Briefe zwischen Himmel und Erde - Sigrid Schneider J. - E-Book

Briefe zwischen Himmel und Erde E-Book

Sigrid Schneider J.

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Beschreibung

Dieses Buch beschreibt meine Versuche ins Leben zurück zu finden, nachdem meine Tochter Annalena verstorben ist Es zeigt aber auch meine Bemühungen zu verstehen , dass das Leben untrenntbar mit dem Sterben verbunden ist und das Sterben untrennbar mit dem Leben. Ich habe gelernt , dass das Sterben mitten im Leben seinen Platz haben kann ohne Angst , Verzeiflung oder gar Hoffnungslosigkeit auszulösen.

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Seitenzahl: 126

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Sigrid Schneider J.

Briefe zwischen Himmel und Erde

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Annalenas Brief zum Abschied

Ich kann Dich noch berühren...

Das Zimmer ist nun leer …..

Du fehlst mir so sehr …..

Der Versuch weiter zu leben ….

Erinnerungen…..

Ein kleines Licht in der Dunkelheit ….

Ein weiterer Versuch der Veränderungen ….

Langsam verstehe ich....

Und endlich klar sehen....

Impressum neobooks

Vorwort

Dieses Buch zeigt meinen Weg durch die Trauer

nach dem Tod meiner Tochter Annalena.

Ich sage oft :

von außen betrachtet sieht mein Leben aus wie ein riesengroßes Unglück

aber von innen , von da wo ich es sehe,

ist es Glück.

Mein Leben ist geprägt vom Abschied nehmen.

Viele Menschen hab ich auf die eine oder andere Weise verloren

Annalenas Tod war der schlimmste Abschied.

Trotzdem sehe ich auch das Glück,

denn ich sehe die Begegnung,

die Zeit die wir gemeinsam hatten,

die Liebe die wir gelebt haben

eben das Glück , das wir miteinander geteilt haben.

Die so entstandenen Gedanken , Gefühle und Erlebnisse

bleiben mir für immer

Ich habe gelernt:

Ich lebe nicht mit der Angst vor dem Abschied,

ich lebe mit der Freude über die Begegnung.

Bevor Sie nun zu lesen beginnen was Annalena, die ich oft auch liebevoll Anna nenne, in dem Briefwechsel mit mir noch zu sagen hatte, hier noch ein paar Worte zu Person.

Annalena war ein unglaublich fröhliches Kind.Sie war genetisch geschädigt und deswegen oft krank, was sie aber nicht hinderte, das Leben in all seiner Pracht jeden Tag als Geschenk anzunehmen.

Im Alter von 12 Jahren bekam sie Muskelschwund am Körper und den Organen. Das bedeutete immer weniger Kraft, immer weniger Möglichkeiten, viel Schmerzen und große Einschränkungen im alltäglichen Leben.

Trotzdem lebte Anna mit Schwung und Pep, sie feierte eine Party zur Not auch liegend mit. Sie nahm am ganz normalen Leben der andern Jugendlichen teil und wurde von ihrem große Freundeskreis dabei gut unterstützt.

An dieser Stelle möchte ich mich auch bedanken bei:

Annalenas Freund René,

er ist in Annas letzten Monaten ihr größtes Glück gewesen.

Bei all ihren Freunden,

sie haben Annalena trotz ihrer Erkrankung voll akzeptiert.

Bei meiner Freundin Ines,

sie war mir eine große Hilfe in den Jahren von Annalenas Erkrankung

Bei unseren Ärzten,

sie haben es möglich gemacht das Annalena hier zu Hause sein konnte

und nicht in eine Klinik kam.

Bei meinem Chef Jörg Zapf aus Detmold,

er stand mir nicht nur für Gespräche zur Verfügung, sondern hat mir auch Hilfe angeboten. Er zeigte so viel Verständnis für meine Situation,dass er mich weiterbeschäftigt hat,obwohl ich damals oft keine gute und zuverlässige Mitarbeiterin mehr sein konnte.

Bei allen Mitarbeitern des

Kinderhospiz Balthasar in Olpe

von dort wurden wir wirklich gut begleitet und unterstützt.Bei jedem Aufenthalt fanden wir genau das was wir brauchten. Auf- und angenommen sein, Gespräche auch über schwierige Themen, eben eine Heimat auf Zeit.

Bei Trauerhilfe Drabek aus Horn Bad Meinberg

Annalenas Brief zum Abschied

Ich möchte Euch ein wenig aus meinem Leben und über mein Sterben erzählen.

