Expertenwissen: Bluthochdruck - Thomas Mengden - E-Book

Expertenwissen: Bluthochdruck E-Book

Thomas Mengden

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Beschreibung

Optimal beraten vom Experten

Immer mehr Menschen leiden unter Bluthochdruck, allein in Deutschland sind es über 20 Millionen. Zu viel Salz und zu wenig Bewegung sind die Übeltäter, aber auch das Alter, familiäre Veranlagung und hormonelle Umstellungen wie die Menopause. Mit Bluthochdruck einher geht ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, Herzmuskelschwäche, Demenz, Impotenz und Dialyse. Das klingt besorgniserregend, aber mit dem richtigen Wissen über Ihre Erkrankung können Sie sich und Ihre Gesundheit schützen. Orientierung bietet der Kardiologe Prof. Dr. Thomas Mengden, der zu den bekanntesten Bluthochdruck-Experten in Deutschland zählt.

  • Selber richtig und genau messen: Welcher Blutdruck ist für Sie optimal, welcher erhöht?
  • Mit 4-Wochen-Programm „Yoga-Atmung“: Bluthochdruck senken ohne Medikamente oder teure Therapien.
  • Blutdruck-Salz und Blutdruck-Sport: Ohne Nebenwirkungen große Erfolge erzielen.
  • Frauen, Männer und Sexualität: Welche Besonderheiten gibt es bei den Geschlechtern?

Finden Sie die beste Unterstützung für Ihre Gesundheit.

 

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Seitenzahl: 302

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Expertenwissen: Bluthochdruck

Risiko für Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Demenz senken. Selbst aktiv werden mit Bewegung, Ernährung, alternativen Methoden

Prof. Dr. med. Thomas Mengden, Ines Mikisek

50 Abbildungen

Liebe Leserin, lieber Leser,wenn es um die eigene Gesundheit geht, darf man nichts dem Zufall überlassen. „Für eine bessere Medizin und mehr Gesundheit im Leben“: So lautet das Qualitätsversprechen der Marke Thieme. Ärztlich Tätige, Pflegekräfte, Physiotherapeuten oder Hebammen – sie alle verlassen sich darauf, dass sie von Thieme, dem führenden Anbieter von medizinischen Fachinformationen und Services, die entscheidenden Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bekommen. So können sie die Menschen, die sich ihnen anvertrauen, bestmöglich unterstützen. Auch Sie können sich auf die TRIAS Ratgeber mit dem Thieme Qualitätssiegel verlassen! Diese Informationsangebote helfen Ihnen dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn es um Ihre Gesundheit geht, selbst daran mitzuwirken, gesund zu werden, sich gesund zu erhalten oder das Fortschreiten einer Erkrankung zu vermeiden. Mit einem TRIAS Titel aus dem Hause Thieme überlassen Sie Ihre Gesundheit nicht dem Zufall! Ihr TRIAS Team

Liebe Leserin, lieber Leser,

Bluthochdruck – dieses Wort klingt im ersten Moment vielleicht nicht besonders bedrohlich, doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Weltweit sind heute fast 1,3 Milliarden Menschen betroffen, Tendenz steigend. Allein diese Zahl lässt erahnen, welche Dimension dieses Gesundheitsproblem inzwischen erreicht hat. Bluthochdruck ist mehr als nur ein hoher Wert auf dem Blutdruckmessgerät. Er ist eine schleichende Gefahr, die, wenn wir nicht aufpassen, zu ernsthaften Problemen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Nierenschäden führen kann. Jedes Jahr sterben rund 8,5 Millionen Menschen an den Folgen dieser Erkrankung – das ist eine erschreckende Zahl, die uns alle wachrütteln sollte. Weniger bekannt ist, dass Bluthochdruck auch das Risiko für Demenz erheblich erhöht. Tatsächlich ist die Behandlung von Bluthochdruck bislang die einzige nachgewiesene medikamentöse Maßnahme zur Vorbeugung von Demenz.

Doch bevor Sie jetzt erschrocken das Buch beiseitelegen: Es gibt Hoffnung! Und das ist der Grund, warum Sie dieses Buch in Händen halten. Denn Sie haben damit bereits den ersten wichtigen Schritt gemacht, um sich über dieses Thema zu informieren und etwas zu unternehmen – für sich selbst oder für Ihre Liebsten. Denn die gute Nachricht ist: Viele der Risikofaktoren für Bluthochdruck liegen in unserer Hand, und wir können aktiv etwas tun, um unseren Blutdruck in den Griff zu bekommen.

Vielleicht haben Sie schon von den Tsimane gehört, einer indigenen Volksgruppe im bolivianischen Regenwald. Diese Menschen haben es geschafft, fast ohne Bluthochdruck zu leben – ihre Blutgefäße sind im Vergleich zu uns „zivilisierten“ Menschen bis ins hohe Alter wie die eines jungen Erwachsenen. Und warum? Weil ihr Lebensstil eine perfekte Mischung aus Bewegung und gesunder Ernährung ist. Natürlich müssen wir jetzt nicht alle sofort in den Regenwald ziehen und unser Essen selbst jagen. Aber es zeigt, wie stark unser Lebensstil unseren Blutdruck beeinflussen kann.

In der heutigen Welt, in der Stress, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel zum Alltag gehören, ist Bluthochdruck oft die logische Folge. Doch das Schöne daran ist, dass wir mit einigen gezielten Maßnahmen – von mehr Bewegung über eine salzarme Ernährung bis hin zu kleinen Entspannungsübungen – unglaublich viel für unsere Gesundheit tun können. Diese Veränderungen können oft nicht nur den Blutdruck senken, sondern auch unser Wohlbefinden insgesamt deutlich verbessern.

Dieses Buch soll Ihnen nicht nur das medizinische Wissen vermitteln, sondern Ihnen auch Mut machen. Jeder kleine Schritt zählt, und Sie haben es in der Hand, Ihren Blutdruck und damit Ihre Gesundheit positiv zu beeinflussen. Egal, ob Sie bereits Bluthochdruck haben oder einfach nur vorbeugen möchten: Sie werden hier viele wertvolle Tipps und Tricks finden, die leicht umzusetzen sind und die den großen Unterschied machen können.

Also, lassen Sie uns gemeinsam loslegen – denn es gibt viel zu gewinnen!

