Buddha räumt auf - Regina Tödter - E-Book

Buddha räumt auf E-Book

Regina Tödter

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  • Herausgeber: Südwest
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Loslassen und das Leben entrümpeln

Ob es der viele Kram zu Hause ist, die Arbeitsbelastung im Büro, unsere Ernährungsweise, der Freizeitstress oder unsere Aktivität in sozialen Netzwerken – alles ist oft einfach zu viel. Dass ein erfülltes Leben aber nichts mit Überfüllung zu tun hat, sondern eine Konzentration auf das Wesentliche braucht, wusste der Entrümpelungsmeister Buddha schon vor 2500 Jahren. Er ist Vorbild für ein achtsames und bewusstes Leben. Mit ihm gelingt es uns, loszulassen von zu viel Besitz, zu vielen Verpflichtungen und gedanklichem Ballast, damit wir wieder voll am Leben teilhaben können. Wie uns Buddha dazu inspirieren kann, in all unseren Lebensbereichen auszumisten, und wie sehr uns die neue Kultur des Teilens bereichern kann, zeigt Regina Tödter in diesem buddhistischen Aufräumratgeber. Mit ausführlicher Übersicht über Sharing-Portale im Internet!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 166

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Regina Tödter

Buddha

räumt auf

Wie man mit weniger glücklich wird

Inhalt

Was ist Minimalismus?

In Urlaubsstimmung

Vom Workaholic zur Minimalistin

Über Minimalisten, Jäger und Sammler

Raus aus dem Teufelskreis

Buddha wird zum Aufräumprofi

Ein Weg zwischen den Extremen

Erleuchtung to go

Ich fühle mit dir

Achtsamkeit und Meditation

Was für ein Affentheater!

Einfach loslassen

Buddha räumt auf

Mit Buddha die Wohnung ausmisten

Unser Zuhause – ein Spiegelbild unserer Seele

Wissen und Handeln

Vier Edle Kisten

Ordnung halten

Tatort Kleiderschrank

Aber wo bleibt die persönliche Note?

Legen Sie noch heute los!

Mit Buddha besser essen und bewegen

Was den Körper nährt

Weniger Essen?

Achtsam durch den Supermarkt

Mehr Bewegung

Yoga auf Tibetisch

Stille Atem sind tief

Der Weg zur Mitte

Mit Buddha im Büro

Auf die Balance kommt es an

Loslassen und vorankommen

Schweigen ist Gold

Vom Chaos zur Karriere

Nein sagen

Take a Break!

Die Vier Ohren

Mit Buddha das Teilen lernen

Let’s Share

Warum wir teilen

KoKonsum versus Egomanie

Spieglein, Spieglein in meinem Kopf

Übung ist alles

KoKonsum heute

Auch Wissen ist teilbar

Mit Buddha durch die Freizeit

Wie Freizeit länger glücklich macht

Die Qual der Wahl

Die Kunst liegt im klugen Verzicht

Spaß, Medien und Couch-Potato

Medienrausch

Buddha und Fernsehen

Freizeit ist Glückszeit

Versenkung statt Versinken

Den Stecker ziehen und sich engagieren

Da wächst etwas

Garden in the City

Die Reise zu sich selbst

Ab in den Urlaub

Wohin die Reise geht

Ich reise, also bin ich?

Ich bin dann mal hier

It’s Your Turn

In Urlaubsstimmung

Jeder macht gerne Urlaub, keine Frage! Denken Sie an Ihren letzten: zwei Wochen nichts tun, die Seele baumeln lassen und jeden einzelnen Tag genießen. Dabei lebt man aus dem Koffer und hat nur das Nötigste dabei. Das Lieblingsteil ist schnell zur Hand. Man steht nicht stundenlang vor dem Kleiderschrank und überlegt, was man anziehen soll. Auch die ständige Suche nach Schlüssel, Schuh und Smartphone kann man sich sparen. Alles ist überschaubar und an seinem Platz.

