der Ostschweizer Fachhochschule (OST) in St. Gallen. Seit 2023 leitet er das Kompetenzzentrum für Banking und Finance. Dabei fungiert er als Projektleiter bei Forschungs- und Dienstleistungsprojekten, unterrichtet im Rahmen von Aus- und Weiterbildungen und tritt regelmässig als Speaker sowie Panelist auf. Zu seinen Spezialgebieten zählen nebst Blockchain und Digital Assets die Bereiche Impact Finance und Innovationen im Banking. Er ist Co-Autor des Lehrbuchs «Blockchain für die Praxis» und publizierte bereits zahlreiche Artikel zum Themenfeld Blockchain und Finance. Des Weiteren leitete er das von der Innosuisse mitfinanzierte Forschungsprojekt mit dem Titel «Independent Evaluation Framework for Security Tokens», ist Präsident der Branchenvereinigung Digital Assets Switzerland (DAS) sowie Co-Leiter des Projekts «Vision of Tokenized Finance» von Swiss Fintech Innovation (SFTI).
Vor seiner Zeit als Dozent arbeitete Pascal Egloff in London bei der European Bank for Reconstruction and Development (EBRD). Im Team für Power and Energy Utilities begleitete er Finanzierungsprojekte von erneuerbaren Energien im Raum Osteuropa und Zentralasien. Er verfügt zudem über fünf Jahre Berufserfahrung im Banking bei der Credit Suisse in der Schweiz sowie in London. Er absolvierte einen Bachelor in Business Administration an der FHS St. Gallen und hält zwei Master-Abschlüsse der Universität St. Gallen (HSG) in internationalem Management (CEMS) sowie in Rechnungswesen und Finanzen (MAccFin). Zudem studierte er an der Aalto University – School of Business in Helsinki und ist zertifizierter Financial Risk Manager (FRM).
Die Geschichte von Blockchain und Crypto Assets begann mit der Entstehung des Bitcoins im Januar 2009. Aktuell gibt es über 22 000 Crypto Assets, die von den Befürwortern bejubelt und von den Gegnern verschmäht werden. Niemand weiss, was die Zukunft bringen wird, weshalb wir in diesem Buch bewusst darauf verzichten, unsichere Prognosen zu formulieren. Als Dozierende und Forschende einer Hochschule erachten wir es als unsere Aufgabe, die neusten Entwicklungen im Bereich Banking und Finance zu analysieren und die Vor- und Nachteile unseren Studierenden sowie der Öffentlichkeit zu vermitteln. Das Ziel dieses Buches besteht deshalb darin, eine Brücke zwischen der Theorie und der Praxis zu schlagen und einen Beitrag zum besseren Verständnis der komplexen Kryptowelt zu leisten.
Wir sind seit mehreren Jahren fasziniert von der rasanten Entwicklung und den unerwarteten Wendungen der immer noch jungen Blockchain-Technologie und ihren vielfältigen Anwendungen. Auch nach zahlreichen Forschungs- und Dienstleistungsprojekten, Referaten, Vorträgen und Panel-Diskussionen bleibt die Faszination für Blockchain und Crypto Assets erhalten. Dieses Buch soll den Leserinnen und Lesern nicht nur die Blockchain-Technologie und ihre Anwendungen näherbringen, sondern sie auch dabei unterstützen, sich ein eigenes fundiertes Bild über das Potenzial dieser technologischen Innovationen zu machen.
Oft wird die aktuelle und künftige Entwicklung von Blockchain und Co. mit dem Siegeszug des Internets verglichen. Sollte dies zutreffen, würden wir uns aktuell erst am Anfang einer grossen Erfolgsgeschichte befinden. Den Entwicklungen rund um Blockchain, Crypto Assets, DeFi, NFTs und Metaverse wird ein disruptiver Charakter zugesprochen. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage des MIT SMR Strategy Forum (2022) wurden Experten aus der akademischen Welt befragt, ob die Blockchain-Technologie eine disruptive oder eine erhaltende Innovation darstelle. Dabei hat sich unter den Befragten keine klare Meinung herauskristallisiert.
Die Theorie über disruptive Innovationen nach Clayton M. Christensen besagt Folgendes: Disruptive Innovationen transformieren Produkte oder Dienstleistungen, die bisher nur einem sehr beschränkten Kreis an Nutzenden zur Verfügung standen, und machen sie einem breiteren Publikum zugänglich. Meist handelt es sich dabei um Produkte oder Dienstleistungen, die bisher komplex und oder teuer waren. Die disruptive Innovation findet am unteren Ende des Marktes statt und bringt daher oftmals zu Beginn «schlechtere» Produkte als die der Marktführenden mit sich. Eine einfachere Zugänglichkeit oder ein tieferer Preis ebnen den Weg für einen breiteren Nutzerkreis der Produkte oder Dienstleistungen und schliesslich zur Disruption.
Diese sehr kurz gehaltene Definition erlaubt es nicht, ein abschliessendes Urteil über den disruptiven Charakter von Blockchains und ihren Anwendungen zu fällen. Ob sie als disruptive Innovationen einzustufen sind, wird sich erst in der Retrospektive zeigen.
Das wichtigste Indiz für eine potenziell disruptive Innovation steckt hinter dem Begriff «einfachere Zugänglichkeit». Die neue Art der dezentralen oder verteilten Datenhaltung mittels Blockchain erlaubt eine gewisse Demokratisierung und lässt Grenzen (geografisch, rechtlich, kulturell) verschwimmen. Dies kann einen einfacheren Zugang zum Beispiel zu Finanzdienstleistungen ermöglichen. Ein Bitcoin beispielsweise kann problemlos und ohne Intervention von zentralen Instanzen grenzüberschreitend transferiert werden. Dies führt letzten Endes zu einem freieren Zugang zu Finanzdienstleistungen (finanzielle Inklusion) für einen grossen Teil der Weltbevölkerung (gemäss Weltbank hatten im Jahr 2021 über 23% der Weltbevölkerung kein Bankkonto). In der Schweiz und in vielen anderen Industrieländern wird der freie Zugang zu Finanzdienstleistungen als Normalfall betrachtet. Für Personen, die dank der Blockchain-Technologie und ihrer Anwendungen in der Finanzwelt erstmals Zugang zu Finanzdienstleistungen erhalten, stiften die Entwicklungen in der Kryptowelt einen echten Mehrwert. Dies allein macht jedoch noch keine disruptive Innovation aus. Einerseits muss sich die Blockchain-Welt zwingend weiterentwickeln (Stichworte: Skalierbarkeit und Interoperabilität), um in der Breite Erfolg zu haben. Andererseits gibt es einige Stakeholder, die künftig noch stärker miteinbezogen werden müssen. Dazu gehören insbesondere die nationalen und internationalen Regulationsbehörden. Zudem erfordert der dezentrale Charakter einer Blockchain ein weitaus grösseres Mass an Kollaboration und Zusammenarbeit unter den Stakeholdern und Nutzenden, wie dies beispielsweise auch in einer direkten Demokratie der Fall ist.
Dieses Lehrbuch beabsichtigt, das notwendige fachliche Rüstzeug zur Verfügung zu stellen, um die Entwicklungen in der Blockchain-Welt mittels handfester Informationen und praxisorientierter Hinweise voranzutreiben. Im Unterschied zum Vorgängerwerk «Blockchain für die Praxis» liegt der Fokus auf den Anwendungen in der Finanzwelt. Klarheit, Einfachheit und Verständlichkeit stehen bei allen Ausführungen und Visualisierungen weiterhin im Mittelpunkt.
Didaktische Aufbereitung des Buches
Das Buch umfasst insgesamt drei Teile oder Ebenen: Technologien, Infrastrukturen und Applikationen. Am Schluss befindet sich ein Extrateil, welcher die übergreifenden Themen Steuern, Rechnungslegung und Recht beinhaltet. Anhand einer Leitgrafik können die Lesenden stets nachvollziehen, auf welcher Ebene die jeweiligen Themen angesiedelt sind. Jedes Kapitel beginnt mit einer Box «Ausblick», die darauf hinweist, welche Inhalte im jeweiligen Kapitel enthalten sind. Am Schluss des Kapitels folgt jeweils eine Box «Rückblick und Zusammenfassung», die alle wesentlichen Aspekte nochmals auflistet. In der Marginalspalte (am Seitenrand) wird den Lesenden angezeigt, ob im Text eine wichtige «Definition» oder ein anschauliches «Beispiel» zu finden ist. Zudem sind im Text folgende drei Arten von Boxen mit entsprechenden Symbolen integriert:
•«Praxis» mit Tipps und Hinweisen für Praxisorientierte
•«Technik» mit technischen Details für Technikinteressierte
•«Exkurs» mit Hintergrundinformationen für Detailverliebte
Diese Boxen können je nach Interesse auch übersprungen werden, ohne den roten Faden zu verlieren. Am Ende des Buches befindet sich zudem ein Glossar mit zahlreichen nützlichen Begriffsdefinitionen sowie ein «Crypto Slang»-Verzeichnis mit speziellen Begrifflichkeiten und Abkürzungen aus der Kryptoszene.
Dieses Buch richtet sich an:
•Privatpersonen und Mitarbeitende von Unternehmen aus der Finanzdienstleistungsbranche, die sich für das Potenzial und die Funktionsweise der Blockchain-Technologie interessieren. Dazu zählen zum Beispiel Angestellte von Banken, Versicherungen sowie Vermögensverwaltungsgesellschaften, aber auch des Treuhandwesens, der Wirtschaftsprüfung, der Unternehmens-, Rechts- und Steuerberatung sowie von staatlichen Institutionen. Auch Fach- und Führungskräfte von Finanzabteilungen wie beispielsweise Controller oder CFOs sind angesprochen.
•Private und institutionelle Anlegerinnen und Anleger, welche die Chancen und Risiken von Crypto Assets (Digital Assets) besser verstehen möchten.
•Studierende von Fachhochschulen und Universitäten sowie Teilnehmende von Seminaren und Weiterbildungslehrgängen.
•Blockchain- und Krypto-Interessierte, die sich mit dieser innovativen Technologie und den Anwendungsmöglichkeiten in der Finanzwelt vertieft auseinandersetzen möchten.
