Bruckmann Reiseführer Oberbayern: Zeit für das Beste - Britta Mentzel - E-Book

Bruckmann Reiseführer Oberbayern: Zeit für das Beste E-Book

Britta Mentzel

0,0

Beschreibung

Handverlesene Autoren-Tipps und Empfehlungen für eine individuelle Reiseplanung, über 400 inspirierende Fotos und eine praktische Faltkarte zum Herausnehmen sorgen nicht nur für eine stressfreie Planung, sondern auch für einen entspannten Urlaub in Oberbayern. Lassen Sie sich mit diesem Reiseführer treiben von Bergeinsamkeit bis zum Großstadttrubel. Genießen Sie die Schönheit und erfrischende Widersprüchlichkeit dieses Landstrichs bei Ausflügen vom Altmühltal bis zum Königssee, von Ingolstadt bis zur Wieskirche und von München bis zur Winklmoos-Alm. So entdecken Sie neben den Highlights auch jede Menge Geheimtipps, die Ihren Urlaub unvergesslich machen. Und es bleibt dabei immer Zeit für authentische Restaurants oder Hotels und die besten Shopping-Hotspots.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 376

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Mach’ nur die Augen auf; alles ist schön!«

Ludwig Thoma

INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Der Süden in Hochform

BAYERISCHE ALPEN

  1 Zugspitze und Wetterstein

  2 Garmisch-Partenkirchen und Werdenfelser Land

  3 Oberammergau und Ammergauer Alpen

  4 Ettal

  5 Schachen

  6 Mittenwald und Karwendel

  7 Walchensee und Jachenau

  8 Wendelstein und Mangfallgebirge

DAS ALPENVORLAND

  9 Pfaffenwinkel und Schongau

10 Murnau und das Blaue Land

11 Benediktbeuern und Kochel

12 Bad Tölz

13 Isarwinkel und Lenggries

14 Tegernsee

15 Schliersee und Spitzingsee

16 Miesbach

17 Mangfalltal und Weyarn

18 Die Osterseen

19 Der Starnberger See

20 Ammersee und Kloster Andechs

21 Abtei Schäftlarn

22 Ebersberger Forst

MÜNCHEN

23 Marienplatz und Viktualienmarkt

24 Residenz

25 Odeonsplatz

26 Königsplatz und Kunstareal

27 Schwabing

28 Deutsches Museum

29 Jakobsplatz und Sendlinger Straße

30 Schloss Nymphenburg

31 Allianz Arena und BMW Welt

IM WESTEN UND NORDEN

32 Landsberg am Lech

33 Ammer und Amper

34 Dachau und Umland

35 Schloss Schleißheim

36 Neuburg an der Donau

37 Ingolstadt und die Hallertau

38 Naturpark Altmühltal und Eichstätt

39 Freising

40 Erding und Flughafen

ZWISCHEN INN UND KÖNIGSSEE

41 Wasserburg am Inn

42 Burghausen und Altötting

43 Rosenheim und Bad Aibling

44 Samerberg und Inntal

45 Chiemgau

46 Waginger See und Rupertiwinkel

47 Reit im Winkl

48 Bad Reichenhall und Ruhpolding

49 Watzmann und Königssee

50 Berchtesgaden

 

Oberbayern von A–Z

Register

Impressum

MEHR WISSEN

LÜFTLMALEREI

SEEN

BIER

KÜNSTLER

MEHR ERLEBEN

VOM GLÜCK, IN OBERBAYERN ZU LEBEN

OBERBAYERN FÜR KINDER UND FAMILIEN

Gelebtes Brauchtum: Wallfahrt nach Sachrang im Chiemgau

Abend über München: Gespräch auf der Hackerbrücke

Brotzeit im Biergarten

An der Donau: Neuburg mit Schloss

Auf dem Bauernhof: Ferien mit Kindern

In den Bergen: Schloss Linderhof

Entschleunigung: Bootsfahrt auf dem Kochelsee

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

Ein großartiges Zusammenspiel von Kultur und Natur bietet Seeon im Chiemgau

Sich besinnen in Wamberg (S. 34)

Ein Barockkirchlein, kaum 30 Einwohner, der herrliche Blick auf das Wettersteingebirge: Der Weiler Wamberg liegt zwar nur knapp 300 Meter über dem trubeligen Garmisch-Partenkirchen und doch eine Zeitreise entfernt. Die angemessene Annäherung ans höchstgelegene Kirchdorf Deutschlands? Gemütlich zu Fuß! www.gapa/wamberg.de

Sich wundern in der Wieskirche (S. 70)

Wie können Steine nur dermaßen vollkommen geschichtet, wie kann ein Raum so harmonisch oval gestaltet, eine Decke so berührend bemalt sein? Die Wieskirche bei Steingaden ist UNESCOWeltkulturerbe und ein Stückchen Himmel auf Erden in Oberbayern – im landschaftlich so schönen Alpenvorland. www.wieskirche.de

Genießen am Starnberger See (S. 113)

Ein schwieriger Mensch mit einer großen Lebensleistung: Das Museum der Phantasie von Lothar-Günther Buchheim ist aus vielen Gründen wunderbar – weil der Platz unter alten Bäumen am Starnberger See so gut gewählt ist, weil der Architektur die Balance zwischen Aussage und Wirkung perfekt gelingt und weil die expressionistischen Werke ans Herz gehen. www.buchheimmuseum.de

Staunen in der Residenz, München (S. 134)

Deutschlands größtes Stadtschloss, derart riesig und zugleich derart unauffällig in die prachtvolle Münchner Architektur gefügt – und doch mehr als nur ein Schloss bei so vielen Zimmerfolgen und Prachtsälen zwischen Antiquarium und Kaisersaal, zwischen Grüner Galerie und Reicher Kapelle. Und nach dem Kulturprogramm? Leute gucken im »Café Tambosi« direkt am Hofgarten: Die Stühle sind Richtung Odeonsplatz und Sonnenuntergang ausgerichtet. www.residenzmuenchen.de

Wandern durch die Gungoldinger Heide, Altmühltal (S. 197)

Egal, ob die Sonne herunterbrennt oder der Nebel die Hänge hochzieht: Die Wacholderheide von Gungolding hat einen unvergleichlichen Zauber. Hier wirkt das Altmühltal unberührt von Menschenhand und die stille Heidelandschaft vollkommen Bayern-untypisch. Und danach zum Aufwärmen oder Abkühlen in den stattlichen »Alten Wirt« in Gungolding. www.naturpark-altmuehltal.de, www.zum-alten-wirt.com

Die Krone des Königreichs Bayern (1806) in der Schatzkammer der Münchner Residenz

Ruhe im Kloster, Einkehr im Gasthof, Raitenhaslach (S. 219)

Ein Ort außerhalb von Zeit und Raum: zauberhaft still, fantastisch ins Licht des frühen Vormittags getaucht. Kaum jemand verirrt sich in die über 800 Jahre alte Kirche der ältesten Zisterzienserabtei Bayerns gegenüber vom Klostergasthof. Der wiederum ist ein Musterbeispiel an behutsamer Renovierung und lockt mit guter Küche in schönen Räumen. Und wenn im Juni der Klostermarkt mit selbst gemachten Delikatessen aus der Ordensherstellung stattfindet, platzt der Prälatengarten aus allen Nähten. www.klostergasthof.com

Mußezeit im Kloster Seeon (S. 238)

Ein einzigartiges Ensemble: die Klosterkirche Seeon, der große, idyllische See, die Walburgis-Kirche, auf deren Friedhof russische Gräber liegen, sogar von der angeblichen Zarentochter Anastasia. Das Hinterland des Chiemsees ist auch im Hochsommer nicht überlaufen, und deshalb bleibt viel Raum zum Staunen – über die manieristischen Fresken von St. Walburga, den Kreuzgang und das Renaissancegewölbe der Klosterkirche, in der sogar schon Mozart gewirkt hat. www.klosterseeon.de

Von der Wieskirche bei Steingaden zeigen sich wohl nur Vierbeiner unbeeindruckt.