Herzlichst,
Prof. Dr. Thomas Mengden

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Liebe Leserin, lieber Leser,

Der gesunde Blutdruck

Unser Herz-Kreislauf-System

Die beiden Blutdruckwerte

Veränderung der Blutdruckwerte

Körperliche Belastung

Stress

Schwankungen des Blutdrucks im Tagesverlauf

Zusammenhang von Atmung und Kreislauf

Der kranke Blutdruck

Blutdruck bei Naturvölkern

Blutdruck in westlichen Ländern

Formen des Bluthochdrucks

Variante 1: Isolierte systolische Hypertonie

Variante 2: Isolierte diastolische Hypertonie

Variante 3: Systolisch/diastolische Hypertonie

Erste Anzeichen für einen zu hohen Blutdruck

Beschwerden bei fortgeschrittener Bluthochdruckerkrankung

Wenn aus Stress Bluthochdruck wird

Die Stressreaktion: fight or flight!

Schnelle und langsame Stressreaktion

Erholung und Abbau von Stress

Wenn Ruhe und Stress aus der Balance geraten

Die Messmöglichkeiten von Stress

Den Stress über den Blutdruck messen

Den Stress über die Herzfrequenz messen

Den Stress mit dem Stresstest messen

Dauerstress: Wenn der Blutdruck nicht mehr runter geht

Dann wird Bluthochdruck gefährlich

Die Stellschrauben für Folgeschäden

Wie Lebenserwartung und Blutdruck zusammenhängen

Folgeschäden von erhöhtem Blutdruck

Gefährdung 1: Herzverdickung(Hypertrophie)

Gefährdung 2: Vorhofflimmern

Gefährdung 3: Atherosklerose

Gefährdung 4: Aneurysma

Gefährdung 5: Folgen an den kleinen Blutgefäßen

Gehirn unter Druck: Demenz und Schlaganfall vorbeugen

Schlaganfall

Hirnleistung und Demenz

Kopfschmerzen und Migräne

Ein Risikofaktor kommt selten allein

Risikofaktor 1: Metabolisches Syndrom

Risikofaktor 2: Diabetes mellitus Typ 2

Risiken und Behandlungsmöglichkeiten einer Diabeteserkrankung

Risikofaktor 3: Fettstoffwechselstörungen

Cholesterin

Triglyzeride

Risikofaktor 4: Familiäre Belastung bezüglich Hypertonie

Risikofaktor 5: Rauchen

Eine Anleitung zum richtigen Messen

Wie wird eine Hypertonie bestätigt?

Messung in der Praxis wiederholen

Die Langzeitblutdruckmessung

Die Heimmessung

So dokumentieren Sie Ihre Blutdruckwerte

Wie bewerte ich meine Messungen?

Welche sind die häufigsten Fehler bei der Heimmessung?

Für wen ist die Heimmessung nicht geeignet?

Aktivieren Sie Ihre innere Apotheke

Eine kleine Einführung in die Gehirnanatomie

Hippocampus

Mandelkern

Hirnstamm

Baroreflex-Rezeptoren

Meditation und Bluthochdruck

Studien zu Meditationseffekten

Der Ruhenerv als Bindeglied zwischen Seele und Körper

Studie zur vorbeugenden Wirkung transzendentaler Meditation

Die Bedeutung des Atmens in der Meditation

Die „4711-Atmung“

Die Yoga-Atmung beruhigt Herzschlag und Blutdruck

Wie Meditation das Gehirn trainiert

Stille Reserven des Gehirns – Neuroplastizität

Positive Auswirkungen von Yoga auf Hirn, Herz und Blutdruck

Atmen Sie Ihren Bluthochdruck einfach weg

Ziel von Entspannungstechniken

Welche Entspannungstechniken gibt es?

Progressive Muskelrelaxation (PMR)

Meditation

Bodyscan

Entspannung in Bewegung

Yoga-Atmung: Die Wichtigkeit der richtigen Atmung zur Entspannung

Die tiefe Bauchatmung

Die Wirkung der Yoga-Atmung

Wie ist die Blutdrucksenkung durch Yoga-Atmung einzuordnen?

Entspannung als Haltung

Das 4-Wochen-Programm zum Erlernen der Yoga-Atmung

Bewegung ist der beste Blutdrucksenker

Kleine regelmäßige Einheiten bewirken mehr

Steuerung der Intensität

Übungen zur Mobilisation

Fisch

Rotierte Bauchlage

Nackendehnung

Rotierte Rückenlage

Übungen zur Stärkung

Die Planke

Katze-Kuh

Dips

Lunges

Ausdauertraining

Übung macht den Meister

Das 4-Wochen-Programm für den Einstieg in körperliche Aktivität (für Anfänger)

Längerfristiger Bewegungsplan

Bewegung bei Übergewicht

Positive Effekte von Bewegung

Durch Ernährung den Blutdruck senken

Übergewicht, Bauchfett und Bluthochdruck

Die Energiebilanz

Normalgewichtig bleiben

Übergewicht abbauen

Ohne Salz kein Bluthochdruck

Alkohol und Bluthochdruck

Mittelmeerküche, DASH und Nährstoffe

Zusammenfassung und fünf goldene Regeln

Keine Angst vor Medikamenten

Das persönliche Risiko entscheidet

Blutdrucksenker: hoher Nutzen, geringes Risiko

Wie wirken Blutdrucksenker?

Direkt an den Gefäßen ansetzen

Medikamente im Blick

Methyldopa, Moxonidin

Betablocker

Diuretika

Aldosteron-Antagonisten

Alphablocker

ACE-Hemmer

AT1-Rezeptorantagonisten, Sartane

Kalziumantagonisten

Welcher Blutdrucksenker kommt für Sie infrage?

Kombinationstherapien

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Häufige Erstreaktion

Operative Verfahren

Monitoring der Therapie

Keine übertriebene Angst vor zu niedrigen diastolische Blutdruckwerten

Was passiert bei isolierter systolischer Hypertonie?

Frauen, Männer und Sexualität

Bluthochdruck im Verlauf des weiblichen Lebenszyklus

Menopause

Das weibliche Hochdruckherz

Anti-Baby-Pille

Fibromuskuläre Dysplasie

Medikamente bei Kinderwunsch und Schwangerschaft

Fazit

Bluthochdruck und Störung der Sexualfunktion bei Männern

Häufigkeit von Potenzstörungen

Verursachen alle blutdrucksenkenden Medikamente Potenzstörungen?