Danksagung der Autoren:
Folgenden Personen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben, möchten wir einen speziellen Dank aussprechen (in alphabetischer Reihenfolge):
•Den Fachexpertinnen und Fachexperten Tina Balzli (Partnerin, Rechtsanwältin bei CMS Switzerland), Diego Benz (Partner, Rechtsanwalt, Notar bei Kaiser Odermatt & Partner), Marius Breier (Managing Associate, Steuerberater bei Walder Wyss), Christoph Burgdorfer (Managing Director bei Asteria Corporation), Mauro Casellini (CEO bei Bitcoin Suisse Liechtenstein), Jana Essebier (Partnerin, Rechtsanwältin bei VISCHER), Peter Fux (Direktor vom Kulturmuseum St. Gallen), Marco Gehrig (Professor für Accounting, Taxation und Corporate Finance an der Ostschweizer Fachhochschule), Janis M. Heibel (Head of Crypto bei Synpulse Management Consulting), Anton F. Jacober (CEO BlockSpirit), Philippe Kaiser (Partner, Rechtsanwalt bei Kaiser Odermatt & Partner), Valentin Kalinov (Executive Director bei International Token Standardization Association), Thomas Krabichler (Dozent für Banking & Finance an der Ostschweizer Fachhochschule), Thomas Linder (Tax Partner bei MME), Silvan Loser (Head of the Department of Professional Practice [DPP] Swiss Accounting bei KPMG Switzerland), Andra-Maria Maute (Enterprise Architect bei Zürich Insurance Group), Thomas Moser (Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank), Thomas Müller (Partner, Rechtsanwalt bei Walder Wyss), Matthias Nimke (Bibliothekar an der Universität St. Gallen), Robert Ott (Project Manager Technical Lead bei SWITCH), Heiko Petry (Assistant Manager bei KPMG Switzerland), Philipp Sandner (Professor & Head Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance & Management), Roman Schnider (Präsident der Tezos Foundation), Sven Steger (Senior Tax Advisor bei MME), Cornelia Stengel (Partnerin, Rechtsanwältin bei Kellerhals Carrard), Alexander Thoma (Head of Digital Assets bei der PostFinance) und Daniel Wild (Amtsleiter-Stellvertreter des Konkursamts St. Gallen), die uns mit wertvollen Inputs und Beispielen aus der Praxis unterstützt sowie mehrere Teile unseres Buches redigiert haben.
•Allen Personen aus dem Verlag SKV, welche die professionelle Umsetzung und Publikation sicherstellten.
•Unseren Familien, die während der intensiven Schreibphase oft auf unsere ungeteilte Aufmerksamkeit verzichten mussten.
Wir bitten Sie, uns Ihre Kommentare und Verbesserungsvorschläge per E-Mail mitzuteilen ([email protected] und [email protected]).
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Spass bei der Lektüre und hoffen, mit unserem Standardwerk einen Beitrag zum besseren Verständnis der komplexen Welt von Blockchain und Crypto Assets zu leisten.
St. Gallen, im Februar 2023
Ernesto Turnes und Pascal Egloff
«Digitale Assets sind die Zukunft und ohne Blockchain-Technologie wird das Thema Finanzen nicht mehr auskommen. Das betrifft schon heute viele Bereiche: den digitalen Euro, den Bitcoin, Smart-Contract-Plattformen wie Ethereum, Decentralized Finance, Non-Fungible Tokens, Metaverse, Tokenisierung von Assets, digitale Wertpapiere. Wer mit Finanzen zu tun hat, sollte sich zügig mit dem Thema beschäftigen, etwa mit Hilfe dieses Buches.»
Philipp Sandner,
Professor & Head Blockchain Centeran der Frankfurt School of Finance & Management
Vorwort
Inhalt
Das Wichtigste in Kürze
1Einleitung
1.1Digitalisierung und Blockchain
1.2Aufbau und Leitgrafik
1.3Aktualität und E-Book
Teil I: Technologien
2Einführung Technologien
2.1Von zentralen zu verteilten Netzwerken
2.2Transaktionssysteme
2.2.1Aufgaben eines Transaktionssystems
2.2.2Anforderungen an ein Transaktionssystem
2.2.3Alternative Transaktionssysteme
2.3Verteilte Transaktionssysteme (DLT)
2.4Unterscheidung DLT und Blockchain
2.5Arten von Blockchains
2.5.1Zweidimensionale Kategorisierung von Blockchains
2.5.2Weitere Unterscheidungsmerkmale Public / Private Blockchains
3Blockchain-Technologie
3.1Einleitung
3.2Verfügbarkeit
3.2.1Verteiltes Peer-to-Peer-Netzwerk
3.2.2Zugriffsrechte und Level an Dezentralität
3.2.3Anbindung an andere Systeme (Interoperabilität)
3.3Eigentumssicherung
3.3.1Einführung Kryptografie
3.3.2Asymmetrische Kryptografie
3.3.3Wallets zur Schlüsselaufbewahrung
3.4Unveränderbarkeit
3.4.1Bestandteile eines Blocks
3.4.2Verkettung von Blöcken
3.4.3Append-Only-Regel
3.5Überprüfbarkeit
3.5.1Von der Transaktion zum Block
3.5.2Arbeitsnachweis (Proof of Work, PoW)
3.5.3Beteiligungsnachweis (Proof of Stake, PoS)
3.5.4Sonderformen von Proof of Stake
3.5.5Autoritätsnachweis (Proof of Authority, PoA)
3.6Skalierbarkeit
3.6.1Anzahl Transaktionen als Engpass
3.6.2Transaktionszeit versus Transaktionskosten
3.6.3Transaktionen pro Block und Merkle Tree
3.6.4Einführung in erweiterte Skalierungslösungen
3.6.5On-Chain-Skalierungen (Layer 1 / Basis-Blockchain)
3.6.6Off-Chain-Skalierungen (Layer 2 / Multiplikator)
4Andere DLT-Technologien
4.1Tangle / MIOTA
4.1.1Aufbau und Funktionsweise des Tangle-Protokolls (MIOTA)
4.1.2Konsensmechanismen bei der DAG-Technologie
4.2Vergleich DAG (Tangle) und Blockchain
Quellenverzeichnis für Teil 1 (Technologien)
Teil II: Infrastrukturen
5Einführung Infrastrukturen
5.1Infrastrukturen und Protokolle
5.2Protokollanpassungen (Soft und Hard Forks)
5.3Smart Contracts
5.4Oracles
5.5Rechtliche Sichtweise auf Smart Contracts
6Einführung Crypto Assets und Tokens
6.1Kategorisierung von Crypto Assets
6.2Handel
6.2.1Wallets
6.2.2Kryptobörsen
6.2.3Finanzprodukte auf Crypto Assets
7Native Tokens
7.1Bitcoin
7.1.1Entstehung und Kursentwicklung
7.1.2Eigenschaften und Funktionsweise
7.1.3Abspaltungen
7.1.4Stärken und Schwächen
7.2Ether (Ethereum)
7.2.1Entstehung und Kursentwicklung
7.2.2Eigenschaften und Funktionsweise
7.2.3Abspaltungen
7.2.4Ethereum 2.0
7.2.5Stärken und Schwächen
7.3Digitale Zentralbankwährungen (CBDCs)
7.3.1Entstehung von digitalen Zentralbankwährungen
7.3.2Arten von CBDCs
7.3.3Anwendungsmöglichkeiten und Praxisbeispiele
Quellenverzeichnis für Teil 2 (Infrastrukturen)
Teil III: Applikationen
8Einführung Applikationen
8.1Dezentrale Applikationen (DApps)
8.1.1Abgrenzung
8.1.2Wichtige Elemente
8.2Dezentrale autonome Organisationen (DAOs)
9Tokenisierung und Non-Native Tokens
9.1Mittels Tokenisierung zu Crypto Assets / Digital Assets
9.1.1Smart Contracts für Tokens
9.1.2Evolution von Digital Assets
9.1.3Gründe für eine Tokenisierung
9.2Initial Token Offerings (ITOs)
9.2.1Initial Coin Offerings (ICOs)
9.2.2Security Token Offerings (STOs)
9.3Stablecoins
9.3.1Entstehung von Stablecoins
9.3.2Arten von Stablecoins
9.3.3Anwendungsmöglichkeiten
9.3.4Praxisbeispiele
9.4Non-Fungible Tokens (NFTs)
9.4.1Grundlagen
9.4.2Funktionsweise
9.4.3Anwendungsmöglichkeiten und Praxisbeispiele
10Decentralised Finance (DeFi)
10.1Abgrenzungen zwischen DeFi, CeFi und TradFi
10.2Marktentwicklung
10.3Arten von dezentralen Finanzapplikationen
10.3.1Dezentrale Kreditmärkte (Lending und Borrowing)
10.3.2Dezentrale Kryptobörsen (Decentralised Exchanges, DEX)
10.3.3Dezentrales Asset Management und Yield-Aggregatoren
10.3.4Synthetische Assets
10.4Ausblick
11Metaverse
11.1Arten von Realitäten (AR, VR und MR)
11.2Evolution des Internets: Vom Web1 zum Web3
Quellenverzeichnis für Teil 3 (Applikationen)
Extra: Steuern, Rechnungslegung, Recht
12Steuern, Rechnungslegung und Recht
12.1Steuerliche Aspekte
12.1.1Steuerfolgen von Crypto Investments
12.1.2Steuerfolgen bei der Emission von Tokens
12.1.3Mehrwertsteuer (MWST)
Wichtige Dokumente und Quellen zum Thema Steuern
12.2Aspekte der Rechnungslegung
12.2.1Bilanzierung von Crypto Assets
12.2.2Bewertung nach OR und IFRS
12.2.3Crypto Assets zur Kapitalerhöhung / Gründung
12.2.4Führung der Bücher in BTC anstelle CHF?
Wichtige Dokumente und Quellen zum Thema Rechnungslegung
12.3Rechtliche Aspekte
12.3.1Übersicht zu den rechtlichen Themenbereichen der Teile 1 bis 3
12.3.2Schweizer DLT-Gesetz
12.3.3Rechtliche Aspekte bei Non-Fungible Tokens
Wichtige Dokumente und Quellen zum Thema Recht
Glossar
Crypto Slang
Um den Einstieg in die komplexe Welt von Blockchain und Crypto Assets zu erleichtern und einen gemeinsamen Startpunkt zu schaffen, werden nachfolgend die wichtigsten Begrifflichkeiten und Konzepte anhand von Fragen und Antworten eingeführt und erläutert. Zudem werden einige kontrovers diskutierte Themenfelder angeschnitten.
Was ist eine Blockchain?
