Breeds - Dashs Bestimmung - Lora Leigh - E-Book

Breeds - Dashs Bestimmung E-Book

Lora Leigh

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Beschreibung

Der Soldat Dash Sinclair trägt Wolfsblut in sich. Als er im Kampf schwer verwundet wird, halten ihn nur die Briefe eines kleinen Mädchens am Leben. Doch als Dash nach seiner Genesung die junge Cassie und ihre Mutter Elizabeth besuchen will, muss er feststellen, dass sie auf der Flucht sind. Unbekannte wollen Cassie entführen.

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LORA LEIGH

BREEDS

Dashs Bestimmung

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Isabell Bauer

Prolog

Der Brief erreichte ihn zu einem Zeitpunkt in seinem Leben, als der Ausgang des Kampfes, der in seinem Herzen tobte, noch völlig offen war.

Der Krieg gegen den Terrorismus war nach wie vor in vollem Gang, und das schon seit vielen Jahren. In bestimmten Gebieten des Nahen Ostens war immer noch die Hölle los. Die Einheit der Special Forces, in der Dash Sinclair diente, war inzwischen seit einem Jahr dort. Die acht Männer waren eine verschworene Gemeinschaft und vertrauten einander ihr Leben an. Sie teilten alles. Bis zu dem Tag, als eine gezielt abgefeuerte Rakete ihren Hubschrauber traf. Die anderen sieben waren auf der Stelle tot, und auch Dashs Leben hing nur noch am seidenen Faden, als die Rettungskräfte ihn erreichten. Damals hatte er nicht begriffen, warum ausgerechnet er noch am Leben war. Er fühlte sich müde, war es leid zu kämpfen, sich zu verstecken, und hatte das Leben in Einsamkeit einfach satt. Diese sieben Männer hatten ihm so nahegestanden wie noch kein Mensch zuvor, und nun waren sie einfach weg, und ihm blieb nur die schmerzliche Erkenntnis, dass sein Leben eine trostlose Einöde geworden war.

Noch Wochen später haderte er mit dem Leben, die Augen verbunden und völlig benommen von all den Medikamenten, die er bekam. Seine Wunden heilten nur langsam, und in seinem Herzen, das sich niemals einfach ergab und immer ums Überleben kämpfen würde, brodelte die Wut. Warum atmete er noch, wenn die anderen doch schon gegangen waren?

Doch dann kam sein befehlshabender Offizier zu ihm.

»Sie haben einen Fan.« Irgendetwas in ihm, ein Urinstinkt, übernahm plötzlich die Kontrolle. Er verdrängte den Schmerz, die Erinnerungen an all das Blut und den Tod – seine Aufmerksamkeit war geweckt. Aber auch sein Misstrauen.

Er besaß weder Familie noch Freunde und erst recht keine Fans. Seine Kameraden hatte er verloren. Warum konnte man ihn nicht einfach schlafen lassen? Doch nun war diese kleine Stimme in seinem Hinterkopf wieder da, die er immer versucht hatte zu überhören. Instinktiv wusste er, dass ihm sein größter Kampf erst noch bevorstand.

»Es ist ein nettes kleines Mädchen namens Cassidy Colder. Lassen Sie mich Ihnen den Brief schnell vorlesen. Ich werde ihr zurückschreiben, bis Sie wieder so weit hergestellt sind, dass Sie es selbst tun können. Aber ich habe das Gefühl, das kleine Mädchen wäre ziemlich enttäuscht, wenn Sie ihm nicht irgendwann antworten würden…«

Als der Lehrer uns die Liste gab, gefiel mir Ihr Name am besten. Dash Sinclair. Ich finde ihn sehr schön. Mama meinte, er klingt sehr tapfer und schön, und sie würden es sicher auch sein. Ich finde, er klingt wie der Name eines Daddys. Ich wette, Sie haben jede Menge kleiner Töchter. Und ich wette auch, Sie sind sehr stolz auf Ihren Namen. Ich habe keinen Daddy, aber wenn ich einen hätte, fände ich es schön, wenn er solch einen Namen hätte.

