Buch der Väter - Miklós Vámos - E-Book

Buch der Väter E-Book

Miklós Vámos

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Beschreibung

Eine monumentale Familiensaga, die faszinierende Geschichte einer Dynastie und eines Landes.

Sie sind gesegnet mit der Gabe, in die Zukunft schauen zu können. Oder ist es vielmehr ein Fluch? Denn obwohl diese Gabe über 300 Jahre an den jeweils erstgeborenen Sohn der Csillags weitergegeben wird, können sie doch ihr Schicksal nicht lindern oder gar selbst bestimmen. Sie sind Sklaven ihrer Leidenschaften und Spielball kriegerischer Auseinandersetzung. Die hoch spannende und berührende Geschichte einer Familiendynastie vor dem Panorama der ungarischen Geschichte.

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Seitenzahl: 722

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Miklós Vámos

Buch der Väter

Roman

Aus dem Ungarischen übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort versehen von Ernö Zeltner

btb

Buch

Miklós Vámos erzählt in »Buch der Väter« das Leben von zwölf aufeinander folgenden Generationen einer Familiendynastie – jeweils durch die Augen der erstgeborenen Söhne betrachtet. Sie alle verfügen über die phantastische Fähigkeit, in die ferne Vergangenheit wie auch in die eigene Zukunft zu schauen. Das verbindende Scharnier zwischen den Generationen ist das fast rituell geführte Familientagebuch, in dem die wichtigsten Ereignisse des Lebens, aber auch persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse von philosophischer Tragweite festgehalten und weitergegeben werden. Obwohl die Schreiber der Chronik über die Sehergabe verfügen, sind sie doch immer wieder ungeschützt den Stürmen des Lebens ausgesetzt. Sie können nicht verhindern, dass sie folgenschwere Fehlentscheidungen treffen, und auf die politischen Wirren im kriegsgebeutelten Ungarn haben sie erst recht keinen Einfluss.

Autor

Miklós Vámos, geboren 1950 in Budapest, ist gelernter Jurist. Er war Dramaturg und Verlagsleiter, hat Theaterstücke und Drehbücher verfasst, seine Romane und Erzählungen sind vielfach preisgekrönt und in mehrere

Sprachen übersetzt. Vámos lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen in Budapest. In Ungarn ist Vámos ein Star, nicht zuletzt durch seine Fernsehserie Lehetetlen (Unmöglich), die in Ungarn zu den beliebtesten zählt. Im Frühjahr 2007 erscheint bei btb der neue große Roman von Vámos »Vom Lieben und Hassen«.

Die ungarische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Apák könyve« bei AB OVO, Budapest.

Die Übersetzung des vorliegenden Romans wurde unterstützt

von der Hungarien Book Foundation. Der Verlag bedankts sich dafür.

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100

1. Auflage

Genehmigte Taschenbuchausgabe August 2006 by btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München Copyright © der Originalausgabe 2000 by Miklós Vámos

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2004 by btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

ISBN-13: 978-3-641-01101-7

www.btb-verlag.de

Datenkonvertierung eBook:

Kreutzfeldt Electronic Publishing GmbH, Hamburg

www.kreutzfeldt.de

I

Die Welt erwacht. Grüne Düfte huschen übers Land und bringen Frühlingshoffnung mit sich. Vorwitzige Halme sprießen in den Furchen. An den Spitzen der Zweige brechen die frischen Knospen auf. Eine Parade zarter Gräser überzieht Wiesen und Tal. Golden lehnen die Forsythiensträucher an den Hängen des Hügellands. Die Astgabeln der Nussbäume, die den Winter überlebten, sind noch kahl; sehnsuchtsvoll rühren die neues BlattwerkentfaltendenTriebe in himmlischen Wässern.

