Bluthochdruck senken durch Yoga-Atmung - Thomas Mengden - E-Book

Bluthochdruck senken durch Yoga-Atmung E-Book

Thomas Mengden

0,0
19,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Bluthochdruck einfach wegatmen

Hoher Blutdruck kann viele Ursachen haben – Stress gehört neben Übergewicht, Bewegungsmangel und zu viel Salz zu den wichtigsten. Wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet, ziehen sich die feinen Muskeln der Blutgefäße zusammen, das Herz muss mehr leisten – und der Blutdruck steigt. Durch gezielte Entspannungstechniken können Sie dem entgegenwirken und Stress reduzieren.

  • Experte für Bluthochdruck: Prof. Mengden zählt zu den bekanntesten Spezialisten für Hypertonie in Deutschland. Er erklärt die vielfältigen Zusammenhänge, die im Körper ablaufen, und geht auf aktuelle wissenschaftliche Studien ein.
  • Yoga-Atmung gegen Bluthochdruck: Gezielte Atemtechniken aus dem Yoga helfen, Ihren Blutdruck zu senken.
  • Bluthochdruck ganzheitlich im Blick: Die Kombination aus Schulmedizin und fernöstlicher Heilkunst unterstützt Sie nachhaltig und langfristig bei der Heilung.

Atmen Sie sich gesund!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 198

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bluthochdruck senken durch Yoga-Atmung

Hypertonie: Stress als Ursache erkennen und aktiv ausschalten

Prof. Dr. med. Thomas Mengden, Ines Mikisek

1. Auflage 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,wenn es um die eigene Gesundheit geht, darf man nichts dem Zufall überlassen. „Für eine bessere Medizin und mehr Gesundheit im Leben“: So lautet das Qualitätsversprechen der Marke Thieme. Ärztlich Tätige, Pflegekräfte, Physiotherapeuten oder Hebammen – sie alle verlassen sich darauf, dass sie von Thieme, dem führenden Anbieter von medizinischen Fachinformationen und Services, die entscheidenden Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bekommen. So können sie die Menschen, die sich ihnen anvertrauen, bestmöglich unterstützen. Auch Sie können sich auf die TRIAS Ratgeber mit dem Thieme Qualitätssiegel verlassen! Diese Informationsangebote helfen Ihnen dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn es um Ihre Gesundheit geht, selbst daran mitzuwirken, gesund zu werden, sich gesund zu erhalten oder das Fortschreiten einer Erkrankung zu vermeiden. Mit einem TRIAS Titel aus dem Hause Thieme überlassen Sie Ihre Gesundheit nicht dem Zufall! Ihr TRIAS Team

Vorwort

An wen wendet sich dieses Buch?

Zunächst einmal an gesundheitsbewusste Menschen, die durch einen gesunden Lebensstil der Entstehung von Bluthochdruck vorbeugen wollen. Dies gilt besonders für Menschen mit Risikofaktoren für Hochdruck wie genetischer Belastung oder Stress.

An Menschen mit leichter Blutdruckerhöhung, bei denen eine Therapie ohne Medikamente möglich ist. Die aktuelle „Nationale Versorgungsleitlinie Bluthochdruck“ empfiehlt neben salzarmer Ernährung und Sport insbesondere Entspannungsverfahren.

An Patientinnen und Patienten, die bereits mit Medikamenten behandelt werden, ihre Therapie aber aktiv durch Entspannungsverfahren unterstützen wollen.

An Patientinnen und Patienten, bei denen Stress bereits zu einer Erkrankung wie z. B. Herzinfarkt oder Burnout geführt hat.

Wenn ich mit Patient*innen aus meiner Hochdrucksprechstunde über Ursachen ihres Bluthochdrucks spreche, dann wird häufig Stress als auslösende Ursache genannt. Dass Stress einer der wichtigsten Faktoren für die Entstehung von Bluthochdruck ist, haben zahlreiche wissenschaftliche Studien eindeutig belegt. Wenn ich den Herzstress bei den Patient*innen aus meiner Sprechstunde messe, stelle ich sehr häufig ein Ungleichgewicht zwischen dem Ruhenerv und dem Stressnerv fest. Der Stressnerv ist zu stark, der Ruhenerv zu schwach. Dieses Ungleichgewicht kann zu Bluthochdruck, zu Herzinfarkt und gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen.

