Buddha und die Liebe - Lama Ole Nydahl - E-Book

Buddha und die Liebe E-Book

Lama Ole Nydahl

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Beschreibung

Das Buch zeigt anschaulich, wie man erreicht, wovon viele träumen: eine harmonische Beziehung und ein dauerhaft glückliches Leben. Im Buddhismus werden Liebe und Partnerschaft als Grundlage für persönliches Wachstum und ein erfülltes Leben gesehen. Lama Ole Nydahl beschreibt eindrucksvoll, was Buddha empfahl, um eine Beziehung so zu leben, dass sowohl das Paar als auch dessen Umfeld in einen Bereich des Glücks eintreten. Er gibt in diesem Buch Antworten auf unsere wichtigsten Beziehungsfragen aus der Sicht des tibetischen Buddhismus. Wie man das erreicht, wovon viele träumen: eine erfüllte Liebe und ein dauerhaft glückliches Leben.

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Seitenzahl: 306

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Lama Ole Nydahl

Buddha und die Liebe

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

WidmungVorwortDer Wunsch nach GlückDer Zauber der LiebeZwei Arten von LiebeEins und eins ist mehr als zweiDie Liebe ist kein ZufallDie Grundlage jeder EntwicklungDas Leben begreifenDie Verbindung verstehenVerantwortung übernehmenWie baut man Karma auf?Wie erlebt man Karma?Wie baut man Leid bringendes Karma ab?Wie Partnerschaft gelingtDie drei nützlichen Handlungen auf KörperebeneDie vier nützlichen Verhaltensweisen für die RedeDie drei förderlichen GeisteshaltungenDie Liebe im AlltagHöhen und Tiefen der LiebePartnerschaftFüreinander da seinSexualität in der PartnerschaftSeitensprüngeErweiterte BeziehungFamilieWenn Paare Eltern werdenModerne Formen der FamilienKinderlose PaareAdoption und AbtreibungenAuseinandergehenSich bewusst entscheidenWie Trennung gelingtWenn der Partner stirbtAlleinseinZeitlose WerteDie Kraft der GefühleGefühle kommen und gehenDas Problem mit dem »Ich«Buddhismus fängt da an, wo Psychologie aufhörtMit Gefühlen bewusst arbeitenAchtsamkeit und AbstandAuflösung fester VorstellungenDie Energie nutzenDie fünf HauptstörgefühleUnwissenheit, Verwirrung und DumpfheitAnhaftung, Geiz und GierHass, Zorn und WiderwillenEifersucht und NeidStolzDas Geheimnis der großen LiebeStreben nach GanzheitUnermessliche LiebeGlück ist eine Frage der EinstellungDer Liebe tiefen Sinn gebenGroßzügigkeitSinnvolles zwischenmenschliches VerhaltenGeduldFreudiges SchaffenMeditation: innerer Abstand und GeistesruheEntfaltung der WeisheitDie Entdeckung von Mann und FrauIm Grunde gleichIm Ausdruck verschiedenDie äußere EbeneDie innere EbeneDie geheime EbeneVerschiedene WeltenBefreiende WeisheitenDiamant-FamilieJuwel-FamilieLotus-FamilieSchwert-FamilieBuddha-FamilieVon Frauen lernenÜberpersönliche TatenDer befriedende TatbereichDer bereichernde TatbereichDer begeisternde TatbereichDer kraftvoll-schützende TatbereichDie Buddhafamilien und die Buddhataten zeigen FormDie Buddha-Familien:Die Buddhataten:Gemeinsamer Umgang miteinanderDen Reichtum erfahrenDer stufenweise WegGeheimlehre und ModebegriffTantra ist nicht gleich TantraBuddhistisches TantraEntwicklung durch VereinigungRaum und Freude grenzenlosDer Buddha und die LiebeDanksagungGlossarAdressen von buddhistischen Zentren

Unserer freudvollen Zusammenarbeit im Diamantweg gewidmet

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Vorwort

Nirgendwo anders wird gleichzeitig so viel Glück, aber auch Leid erfahren wie in der Liebe. Deshalb sind Buddhas[1] Lehren, die ausschließlich auf die Vervollkommnung des Menschen zielen, in diesem Bereich besonders wertvoll. Weltliche, alltägliche Liebe, die durch die Dauer des Zusammenseins oftmals abgeschliffen wird und sich mehr zu einem kleinen, privaten Familien- oder Beziehungsunternehmen entwickelt, ist damit verglichen eigentlich Zeitverschwendung. Mit jedem Tag, mit jedem Monat und mit jedem Jahr sollte für die Partner eine Entwicklung verbunden sein, die sowohl die Liebe als auch ihre Umgebung stärkt. Entsteht aus einer kraftvollen Verbindung zwischen Mann und Frau ein Vorbild, so wird Freude und Glück sowohl nach innen als auch nach außen strahlen.