Dash hatte seinen Namen selbst erfunden. Vor langer Zeit. Er hatte gehofft, dass der Name von seiner Vergangenheit ablenken würde. Dann hatte er darum gekämpft, sich selbst zu verändern. Allerdings besaß er keine Töchter, war alles andere als ein liebender Vater. Die Zeilen, die sein Vorgesetzter ihm vorlas, sickerten langsam in sein Hirn, und er spürte, wie er unruhig wurde.

Meine Mama heißt Elizabeth. Sie hat braunes Haar, genau wie ich, und hübsche blaue Augen. Meine sind ganz ähnlich. Ich habe eine sehr hübsche Mama, Dash. Sie backt mir immer Kekse und findet es in Ordnung, dass ich mich mit der Fee unterhalte, die mit mir in meinem Zimmer wohnt. Meine Mama ist echt lieb.

Meine Mama sagt, Sie sind ein sehr tapferer Mann und dass Sie kämpfen, damit bei uns zu Hause alles sicher ist. Ich wünschte, Sie wären hier bei uns, Dash, denn manchmal ist meine Mama sehr müde.

Trotz der Schmerzen und obwohl er kaum richtig bei Bewusstsein war, durchfuhr ihn ein Schreck. In diesem einen Satz schwang so viel Angst mit. Es war ein Hilferuf. Und auf einmal war ihm klar, dass er leben musste. Er musste Cassidy und ihre Mutter beschützen.

Er sah das Mädchen geradezu vor sich, klein und zart, wie es vor Angst wimmerte. Ebenso seine Mutter, verzweifelt, verängstigt, die sich angriffsbereit vor ihre Tochter stellte, knurrend, einer wütenden Wölfin gleich.

Aber warum sah er das alles? Und warum ließ ihn dieses Bild nicht mehr los?

In anderen Momenten wurde er die qualvolle Fantasie nicht los, wie die Mutter ihn voller Lust unter halb geschlossenen Lidern hervor ansah, nackt, schlank und grazil, während sie unter seinem muskulösen Körper lag.

Es war die kleine Cassidy Colder, die ihm geschrieben hatte, aber mit jeder Zeile über ihre Mutter, jedem Satz, der ihre Mutter beschrieb und wie sie sich um die Tochter kümmerte, wuchs Dashs Verlangen. Tief in seinem Inneren reifte die Überzeugung, dass Elizabeth und Cassidy in irgendeiner Weise einfach zu ihm gehörten.

Ja. Der Name Dash passte gut zu einem Vater. Zu Cassidys Vater. Aber es war auch ein guter Name für einen Ehemann. Elizabeths Mann. Und wieder meldete sich sein Instinkt. Seine Sinne schärften sich, während er gegen den Nebel aus Schmerz und Medikamenten ankämpfte. Tanzende Schatten der Gewalt und blutige Zeichen des Todes umschlangen Cassidy und ihre Mama und verschmolzen miteinander. Die beiden gehörten zu ihm, und sie waren in Gefahr. Er musste leben.

Meine Mama sagt, Sie müssen ein sehr netter Mann sein. Nette Männer schlagen keine kleinen Mädchen. Oder?

Obwohl er so unschuldig formuliert war, wog dieser Satz schwer. Dash widersetzte sich den dunklen Qualen in seinem Inneren und kämpfte sich durch den Schmerz zurück in die Realität, um gesund zu werden. Um zu leben. Cassidy und ihre Mutter brauchten ihn.

Meine Mama sagt, dass es wahrscheinlich keine Feen gibt, aber dass es okay ist, wenn ich an sie glaube. Schließlich existiert nichts, solange man nicht daran glaubt. Glaubt man aber daran, ist es so echt wie der Sonnenschein. Und ich glaube an Sie, Dash …

Wieso hörte er immer wieder diesen Schrei? Das gedämpfte Schluchzen einer Frau. Doch es waren die Worte des Kindes, die sein Commander ihm vorlas und die ihm die Kraft verliehen, sich wieder ins Leben zurückzukämpfen. Lange hatte er gefürchtet, dass er diesen Kampf womöglich verlieren würde.