Seit Jahrtausenden kennen wir zur Stressbehandlung sehr wirksame östliche Entspannungstechniken wie Meditation oder langsame Atmung. Diese östlichen Entspannungstechniken basieren auf einer jahrtausendealten Tradition und sind durch die Erfahrungsmedizin in ihrer Wirksamkeit bewiesen. Als klassisch ausgebildeter Schulmediziner brauchte ich eine Weile, um zu lernen, dass Meditationstechniken weit mehr sind als Esoterik mit Placebo-Effekt. Neuere Studien mithilfe von moderner Bildgebung zeigen, dass durch Meditation Anpassungsprozesse in Hirnregionen auftreten, die für die Stressverarbeitung verantwortlich sind. Solche ausgeklügelten Techniken können jedoch oft überfordernd sein. Es braucht eine aufwendige Schulung sowie viel Disziplin und Organisationstalent, um das tägliche Meditationstraining über Jahre durchzuhalten.

Egal ob Yoga, transzendentale Meditation, Achtsamkeit, Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation oder Mantragesänge. Alle Techniken werden von einer langsamen Atemführung begleitet. Die langsame, entschleunigte Atmung scheint somit der kleinste gemeinsame Nenner aller Entspannungstechniken zu sein. Sie ist ohne Kurse leicht selbst zu erlernen. Der Einfachheit halber nennen wir sie in diesem Buch „Yoga-Atmung“. Yoga-Atmung in diesem Sinne ist eine bewusst langsame Atemführung mit Nutzung des Bauchraumes und des Brustkorbes. Die Yoga-Atmung führt zu einer Harmonisierung von Atmung, Herzkreislauf und Blutdruck. Die blutdrucksenkende Wirkung durch die Yoga-Atmung ist vergleichbar effektiv wie eine Tablette eines Blutdrucksenkers.

Die Yoga-Lehrerin und Gesundheits-Coachin Ines Mikisek wird Sie in diesem Buch in die Technik der Yoga-Atmung einführen und mit praktischen Übungen schulen. Mit ihrem 4-Wochen-Programm erlernen Sie die Vollatmung, um die Bauchatmung mehr zu integrieren, und haben am Ende Ihre Atemfrequenz auf bis zu 6 Atemzüge/Minute gesenkt.

Eine anhaltende Wirkung auf den Blutdruck werden Sie nur erzielen, wenn Sie täglich üben und auch andauernd – über die nächsten Monate und Jahre – dranbleiben. Dabei helfen Ihnen Atem-Apps, die Ihr tägliches Training durch Atemtaktung unterstützen und die Erfolge aufzeichnen. Moderne Atem-Apps machen über Biofeedback den Puls oder den Blutdruck während der Übung für Sie sichtbar. Beim Biofeedback sehen Sie, wie Ihr Blutdruck in eine günstige Richtung geht und lernen daraus, wie Sie ihn durch Yoga-Atmung senken können.

Bleiben Sie neugierig und gesund!

Prof. Dr. med. Thomas Mengden

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Vorwort

Dauerstress und Bluthochdruck

Der Säbelzahntiger im Büro

Der schnelle Weg, das sympathische Nervensystem

Der langsame Weg über Cortisol

Der Vagus sorgt für Entspannung

Wie sieht es beim Neuzeitmenschen aus?

Wie kann man Stress messen?

Wie Puls und Atmung zusammenhängen

Es ist gesund, wenn der Puls mit der Atmung schwankt

Wie kommt es zu Pulsschwankungen beim Atmen?

Vom Blutdruck zum Bluthochdruck

Systole und Diastole

Blutdruckschwankungen beim Sport sind normal

Wie es zu Bluthochdruck kommt

Westlicher Lebensstil schadet dem Blutdruck

Was ist eigentlich Bluthochdruck?

Wie entsteht Bluthochdruck und welche Rolle spielt Stress?

Den Blutdruck zu Hause richtig messen

Welche Form von Bluthochdruck liegt vor?

Isolierte systolische Hypertonie

Isolierte diastolische Hypertonie

Systolisch-diastolische Hypertonie

Welcher Druck ist der wichtigere: Systole oder Diastole?

Bei Dauerstress ist der Sympathikus zu aktiv

Gas und Bremse bei Puls und Blutdruck

Wichtige Erkenntnisse aus Studien

Was die Nonnenstudie zeigte

Dauerstress führt zu anhaltender Gefäßverengung

Warum ist zu hoher Blutdruck gefährlich?

