Blutpforte 2 - Alex Thomas - E-Book

Blutpforte 2 E-Book

Alex Thomas

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Beschreibung

Dieses E-Book ist der zweite von vier Teilen von »Blutpforte«. Tauchen Sie ein in die unergründliche Welt des Vatikans, voller Rätsel und explosiver Geheimnisse! Wie es mit Kardinal Ciban und der unbeugsamen Catherine Bell weitergeht, erfahren Sie im dritten Teil ...

WAS BISHER GESCHAH:

Nach dem brutalen Anschlag auf den Vatikan herrscht in Rom noch immer der Ausnahmezustand. Schwester Catherine und Kardinal Ciban stoßen bei ihrer Recherche nach den Hintermännern auf eine versteckte Dokumentenbox, die geheime Informationen über das Lux Domini enthält. Ciban, der erst kurz zuvor erfuhr, dass ausgerechnet seine Mutter Eleonora die Gründerin des modernen Ordens war, fühlt sich in dem Gedanken bestärkt, die Führung des Lux im Kampf gegen die Triaden zu übernehmen. Doch nicht allen Mitglieder des medialen Ordens kommt Cibans Erbanspruch recht. Außerdem werden die medialen Führer des Lux nach einem besonderen Grundsatz gewählt: Wen es nach großer Verantwortung verlangt, dem sollte sie niemals anvertraut werden. Sollte Ciban auf seinen Erbanspruch bestehen, muss er sich einem lebensgefährlichen Test unterziehen. Wann und wo der stattfindet, bleibt ungewiss. Und es gibt noch ein anderes Problem: Eine Nonne hat am helllichten Tag im Petersdom die Erscheinung eines Priesters gesehen, der dort vor langer Zeit Selbstmord beging. Und dieser Mann klagt die Kirche an. Doch die Nonne ist nicht die einzige auf der Welt, die in der letzten Zeit eine Erscheinung sah.

Viele tausend Kilometer entfernt in Chicago spricht Catherines Adoptivmutter Ava Bell mit einem Privatdetektiv, den sie engagiert hat, um Nachforschungen anzustellen - und Catherine zu beschützen. Als sich die Lage zuspitzt, hinterlässt Ava Bell, die seit fast zwei Jahrzehnten keinen Kontakt mehr mit Catherine hatte, auf dem Anrufbeantworter ihrer Adoptivtochter, eine Nachricht.

Teil 2 von 4.

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Seitenzahl: 152

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Buch

Dieses E-Book ist der zweite von vier Teilen von »Blutpforte«. Tauchen Sie ein in die unergründliche Welt des Vatikans, voller Rätsel und explosiver Geheimnisse! Wie es mit Kardinal Ciban und der unbeugsamen Catherine Bell weitergeht, erfahren Sie im dritten Teil ...

Autor

Alex Thomas ist das Pseudonym eines im Westen Londons lebenden Autorenehepaares. Sie arbeitet seit über zwei Jahrzehnten im Buch- und Medienbetrieb. Er forscht und lehrt als Professor an einer Londoner Universität. Beide entdeckten ihre gemeinsame Liebe für Geschichte, Wissenschaft und das Schreiben. Ihre Reihe um die rebellische Nonne Catherine Bell – Lux Domini, Engelspakt, Engelszorn – begeistert die Fans von Vatikan- und Mystery-Thriller.

Alex Thomas

Blutpforte

Teil 2

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

1. Auflage

E-Book-Ausgabe 2017 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2017 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München

All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form.

Umschlaggestaltung: www.buerosued.de

Umschlagmotiv: Masterfile/Beanstock Images

Redaktion: René Stein

BL ∙ Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-21700-6V001www.blanvalet.de

TEIL II

PANTA RHEIALLES FLIESST

13

17. Oktober 1431

Rosslyn Castle, Schottland

Es war ein kalter, herbstlicher Abend. Trotz des Unwetters waren sie früh am Morgen aufgebrochen, um noch am späten Abend zur Burg zu kommen und keinen weiteren Tag zu verlieren. Als sie dem schmalen Pfad durch eine bewaldete, steile Schlucht folgten, fiel Jeannes Blick das erste Mal durch die Äste der Bäume auf die Südflanke von Rosslyn Castle. Von unten schien es, als wollten die Türme der Burg den dunkler werdenden Himmel berühren. Die Himmelsschleusen öffneten sich, und es regnete erneut in Strömen. Jeanne und ihre beiden Begleiter, Bruder Guillaume Duval und ein schottischer Krieger, hatten kaum noch einen trockenen Faden am Leib.