Dieses Buch enthält, was ich als Lama und Vermittler von Buddhas höchsten Lehren aus der ganzen Breite seiner 84000, in 108 Büchern zusammengetragenen Ratschläge und Erkenntnisse für eine erfüllende, sinnvolle Liebe als hilfreich erachte. Seit über 2550 Jahren haben die stets auf Lösungen eingestellten Belehrungen ihre Wirksamkeit bewiesen, liegen damit jenseits allen Zeitgeistes und nutzen den Menschen.

In freien Kulturen, in denen nicht jedes Verhalten durch religiösen, kulturellen oder moralischen Druck festgeschrieben wird, wirken die Sichtweisen des Diamantweges, also Buddhas unübertreffliche Lehren, zugleich erfrischend und befreiend. Sie bedeuten vor allem in ausgebildeten westlichen Gesellschaften eine riesige Bereicherung für diejenigen Menschen, die mutig ihre eigene Zukunft gestalten wollen. Dauerhaftes Glück bleibt auf diese Weise für Paare kein Traum mehr, sondern ist möglich!

Die fortgeschrittensten Lehren, die zum »Großen Siegel«, sind der Grund, dass die erleuchtete Sichtweise vom Geist als furchtlose Eingebung, selbst entstandene Freude und tatkräftige, vorausschauende Liebe mitunter auch dort im Buch durchblitzt, wo eigentlich »bravere« Themen behandelt werden. Der Lama hatte hier wenig Wahl. Ist sie einem erst in die Knochen gegangen, kann man nicht anders! Meine Frau Hannah und ich hatten das große Glück, von 1968 bis 1972 von den hoch verwirklichten Lamas der Karma-Kagyü-Schule ausgebildet zu werden und seither ständig von ihnen weiterlernen zu können.

Anlass für die Anregungen und Empfehlungen zum Thema Liebe und Partnerschaft in diesem Buch wurde der weltweite Aufbau von bisher über 460 Diamantweg-Meditationszentren für Menschen, für die die Liebe ein selbstverständlicher Teil des Lebens ist. Hier haben ständige Reisen, bunte Interviews und Fragen bei Vorträgen zum Bereich der Liebe viel Erfahrung gebracht. Meine Vertraute Caty, unsere flotten Mitarbeiter am Buch und ich möchten hier gerne dieses Wissen bestmöglich vermitteln.

Unsere Wünsche als Buddhisten sind, dass alle Wesen die höchste und unzerstörbare Verwirklichung erfahren mögen, die dem Geist eines jeden innewohnt. Möge ihnen dabei die Liebe ein befreiender Spiegel werden.

 

Mit Blick in die Weite auf Sardinien im April 2005, im Segensfeld der Schützerin Weißer Schirm, am Tag von Schwarzer Mantel.

 

Lama Ole Nydahl

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Der Wunsch nach Glück

Der Zauber der Liebe

Der Wunsch nach Glück ist der Antrieb allen Tuns. Jedes noch so kleine Lebewesen wünscht sich, Glück zu haben und Leid zu vermeiden. Glück, dieser wunderbare Zustand, in dem man vor überschäumender Freude kaum weiß, wo oben und wo unten ist, ein strahlendes, lachendes Gesicht, der Körper geladen mit freudiger Kraft, im Geist der Wunsch, die ganze Welt zu umarmen – das stellen sich viele unter diesem begeisterten Zustand vor. Diese Art von Spitzenerlebnis zu erfahren, wenn möglich gerne öfter, am besten aber ständig, bestimmt das Leben der meisten Menschen.