Dies sind die Stellschrauben für Folgeschäden

Wie Lebenserwartung und Blutdruck zusammenhängen

Welche Organe werden durch hohen Blutdruck geschädigt?

Folgen am Herzmuskel und Vorhofflimmern

Folgen des Bluthochdrucks an den großen Gefäßen

Folgen an den kleinen Blutgefäßen

Wie hoch ist das persönliche Risiko?

Was tun?

Meditieren statt Pillen

Studien zu Meditationseffekten

Der Vagus als Bindeglied zwischen Seele und Körper

Studie zur vorbeugenden Wirkung transzendentaler Meditation

Entschleunigte Atmung – 4711-Atmung

Die Yoga-Atmung beruhigt Herzschlag und Blutdruck

Interview zum entschleunigten Atmen

Einblicke in unser Atemorgan: die Lunge

Wie ist die Lunge aufgebaut?

Die Atmung kann autonom oder willentlich gesteuert werden

Warum Bauchatmung besser als Brustatmung ist

Wie arbeiten Atmung und Kreislauf zusammen?

Wie langsames Atmen den Blutdruck senkt

Studien zeigen, was Yoga-Atmung alles kann

Wie stark lässt sich der Blutdruck durch langsames Atmen senken?

Atemtakter

Erster Atemtakter: Resperate

Nur jeder Vierte trainiert ausreichend lange

Wie ist die Blutdrucksenkung durch Yoga-Atmung einzuordnen?

Die „Buteyko-Methode“ bei Asthma und COPD

Verbesserte Sauerstoffsättigung im Hochgebirge

Yoga-Atmung bei Herzmuskelschwäche

Yoga-Atmung zur Raucherentwöhnung

Stress, Burnout und posttraumatische Belastungsstörungen

Yoga-Atmung – die Übungen

Zurück zur Bauchatmung

Übung Bauchatmung

Lange Ausatmung entspannt

Richten Sie den Fokus beim Üben nach innen

Mögliche Haltungen zur Erleichterung der richtigen Atmung

Sitzende Positionen

Liegende Positionen

Übungen für die Atemmuskulatur

Der Fisch

Rotierte Bauchlage

Nackendehnung

Das Krokodil

Die Planke

Flankenatmung

Katze – Kuh

Das 4-Wochen-Programm

Die Besonderheiten der Atmung im Yoga

Yoga ist eine ganzheitliche Philosophie

Die 4 Atemphasen im Yoga

Yoga-Atem-Techniken

Ozeanische Atmung (Ujjayi-Atmung)

Wechselatmung (Nadi Shodana)

Atmung und Entspannung – ein starkes Paar

Welche Entspannungstechniken gibt es?

Progressive Muskelrelaxation (PMR)

Meditation

Bodyscan

Biofeedback

Rezitieren

Yoga

Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR)

Entspannung durch Berührung

Hypnose

Aktive Entspannung

Mentale Techniken

Weitere Entspannungstechniken

Entspannung und entschleunigte Atmung gehören zusammen

Wie kann die richtige Atmung die Entspannung positiv beeinflussen?

Anleitung zu einer meditativen Kurzpause

Was tut unser Gehirn beim Meditieren?

Ein wenig Gehirnanatomie

Wie sich das Gehirn durch Meditation verändert

Stille Reserven des Gehirns

Neuroplastizität: Neubildung von Nervenzellen

Zunahme von Nervenzellen im Hippocampus durch Meditation

Positive Auswirkungen von Yoga auf Hirn, Herz und Blutdruck

Biofeedback des Blutdrucks

Biofeedback zur Blutdruckänderung

Qui: Yoga-Atmung mit Taktgeber und Biofeedback

Das Biofeedback vereinfacht und fördert das Üben

Was sagen die Fachgesellschaften?

Yoga-Atmung mit Hightech verbinden

Wie die Idee zu meinem Biofeedbacksystem heranreifte

BP-Relax wird entwickelt und getestet

BP-Relax im Praxistest

Mit Sport auf die Stressbremse treten

Wie viel Sport ist optimal?

So könnte Ihr Ausdauerprogramm aussehen

Wann sollten Sie sich mit dem Sport zurückhalten?

Was kann man erreichen?

Bessere Leistung durch sparsameres Atmen?

Autorenvorstellung

Sachverzeichnis

Impressum

Quellen

Dauerstress und Bluthochdruck

Anhaltender Stress ist eine häufige Ursache für Bluthochdruck. Das nehmen die betroffenen Menschen so wahr und das bestätigt auch die Wissenschaft.