Es ist außerdem ein herrliches Gefühl, anzukommen und sofort fühlbar zu entspannen. Das Hotelzimmer ist simpel eingerichtet, es ist hell und duftet nach Sauberkeit. Nichts Ablenkendes oder Störendes! Keine vollgestellten Bücherregale, brummenden Drucker, überfüllten Kleiderschränke oder mit Bildern vollgehängte Wände. Minimalismus pur. Keine lästigen Aufgaben halten einen von den Freizeitaktivitäten ab. Zu Hause bedarf es großer Überwindung, wenn man abends nur mal zum Yogakurs gehen will. Im Urlaub dagegen denkt man nicht lange nach, man braucht keine Pro-&-Contra-Listen, sondern tut einfach das, ­worauf man spontan Lust hat! Es müssen vorher weder E-Mails beantwortet noch das Badezimmer geputzt, Geschirr ­abgewaschen oder Papierkram erledigt werden. Stattdessen schlendert man gemächlich durch die Gassen, schreibt Postkarten und schaut sich um nach aufregenden Aktivitäten.

Im Urlaubsort kann man sich neuen Dingen sofort öffnen, und selbst fremde Leute werden schnell zu netten Bekanntschaften. Wohingegen im normalen Alltag der lang geplante Volkshochschulkurs aus Zeitnot wieder gecancelt werden muss und sich der Freundeskreis immer mehr auf Facebook und Co. verlagert. Urlaub ist auch deshalb etwas Besonderes: Man ist bei all seinen Aktivitäten im Hier und Jetzt! Man denkt nicht an vergangene Probleme und sorgt sich nicht wegen der Zukunft. Das Einzige, was einen im jeweiligen Moment wirklich interessiert, ist das nächste Mittagessen, die Hängematte oder das Abendprogramm mit Freunden. Könnte denn nicht jeder Tag wie Urlaub sein?

Eine gute Frage! Kann man sich den Urlaub nach Hause holen? Werden nicht selbst die schönsten Ferien irgendwann lästig und langweilig? Arbeit gehört zu unserem Leben, bildet einen festen Bestandteil. Sie gibt uns Sinn, überträgt uns Verantwortung, prägt unsere Identität, erfüllt uns mit Stolz und weist uns nicht zuletzt unsere gesellschaftliche Stellung zu. Wir wollen ein erfülltes Leben führen. Unser Berufsleben ist ein Teil davon.

Aber in diesem Buch geht es weniger um die Frage nach dem Sinn der Arbeit und noch weniger um Tipps für hervorragende Reiseveranstalter. Vielmehr möchte ich Ihren Blick auf etwas ganz Spezielles lenken, das sich ebenso wohltuend wie auch befreiend auf uns Menschen auswirkt und anscheinend nur noch in der Ferne – weit weg von unserem stressigen Alltag und der übervollgestellten Wohnung – zu finden ist.

Bei meiner letzten Urlaubsreise achtete ich besonders darauf, was genau dieses so „Angenehme“ und „Entspannende“ war, woher es kam und wodurch das Gefühl hervorgerufen wurde. Warum kann ich gerade anderorts so gut abschalten und loslassen? Weshalb bin ich in der Fremde wie ausgewechselt, erlebnisorientiert und offen für Neues?

Ich stellte fest, dass es offenbar egal ist, ob ich mich dabei in Schweden, auf Kreta oder am Steinberger See aufhalte. All diese Urlaubsregionen verbindet eine Tatsache: Die Reduzierung der Dinge auf das Wesentliche, das Weglassen überflüssiger Dinge, das bewusste Innehalten und die Wahrnehmung dessen, was mich gerade umgibt, kurz: der Minimalismus!

Nun verrate ich Ihnen etwas: Das eben beschriebene Urlaubsszenario muss nicht mehr länger Ihr lang ersehnter Traumurlaub bleiben, sondern kann Teil Ihres ganz normalen Alltags werden. Ich lebe meinen Traum bereits, denn ich bin Minimalistin. Mein Leben habe ich so drastisch entrümpelt, dass es heute dem anfangs beschriebenen Urlaub wirklich sehr nahekommt! Derzeit besitze ich nur noch etwa 300 Dinge, arbeite freiberuflich und lebe gemeinsam mit meinem Mann in einer gemütlichen kleinen und mitten im Zentrum gelegenen Wohnung. Unsere Zimmereinrichtung gleicht eher einem süßen Ferienapartment als einer überfüllten und einengenden Wohnung, was sie vorher definitiv war. Wir benötigen auch kein eigenes Auto mehr. Aufgrund der zentralen Lage unseres Zuhauses lässt sich alles zu Fuß oder mit dem Rad erreichen. Manchmal leihen wir uns einen Wagen, nutzen Mitfahrzentralen und Fernbusse, um weiter entfernte Ziele zu erreichen.