Frisch Verliebte kommen dem Zustand des großen Glücks sehr nahe. Die erste Zeit herrscht oft unverfälschte Wonne. Der geliebte Mensch geht einem nicht mehr aus dem Sinn: Man erinnert sich an all die Vollkommenheiten, will mit ihm jede Freude teilen und entdeckt ständig Dinge, die man ihm schenken möchte. Kein Stück Papier bleibt unbekritzelt, weil man unbedingt etwas mitteilen muss; man zieht an, was ihm gefallen könnte, und vergisst die Welt vor lauter Freuden. Geistig wie körperlich kennen nur wenige eine größere Erfüllung, als Begehrtes zu erwerben, durch andere geliebt zu werden, selbst Liebe zu verschenken und diesen Reichtum in die Welt hinausstrahlen zu können.

Das berauschende Glück zu Beginn einer neuen Beziehung entsteht aus dem tiefen Wunsch nach Liebe, trotz ihres überraschenden, unsteten Wesens. Gerade weil man um ihre Wechselhaftigkeit schon weiß, dürfte man eigentlich über das kommende, sich häufig ablösende Auf und Ab nicht überrascht sein. Doch es ist jedes Mal höchst verblüffend und schmerzhaft, wenn die geschätzten Quellen der Freude verschwinden, der Geliebte weggeht und einsame Nächte drohen.

Was Glück tatsächlich ist und insbesondere wie man diesen Zustand dauerhaft halten kann, darüber finden sich nur wenige gültige Aussagen. Obwohl es allseits bekannt ist, dass »gute Mädchen in den Himmel kommen« und im Märchen die Liebespaare es stets schaffen, glücklich bis ans Ende ihrer Tage zu leben, sind etliche auf diesem alles entscheidenden Gebiet entweder durch den Strudel der Gefühle blind geworden oder haben unklare Vorstellungen davon, wie der gemeinsame Weg zu bewerkstelligen ist.

Die meisten Menschen sind der Meinung, sie könnten das Glück irgendwo außerhalb von sich selbst finden und es dann festhalten. Die Verbrauchergesellschaft hilft bei dieser Fehleinschätzung fröhlich mit, indem sie einem dauernd weismacht, dass eine Reise an diesen oder jenen Ort einen glücklich machen wird oder dass dieser angestrebte Zustand sich einstellt, wenn man gewisse Dinge kauft. Andere versprechen dasselbe Ergebnis bei der Wahl einer Partei oder indem man sich besonders ernährt. So setzen die Menschen, in der Hoffnung auf das vermeintliche Glück, ihre Kraft sowie die kostbaren Stunden und Jahre ihres Lebens für die Suche danach ein, ohne dabei zu wissen, wie es festzuhalten wäre, falls sie es erleben sollten. Urlaubsorte werden überflutet, Frauen oder Männer brennen kurz vor dem Standesamt mit jemand anderem durch, hart erkämpfte Anerkennung im Beruf kann schon nach kürzester Zeit in üble Nachrede umschlagen, weil die Kollegen einen nicht mögen, die geliebten Kinder entwickeln ein Eigenleben, zu dem man keinen Zugang mehr bekommt, der Familienvater stirbt plötzlich, Renten, in die man ein Leben lang eingezahlt hat, werden gekürzt und für die Ewigkeit bestimmte Diamantringe gehen verloren.

Der Grund dafür ist klar: Entsteht das Glück aus vergänglichen Ursachen, kann es nur so lange anhalten, wie die äußeren und inneren Bedingungen dafür bestehen bleiben. Fallen diese weg, verschwindet dieses bedingte Glück so schnell, wie es gekommen ist. Wie schon vor 2500 Jahren der große griechische Philosoph Heraklit sagte: »Alles fließt.«

Trotzdem bleibt der Wunsch nach Glück der wichtigste Antrieb aller Wesen. Einige denken bei der Suche nur an sich selbst, den meisten ist das aber zu wenig und geistig wie körperlich zu unbefriedigend. Da vielen im Allgemeinen das »Alleinschlafen« schwer fällt, suchen sie die Nähe eines Geliebten, um in seinen Armen das fehlende Glück zu finden und zu teilen. Weder schrecken hohe Scheidungsraten Menschen von diesem Bestreben ab, noch stört sie offensichtlich das Wissen, dass Liebe nur in sehr wenigen Fällen dauerhaft bleibt.