Ich möchte mit einem Fall aus meiner Hochdrucksprechstunde für „hoffnungslose Fälle“ beginnen. Patientinnen und Patienten, die zu mir kommen, weil ihr Blutdruck scheinbar nicht einzustellen ist.

Ein Fall aus meiner Sprechstunde

Ein 65-jähriger Immobilienhändler nahm bereits 4 verschiedene Blutdrucksenker ein und der systolische Blutdruckwert lag dennoch bei 180 mmHg. Schon am Anfang des Gesprächs sagte er mit tiefer Überzeugung, dass sein hoher Blutdruck rein stressbedingt sei. Auf nähere Nachfrage berichtete er mir, dass er regelmäßig lange Auszeiten in Indien nehme, um dort ayurvedische Entspannungstechniken zu praktizieren. Während dieser Zeit sei sein Blutdruck ohne jegliche Medikamente bei Selbstmessungen komplett normal. Eine einleuchtende Erklärung für mich war, dass mein Patient über diese Entspannungstechniken den Stress als Auslöser seines hohen Blutdrucks ausschalten konnte.

Was können Sie aus diesem Fall für sich mitnehmen?

Stress wird von vielen meiner Patientinnen und Patienten immer wieder an erster Stelle als Grund für Bluthochdruck genannt. Dies ist auch wissenschaftlich sehr gut belegt.

Es gibt Möglichkeiten, der Stressfalle zu entkommen und damit auch den Blutdruck ohne Medikamente zu senken. Entspannungstechniken wie z.B. Meditation oder Yoga-Atmung sind seit Jahrtausenden bewährte Therapien, die sich die Selbstheilungskräfte der Geist-Körper-Achse zu Nutzen machen. Erst seit wenigen Jahren wissen wir allerdings, was die wissenschaftliche Grundlage für das „Heilen durch den Geist“ darstellt.

Der Säbelzahntiger im Büro

Unser Körper und mit ihm unser Gehirn funktioniert bei Stress in seinen Grundzügen wie beim Steinzeitmenschen, wenn er in die Augen eines Säbelzahntigers blickte. In diesen früheren evolutionären Zeiten war die Stressreaktion überlebenswichtig. Heute stehen nicht mehr die Gefahr um Leib und Leben im Vordergrund der Stressreaktion, sondern beruflicher Stress oder private Ängste und Sorgen. Unser Gehirn löst bei Stress aber immer noch die gleiche Kampf- oder Fluchtreaktion aus wie vor 10.000 Jahren. Es reagiert genauso wie beim Steinzeitmenschen mit einer starken Ausschüttung von Stresshormonen, die von der Nebenniere produziert werden. Zu diesen Stresshormonen gehören Cortisol und Adrenalin. Adrenalin erhöht den Puls und den Blutdruck. Cortisol steigert den Blutzucker und hemmt die Verdauung.

Bei Stress reagiert unser Körper auch heute noch so, als ob ein Säbelzahntiger hinter uns her wäre.

Der schnelle Weg, das sympathische Nervensystem

Das vegetative Nervensystem ist für die schnelle Stressreaktion beim Anblick des Säbelzahntigers verantwortlich und stellt sicher, dass alle Körperfunktionen sofort auf Kampf oder Flucht eingestellt werden. Der Teil des vegetativen Nervensystems, der den Organismus in Spannung versetzt, ist der Sympathikus, der Stressnerv. Er ist das Gaspedal für unser Kreislaufsystem. Der Sympathikus vermittelt die Information „Gefahr“ über seine schnellen Nervenfasern an Herz und Gefäße. Er steigert damit direkt und sofort Puls und Blutdruck. In der Nebenniere sorgt er dafür, dass das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet wird. Adrenalin beschleunigt den Herzschlag, die Atmung und steigert den Blutdruck. Der Blutzucker steigt schnell an und das Blut wird vom Verdauungssystem in Muskeln und Herz umgeleitet.

Der langsame Weg über Cortisol

Ein weiteres Stresshormon ist Cortisol, das ebenfalls in der Nebenniere gebildet wird. Die Information „Gefahr“ wird über ▶ Stresszentren im Gehirn (Mandelkern, Hypothalamus, Hypophyse) hormonell über die Blutbahn an die Nebennieren weitergeleitet. Diese schütten Cortisol aus, das für die Bereitstellung von Energie wie z.B. Blutzucker verantwortlich ist. Man kann über eine Speichelprobe die Konzentration an Cortisol bestimmen und damit den ▶ Stress messen.