Meine Mama sagt, es wäre gut, wenn es Kobolde gäbe. Die Geschichte vom Gold am Ende des Regenbogens klingt schön.

Ich schwöre Ihnen, Dash, ich kenne eine echte Fee. Ich habe Mama davon erzählt, und sie hat gelächelt und gesagt, ich könne sie zu Keksen und einem Glas Milch einladen, wenn ich wollte. Ich musste ihr dann sagen, dass Feen keine Milch trinken und auch keine Kekse essen. Aber sie mögen Schokoladenriegel …

Irgendwann würde die Fee ihren Schokoladenriegel mit Cassidy teilen müssen. Dash aber hörte immer noch das gedämpfte Schluchzen einer Frau.

Die Briefe des kleinen Mädchens wurden während der bitteren Monate seiner Genesung für Dash zu einem Lebenselixier. Sie gaben ihm Halt. Denn sonst hatte er nichts und niemanden. Er war vollkommen allein auf der Welt und hatte immer geglaubt, dass er es so haben wollte, bevor die Zeilen des Mädchens sein Herz berührt hatten.

Sie waren oft mit lustigen kleinen Zeichen der Zuneigung für seine Mutter gespickt, die wiederum ihre Tochter offensichtlich sehr liebte. Und ein wenig von dieser Liebe gab das kleine Mädchen an ihn weiter.

Manchmal ist meine Mama traurig. Dann sitzt sie allein in ihrem Zimmer und starrt aus dem Fenster. Wenn ich sie dabei beobachte, glaube ich, dass ich Tränen in ihren Augen sehe. Ich denke, sie braucht genauso einen Daddy. Meinen Sie nicht auch?

Der Soldat, der den Commander an diesem Tag begleitete, konnte es sich nicht verkneifen, ihn damit aufzuziehen. Aber Commander Thomas brachte den Mann schnell zum Schweigen und las weiter vor. Dash war inzwischen wieder vollkommen bei Bewusstsein, aber er war immer noch schwach und hatte noch einen langen Weg vor sich. Doch er kämpfte. Kämpfte wie das Tier, das er war – wegen der Tränen einer Frau und der Ängste eines kleinen Mädchens.

Ich hätte Ihnen gern ein Geschenk zu Weihnachten geschickt. Aber Mama hat gesagt, dass wir dieses Jahr kein Geld dafür haben. Vielleicht dann zu Ihrem Geburtstag, hat sie gesagt, wenn Sie mir verraten, wann der ist. Stattdessen habe ich dem Weihnachtsmann eine E-Mail geschrieben. Ich habe ihm ganz genau erklärt, was er Ihnen bringen soll, aber ich wette, all Ihre anderen kleinen Mädchen haben auch schon daran gedacht. Ich wollte gern ein Fahrrad haben, aber Mama hat gesagt, dass der Weihnachtsmann das dieses Jahr vielleicht nicht schafft. Ich habe gesagt, er schafft es bestimmt. Denn der Weihnachtsmann weiß, dass ich in diesem Jahr groß genug für ein Fahrrad bin. Ich bin sieben Jahre alt. Mit sieben ist man alt genug für ein Fahrrad, finde ich.