* * *

Die Gemeinde Kos im Ungarland ward, bald nachdem wir daselbst anno domini 1705 im Mond des Heiligen Georg eingetroffen, wie auch anno 1706 erbärmlich verheeret, fünfmal, dreimal durch Kurutzen, zweimal durch Labanczen. Von den 74 Gehöften ward wohl der dritte Teil gebrandschatzet oder verwüstet und ist zusammengefallen, ein ander Drittel verwaiset, da die Inwohner Haus und Hof zurückgelassen, um sich in friedvollere Gefilde zu flüchten. Auf diese Weis sind Lebensfreud und munteres Treiben in der Ortschaft gänzlich getilget. Brach liegen großenteils Äcker und Feld, das Vieh um Haus und Hof hat an Zahl stark abgenommen. Als wir für die erste Nachtruh auf dem Gut Quartier genommen, frug mich Cornelius, mein Enkel, noch dazu auf Deutsch, ob wir nicht tunlichst wieder heimkehren solln. Was wir selbst uns hinfüro öfter gefraget.

So stand es am Anfang der Aufzeichnungen in Großvater Czuczors leinengebundenem Tagebuch, einem Geschenk seiner Tochter Zsuzsanna. Deutsch, Slowakisch und Ungarisch waren ihm gleichermaßen geläufig, geschrieben aber hatte er bislang nur in Deutsch. Ins Heimatland zurückgekehrt, beschloss er, die Aufzeichnungen fortan in seiner Muttersprache zu machen. Sicherlich hatte er den Wunsch, dass sein Enkel Cornelius sie einmal lesen könnte, wenn er erst herangewachsen war. Mit einer Planwagen-Karawane kamen die drei aus Bayern, wohin sich Großvater Czuczor und sein Bruder nach dem aufsehenerregenden Wesselényi-Komplott, wie man es nach dem Hauptverschwörer nannte, geflüchtet und wo sie sich niedergelassen hatten. Die Brüder Czuczor waren immer dabei geblieben, dass sie keinerlei Verbindung zu den Geheimbündlern gehabt; doch vergeblich, gefälschte Briefe hatten sie belastet, und so wurden sie gerichtlich belangt, ihr Vermögen ward alsbald konfisziert, vielleicht hätte es sie auch den Kopf gekostet, wären sie nicht augenblicklich außer Landes geflohen. In der Fremde fand sich Gelegenheit, das Drucker- und Buchbinderhandwerk zu erlernen und eine Offizin zu gründen. Späterhin betätigten sie sich auch als Akzidenzsetzer. In der damaligen Handwerksrolle von Thüningen wurden sie als die Gebrüder Czuczor geführt.

Großvater Czuczor konnte sich mit dem windigen und gewitterreichen Landstrich nie recht anfreunden, auch nicht mit dem bierdurstigen Volk der Bayern; argwöhnisch suchte er für die häufigen Todesfälle in der Familie die Schuld bei ihnen. So war es kein Wunder, dass er, als ihn die Kunde vom Patent des Regierenden Fürsten erreichte, in die Offizin stürzte, wo der Bruder gerade beim Reparieren der Linien war. »Wir können unseren Vagabundenranzen schnüren!«, schrie er ihm schon von der Treppe zu. Zeigte ihm die Zeilen im verknitterten Exemplar des lateinisch geschriebenen Mercurius Hungaricus. »Wir können wieder zurückgehen und uns in einem der entvölkerten ungarischen Dörfer niederlassen.«

Nichts konnte den Bruder bewegen, mit uns heimwärts zu ziehen, selbiger wollte lieber bleiben im ein gewöhnten Thünin gen, um die Offizin weiterzuführen. Kunde haben wir seit dazumal von ihm nicht mehr gehabt. Voll Sorge ist Zsuzsanna um Klein-Cornelius, dem Buben mangelt es in diesen Nothzeiten – er ist noch keine fünf– an hinreichend Essen, an Eiern und Fleisch.