Der Sympathikus ist unser Stressnerv, der uns auf Kampf oder Flucht vorbereiten will. Der Parasympathikus (Vagus) ist sein Gegenspieler, unser Ruhenerv, der für Regeneration zuständig ist.

Diese starken hormonellen und vegetativen Reaktionen sorgen dafür, dass wir schnell und adäquat vor einer Gefahr flüchten können („flight“) oder kampfbereit sind („fight“). Diese Reaktion erfolgt automatisch und wird über das Gehirn sowie das vegetative Nervensystem vermittelt. Es wird auch „autonomes Nervensystem“ genannt, da seine Reaktionsmuster zur Regulierung von Körperfunktionen unbewusst ablaufen und sich normalerweise nicht bewusst steuern lassen. Die Funktionsweise des vegetativen Nervensystems hat sich seit der Steinzeit nicht verändert, da es für viele unbewusste und lebensnotwendige Funktionen wie Atmung, Kreislauf und Blutdruck zuständig ist. Wir werden später sehen, dass sich solche autonom gesteuerten Körperfunktionen, wie z.B. der Blutdruck, dennoch mit Übung und der richtigen Technik auch bewusst beeinflussen lassen.

Der Vagus sorgt für Entspannung

Wenn der Säbelzahntiger besiegt oder die Flucht gelungen ist, werden alle Systeme wieder heruntergefahren. Die Blutspiegel von Cortisol und Adrenalin fallen wieder auf normale Werte ab. Der Puls und auch der Blutdruck gehen wieder auf die Ausgangswerte zurück. Auch die anderen Organe schalten wieder auf Ruhe und Verdauung um. In dieser Ruhephase kommt der Gegenspieler des Sympathikus zum Zuge, der Parasympathikus. Der wichtigste Nerv des Parasympathikus ist der Nervus vagus, kurz „Vagus“ oder „Ruhenerv“ genannt. Der Vagus verbindet über ein großes Nervengeflecht unser Gehirn mit dem Körper. Er verbindet unser Gehirn mit Herz, Magen, Darm und Nieren, aber auch dem Becken und ist damit an der weiblichen und männlichen Sexualfunktion beteiligt.

Der Vagus sorgt für Entspannung und gute Gefühle. Er ist die Bremse unseres Kreislaufs und bringt Puls und Blutdruck auf Ruhewerte. Der Vagus ist auch nachts sehr stark ausgeprägt, er sorgt für die Erholung unseres Körpers im Schlaf. Wir wissen heute, dass ein schwacher Vagus bei vielen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Depression, aber auch Demenz und Tumorerkrankungen beteiligt ist.(1) Da ein starker Vagus viele dieser Erkrankung verhindert oder auch heilt, wird er auch als „Selbstheilungsnerv“ oder als „innerer Arzt“ bezeichnet.

Solange der Säbelzahntiger dem Steinzeitmenschen nicht stündlich erschien, waren Sympathikus (Gaspedal) und Vagus (Bremse) in einem gesunden Gleichgewicht.

Ein intaktes und gesundes Gleichgewicht zwischen Vagus und Sympathikus ist eine Voraussetzung für normalen Blutdruck.

Wie sieht es beim Neuzeitmenschen aus?

Im schlimmsten Fall kommt der Säbelzahntiger im 10-Minuten-Takt z.B. in Form von permanentem Zeitdruck, fehlenden Pausen, Multitasking, Kundenbeschwerden, Telefonaten, zu eng getaktetem Terminkalender und Druck durch den Chef oder Partner. Die Stressreaktion läuft aber bei uns ins Leere, da wir in der Regel nicht vor Kunden flüchten oder mit dem Chef kämpfen können. Körperliche Aktivität wie Flucht oder Kampf würde aber beim Stressabbau helfen.

Wenn der Stress über Monate und Jahre dauerhaft hoch bleibt, gibt es auch Veränderungen in unserem Nervensystem. Unser Gehirn ist im Dauerstress. Die Sympathikusaktivität bleibt hoch, damit ist, ohne dass wir das steuern können, das Gaspedal fast immer durchgetreten. Es findet keine ausreichende Regeneration mehr statt, in der sich Sympathikus und Vagus wieder in ein gesundes Gleichgewicht einpendeln.