Heute kann ich mir meine Arbeitszeit frei einteilen und viel von zu Hause aus erledigen, sodass mir täglich mehrere Stunden zur Verfügung stehen, in denen ich Beschäftigungen nachgehen kann, auf die ich wirklich Lust habe. Trotzdem habe ich nicht das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen. Im Gegenteil: Mir stehen alle Türen offen.

Ich gehe kaum noch Klamotten kaufen, stattdessen gehe ich zu Tauschbörsen oder trage Sachen, die im Kleiderschrank bereits lange auf mich gewartet haben. Mir war vorher gar nicht bewusst, wie viele Klamotten sich eigentlich über die Jahre angesammelt hatten. Viele davon habe ich überhaupt nur ein einziges Mal getragen. Die meisten Bücher, DVDs oder Zeitschriften leihe ich mir in der örtlichen Stadtbibliothek, dazu nutze ich Online-Tauschbörsen oder kostengünstige Flatrates. Auswärts esse ich immer seltener, stattdessen greife ich selbst zum Kochlöffel, probiere neue Rezepte aus, zelebriere die Ergebnisse dann gerne mit Freunden und genieße sie achtsam. In der restlichen mir nun zur Verfügung stehenden Zeit besuche ich beispielsweise Zeichenkurse, arbeite im Stadtgarten – ich baue dort mein eigenes Gemüse an – und veranstalte Laufkurse. Ich fühle mich täglich wie im Urlaub! Besser könnte mein Alltag nicht aussehen, doch das war nicht immer so.

Vom Workaholic zur Minimalistin

Bis vor Kurzem war auch mein Arbeitsalltag als Assistant Store Manager in einem Modeladen streng getaktet, hektisch und der „Zeitgürtel“ eng geschnürt. Viele Aufgaben konnten nicht immer in der vorgesehenen Arbeitszeit erledigt werden, und so wurde Freizeit nicht selten beruflichen Verpflichtungen geopfert und Familienfeste oder Treffen mit Freunden abgesagt. Paradoxerweise machte mich der berufliche Erfolg gleichzeitig einsam, traurig und unglücklich. Zu Hause blieb zudem vieles liegen: Dinge waren unerledigt, Sachen sammelten sich an und es herrschte Chaos auf allen Beziehungsebenen. Während ich das Gefühl hatte, 24 Stunden am Tag vernetzt und immer für alle erreichbar zu sein, verlor ich den Draht zu mir selbst. Ständig war ich unterwegs, überall mit am Start, aber nie wirklich dabei. Selbst der Feierabend wurde zum Freizeitdauerstress: Vom Fitnessstudio zum Workshop oder zum Englischkurs. Zwischendrin erledigte ich dann irgendwann den Haushalt, die Wäsche und die Steuererklärung. Wo bleibt da noch Zeit für Muße und Erholung?

Und wie bei allen Menschen musste auch bei mir ein Schlüsselerlebnis her, um dem eingeschlagenen Weg eine neue Richtung zu geben. Bei mir war es die letzte Urlaubsreise, in der ich spürte, dass ich in einer Sackgasse steckte. Ich musste schleunigst etwas ändern, raus aus dem Hamsterrad, die Geschwindigkeit runterfahren und Ballast abwerfen.

Zurück aus dem Urlaub, bemerkte ich jedoch, dass es gar nicht so einfach ist, den Schalter einfach umzulegen und sein Leben zu entschleunigen. Es fehlte an Struktur, Planung und vor allem an Zeit. Dann kündigte ich meine Stelle, entrümpelte die Wohnung (von 10 000 auf 300 Sachen) und wurde zu dem Aussortierprofi, der ich heute bin. Vorab: Ich bin keine Verhaltenspsychologin oder Hauswirtschafterin im engeren Sinne. Ich habe keine Ausbildung – falls es so etwas überhaupt gibt – in dieser Richtung absolviert. Meine Fähigkeit, Dinge auszusortieren, Ordnung zu schaffen und ganz einfach loszulassen, beziehe ich aus einer ganz anderen, und zwar aus einer spirituellen Quelle.