Hoffnungslose Fälle gibt es nicht

Therapieresistente Hypertonie

Häufige Ursachen für Therapieversagen

Mangelnde Therapietreue und Nebenwirkungen

Stark verkalkte und versteifte Aorta

Medikamente, Salz und Alkohol

Weißkittel-Effekt

Sekundäre Hypertonie und seltene Ursachen für Therapieversagen

Niereninsuffizienz

Nierenarterienstenose

Schlafbezogene Atemstörungen und Schnarchen

Hormonelle Ursachen

Aortenisthmusstenose

Hypertensive Entgleisung und hypertensiver Notfall

Bluthochdruck als Managerkrankheit

Die maskierte Hypertonie

Die häufigsten Ursachen für Bluthochdruck bei Führungskräften

Geschlechterspezifika

Unwissenheit und Bagatellisierung

Lösungsansätze zur Ursachenvermeidung

Steigern Sie Ihre Resilienz

Organisationale Rahmenbedingungen

Forschung aktuell und ein Blick in die Glaskugel

1. Optimaler Blutdruck – wohin geht die Reise?

2. In-vitro-Fertilisation – gestresster Embryo, gestresste Mutter

3. Die Zukunft der Blutdruckmessung

Ein Blick in die Nacht

Bluthochdruck und Vorhofflimmern

Manschettenlose Blutdruckmessung

4. Mit High-Tech den Blutdruck senken: digitale Apps und Co

Meditieren mit dem Smartphone

Digitale Helfer zur Therapieüberwachung

5. Womit salzen?

6. Chronotherapie-Chronik eines Missverständnisses

7. Brauchen wir neue Blutdruckmedikamente?

8. Handys stressen das Herz und erhöhen den Blutdruck

Sachverzeichnis

Impressum

Der gesunde Blutdruck

Bluthochdruck ist kein unabwendbares Schicksal. Dieses Buch soll Ihnen Mut machen: Sie haben viele Handlungsoptionen, um durch eine eigenverantwortliche Lebensweise zu einem gesunden Lebensstil zu finden.

Beginnen wir mit der Frage, wie ein gesunder Blutdruck zustande kommt. So erhalten Sie Einsicht in die somatischen, psychischen und psychosomatischen Zusammenhänge und können auf dieser Grundlage Folgeerkrankungen wie Demenz, Schlaganfall und Herzschwäche proaktiv entgegenwirken.

Unser Herz-Kreislauf-System

Es ist für uns lebensnotwendig, dass alle Organe unseres Körpers beständig mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden. Dafür pumpt unser Herz unermüdlich Blut durch unsere Adern – im Ruhezustand um die 70-mal pro Minute. Mit jedem Herzschlag gelangen dabei rund 70 Milliliter Blut zunächst in die größte Körperschlagader (Aorta). Von dort wird das sauerstoffreiche Blut vom Herzen weiter in den Körper geleitet. Pro Minute werden fünf Liter von unserer Lebenspumpe bewegt – und das jede Minute, ein ganzes Leben ▶ lang.

Das Herz pumpt das Blut in die Aorta und weiter ins arterielle Gefäßsystem, das sich immer feiner verzweigt und alle Körperbereiche mit sauerstoffreichem Blut versorgt.

Mit jedem Herzschlag verteilt so die Aorta das Blut vom Herzen über die großen und kleineren Blutgefäße bis hin in die feinsten Verästelungen der Arterien in alle Körperregionen. Um den notwendigen Druck aufzubauen, zieht sich der Muskel der linken Herzkammer kräftig zusammen und drückt das Blut so in die Aorta. Das ist die Austreibungsphase. Diese Blut-Ausströmungsphase kennen Sie unter dem Begriff Systole. Danach erschlafft der Herzmuskel wieder, die linke Herzkammer dehnt sich aus und nimmt neues Blut aus dem Vorhof auf. Diese Erschlaffungsphase der Herzkammer wird Diastole genannt: der zweite Wert, der beim Messen des Blutdrucks wichtig ist.

Ohne die Windkesselfunktion der Aorta würde der Blutdruck in der Erschlaffungsphase auf 0 mmHg absinken, was mit dem Leben nicht vereinbar wäre.

Für einen gesunden Blutdruck ist es entscheidend, dass das Blut stets – sowohl in der Austreibungs- als auch in der Erschlaffungsphase – möglichst gleichmäßig in den Blutgefäßen fließt. Sie können sich das vorstellen wie bei einem Wasserschlauch, mit dem Sie Ihre Blumen im Garten wässern wollen. Wird der Druck zu hoch, könnten Blätter oder Blüten kaputtgehen, ist er zu niedrig, werden die Pflanzen nicht ausreichend mit Wasser versorgt. So ist es auch mit dem Blut in unserem Körper. Der gleichmäßige Druck stellt sicher, dass alle Organe gleichmäßig gut versorgt und Schäden durch Druckschwankungen vermieden werden.

Damit der gleichmäßige Druck gewährleistet wird, bedient sich die Aorta dafür eines „Tricks“: des sogenannten ▶ Windkesseleffekts. Dieser beruht darauf, dass die Aorta elastisch ist und sich während der Austreibungsphase des Herzens dehnt, um die Pumpkraft aufzufangen. So werden rund 40 Prozent der Herz-Energie, wie bei einem Gummiband, in den elastischen Fasern der Aorta gespeichert. Sobald das Blut aus dem Herzen gepumpt ist, sorgen diese Fasern dafür, dass die Aorta sich wieder zusammenzieht. Dies bewirkt in der Diastole, also der Erschlaffungsphase des Herzens, dass das Blut ohne Unterbrechung in den Kreislauf strömt.

Die beiden Blutdruckwerte

Betrachten wir nun die beiden zentralen Blutdruckwerte, Systole und Diastole, etwas näher.

Die Systole: Der Druck, der in der Austreibungsphase des Herzens in den Blutgefäßen erzeugt wird, ist der obere Blutdruck oder der systolische Blutdruckwert. Er wird auch „Herzwert“ genannt. Bei Erwachsenen gilt ein systolischer Blutdruckwert in Ruhe von weniger als 120 mmHg als optimal.

Die Diastole: Auf die Systole folgt die Phase, in der der Herzmuskel erschlafft und die Herzkammer sich wieder mit Blut auffüllt. Das ist die Diastole. Gemessen wird hier der untere Blutdruck oder der diastolische Blutdruckwert. Er wird auch „Gefäßwert“ genannt. Der diastolische Wert liegt optimalerweise bei Erwachsenen unter 80 mmHg.

Der Blutdruck wird sowohl für den systolischen als auch diastolischen Wert in der Einheit „mmHg“ gemessen. Ausgesprochen heißt diese Einheit „Millimeter Quecksilbersäule“. Diese Bezeichnung stammt aus der Zeit, in der man den Blutdruck noch mit einem sogenannten Quecksilber-Sphygmomanometer gemessen hat.

Veränderung der Blutdruckwerte

Wenn Sie bereits regelmäßig Heimmessungen durchführen, werden Sie bemerkt haben, dass Ihre Blutdruckwerte in Abhängigkeit von körperlichen oder psychischen Belastungen stark schwanken. Das muss Sie nicht beunruhigen, da solche Schwankungen Ausdruck eines gesunden Kreislaufs sind.