Auch in der Partnerschaft bekommt man nichts einfach so geschenkt. Die rosa Liebeswolken leuchten nur so lange, wie man sich um sie bemüht und ihnen genügend Aufmerksamkeit widmet. Nach der ersten Zeit des Sich-kennen-Lernens muss man sich im täglichen Leben auf das Glück des Partners und das eigene bereicherte Innenleben einstellen. Schaut man auf die Werkzeuge, über die man für diese Aufgabe verfügt, stellt man fest, dass sie oftmals nicht wirklich ausreichen beziehungsweise man in ihrem Umgang nicht geübt ist.

Ein Blick auf Buddhas Belehrungen kann helfen. Sie zeigen, wie man dauerhaft und unabhängig von allen äußeren Umständen nicht nur glücklich, sondern selbst eine Quelle von Glück und Liebe wird. Buddhas Mittel haben nur dieses Ziel. Natürlich kann man sich fragen, was Buddha über Liebe und Partnerschaft und die darin liegenden Möglichkeiten sagen konnte, da er doch selbst Mönch und hauptsächlich von seinesgleichen umgeben war. So einseitig ging es aber nicht zu. Die meisten Buddhisten sowohl früher als auch heute stehen mitten im Leben und haben Beruf und Familie. Sie werden als Laien bezeichnet. Als der historische Buddha von seinen Schülern um Belehrungen zum alltäglichen Leben gebeten wurde und ihm Fragen über die Liebe gestellt wurden, gab er entsprechend ihrer Fähigkeiten und Lebensumstände Antworten, mit denen sie arbeiten und woraus sie Nutzen ziehen konnten. Auch hatte Buddha ein reiches Liebesleben, bevor er sich auf den Weg machte, um ein Glück zu finden, das nicht durch Krankheit, Alter und Tod zerstört werden konnte.

Besonders die buddhistischen Belehrungen zu Ursache und Wirkung (sanskr. Karma), die er nach seiner Erleuchtung vermittelte, können jedem helfen, denn sie ermöglichen ein tiefes Verständnis der Lebenszusammenhänge. Ohne moralischen Zeigefinger machen sie einem klar, welche Gedanken, Worte und Taten künftig welche Ergebnisse bewirken. Durch dieses Wissen bekommt der Mensch die Möglichkeit, seine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Sein Werkzeugkasten wird bis zum Rand gefüllt, um tatkräftig das Richtige zu tun und Freude bei sich und anderen auszulösen. Karma bedeutet demnach auf keinen Fall »Schicksal«, sondern schenkt einem die einzigartige und riesige Freiheit, laufend die richtigen Samen zu legen für die Früchte, die man später ernten möchte. Dementsprechend pflanzt man ständig die Ursachen für das Gelingen oder Scheitern einer Partnerschaft und ist mitverantwortlich für das Glück oder Leid nahe stehender Menschen, die sich einem geöffnet haben. Aufgrund der verstärkten menschlichen Offenheit reifen sowohl gute wie schlechte Eindrücke besonders schnell in einer Beziehung heran.

Die Art und die Ebenen der Glück verheißenden Ziele sind dabei höchst bedeutend. Hat man das Einfamilienhaus schon geschafft, fährt seit langem zweimal im Jahr in den Urlaub, wird die Frau bereits jeden Monat im Frisiersalon »gepudelt«, lockt das gemütliche Leben auf dem Sofa zwischen Salzstangen und Bier vor dem Fernseher schon weniger. In diesem Fall kann die Kraft, die einen bis dahin brachte, sinnvoller für überpersönliche Ziele eingesetzt werden. Für eine Entwicklung in Richtung dauerhaftes Glück – allein, zu zweit, als Familie oder in der Gruppe – ist die bereits gewonnene Lebenserfahrung eine wichtige Grundlage. Sie erlaubt den Einsatz von Kraft, Überschuss, Freude, Liebe, eine bewusst hochgehaltene Meinung vom Partner und der Umgebung sowie das Erforschen neuer, oft zwar anstrengender, aber spannender Möglichkeiten. So bleibt nicht nur die Liebe lange Zeit frisch, auch die Enge im Geist und die festgefahrenen Gewohnheiten nehmen ab. Persönliche Grenzen lösen sich entweder von selbst auf oder werden zu einer Herausforderung, die man besonders gern meistert. Mit dieser Einstellung wird jede Erfahrung zu einem Schritt auf dem gemeinsamen Weg zu dauerhaftem Glück.