Cassidy hatte mit ihrem kindlichen Humor und ihrem Glauben an das Gute in der Welt sein Herz im Sturm erobert. Er wollte, dass sie dieses verdammte Fahrrad bekam. Sie sollte sehen, dass der Weihnachtsmann sich um brave kleine Mädchen kümmerte, die so wertlosen Kerlen wie ihm das Leben retteten. Sie sollte wissen, dass er zu ihr kommen würde. Er wollte ihr das Fahrrad schicken. Damit es ihr gut ging, wenn er eintraf. Damit sie keine Angst mehr hatte …

Aber sie war auch eine kleine Kupplerin. Irgendwann las Commander Thomas ihm ihre Briefe erst vor, wenn niemand anders im Raum war. Und eines Tages war Dash auch wieder in der Lage zu sprechen, sodass er endlich einen Antwortbrief für sie diktieren konnte. Er war nur kurz. Noch immer wurde er schnell müde, aber er wollte, dass dieses kleine Mädchen wusste, was die Briefe ihm bedeuteten.

Ich habe ein Fahrrad bekommen, Dash. Mama war echt überrascht. Bei der Bescherung habe ich zuerst gedacht, dass der Weihnachtsmann mir noch nicht genügend vertraut. Mein Fahrrad stand nicht unter dem Baum. Doch dann klingelte es an der Tür, und als Mama aufmachte, stand ein leuchtend rotes Fahrrad davor. Sogar mein Name stand darauf. Es war nur für mich, und es war ganz neu. Und sogar ein Helm war dabei. Und ich habe richtige Handschuhe. Und Ellbogenschützer. Und Knieschützer. Und der Weihnachtsmann hat auch ein Geschenk für Mama gebracht. Können Sie sich das vorstellen, Dash? Es war das schönste Weihnachten, das ich je erlebt habe. Der Weihnachtsmann hat sogar an Mama gedacht.

Natürlich hatte der Weihnachtsmann an sie gedacht. Dash lächelte und bedankte sich knapp bei dem Commander dafür, dass er seine Bitte erfüllt hatte. Der lange Mantel würde die Mutter wärmen, bis er sie selbst in die Arme nehmen konnte. Cassidy hatte geschrieben, dass ihre Mama oft fror …

Und dann kamen auf einmal keine Briefe mehr. Einen Monat, bevor er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wieder sehen und auf seinen eigenen Beinen stehen konnte, sich wieder stark und gesund fühlte, war die Stimme des kleinen Mädchens verstummt. Besorgt bat er Commander Thomas, die Sache zu überprüfen und herauszufinden, was mit dem klugen, fröhlichen Mädchen geschehen war, das von seiner Mutter mit derart viel Liebe überschüttet worden war.

Commander Thomas, ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die kleine Cassidy Colder und ihre Mutter Elizabeth bei einem Feuer ums Leben gekommen sind, das vor einigen Wochen in ihrem Mietshaus ausgebrochen ist. Ihre Überreste waren nicht mehr zu identifizieren, aber es besteht keinerlei Zweifel daran, dass die beiden in den Flammen umgekommen sind. Es gab einige Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Kind und seiner Mutter. Ich habe Gerüchte gehört über eine Lebensversicherung, die auf die beiden ausgestellt war. Bitte lassen Sie mich wissen, ob ich noch weitere Informationen einholen soll …

Das Fax stammte von dem Privatdetektiv, den er engagiert hatte.

Commander Thomas hatte die Sache sofort überprüft. Nachbarn hatten Schreie gehört und gesehen, wie das Haus explodierte und die Flammen sich innerhalb von Minuten ausbreiteten. Für Dash brach eine Welt zusammen. Das kleine Mädchen, das ihn gerettet hatte, das ihn motiviert hatte, unter allen Umständen überleben zu wollen, war tot.

Tagelang lag er einfach nur schweigend da und starrte an die Decke. Er war so lange allein gewesen. Jeden Morgen war er mit dem Wissen erwacht, dass es niemanden in seinem Leben gab, und jeden Abend mit dem Gefühl dieser schmerzhaften Leere eingeschlafen. Und doch hatte Gott ihm, als er zwischen Leben und Tod schwebte, zwei Engel gesandt – nur um sie jetzt wieder abzuberufen. Es war ein fürchterlicher Schlag für seine Seele, von der er immer gedacht hatte, dass sie schon vor Jahren verkümmert wäre. Er kannte nur Tod und Verderben. Vor Cassidy und ihrer Mutter Elizabeth war ihm jene reine Unschuld noch nie begegnet. Der kindlich dahingekritzelte Name ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Elizabeth. Seine Elizabeth.