Körperliche Belastung

Einer der Gründe ist, dass sich unser Herz-Kreislauf-System den unterschiedlichen Anforderungen in Ruhe und unter Belastung anpasst. Bei körperlichen Belastungen, sowohl bei Alltagsbelastungen wie zum Beispiel Treppensteigen oder auch bei intensiveren sportlicheren Betätigungen wie Joggen, braucht unser Körper mehr Energie und Sauerstoff und das Herz muss deswegen deutlich mehr Blut pumpen. Außerdem schlägt unser Herz deutlich schneller, wenn wir uns anstrengen.

Die Blutmenge, die pro Schlag aus dem Herz gepumpt wird, kann bei körperlicher Aktivität auf bis zu 200 Milliliter ansteigen. Während die Herzfrequenz bei älteren Menschen in der Regel niedriger bleibt, können jüngere Menschen einen Puls von 180 Schlägen pro Minute und mehr erreichen. Bei maximaler Belastung werden pro Minute so durch die gestiegene Frequenz und das Volumen bis zu 40 Liter Blut durch die Aorta gepumpt. Somit steigt der systolische Blutdruckwert bei körperlicher Belastung. Er kann durch die verstärkte Pumpleistung des Herzens in der Austreibungsphase von einem Ruhewert von 120 mmHg auf 180 mmHg ansteigen.

Wenn die Aktivität beendet ist und der Körper sich entspannt und erholen kann, sinkt der Blutdruck allmählich wieder ab bis auf die Ausgangswerte. Geben Sie Ihrem Herzen einen Augenblick Zeit, bis wieder die Ruhewerte erreicht werden. Je regelmäßiger Sie Sport treiben, umso schneller erreichen Sie wieder Ihre Ruhewerte.

Stress

Ein weiterer Grund für die Veränderung Ihrer Blutdruckwerte findet sich in den Folgen von Stress. Denn nicht nur körperliche Belastung führt zu einem Anstieg der Blutdruckwerte, sondern auch die psychische Beanspruchung. So konnten etwa bei Fahrten auf der Autobahn oder einem Vortrag kurzfristige systolische Blutdruckwerte von bis zu 180 mmHg gemessen werden. Auch hier ist es wichtig, sich nach der Beanspruchung Erholungsphasen zu gönnen, damit der Blutdruck wieder sinken kann.

Bei psychischen Belastungen lässt sich beobachten, dass nicht nur der systolische Blutdruck durch die verstärkte Pumpleistung des Herzens steigt, sondern sich auch der diastolische Blutdruck erhöht. Dies ist in der Verengung der Blutgefäße begründet. Das bewirkt einen Druckanstieg in der Erschlaffungsphase des Herzens, da gegen einen höheren Widerstand angepumpt wird. So erhöht sich der diastolische Wert, also der Gefäßwert.

Ist der Stress vorbei, so sinkt beim gesunden Menschen der Blutdruck allmählich wieder auf die Ausgangswerte. Ungesund hingegen ist wiederkehrender und häufiger Stress ohne ausreichende Regenerationsphasen. Dieser kann zu einer dauerhaften Blutdruckerhöhung führen, die sogar in Ruhepausen oder im Schlaf weiter bestehen bleibt.

Schwankungen des Blutdrucks im Tagesverlauf

Ein dritter Grund für Veränderungen unseres Blutdrucks ist der Tagesverlauf. Die teilweise erheblichen Schwankungen im Tagesverlauf ergeben sich zum einen durch den Wechsel von Belastung und Ruhe (typischerweise sinkt der Blutdruck nachts ab, wenn wir schlafen, und steigt morgens wieder an, wenn wir aufstehen). Dieser Tag-Nacht-Rhythmus ist nicht allein davon abhängig, wann wir schlafen, sondern ebenso vom sogenannten zirkadianen Rhythmus, unserer „inneren Uhr“, die über Hormone unseren Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Diese hormonelle Steuerung hat ebenfalls Auswirkungen auf den Blutdruck. Dieser Teil der Blutdruckschwankung kann nicht willentlich beeinflusst werden.

In der ▶ Abbildung sehen Sie den Verlauf einer Langzeitblutdruckmessung über den Tagesverlauf bei einem Menschen mit normalem Blutdruck. In dieser Blutdruckkurve ist die normale Nachtabsenkung während des Schlafes zu sehen. Um zehn Uhr morgens steigt der systolische Blutdruck auf einen Höchstwert von 150 mmHg und der diastolische Wert auf 100 mmHg. Im übrigen Tagesverlauf liegen die Werte meist wieder darunter.

Langzeitmessung bei gesundem Blutdruck: Die Werte schwanken und liegen nachts niedriger als tagsüber; Blutdruckspitzen von z. B. 150 mmHg sind unproblematisch, solange der Mittelwert im gesunden Bereich liegt. Die Normwerte liegen tagsüber durchschnittlich unter 135/85 mmHg und nachts durchschnittlich unter 120/70 mmHg.

Entscheidend sind die Durchschnittswerte, nicht die Spitzenwerte. In diesem Beispiel beträgt der Mittelwert tagsüber 127 mmHg zu 77 mmHg. Das ist ein ganz normaler, gesunder Blutdruck.

Zusammenhang von Atmung und Kreislauf

Gehen wir einmal auf eine medizinhistorische Zeitreise ins dritte Jahrhundert nach Christus und sehen uns an, was chinesische Ärzte damals bereits über Kreislauffunktionen wussten. Die chinesischen Kollegen konnten mangels fehlender Technologie zu dieser Zeit weder den Blutdruck messen noch ein EKG aufzeichnen. Die ärztliche Diagnose basierte im Wesentlichen auf der Lehre des Pulsfühlens. Die chinesische Pulsdiagnostik kannte sage und schreibe 28 verschiedene Pulsqualitäten, die bis heute in Form der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) bekannt sind, aber nur noch von wenigen Ärzten beherrscht werden.

Wenn der Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen des Spechts oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach wird, wird der Patient innerhalb von vier Tagen sterben.

So hat es der chinesische Arzt Wang Shu-he im 3. Jh. n. Chr. ausgedrückt. Und was wollte er uns damit sagen? Entgegen landläufiger Meinung ist ein starrer Puls ohne Schwankungen keinesfalls normal. Vielmehr schwankt bei gesunden Menschen die Herzfrequenz in Abhängigkeit von der Atmung.

Wir sprechen von der »respiratorischen Sinusarrhythmie«, wenn der Puls in Abhängigkeit von der Atmung unregelmäßig ist, also medizinisch gesprochen »arrhythmisch«. Es handelt sich allerdings bei diesem Phänomen gar nicht um eine Rhythmusstörung, sondern um eine gesunde Antwort des Herzschlags auf tiefes Ein- und Ausatmen ( ▶ Abb.).