Der Begriff «Blockchain» steht für eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, eine ganze Bewegung innerhalb der Digitalisierungswelle sowie eine Kombination von teils schon länger bestehenden Technologien. Allgemein ist unter einer Blockchain (Blockkette) eine verteilte Transaktionsdatenbank zu verstehen, die den sicheren Transfer und das Speichern von Daten, Werten und Programmen ermöglicht. Dieses verteilte Netzwerk besteht aus unzähligen Computern, die gemeinsam in einem öffentlichen Register alle Transaktionen zwischen den Teilnehmenden sicher, nachvollziehbar und unveränderbar festhalten. Alle Teilnehmenden halten eine stets synchronisierte Kopie der gesamten Transaktionshistorie. Um diese Synchronisierung sicherzustellen, werden verschiedene technologische Elemente wie zum Beispiel Kryptografie eingesetzt. Die Dezentralität stellt sicher, dass, wenn ein oder mehrere Teilnehmende angegriffen werden, die Integrität des Gesamtsystems bestehen bleibt. Die technischen Eigenschaften der Blockchain tragen dazu bei, das notwendige Vertrauen für den Transfer von Vermögenswerten und Rechten auch ohne einen Mittelsmann (Intermediär) zu schaffen. In Zukunft könnten zentrale Vertrauensinstanzen wie beispielsweise Banken, Versicherungen und Börsen teilweise oder ganz ersetzt werden. Es ist aber auch denkbar, dass die Intermediäre zunehmend die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie nutzen werden, um neue Geschäftsfelder zu erschliessen und bestehende Prozesse zu optimieren.
Wie funktioniert die Blockchain?
Alle Transaktionen werden in Blöcke mit einer bestimmten Blockgrösse verpackt. Bevor die Blöcke in chronologischer Reihenfolge an die Blockchain angehängt werden, ist die Gültigkeit der Transaktionen und Blöcke zu überprüfen. Das Ziel dieser Überprüfung besteht darin, unter den unbekannten und verstreuten Netzwerkteilnehmenden einen Konsens über die Gültigkeit der Blockchain zu erlangen. Je nachdem, welches Konsensverfahren dafür vorgesehen ist, kann diese Überprüfung mit einem enormen Rechenaufwand und Energieverbrauch verbunden sein. Es gibt jedoch mittlerweile alternative Mechanismen, bei denen der Energieverbrauch vernachlässigbar ist. Um zu verhindern, dass überprüfte Transaktionen nachträglich verändert oder manipuliert werden, enthält jeder Block Informationen über den vorherigen Block. Diese Verkettung der Blöcke ist für die Unveränderbarkeit der Blockchain verantwortlich. Sie führt zu einer Fälschungssicherheit und trägt damit unter anderem zur Bildung von Vertrauen in die Blockchain und ihre Anwendungen bei.
Welche Rolle spielt die Kryptografie?
Durch die Verschlüsselung von Transaktionen (Kryptografie) wird unter anderem sichergestellt, dass nur der beabsichtigte Empfänger die Transaktion wieder entschlüsseln kann. Ferner wird gewährleistet, dass der Sender nur Vermögenswerte und Rechte transferieren kann, die sich auch in seinem Besitz befinden. Alle Transaktionen, die auf der Blockchain erfasst werden, verfügen über einen Sender und einen Empfänger. Die Persönlichkeitsdaten der Teilnehmenden sind jedoch unbekannt. Diese Anonymität (genauer gesagt Pseudonymität) hat den Nachteil, dass sie unter Umständen für illegale Machenschaften missbraucht werden kann. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten im Bereich Kryptoforensik, um Betrügern auf die Schliche zu kommen, zumal die Transaktionen auf einer öffentlichen Blockchain auch öffentlich einsehbar sind.
Was versteht man unter dem Blockchain-Trilemma?
Das Blockchain-Trilemma beschreibt den Zielkonflikt zwischen Dezentralität, Skalierbarkeit und Sicherheit. Blockchains haben per Definition eine dezentrale Architektur, bei welcher mehrere Netzwerkteilnehmende eine stets synchronisierte Kopie der gesamten Transaktionshistorie halten. Über das Level der Dezentralität respektive die Anzahl der gleichberechtigten Teilnehmenden und der entsprechenden Eintrittsbarrieren lässt sich jedoch streiten. In der Praxis entstanden deshalb verschiedene Arten von Blockchains. Das Spektrum reicht von frei zugänglichen Netzwerken wie Bitcoin mit circa 15 000 (per Januar 2023) aktiven, grösstenteils unbekannten Teilnehmenden (sogenannten Nodes) bis hin zu privaten Netzwerken mit nur wenigen (im Minimum zwei) ausgewählten, aber in der Regel bekannten Betreibern. Je offener ein System ist, desto komplexer ist der Abstimmungsaufwand zwischen den Teilnehmenden. Dies kann einen negativen Einfluss auf die Skalierbarkeit des Systems mit sich bringen. Gleichzeitig gehen auch alle Arten von Systemen mit unterschiedlichen Sicherheitsrisiken einher. Je weniger Nodes, desto drastischer sind Ausfälle einzelner Nodes. Auf der anderen Seite kann zum Beispiel die oftmals mit offenen Systemen einhergehende Pseudonymität der Teilnehmenden zu Herausforderungen beim Umsetzen von nationalen und internationalen Regulatorien führen. Um dieses Trilemma zu beseitigen, werden verschiedene Lösungsansätze bezüglich aller drei Variablen erforscht und weiterentwickelt. Unter anderem werden verschiedene spieltheoretische Ansätze erprobt und technologisch als sogenannte Konsensmechanismen umgesetzt. Obschon das Blockchain-Trilemma aktuell (noch) nicht abschliessend gelöst ist, bieten sich je nach Anwendungsgebiet für fast alle Ansprüche bereits Lösungsansätze an.
Was sind Tokens, Crypto Assets und Digital Assets?
Der Begriff «Kryptowährungen» ist im Zusammenhang mit dem Bitcoin entstanden. Er ist insofern suboptimal, als dass Kryptowährungen die volkswirtschaftlichen Funktionen von Währungen (noch) nicht erfüllen. In Fachkreisen wird daher meist von Tokens (Wertmarken), Crypto Assets oder Digital Assets gesprochen. Es gibt derzeit über 22 000 Tokens, die je nach Funktion in Zahlungs-, Nutzungs- und Anlage-Tokens unterteilt werden. In der Praxis ist vermehrt auch der Begriff «Digital Assets» anzutreffen. Einer der Gründe für die Einführung dieser neuen Begrifflichkeit ist die mangelnde Salonfähigkeit des Begriffs «Crypto». In diesem Buch werden die Begriffe Crypto Assets und Digital Assets als Synonyme verwendet.
Was ist der Unterschied zwischen Native und Non-Native Tokens?
Tokens können nicht nur in Zahlungs-, Nutzungs- und Anlage-Tokens unterteilt werden. Sie lassen sich auch in Native Tokens und Non-Native Tokens unterscheiden. Dabei wird berücksichtigt, dass nicht jeder Token eine «eigene» Blockchain hat, wie dies bei Native Tokens (einheimischen Tokens) wie Bitcoin und Ether der Fall ist. Native Tokens werden auf der Protokollebene ausgegeben und daher auch als Protokoll-Tokens bezeichnet. Sie sind die wohl wichtigsten Tokens einer Blockchain und dienen teilweise auch als eine Art Schmiermittel für Non-Native Tokens, da sie insbesondere für die Bezahlung der Netzwerkgebühren der zugrundeliegenden Blockchain verwendet werden. Demgegenüber werden die Non-Native Tokens auch Applikations-Tokens genannt, da sie wie auch andere Applikationen auf einer Blockchain mit Plattformfunktion umgesetzt werden. Stablecoins sind ein Beispiel für Non-Native Tokens. Sie werden beispielsweise auf der Ethereum-Blockchain erstellt und ausgegeben. Für die Erstellung und die künftigen Transaktionen dieser Stablecoins müssen Gebühren in der Form von Native Tokens der jeweiligen Blockchain (im Beispiel von Ethereum ist es Ether) entrichtet werden.
Was ist ein Smart Contract?
Smart Contracts («intelligente Verträge») erlauben es, die Vorteile von Blockchain für eine Vielzahl von weiteren Anwendungsfeldern als nur Bitcoin und andere Native Tokens zu nutzen. Einige Blockchains können neben der Abwicklung von Transaktionen auch Smart Contracts abspeichern und ausführen. Dabei handelt es sich um Programme, die automatisch ausgeführt werden, sobald gewisse Bedingungen erfüllt sind. Zum Beispiel bei der Erstellung von Non-Native Tokens kommen solche Programme ins Spiel. In diesem Fall regelt der Smart Contract, unter welchen Bedingungen Tokens transferiert werden können, wie viele Tokens existieren oder wie und wer neue Tokens erstellen darf. Smart Contracts können jedoch für viele weitere Funktionen eingesetzt werden. Die Möglichkeiten sind theoretisch unbegrenzt. In der dezentralen Finanzwelt (Decentralised Finance, DeFi) bilden Smart Contracts die Grundlage für alle Applikationen.
Wie können Crypto Assets gehandelt werden?
Wenn sich Käufer und Verkäufer bereits gefunden haben, können Crypto Assets ohne Mittelspersonen direkt über die Blockchain ausgetauscht werden (Peer-to-Peer, P2P). Meist ist dies jedoch nicht der Fall, weshalb es eine Koordinationsstelle braucht, die das Angebot und die Nachfrage zusammenführt. Kryptobörsen bieten die Möglichkeit, Crypto Assets zu kaufen und zu verkaufen. Dabei wird zwischen zentralen und dezentralen Kryptobörsen unterschieden. Zentrale Kryptobörsen werden von einem Intermediär betrieben und erfordern eine vorgängige Registrierung. Weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Hackerangriffen auf die Exchange Wallets der zentralen Kryptobörsen gekommen ist, sollten die Crypto Assets nach dem Kauf auf ein eigenes, separates Wallet transferiert werden. Da es auch bei Intermediären in der Kryptowelt zu Governance-Problemen kommen kann (wie z.B. beim Zusammenbruch der Kryptobörse FTX), ist die Wahl des Handelsplatzes und vor allem der jeweiligen Verwahrstelle sorgfältig zu prüfen. Dezentrale Kryptobörsen basieren auf Smart Contracts und sind unabhängig von Intermediären. Sie ermöglichen einen Austausch von Tokens ohne Mittelspersonen, eignen sich aufgrund hoher Komplexität aber eher für fortgeschrittene Anlegende. Zudem bergen sie das Risiko von Hackerattacken.