In den dreißig Jahren seines Lebens war ihm noch nie ein anderer Mensch wirklich wichtig gewesen. Er wuchs in dem Glauben auf, dass sein Überleben davon abhing, niemanden zu dicht an sich heranzulassen. Er wusste, dass er anders war, und glaubte, dies vor anderen verbergen zu müssen. Er hatte sich seinen eigenen Weg durchs Leben gesucht, und buchstäblich, so gut er eben konnte, selbst erzogen, bis er alt genug gewesen war, in die Army einzutreten.

Und die Army war sein Zuhause geworden. Seine Kampfgefährten hatten ihm zwar nie wirklich nahegestanden, waren jedoch immer gute Sparringspartner gewesen, die ihm geholfen hatten, seinen Verstand zu schärfen und Führungsqualitäten zu entwickeln. Zwölf Jahre lang war dies sein Lebensinhalt gewesen: zu führen. Er hatte Karriere gemacht, war in die Special Forces aufgenommen worden und hatte dort zeigen können, wozu er fähig war. Immer war er davon überzeugt gewesen, dass er mehr nicht brauchte.

Doch nun begriff Dash, wie sehr er sich geirrt hatte.

Der Tod von Elizabeth und Cassidy fühlte sich an wie ein Dolchstoß mitten ins Herz, auch wenn er diese Frau niemals berührt, ihre Tochter nie im Arm gehalten hatte. Elizabeth war nicht seine Partnerin, Cassidy nicht seine Tochter, doch sein Herz sprach eine ganz andere Sprache. Innerlich heulte er auf angesichts dieses Verlusts, und sein Instinkt, eine Art angeborenes Wissen, ließ es nicht zu, dass er verleugnete, wie sehr er sich mit dieser Frau und ihrem Kind verbunden gefühlt hatte.

»Dash, Sie müssen jetzt endlich einen Strich unter die Sache machen.« Commander Thomas saß neben dem Krankenhausbett, seine grünen Augen blickten nüchtern und eindringlich. »Solche Dinge passieren. Man kann sie nicht erklären, und sie ergeben auch keinen Sinn. Wenigstens haben sie ein Andenken an die beiden.«

Dash biss sich auf die Unterlippe. Er hatte überhaupt nichts. Ein Haufen Briefe reichte einfach nicht – nicht im Entferntesten.

Er grub seine Finger in das Laken und starrte an die weiße Zimmerdecke hinauf. Offensichtlich glaubten alle, dass er an Depressionen leiden würde und seinen Willen zu kämpfen verloren hätte. Nichts lag der Wahrheit ferner. Er hatte noch eine letzte Schlacht zu schlagen, bevor er sich seinem tiefen Bedürfnis nach endgültiger Ruhe hingeben konnte. Vergeltung. Sein Rachedurst pumpte das Blut durch seine Adern, ließ das Herz in seiner Brust hämmern.

Er warf dem Commander einen langen, nachdenklichen Blick zu.

»Ich möchte wissen, was passiert ist.«

Commander Thomas seufzte und schüttelte den Kopf. »Wozu ist das noch wichtig, Dash? Die beiden sind tot.«

Dash spürte, wie die Wut in ihm aufstieg. Es war wichtig. Es war wichtig, weil er beabsichtigte, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen. »Ich will es wissen. Setzen Sie sich mit dem Detektiv in Verbindung. Ich möchte alle verfügbaren Informationen bekommen, bevor ich entlassen werde.«

Er hatte bereits einen Plan. Der Detektiv konnte ihn mit allen Hintergrundinformationen versorgen, die er noch brauchte, und dann würde er die Sache still und unauffällig erledigen.