Info

Kleiner Selbsttest zur Pulsmessung

Legen Sie das Buch zur Seite und tasten Sie Ihren Puls am Handgelenk. Zählen Sie die Pulsschläge über einen Zeitraum von einer Minute. Sie werden wahrscheinlich einen regelmäßigen Puls sowie einen regelmäßigen Druck ertastet haben. In Wirklichkeit hat sich Ihr Puls über die Minute mehrfach geändert. Auch Ihr Blutdruck ist in dieser Minute nicht die ganze Zeit gleich gewesen, sondern hat sich ebenfalls mehrfach geändert. Puls und Blutdruck ändern sich in Abhängigkeit von Ihrer Atmung.

Das Auf und Ab des Pulses beim Einatmen und Ausatmen wird über das vegetative Nervensystem, das die unbewussten Körperfunktionen reguliert, gesteuert. Insbesondere die Verlangsamung des Pulses interessiert uns, denn sie wird über den Vagusnerv gesteuert. Menschen mit einem starken Vagus haben beim tiefen Ausatmen einen besonders niedrigen Puls.

Während Sie diese Zeilen lesen, verändern sich Ihr Puls und Ihr Blutdruck in einem stetigen Auf und Ab. Dieses Auf und Ab im Ruhezustand ist bei Menschen ohne Herzerkrankung gesund. Es wird über den Sympathikus, den Teil des vegetativen Nervensystems, der für „Action“ verantwortlich ist, und den Vagus gesteuert. Der Vagus senkt den Puls, sein Gegenspieler, der Sympathikus, erhöht den Puls.

Das Gehirn reagiert fortlaufend und automatisch, also ohne unser aktives Zutun, über den Sympathikus und den Vagus auf diese Veränderungen. In der Ausatmungsphase kommt es über den Vagus zu einem Abfall des Pulses. Der Puls folgt also dem Rhythmus der Atmung.

Info

Merkformel

Einatmung: Puls wird schneller. Blutdruck sinkt.

Ausatmung: Puls wird langsamer. Blutdruck steigt.

Man kann sich dieses Wechselspiel als Schutzmechanismus vorstellen, der zu starke Schwankungen des Drucks vermeiden soll. Diese atemabhängigen Veränderungen von Puls und Blutdruck bemerken wir normalerweise nicht. Nur mit einer Herzstromkurve beim Arzt (EKG) können wir diese geringen Veränderungen aufzeichnen. Die Vitalität unseres vegetativen Nervensystems können wir beim tiefen Ein- und Ausatmen durch ein EKG aufzeichnen. Je stärker die Pulsschwankungen beim Atmen sind, desto besser funktioniert das Zusammenspiel von Gas und Bremse, desto vitaler ist der Vagus. Bei chronisch gestressten Menschen mit zu hoher Sympathikus- und zu niedriger Vagusaktivität schwankt der Puls während der Atmung nur sehr gering. Das vegetative Nervensystem befindet sich im Ungleichgewicht, es drohen Burn-­out und Bluthochdruck.

Langsame Atemtechniken mit dem Ziel der Entspannung sowie diverser gesundheitsfördernder Effekte werden seit tausenden von Jahren praktiziert und tradiert. Ausgehend von Befunden, die als eine wesentliche Ursache des Bluthochdrucks eine vegetative Dysbalance zwischen Vagus und Sympathikus identifiziert haben, wurde der Einfluss von langsamer Atmung auf das vegetative Nervensystem sehr eingehend untersucht.

Info

Wir atmen täglich 10.000 Liter Luft ein und wieder aus

Jeder Mensch macht täglich etwa 20.000 Atemzüge – die meisten davon ganz automatisch. Bei jedem dieser Atemzüge atmet ein erwachsener Mensch normalerweise zwischen 0,4 und 0,5 Liter ein und wieder aus (das sogenannte Atemzugvolumen). Wenn wir von einer Ruhe-Atemfrequenz von 12–15 Atemzügen/Minute ausgehen, werden somit pro Minute ca. 6–7 Liter ein- und wieder ausgeatmet. An einem Tag wird damit unsere Lunge von fast 10.000 Litern Luft durchströmt!

Das Zusammenspiel zwischen Atmung und vegetativem Nervensystem findet im Hirnstamm und in höher gelegenen Hirnregionen statt. Vereinfacht gesprochen wird die Ausdehnung der Lunge beim Einatmen über Messfühler in der Lunge registriert, die Impulse zum Atemzentrum im Hirnstamm und zu höher gelegenen Hirnregionen schicken. Zusätzliche Informationen über den Blutdruck erhält das Gehirn über den Baroreflex-Rezeptor, einen Messfühler in der Aorta. Dieser Sensor registriert im Sekundentakt den Blutdruck in den Gefäßen und leitet diese Information an die Kreislaufzentren im Gehirn weiter. Eine gesunde Blutdruckregulation hängt ganz wesentlich von einem empfindlichen und gesunden Baroreflex ab.

Ein optimales Zusammenspiel zwischen Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck und Durchblutung der Gefäße scheint bei einer Atemfrequenz von 6/Minute stattzufinden. Erkennbar wird das langsame Schwingen dieser atemgeführten Rhythmen an dem Auf und Ab der Herzfrequenz und des Blutdrucks, welche bei optimaler Synchronisation in exakt dem gleichen Rhythmus verlaufen wie die Atmung.

In der Abbildung sehen Sie, wie die Dehnungssensoren der Lunge arbeiten. Sie geben fortlaufend Informationen an das Gehirn, wo sie im kardiorespiratorischen Netzwerk mit den Informationen aus der Aorta zusammenlaufen. Das Gehirn taktet und reguliert mithilfe des Vagus und des Sympathikus Herzschlag und Blutdruck. Atmung, Herzfrequenz und Blutdruck ändern sich bei einer langsamen Atmung von 6 Atemzügen/Minute gleichmäßig im 10-Sekunden-Takt. Bei der Einatmung steigt der Puls und der Blutdruck sinkt. Bei der Ausatmung sinkt der Puls und der Blutdruck ▶ steigt.

Dehnungs-Sensoren in der Lunge und Druck-Sensoren in der Aorta geben fortlaufend Informationen an das Gehirn.