Feiern auf der Kampenwand (S. 240)

Als wäre der Hausberg des Chiemgaus nicht erhebend genug, findet jedes Jahr um den Mittsommertag eine Sonnwendfeier auf der Kampenwand statt, mit Livemusik und Alphornbläsern, einem großen Feuer und dem weiten Blick auf die Lichter der Ebene und die österreichischen »Berge in Flammen«. Die Bahn fährt am Festtag bis Mitternacht. www.kampenwand.de

Im Frühtau zur Winklmoosalm, Reit im Winkl (S. 250)

Frühmorgens um 5.30 Uhr, wenn die Gäste noch schlafen und der Ort erwacht, startet die erste Führung von Reit im Winkl. Die Ziele: das Straubinger Haus oder der Widhölzl-Kasa bei Seegatterl auf 1150 Metern Höhe, ein ausgedehntes Frühstück und der Blick auf die erwachende Bergnatur. www.reitimwinkl.de, www.chiemgau-tourismus.de

Innehalten am Königssee (S. 260)

Schon Fjord oder doch noch See? Nicht leicht zu entscheiden auf dem majestätischsten See Deutschlands. Nur leise schnurren die Elektroboote über das glasklare Wasser, und wer gutes Wetter erwischt, sieht nicht nur jede einzelne Zacke des Steinernen Meeres, sondern auch die unbezwingbare Ostwand des Watzmann, vom letzten Schneefall überzuckert. Lawinen brechen donnernd in den Bergwald, und der Ausflug bekommt etwas Meditatives angesichts von Bergewigkeit und Naturgewalt. www.koenigssee.com

DER SÜDENin Hochform

Zu Recht gehört Oberbayern zu den beliebtesten Ferienregionen in Deutschland: Zwischen dem Altmühltal und den Alpen und vom Lech bis zur Salzach bietet der größte Regierungsbezirk des Bundeslands Bayern jede Menge Attraktionen. Da sind zum einen die lieblichen Landschaften rings um die Seen, die grünen Hügel der Hallertau und des Alpenvorlands, die klaren Flüsse – und zum anderen die prächtigen Städte, allen voran München.

Bayern ist etwas Besonderes, das steht in ganz Deutschland außer Frage, und in diesem außerordentlichen Bundesland gilt Oberbayern als Krönung. Hier wächst von Nord nach Süd die Schönheit mit jedem Kilometer. Nördlich der Donau fängt es im Altmühltal schon malerisch an, an den Seen und im Alpenvorland nehmen die Effekte deutlich zu, um am Königssee, bei Mittenwald, im Isarwinkel und rund um die Zugspitze in wahrer Erhabenheit zu gipfeln – auch im übertragenen Sinn. Keiner, der vom Anblick der roten Kuppeln von Sankt Bartholomä vor der Nordwand des Watzmann unberührt bliebe, niemand, den das funkelnde Grünblau des Tegernsees oder die geschwungenen Hügel des Blauen Landes vor der nahen Bergkulisse nicht begeisterten.

Kirche von Holzhausen beim Starnberger See

Zur landschaftlichen Schönheit kommen die Bauwerke der Kulturlandschaft Oberbayern: die alten wie die Wieskirche bei Steingaden oder der Freisinger Dom und die modernen wie das Haus der Berge in Berchtesgaden oder das Münchner Museum Brandhorst. Es gibt ganze Ortschaften, die das Andenken an anno dazumal pflegen: Bad Tölz erstrahlt so schön, wie es Gabriel von Seidl zur vorletzten Jahrhundertwende restaurierte, in Landsberg und Eichstätt überdauerten die Altstädte die Zeitläufte nahezu unversehrt, Wasserburg und Burghausen sind nie bezwungene Wunderwerke aus Stein. Ganz zu schweigen von München, der prächtigen Residenzstadt. Mit fast 13 Millionen Übernachtungen und 6,3 Millionen Ankünften übertraf die Landeshauptstadt 2013 alle bisherigen Ergebnisse. Jeden Tag halten sich 293 000 Gäste in München auf, rein statistisch betrachtet. So viele Ankünfte zählt Ingolstadt in etwa pro Jahr, doch auch in Oberbayerns zweitgrößter Stadt weist die touristische Tendenz nach oben. Dass die Besucher strömen, liegt hier nicht nur an der alten Bausubstanz. Oberbayerns Wirtschaftsmotoren setzen auch gestalterisch beständig Impulse: So locken Allianz Arena und die futuristische Architektur der BMW-Welt längst mehr Gäste an als die klassischen Münchner Sehenswürdigkeiten, und auch das Audi Forum in Ingolstadt bricht jedes Jahr Rekorde. Oberbayern – ein bayerisches Spitzenprodukt!

Schwester im Klosterhof von Benediktbeuern

Das »Hotel zur Linde« und der Glockenturm des Marienmünsters auf der Fraueninsel im Chiemsee

Reiseklassiker im Umbruch

Mehr als 30 Prozent aller Deutschen machen Urlaub im eigenen Land, und mit knappem Abstand steht Bayern als Zweiter in der Gunst der Reisenden. Das ist allemal ein Grund zum Feiern und vielleicht gibt der winzige Dämpfer, nicht an erster Stelle zu stehen, die Gelegenheit zum Innehalten: Wo soll es hingehen mit dem Urlaubsland Bayern und der Urlaubsregion Oberbayern? Eine rhetorische Frage, ob ständiger Zuwachs wünschenswert ist oder nicht doch Qualität vor Kapazität stehen sollte, noch mehr, als es ohnehin der Fall ist. Verglichen mit Österreich und Südtirol besteht Nachholbedarf: Die Zahl der Vier- und Fünfsternehotels ist durchaus dürftig, dagegen herrscht an gemütlichen Landgasthöfen kein Mangel. Aber auch Oberbayern folgt dem allgemeinen Trend, mehr Betten in weniger Betrieben anzubieten. Der Tourismus verschwindet aus der Fläche, er konzentriert sich. Noch vor drei Jahrzehnten erlaubten sich bloß 39 von 285 Gemeinden im bayerischen Alpenraum, kein Gästebett bereitzuhalten. Heute verzichten knapp 100 Orte in der Region.

Doch die Gemeinden im Oberland sind Wohn- und Lebensorte, keine bloßen Dienstleistungszentren. Das Verhältnis von Bewohnern und Besuchern erscheint ausbalanciert: Selbst in Garmisch-Partenkirchen, der touristischen Hochburg an der Zugspitze, stehen 26 000 Einwohnern rund 10 000 Gästebetten gegenüber, allerdings sollen in den nächsten Jahren 2000 hinzukommen. Als es um die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 ging, brachte der Widerstand von 59 Bauern, die ihre Grundstücke nicht verbauen lassen wollten, die ganze mächtige Lobby ins Wanken. Das Ergebnis ist bekannt.

Geld und andere Image-Aspekte

Zumindest für die Winter muss den Tourismus-Verantwortlichen ohnehin etwas einfallen, denn nur zwei bayerische Skigebiete liegen auf Gletschern, die bekanntlich auch schwinden. Die anderen Hänge erreichen nur mäßige Höhen. Werden die Winter milder, würde auch eine flächendeckende Bestückung mit Schneekanonen nicht helfen – ganz abgesehen von dem Aufruhr, den solche Vorhaben erzeugen. So geschehen am Sudelfeld, wo für 25 Millionen Euro ein riesiger Speichersee entstand. Aber es gibt auch Gegenbewegungen: Am Spitzingsee wurden die Anlagen zur Oberen Firstalm und zum Brecherspitz zurückgebaut. Und das Örtchen Ramsau bei Berchtesgaden bleibt bewusst bescheiden und belässt es bei seinem einen Sessellift und den zwei Schleppern.

Kitsch und (manchmal) Kunst: beliebte Mitbringsel

Während die einen auf »small is beautiful« setzen, expandieren die anderen und bauen neue Bergbahnen und Gästebetten. Das klingt unlogisch, zeigt aber, dass die Branche in Bewegung ist und um das beste Konzept für die Zukunft ringt. Der Tourismus macht fast fünf Prozent der Wirtschaftsleistung Oberbayerns aus, in München sind es sogar acht Prozent. Da steht viel Geld auf dem Spiel – und darf doch nicht allein entscheiden. Denn selbst wenn die Therme Erding viermal so viele Besucher anzieht wie Schloss Herrenchiemsee, kann das nicht bedeuten, dass sich künftig jede Gemeinde ein Spaßbad vor der Haustür wünscht. Vielmehr deuten die Gästescharen auch auf den hohen Anteil an Tagesausflüglern aus der Umgebung hin: Die (Ober-)Bayern entdecken Oberbayern als Reiseziel. Zudem sind die von der Ferne Angereisten zunehmend flexibler: Sie klappern nicht mehr nur die touristischen Zentren ab, sondern suchen Abwechslung im Umland.