Lord Henry Saint Clair, ein kräftiger Mann Mitte vierzig in der Kleidung seines Standes, empfing die kleine Gruppe in der großen Halle der Burg. Als er Jeanne sah, kam er auf sie zu und verneigte sich respektvoll vor ihr.

»Seid willkommen, Mylady. Fühlt Euch auf Rosslyn Castle wie zu Hause. Ich habe über Euren König viel von Euch gehört«, erklärte er in ihrer Muttersprache.

Jeanne bemerkte eine unausgesprochene Überraschung in seinem Blick, die jedoch nichts damit zu tun haben konnte, dass sie Männerkleidung trug, denn von ihrem ungewöhnlichen Äußeren musste der Lord schon längst erfahren haben. Es schien ihr vielmehr, als hätte er sie wiedererkannt, obwohl sie einander nie zuvor begegnet waren.

»Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft, Sire.«

Eine der Türen zur Halle ging auf, und Jeannes Blick fiel auf einen jungen, gut aussehenden Mann. Er trug die Kleidung eines Edelmannes. Am Gürtel um seine schlanke Taille hing ein kostbarer Dolch, ein weiteres Zeichen für seinen hohen Rang. Er kam auf den Lord und Jeanne zu, und Saint Claire stellte seinen Neffen und Jeanne einander vor. Für einen Augenblick zeigte sich im Gesicht des jungen Mannes die gleiche unausgesprochene Überraschung, als er Jeanne gegenübertrat. Sie verneigte sich vor dem jungen Adligen.

»Nicht so schüchtern, Oliver.« Der Lord wandte sich von seinem Neffen an Jeanne. »Er war auf der Jagd und ist eigens zurückgekehrt, um Euch zu sehen.«

Oliver räusperte sich verlegen: »Ihr müsst von der langen Reise erschöpft sein, Mylady. Sicher wollt Ihr Euch zuerst ausruhen und erfrischen, bevor wir reden.«

Plötzlich wirkte der alte Lord verlegen. »Wo sind nur meine Manieren. Mein Page wird Euch zu Euren Gemächern bringen. Auch für Eure Gefährten wird gesorgt.«

»Ich danke Euch, Sire.« Sie erwiderte sein freundliches Lächeln.

Der Page führte Jeanne durch die Korridore und Treppen der Burg zu ihren Gemächern. Noch Stunden später, ja fast die halbe Nacht, musste sie an den seltsam überraschten Ausdruck in den Augen des Lords und seines Neffen denken. Was hatte dies zu bedeuten? Was glaubten beide in ihr zu erkennen?

Sie fragte ihre Stimmen. Vielleicht wussten die heilige Katharina und die heilige Margarethe Rat. Doch es war der Erzengel Michael, der ihr antwortete.

Seine Anwesenheit erfüllte das ganze Zimmer und ihren Geist, und er zeigte ihr eine Vision dessen, was sein würde, so wie er es schon viele Male getan hatte. Der Erzengel beherrschte vor allem die Bilder, die heilige Katharina und die heilige Margarethe beherrschten vor allem das Wort.

Jeanne sah Szenen aus ihrer Zukunft an diesem Ort, ihrer Zukunft mit diesem jungen Mann. Am Ende der Vision, viele Jahrzehnte in der Zukunft, erschien vor ihrem geistigen Auge eine unwirkliche Schlucht und ein noch viel unwirklicheres Gebäude, eine Art Kirche, vielleicht auch eine Kathedrale, obschon nicht sehr groß. Sie bildete das sichtbare Fragment von etwas viel Größerem, etwas viel Mächtigerem und Unsichtbarem.

Vor der Kathedrale kniete ein junger Mann vor einem anonymen Grab, das von einem Schwert verziert war. Nun legte der Jüngling sein Breitschwert auf den Stein. Ihr Ururenkel, ließ der Erzengel sie wissen, hatte im Verlauf der Jahre viele Stunden hier verbracht, obwohl er die Totgeglaubte gar nicht selbst kennengelernt hatte. Immer wieder suchte er an ihrem Grab nach innerer Ruhe und Rat, beides schien er an diesem Ort zu finden.