Interessante Befunde zum Einfluss der Atmung auf den Sympathikus und den Baroreflex fanden sich in einer Studie bei Patienten mit bereits diagnostiziertem Bluthochdruck(1). Eine langsame Atmung mit 8 Atemzügen/Minute wurde verglichen mit einer schnellen Atmung von 16/Minute. Bereits nach 5 Minuten verlangsamter Atmung (8/min) war eine Verminderung der Sympathikusaktivität zu beobachten. Weiterhin wurde durch die langsamere Atmung eine größere Empfindlichkeit des Baroreflex-Rezeptors erzielt. Der Blutdruck senkte sich auf 147/84 mmHg (8/min) im Vergleich zu 153/89 mmHg bei schneller Atmung (16/min).

Neben dem Sympathikus wird durch langsames Atmen als Langzeiteffekt der Vagus, unser Ruhe- und Gesundheitsnerv, positiv beeinflusst. Der Vagus sorgt für einen niedrigeren Puls, eine bessere Stressverarbeitung und eine Blutdrucksenkung.

Der kranke Blutdruck

Sie haben bereits einen ersten Eindruck gewonnen, was einen gesunden Blutdruck ausmacht. Vielleicht haben Sie sogar schon erste Ideen gesammelt, was Sie tun können, um Ihren Blutdruck eigenverantwortlich in einem normalen oder gar optimalen Bereich zu halten?

Sie kennen nach dem ersten Kapitel eine ganze Reihe von Gründen für einen gesunden Anstieg und Veränderungen Ihres Blutdrucks. Zur Erinnerung: Die drei Hauptgründe sind

körperliche Belastung,

psychische Beanspruchung,

der zirkadiane Rhythmus.

In diesem Kapitel wenden wir uns der Frage zu, wie es dazu kommen kann, dass der Blutdruck dauerhaft ansteigt oder sogar nachts und in Ruhepausen erhöht ist.

Hier zunächst die häufigsten Ursachen für Bluthochdruck:

krank machender Dauerstress ohne ausreichende Erholungsphasen

Bewegungsmangel

zu viel Salz in der Ernährung

zu viel Bauchfett

familiäre Belastung in Form einer genetischen Veranlagung zu Bluthochdruck

Es handelt sich bei all diesen Ursachen – mit Ausnahme der genetischen Veranlagung – um Faktoren eines ungesunden Lebensstils. Das bedeutet, dass wir selbst sehr viel zur Vorbeugung wie auch zur Behandlung von Bluthochdruck beitragen können, denn all diese Faktoren sind umkehrbar – vorausgesetzt, wir übernehmen selbst Verantwortung. Wenn wir Stress abbauen, uns mehr bewegen, uns gesünder ernähren und auf unseren Bauchumfang achten, können wir sehr wirkungsvoll und vergleichsweise einfach Bluthochdruck vermeiden beziehungsweise den zu hohen Blutdruck wieder senken.

Auch eine genetische Veranlagung ist kein unausweichliches Schicksal. Auch bei einer erblichen Belastung ist letztlich der Lebensstil entscheidend, ob sich die schlechten Gene durchsetzen und sich ein Bluthochdruck entwickelt. Wir nennen dieses Phänomen als Mediziner auch „Epigenetik“, also die Beeinflussung unserer Gene durch die Umwelt. Umwelt ist hier zu verstehen als Ihr Lebensvollzug: Also, wie verhalten Sie sich in Bezug auf Ihre eigene Person?

Blutdruck bei Naturvölkern

Besonders deutlich wird die Bedeutung von Lebensstil und Umweltfaktoren bei Menschen, die eine sehr ursprüngliche Lebensweise beibehalten haben, wie beispielsweise indigene Populationen in Papua-Neuguinea oder Südamerika. Hier ist das Problem eines hohen Blutdrucks praktisch unbekannt. Bei diesen indigenen Populationen mit einem Salzkonsum unter 1 g/Tag werden weitgehend unabhängig vom Alter systolische Blutdruckwerte von durchschnittlich 95 mmHg gemessen.

Zum Vergleich: In Deutschland verzehren laut Robert-Koch-Institut (RKI) Frauen etwa 8,4 Gramm und Männer 10 Gramm Salz täglich.

Exkurs

Die Yanomami-Yekwana-Studie

Forscher der Bloomberg School of Public Health in Baltimore, USA, haben zwei benachbarte Volksstämme in Venezuela untersucht, die zu den Ureinwohnern Südamerikas zählen(2). Beide ethnischen Gruppen leben in vergleichbarer natürlicher Umgebung, unterscheiden sich aber deutlich in ihrem Lebensstil.

Die Yanomami sind von der Außenwelt isoliert, sie leben von der Landwirtschaft. Sie essen hauptsächlich vegetarisch und salzarm. Die Yekwana dagegen haben durch einen kleinen Flughafen Kontakt zur westlichen Zivilisation. Dadurch gewöhnten sie sich an verarbeitete, salzhaltige Nahrung. Das hatte überraschende Auswirkungen auf ihre Gesundheit.

Die Forscher maßen den Blutdruck der Versuchspersonen mit folgendem Ergebnis: Der durchschnittliche Wert der Yanomami war mit 95,4 mmHg systolisch und 62,9 mmHg diastolisch niedriger als bei den Yekwana. Deren Blutdruck lag im Durchschnitt bei 104,0 mmHg systolisch und 66,1 mmHg diastolisch. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Blutdruck in Deutschland beträgt 124/73 mmHg.

Während sich die Blutdruckwerte beider Stämme bei kleinen Kindern noch kaum unterschieden, stiegen sie im Laufe des Lebens bei den Yekwana immer weiter an. Bei den Yanomami dagegen veränderten sich die Werte mit dem Älterwerden nicht. Zum Beispiel war im Alter von zehn Jahren der systolische Blutdruck bei den Yekwana durchschnittlich um 5,8 mmHg höher als bei den Yanomami. Im Alter von 50 Jahren lag die Differenz bereits bei 15,9 mmHg.

Die Ergebnisse zeigen, dass schon im Kindesalter die Basis dafür geschaffen wird, wie sich der Blutdruck im weiteren Lebensverlauf entwickeln wird.

Blutdruck in westlichen Ländern

Die Ergebnisse der Yanomami-Yekwana-Studie zeigen deutlich, wie stark der Einfluss des industriell geprägten Lebensstils auf den Blutdruck ist. Auch in Deutschland steigen die Werte bei Kindern und Jugendlichen mit jedem Lebensjahr. . Eine zunehmende Anzahl an jungen Menschen in Deutschland hat bereits mit Bluthochdruck zu kämpfen. Durch den Vergleich mit den Yanomami wissen wir, dass das keine normale Entwicklung ist.