Ganz genau war ich 17 Jahre 8 Monate und einen Tag auf der Welt zu Gast.Die Zeit war aufregend, spannend, manchmal anstrengend, und fast immer schön.

Im Jahr 2003 wurde ich schwer krank, das heißt, krank war ich schon vorher, aber da wurde es dann richtig schlimm. Ich bekam Muskelschwund am Körper und an den Organen. Das hat manchmal ganz schön weh getan und ich bekam oft Spritzen und viele, viele Tabletten.

In dem Jahr sah ich meine Mama oft weinen und wenn ich sie fragte warum sie weint ,sagte sie immer so Sachen wie :ich hab mich so doll gestoßen, oder ich hab schlimmes Kopfweh……

Ich wusste ja das das nicht stimmt, aber wie sollte ich denn meiner Mama sagen, dass ich weiß das ich sterben werde. Oh je das waren Probleme. Ich habe immer mal wieder versucht mit Mama zu reden, ich habe gefragt ob es einen Friedhof für Kinder gibt, oder ob es im Sarg eigentlich kuschelig ist…

Im August des Jahres hab ich sie dann einfach gefragt: Mama weißt Du auch schon das ich bald sterben werde? Sie hat dann wieder geweint aber sagte: ja Anna ich weiß das und wir können nichts dagegen tun. Wir können die Zeit bis es soweit ist aber nutzen, wir können leben, lachen und uns lieb haben.

Sie hat mir auch erzählt, das ich ein Sternenkind werde wenn ich sterbe. Ich darf dann auf ein Erdenkind aufpassen. Das finde ich schön. In diesem Jahr fing das auch an, dass ich meine Oma sehen und mit ihr reden konnte. Das ist ja eigentlich nichts besonderes aber in meinem Fall schon, denn meine Oma war schon lange tot. Manchmal fand ich das schön und manchmal machte mir das auch Angst. Meistens war es aber ganz ok. Mit Oma reden das ging so: was ich sagte war in Omas Kopf und was Oma sagte war in meinem Kopf. Genauso hab ich es auch mal einer Freundin von Mama erklärt, die wollte nämlich auch von mir wissen wie das geht, mit Oma reden.

Der Muskelschwund veränderte meinen Körper. Früher wenn wir shoppen waren, hab ich mich immer geärgert, dass ich in all die tollen Sachen nicht rein kam weil ich zu dick war. Jetzt wurde ich so schnell dünn, dass mir mein Körper manchmal ganz fremd war.

Ich habe meiner Mama viele, viele Fragen über das Sterben gestellt und ich bin ganz froh dass ich das durfte und immer Antworten bekam. So brauchte ich nicht soviel Angst allein aushalten. Mama hat mit dann immer eine schöne Geschichte erzählt zum Thema Sterben und tot sein. Manchmal waren ihre Geschichten so schön das ich dachte: das Sterben kann nicht so schlimm sein. Ich wusste aber, ich muss dann meine Freunde und vor allen Dingen Mama zurücklassen. Das hat mir aber doch großen Kummer gemacht.

Wir sind zusammen nach Paris geflogen und haben Mickey Mouse besucht. Das war ganz toll. Und das allerbeste in Paris war: am Abend mit meiner Mama im Bett Chips essen und Cola trinken. Das haben wir vorher noch nie gemacht,weil es nicht vernünftig ist im Bett zu essen.

Wir haben auch noch viele, viele Konzerte besucht. Ich mag Gospelsongs so gern. Ganz oft sind wir ins Kino gegangen und auch ins Theater,dort hat mir Dornröschen als Ballett am besten gefallen.

Und natürlich haben wir gekuschelt wann immer es ging.....

Ich hab mal meine Mama gefragt ob sie nicht auch lieber ein gesundes Kind haben wollte. Sie hat gesagt: Nein, ich wollte schon immer eine Annalena. Ich habe nie darüber nachgedacht ob gesund oder krank. Du bist meine Annalena, und für mich bist Du richtig ganz genauso wie Du bist.

Ich war ganz schön erleichtert als Mama das sagte und nachdem das nun auch geklärt war, konnten wir ja weitermachen wie wir es immer gemacht haben. Wir lebten jeden Tag so, als sollte er unser aller schönster werden.