Wie ist der Energieverbrauch bei Crypto Assets?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt stark auf den verwendeten Konsensmechanismus an. Mit dem Konsensmechanismus wird ein technologischer Ansatz beziehungsweise ein Anreizsystem beschrieben, welches die Netzwerkknoten incentiviert, sich regelkonform zu verhalten. Der Konsensmechanismus bildet den Kern einer jeden Blockchain. Im Rahmen des bekannten Konsensmechanismus Proof-of-Work (PoW) wird für das Lösen eines mathematischen Rätsels weltweit viel Rechenleistung von Computern eingesetzt. Insbesondere die Kühlung dieser Computer braucht viel Energie. Die eingesetzte Energie ist somit nicht direkt abhängig von der Anzahl Nutzenden einer Blockchain, sondern von der Anzahl der Netzwerkknoten beziehungsweise der Anzahl Schürfenden (Miners), die sich am Netzwerk beteiligen. Es gibt mittlerweile jedoch verschiedene alternative Konsensmechanismen, die auf Ansätzen beruhen, bei denen keine oder kaum Energie verbraucht wird. Die bekannteste Alternative ist der Konsensmechanismus Proof of Stake (PoS). Dieser baut anstelle eines Wettrennens auf einer Lotterie auf. Mitte September 2022 stellte die Ethereum-Blockchain (zweitgrösstes Netzwerk nach Marktkapitalisierung) ihren Konsensmechanismus von PoW auf PoS um. Andere Blockchains stützen sich als Anreiz für regelkonformes Verhalten auf die Reputation ihrer Betreibenden ab. Auch bei diesem als Proof of Authority (PoA) bezeichneten Ansatz wird kaum Energie verbraucht. Nichtdestotrotz kann nicht wegdiskutiert werden, dass bei gewissen Blockchains, wie im Falle von Bitcoin, derzeit viel Energie benötigt wird. In diesem Zusammenhang stellt sich aber auch die Frage, ob für das Schürfen neuer Bitcoins nachhaltige oder nicht nachhaltige Energiequellen verwendet werden. Zudem müsste das Augenmerk auch bei anderen Anlageklassen, wie zum Beispiel Gold, auf die Energiebilanz gerichtet werden.
Werden Crypto Assets nur für kriminelle Aktivitäten genutzt?
Ein kürzlich durchgeführte Untersuchung von Chainalysis hat aufgezeigt, dass im Jahr 2021 nur 0.15% des Transaktionsvolumens von Crypto Assets einen illegalen Hintergrund hatten. Nichtsdestotrotz berichten die Medien regelmässig von Phishing-Attacken, gestohlenen Crypto Assets und anderen betrügerischen Machenschaften in der Kryptowelt und tragen damit massgeblich zur Meinungsbildung bei. Die Technologie scheint sich rascher zu entwickeln als das Verhalten und die Vorsichtsmassnahmen der Nutzenden. Mit der Aussicht auf hohe Renditen lassen sich viele Menschen zu Investments in Crypto Assets verleiten, ohne sich vorgängig fundiert mit den Risiken auseinandergesetzt zu haben. Der zunehmende Markteintritt von grossen und bekannten Finanzintermediären sowie die zu erwartende Verschärfung der Regulierung könnten zu einer künftigen Reduktion der Risiken im Zusammenhang mit kriminellen Akteuren beitragen. Zudem bietet die Transparenz von öffentlichen Blockchains grundsätzlich gute Voraussetzungen, um illegale Machenschaften aufzuklären. Crypto Assets mit kriminellem Hintergrund könnten beispielsweise gekennzeichnet werden, um deren Verwendung im Alltag oder deren Tausch an einer zentralen Kryptobörse zu verunmöglichen. Abschliessend sei darauf hinzuweisen, dass die Kriminalität nicht ein Phänomen ist, welches erst mit der Kryptowelt entstanden ist. Anstatt der Blockchain und den Crypto Assets die Schuld für kriminelle Aktivitäten zu geben, müssten Massnahmen ergriffen werden, um solche Aktivitäten bestmöglich zu unterbinden.
Was ist unter Tokenisierung zu verstehen?
Unter Tokenisierung versteht man die Transformation traditioneller Assets in digitale Assets. Man könnte in einem gewissen Sinne auch von einer Verbriefung von Vermögenswerten sprechen. Dazu werden auf Smart Contracts basierende Tokens geschaffen. Technologisch gesehen handelt es sich dabei um Non-Native Tokens. Der Output einer Tokenisierung sind digitale, nicht duplizierbare Tokens, die verschiedene Arten von Vermögenswerten darstellen können. Zwischenzeitlich können fast alle erdenklichen Arten von Vermögenswerten digital als Tokens abgebildet werden. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen fungiblen (austauschbaren) und nicht fungiblen (nicht austauschbaren, eindeutig identifizierbaren) Tokens (Non-Fungible Tokens, NFTs). Die Herausforderung besteht oft darin, die Tokens rechtlich korrekt darzustellen und diese Rechte dann auch in der Praxis durchzusetzen.
Was ist ein Initial Token Offering (ITO)?
Bei einem ITO handelt es sich um eine Kapitalaufnahme, die in einem gewissen Sinne mit dem Crowdfunding vergleichbar ist. Das ITO dient meist der Finanzierung eines Projekts (z.B. der Entwicklung einer Technologie) oder eines Unternehmens. Historisch wurde vor allem von Initial Coin Offerings (ICOs) gesprochen. Ein ICO beschreibt eine erstmalige Ausgabe von Zahlungs- oder Nutzungs-Tokens und stellt somit eine Unterkategorie von ITOs dar. Andere Varianten von ITOs sind insbesondere Security Token Offerings (STOs), Initial Exchange Offerings (IEOs) und Initial DEX Offerings (IDOs). Der Prozess eines ITO dauert in der Regel mehrere Monate und inkludiert nebst strategischen Überlegungen auch rechtliche, technische und operationelle Abklärungen.
Was sind Non-Fungible Tokens (NFTs)?
NFTs sind eindeutig identifizierbare und nicht austauschbare Tokens. Sie können digitale, aber auch physische Güter, Werte oder Gegenstände darstellen. Die Unterscheidung zwischen fungibel und nicht fungibel existierte bereits vor der Zeit von Blockchains. So sind zum Beispiel Immobilien und Kunstwerke in der Regel nicht fungibel, während Geld als fungibel erachtet wird. Neu ist jedoch, dass mit NFTs das Prinzip der Nichtfungibilität ein erstes Mal im digitalen Raum angewendet wird. Daten können auf diese Weise digital einzigartig gemacht werden, was die Zurechenbarkeit eines Werts vereinfacht. NFTs werden in den unterschiedlichsten Feldern eingesetzt: Finanzwelt, Kunst, Mode oder Gaming zählen zu den bekannten Beispielen. Der Trend zu NFTs entstand erst vor wenigen Jahren und erlebte im Jahr 2021 den bisherigen Höhepunkt. Obschon NFTs über ein vielversprechendes Potenzial verfügen, sind auch sie nicht vor betrügerischen Aktivitäten gefeit (z.B. Geldwäscherei oder Wash Trades).
Welche Möglichkeiten bietet die dezentrale Finanzwelt?
Die dezentrale Finanzwelt (Decentralised Finance, DeFi) umfasst alle dezentralen Finanzapplikationen, die auf einer Blockchain mit Plattformfunktion (z.B. Ethereum) umgesetzt werden. Im Unterschied zur traditionellen Finanzwelt (Traditional Finance, TradFi) und zur zentralen Finanzwelt mit Kryptobezug (Centralised Finance, CeFi) wird dabei vollständig auf Intermediäre verzichtet. DeFi-Applikationen basieren auf Smart Contracts, die automatisch ausgeführt werden. Die Organisation von dezentralen Finanzapplikationen beruht oft auf dezentralen autonomen Organisationen (DAOs). Die dezentrale Finanzwelt lässt sich in folgende vier Kategorien unterteilen: i) dezentrale Kreditmärkte, ii) dezentrale Kryptobörsen (Decentralised Exchanges, DEX), iii) dezentrales Asset Management und iv) synthetische Assets. DeFi-Applikationen überzeugen unter anderem durch schnelle, frei zugängliche und jederzeit verfügbare Finanzdienstleistungen. Im Jahr 2021 hat die dezentrale Finanzwelt einen enormen Boom erlebt. Gleichzeitig wurde sie vermehrt zur Zielscheibe von Hackerangriffen. Vor diesem Hintergrund werden immer mehr Stimmen laut, die eine strengere (beziehungsweise überhaupt eine) Regulation der dezentralen Finanzwelt fordern. Aufgrund der Dezentralität (es existieren keine Unternehmen) stellt eine entsprechende Regulierung ein schwieriges Unterfangen dar. Es wäre durchaus denkbar, dass die Banken in Zukunft einen vertrauenswürdigen Zugang zur dezentralen Finanzwelt ermöglichen. Die zunehmende Tokenisierung von Assets und die potenzielle Etablierung des Metaverse könnten den dezentralen Finanzanwendungen weiteren Auftrieb verleihen.
Wie hängt das Metaverse mit der Blockchain zusammen?
Das Metaverse stellt eine virtuelle und dreidimensionale Welt dar, in welcher sich reale Menschen als Avatare bewegen, miteinander agieren und zumindest einen Teil ihrer Zeit verbringen. Aktuell hält sich der Nutzerkreis noch stark in Grenzen. Prognosen rechnen aber mit einem grossen Potenzial. Die Blockchain-Technologie mit ihren fungiblen und nicht fungiblen Tokens wird als eine der wichtigsten Basistechnologien für das Metaverse betrachtet. Die dezentrale Technologie spielt eine essenzielle Rolle dabei, dass das künftige Metaverse nicht von einzelnen zentralen Instanzen beherrscht wird, sondern von Anfang an auf einem dezentralen (demokratischen) Fundament beruht.
Wie ist die kryptospezifische Rechtslage in der Schweiz?
Die Schweiz verfolgt den Grundsatz, dass die rechtlichen Themen rund um Blockchain und Crypto Assets möglichst technologieneutral und analog der bestehenden Gesetzgebung angewendet werden. Da dieser Ansatz teilweise an seine Grenzen stiess und damit weitere Innovationen hätte verhindern können, wurde 2020 vom Schweizer Parlament die Verordnung zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register verabschiedet. Man spricht dabei auch vom (Schweizer) DLT-Gesetz. Es beinhaltet Änderungen und Ergänzungen an zehn bestehenden Bundesgesetzen. Die wichtigsten Anpassungen betreffen die folgenden drei Themen: i) Einführung von Registerwertrechten, ii) Definition von Aussonderungsrechten kryptobasierter Vermögenswerte im Konkursfall und iii) Einführung von DLT-Handelssystemen. Die Änderungen brachten eine bessere Rechtssicherheit in der Schweizer Kryptobranche. Neben dem Gesetzgeber hat auch der Regulator (in der Schweiz die FINMA) mehrere Richtlinien über Crypto Assets veröffentlicht.