Jeanne erfuhr in der Vision einen Teil seiner Gedanken. Seiner Meinung nach hätte sie ein Ehrengrab in voller Rittermontur in den Kellergewölben der Kirche verdient, doch er wusste aus der Überlieferung, dass seine Vorfahrin auf dieses anonyme Kriegergrab bestanden hatte, denn sie war schon viele Jahre vor ihrem Tod auf einem Scheiterhaufen in Rouen verbrannt worden, jedenfalls lautete so die Version in den offiziellen Geschichtsbüchern. Außerdem wollte es so das Gesetz des Ordens. Dieses Grab, diese Geschichte musste ein Geheimnis bleiben.

Wie Jeanne über die Vision erfuhr, waren die Vorfahren des jungen Mannes zu einem großen Teil Tempelritter gewesen. Genauer gehörten sie sogar dem viel älteren Orden der Triaden an, aus dem nicht nur die Templer, sondern auch die Thomaskirche und viele andere Gemeinschaften hervorgegangen waren. So gehörte der Erzengel Michael auf der himmlischen Seite dem Orden an. Ebenso die beiden Heiligen Katharina und Margarethe. Und nun pflanzte sich dieses Erbe auf der irdischen Ebene über Jeannes und Olivers Nachkommen fort.

Jeanne blickte noch ein letztes Mal auf das Grab mit dem Ritterschwert, auf ihren Ururenkel, während der Erzengel neben ihr stand und all diese Bilder vor ihrem inneren Auge entstehen ließ. Dann wehte ein Wind aus goldfarbenem Licht die Vision hinfort. Ruhe und Zufriedenheit erfüllten sie. Ihr Kampf im Diesseits war vorüber.

14

Chicago

Re-Source-Tower

»Ava Bell wurde befreit, Eure Heiligkeit.«

Der Schwarze Papst wandte sich von dem großen Panoramafenster ab und drehte sich um. Sofort schlug der Mönch in der weißen Robe den Blick nieder und verneigte sich. Der Himmel hinter dem Sicherheitsglas war voller schwerer, düsterer Wolken, die Ausläufer eines Unwetters, das windgepeitscht vom Lake Michigan über die Stadt Richtung Re-Source-Tower zog. Genau so liebte der Meister die Welt.

»Gut, Augustinus. Damit wäre die Quelle dieser Unannehmlichkeit versiegt. Doch wir haben noch immer nicht den wahren Schlüssel. Und die Liga der Torhüter ist alarmiert. Eines der Kinder muss der Schlüssel sein.«

»Ich glaube, wir werden nun einige Antworten auf unsere Fragen erhalten, Eure Heiligkeit.« Ohne den Blick zu heben, trat der Mönch vor den mächtigen Schreibtisch nahe dem Fenster, legte einen Tablet-Rechner darauf und zog sich anschließend wieder zurück, wie es sich für einen Untergebenen geziemte.

Der Schwarze Papst nahm den kleinen Computer und wog ihn in der Hand. Sein Gesicht lag in den undurchdringlichen Schatten einer Kapuze. Seine dunkle Robe schien jeden Lichtschein zu absorbieren. Als er den Rechner aktivieren wollte, erklärte Augustinus: »Noch ist er gesichert, Heiligkeit. Es dürfte für unseren Spezialisten aber ein Leichtes sein, den Schutz zu umgehen.«

Der Schwarze Papst hob den Blick und kam auf den Mönch zu. »Wie du weißt, ist unser Plan an einen engen Zeitrahmen gebunden.«

Der Mönch glaubte, die Luft zum Atmen würde ihm genommen, als trüge er plötzlich eine unsichtbare Klammer um den Brustkorb. Trotzdem wich er nicht zurück und nahm den Rechner entgegen. »Ich werde mich sofort darum kümmern, Heiligkeit.«

»Tu das, mein Sohn. Jede Stunde zählt.«

Als der Mönch das riesige Zimmer verlassen hatte, meldete sich ein Mann behutsam zu Wort, der etwas abseits still vor einem laufenden Großbildschirm gestanden hatte. Wieder und wieder spielte das Gerät die Rede des römischen Papstes Leo nach dem Massaker im Vatikan ab. Und dies seit nunmehr zwei Wochen. Der Meister hatte es so angeordnet, denn er studierte diesen Mann, wollte begreifen, wie Leo die Massen anzog.