Ursprünglich habe ich Religionswissenschaft studiert. Während des Studiums lernte ich den Buddhismus intensiv kennen. Buddhistische Lehren und Unterweisungen zeigen einem aber nicht, wie man sein Zimmer aufräumt oder den Keller ausmistet. Sie geben einem auch keinen konkreten Leitfaden für einen sinnvoller strukturierten Alltag oder zur besseren Stressbewältigung im Job. Trotzdem können einen Buddhas Erkenntnisse zum Umdenken anregen. Nicht zufällig werden heute Meditationen und Übungen in Achtsamkeit wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction – „achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“) im klinischen und psychologischen Bereich verstärkt als erfolgreiche Methoden zur Stressbewältigung angeboten. Diese sind jedoch losgelöst von religiösem – ursprünglich buddhistischem – Gedankengut. Neueste medizinische und neurowissenschaftliche Studien betonen die herausragende positive Wirkung von Meditation und Kontemplation. Gehirnstrukturen verändern sich nachhaltig zum Besseren, wie die sogenannte funktionelle Mag-netresonanztomografie (fMRT) zeigt. Regelmäßige Meditation hilft beim Umgang mit Stress, Angst und Depression und verbessert die Konzentration und Achtsamkeit im Alltag. Selbst Empathie lässt sich durch regelmäßiges Meditieren erlernen.

Achtsamkeit und Empathie sind die Herzstücke der buddhistischen Lehre und bedeuten kurz gefasst, dass man in jedem Augenblick ganz präsent ist, ohne Bewertung und im Mitgefühl mit sich, der Umwelt und den Mitmenschen. Buddhas Hauptanliegen ist die Befreiung von Leiden. Denn jeder Mensch strebt am Ende doch nur nach einem glücklichen und zufriedenen Leben. Buddhas Weisheitslehren haben demnach kein bisschen von ihrer Aktualität verloren. Im Gegenteil: Buddhas Anleitung zum Loslassen lässt sich wunderbar auf die heutige Situation übertragen und kann zu einer besseren Alltagsbewältigung verhelfen. Bud-dha räumt Ihr Leben auf! In gewissem Sinn kann man Buddha als den „Prototyp des Minimalismus“ betrachten. Gerade in einer gefühlten Highspeed-Gesellschaft, wo wir vor lauter Bäumen kaum noch den Wald sehen, kann uns die buddhistische Weisheitslehre eine wundervolle Inspirations- und Motivationsquelle sein.

In den ersten Wochen nach meiner Kündigung suchte ich nach einer Arbeitsalternative und stieß auf alte Studienunterlagen und darin enthaltene Texte über den Buddhismus. Während alles andere im Papierkorb landete, nahm ich die buddhistischen Weisheitslehren näher unter die Lupe. Schnell wurde mir klar: Minimalismus ist mehr als nur das Aussortieren überflüssiger Gegenstände. Mit Buddha können wir bedeutende und oft vergessene Lebensenergien wiederentdecken und den Weg zum wahren Glück neu beschreiten. Plötzlich spürt man, was es heißt, mit weniger wirklich glücklich zu sein.

TIPP: Vier typische Einwände – und wie man sie entkräftet

1. Minimalismus lässt sich in der Stadt besser realisieren als auf dem Dorf.

Das stimmt so nicht ganz! Gerade das Dorfleben lädt dazu ein, minimalistisch, naturverbunden und bewusster zu leben. Hier ist man weniger Sinneseindrücken und keiner städtischen Hektik ausgesetzt. Auf den Dörfern wird die Gemeinschaft in der Regel stärker gepflegt als in der Großstadt. Gegenseitige Unterstützung und gemeinsamer Zeitvertreib ergeben sich auf dem Land eher als zwischen Hochhausblöcken.

2. Minimalismus kann man als Single besser umsetzen als mit Kids.

Mit Kindern kann man super minimalistisch sein. Kinder vergleichen sich nicht ständig oder interessieren sich (noch) nicht für materielle Statussymbole. Sie wollen primär spielen und die Welt erkunden. Nichts klappt besser als das, wenn man einfach und bescheiden lebt. Denn Kreativität erwächst am besten aus der Einfachheit.

3. Minimalismus mit Partner ist einfacher als für einen Einzelkämpfer.

Minimalismus ist hauptsächlich eine Sache der inneren Einstellung und nicht von anderen Menschen abhängig. Wenn Ihr Partner alles andere als minimalistisch ist, dann lassen Sie ihn das sein. Früher oder später wird er sich fragen, warum Sie so viel gelassener, entspannter und zufriedener sind. Denn Sie sparen Zeit, Geld und Nerven! Das wird Ihr Partner mit Sicherheit zumindest langfristig nicht übersehen.