Ich habe in dieser Zeit gelernt Billard zu spielen und konnte das richtig gut. In dem Jugendcafé in das ich immer ging, hatte ich einen tollen Freundeskreis und alle durften mich auch immer zu Hause besuchen. Wir haben dann gemeinsam Kuchen gebacken oder Hot Dogs gemacht, das war richtig klasse.

Meine Krankheit schritt schnell voran. 2004 bekam ich meinen ersten Rollstuhl und eine Schiene für die Beine, aber die tat immer nur weh. 2005 konnte ich dann nicht mehr in die Schule gehen.

Aber in dem Jahr passierte noch etwas Tolles und Aufregendes. Wir fuhren das erste Mal zusammen ins Kinderhospiz Balthasar nach Olpe.

Als dort ankamen, habe ich einen Jungen kennen gelernt der schon gestorben war. Ich habe mit seinem Papa gesprochen und mir lange diesen Jungen angesehen. Er sah ganz friedlich aus, so als ob es ihm ganz gut geht. Klar, der Papa war ganz schön traurig. Ich hab ihm gesagt: Dein Sohn bleibt doch jetzt für immer in Deinem Herzen. Das wusste ich von meiner Mama und auch deswegen, weil ich ja in meinem Herzen meine Oma habe.

Ich habe im Kinderhospiz viele neue Freunde gefunden und habe mich da immer wohl gefühlt. Es war außerdem schön auch mal Urlaub von meiner Mama zu haben. Seit ich nicht mehr in die Schule gehen konnte, waren wir ganz schön viel zusammen. Nicht dass das nicht schön war, aber meine Mama kann auch schon mal ganz schön anstrengend sein. Sie ja mit im Hospiz und wenn ich sie brauchte, konnte ich sie rufen lassen oder noch besser, ich hab sie von meinem Handy auf ihrem Handy angerufen. Das fand ich dann so richtig cool.

Im Hospiz habe ich mich auch gern mal mit Frau Halbe unterhalten Ihr habe ich auch ein wenig von dem verraten was ich alles so wusste. Bei ihr konnte ich das, sie weinte nicht soviel wie meine Mama. Ich habe ja nicht alles verraten aber doch soviel das Frau Halbe mich verstanden hat als ich

sagte: ach Frau Halbe ich weiß alles, - immer alles. Das Gespräch war an dem Abend als ich ihr auch erzählte, das ich es schade finde das ich am nächsten Tag Fieber habe. Frau Halbe hat mich angelacht und gefragt: und das weißt Du heute schon? Aber es war so, ich hatte am nächsten Tag Fieber.

Mit Barbara und Heidi habe ich gern gebastelt. Wir sind dann oft ins Trauerzentrum Thalita gegangen. Dort gab es einen tollen Bastelraum. Ich hab aber auch gern Ausflüge zu Kaufhaus Müller in die Stadt gemacht. Die werden bestimmt merken das ich nicht mehr auf dieser Welt bin, denn ich habe immer ganz schön viel Geld dort ausgegeben.

Schwimmen gehen, das war auch klasse. Die Kinderkrankenschwester Ivonne konnte das ganz besonders toll, sie hat mich langsam durchs Wasser gezogen und es war einfach nur schön. Auch meine Schönheitsstunden im Badezimmer habe ich genossen, mit Fußmassagen und Eincremen.Dafür haben wir immer lauter schön duftende Sachen benutzt.

Als es mir noch besser ging, habe ich gern geholfen andere Kinder zu füttern.

2006 waren wir dann das erste Mal als Notfall im Kinderhospiz. Es ging mir ganz schlecht und ich hatte gar keine Kraft mehr. Ich habe mich aber wieder erholt, ich konnte meine Mama einfach noch nicht allein lassen. In diesem Jahr fing das auch an, dass ich manchmal tagelang geschlafen habe. Leider habe ich deswegen auch Weihnachten 2006 nicht erlebt. Ich bin am 23 Dezember nachmittags eingeschlafen und wurde nicht mehr wach, so sah es zumindest für meine Mama aus. Ich wusste, ich war schon mal ein wenig auf der anderen Seite und hab geschaut wo mein Weg mich hinbringen wird.

Ich weiß, dass in den Tagen, in denen ich nicht mehr wach wurde, alle meine Freunde bei mir waren, und die durfte ich doch auch nicht im Stich lassen. Am 31 Dezember war ich soweit, dass ich wieder wach werden konnte.

2007 war dann ein schwieriges Jahr für meine Mama und für mich.