Bluthochdruck liegt dann vor, wenn Ihre Ärztin oder Ihr Arzt bei Ihnen dauerhaft erhöhte Blutdruckwerte von 140 mmHg oder mehr für den oberen – den systolischen – Wert oder von 90 mmHg oder mehr für den unteren – den diastolischen – Blutdruck misst. Wenn Sie zu Hause Ihren Blutdruck messen (wir Ärzte sprechen hier von der sogenannten „Heimmessung“), dann liegen die Werte in der Regel unter denen, die in der Arztpraxis gemessen werden. Man spricht hier vom „Weißkittel-Effekt“. Dieser beruht darauf, dass Sie in der Praxis während der Messung verständlicherweise weniger gut zur Ruhe kommen als zu Hause. Die Grenzwerte für die Diagnose sind daher bei Heimmessungen angepasst: Hier bedeuten bereits Durchschnittswerte von über 135 mmHg systolisch und mehr als 85 mmHg diastolisch, dass Sie an Bluthochdruck leiden.

In der Tabelle sehen Sie Blutdruckwerte und ihre Einordnung für die Messung in der Arztpraxis im Vergleich zu der Messung zu Hause.

Arztmessung und Heimmessung

Blutdruckkategorie

Systolischer Wert (oberer Wert, mmHg)

Diastolischer Wert(unterer Wert, mmHg)

Arztmessung

Heimmessung

Arztmessung

Heimmessung

Optimaler Blutdruck

unter 120

unter 120

unter 80

unter 80

Normaler Blutdruck

120–129

120–129

80–84

unter 80

Hochnormaler Blutdruck

130–139

130–134

85–89

unter 85

Erhöhter Blutdruck

140 und mehr

135 und mehr

90 und mehr

85 und mehr

Formen des Bluthochdrucks

Oft ist nur einer der beiden Blutdruckwerte dauerhaft erhöht, bei manchen Menschen mit Bluthochdruck aber auch beide. Ausschlaggebend für die Diagnose ist immer der erhöhte Wert, egal ob es sich um den systolischen oder diastolischen handelt.

Es werden drei Formen von Bluthochdruck unterschieden:

Ist nur der systolische Blutdruck erhöht und der diastolische Blutdruckwert normal, handelt es sich um eine „isolierte systolische Hypertonie“. Dies ist die häufigste Hochdruckform.

Ist hingegen nur der diastolische Blutdruck zu hoch und der systolische Blutdruck im Normbereich, spricht man von einer „isolierten diastolischen Hypertonie“.

Sind beide Werte erhöht, so wird dies als „systolisch/diastolische Hypertonie“ bezeichnet.

Variante 1: Isolierte systolische Hypertonie

Die alleinige Erhöhung des systolischen Blutdrucks ist die häufigste Form der Hypertonie, die vor allem bei älteren Menschen auftritt. Die Ursache ist eine mit höherem Lebensalter einhergehende zunehmende Verkalkung der Aorta und damit ihr Elastizitätsverlust. Die Hauptschlagader kann sich dann nicht mehr so gut ausdehnen und zusammenziehen. Man bezeichnet diesen Prozess im Alter auch als Gefäßversteifung.

Da die Aorta in der Austreibungsphase nicht mehr ausreichend nachgeben kann, kommt es zu einer starken Erhöhung des systolischen Blutdrucks. Der diastolische Blutdruck hingegen fällt immer weiter ab, weil sich die Aorta in der Erschlaffungsphase nicht mehr gut zusammenziehen kann und deswegen das Blut mit weniger Druck in den Körperkreislauf weitergeleitet wird. Ein Mensch mit einer steifen Aorta hat Blutdruckwerte von etwa 160/70 mmHg.

In der ▶ Abbildung sehen Sie die gesunde Aorta eines jungen Menschen und die eines älteren Menschen, die versteift ist.

Bei der isolierten systolischen Hypertonie ist die Aorta versteift und kann die »Windkesselfunktion« nicht mehr ausüben. Der systolische Wert ist zu hoch, der diastolische Wert normal.

Ein Fall aus meiner Sprechstunde

Anna, 70 J.

Anna ist 70 und ehemalige Yogalehrerin. Sie steht noch aktiv im Leben, ist sehr sportlich, Nichtraucherin und hat Idealgewicht.

Eine Bluthochdruckerkrankung ist bei ihr seit mehr als 30 Jahren bekannt und wird bereits mit zwei Medikamenten behandelt. Bis vor kurzem konnte sie noch ohne Probleme ihren sportlichen Aktivitäten wie Aqua Fitness, Yoga und Nordic Walking nachgehen. Seit einigen Monaten bemerkt sie aber, dass sie sich nicht mehr richtig belasten kann. Nach kurzer Zeit wird sie kurzatmig. Obwohl sie bereits zwei Blutdrucksenker nimmt, liegen ihre Heimwerte, insbesondere im systolischen Bereich, noch zu hoch. Die Mittelwerte der letzten Wochen liegen bei 158/67 mmHg. Sie sucht ihren Kardiologen auf wegen der Kurzatmigkeit und der erhöhten systolischen Blutdruckwerte. Dieser bestätigt die Diagnose einer isolierten systolischen Hypertonie mit einem Praxis-Blutdruck von 170/70mm Hg. In der von ihm durchgeführten Ultraschalluntersuchung des Herzens zeigte sich eine normale systolische Pumpfunktion. Aufgrund der Klinik, der Laborwerte und der Ultraschallbefunde stellt er die Diagnose einer sogenannten diastolischen Herzinsuffizienz. Zusätzlich stellte er fest, dass die Aorta schon stark verkalkt und versteift ist. Er verordnet einen dritten Blutdrucksenker.

Exkurs

Das „Little old ladies’ heart syndrome“

Eine ausgeprägte isolierte systolische Hypertonie kann zu einer speziellen Form der Herzinsuffizienz führen. Der Name „Little old ladies’ heart syndrome wurde von meinem verstorbenen Schweizer Kollegen Professor Dr. Otto Hess geprägt. Er beobachtete, dass bei älteren Patientinnen mit Bluthochdruck die Auswirkungen des hohen Blutdrucks auf das Herz anders sind als bei Männern. Sie entwickeln häufiger eine konzentrische Form der Herzmuskel-HypertrophieHerzmuskel-Hypertrophie. Neben der Verdickung und Versteifung des Herzmuskels wird auch die Aorta bei diesen Frauen zunehmend steifer, sodass das Zusammenspiel zwischen Herzmuskel und Aorta nicht mehr so gut funktioniert. Die Folge ist eine spezielle Form der Herzmuskelschwäche, die sogenannte „diastolische Herzinsuffizienz“. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass das Pumpen des Herzmuskels noch komplett normal ist. Jedoch führt die stark verminderte Füllung des Herzens in der Diastole zu Kurzatmigkeit und einer mangelnden Belastbarkeit. Die linke Hauptkammer des Herzens kann sich nicht mehr so gut mit Blut füllen, was insbesondere unter Belastung den Patientinnen Beschwerden macht. Aufgrund der vermehrten Steifigkeit der Aorta haben diese Patientinnen in der Regel eine isolierte systolische Hypertonie mit einer hohen Blutdruckamplitude. Das Krankheitsbild kommt bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern und wird als „Little old ladies’ heart syndrome“ bezeichnet. Das „little“ spielt auf die Tatsache an, dass eine geringe Körpergröße interessanterweise ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Herzmuskelschwäche ist.