Unsere moderne Arbeitsphilosophie kann sich aufgrund stetiger Fremd- und Selbstoptimierung keine Pausen oder ausreichenden Schlaf mehr leisten. Nachts findet immer weniger Erholung statt, da sich das gesunde Gleichgewicht auch nachts vom beruhigenden Vagus immer mehr zugunsten des Sympathikus zum Dauerstress verschiebt. Mit der fehlenden nächtlichen Beruhigung des vegetativen Nervensystems entstehen unvermeidlich Schlafstörungen, die laut Untersuchungen der Krankenkassen immer mehr zunehmen.

Neben Schlafstörungen kann Dauerstress zu einer Vielzahl von Gesundheitsstörungen führen wie z.B.:

Depression

Kopfschmerzen

Muskelverspannung

Konzentrationsstörungen

Gedächtnisstörungen

Herzinfarkt

Herzrhythmusstörungen

Bluthochdruck

Die Folgen für den Blutdruck liegen auf der Hand. Es kommt zunächst nur zu Blutdruckanstiegen in Stressphasen. Zwischen den Stressphasen kann der Vagus immer noch ausreichend auf die Bremse treten und den Blutdruck normalisieren. Bei langanhaltendem, krankmachendem Stress bleibt das Nervensystem dauerhaft in einem Ungleichgewicht mit der Folge von dauerhafter Blutdruckerhöhung.

Im ▶ Interview werden wir vom Psychokardiologen Prof. Jochen Jordan erfahren, wie die Verbindungen zwischen Stress, Bluthochdruck und Herzinfarkt sind. Die Psychokardiologie beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen von Psyche und Herz.

Wie kann man Stress messen?

Prof. Jordan sagte mir, er würde immer die Ehefrau oder den Ehemann des Patienten oder der Patientin fragen, wenn er wissen wolle, ob eine Stresssituation vorliegt. Was will er uns damit sagen? Er weist darauf hin, dass uns unser Gefühl bei der Beurteilung des Stresses häufig trügt. Der Stress wird von manchen Patientinnen und Patienten ja auch positiv empfunden, sie fühlen sich stimuliert und vital, obwohl der Herzinfarkt oder ein Burnout schon vor der Tür lauert.

Was also tun, um krankmachenden Stress zu messen? Die Messung des Stresshormons Cortisol im Speichel sowie invasive Messmethoden werden vorwiegend in wissenschaftlichen Studien eingesetzt und sind beim Hausarzt oder Psychologen nicht verfügbar. Wie wir Stress besser als durch unsere Gefühle oder über unseren Speichel messen können, erfahren Sie nun.

„Ich bin gleich auf 180!“ Wer kennt ihn nicht, diesen Ausspruch, wenn der Stress so übermächtig wird, dass der Blutdruck auf „180“ geht. Für viele Patient*innen mit einer Hochdruckerkrankung ist Stress häufig mit einem plötzlichen Blutdruckanstieg und gelegentlich auch mit Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Brustenge verbunden. In den Aufzeichnungen meiner Patient*innen sehe ich im Blutdruckpass häufig Einträge wie „Ärger auf der Arbeit/Streit mit dem Partner“, wenn der Blutdruck mal wieder auf „180“ ist. Kann man also sagen, dass erhöhte Blutdruckwerte immer mit Stress gleichzusetzen sind? Nun, es ist nicht ganz so einfach.

Obwohl die chronische Krankheit „Bluthochdruck“ durch Stress ausgelöst werden kann, gibt es eine ganze Reihe von anderen Faktoren, die situativ den Blutdruck in die Höhe treiben. Hierzu gehört z.B. Sport. Beim Sport ist der Anstieg der Blutdruckwerte allerdings Ausdruck einer gesunden Kreislaufreaktion. Situativ erhöhte Blutdruckwerte sind deshalb nur ein ungenaues Maß für die objektive Messung von Stress.

Ebenso verhält es sich mit dem Pulsschlag, also der Herzfrequenz, die bei Stress oder eben auch beim Joggen oder Schwimmen ebenfalls ansteigt. Ähnlich wie der Blutdruck wird die Herzfrequenz durch Stresshormone und unser autonomes Nervensystem unbewusst gesteuert. Wir müssen dabei zwischen der Herzfrequenz in Ruhe und der unter körperlicher Belastung unterscheiden. Wie wir aus zahlreichen Studien wissen, ist eine erhöhte Ruheherzfrequenz ein starker Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die Herzfrequenz in Ruhe ist aber noch von vielen anderen Faktoren wie Genetik, Hormonstoffwechsel (z.B. Schilddrüsenüberfunktion), Rhythmusstörungen (z.B. Vorhofflimmern) oder auch Medikamenten abhängig. Sie eignet sich daher beim Einzelnen nicht für eine zuverlässige Messung des tatsächlichen Herzstresses. So nehmen viele Patient*innen mit Bluthochdruck z.B. Beta-Blocker ein. Beta-Blocker senken sowohl den Blutdruck als auch den Puls. Die Herzfrequenz unter Beta-Blockern eignet sich deshalb nicht zur Messung des Herzstresses. Was also tun? Doch die Ehefrau oder einen Arzt fragen?