Neue Reisezeiten und abgelegene Ziele

Je spontaner die Tagesgäste und je konzentrierter das Angebot, desto größer der Stau. Das weiß jeder, der schon mal an einem Sommersonntag auf der Autobahn vor Eschenlohe nur im Schritttempo vorangekommen oder bei idealen Skibedingungen frühmorgens durch den Ort Schliersee gekrochen ist – deshalb lohnt es sich, die Regionen rund ums Jahr kennenzulernen. Herrlich sind die blühenden Frühsommerwiesen in den Chiemgauer Alpen, malerisch melancholisch wirkt der Starnberger See im Herbst, und kaum eine Jahreszeit eignet sich so gut zum Besuch von Schloss Nymphenburg in München wie der Winter – möglichst bei Schnee und Eis. Die Ausweitung der Saison ist die eine Möglichkeit der Neuentdeckung, die Wahrnehmung der Qualitäten jenseits der Alpen eine andere. Von Burghausen im Osten bis Landsberg am Lech im Westen, vom Karwendel bis ins Altmühltal ist das Land gefüllt mit Sehenswürdigkeiten wie eine Schatztruhe, die es nur zu öffnen gilt. Viele Veranstaltungen und Führungen zeigen das Besondere vor Ort: sei es der Hemadlenzen-Umzug in Dorfen, die Frankenstein-Führung in Ingolstadt oder aufwendig inszenierte Kulturveranstaltungen, zum Beispiel das Schlossfest in Neuburg an der Donau oder der Theatersommer in Freising.

Zudem gibt es immer neue Ideen, die Attraktionen Oberbayerns zu erschließen: Die Aussichtsplattform Alpspix oberhalb von Garmisch entzieht den Besuchern den Boden, der Flying Fox durchs Münchner Olympiastadion kitzelt die Nerven, und ungezählt sind die Rad- und Wanderwege, die zu den schönsten Plätzen im Freistaat führen. Neben Klassikern wie dem Radweg durchs Altmühltal oder entlang der Isar, den Wanderungen durch die Partnachklamm und auf den Herzogstand, gibt es viele andere Anziehungspunkte, etwa die Gipfeltour auf die Aiplspitz im Schlierseegebiet, die Wanderung zu Deutschlands höchsten Wasserfällen im Nationalpark Berchtesgaden oder den Bikeparcours am Samerberg.

Stammesgeschichtliche Überraschungen

Bayern ist schön und reich! Viele Menschen in Deutschland zieht das auf Lebenszeit an. Nicht immer zur Freude aller Einheimischen. Manche reden von »Migranten«, wenn sie Zugereiste aus anderen Landesteilen meinen, manche wollen »Tschüss« verbieten und das »Grüß Gott!« obligatorisch machen, um den aussterbenden Dialekt zu retten – so geschehen vor einigen Jahren im Landkreis Miesbach.

Dabei, diese Wahrheit fördert das Römer und Bajuwaren Museum im Altmühltal ans Licht, haben auch die Bajuwaren einen Migrationshintergrund. Goten, Alamannen, Sueben, Markomannen, Böhmen, ja selbst Hunnen und Menschen mit »elbgermanischen« Wurzeln bildeten in nachrömischer Zeit wohl jene Ursuppe, der der spätere Bayer entstieg. Das sollte toleranter stimmen, ungeachtet aller in der Zwischenzeit erworbener Alleinstellungsmerkmale.

Zu denen gehört der Dialekt, der sich allen Abgesängen zum Trotz behauptet, nicht zuletzt dank der Künstler. Sie bewahren das Bairische (so heißt der Dialekt korrekt!): Mundartdichter wie ehedem Lena Christ, Ludwig Thoma und Georg Queri und heute Wolfgang Oppler und Eugen Oker. Oder die Musiker: Horst Biewald und Barbara Lexa sind die vermutlich prominentesten Jodler landesweit, Bands wie Kofelgschroa oder La Brass Banda genießen Kultstatus. Im Nachklang der Biermösl Blosn, der ersten bundesweit beachteten bayerischen Formation, wuchs das Selbstbewusstsein in der Szene. »Heimatsound« heißt hierzu das neue Stichwort, und es finden sich in jeder Stadt zahlreiche Beispiele – von den Neurosenheimern bis zum wiederauferstandenen Bairisch-diatonischen Jodelwahnsinn. Die Übergänge ins Kabarett sind oft fließend: Josef Brustmann, Georg Ringsgwandl oder das Duo Schmidbauer & Kälberer geben veritable Musiker ab, und bei Martina Schwarzmanns Liedern muss man schon genau hinhören, um den bösen kleinen Witz im gesungenen Dialektdickicht nicht zu verpassen.

Handy und Lederhose: In Bayern ist Platz für Tradition und Technik.

Zuweilen erscheinen Bayerns Kabarettisten, vor allem die politischen, wie Sinnbilder: Sie ragen aus dem Wortbreidunst wie klare Berggipfel. Vermutlich, weil sie nun schon seit Jahrzehnten ihre Messer schärfen am zuverlässig renitenten Gegner, der CSU. Deren Dauerpräsenz ist für die Bewohner anderer Bundesländer vermutlich ebenso erstaunlich wie die Erfolgsgeschichte des FC Bayern München. Dessen Führungspersonal kann sich beinahe alles erlauben, ohne vom Olymp zu fallen; vielleicht ein Beleg der außerordentlichen Langmut der heutigen Bajuwaren mit ihresgleichen.

Tracht und Geselligkeit, hier in Aschau im Chiemgau, bilden wichtige Bestandteile der Heimatpflege.

Grobiane, Großkopferte, Grantler – und andere

Doch auch die Zugereisten prägen Stadt und Land: In München machen sie mehr als ein Drittel der Bevölkerung aus, in Oberbayern ein Viertel. Der Regierungsbezirk gilt als Einwanderungsziel Nummer eins, allein in die Landeshauptstadt zieht es pro Jahr rund 20 000 Neubürger. Haben sie sich ein wenig eingelebt und den örtlichen Sitten angepasst, wartet sogleich eine bissig-bayerische Beschreibung auf sie: der »Isarpreiß«. Der überschwemmt dann am Wochenende das Umland – aber mei, so is’ des halt! Denn: Die bayerische Seele ist groß, vermutlich viel größer, als manch Fremder zunächst denkt. In ihr ist Platz für Grobiane wie den einen oder anderen Ministerpräsidenten, für Großkopferte (der bildliche Ausdruck für »Intellektueller«) oder für Grantler wie etwa Herbert Achternbusch, der sagt: »In Bayern möchte ich nicht einmal gestorben sein.« Solche Sätze bleiben natürlich Einheimischen vorbehalten, für Neubayern wären sie tabu, zumindest am Anfang.

Manchmal braucht die Gewöhnung auch einfach nur Zeit. Beispiel Schliersee: Hier haben zugereiste Wirtsleute auf der Insel Wörth das »Wirtshaus im See« gebaut, hier schreibt eine Pfälzerin erfolgreiche Regionalkrimis, auch wenn Rosemarie Bus den Ausdruck nicht schätzt. Schon in der Vergangenheit haben die Fremden vielleicht genau die Anstöße gegeben, die verhinderten, dass Oberbayern im eigenen Sumpf stecken blieb. Henriette Adelaide, die Prinzessin aus Savoyen, holte die italienische Oper in die Residenzstadt, der ungeliebte Kurfürst Karl Theodor, ein Pfälzer, ließ den Englischen Garten anlegen, die wilde Gräfin Franziska von Reventlow, geboren in Husum, mischte das münchnerische Moralempfinden auf. Maler aus allen Teilen Deutschlands bereicherten die Künstlerkolonien rund um Dachau, und heute steht mit Bernhard Maaz ein geborener Thüringer den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen vor. Dazu gehören 30 000 Bilder, fünf große Museen (teils saniert, teils umbaubedürftig) und etliche Filialgalerien.