Ausblick Kapitel 1
In diesem Kapitel erfahren Sie,
•welche Verbindung zwischen der Digitalisierung und der Blockchain-Technologie besteht,
•wie vielfältig die Anwendungsbereiche von Blockchain sein können,
•wie das Buch und die Leitgrafik strukturiert sind,
•von den drei Ebenen der Blockchain-Welt: Technologien, Infrastrukturen und Applikationen sowie
•was im Teil Extra behandelt wird.
Definition
Seit einigen Jahren schreitet die Digitalisierung unaufhaltsam voran und dringt bis in alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche vor. Dabei handelt es sich nicht um eine vorübergehende Erscheinung, sondern vielmehr um einen nachhaltigen Megatrend. Der Begriff «Digitalisierung» bezeichnet die Umwandlung von analogen Informationen in eine digitale Form zum Zwecke der Speicherung, Verarbeitung und Nutzung durch elektronische Datenverarbeitungssysteme. Physische Objekte, Ereignisse oder analoge Medien werden in einen binären Code, bestehend aus den Werten 0 oder 1, übersetzt. Die digitale Transformation – teilweise wird auch von digitaler Revolution gesprochen – basiert somit auf einem technologischen Fundament. Der digitale Wandel und entsprechende neue Technologien bergen vielfältige Chancen sowie Risiken und ermöglichen eine ganze Palette neuer Geschäftsmodelle.
Trotz unzähliger Anwendungsfelder, die durch die digitale Infrastruktur ermöglicht werden, steht im Mittelpunkt immer der Mensch. Die Technologien sollen das Leben vereinfachen und nicht dem Selbstzwecke dienen. In Zukunft werden immer mehr Daten über unsere Arbeits- und Lebenswelt generiert und abgelegt. Zudem werden immer mehr Dinge (Geräte, Maschinen) mit Sensoren ausgestattet, die ihre Umwelt wahrnehmen und darauf reagieren können. Es zeichnet sich auch ab, dass vermehrt Dinge direkt mit anderen Dingen kommunizieren werden, im sogenannten Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Auch die Entwicklung rund um maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz schreitet schnell voran. Vor diesem Hintergrund werden Cybersecurity und der sichere Umgang mit Daten nicht nur heute, sondern auch in Zukunft eine grosse Herausforderung darstellen.
Crypto Assets sind nur ein Anwendungsbereich
Definition
Im Kontext der Digitalisierung kann die Blockchain-Technologie eine wichtige Rolle spielen. Der Begriff «Blockchain» wird im Volksmund meist mit dem Bitcoin gleichgesetzt. Kryptowährungen, Tokens, Crypto Assets oder digitale Assets sind jedoch nur ein Anwendungsbereich der Blockchain-Technologie. Die Blockchain beschreibt vielmehr eine umfassende, grundlegende Technologie. Diese besteht aus mehreren Bestandteilen oder Teiltechnologien, die zusammen ein Konstrukt bilden, das «Blockchain» genannt wird. Die Blockchain-Technologie kann in beliebigen Bereichen angewendet werden, um Prozesse zu vereinfachen oder neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Zudem steht «Blockchain» für eine gesamte Bewegung von dezentralen oder verteilten Transaktionssystemen.
Weitere Anwendungsbereiche von Blockchain
Die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie sind sehr vielfältig. Die Technologie besitzt das Potenzial, in fast allen Branchen und Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft Optimierungen und neue Kollaborationsmodelle zu ermöglichen. Anwendungen wie Tokenisierungen (bzw. Tokens), Decentralised Finance und die zugrundeliegenden Smart Contracts gehören ebenfalls zum Themenfeld rund um die Blockchain. All diese Begriffe hängen zusammen und müssen im gemeinsamen Kontext betrachtet werden. Wenn man sich erstmals mit Blockchain beschäftigt, kann dies durchaus für Verwirrung sorgen. Die isolierte Beantwortung einer Frage führt oft zu weiteren Fragen. Zudem ist das Wissen über Blockchain derzeit sehr fragmentiert oder meist nur in «unpassender Flughöhe» verfügbar. Das vorliegende Buch soll genau an diesem Punkt ansetzen. «Blockchain in der Finanzwelt» bietet einen strukturierten Aufbau, der die verschiedenen Teilkonzepte verknüpft und die Thematik ganzheitlich und praxisnah beleuchtet. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass Blockchain-Projekte und deren Anwendungen sehr eng auch mit anderen Digitalisierungsprojekten verbunden sind.
Dieses Buch funktioniert ähnlich wie ein Kochbuch. Einerseits werden Grundlagen und Strukturen eingeführt, und andererseits werden «Rezepte» für die praxisnahe Umsetzung angeboten.
Der Aufbau dieses Buches basiert auf drei Teilen oder Ebenen: Der erste Teil befasst sich mit den Technologien, der zweite Teil mit den Infrastrukturen und der dritte Teil mit den Applikationen. Auf allen drei Ebenen gibt es verschiedene Boxen (Praxis, Technik und Exkurs), die den interessierten Leserinnen und Lesern weitere Hintergrundinformationen und zusätzliche Details zur Verfügung stellen. Abgerundet wird das Buch durch den Teil Extra zu den Themenfeldern Steuern, Rechnungslegung und Recht. Dieser Teil befindet sich am Ende des Buches, deckt jedoch Aspekte aller drei Hauptteile ab. Der erste und zweite Teil des Buches bauen weitgehend auf dem Vorgängerwerk «Blockchain für die Praxis» auf.
Abbildung: Übersicht zum Buch
In der Leitgrafik auf der folgenden Seite werden diese drei Ebenen noch weiter verfeinert. Auf der ersten Ebene befinden sich die Technologien. Sie bilden das Fundament für die Infrastruktur in der Form von Protokollen und die darauf aufbauenden Applikationen. Die Blockchain-Technologie stellt nur eine mögliche Variante von verteilten Transaktionssystemen (Distributed Ledger Technology, DLT) dar. Weitere Technologien wie zum Beispiel DAG (Directed Acyclic Graph) zählen ebenfalls zu den DLT-Systemen, werden im Buch aber nur am Rande behandelt.
Auf der zweiten Ebene unserer Leitgrafik befinden sich die Infrastrukturen beziehungsweise Protokolle und Native Tokens. Sie bestimmen die Ausgestaltung der Blockchain-Technologie und können auch eine Plattformfunktion beinhalten. Eine Plattform setzt Smart Contracts ein und kann als Basis für diverse Applikationen (dritte Ebene in der Leitgrafik) dienen. Die Native Tokens sind eng mit den Plattformen verbunden und dienen in der Regel der Zahlung von Transaktionskosten und somit der Nutzung dieser Plattformen.
Beispiel
Das folgende Beispiel aus dem Alltag soll zum besseren Verständnis beitragen: Es gibt viele verschiedene Arten von Milch (in unserem Fall die Technologien verteilter Transaktionssysteme). Wir beschäftigen uns nun insbesondere mit Kuhmilch (d.h. einer der Technologien unter dem Überbegriff DLT, in unserem Fall Blockchain). Mit der Kuhmilch stellt eine Molkerei Butter her (in unserem Falle entspricht die Butter einem Protokoll auf der Infrastrukturebene). Butter kann man einerseits eigenständig als Nahrungsmittel verwenden oder man kann sie nutzen, um einen Kuchen oder Kekse zu backen (diese Produkte entsprechen in unserem Fall den Applikationen). Um einen geniessbaren Kuchen zu backen, benötigen wir die passenden Produkte (Butter und nicht Milch). Im Beispiel von Milch, Butter und Kuchen ist es stets klar, von welchem Prozessschritt wir gerade sprechen. Bei Blockchain und den verschiedenen Arten von Crypto Assets ist diese Unterscheidung der drei Ebenen jedoch nicht immer eindeutig.
«Blockchain in der Finanzwelt» gibt deshalb klare Strukturen vor, die dabei unterstützen, die diversen Bausteine rund um das Themenfeld «Blockchain» richtig einzuordnen. Die folgende Leitgrafik erweitert die drei Ebenen um wichtige Begrifflichkeiten und konkrete Beispiele. Es handelt sich dabei nicht um eine abschliessende Aufzählung.1 Unsere Leitgrafik wird uns durch das ganze Buch begleiten und als Orientierungshilfe dienen. Alle Begriffe werden im Verlaufe dieses Buches erläutert.
Abbildung: Leitgrafik
Das ganze Themenfeld rund um Blockchain, Kryptowährungen und Co. entwickelt sich sehr dynamisch. Durch den steigenden Ressourceneinsatz seitens grosser Akteure1 werden die Innovationszyklen immer kürzer. Obwohl «Blockchain in der Finanzwelt» zu einem grossen Teil Grundlagenstrukturen und -konzepte vermittelt, ist das Buch ebenfalls der Marktdynamik ausgesetzt. Insbesondere bei Ausführungen zu Marktentwicklungen sind deshalb immer auch die aktuellen Geschehnisse zu berücksichtigen. Der Leserschaft werden dazu an den verschiedensten Stellen Hinweise auf passende Informationsquellen sowie die entsprechende Interpretation gegeben.
Aufgrund der Neuartigkeit des Fachgebiets entstehen auch laufend neue Begrifflichkeiten. Die Begriffe werden darüber hinaus je nach Quelle anders definiert und genutzt. Im Buch werden die verwendeten Begriffe daher immer definiert und abgegrenzt. Zudem wird darauf hingewiesen, wo und wann es in der Praxis oder in der Literatur zu Verwechslungen, Vorurteilen und Missverständnissen kommen kann.
Das Thema «Blockchain» beschäftigt nicht nur ein deutschsprachiges, sondern ein globales Publikum. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Mehrheit der Literatur in englischer Sprache verfasst ist und die Begrifflichkeiten vom Englischen geprägt sind. Aus diesem Grund werden die englischen Fachbegriffe jeweils in der Regel in Klammern nach den deutschen Begriffen erwähnt. Falls für einen Begriff in der Praxis keine gängige deutsche Übersetzung existiert, erfolgt die Handhabung vice versa (Übersetzung auf Deutsch in der Klammer nach dem englischen Begriff).