Ein Psychokardiologe zu Stress und Bluthochdruck

Im Gespräch erläutert uns der Psychokardiologe Prof. Jochen Jordan die psychologischen Hintergründe zu den Themen Dauerstress, Bluthochdruck und was man dagegen tun kann.

Was ist Stress aus psychologischer Sicht?

Obgleich alle Menschen das Wort Stress oft und leicht in den Mund nehmen, müssen wir doch Stressreaktionen auf sehr unterschiedliche Kontexte zurückführen. Diese Unterscheidung ist bedeutsam, weil die Stressvermeidung und der erforderliche Stressabbau jeweils völlig verschiedene Methoden erfordern.

Was sind also die wichtigsten Stressfaktoren?

Zunächst gibt es Stressoren, die, ähnlich wie einst der Säbelzahntiger, auf alle Menschen gleichermaßen heftig wirken. Dies sind von außen auf einen Menschen zukommende schwere, d.h. existenzielle Bedrohungen.

An erster Stelle sind hier Naturkatastrophen zu nennen wie Erdbeben und Erdrutsche, Flutwellen, katastrophale Brände wie etwa in Australien, Vulkanausbrüche, Lawinen und Überschwemmungen. Die Stressoren sind dadurch charakterisiert, dass die betroffenen Menschen gleichermaßen bedroht sind und ein schicksalhaftes Ausgeliefertsein als Erlebniszustand erzeugt wird. Hier können die Betroffenen zusammenhalten, gemeinsam agieren, trauern und Hilfe organisieren. Die traumatischen Erlebnisse bleiben lebenslänglich gespeichert, leben fort und sind Bestandteil des basalen Lebensgefühls. Die Folgen solcher Belastungen sind vielfältig und insbesondere ein chronisch erhöhter Blutdruck wird in der Literatur immer wieder nachgewiesen.

Welche Rolle spielen von Menschen verursachte Katastrophen?

Die in heutigen Zeiten dramatisch zunehmenden „Man-Made-Desaster“ (von Menschen gemachte und verursachte Katastrophen) haben eine gänzlich andere traumatisierende psychische Verarbeitungsweise zur Folge. Die häufigsten schweren Belastungen sind leider auch heute noch Krieg, Folter, politische Inhaftierung, Vertreibung, Gewalt sowie religiöser und politischer Fanatismus. Es gibt aber auch die nur scheinbar natürlichen Katastrophen wie Überschwemmungen, Dammbrüche, Erdrutsche, Grubenunglücke, Schiffskatastrophen und Ähnliches, die durch falsche menschliche Entscheidungen bedingt sind und die ganz andere Gefühlszustände als die Naturkatastrophen auslösen. Hier wissen und spüren die Betroffenen, dass im Grunde rücksichtsloses oder grob fahrlässiges und von Profitgier bestimmtes menschliches Verhalten als Auslöser der Katastrophe zu sehen ist. Das entstandene Leid hat menschliche und meist vermeidbare Ursachen. Hier werden Schuldige identifiziert und es werden Konsequenzen gefordert und es entsteht nicht selten tiefes Leid (und damit Dauerstress), weil die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Andauernde Anspannung, das Gefühl der Ungerechtigkeit und des Sich-ausgeliefert-Fühlens sind Faktoren, die als Dauerstress die entsprechenden Folgeerkrankungen bedingen.

Kann auch der Verlust eines geliebten Menschen zu Bluthochdruck führen?