Von Traditionen, stofflich und flüssig

Interessanterweise ist Heimatpflege gerade zu der Zeit Mode geworden, als sich die Fremden in nennbaren Größenordnungen einstellten, also im 19. Jahrhundert. Die Gründung des Schlierseer Trachtenvereins etwa datiert ins Jahr 1888, da brachte der »verruckte Staderer« August Finsterlin aus München gerade die Skier und die ersten Skitouristen an den See. Nicht unwichtig dürfte auch das Geld gewesen sein, das der Fremdenverkehr in die zuvor ärmlichen Gegenden spülte und damit zum Beispiel die Wiederherstellung alter Gehöfte finanzierte. Dieser Gedanke des wechselseitigen Gewinns überbrückt sicher den einen oder anderen Gegensatz. Vermutlich entsprang der neue Hang zur Tracht weniger repräsentativen Zwecken als dem Wunsch, sich des Althergebrachten zu vergewissern oder es gleich überzustreifen, wenn auch in verwandelter Form. Die Miesbacher Tracht gilt heute als Urform der bayerischen Tracht, aber es gibt viele wunderschöne Varianten – die Isarwinkler Tracht mit Fransenschultertuch und Hüterl etwa, der Berchtesgadener »Zegger«, eine Flechttasche, oder die bestickten Hosenträger.

Eine Renaissance erleben auch die Baustoffe. Wer im Altmühltal etwas auf sich hält, baut ein Jura-Haus mit Legschieferdach und dicken Kalksteinmauern. Im Rupertiwinkel zeugen blumengeschmückte Schlackenhäuser von der Traditionspflege. Und der Skirennläufer Markus Wasmeier liefert in seinem Museumsdorf Beweise für die Haltbarkeit alpenländischer Häuser. Manchmal kommt auch Neues im scheinbar tradierten Gewand: So gehört die Käserei normalerweise nicht zu den Arbeitsfeldern auf oberbayerischen Almhütten. Doch Rosi Mair, im Normalfall Bäckerin, »kast« seit ein paar Jahren auf der Geitau-Alm oberhalb des Spitzingsees und kann sich über mangelnde Laufkundschaft nicht beklagen.

Ein Bild des Friedens gibt die Familie vor der Grainbacher Kirche in Samerberg ab.

Eines der unbestritten ältesten Kulturgüter Bayerns ist das Bier – ein Sympathie- und Imageträger erster Güte, ein Sattmacher, Streitschlichter, Geschichtsund Geschichtenträger (siehe S. 192). Früher diente es zum Sattwerden, heute begleitet es die typisch bayerischen Gerichte wie den Schweinsbraten mit Knödeln, den Leberkäs oder die würzige Weißwurst. Aber das Bier inspiriert auch die moderne Kochkunst und gipfelt in Weißbiergemüse zum Fisch und Bockbier-Tiramisu mit Rhabarber-Erdbeer-Ragout.

Wie mit der Tracht und dem Bier, hatte Bayern auch mit dem weiß-blauen Rautenmuster Glück: Es kam über dynastische Umwege aus dem Geschlecht der Herzöge von Bogen an die Wittelsbacher und behauptet sich seit nunmehr neun Jahrhunderten als perfektes Marketing-instrument auf Tischdecken, Maßkrügen und Schweinshaxenfähnchen. Wenn auch nicht immer richtig: So verlief ausgerechnet auf Gondeln der Zugspitzbahn das Muster in die falsche Richtung. Ein kleinerer Imageschaden, der inzwischen behoben ist.

Berühmte Bayern, mit und ohne Adel

Dass sich der Bierkonsum auf den Charakter, auf jeden Fall aber auf die Physiognomie der Bayern auswirkt, hat wohl keiner so böse in Worte gefasst wie ihr erster König, Maximilian I. Joseph (1756–1825). Er sagte, seinem Sohn Ludwig I. würde es niemals gelingen, »Griechen und Römer aus dieser Rasse von Bierbäuchen« zu bilden. Aber immerhin hat Ludwig I. es versucht – und dafür später viel Ruhm, zunächst aber reichlich Protest geerntet. »Glanz im Odeon, Glanz in der Pinakothek, überall Glanz und nichts als Glanz«, rief der Abgeordnete Rabel 1831 dem abwesenden König in der Ständeversammlung zu, und formulierte ironisch: »Die Glänze, meine Herren!, erdrücken das Volk!« Gemeint waren die Summen, die Ludwig I. für die Prachtbauten seines Lieblingsarchitekten Leo von Klenze ausgab, anstatt für bessere Straßen, Schulen und Krankenhäuser zu sorgen. Auch wenn das Argument sticht, ist man dem Wittelsbacher Verschwender heute dankbar: Was wäre München ohne die Staatsbibliothek und den Königsbau der Residenz, ohne die Feldherrnhalle und das Siegestor, das Gärtnerplatztheater und die Alte Pinakothek?

Doch stellen die geadelten Ausnahmebayern eher eine Randgruppe dar, geliebter waren die Volkshelden, deren Andenken bis heute bewahrt wird: Der Jennerwein und sein wahrer Begräbnisort bewegen die Schlierseer bis in unsere Tage, und der Räuber Kneißl, der 1901 von 60 Polizisten gestellt und per Guillotine ins Jenseits befördert wurde, gibt noch immer Lied- und Filmstoff her.

Die wilden Helden taugen bis heute als Vorbild für ein Verhalten, das unzutreffenderweise als Sturheit ausgelegt wird. Viel eher ist es ein Bei-sich-Sein. Denn die Bayern machen ihr Ding, egal, was der Rest der Republik darüber denkt. Als vor Jahren die maximale Bauhöhe innerhalb des Münchner Inneren Rings auf Frauenkirchenturm-Niveau gedeckelt wurde, lachte ganz Deutschland – den Münchnern war’s wurscht. Sie sind auch so Boomtown. Dass nicht alle Maßnahmen zur Heimatverteidigung zwingend logisch sind, ist gleichfalls wurscht. So kontrastiert jener Frauenkirchturm-Anachronismus mit dem Flächenfraß: Täglich werden mehr als 18 Hektar Land verbaut, das entspricht übers Jahr etwa den Stadtflächen von Dachau und Rosenheim. Eine Aufgabe für den bayerischen Heimatminister, der ja in Personal-union auch die Finanzen dirigiert, eine wenig glückliche Kombination. Sein Heimatressort ist, wen wundert’s, einmalig in Deutschland. Ein kleiner Treppenwitz, dass das Regierungsmitglied auch einen Auftritt als Schauspieler hatte. In der Serie »Dahoam ist Dahoam« gab er – einen Minister. Dass er dabei seine politischen Botschaften ganz ohne Drehbuch verbreitete, hat zum schnellen Einstampfen der Folge geführt.

Königliche Urlaubsgefühle

Weniger peinlich ist da ein anderes Unterfangen zur Bewahrung des (Ober-) Bayerischen: Das Radioprogramm »BR Heimat«, seit Februar 2015 auf Sendung, läuft von Beginn an als Riesenerfolg. Und weil das Granteln zum bayerischen Pluralismus gehört, ertönt auch sogleich der Protest: So jammerte jüngst ein Bamberger Anwalt, dass der Bayerische Rundfunk bei seinen TV-Produktionen immer Altbayern bevorzuge. Derartiger nördlicher Neid dürfte den Oberländer nur bestärken in seiner Heimatliebe. Die hat schon vor 150 Jahren allerhöchste Kreise befallen. Ludwig II. schwärmte von »seinen Bergen«, dass kein Auge trocken blieb: »Ich will mich der verdammten Höllenqualen, die mich beständig in ihren qualmenden Dunstkreis reißen will, entziehen, um selig zu sein in der Götterdämmerung der erhabenen Berges-Einsamkeit«, schrieb er 1871 in einem Brief an Richard Wagner. Abgesehen von den bergnahen Schlössern Linderhof, Neuschwanstein und Herrenchiemsee, ließ er sich sogar ein Schloss-Chalet in fast 2000 Metern Höhe errichten. Das Königshaus auf dem Schachen ist die prächtigste von zwölf bescheideneren »Bergresidenzen« Ludwigs zwischen Ammergebirge und Zugspitzland und die höchstgelegene dazu. Jedes Jahr wird dort am 25. August der Geburtstag des »Märchenkönigs« gefeiert. Doch heute dürfen auch die Bürger König sein. Seit einiger Zeit gibt es die Idee vom »Sightsleeping«, der sich immer mehr Gasthöfe und Hotels in Bayern anschließen. Dort übernachten und gut essen, wo sich geschichtlich Bedeutsames abgespielt hat oder zumindest noch ein Hauch von Hautevolee weht, gebettet in modernen Komfort: sei es im ältesten Zisterzienserkloster Oberbayerns in Raitenhaslach bei Burghausen, im ungewöhnlichen Countryhaus »Kranzbach« bei Krün oder im »Alpenhotel Wittelsbach« in Ruhpolding. Das ist sozusagen die monastisch-monarchische Variante der Qualitätsoffensive.