4. Minimalismus kann ein Selbstständiger flexibler umsetzen als ein Festangestellter mit einer geregelten 40-Stunden-Woche.

Vielleicht kann man bei einer selbstständigen Tätigkeit seinen Tag tatsächlich flexibler einteilen. Aber auch Selbstständige arbeiten 40, wenn nicht sogar 50 oder 60 Stunden die Woche. Der Unterschied liegt vor allem im persönlichen Zeitmanagement und der Selbstdisziplin. Als Festangestellter hat man irgendwann Feierabend, und den kann man bewusst gestalten. Für den Selbstständigen ist das immer eine Extraaufgabe, sich den Feierabend bewusst freizuschaufeln. Nicht selten sitzt er auch am späten Abend und an den Wochenenden noch an seiner Arbeit.

Über Minimalisten, Jäger und Sammler

Zugegeben, unsere Vorfahren sind schuld, dass wir heute wie wild horten. Das Ansammeln von Dingen ist also keine Krankheit oder Schwäche, sondern eine Ureigenschaft, die uns einst das Überleben sicherte. Jeder von uns trägt diesen Sammeltrieb in sich, und selbst der gewiefteste Minimalist muss sich davor hüten, nicht doch wieder der Sammelleidenschaft zu verfallen. Früher waren es vor allem Beeren, Wurzeln, Früchte und Kräuter, heute sind es eben Schuhe, Bücher und Elektrogeräte. Während man damals strategisch Vorräte anlegte, um beispielsweise frostige Wintermonate zu überbrücken, häuft man heute Konsumgüter an, um damit vermeintliches Glück oder Prestige zu erlangen oder einer Gruppe anzugehören, es dient als Zeitvertreib, als Wertanlage oder als scheinbare Sinnerfüllung. Leider halten die Sachen aber oft nicht, was sie versprachen. Was einst als Sicherheit, Lebenserleichterung oder dem materiellen Wohlstand diente, hat sich heute für viele zu einem riesigen Bewältigungsproblem ausgewachsen. Doch trotz Sammeltrieb und Jagdinstinkt waren Ötzi und seine Leute Minimalisten im engeren Sinn: Sie waren umherziehende Nomaden, kamen ohne festen Wohnsitz und großartige Besitztümer aus. Erst vor ungefähr 12 000 Jahren wurden die Menschen allmählich sesshaft, das heißt, sie begannen Häuser zu bauen, Vieh zu züchten und Felder zu beackern, es entstanden die ersten Siedlungen. Im Verhältnis zur Dauer der Menschheitsgeschichte ist diese Lebensform also modern, wenn man bedenkt, dass die Menschen mehrere Millionen Jahre hauptsächlich als Jäger und Sammler gelebt haben.

Zudem versinken wir heute trotz Stauraum in Kellerabteil oder Schrankwand und dem alljährlichen Frühjahrsputz im Chaos unserer materiellen Errungenschaften. Die Sachen ergreifen nicht selten Besitz von uns, sie verfolgen uns und engen uns in unserem Tun und Denken ein. Die Ansammlung von Dingen beschränkt sich aber nicht nur auf Materielles: Digitale Informationsüberflutung, Sinnesüberreizung und die Verdichtung des Alltags durch Aufgaben, Termine und Verpflichtungen trüben unseren Blick!

Indem wir Dinge ansammeln, versuchen wir vermutlich, auf diese Weise die doch sehr komplexe Welt um uns herum ein Stück weit unter Kontrolle zu bringen. Viele Erfindungen haben den Zweck, unser Leben zu bereichern, zu vereinfachen und uns glücklich zu stimmen. Die Werbung suggeriert uns noch dazu: „Wir werden erst glücklich, wenn wir das Produkt XY besitzen.“ Sie unterstellt uns, wir wären unvollkommen und erst dann gesellschaftlich akzeptiert, wenn wir uns das betreffende Teil anschafften. Ganz gezielt arbeitet sie mit unseren Ängsten und dem ungefestigten Selbstwertgefühl, getreu dem Motto „Haste was, biste was“. Einkaufsstraßen locken uns in die Läden. Sie verführen und stimulieren unsere Sinne, um uns zum Kauf zu animieren. Und obwohl wir weder neue Schuhe noch sonst etwas benötigen, kommen wir am Ende mit drei Einkaufstüten nach Hause. Und so füllen sich die Schränke, die Zimmer, und am Ende brauchen wir größere Wohnungen. Erst durch das Einkaufen, so hat man uns weisgemacht, bessere sich unsere Situation. Was wir aber nicht kaufen können, sind Freundschaft, Träume, Glück und Vertrauen!