»Augustinus ist ein guter Diener«, sagte Henrik Vandenberg, der Gründer des Re-Source-Konzerns. »Er hat Euch noch kein einziges Mal enttäuscht.«

Vandenbergs Stimme hatte etwas Erzwungenes, klang mechanisch, was an der implantierten elektronischen Sprechhilfe lag. Sein Antlitz war von Wunden entstellt, die zu heilen schienen, in Wahrheit jedoch nie mehr verheilen würden. Ein künstliches Auge rundete die groteske Fratze ab, die einst ein gut aussehendes Gesicht gewesen war. Vor 13 Jahren hatte der Forscher und Unternehmer sich mit einem Triaden angelegt. Nun diente er diesem Mann, der einem Geschlecht angehörte, von dem in der christlichen Mythologie behauptet wurde, es sei Nachfahre jener gefallenen Engel, die Luzifer auf die Erde gefolgt waren.

Der Schwarze Papst schlug die weite Kapuze zurück und richtete die Augen auf ihn, zwei kalt schimmernde Splitter wie aus Rauchquarz. Er war von eindrucksvoller Statur, groß, hager, mit schlohweißem Haar und einer hohen Stirn, die einen gewissen Hang zur Vergeistigung offenbarte. Tatsächlich aber war die Seele des Triaden ebenso tief in der Materie verankert, er war aus Fleisch und Blut und sein Sehnen von dunkelster Entschlusskraft.

»Mein lieber Doktor, Eure Sentimentalität verhindert, dass Euer Geist die Geheimnisse der menschlichen Seele versteht. Ein mildes Wort, eine milde Geste zu viel und Augustinus wird sich dem irdischen Verlangen hingeben und seinen Fokus verlieren. – Ihr selbst habt das Feuer der Liebe bis zum Exzess ausgekostet. Noch mehr Hingabe, und ich hätte weder Euren Körper noch Euren Geist wiederherstellen können.«

Ergeben neigte Vandenberg das Haupt. Noch immer nahm er die schwarze Glut dieser Liebe tief in seinem Herzen wahr. Selbst halb tot hatte er sich noch nach dem gierigen Streicheln, den hemmungslosen Küssen, ja dem alles versengenden Schmerz mit all seinem Wahnsinn gesehnt. Zurzeit hatte er diese Begierde im Griff, wie ein Drogenabhängiger nach erfolgreicher Therapie. Es würde zeit seines Lebens ein Teil seines Wesens bleiben. Jeden Tag musste er von Neuem auf der Hut sein. Dennoch mochte er diese unglaubliche Erfahrung um nichts in der Welt missen.

»Ihr habt mir mit Eurer Liebe ein großes Geschenk gemacht, Heiligkeit.«

Der Schwarze Papst trat neben ihn, verharrte vor dem großen Bildschirm, auf dem der römische Papst Leo den Menschen wieder und wieder Trost zusprach. »Es ist ein aufrichtiges Geschenk, Henrik. Du trägst einen Tropfen meines Selbst in dir, und dieses winzige Element verleiht dir große Kraft.«

So wahr die Worte des Schwarzen Papstes auch sein mochten und sosehr sie Vandenberg auch berührten, der Seelentropfen, den die alten Meister seit Äonen »Splitter der Finsternis« nannten, beraubte ihn auch eines Teils seiner Menschlichkeit. Mit diesem Kummer, der gleichfalls tief in seinem Innern nagte, musste er seither leben.

»Wie laufen die Gespräche mit Seiner Eminenz Kardinal Gasperetti?«, wechselte der Meister das Thema.

Der Kameraschwenk der Videoaufzeichnung war zu Leos Vertrauten gegangen, zu den Kardinälen Stefano Gasperetti und Marc Ciban, die während der Rede zu seiner Rechten und Linken standen. Gasperetti hatte einmal zu Vandenbergs engerem Freundeskreis gezählt, zu einer Zeit, als die Welt der katholischen Kirche unter Papst Innozenz noch traditionsbewusst und intakt war.