Doch am leichtesten und ganz privat stellt sich ein königliches Gefühl in der Natur ein: beim Wandern auf die herrlichen Aussichtsgipfel oder durch tiefe Bergwälder, an den Ufern der Seen oder entlang der Flüsse, bei der Brotzeit auf einer Alm oder im Biergarten – an all jenen Plätzen, die den irdischen Himmel der Bayern und ihrer Besucher meinen.

In den Bergen können auch kleinere Kinder viel Spannendes entdecken und erleben.

Geschichte im Überblick

 

150 Mio. v. Chr. Das heutige Oberbayern ist eine tropische Lagunenlandschaft, in der sich Fischsaurier tummeln. Den Himmel bevölkert der Archaeopteryx.

115 000–10 000 v. Chr. Die Gletscher der Würmeiszeit formen die Landschaft des Alpenvorlands und hinterlassen bei ihrem Rückzug Moränen, Schotter- und Schmelzwasserablagerungen. Mit dem Ende der Kaltzeit ändert sich die Tierund Pflanzenwelt grundlegend.

Um 4000 v. Chr. Erste Besiedlung des Freisinger Dombergs. Pfahlbauten nahe der Roseninsel im Starnberger See.

260 v. Chr. Im heutigen Manching Gründung des Oppidum Vallatum, eine der größten Keltensiedlungen Mitteleuropas.

15 v. Chr. Der römische Feldherr Drusus überquert die Alpen. In den nächsten vier Jahrzehnten dringen die Römer bis zur Donau vor.

2. Jh. n. Chr. Die römische Provinz Raetia erreicht ihre größte Ausdehnung; Partanum wird gegründet, das heutige Partenkirchen.

5. Jh. Das weströmische Reich bricht zusammen. Die ersten Bajuwaren tauchen auf, ein Stammesmischmasch aus Goten, Markomannen, Alamannen, Sueben u.a.

551/555 Bayern wird erstmalig Stammesherzogtum unter dem Geschlecht der Agilolfinger. Erster wichtiger Herzog ist Tassilo.

Um 700 Gründung Freisings, wenig später wird der Wanderbischof Korbinian der erste Bischof Oberbayerns, gefolgt von Willibald in Eichstätt (um 740).

725/28 Karl Martell errichtet in Buron das erste Kloster Oberbayerns, das aber zunächst weltlichen Zwecken dient. Um 740 ziehen Benediktiner in Benediktbeuern ein (und bleiben bis 1803).

1040 Die Klosterbrauerei Weihenstephan erhält das Braurecht und gilt seitdem als älteste Brauerei der Welt. (Vermutlich ist das Datum aber gefälscht und Weltenburg in Niederbayern gebührt der Titel.)

1087 »Mariä Schutz« entsteht in Fischbachau. Sie gilt als älteste in ihrer ursprünglichen Substanz erhaltene Kirche Oberbayerns.

1158 Heinrich der Löwe zerstört die Brücke des Bischofs Otto von Freising bei Oberföhring und lässt bei den Mönchen, »apud munichen«, eine neue Isarüberquerung bauen – die Geburtsstunde Münchens.

1180 Otto I. erhält von Kaiser Barbarossa das Herzogtum Bayern und begründet die Herrschaft der Wittelsbacher.

1255 Am 30. März entsteht nach der ersten bayerischen Landesteilung das selbstständige Herzogtum Oberbayern.

1328 Ludwig IV., genannt Ludwig der Bayer, wird in Rom zum Kaiser gekrönt und wählt München zum Regierungssitz.

1503/1506 Im Landshuter Erbfolgekrieg setzt sich das Herzogtum Bayern-München durch.

1516 Die »Bayerische Landesordnung« legt die Bestandteile fürs Bier fest: Hopfen, Gerste und Wasser.

1589–1592 In Schongau findet der größte Hexenprozess Bayerns statt.

1. Hälfte 17. Jh. Abwechselnd wüten die Schweden und die Pest.

1802/1803 Im Zuge der Säkularisation werden sehr viele Klöster abgerissen.

1806 Bayern wird Königreich von Napoleons Gnaden unter Max I. Joseph.

1808 Eine Staatsreform teilt Bayern in 15 Kreise, nach den Flüssen benannt.

1837 König Ludwig I. hebt diese Aufteilung auf und führt die Benennung der »einzelnen Haupt-Landestheile auf die ehrwürdige Grundlage der Geschichte« zurück. Der Bezirk Oberbayern hat seitdem etwa die heutigen Grenzen, die die Verwaltungsgliederung in der Gebietsreform von 1972 endgültig festlegt.

1886 Ludwig II. stirbt unter ungeklärten Umständen im Starnberger See. Großonkel Luitpold regiert als »Prinzregent«.

19./Anfang 20. Jh. Oberbayern ist Künstlerland: In München lebt die Boheme, in Dachau und Murnau bilden sich Malerkolonien.

1918 Mit dem Ersten Weltkrieg endet die Wittelsbacher Herrschaftszeit nach mehr als 700 Jahren. Um seinen Status als »monarchiefreies« Land zu kennzeichnen, nennt sich Bayern »Freistaat«.

1923–1933/1945 Nach dem Hitlerputsch im November 1923 ahndet die bayerische Regierung den Umsturzversuch nur lasch. München tut sich in der Folgezeit unrühmlich als »Hauptstadt der Bewegung« hervor, und Bayern gilt während der Zeit des Dritten Reichs lange als besonders linientreu.

1945 Bayern untersteht der amerikanischen Militärregierung. Die Bayerische Verfassung tritt am 8.12.1946 in Kraft und stellt die einstige Gliederung in sieben Regierungsbezirke, darunter Oberbayern, wieder her.

1948 Auf Herrenchiemsee arbeitet der Verfassungskonvent die Eckpunkte des Deutschen Grundgesetzes aus.

1972 Die Olympischen Spiele enden blutig: Palästinensische Terroristen nehmen israelische Sportler als Geiseln, die alle bei einem Befreiungsversuch sterben.

2013 Die Bewohner Münchens, Garmisch-Partenkirchens, der Landkreise Traunstein und Berchtesgaden lehnen eine Olympia-Bewerbung für 2022 ab.

2014 Gute Bilanzen: 6,3 Mio. Besucher auf dem Oktoberfest, mehr als 5 Mio. Gäste in Bayerns Schlössern, knapp 15 Mio. Touristenankünfte in Oberbayern.

BAYERISCHE ALPEN

1Zugspitze und Wetterstein

2Garmisch-Partenkirchen und Werdenfelser Land

3Oberammergau und Ammergauer Alpen

4Ettal

5Schachen

6Mittenwald und Karwendel

Lüftlmalerei – Kunst am Bau

7Walchensee und Jachenau

8Wendelstein und Mangfallgebirge

Rekordbrecher am Berg: Wenn ab 2017 die neue Zugspitzseilbahn die Fahrt übernimmt, hält nur eine Stahlstütze das 4,5 Kilometer lange Seil.

1 Zugspitze und Wetterstein

Ganz oben in Bayern

Höher als auf die Zugspitze kommt in Bayern und Deutschland wirklich keiner hinaus: Der Gipfel erreicht knapp 3000 Meter Höhe. Für jeden zugänglich durch Bahnen und Bebauung, zählt die Zugspitze als Mittelpunkt der Wettersteingruppe zu den beliebtesten Aussichtspunkten der Alpen: Nach Norden geht der Blick übers Alpenvorland und die Seen nach München, Richtung Süden reicht er bis zu den Dolomiten.

Baden vor herrlicher Kulisse: Der Eibsee funkelt vor dem Wetterstein.