Zwei Arten von Liebe

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Vorstellungen von dem, was durch das sehr dehnbare Wort »Liebe« bezeichnet wird. Die allgemein verbreitete Auffassung ist eine erwartende oder nehmende Haltung von Liebe, während die andere Auslegung ein befreiendes und gebendes Verhalten zeigt. Die »nehmende Liebe« ist vertraut mit Begriffen wie Anhaftung, Eifersucht, Zorn und Selbstsucht, die »gebende Liebe« wird gestützt durch buddhistisches Gedankengut und umfasst den ganzen Bereich von Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut.

Bei der allgemeinen ichbezogenen Liebe wird der Raum sehr klein und arm. Alles ist eng, man lebt in Vergangenheit oder Zukunft und im Mittelpunkt steht nur das, was kommt und geht. Man steckt Kraft in Zustände und Gefühle, die einmal freudvoll, ein anderes Mal leidvoll sind und letztendlich nichts dauerhaft Sinnvolles bieten können. In einer Gefühlswelt voller Erwartungen und Befürchtungen verweilt man niemals in dem, was gerade geschieht, und kann folglich das Glück weder erfassen noch genießen. Stattdessen beschäftigt man sich mit dem, was war oder hätte sein können, oder erhofft Dinge, die geschehen sollen. Man vertraut dem Augenblick nicht und will auch im täglichen Leben ständig Sicherheiten und Versprechen, selbst wenn das den Fluss des »Hier und Jetzt« zum Versiegen bringt. Das zwingt verunsicherte Beteiligte zu Unwahrheiten, weil sie die Zukunft nicht überschauen können oder die Fragenden schützen wollen. Mit einer Einstellung, die den anderen besitzen will, fühlt man sich zwar in einer Beziehung vorübergehend sicher, setzt aber keine dauerhaften Ursachen für echtes Glück und bietet vor allem kein geistiges Wachstum. Stattdessen verwirrt die übermäßige Anhaftung an den Partner einen selbst mehr und mehr und bringt beide vom eigentlichen Ziel, der gemeinsamen Entwicklung, ab.

Eine Beziehung wird schwierig, wenn man vom Partner erwartet, glücklich gemacht zu werden. Man denkt nur an sich, alles im Alltag fühlt sich irgendwie unfrei und klebrig an und führt zu einer Ausschließlichkeit in der Paarliebe, die wenig Zugang für andere ermöglicht. Langfristig zerstört dies den vertrauten Austausch miteinander und der Spaß ist schnell vorbei. Echtes Glück entsteht immer als ein Geschenk. Eine berechnende Einstellung verringert hingegen die Möglichkeit, dass Gutes in einer Beziehung entsteht. In einer derartigen Erwartungswelt wird man unausweichlich immer schwieriger und will alles für sich behalten. Folglich wird jede Störung eines natürlichen Austausches mit der Welt und jeder Mangel an grundlegendem Vertrauen ein ernstes Hindernis auf dem Weg zur menschlichen Erfüllung. Selbst das beste Verhältnis verschlechtert sich zusehends, wenn immer mehr von »woanders« gebraucht wird, um zufrieden zu sein. Genügt ein Paar sich nicht weitgehend selbst, sondern wird von äußeren Reizen oder Gütern abhängig, ist das ein wirklicher Verlust. Das Leben ist einfach zu kurz für oberflächliche Beziehungen, die es nutzlos vergeuden. Ist man nicht durch Kinder gebunden, sollten in diesem Fall beide gegebenenfalls nach geeigneteren Partnern Ausschau halten, die sie für das lieben, was sie bieten und sind.

Doch es geht auch anders. Wie unzählige glückliche Verbindungen bezeugen, kann man sich gegenseitig riesig bereichern und gemeinsam wachsen. Mit dem Augenblick, in dem sich Mann und Frau das erste Mal anschauen, fallen – meistens unbewusst – zahlreiche Entscheidungen. Obwohl der allererste Gedanke häufig »Was für eine schöne Frau! Die schnapp ich mir!« oder »Was für ein Mann! Der gehört in meine Sammlung!« ist, entsteht zugleich ein erster Wunsch nach Nähe, aus dem eine heiße Liebe werden kann. Ist die körperliche Anziehung am Anfang geringer, aber man mag sich auf anderen Gebieten sehr, kann trotzdem noch eine klare und erfüllende Beziehung entstehen. Bedeutsam ist, dass man nach Geben, Teilen und Zusammensein strebt.