Dazu kommt noch, dass wir uns einfach nicht von den Dingen lösen können. Wir hören uns selbst sagen: „Das kann man doch noch irgendwann gebrauchen!“, „Ich behalte es lieber, für alle Fälle“, „Ich pass zwar nicht mehr rein, aber ich wollte eh abnehmen“. Schwierig wird es bei Erbstücken und besonders teuren Geschenken. Nicht selten suggerieren uns solche Gegenstände Sicherheit, Ansehen, Status und Identität. Wir grenzen uns mithilfe von Besitztümern sogar territorial ab. Und haben wir erst eine Sache ergattert, streben wir schon wieder nach der nächsten. Der Hunger ist nur kurz gestillt. Ungern geben wir unsere Schmuckstücke wieder her, meistens aber haben wir gar keine Zeit, uns wirklich um die ganzen Sachen zu kümmern. Chaos kommt wie von alleine, Ordnung leider nicht!

Wohin aber mit dem ganzen Zeug? Wir horten die Sachen ja nicht absichtlich, und wir haben auch kein ernsthaftes Desorganisationsproblem im Sinn einer Störung (kurz: Wir sind keine Messies). Außerdem bietet das ganze Jahr ständig neue Gelegenheiten, noch mehr Dinge anzuhäufen: Geburtstag, Weihnachten, Ostern, Feste, Urlaube, Valentins-, Mutter- und Namenstag sind Gründe zum Kaufen, Schenken und Beschenktwerden. Es sind vor allem die persönlichen Gegenstände und Erinnerungsstücke, die oft mit großen Emotionen verbunden sind: die schöne Perlenkette von der Großmutter, der eigenhändig kreierte Bilderrahmen, das Urlaubssouvenir und der erste Fußball. Sie werden im gewissen Sinne Teil vonuns, weshalb wir sie einfach nicht loslassen können. Aber die Ansammlung wächst, und Ordnung zu halten wird immer schwieriger. Dazu gehören ständiges Aufräumen und regelmäßiges, konsequentes Ausmisten. Das wiederum bedeutet Arbeit. Die ist meist unbequem und anstrengend – und dafür haben wir erst recht keine Zeit. Außerdem tut Veränderung weh! Man kann dabei Fehler machen – denn was ist, wenn man später bereut, ein bestimmtes Teil aussortiert zu haben? Noch bis heute prägt viele Menschen die Vorstellung, mehr sei besser, Besitz sei mit Reichtum gleichzusetzen, Sammeln hebe den sozialen Status an. Anstatt die Loslösung von sämtlichen überflüssigen Gegenständen als gesundes „Abspecken“ zu empfinden, trauern wir den Dingen hinterher. Dabei vergessen wir oft, dass unser Sein nichts mit dem Haben zu tun hat!

Wie konnte es so weit kommen, dass wir uns selbst so sehr aus den Augen verloren haben? Können wir uns selbst nur noch über unsere Besitztümer definieren? Wie aber sollen wir auf schwierige Lebenssituationen reagieren, wenn wir unsere Identität von materiellen Dingen und Konsumgütern abhängig machen? Alles ist vergänglich. Je früher wir lernen, damit umzugehen, desto leichter fällt es uns, mit einer plötzlich auftretenden Veränderung in unserem Leben umzugehen.

Raus aus dem Teufelskreis

Vieles, was uns täglich umgibt, sorgt offensichtlich für Verwirrung, Abhängigkeit, Unsicherheit und starke Identifikation. Wenn wir uns erst über Marken, das Verfolgen von Trends und die Größe unseres Autos definieren, dann zeugt das doch eher von einem schwachen Selbstbewusstsein und Charakter. Zudem verzetteln wir uns ständig, weil wir den Überblick verloren haben und unser Terminkalender aus allen Nähten platzt. Wir sind trotzdem den ganzen Tag damit beschäftigt, diesen Teufelskreis weiter aufrechtzuerhalten. Anstatt uns einfach von bestimmten Sachen abzukoppeln, besorgen wir uns neue Dinge, die uns dabei helfen sollen, unseren Alltag besser zu bewältigen. Am Ende brauchen wir noch mehr Platz und noch mehr Geld für noch mehr Dinge, und damit schaffen wir uns nur noch mehr Probleme und mehr Arbeit, die wir wiederum bewältigen müssen.