Rückblick / Zusammenfassung Kapitel 1
In diesem Kapitel wurden folgende zentrale Aspekte behandelt:
•Die Blockchain-Technologie verfügt über diverse Anwendungsbereiche. Crypto Assets (auch Kryptowährungen oder Tokens genannt) sind nur ein Anwendungsbereich.
•Die Blockchain-Welt wird in diesem Buch in drei Hauptteilen vorgestellt: Technologien, Infrastrukturen und Applikationen. Ergänzt wird es durch den Teil Extra zu den Themenfeldern Steuern, Rechnungslegung und Recht.
•Blockchain ist nur eine mögliche Ausprägung von verteilten Transaktionssystemen (Distributed Ledger Technology, DLT).
1Die Protokolle von Bitcoin und Ethereum eignen sich aufgrund ihrer spezifischen Funktionen und ihrer Bekanntheit, um die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale auf der Infastrukturebene exemplarisch zu erläutern. Es gibt jedoch zahlreiche weitere Protokolle und es kommen auch laufend neue Protokolle hinzu. CBDC-Protokolle werden separat davon als Sammelbegriff für digitale Zentralbankwährungen (Central Bank Digital Currencies) verwendet. Sie werden bewusst auf der Infrastrukturebene aufgezeigt, um den Unterschied zu den (privaten) Stablecoins (auf der Applikationsebene) zu unterstreichen.
1Dazu zählen vor allem die international tätigen Banken, Versicherungen sowie Technologieunternehmen und andere Unternehmen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT bzw. auf Englisch ICT).
Ausblick Kapitel 2
In diesem Kapitel erfahren Sie,
•was Intermediäre sind und in welchen Bereichen sie vorkommen,
•welche Aufgaben Transaktionssysteme übernehmen und welche Anforderungen sie zu erfüllen haben,
•was der Unterschied zwischen intermediären (zentralen) und verteilten Systemen ist und welche Konsequenzen diese Unterschiede mit sich bringen,
•welche Chancen und Herausforderungen sich durch verteilte Transaktionssysteme ergeben,
•welche Arten von DLT / Blockchains es gibt sowie
•was unter dem «Blockchain-Trilemma» zu verstehen ist.
Crypto Assets (auch Kryptowährungen oder Tokens genannt) sind zwar nicht die einzigen, aber immerhin die ersten mehr oder weniger massentauglichen Umsetzungen von Blockchain in der Finanzwelt.
Finanzbranche, Intermediäre und Finanzkrise
Dass die ersten Anwendungen von Blockchain aus der Finanzbranche kommen, ist aus verschiedenen Gründen nicht verwunderlich. Die digitale Verfügbarkeit der Werte im Bankensystem (digitales Geld) ist geradezu prädestiniert für eine Blockchain-Umsetzung. Ein weiterer und wichtigerer Punkt ist die Tatsache, dass die Finanzbranche so stark wie kaum eine andere Branche von Intermediären (Mittelsmännern) geprägt ist. Dazu zählen zum Beispiel Banken, Versicherungen, Börsen und Clearing-Häuser.
In der globalen Finanzkrise ab Mitte 2007 wurde das Vertrauen in die Intermediäre stark erschüttert. Es hat sich gezeigt, dass zentrale, intermediäre Systeme nicht hundertprozentig sicher sind, sondern Risiken enthalten, die oft nicht ausreichend in Betracht gezogen werden. Zudem verfügen die Intermediäre über eine Machtstellung, was zu Abhängigkeiten und Ineffizienzen führen kann. Die Lösung des Problems liegt auf der Hand: dezentrale und verteilte Systeme.
Vertrauenskrise trifft auf Technologie
Durch das angeschlagene Vertrauen gegenüber Banken und Versicherungen fielen Ideen für dezentrale und verteilte Transaktionssysteme auf fruchtbaren Boden und erhielten unmittelbar starken Zuspruch. Gleichzeitig haben sich in den Jahren zuvor einige Technologien (z.B. Internet und Rechenkapazitäten von Computern) derart weiterentwickelt, dass sich historische Hürden für dezentrale Systeme von selbst auflösten. Aus der Kombination dieser Entwicklungen resultierte mit den Crypto Assets, namentlich dem Bitcoin, die erste DLT-Anwendung.
Ausblick auf weitere Gebiete
Intermediäre (Mittelsmänner, Vermittler, Zwischenhändler, Unterhändler) gibt es nicht nur in der Finanzwelt. In verschiedenen Lebens- und Geschäftsbereichen wird Vertrauen durch Intermediäre geschaffen.
Beispiel
Weitere Beispiele für zentrale Systeme mit Intermediären sind:
•Verwaltungen (z.B. Grundbuch- oder Einwohneramt)
•Notare
•Makler und Broker (z.B. für Immobilien)
•Reisebüros und Buchungsplattformen
•Börsen und andere Handelsplätze
•Handelsunternehmen
•Casinos, Wettbüros
•Verbände, Vereine, Stiftungen
•Hausarzt
Beispiel
Zu diesen klassischen Intermediären können in einem weiteren Sinne auch zwischengeschaltete, vertrauensbildende Prozesse (gegenüber externen und internen Parteien) gezählt werden. Mittels DLT könnten beispielsweise in Unternehmen (und vor allem über die Unternehmensgrenzen hinweg) die Prozesse beim Abgleichen von Reportings automatisiert werden. Wenn unternehmensinterne oder -externe Transaktionen (nicht nur Geld, sondern auch Güter oder Daten) unwiderruflich in einem verteilten Netzwerk festgehalten werden, sind sie jederzeit für die Beteiligten oder Dritte nachvollziehbar. Durch die automatisierte und transparente Rapportierung würden die zwischengeschalteten (intermediären) Prozessschritte des Abgleichens und Überprüfens der Daten überflüssig werden. Solche Umsetzungen fördern die Transparenz und damit die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens.
Prozessoptimierungen wie diese sind ein wesentlicher Grund dafür, dass Blockchain und Co. eine vielversprechende Zukunft vorausgesagt wird. An dieser Stelle sei explizit erwähnt, dass DLT, Blockchain und verwandte Technologien bei Weitem nicht nur die oben erwähnten Intermediäre beeinflussen. Die Technologie verfügt über das Potenzial, alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft zu verändern. Die konkreten Möglichkeiten, die sich durch diese neue Technologie ergeben, werden sich zunächst noch langsam, dafür aber stetig entwickeln.
Betroffene Branchen
Blockchain betrifft grundsätzlich alle Branchen, da alle Unternehmen laufend irgendwelche Transaktionen (monetäre und nicht monetäre) tätigen. Die Frage ist vor allem, wann und in welcher Form auch die breite Masse an Unternehmen von der Blockchain-Technologie oder anderen DLT-Systemen betroffen sein wird. Wenn es ähnlich verläuft wie bei der Internet-Technologie, wird man sich schon in wenigen Jahren nicht mehr fragen, ob Blockchain bei einer spezifischen Anwendung verwendet wird oder nicht. Es wird einfach zur Normalität werden.
Bekannte Use Cases
Die folgende Abbildung zeigt eine nicht abschliessende Aufzählung von Use Cases, die im Laufe der vergangenen Jahre oft zitiert wurden. Nicht alle dieser Beispiele konnten sich in der Praxis bereits erfolgreich durchsetzen. Teilweise stellten sich diese Projekte als zu ambitioniert heraus. Andere waren vielleicht einfach ihrer Zeit voraus.
Es gibt jedoch auch erfolgreiche Implementierungen. Insbesondere Anwendungen mit Bezug zur Finanz- und Bankenbranche kristallisieren sich als vielversprechend heraus. In diesem Feld werden bislang auch die grössten Summen investiert.
Ob sich eine Idee für eine Blockchain-Anwendung beziehungsweise einen entsprechenden Use Case in der Praxis umsetzen und erfolgreich etablieren kann, ist nicht einfach zu antizipieren. Es gibt verschiedene Wegleitungen und Hilfestellungen sowie Beratungsangebote dazu. Das Blockchain-Entscheidungsmodell, das erstmals 2018 von den Autoren veröffentlicht wurde, ist eine Möglichkeit, um eine Potenzialanalyse im Hinblick auf die Entwicklung einer neuen Blockchain-Anwendung durchzuführen.
Abbildung: Bekannte Anwendungsfälle für DLT
Es liegt in der Natur der Blockchain-Technologie, dass viele dieser Use Cases beziehungsweise die entsprechenden Applikationen öffentlich zugänglich («open source») sind. Genauere Informationen zu den Anwendungen und zu den eingesetzten technologischen Tools lassen sich meist auf Webseiten wie GitHub finden. Die entsprechenden Beschreibungen sind aber oft recht technisch (GitHub ist eine Plattform für Entwickelnde). Alternativ gibt es auch immer mehr Branchenkooperationen (z.B. Energy Web Foundation für die Energiebranche), Standardisierungsprojekte wie die International Token Standardization Association (ITSA) oder auch nationale Verbände und Associations wie die Swiss Fintech Innovations Initiative (SFTI), die Swiss Blockchain Federation (SBF), die Crypto Valley Association (CVA), die Capital Markets and Technology Association (CMTA) oder Digital Assets Switzerland (DAS), die Erfahrungen mit Blockchain haben und als Anlaufstellen dienen können.
Fokus auf Finanzbranche
Die bisher erfolgreichsten Use Cases bewegen sich im Finanzumfeld. Dies überrascht nicht, da es sich dabei oft um grundlegende Prozesse des Geld- und Wirtschaftskreislaufes handelt. Zudem sind wir es uns zunehmend gewohnt, Transaktionen digital via E-Banking oder Mobile-Banking durchzuführen. Der Stellenwert von Bargeld nahm in den vergangenen Jahren stetig ab. Damit gingen auch die Medienbrüche zwischen digitaler und physischer Welt in dieser Branche zurück. Somit hat die Finanzindustrie einen gewissen Vorsprung gegenüber anderen Branchen. Aus diesen Gründen legt das Buch einen klaren Fokus auf Anwendungen in der Finanzwelt.
Exkurs
Definitionen und Übersetzungen
Viele Definitionen in der Blockchain-Welt sind von der englischen Sprache geprägt. Speziell die Begrifflichkeiten «decentralised» und «distributed» verlangen eine besondere Aufmerksamkeit. «Decentralised» heisst auf Deutsch «dezentralisiert». Das Wort «distributed» wird in der Regel als «verteilt» übersetzt. DLTs und Blockchains basieren genau genommen auf einem verteilten System beziehungsweise Netzwerk (distributed), obschon zuweilen auch von einem dezentralen System (decentralised) gesprochen wird.