Ein echtes Gipfel-Dilemma: Bleibt man naturbelassen und elitär, ein Ziel nur für die Kühnsten, auf ewig einsam-windumtost? Oder öffnet man seinen Fels auch für die weniger Sportlichen zum Preis kompletter Verbauung mit Seilbahn, Aussichtsplattform und »Deutschlands höchstem Biergarten«? Die Zugspitze hat sich entschieden – oder zumindest diejenigen, die sich zu ihren Gestaltern aufgeschwungen haben. Sie macht die Massen glücklich! Wer auf normalem Wege niemals auf 2962 Meter Höhe gelangt wäre, mithilfe der Zugspitzbahnen schafft er es und kann bei klarer Sicht auf über 400 Alpengipfel blicken.

Das entzückt die Gäste aus Fernost beinahe ebenso sehr wie das fünf Meter hohe, vergoldete Gipfelkreuz auf dem Ostgipfel – obwohl es sich inzwischen um eine Kopie handelt. Das ursprüngliche Kreuz schleppte fast 30 Jahre nach der Erstbesteigung eine Seilschaft auf den Gipfel, ein Lüftlbild in Partenkirchens Ludwigstraße hält die Szene aus dem August 1851 fest. Noch mehr als unter dem Wetter, die Zugspitze ist den Westwinden wie dem »Nordstau« der Wolken ausgesetzt, hatte das Originalkreuz unter den Amerikanern zu leiden. Sie veranstalteten nach Kriegsende Schießübungen auf Kupferkugel und Strahlenkranz. Das Werdenfels-Museum in Garmisch-Partenkirchen verwahrt das 150-Kilo-Gestell und die Plombe, die sich im Innern der Kugel fand. Die darin verschlossenen Dokumente erzählen von den Umständen der ersten Kreuzsetzung und ihrem Initiator, einem Pastor und Wetterbeobachter vom Hohen Peißenberg.

Gruseln am Abgrund: Auf dem Alpspix können Besucher tief blicken.

Gletscher mit ungewisser Zukunft

Von einem Gefälle wie auf der berüchtigten Kandahar-Abfahrt gut 1000 Meter tiefer kann beim Zugspitzplatt keine Rede sein. Auf den 20 Pistenkilometern des Schneefernergletschers geht es in der Saison von Oktober bis Mai ziemlich gemütlich zu. Rasant bewegt sich hier nur der Gletscher, einer der nördlichsten der Alpen. Um dem Schwund im Sommer Einhalt zu gebieten, verhüllen grau melierte Folien einen Teil der verbliebenen knapp 30 Hektar Eisfläche. Kanthölzer beschweren die Abdeckung, um den zuvor aufgeschaufelten Schnee zu verdichten und den Gletscher zu »nähren«. Sicher kein Rezept auf Dauer: Vom einst mächtigen Plattachferner sind am südlichen Schneefernergletscher nur noch Restbestände übrig, und auch dem nördlichen Teil kann man beim Schmelzen an heißen Sommertagen beinahe zusehen. Spätestens 2030, so schätzen Experten, erinnert nur noch das Schneefernerhaus an den Gletscher. In dem früheren Hotel ist heute eine Wissenschaftsstation untergebracht, die Daten zum UNO-Programm Global Atmosphere Watch, zur Höhenmedizin, zu Klima- und Umweltforschung liefert. Und natürlich zum wohl extremsten Wetter, das Deutschland zu bieten hat: Die stärkste Bö erreichte 335 Stundenkilometer, die niedrigste Temperatur minus 35 Grad Celsius.

Nicht verpassen

NUR FÜR SCHWINDELFREIE!

Unterm Gitterrost geht’s abwärts: 1000 Meter am lotrechten Fels entlang, ein Live-Grusel, der den Respekt vor den Bergen nur noch erhöht. Seit 2010 recken sich die zwei 24 Meter langen Stahlarme unterhalb von Osterfelderkopf und Alpspitze ins alpine Nirwana. Am Ende des gekreuzten Skywalks ermöglicht eine Scheibe die Durchsicht aufs Tal und einen nicht unerheblichen Thrill. Ob es den in der Bergwelt wirklich brauche, fragten vor der Eröffnung 2010 die Kritiker. Befürworter sprachen von einem zeitgemäßen Bergerlebnis für Erholungsurlauber. Selbst der Deutsche Alpenverein hatte nichts gegen das Stahl-X einzuwenden: Es liegt unmittelbar über der Alpspitzbahn in ohnehin verbautem Gelände.

Aussichtsplattform Alpspix. Bergstation Alpspitzbahn, Okt.–Febr. 8.30–16.30 Uhr, März–Juni bis 17 Uhr, Juli–Sept. bis 17.30 Uhr,www.zugspitzbahn.de,www.zugspitze.de

Das goldene Gipfelkreuz glänzt auf der Zugspitze.

Die Zahnradbahn lässt auf dem Weg zur Station Riffelriss den Eibsee weit unter sich.

Gipfel mit hohem Anspruch

Ihr markantes Profil, das aus Garmisch-Partenkirchener Sicht von den Felsen der Waxensteine verfälscht wird, verdankt die Zugspitze einem mächtigen Bergsturz. Vor etwa 3500 Jahren rutschten bis zu 400 Millionen Kubikmeter Fels zwischen Großer Riffelwandspitze und Zugspitze zu Tal und lösten im Eibsee einen Tsunami aus. Vermutlich dauerte das Naturereignis nur fünf Minuten – und die ehedem bewaldete Fläche war eine Felswüste, die sich nur langsam wieder zur jetzigen lieblichen Form bildete. Die acht Inselchen im vertieften Eibsee, der sich erneut mit Wasser füllte, sind deutliche Überbleibsel jener Urkatastrophe, die eine Energie von 220 Atombomben freisetzte. Wer heute im Wetterstein wandert, ahnt von derlei Gewalt nichts: Zwischen dramatischen Stiegen, etwa auf die Höllentalspitzen oder durch die Nordwand des Wanner (2744 Meter) bis zur viel gegangenen Ferrata auf die ebenmäßige Pyramide der Alpspitze (2628 Meter) reichen die Tourenmöglichkeiten im hellgrauen Kalksteingebirge.

Am Bahnübergang Kreuzeckbahn, dahinter die Felsen von Waxenstein und Zugspitze

Infos und Adressen

Die höchstgelegenen Solarmodule Deutschlands produzieren am Münchner Haus Solarstrom.

SEHENSWÜRDIGKEITEN

Zugspitzbahn, Eibseebahn. Es gibt zwei Möglich- und Geschwindigkeiten, Deutschlands höchsten Berggipfel zu erreichen. Die Fahrt mit der Zahnradbahn vom Zugspitz-Bahnhof in Garmisch-Partenkirchen (direkt hinter den DB-Gleisen) bis zum Zugspitzplatt dauert eine gute Stunde. Von der Sonnalm bewältigt eine Seilbahn das letzte Stück. Achtung: Die Zahnradbahn verkehrt von 8.15–14.15 Uhr nur im Stundentakt, von 15.15–18.15 bloß bis Hammersbach. Variante zwei ist deutlich schneller. Mit der Eibseebahn gelangt man in ein paar Minuten nach ganz oben, über wenige Stützen und tiefe Abgründe. Ab 2017 ersetzt eine neue Seilbahn das 1963er-Modell und befördert die dreifache Anzahl Personen. Von 8–16.45 Uhr mindestens halbstündlich. Ticketpreise unter: www.zugspitzbahn.de oder www.zugspitze.de

ESSEN UND TRINKEN

Gipfelalm. Eine solche Aussicht hat kein anderes Restaurant der Republik, bei schönem Wetter auch von der Biergarten-Terrasse, es gibt sogar vegetarische Gerichte auf der kleinen Karte. Nicht überteuert. www.zugspitze.de

ÜBERNACHTEN

Münchner Haus. 27 Betten für den bescheidenen Anspruch, dafür unmittelbar auf der Gipfelhöhe zwischen Bayern und Tirol und echt urig. Gekocht wird seit 50 Jahren auf dem Wamsler-Holzofen – wer weiß, wie lange noch! Sehr preiswert und äußerst einfach, www.muenchnerhaus.wachterhaus.com

Iglu-Dorf. Käsefondue, Schaffelle und Expeditionsschlafsäcke wärmen innerlich und äußerlich für die Nacht im Iglu, nachts gibt es einen Spaziergang unter Sternen, am frühen Morgen ein Frühstück im Gasthaus Sonnalpin, mittlere Preislage. www.iglu-dorf.com

Eis-Zeit: Eine Übernachtung im Iglu-Dorf ist ein frostiges, aber einmaliges Vergnügen.