Dass uns alltägliche Aufgaben und Anforderungen dann so stark beherrschen und für uns leicht in Stress und Überforderung ausarten, verwundert dann nicht mehr. Woraus sonst sollen wir Kraft schöpfen, wenn nicht aus uns selbst heraus?

Derzeit weht eine frische Brise durchs Land: Immer mehr Menschen wenden sich ab vom Konsumismus und legen gesteigerten Wert auf immaterielle Dinge wie Familie, Freundschaft, Zeit und Bildung. Dank der guten Vernetzungsmöglichkeiten via Internet wächst die sogenannte Sharing Community, Solidarität steht auf den Fahnen, und Aussortieren ist an der Tagesordnung. Generation Y (Why) hinterfragt das bisherige Konzept, sie entrümpelt ihr Leben und richtet ihr Augenmerk immer stärker auf den Nachhaltigkeitsaspekt. Carpe diem! Diese minimalistische Vorstellung überträgt sich sowohl auf die eigenen vier Wände als auch auf den Arbeitsalltag, auf Nahrungswahl und Freizeitgestaltung. Während sich im Beruf die Jobverhandlungen vor einigen Jahren noch um Boni-Zahlungen, Dienstwagen und Firmenhandy drehten, stehen heute Gleitzeit, Home Office und eine gute Work-Life-Balance im Vordergrund. Der Trend ist allerdings nicht neu. Immer wieder entschieden sich Persönlichkeiten aus der Geschichte für ein einfaches Leben – man denke etwa an Sokrates, Buddha, Henry David Thoreau, Leo Tolstoi und Mahatma Gandhi. Allerdings hat das da immer noch einen leicht negativen Beigeschmack von Weltverneinung, Abschottung und Entsagung. Manche Menschen stellen sich unter einem Minimalisten einen pessimistischen Aussteiger-Asketen vor, der nichts mehr besitzt und sich komplett von der Welt abgewandt hat. Doch das ist durchaus nicht gemeint!

Ist Minimalismus ein intellektueller Modetrend, der sich irgendwie in die Kategorie „Organic-Fair-Vegan“ einordnen lässt oder handelt es sich hierbei tatsächlich um einen Lebensstil, der bereichern und zu einem glücklicheren Leben beitragen kann? Fakt ist: Minimalismus ist ein globales Phänomen und hängt eng mit altruistischem Handeln zusammen. Menschen in den USA, in Russland, Spanien und Skandinavien haben begonnen, ihr Leben aufzuräumen und dadurch Platz für neue Beziehungen zu schaffen. Diese Kontakte beschränken sich nicht nur auf die Nachbarschaft oder lokale Freundschaften, sondern bilden ein globales Netzwerk, das auf Vertrauen und Solidarität baut. Bei den Einwohnern von Singapur oder Japan lassen sich zum Beispiel interessante minimalistische Lebensweisen beobachten. Danshari (japanisch für „loslassen“) heißt die Lebensphilosophie im Land der aufgehenden Sonne. Sie gründet möglicherweise auf dem vorherrschenden Platzmangel, dem daraus resultierenden Zusammenleben mehrerer Generationen auf engem Raum, doch dürfte sie auch von den Umweltkatastrophen in jüngerer Zeit geprägt sein. Daher werden viele Freizeitaktivitäten „outgesourct“ und nicht selten in virtuelle Welten verlagert. Minimalismus erfährt auf diese Weise eine komplett neue, digitalisierte Reform.

Das Internet spielt eine wesentliche Rolle für die Entwicklung dieser Bewegung. Selbst die Erfindung des World Wide Web basiert auf dem Gedanken des Teilens von Inhalten und Informationen. Es ist das größte Sharing-Portal. Über das Internet treten Menschen von überall auf der Welt in Kontakt, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten, Wissen und Informationen auszutauschen und eine gemeinsame Weiterentwicklung anzustreben.