»Gasperetti ist Gasperetti. Er lässt sich von niemandem vereinnahmen«, erklärte Vandenberg. »Leo ist ihm mit seinem Modernisierungswahn zwar ein Gräuel, doch ein Schisma, wie es der Kirche derzeit droht, ist für ihn noch inakzeptabler. Wie es aussieht, hat er einen Waffenstillstand mit Leo und Ciban geschlossen.«

»Ciban wird schon bald Geschichte sein«, sagte der Schwarze Papst, während die Kamerafahrt über die gigantische Menschenmenge und die Reihen der Kirchenleute auf dem Petersplatz ging.

Vandenberg nickte bedächtig. So sah die Zukunft des Kurienkardinals wohl aus, denn nach den Geschehnissen in San Leonardo trug nun auch seine Seele den Splitter in sich. Schon bald würde das unstillbare Verlangen in ihm erwachen, denn Liebe bedeutete nun einmal Schmerz und Leid. Das Kameraauge verharrte kurz auf einer der vordersten Reihen, auf Schwester Catherine Bell. Sie würde Cibans Verhängnis sein.

Der Meister kam zum nächsten Punkt. »Was ist mit den Protokollen von San Leonardo?«

»Unser Agent arbeitet daran, Heiligkeit. Leider hat sich diese junge Computerexpertin als äußerst verschwiegen herausgestellt.« Ob es Vandenberg gefiel oder nicht, diese Schwester Rebekah verdiente seinen Respekt. Sie war clever und loyal. Hätte sie nicht bereits für Ciban gearbeitet, hätte er versucht, sie für Re-Source zu gewinnen. »Sollten wir unsere Bemühungen intensivieren, könnte sie Verdacht schöpfen und sich einem ihrer Freunde anvertrauen.«

»Ein Risiko, das wir nicht eingehen müssen«, sagte der Meister. »Doktor Eliza Kirk ist unsere Schläferin. Sie wird uns zu Lazarus führen. Wo Lazarus ist, laufen viele Fäden zusammen.«

Vandenberg fragte sich, inwieweit Lazarus sich Eliza Kirk in diesen Dingen wirklich anvertrauen würde. Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit an dem Angelus-Projekt hatte Eliza Lazarus lediglich unter seiner Identität als Dr. Maximilian Richter kennengelernt und von der Existenz und der Gefährlichkeit der Triaden erfahren. Von Richters Unsterblichkeit wusste sie nichts.

Die Kamerafahrt kehrte nach einem neuerlichen Schwenk über die Massen auf dem Petersplatz zu dem charismatischen Leo zurück, und dieses Mal spürte Vandenberg es ganz deutlich.

Selbst der Meister konnte sich der Magie des gegenwärtigen Papstes nicht entziehen, dieser Magie des Lichts.

15

Lianne Rodt blickte auf den Flachbildschirm über der Bar des Clubs der Auslandspresse und verfolgte eine der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen. Auch diesmal war der Anschlag auf den Vatikan – die Trauerfeier, die Konsequenzen für die Kirche sowie die Ermittlungen – das Hauptthema.

Ralph Fischer, der sie bei der Pressekonferenz unwissentlich auf einen wichtigen Gedanken gebracht hatte, saß neben ihr. »Ich gehe jede Wette ein, die tappen alle noch total im Dunkeln.«

»Ich bin mir da nicht so sicher«, warf Patrick Allen vom Londoner Daily Telegraph ein. »Es könnte sehr wohl die Tat eines einzelnen Extremisten gewesen sein, und der ist jetzt tot. Für eine groß angelegte Planung des Anschlags war so unmittelbar nach Leos Rede doch gar keine Zeit. Ich gebe allerdings zu, dass der ganze Vorfall für Verschwörungstheoretiker ein gefundenes Fressen ist.«

»Überdenken wir das Ganze noch mal«, bemerkte Ralph mit einem fast schon sarkastischen Unterton. »Seit Monaten war der Tag dieser ersten Synode für das Konzil geplant. Seit Wochen war bekannt, dass Leo diese erste aller Synoden höchstpersönlich eröffnen würde, womöglich mit einem echten Knüller. Ergo: Was wäre sinnvoller für Leos Gegner gewesen, als die Gelegenheit zu ergreifen und den amtierenden Pontifex bei der Eröffnung auszuschalten.«