In der Praxis werden die Begriffe «decentralised» und «distributed» oft synonym verwendet. Im Buch wird die folgende Übersetzung gewählt:
Der genaue Unterschied zwischen «dezentral» und «verteilt» wird in Kapitel 2.3 erläutert. Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über diese und weitere wichtige Übersetzungen von Fachbegriffen. Die deutsche Übersetzung von Blockchain («Blockkette») wird in der Praxis kaum benutzt und deshalb im Buch nicht verwendet.
Englisch
Deutsch
Decentralised
Dezentralisiert
Distributed
Verteilt (teilweise auch: dezentral)
Distributed Ledger
Verteiltes Kontobuch / Register
Distributed Ledger Technology
Verteiltes Transaktionssystem
Ledger
Kontobuch, Register, Liste, Journal
Network
Netzwerk
Node
Knoten (Netzwerkknoten)
Die weiteren englischen Begriffe und deren Übersetzungen werden fortlaufend im Buch eingeführt.
In diesem Kapitel werden die allgemeinen Aufgaben und Anforderungen an Transaktionssysteme beschrieben. Ferner wird erläutert, weshalb andere oder neue Transaktionssysteme notwendig sind.
Das Wort «Transaktionen» wird meist mit dem Transfer von Geld oder monetären Werten assoziiert, obschon grundsätzlich auch andere zu transferierende Werte denkbar sind. Ein Transaktionssystem definiert im Allgemeinen das Management und die Abwicklung von Transaktionen.
Definition
In der Informatik ist ein Transaktionssystem ein System, welches Transaktionen von Daten ausführt. Transaktionssysteme stellen sicher, dass die Datenkonsistenz innerhalb von Datenbanken gegeben ist und zum Beispiel keine Transaktion doppelt ausgeführt wird.
Sobald es sich aus irgendwelchen Gründen lohnt, über eine Transaktion beziehungsweise einen Transfer oder eine Verschiebung Buch zu führen, wird dies in einer Datenbank dokumentiert. Transaktionssysteme führen somit Buch über Statusänderungen von Gegenständen, Vermögenswerten oder Daten. Je höher der Wert dieser Dinge für uns ist, desto wichtiger werden die korrekte Dokumentation, Verwaltung und «Buchführung» der Daten und deren Status. Ein solches «Buch» (Register, Liste oder Journal) wird im Englischen «Ledger» genannt.
Technik
Transaktionssysteme und Datenbanken
Ein Transaktionssystem beschreibt, wie der Name sagt, ein System, das zur Abwicklung von Transaktionen eingesetzt wird. Ein Teil eines solchen Systems ist in der Regel mindestens eine Datenbank. Die Datenbank speichert die Status und Bestände der verwalteten Daten. Das System definiert, wie auf die Datenbank zugegriffen werden kann und wie und diese Status und Bestände verändert werden können. Dabei handelt es sich um Transaktionen im Sinne von Veränderungen am Ledger.
«Buchführung» als Transaktionssystem
Beispiel
Die Führung eines Registers (Ledger) kann auf verschiedene Arten umgesetzt werden. In der Vergangenheit wurden beispielsweise Bestände von Vieh schriftlich auf Steintafeln festgehalten. Im Grunde genommen war dies eine einfache Datenbank, die Auskunft über die aktuellen «Lagerbestände» gab. Während der Anfänge des Bankwesens wurden Kontobestände der einzelnen Gläubiger in physischen Büchern festgehalten. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts kamen Computer ins Spiel, die diese Transaktionssysteme auf ein neues Level hoben und die Transaktionen digital abwickelten. Das Führen von Ledgers verfügt somit über eine lange Historie.
Die Regeln und Prozesse, wie das Ledger zu führen ist, werden vom jeweiligen Transaktionssystem bestimmt. Ein Transaktionssystem verfolgt grundsätzlich die folgenden zwei Hauptaufgaben:
Abbildung: Aufgaben eines Transaktionssystems
Ein Transaktionssystem muss zugleich Eigentums- und Nutzungsrechte definieren (sicher festhalten) und transferieren (verändern) können. Die folgende Tabelle verdeutlicht die Unterschiede zwischen den zwei Aufgaben eines Transaktionssystems genauer:
Definition von Rechten
Transfer von Rechten
Status
erhalten
verändern
Rechte
lesen
schreiben
Zeitlicher Bezug
historisch
neu
Zugriff / Berechtigung
öffentlich
privat, eingeschränkt
In einem nächsten Schritt werden Anforderungen an ein Transaktionssystem am Beispiel eines zentralen Systems mit Intermediären (z.B. Banken) bestimmt. In diesem Kontext stellen sich folgende Fragen: Welche Aufgaben erfüllt ein Intermediär? Wie schafft ein Intermediär das notwendige Vertrauen? Welchen Mehrwert vermag ein Intermediär zu stiften?
Das intermediäre System
Die in Kapitel 2.2.1 genannten Beispiele (z.B. Steintafel, Bank) zeichnen sich durch eine zentrale Datenhaltung beim Intermediär aus. Als zwischengeschaltete, unabhängige Partei garantiert der Intermediär den korrekten Status des Ledgers beziehungsweise der Datenbank und schafft auf diese Weise das notwendige Vertrauen zwischen den Teilnehmenden des zentralen Systems.
Alle Transaktionen laufen über den Intermediär und werden durch ihn überprüft und bestätigt. Die Teilnehmenden des zentralen Systems interagieren nicht direkt miteinander, sondern kommunizieren ausschliesslich via Intermediär. Die folgende Abbildung veranschaulicht in vereinfachter Weise die Architektur eines intermediären, zentralen Systems.
Abbildung: Intermediäres System
Definition
Ein Intermediär garantiert, dass Transaktionen von Daten, Rechten und Werten (öffentlich) zugänglich, sicher speicherbar, nicht duplizierbar, verifizierbar und skalierbar sind. Dabei handelt es sich um die fünf Anforderungen an ein zentrales oder verteiltes Transaktionssystem. Die folgende Tabelle fasst dies zusammen.
Daten, Rechte und Werte sind …
Anforderungen an Transaktionssysteme …
(öffentlich) zugänglich
Verfügbarkeit
sicher speicherbar
Eigentumssicherung
nicht duplizierbar
Unveränderbarkeit
verifizierbar
Überprüfbarkeit
skalierbar
Skalierbarkeit
Diese fünf Anforderungen an Transaktionssysteme tragen dazu bei, das notwendige Vertrauen zu schaffen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des vorliegenden Buches und dienen als Orientierungshilfe bei Erklärungen und Vergleichen von Transaktionssystemen. Insbesondere Kapitel 3 baut auf der in der folgenden Abbildung dargestellten Struktur der fünf Anforderungen an Transaktionssysteme auf.
Abbildung: Anforderungen an Transaktionssysteme
Bisher wurde vor allem darauf eingegangen, weshalb es Transaktionssysteme gibt und welche Aufgaben und Anforderungen sie erfüllen müssen. Intermediäre Systeme waren bis anhin die am weitesten verbreitete Form von Transaktionssystemen.
Definition
Unabhängig davon, wie gut ein intermediäres System die Anforderungen aus Kapitel 2.2.2 erfüllt, führt der zentrale Charakter dieser klassischen Transaktionssysteme zu folgenden Schwachstellen:
•Abhängigkeit (Machtkonzentration beim Intermediär)
•Angreifbarkeit (zentrale Datenhaltung beim Intermediär)
•Hohe Kosten (Entschädigung des Intermediärs)
•Ineffizienzen und Verzögerungen (Doppelspurigkeiten)
Diese Schwachstellen waren schliesslich der Auslöser, um alternative Transaktionssysteme zu entwickeln. Als Ergebnis entstanden verteilte Transaktionssysteme. Diese neuen verteilten Systeme müssen jedoch die gleichen Anforderungen wie zentrale Systeme erfüllen, um das notwendige Vertrauen schaffen zu können. Nur so können sie eine ernsthafte Konkurrenz zu intermediären Systemen darstellen.
In einem verteilten Transaktionssystem (auch «verteiltes Netzwerk» genannt) tritt an die Stelle der zentralen Datenhaltung eine verteilte (und dezentrale) Datenhaltung. Dies war bis vor nicht allzu langer Zeit technisch kaum umsetzbar oder sehr aufwendig. Dank der Kombination verschiedener Ideen und Technologien sowie der schnelleren und leistungsfähigeren Internetverbindungen ist dies in der Zwischenzeit möglich geworden.
In einem intermediären System steht eine Partei im Mittelpunkt des Netzwerks. Diese Partei hat generell einen Vorteil gegenüber den anderen System- oder Netzwerkteilnehmenden. In einem verteilten Transaktionssystem gibt es keine zentrale Instanz, welche die anderen Netzwerkteilnehmenden verbindet und zwischen ihnen vermittelt. Die Parteien sind direkt miteinander verbunden. Die folgende Abbildung visualisiert ein verteiltes Transaktionssystem.
Abbildung: Verteiltes Transaktionssystem
Vom intermediären zum verteilten System
Betrachtet man die Funktionen des Intermediärs genauer, lassen sich folgende fünf zentrale Anforderungen ableiten: Verfügbarkeit, Eigentumssicherung, Unveränderbarkeit, Überprüfbarkeit und Skalierbarkeit (vgl. Kapitel 2.2.2). Diese Anforderungen sind generell von vertrauensbildenden Systemen zu erfüllen. Die folgende Abbildung veranschaulicht den Übergang von einem zentralen zu einem verteilten Transaktionssystem, wobei beide Systeme dieselben Anforderungen erfüllen müssen.
Abbildung: Vom intermediären zum verteilten System
Verteilte Systemarchitektur
In Kapitel 2.1 wurde bereits auf die deutschen Übersetzungen von «decentralised» (dezentralisiert) und «distributed» (verteilt) eingegangen. Die Unterscheidung dieser beiden Begriffe ist bezogen auf die Blockchain relevant. Grund dafür ist, dass ein dezentrales System nicht zwingend verteilt, aber ein verteiltes System immer dezentral ist. In der Praxis werden DLT-Systeme häufig als dezentrale Transaktionssysteme bezeichnet. Die genaue Übersetzung lautet jedoch: verteilte Transaktionssysteme.