»Und was wollen Sie tun?« Commander Thomas lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte ihn mit gerunzelter Stirn. »Sie werden eine neue Einheit bekommen …«

»Man hat mir angeboten auszuscheiden, wenn ich wieder in den Staaten bin.« Dash hatte Mühe, in ruhigem Ton zu sprechen. »Ich werde nicht in den aktiven Dienst zurückkehren, Commander. Mir reicht es.«

Die Überraschung war dem Commander deutlich anzusehen, und Dash wusste auch warum. Er war seit seinem achtzehnten Lebensjahr beim Militär. Nicht ein einziges Mal hatte er Urlaub genommen. Zwölf Jahre war er zuerst beim Heer und dann bei den Special Forces gewesen. Er war einer der Besten, ein Naturtalent, wenn es darum ging, Männer zu führen, und er konnte kämpfen. Aber jetzt hatte er genug. Alle Mitglieder der Einheit, mit der er ein ganzes Jahr lang gekämpft hatte, waren tot. Er wollte Gerechtigkeit. Er musste einen Weg finden, um die Waagschale wieder ins Gleichgewicht zu bringen, und dann musste er den Teil seiner Persönlichkeit wieder ans Tageslicht befördern, den er die meiste Zeit seines Lebens verborgen gehalten hatte.

Der Commander seufzte, dann nickte er. »Ich rufe ihn heute Abend an. Sie werden alles bekommen, was Sie brauchen.« Er stand auf und sah einen Moment schweigend auf Dash herab.

»Selbstjustiz ist strafbar. Das wissen Sie doch, Dash«, sagte er warnend.

Dash lächelte. Der Commander kannte dieses Lächeln. Dash war aus gutem Grund einer der Besten. Er wusste genau, was er tat, und er wusste auch, wie er es tun musste.

»Zuerst muss man erwischt werden«, erwiderte er leise.

Während er auf die fehlenden Informationen wartete, arbeitete er an seiner vollständigen Genesung. Er saß nur selten tatenlos herum. Meistens trainierte er, sowohl seinen Körper als auch seinen Geist, um sicherzugehen, dass er wieder zu Höchstleistungen fähig war. Als er die Nachricht erhielt, dass alle Informationen auf dem Weg zu seiner neuen Adresse in den Staaten waren, packte er seinen Seesack und bereitete sich auf die Abreise vor.

Schon Tage vor seiner Entlassung war er vollständig wiederhergestellt. In Gedanken befand er sich bereits in den Staaten. Dort würde er genug Informationen in Händen haben, um sich in aller Ruhe auf die Jagd zu machen. Doch da erreichte ihn völlig unerwartet ein Brief. Er kannte die Handschrift, aber nicht den Namen. Ihm blieb fast das Herz stehen, als er den Brief aus dem einfachen Umschlag zog und ihn las.

Es gibt bestimmt noch viele andere kleine Mädchen, die Sie lieb haben. Mama sagt, dass Sie bestimmt verheiratet sind und Kinder haben und uns nicht brauchen. Aber ich brauche Sie, Dash. Bitte helfen Sie mir und Mama, bevor die bösen Männer uns schnappen. Früher war ich Cassidy Colder, aber meine Mama sagt, dass ich jetzt Cassie Walker heiße. Walker ist ganz okay, denke ich. Und ich habe Ihnen Bobos Halstuch mitgeschickt, damit Sie wissen, dass ich es bin. Mama sagt, Sie werden bestimmt denken, dass uns die Explosion erwischt hat. Mama ist verletzt worden, aber sonst geht es uns gut. Bitte helfen Sie uns, Dash.

Die Zeilen waren hastig aufs Papier gekritzelt, und ihm lief ein Schauer des Entsetzens über den Rücken. In dem Umschlag befand sich das Medaillon, das er ihr zu ihrem achten Geburtstag geschenkt hatte. Darin war ein Bild von ihr zusammen mit ihrer Mutter. Elizabeth wirkte gehetzt. Große blaue Augen starrten in die Kamera, während das Mädchen entzückend lächelte.