Ich bin missbraucht worden, und meine Mama hat den Mann dabei erwischt. Gott sei dank hat sie ihn erwischt, denn ich hätte es ihr ja nicht erzählen können. Das hätte Mama dann weh getan und deswegen habe ich schon wochenlang geschwiegen.

Am 20 April hat Mama den Mann erwischt hat. Es hat ganz schön lange gedauert bis wir wieder ganz „normal„ miteinander reden konnten .Ich hatte immer das Gefühl das ich was falsch gemacht habe obwohl Mama mir immer gesagt hat, dass das nicht so ist. Eigentlich habe ich mit ihr nie über diese Sache gesprochen. Ich wollte ihr nicht wehtun und ich bin froh, dass Mama dafür gesorgt hat, dass ich Gesprächspartner hatte. Am 22. 4. sind wir ins Kinderhospiz gefahren und dort konnte ich mit Jedem sprechen und habe das auch getan. Als wir wieder zu Hause waren, hat Mama mich zu einem Psychologen gebracht. Der war ganz nett und mit dem konnte ich auch reden. Ich bin oft hingegangen und habe mit ihm darüber gesprochen. Langsam wurde mein Herz dann auch wieder leichter.

In dieser Zeit fragte ich einmal meine Mama ob sie deswegen böse auf mich ist.Sie sagte nein, sie ist nur böse auf den Mann, der hat was Schlimmes getan ,nicht ich.

Im November 2007 fand dann der Prozess gegen diesen Mann statt. Er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Was das ist, wusste ich nicht so genau, aber er musste mir auch ein Schmerzensgeld bezahlen. Dafür hat Mama mir dann extra ein eigenes Konto eingerichtet, denn sie fand, dass ich das Geld für schöne Dinge die mir Spaß machen ausgeben sollte. Das habe ich dann auch gemacht, ich habe mir viele Dinge kaufen können die ich einfach nur schön fand.

Gleich nach dem Prozess sind wir wieder für 2 Wochen ins Kinderhospiz gefahren. Das war auch gut so, denn als wir zurück kamen war dieser Mann schon weggezogen und ich musste ihn nicht mehr sehen.

Weihnachten 2007 war richtig toll, es ging mir so gut, das wir sogar zu Fuß zur Kirche gehen konnten. Und danach war zu Hause Bescherung. Ich habe so viele schöne Sachen bekommen und Mama hat mit mir gespielt, den ganzen Abend. Wir haben mit meinem neuen Puppenhaus gespielt und später hat Mama mir sogar Licht darein gebastelt. Baby Born und Baby Annabell und natürlich auch meine ChouChou, das sind meine Puppen, alle haben auch Geschenke bekommen, Mama hat keinen vergessen.

Meinen 17. Geburtstag habe ich im Kinderhospiz gefeiert, das hatte ich mir so gewünscht und Mama hat dann den Termin mit Herrn Gieseler passend abgesprochen. Das war ganz toll, ich habe vom Hospiz eine Herztorte schon zum Frühstück bekommen und Geschenke von Mama und vom Hospiz. Nachmittags gab es dann eine ganz große Kaffeetafel mit allen Gästen des Hospizes und allen die dort gearbeitet haben an dem Tag.

Es war ein richtig schöner Tag.

Mir ging es leider gar nicht mehr so gut und als wir dann zu Hause waren wurde es immer schlechter. Ich hatte gar keine Kraft mehr und habe ganz viel geschlafen. Aber auch dieses Jahr hatte seine Überraschungen, ich fand einen festen Freund, René. Ich kannte ihn schon länger aber 2008 wurden wir Freund und Freundin.

Zu Renés Geburtstag im Juni waren wir kegeln, aber ich konnte nicht bis zum Schluss mitmachen. Ich habe mir ein Gelenk raus gedreht und das tat sehr weh. Mama hat mich dann raus getragen und nach Hause gebracht. Ich hatte an dem Tag schon Angst, das René nicht mehr kommt, aber er kam wieder, jeden Tag. Er hat mich im Arm gehalten, hat mit mir gekuschelt und sich zu mir gelegt, das war ein ganz schönes Gefühl. - Mit Mama kuscheln war auch schön – aber mit René, das fühlte sich noch toller an.

Eine Woche nach Renés Geburtstag sind wir zusammen an den Diemelsee gefahren, dort fing dann mein letztes Wegstück an.

Meine Leber arbeitete immer schlechter. Ich war grün und gelb verfärbt, erst nur im Gesicht, später dann auch am ganzen Körper und meine Augen waren auch ganz gelb.