Auf verschlungenen Wegen heimgekehrt, richteten sie sich in dem ihnen zugewiesenen Gehöft am unteren Ende von Kos recht und schlecht ein. Großvater Czuczor hat sogleich hinter den Rosenstöcken am Ende des Gartens sein mitgebrachtes Geld vergraben und das Versteck weder dem Enkelsohn noch seiner Tochter verraten. Nur Wilhelm, der aus Thüningen mitgekommene Knecht, er musste beim Vergraben Hand anlegen, hat darüber Bescheid gewusst.

»Wilhelm, nie und keiner Seele darf Er je etwas davon sagen! Hat Er mich verstanden?«

Großvater Czuczor drohte ihm mit eindeutiger Handbewegung: den Hals werde er ihm umdrehen, sollte er es jemals irgendwem verraten.

»Ja, Herr!«, entgegnete das Bürschchen, wie es jede Aufforderung mit diesem an Hundeblaffen erinnernden Laut quittierte. Sein Ungarisch reichte nur zum gestotterten »Janapott!«.

Cornelius wurde von den anderen Buben wegen seiner dünnen strohblonden Haare und der Segelohren gehänselt, gelegentlich auch wegen der deutschen Brocken, die er in sein Ungarisch mischte. Dabei hatte der Enkel sich schnell mit der Sprache der Einheimischen angefreundet, auch wenn die unruhigen Zeiten gewiss nicht zum Lernen angetan waren. Unheilkündende Nachrichten drangen von überall her.

Das schmächtige Bübchen litt ständig Hunger, schloss sich aber doch nicht den lärmenden Dorfrangen an, die trotz elterlicher Drohungen in den Feldern und im Wald herumstromerten und immer wieder etwas aufstöberten, was sie für essbar hielten. Cornelius suchte die Gesellschaft des Großvaters, hing stundenlang im Vorderhaus herum, wo der alte Czuczor die mitgebrachten Buchdruckerwerkzeuge untergebracht hatte. Der Kleine gab sich Mühe, nützlich zu sein, doch meist ging etwas schief, es fehlte ihm jetzt wie auch in späterer Zeit an der nötigen Handfertigkeit. Ein Blinder weist dem Lahmen den Weg, dachte Großvater Czuczor, seine Finger wurden immer steifer, und sie zitterten auch schon allzu sehr. Den Nagel des rechten Daumens schnitt er nicht mehr, machte ihn zu einem langen spitzen Werkzeug, mit dem er die Lettern schneller aus den Fächern des Setzkastens fischen konnte. Doch in letzter Zeit hat sich der Nagel oft der Länge nach gespalten, war bestenfalls noch zum Kopfkratzen gut.

»Geh zu deinen Kameraden, spielen!«

Der Bub folgte nicht: »Erzähl mir was! «

Großvater Czuczor seufzte tief und begann: »Meinem seligen Vater, Szaniszló Czuczor von Felsőfenyves, wurde – du weißt das vielleicht gar nicht – von György I. Rákóczi für seinen tollkühnen Einsatz beim Feldzug gegen Wien das Adelsprädikat verliehen.«

»Das weiß ich schon lange. Erzähl mir lieber von Mama, von damals, als sie klein war! Und von ihrer Mama!«

Großvater Czuczor schüttelte den Kopf. Es schmerzte ihn immer noch. In Thüningen hatte er sich eine rechtschaffene Frau zum Eheweib genommen. Die stille, fleißige Gisela brachte ihm sechs Kinder zur Welt, die – bis auf Zsuzsanna, das jüngste – schon kurz nach der Geburt ihre armen Seelen in die Hand des Schöpfers zurückgaben. Die sechs Geburten haben Gisela gänzlich aufgezehrt, und so ist ihr Lebensfaden bald gerissen. Großvater Czuczor war aus Gram früh ergraut. Den schmächtigen Körper der damals dreijährigen Zsuzsanna hat er allmorgendlich verzweifelt an sich gedrückt: »Wenigstens du sollst mir bleiben, mein Kleines!«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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