Das kleine rote Tuch hatte der Teddybär um den Hals getragen, den Commander Thomas besorgt hatte. Sie hatte das Bärchen Bobo getauft. Das Halstuch duftete nach ihr, nach Babypuder und Unschuld. Aber da war auch noch ein anderer Geruch: Elizabeths Duft. Sofort gerieten seine Hormone in Wallung. Es war die pure weibliche Verführung: dunkel, süß, wie ein sommerlicher Regenschauer.

Er runzelte die Stirn, und der Zorn ließ ihn erzittern bei dem Gedanken, dass jemand es wagen könnte, den beiden etwas anzutun. Sie gehörten zu ihm. Und niemand durfte irgendetwas auch nur berühren, das Dash Sinclair gehörte.

Die Jagd war eröffnet.

Um den Feind würde er sich später kümmern. Zuerst … zuerst musste er die kleine Familie finden. Diese Frau, die seine Wärme brauchte, und das Kind, das er beschützen musste. Als Erstes würde er die beiden suchen, und wenn dabei einige ihrer Feinde ums Leben kämen, war das eben Pech! Die brauchte er dann später nicht mehr umzubringen.

1

Sechs Monate später

Er war ein Wolf-Breed. Dash Sinclair hatte das bereits gewusst, noch ehe sich die Nachricht vor sechs Monaten wie ein Lauffeuer in der Welt verbreitet hatte. Glücklicherweise waren die Erbfaktoren in seinem Fall rezessiv und somit nur auf genetischer Ebene nachweisbar, traten aber nicht körperlich in Erscheinung. Dennoch hatte man ihn deswegen schon als kleinen Jungen zur Tötung freigegeben. Zugleich hatte er es jedoch seinen Genen zu verdanken, dass er nach der Flucht aus den Labors überhaupt überlebt hatte.

Mit achtzehn war er zur Army gegangen, hatte gekämpft und getötet und sich versteckt, direkt vor der Nase einiger Männer, die verantwortlich für seine Züchtung gewesen waren. Er wusste, um wen es sich handelte. Er hatte sie in den Labors gesehen, als er noch ein Kind gewesen war, und erinnerte sich gut an ihre Gesichter. Er vergaß niemals die Züge eines Feindes. Im Laufe der Jahre hatte er mehr Selbstvertrauen gewonnen, war sich seiner Stärken bewusst geworden und konnte es dadurch vermeiden, Fehler zu machen. Er hatte niemals jemandem gesagt, was er eigentlich war, und sich auch keinem Freund anvertraut. Verdammt, er hatte ja auch noch nie Freunde besessen. Ihm ging es gut, und er war ein gefährlicher Mann. Die meisten Leute machten einen großen Bogen um ihn.

Doch nun lechzte er nach Blut. Ganz still stand er da und sog den Geruch des kleinen, durchwühlten Zimmers ein. Er fühlte den Zorn in sich hochkochen. Während der vergangenen sechs Monate hatte er jedes noch so kleine Detail über Elizabeth und Cassidy Colder aufgespürt.

Während seiner Zeit in der Army hatte er viele Bekanntschaften geschlossen, und einige davon schuldeten ihm noch etwas. Jetzt war es an der Zeit, diese Schuld einzufordern. Cassidy war ein kleines Mädchen, dem die Zeit davonlief und auf das ein Kopfgeld ausgesetzt war, mit einer Mutter, die es unter Einsatz ihres Lebens zu retten versuchte. Bei dem Gedanken daran, was Elizabeth Colder alles auf sich genommen hatte, um ihre Tochter zu beschützen, verkrampfte sich sein Magen. Diese kleine Frau brauchte selbst Schutz, sollte in den Arm genommen werden, genau wie das Kind, und nicht aus lauter Angst um ihre Tochter ständig auf der Flucht sein.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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