INFO Minimalismus bedeutet:

• Kein Aussteigen, sondern das Tempo zu drosseln

• Kein Verweigern, sondern Reduzieren und Vereinfachen

• Keinen Verzicht, sondern Genuss

• Kein Verzetteln, sondern Aufmerksam-Sein

• Keinen Alltagszwang, sondern Freiheitsgefühl

• Keine Aufforderung, sondern Herausforderung

• Keine Vereinsamung, sondern Solidarität und Vernetzung

• Keinen Pessimismus, sondern positives Denken

• Keine Kritik, sondern Chance

• Keine ideale Theorie, sondern praktisches Denken

• Keinen Stillstand, sondern über den Tellerrand zu schauen

• Keine Armut, sondern reich beschenkt werden

• Keine Einschränkung, sondern Einfallsreichtum

• Kein passives Nichtstun, sondern aktive Lebensgestaltung

• Keine Sinnlosigkeit, sondern Glückseligkeit

• Keine Endzeitstimmung, sondern Aufbruch

Wie viele Beispiele zeigen, ist Minimalismus kein Kurzzeit-Hype: Neben dem Sharing-Gedanken bedeutet Minimalismus in erster Linie „loslassen“. Aber das können wir erst erfolgreich, wenn wir die Ursachen des Anhaftens verstehen. Zum Glück hatte schon vor 2500 Jahren jemand diesbezüglich einen wahrhaft erleuchteten Gedanken: Buddha machte bei seinen Überlegungen zum Glück eine interessante Entdeckung und fand die Antwort auf das grundlegende Menschheitsproblem: Je mehr man hat, desto mehr sorgt man sich. Aber je weniger man braucht, desto glücklicher ist man. Wann haben wir also genug? Wie wird aus dem Haben ein Sein? Ist Loslassen tatsächlich die Antwort auf ein glückliches Leben? Und wie hängt Loslassen nun konkret mit Empathie zusammen? Was ist demnach Glück und was ist Lebenssinn? Und wo suchen wir am besten danach?

Finden Sie es heraus mithilfe dieses Ratgebers über das Aufräumen mit Buddhas Hilfe. Eins schon mal vorab: Dauerhaftes Glück werden Sie vermutlich nicht in der Schokotorte oder in Ihrer Beförderung finden. Auch nicht in der Modeboutique, bei der Anschaffung einer Immobilie oder am Lenkrad eines neuen Sportwagens. Doch sobald Sie beginnen, sich von all diesem Konsumschnickschnack zu lösen, kommen Sie Ihrem Glück ein ganzes Stück näher – paradox, nicht wahr?

Im folgenden Kapitel erzähle ich Ihnen, wie Buddha auf seiner Suche nach dem Glück selbst zum Minimalisten und Aufräumexperten wurde. Buddha räumt auf meint aber nicht, dass er den Besen schwingt und Sie sich derweil bequem zurücklehnen und ihm dabei zuschauen. Vielmehr zeigt Ihnen Buddha einen Weg auf, wie Sie Ihr Leben langfristig entrümpeln können und quasi nebenbei zu dauerhaftem Glück gelangen. Buddhas Aufräumaktion beschränkt sich nicht auf den alljährlichen Frühjahrsputz, sondern wird zum langfristigen Lebensprojekt. Dabei sind Sie aber nicht auf sich allein gestellt. Mit Buddha an Ihrer Seite wird aus Ihrem Chaos ein echtes Urlaubsparadies. Schauen wir uns nun an, wie Buddha zu seiner Karriere als „Entrümpelungsexperte“ kam.

Impressum

Impressum

1. Auflage 2015

© 2015 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, 81637 München.

Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

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Dank der Autorin

Nichts im Leben ist selbstverständlich und schon gar nicht, wenn einem tolle Begegnungen passieren, sich besondere Chancen ergeben und gute Gespräche dabei herauskommen. Besonderer Dank gilt dem Redaktionsteam Sarah Gast und Sven Beier für ihre kreative Unterstützung und Förderung meiner Ideen. Des Weiteren danke ich Lara für die Inspiration und tollen Impulse, und zuletzt widme ich Dir, liebe Gunda, dieses Buch. Möge es Dir als kleines Helferlein für Deinen weiteren Weg dienen und Dich bei Deinem ganzheitlichen Aufräumprojekt unterstützen. Vielen Dank Euch allen!

Illustrationen:Nadine Schurr, Stuttgart

Projektleitung: Sarah Gast

Bildredaktion: Melanie Greier

Redaktion: Claudia Fritzsche, München

Layout und Satz: Lore Wildpanner, München

Umschlaggestaltung: *zeichenpool, München, unter Verwendung einer Illustration von © Nadine Schurr

ISBN: 978-3-641-13677-2