2 Garmisch-Partenkirchen und Werdenfelser Land

Charmante Urlaubsmagneten

Vom Weltcup- und alpinen Wintersportzentrum starten die Fahrten auf Deutschlands höchsten Berg: Garmisch-Partenkirchen ist jedes Jahr die Anlaufstelle für über eine halbe Million Gäste, viele davon kommen aus dem Ausland. Doch auch der Zugspitz-Ort selbst ist ein reizvolles Ziel: Er darf sich zwar nicht Stadt nennen, hat aber viele städtische Aspekte – und Straßenzüge voller Überraschungen.

Garmisch-Partenkirchen dehnt sich vor dem Wettersteinmassiv weit aus.

Garmisch-Partenkirchen – das klingt ja fast nach Leutheusser-Schnarrenberger, ist aber keine Liebesheirat und zieht gewissermaßen einen Bindestrich durch die Tatsache, dass die Ortsteile einst Welten trennten. Selbst das Bild mit den zwei Seiten einer Medaille passt nicht, denn Partenkirchen und Garmisch sind sozusagen aus verschiedenem Material gefertigt. Partenkirchen, Partanum, diente als Vorposten der Römer in der Provinz Raetien.

Die Geschichte vom »Gasthof zum Rassen« in Partenkirchens Ludwigstraße reicht ins 16. Jahrhundert zurück.

GUT ZU WISSEN

KLASSIK ON THE ROCKS!

Die »Elektra« in der Olympia-Eissporthalle – wo gibt es so etwas? Die vermutlich einzige Eishalle der Welt, in der ein Orchester live spielt, ist einer der Aufführungsorte beim Richard-Strauss-Festival. Das findet seit 1989 jedes Jahr im Juni statt und beschert Garmisch-Partenkirchen eine Woche lang Strauss satt – bei Konzerten, Künstlergesprächen und einem Gesangs-Meisterkurs, www.richard-strauss-festival.de

Ästhetischer Neubau: Die Schanze von Garmisch wird auch »Olympischer Freischwinger« genannt.

Dagegen leitet sich Garmisch vom germanischen Germareskaue ab und erscheint erstmalig 802 auf einer Urkunde, da hatten die Römer längst das Feld geräumt. Und die Entwicklung ging hübsch eigenwillig weiter. In Partenkirchen bilden die Häuser der Ludwigstraße eine lange Front, in Garmisch stehen sie im alten Ortskern auf Lücke, was einen Vorteil im Brandfall bedeutete. Alles gibt es zweimal im Bindestrich-Ort: Fußball- und Turnverein, Skiclub, Musikkapelle, sogar Fluss (Partnach und Loisach) und Hausberg kommen zweimal vor. Für Partenkirchen ist der Wank (1780 Meter, einfache Wanderung) zuständig, für Garmisch der Hausberg (1340 Meter, schon etwas anspruchsvoller). Überflüssig anzumerken, dass der eine Gipfel zum Estergebirge zählt, der andere zur Wettersteingruppe.

Ein Komponist protestiert

Von ganz oben, vom Gipfel der Zugspitze aus gesehen, spielen die Animositäten keine Rolle. Deutschlands höchster Berg ist der wesentliche Anziehungspunkt für die etwa 400 000 Gäste, die jedes Jahr anreisen. Die Gemeinde Grainau eingerechnet, kommen mehr als eine halbe Million Besucher, ein Viertel aus dem Ausland. Das verpflichtet zu Neuerungen, finden Hoteliers, die wissen, dass es nach einer Hotelbau-Flaute von mehr als 30 Jahren höchste Zeit ist für Initiativen. Die Politik zieht mit, versilbert Grundstücke und schmückt sich mit »Leuchtturmprojekten«. Nicht immer zur Freude der Einwohner, die zuletzt bei der Entscheidung gegen die Olympischen Spiele 2018 bewiesen, wie viel ihnen Landschaft und deren Besitz im Werdenfelser Land bedeuten.

Nicht verpassen

SPRUNGSCHANZE MIT TRADITION

Sie stand schon dort, als die Olympischen Spiele 1936 noch Zukunftsmusik waren: Die Große Schanze gibt es bereits seit 1921, das erste und inzwischen traditionelle Neujahrsspringen fand am 1.1.1922 statt. Seitdem wurde die Skisprungschanze mehrfach verändert, zuletzt 2007, als der Anlauf- und Schiedsrichterturm einem kühneren Entwurf weichen musste. Der schmückt jetzt seit Dezember 2007 den Gudiberg und ermöglicht Flüge von über 140 Metern Weite. Der Anlaufturm misst fast 100 Meter und endet im sogenannten Freischwinger 65 Meter über dem Erdboden. Jeden Samstag finden Führungen statt, ein bisschen Kondition ist nötig für die gut 330 Stufen ab dem Schanzentisch. Und wer die Schanzenkonstruktion von unten betrachten will, kann dies von der Rodelpiste aus tun, die hier unterhalb entlangführt.

Olympia-Schanze. Allgemeine Führung: 08821/18 07 00, individuelle Rundgänge: 08821/18 07 25

Einfach gut!

BILDERBUCHDORF

Die Daten sind schnell genannt: 27 Einwohner, 9 Einfirsthöfe, 1000 Höhenmeter; die Atmosphäre von Deutschlands höchstem Kirchdorf ist nicht so leicht in Worte zu fassen. Wie aus einer anderen Zeit wirkt der winzige Ort mit den Höfen rund um das 1721 geweihte Kirchlein. Zu erreichen ist es mithilfe der Eckbauer-Bahn in einer knappen Stunde über einen Wanderweg und auch auf dem Fahrweg. Besser ist aber die Zu-Fuß-Variante, damit der üppige Kaiserschmarrn, die hausgemachten Kuchen und das ausgeschenkte Augustiner-Bier nicht ansetzen. Im Winter gibt es noch eine schnellere Rückkehrmöglichkeit in den Ort: Von der Eckbauer-Bergstation ist eine Rodelbahn ins Tal gespurt.

Berggasthof Wamberg. Di–So, Wamberg 9, 82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/22 93,www.berggasthof-wamberg.de

Das Kirchlein von Wamberg, Bayerns höchstgelegenem Dorf

Vermutlich gab es 1934/35 ähnliche Proteste gegen die Enteignungen im Vorfeld der IV. Olympischen Winterspiele. Damals entstand die Zwangsehe mit Bindestrich-Namen per Staatsbeschluss, und allen Grantlern wurde ein Aufenthalt im KZ Dachau in Aussicht gestellt. Nur der betagte Komponist und Garmischer Villenbesitzer Richard Strauss (1864–1949) durfte sich weigern, über die Gemeindesteuern »diesen Sport-Unfug« zu unterstützen. Die Olympia-Eissporthalle und das Skistadion sind die wesentlichen baulichen Hinterlassenschaften der Spiele von 1936, sowohl die stillgelegte Bobbahn am Rießersee als auch die Große Schanze standen bereits. Bei aller Vorsicht im Urteil, die Hitlers Winterspiele bis heute verlangt, haben zwei Dinge Bestand: die Ästhetik der Werbeplakate von Ludwig Hohlwein, auf die man allerorten trifft, und die Beförderung Garmisch-Partenkirchens in den Kanon der großen alpinen Wintersportorte. Kernstück dieses Renommees bildet die Kandahar, die Weltcup-Abfahrt, heute Teil des Skigebiets Garmisch-Classic. Seitdem hier die Skirennläuferin Ulrike Maier 1994 tödlich verunglückte, treten die Frauen auf einer etwas veränderten Streckenführung an. An der steilsten Stelle der Herren-Abfahrt, dem sogenannten »Freien Fall«, beträgt die Hangneigung 92 Prozent, das ist Weltcup-Rekord und auch im Sommer gruselig.

Wanderung durch die Höllentalklamm zur Höllentalangerhütte

Wildes Wasser: Der Hammersbach stürzt durch die Höllentalklamm.