Variante 2: Isolierte diastolische Hypertonie

Einen alleinigen Anstieg der diastolischen Blutdruckwerte ohne Erhöhung des systolischen Blutdrucks beobachtet man insbesondere bei jüngeren Menschen. Oft liegt die Ursache in einer genetischen Veranlagung. Im Unterschied zur Altershypertonie liegen hier in der Regel noch keine Veränderungen der Aorta vor. Der systolische Blutdruck bleibt daher niedrig. Vielmehr sind die kleinen Blutgefäße verengt und erhöhen damit den Widerstand des Blutstroms. Es kommt zu einer Erhöhung des diastolischen Blutdruckwertes oder Gefäßwertes.

Ein typischer Blutdruckwert bei Vorliegen einer isolierten diastolischen Hypertonie ist 130/100 mmHG.

Ein Fall aus meiner Sprechstunde

Laura, 35 J.

Laura ist 35 Jahre alt, Hotelfachfrau mit einer familiären Belastung bezüglich Bluthochdruck. Ihre Eltern litten beide an Bluthochdruck, der Vater hatte bereits einen leichten Schlaganfall. Sie nimmt seit 12 Monaten die Anti-Baby-Pille. Seit einigen Wochen leidet sie unter migräneartigen Kopfschmerzen und behandelt diese mit einem rezeptfreien Schmerzmittel (Voltaren). Da sie jedoch keine Verbesserung feststellt, sucht sie ihren Hausarzt auf. In dessen Praxis wird erstmalig die Diagnose einer diastolischen Hypertonie gestellt. Die Blutdruckwerte in der Praxismessung betrugen bei der ersten Vorstellung 140/106 mmHg. Ergänzend dazu führt der Hausarzt eine Langzeit-Blutdruckmessung durch, bei der sich die Diagnose einer diastolischen Hypertonie bestätigt. Die Tagesmittelwerte liegen bei 130/100 mmHg. Der diastolische Wert sollte normalerweise unter 85 mmHg liegen.

Die Patientin ist normgewichtig und geht dreimal in der Woche in ein Fitnessstudio. Am Wochenende unternimmt sie Fahrradtouren oder geht mit Freunden wandern. Beim Hausarzt schildert die Hotelfachfrau, dass ihr Gynäkologe vor der erstmaligen Verordnung der Anti-Baby-Pille den Blutdruck bei ihr gemessen habe. Dieser sei mit 120/80 mmHg normal gewesen. Der Hausarzt vermutet, dass die Einnahme der Anti-Baby-Pille in Kombination mit den Schmerzmitteln bei entsprechender genetischer Disposition zu der diastolischen Hypertonie geführt hat. Er empfiehlt eine nochmalige Vorstellung beim Gynäkologen zur Frage einer alternativen Empfängnisverhütung. Erst danach möchte er über den Einsatz einer medikamentösen Therapie zur Behandlung des Bluthochdrucks entscheiden.

Info

Bluthochdruck durch Medikamente und Substanzen

Hier finden Sie eine Auswahl an Medikamenten und Substanzen, die Bluthochdruck verursachen können:

orale Kontrazeptiva (Anti-Baby-Pille)

Östrogen-Substitution (weibliche Hormone)

Anabolika (Bodybuilder)

Androgene (männliche Hormone)

nichtsteroidale Schmerzmittel (zum Beispiel Voltaren, Ibuprofen)

Kortison

Antidepressiva

Ephedrin (Nasentropfen)

Appetitzügler

Kokain

Erythropoetin (Hormon für Blutbildung)

übermäßiger Konsum von Lakritze

Ein Teil dieser Substanzen ist in der Apotheke oder im Supermarkt rezeptfrei erhältlich, andere können nur auf Rezept erworben werden. Manche werden nicht vom Hausarzt, sondern vom Gynäkologen verordnet und von Patientinnen häufig nicht mehr als Medikamente wahrgenommen (Pille). Wenn Sie also in Ihrer hausärztlichen Praxis wegen Bluthochdruck erstmalig vorstellig oder bereits behandelt werden, informieren Sie unbedingt Ihren Hausarzt über blutdrucksteigernde Medikamente oder Substanzen, damit die richtige Therapieentscheidung getroffen werden kann.

Variante 3: Systolisch/diastolische Hypertonie

Bei der dritten Gruppe von Menschen mit Bluthochdruck sind beide Blutdruckwerte, also die Systole und die Diastole, zu hoch. Es handelt sich damit um eine systolisch/diastolische Hypertonie. Bei dieser Diagnose liegt im Ruhezustand ein Blutdruck von beispielsweise 170/110 mmHg vor. Häufig sind Menschen mit fortgeschrittener Nierenschwäche von einer systolisch/diastolischen Hypertonie betroffen. Eine Nierenerkrankung führt nämlich oft zu Schäden an großen und kleinen Blutgefäßen, die in der Folge den Blutdruck ansteigen lassen.

Es gibt auch seltene hormonelle Ursachen, die mit schwerer Hypertonie einhergehen, die zum Beispiel zu einer Überproduktion von Hormonen in der Nebenniere führen. Auch hier ist häufig sowohl der obere als auch der untere Blutdruckwert erhöht.

Erste Anzeichen für einen zu hohen Blutdruck

Das Tückische beim Bluthochdruck ist, dass er nicht unmittelbar spürbar ist. Menschen mit Bluthochdruck können über Jahre hinweg nichts von ihren hohen Werten bemerken. Beschwerden treten oft erst auf, wenn bereits Organe geschädigt sind.

In der Medizin spricht man bei typischen Beschwerden bestimmter Erkrankungen von Symptomen. So ist beispielsweise ein Symptom für einen Herzinfarkt bei Männern ein Schmerz und Druck im Brustbein, der häufig in den linken Arm ausstrahlt. Dieses Symptom ist oft bereits ausreichend, um die sehr wahrscheinliche Diagnose eines Infarktes zu stellen.

Bei Bluthochdruck ohne Organkomplikationen hingegen gibt es keine eindeutigen Symptome. Gelegentlich berichten Menschen mit Bluthochdruck über Kopfschmerzen oder Migräne