Zentrale Systeme tauschen Informationen beziehungsweise Transaktionen über einen zentralen, koordinierenden Knotenpunkt aus. Dezentrale Systemarchitekturen gehen bereits einen Schritt weiter und teilen diese Verantwortung auf mehrere Knotenpunkte auf. In verteilten Systemarchitekturen hingegen kommunizieren die Teilnehmenden direkt miteinander (z.B. in Peer-to-Peer-Netzwerken, vgl. Kapitel 3.2.1). Die folgende Abbildung zeigt die unterschiedlichen Systemarchitekturen grafisch auf:
Abbildung: Systemarchitekturen
Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Architekturen
Jede dieser Architekturen bringt Vor- und Nachteile mit sich. Zentrale Systeme sind beispielsweise einfacher zu unterhalten und sind umgehend und einfach implementierbar. Gleichzeitig sind sie aber auch angreifbar (wenn die zentrale Instanz wegfällt, bricht Chaos aus). Dezentrale und verteilte Netzwerke brauchen zwar länger im Aufbau, sind aber theoretisch einfacher zu verbreiten. Zudem sind sie (vor allem verteilte Systeme) weniger leicht angreifbar, da selbst beim Ausfall eines Netzwerkknotens das System weiterhin funktioniert.
Exkurs
Kommunikationsproblem: Byzantinischer Fehler
Dezentrale oder verteilte Transaktionssysteme werden im Gegensatz zu zentralen Systemen mit einem speziellen Kommunikationsproblem konfrontiert. Dieses Problem trägt den Namen «byzantinischer Fehler» und ist vor allem in der Informatik eine bekannte Herausforderung. Die Überwindung dieses byzantinischer Fehlers (das Erreichen einer sogenannten Byzantinischen Fehlertoleranz oder auf Englisch «Byzantine Fault Tolerance») kann als eines der essenziellen Ziele von verteilten Transaktionssystemen betrachtet werden.
Leslie Lamport, Robert Shostak und Marshall Pease publizierten im Jahr 1982 verschiedene Lösungsansätze für den «byzantinischen Fehler». Einer dieser Lösungsansätze verwendet (digitale) unveränderbare Signaturen. Auch Blockchains (bzw. die entsprechenden Konsensmechanismen wie Proof of Work oder Proof of Stake, vgl. Kapitel 3.5) nutzen diese oder ähnliche Techniken und beseitigen damit das byzantinische Problem. Das heisst, ein System, das auch bei Kommunikationsproblemen oder Manipulationsversuchen von Teilnehmenden stabil weiter funktioniert, kann als byzantine fault tolerant bezeichnet werden.
Historischer Hintergrund: Der Legende nach standen die osmanischen Generäle bei der Belagerung von Konstantinopel (damals Hauptstadt des Byzantinischen Reiches) im Jahre 1453 vor einem Dilemma, das auch bei dezentralen Transaktionssystemen eine Rolle spielt. Die zentrale Frage lautete: Wie kann Vertrauen unter den Teilnehmenden geschaffen werden, wenn diese örtlich getrennt sind und kein vertrauenswürdiger Mittelsmann existiert?
Damals bestand das Kommunikationsproblem zwischen den angreifenden Generälen, die rings um die Stadt verteilt waren. Sie wussten, dass ihr Unterfangen nur dann Erfolg haben wird, wenn sie die Stadt gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen angreifen oder sie sich alle zurückziehen. Sie mussten sich also auf einen gemeinsamen Zeitpunkt für den Angriff einigen oder alle gemeinsam den Angriff absagen. Das Problem bestand darin, dass ein Verräter unter den Generälen vermutet wurde und man sich daher nicht sicher sein konnte, ob die Nachrichten von den Boten wirklich vertrauenswürdig waren. Wie konnten die Generäle herausfinden, welche Botschaften authentisch waren?
Die Abbildung oben zeigt das Problem am Beispiel von vier Generälen, die sich auf den Angriffszeitpunkt einigen möchten. Die beiden erhaltenen Zeiten 15:00 Uhr und 09:15 Uhr konkurrenzieren sich und führen entweder zu einem nicht koordinierten Angriff (verbunden mit einer Niederlage) oder zu keiner Handlung, da keine Übereinkunft gefunden werden kann (im Blockchain-Jargon «Konsens» genannt).
Um das Beispiel auf Blockchain zu übertragen, wird angenommen, dass jeder General ein Teilnehmer des Transaktionssystems (in unserem Fall einer Blockchain) ist. Diese Teilnehmenden werden in diesem Fall «Nodes» (auf Deutsch Knoten) genannt. Kapitel 3 zeigt die Aufgaben dieser Nodes im Detail auf und erklärt so, wie die Nodes einer Blockchain diese byzantinische Fehlertoleranz erreichen.
Die Abkürzung DLT dient als Überbegriff für alle Technologien, die verteilte Transaktionssysteme darstellen. Nebst der Blockchain-Technologie stellt zum Beispiel auch die Technologie mit dem Namen «Directed Acyclic Graph (DAG)» eine DLT-Variante dar. Blockchains und DAGs sind beide dezentral und verteilt, verwenden aber unterschiedliche Technologien und Protokolle (vgl. Kapitel 4 und 5).
Abbildung: DLT vs. Blockchain
Der Fokus dieses Buches liegt auf der Blockchain-Technologie. Dennoch wird in Kapitel 4 auf die DAG als Blockchain-Alternative eingegangen. DAG ist eine Technologie, die zum Beispiel das Protokoll «Tangle» und als Native Token MIOTA verwendet.
Blockchain-Technologie als Ausgangspunkt
Die Blockchain-Technologie ist mit Abstand die bekannteste und am weitesten verbreitete DLT-Variante. Sie eignet sich optimal, um die wichtigsten Prinzipien von DLT zu beschreiben und zu erklären (vgl. Kapitel 3).
Die Entwicklung der Blockchain-Technologie befindet sich zwar nicht mehr ganz am Anfang, ist aber trotzdem noch lange nicht abgeschlossen. Die Blockchain-Welt ist sehr dynamisch und einzelne Aspekte der DLT und insbesondere der Blockchain werden sich laufend weiterentwickeln. Nichtsdestotrotz eignet sich die Blockchain sehr gut, um die grundlegenden Eigenschaften und Anforderungen an verteilte Transaktionssysteme zu erläutern.
Ob ein Transaktionssystem verteilt / dezentral ist oder nicht, kann nicht immer ganz einfach bestimmt werden. Die wichtigsten Aspekte, die dabei berücksichtigt werden müssen, betreffen die Lese- und Schreibrechte. Konkret: Wie sind diese im Transaktionssystem verteilt, wer darf / kann was tun? In diesem Zusammenhang wird zwischen öffentlichen und privaten Blockchains differenziert (Public oder Private Blockchains). Bei dieser Unterscheidung geht es um die Authentifizierung der Netzwerknutzenden. Teilweise wird zur Kategorisierung einer Blockchain auch eine zweidimensionale Definition verwendet (Private / Public und Permissionless / Permissioned). Im Folgenden werden die Varianten und ihre Unterscheidungsmerkmale aufgezeigt.
Öffentliche Blockchain (Public)
Definition
Im Falle einer öffentlichen Blockchain können alle Interessierten mit einem Computer und einer Internetverbindung dem Netzwerk beitreten und daran teilnehmen. Das Netzwerk und die Führung des Ledgers sind öffentlich. Alle Transaktionen sind transparent und öffentlich einsehbar. Die Identität der Teilnehmenden von öffentlichen Blockchains ist jedoch schwierig zu überwachen. Das bekannteste Beispiel einer öffentlichen Blockchain ist das Bitcoin-Protokoll. Eine öffentliche Blockchain ist per Definition Open Source.
Private Blockchain (Private)
Definition
Private Blockchains beschränken demgegenüber den Zutritt zum Netzwerk. Die Teilnahme am Netzwerk wird zum Beispiel nur durch eine Einladung ermöglicht. Private Blockchains kommen oft in Konsortien zur Anwendung und sind nur ausgewählten Mitgliedern vorbehalten (Members only). Nur mit entsprechenden Zugriffsrechten ist eine Teilnahme am Netzwerk möglich. Demzufolge sind die Mitglieder dem Netzwerk bekannt. Auf der anderen Seite sind im Falle von privaten Blockchains die Transaktionen in der Regel vertraulich und nicht öffentlich. Nur die Parteien der jeweiligen Transaktion sehen die Details einer Transaktion. Ein bekanntes Beispiel für eine private Blockchain ist Hyperledger Fabric.
Permissionless versus Permissioned Blockchain
Neben der Unterscheidung zwischen öffentlichen oder privaten Blockchains wird auch oft von «permissionless» (keine Erlaubnis notwendig) und «permissioned» (nur mit Erlaubnis) gesprochen. Diese Begriffe wurden historisch teilweise als Synonyme zu öffentlichen und privaten Blockchains gebraucht. Die Bedeutungsstränge lauteten:
Definition
In der Zwischenzeit hat sich jedoch in den meisten Fachkreisen ein neuer Konsens bezüglich der Definition eingestellt:
Definition
•Die Unterscheidung zwischen «öffentlich» und «privat» bezieht sich auf die Authentifizierung der Benutzenden («Wer hat Zugriff?») und somit auf die Leserechte.
•Bei der Differenzierung zwischen Permissionless und Permissioned geht es dagegen um die Autorisierung der Benutzenden («Wer darf was tun?»). Dabei steht die Unterscheidung in Bezug auf die Schreibrechte beziehungsweise die Erlaubnis, Transaktionen zu validieren, im Vordergrund.
Werden beide Dimensionen (1. Private / Public und 2. Permissionless / Permissioned) berücksichtigt, gibt es hauptsächlich drei Kombinationen, die in der Praxis anzutreffen sind und im Folgenden vorgestellt werden.
Public
(alle können teilnehmen und Transaktionen lesen)
Private
(nur autorisierte Nutzer können teilnehmen und Transaktionen lesen)
Permissionless
(alle können schreiben und Transaktionen validieren)
selten1
Permissioned
(nur autorisierte Nutzer können schreiben und Transaktionen validieren)
HYPERLEDGER
R3 Corda
Abbildung: Arten von Blockchains
Public Permissionless Blockchain
Definition
Die bekanntesten Blockchains (Bitcoin und Ethereum) sind beide public und permissionless. Das heisst, das Transaktionssystem ist jeweils öffentlich einsehbar (public) und alle dürfen theoretisch beim Validierungsprozess2