Die Alternative zur Partnachklamm, die vor allem im Winter ein wundervolles Eisschauspiel bietet, ist die Strecke durchs Höllental: vielleicht ein bisschen weniger bekannt und überlaufen; auf jeden Fall eine Familienwanderung wert. Zu klein sollten die Kinder allerdings nicht sein, denn der Boden kann glitschig sein und die Absperrgeländer müssen als solche verstanden werden. Anders als die 700 Meter lange Partnachklamm ist die 1000 Meter lange Höllentalschlucht nur im eis- und schneefreien Zustand zugänglich. Auch im Hochsommer kann es zwischen den bis zu 150 Meter aufragenden Felswänden kühl bleiben. Je nach Anzahl der Fotopausen dauert die beschriebene Tour etwa drei Stunden. Nach dem Ausgang der Schlucht kann es über die Höllentalangerhütte noch weiter gehen – entweder durch die Rinderscharte oder über den Höllentalferner zur Zugspitze.

Die Wanderung beginnt im Ortsteil Hammersbach. Zunächst führt der Weg in Serpentinen durch den kühlen Bergwald bergan und entfernt sich rasch vom Hammersbach.

Am Eingang in die Klamm rauscht der Bach wieder nah, und es muss ein bescheidener Eintritt gezahlt werden – schnell wird klar, warum: Die Pflege des über 100 Jahre alten Weges ist aufwendig, im Winter türmt sich der Schnee bis zu 70 Meter in der Schlucht auf.

Der nur leicht ansteigende Pfad wechselt ständig zwischen offenen Passagen und Tunneln und überquert an zwei Stellen den Bach. Es rieselt und tröpfelt von oben, während sich unten der Hammersbach durch den Muschelkalkstein arbeitet.

Am Ausgang der Klamm öffnet sich bald ein breiteres Hochtal, nach dem strengen Fels erscheint die Vegetation üppig. Der Weg führt zunächst am rechten Ufer entlang zur Höllentalangerhütte, die 2015 neu eröffnet hat.

Wer noch ausreichend Kondition hat, kann links zur Rinderscharte aufsteigen. Unbedingt genug zum Trinken mitnehmen! Nach der schattig-kühlen Schlucht liegt der Aufstieg in der prallen Sonne.

Blühende Gärten an der Frühlingstraße in Garmisch

Tradition in Partenkirchen

Auch der Eibsee, der unergründlich-klare, gehört mitsamt seinen acht Inseln einem Hotel. Den Wanderer auf dem knapp sieben Kilometer langen Rundweg stört das nicht, und noch kostet es keinen Eintritt, an den kiesigen Badestellen des Südufers den kleinen Zeh einzutauchen. Die einzige Gefahr droht dabei von Edelkrebsen, die die 1-a-Wasserqualität des dauerkühlen Sees schätzen.

Benediktiner aus Andechs verehrten den heiligen Rasso, der dem Partenkirchener Gasthof seinen Namen gab.

Nur wenige Kilometer von der Waldidylle entfernt, tost in Partenkirchen der Verkehr. Die Bahnhofstraße belegt den städtischen Charakter des 26 000-Einwohner-Marktes. Seine dörflichen Züge zeigt er in der historischen Ludwigstraße, der ehemaligen Via Raetia. Kaum vorstellbar, wie hier die Landwirte ihre Fahrzeuge durch die engen Tunnel der »Mittertennenhäuser« zirkeln. Jeweils zwei Familien teilten sich ein Haus mit dem Durchgang zum Garten und den Streuobstwiesen. Ein besonders schönes Beispiel für den individuellen Gestaltungswillen der Parteien zeigt die Nr. 76/78 mit ihren auffallend verschobenen Fensterhöhen. Ein paar Schritte weiter stellt eine Seilerei ihre aussterbende Kunst aus. Hans Staltmair fertigt nur noch im Nebenerwerb Hanfseile, hauptsächlich für Fiaker und die Peitschen der Goaßlschnalzer. Komplett in den Museumsbetrieb abgewandert ist die Eisenwarenhandlung aus der Nr. 54, in der Johanna Lievert bis ins hohe Alter Schräubchen und anderes Kleinmetall stückweise verkaufte. Heute bewahren ihre Holzschublädchen im Bestand des Deutschen Museums die Erinnerung an die Zeiten vor dem eingeschweißten 100er-Pack.

Das Einhorn im Michael-Ende-Kurpark schuf Bruno Weber.

Wäre es nicht ein bisschen despektierlich, gingen die Lüftlmalereien als Comics der Vergangenheit durch. Sie erzählen an den Ludwigstraßen-Häusern vom Werdenfelser Landleben anno dazumal. Besonders ausschweifend an der Posthalterei, heute ein Hotel, am Gasthof »Zum Rassen« oder am Heimatmuseum Werdenfelser Land. Wie durch ein Wunder überstand dieses Haus den Brand vom Dezember 1865. Es heißt, eine Zigeunerin habe tags zuvor um Milch gebeten. Nur die Tochter des Kramers ließ sich erweichen, und weil Maria Simon überdies die Rokoko-Madonna Ignaz Günthers aus der brennenden Pfarrkirche rettete, tragen heute ihr zu Ehren vier Mädchen die Madonna beim Fronleichnamszug durch die Straßen. Das Fresko am »Gasthof Fraundorfer« zeigt eine Werdenfelser Hochzeitsgesellschaft, von der Braut mit wertvoller Brautkrone bis zur Matrone unter der Otternhaube, vom Hochzeitslader bis zum »Schmuser«, der die Verhältnisse anbahnte. Heinrich Bickel (1897–1965) hat es unmittelbar in den Putz gemalt, von ihm stammt auch die »Bräustüberl«-Fassade in Garmisch.

Michael Ende in Garmisch

Weniger von Bränden gebeutelt als sein Nachbar, hat sich jenseits der Bahnlinie alte Bausubstanz erhalten, zum Teil mit Legschindeln gedeckt. Das Polznkasparhaus, heute die Bücherei, steht seit 1595, und in der Frühling- und der Sonnenstraße reihen sich die schönen Bauernhäuser wie Holzperlen an der Schnur. Zentrum allen Garmischer Treibens jedoch ist die Einkaufszone Am Kurpark mit Shops und Spielbank, Handyläden und Eiscafés, vor denen all die Schönen und Beinahe-Schönen, Reichen und Beinahe-Reichen ab April durch dunkle Sonnenbrillen die Umgebung mustern. Der Kurpark ist nach Michael Ende benannt, der in Garmisch 1929 zur Welt kam und einige Kindheits- und Jugendjahre hier verlebte. Eine Dauerausstellung im Kurhaus erinnert an den »Anfang vom Ende«, während im Park Skulpturen verschiedener Künstler seinen Romanfiguren huldigen.

Geheimtipp

BAYURVEDISCHE KÜCHE

Wie bitte? Nein, kein Schreibfehler, sondern eine kulinarische Neuschöpfung, die auf Veredelung regionaler Zutaten setzt. Im »Hotel Staudacherhof« hat sie Küchenchef Peter Dazert entwickelt, um den Gästen des 2015 ausgebauten Bauernhofs wie des etablierten Viersternehotels eine anspruchsvolle Variante zu den Knödel-Schnitzel-Klassikern zu bieten. Hotelchef Peter Staudacher, dem man ganz unpretentiös auch in Schreinerkluft begegnen kann, hat nach der Betriebsübergabe 2008 viel gewagt: ein neues Konzept mit Halbpension, neuer Gestaltung, neuem Wellness-Angebot – und viel gewonnen. Die Stammgäste sind geblieben, andere hinzugekommen. Im künstlerisch sanierten Bauernhof gibt es eine moderne Rückbesinnung zu gastgeberischen Wurzeln; die bayurvedische Kost ist Teil davon.

Restaurant im »Hotel Staudacherhof« Höllentalstr. 48, 82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/92 90,www.staudacherhof.de

Gute einheimische Produkte bietet die bayurvedische Küche.

Infos und Adressen

Traditionell geht’s im »Braustüberl« zu.

SEHENSWÜRDIGKEITEN

Heimatmuseum Werdenfelser Land. Was macht das Türkenbett in der Bauernstube? Wie sieht die Werdenfelser Tracht aus? Wo steht das Original-Zugspitzkreuz? Das Museum zeigt auf fünf Etagen die Vielfalt Werdenfelser Lebensformen. Di–So 10–17 Uhr, Ludwigstr. 47, 82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/75 17 10, www.werdenfels-museum.de

St. Anton.