Der junge Brite wirkte eher belustigt als überzeugt. »Und wann erscheint Ihr Buch über die Zweifel an der offiziellen Version? Womöglich zeitgleich mit der neuesten Verschwörungstheorie über die Ermordung John F. Kennedys?«

Ralph lachte mit einem gutmütigen Kopfschütteln und prostete dem jungen Kollegen zu. Doch Lianne wusste, dass ihrem deutschen Kollegen ganz und gar nicht zum Lachen zumute war, denn einen Tag nach dem Anschlag auf den Vatikan hatte er ihr von dem wahren Auslöser für das Kennedy-Attentat erzählt, und davon, dass Kennedys Vater den Sohn eindringlich vor seinem nächsten politischen Schachzug gewarnt hatte: »Wenn du das durchziehst, bringen sie dich um.«

Doch John F. Kennedy hatte sich nicht davon abbringen lassen, seinem Finanzministerium den Auftrag zu erteilen, 40 Milliarden US-Dollar drucken und in Umlauf bringen zu lassen.

Damit Lianne die Bedeutsamkeit dieser Entscheidung auch wirklich begriff, erklärte Ralph ihr das US-Finanzsystem, das in seinen Grundzügen bis heute unverändert geblieben war. Das US-amerikanische Geld gehöre nämlich nicht dem Staat, sondern einem Zusammenschluss von Privatbanken, dem sogenannten Federal Reserve System, das dem US-Staat jedes Recht absprach, eigenes Geld herzustellen. Es lag auf der Hand, dass ein Staat und seine Regierung gigantische Mengen an Geldern benötigten, um die Volkswirtschaft am Laufen zu halten, und diese Gelder erhielten sie von dem Konsortium der Privatbanken – gegen Zinsen. Deshalb stand bis zum heutigen Tag auf jedem US-Dollarschein Federal Reserve System, denn die Scheine gehörten allein der Fed und nicht dem US-Staat. Auf John F. Kennedys Scheinen hatte hingegen United States Note, Eigentum des US-Staates, gestanden, was einer Kriegserklärung an die Macht der Fed gleichkam. Nach Kennedys Ermordung seien die staatlichen Bankennoten im Auftrag seines Nachfolgers unter dem Vorwand, es handle sich dabei um Falschgeld, schnellstmöglich wieder aus dem Wirtschaftsverkehr gezogen geworden.

»Eine tolle Story«, hatte Lianne gesagt. »Vermutlich lässt sie sich ebenso wenig beweisen wie eine der vielen anderen Theorien, die in Umlauf sind.« Sie hatte an die beeindruckende Liste von Hintermännern gedacht, mit der schon in etlichen Fernsehdokumentationen aufgewartet worden war und die vom KGB, Fidel Castro oder der Mafia bis hin zum Mossad reichte.

Ralph hatte daraufhin seine Brieftasche geöffnet und eine US-Dollar-Note mit dem Aufdruck United States Note auf den Tisch gelegt, nicht die einzige Dollarnote von Kennedy, die der Säuberungsaktion der Fed entgangen war.

Lianne prostete dem jungen Patrick Allen zu, dermit seiner Frageeinen Sieg genoss, der eigentlich keiner war. Schließlich spendierte Lianne ihren beiden Kollegen noch einen Drink, und während sie ihren Cocktail trank, wanderten ihre Überlegungen zu einer ganz anderen Verschwörungstheorie. Ihr Gespräch mit Monsignore Philippus Augstein nach der Pressekonferenz war merkwürdig freundlich und nichtssagend verlaufen. Nun ja, vielleicht weniger nichtssagend als vielmehr bizarr, denn nun war Lianne sich sicher, dass es für die Verspätung des Chefs des vatikanischen Presseamtes mehr als nur einen Bagatellgrund gegeben haben musste. Ihr geplatztes Interview mit Kardinal Ciban musste ebenfalls damit zusammenhängen, denn sie hatte zwischen Tür und Angel mitbekommen, dass der Papst just zur selben Zeit einen Termin verlegt hatte. All das konnte wohl kaum Zufall sein.