Die jahrzehntelange Forschung zeigt uns, dass schwere biografische Belastungssituationen als Dauerstress erheblich krankmachende Wirkungen haben und dies leider lebenslänglich. Hierzu gehören der Verlust von Beziehungspersonen (z.B. Mutter, Vater), der Verlust von Heimat, schwere Krankheiten in der Familie und natürlich auch schwere psychiatrische Erkrankungen eines Elternteils. Sehr bedeutsam sind auch Gewalterfahrungen in der Kindheit und besonders alle sexuellen Übergriffe. Diese Belastungsereignisse haben eine so tiefgreifende Wirkung, dass sie dauerhaft auf das vegetative System wirken und dadurch erhebliche Schäden auch am Herz-Kreislauf-System entstehen. Es ist wissenschaftlich gut nachgewiesen, dass unbehandelte biografische posttraumatische Störungen eine Erhöhung des Blutdrucks und eine bedeutend höhere Wahrscheinlichkeit von schweren Herzerkrankungen nach sich ziehen.

In letzter Zeit gibt es vermehrt Hinweise, dass Fluglärm zu Bluthochdruck und Herzinfarkt führen. Wie beurteilen Sie diese Forschungsergebnisse?

Neben den oben genannten dramatischen und katastrophalen Lebensereignissen gibt es im Lebensverlauf natürlich viele weitere, durchaus individuell schwer belastende Begebenheiten, die für kürzere und längere Perioden als relevante Stressoren gesehen werden können, die negativen Einfluss auf die Gesundheit haben können. Beispiele hierfür sind chronische Krankheiten bei nahestehenden Personen, finanzielle Engpässe, Wohnungs- oder Arbeitsplatzverlust, chronische Ärger-Interaktionen mit Nachbarn oder ähnliche alltägliche Dinge, die dann eben doch nicht alltäglich, sondern deutlich belastend wirken. Wir haben in vielen Studien feststellen können, dass solche Life-Events häufig Krankheitsepisoden vorausgehen und teilursächlich sein können.

Zu dieser Kategorie gehören natürlich auch belastende Lebensbedingungen und hierbei an erster Stelle der Umgebungslärm. Dauerlärmbelastung, wie sie rund um Flughäfen, an lauten Straßen, an Bauplätzen oder Eisenbahntrassen entsteht, hat eine erhebliche negative Wirkung, vor allem auf den Blutdruck. Das haben jüngst Studien rund um den Frankfurter Flughafen unter Beweis gestellt.

Berufliche Stressfaktoren werden immer wieder als Auslöser von Herzkrankheiten genannt. Wie ist Ihre Meinung?

Wissenschaftlich am besten untersucht sind Stressoren im Arbeitsleben. Hier konnte für zahlreiche Bedingungen nachgewiesen werden, dass sie vor allem auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und hier besonders auf den Blutdruck negativ wirken. Zu nennen sind hier der Dreischichtbetrieb, chronische Überforderungen, aber auch Unterforderung, etwa durch Fließbandarbeit, und vor allem auch der Lärm. Auch hier spielen zwischenmenschliche Belastungen eine Rolle, wie vor allem schlechte Führung durch Vorgesetzte, Ungerechtigkeiten und Mobbing.

Welche Eigenschaften oder Charakterzüge, die sich in Kindheit und Jugend entwickeln, können die Gesundheit beeinträchtigen?

Ich möchte folgende 3 Eigenschaften nennen:

Perfektionismus: Menschen können unter bestimmten Bedingungen bereits in Kindheit und Jugend lernen, sehr genau mit allem zu sein. Sie müssen alles nicht nur 100%ig, sondern 120%ig machen. Halbheiten werden nicht geduldet.

Geltungsstreben: Viele Menschen müssen immer wieder beweisen, dass sie etwas können, dass sie besser sind als andere, und sie müssen auch sich selbst täglich aufs Neue beweisen, dass sie etwas taugen. Ein latentes nicht bewusstes Minderwertigkeitsgefühl kann sich darin äußern, dass man immer unter Druck steht und immer noch etwas besser machen könnte.

Konkurrenzstreben: Auch der Drang, immer besser als andere sein zu müssen, ist ein blutdrucksteigernder Faktor.

Innerpsychische Prozesse führen also bei vielen Menschen dazu, dass sie sich selbst antreiben, nicht zur Ruhe kommen lassen und dauernd unter Strom stehen. Heutzutage gibt es Menschen, die haben in ihrer Psyche eine Instanz, die strenger, unnachgiebiger, fordernder und unfreundlicher ist, als es der strengste und unfreundlichste Chef je sein könnte. Dieser innere Motor ist schwer zu erkennen und daher auch schwer zu beeinflussen.

Gibt es Stresspatient*innen, bei denen Sie auch nach langem Suchen überhaupt keine Ursache finden?