Von Anfang an ist es aus diesem Grund wichtig zu schauen, welche Art der Liebe sich abzeichnet. Man fragt sich: »Was könnte sich aus uns entwickeln? Stimmen Werte, Weltsicht, Kultur und Hintergründe? Verstehen wir uns wirklich oder bin ich nur von etwas Fremdem angezogen? Werden wir uns – auch längerfristig – Freude und Freiheit schenken können und durch die Beziehung auch anderen Glück bringen? Begegnen wir uns wirklich als die Menschen, die wir sind, oder spielen wir die Rollen, die gerade »in« sind und dem Zeitgeist entsprechen? Obwohl sich selbstverständlich jeder gerne so gut wie möglich verkauft: Gibt es dahinter einen dauerhaften Kern, auf den Verlass ist? Ist bei vielen dieser Fragen die Antwort »Nein«, spricht kein Gesetz dagegen, dennoch das schöne Gesicht oder den starken Körper – wenn gesund – zu genießen, möglichst aber ohne viel Zeit, Mitte und Freiheit zu verlieren.

Passen dagegen die Partner gut zusammen, bringt die Begegnung Überschuss, den man teilen und verschenken möchte. Aus der starken gegenseitigen Anziehung entsteht die unmittelbare Erfahrung und bildet eine beglückende Brücke. Dauerhaft erfüllende Freude entsteht durch das Verschmelzen von »Ich« und »Du« zu einem »Wir«. Bei der Ergänzung und Einswerdung in der Liebe blüht alles auf, man steht zueinander und tritt füreinander ein. Mit Überschuss bringt man selbsttätig seine Kraft in die Welt und spürt erfüllt, wie andere gleichermaßen an der Entfaltung teilhaben möchten. So wird allmählich alles im Leben zu einem Schritt auf dem Weg. Es macht einen sowohl mit der äußeren wie auch der eigenen inneren Welt vertraut, und weil Beziehungen so tief gehen und so starke Gefühle erzeugen, gibt es keinen umfassenderen Spiegel, um sich selbst besser kennen zu lernen und entwickeln zu können.

Eine gelungene Beziehung kennt kaum Dramen. Man wächst in ihr schlicht auf drei Ebenen zusammen. Auf der körperlichen, die Liebe und Schutz gibt, auf der inneren, die die Grundlage für Entwicklung liefert, und auf einer tief liegenden, geheimen Ebene, auf der man zunehmend eins wird, was bei wirklich ausgeglichenen Paaren wahrnehmbar ist. Auch deren Kinder tragen dieses Vertrauen als einen steten Segen in sich und sind deswegen ungewöhnlich selbstsicher und gelassen.

Eine gelungene Partnerschaft beginnt in dem Moment, wenn beiden das Wohl des anderen bedeutender ist als das eigene Vorwärtskommen. Freut man sich darauf, aus der Frau eine Königin und aus dem Mann einen König zu machen, hat die gemeinsame Entwicklung kaum Grenzen. Mit dieser reich machenden Einstellung entsteht eine lebendige, sich ergänzende Liebe.

Eins und eins ist mehr als zwei

Die gebende Liebe, im Paarverhältnis der Leim, der alles zusammenhält, hat das gemeinsame Glück und das des anderen zum Ziel. Wie viele aus den großen Augenblicken ihres Lebens wissen, sind die Zustände einer nicht trennenden Liebe viel ehrlicher und überzeugender als alles, was man für sich selbst tun könnte. Es ist, als würde man aus einem Gefängnis ausbrechen: Der befreiende Rausch, mit allem eins zu werden und für alle da zu sein, erfüllt einen mit tiefem Glück. Am Anfang einer Beziehung ist meistens die Anziehung ausschlaggebend. Dies bleibt in guten Beziehungen auch so, denn man hat schlichtweg Freude am Freudeschenken. Sollen aber Dauerhaftigkeit und Entwicklung entstehen, müssen auf alle Fälle auch wirkliche Achtung und Vertrauen dem Partner gegenüber vorhanden sein. Alle erfahrenen Liebespaare zeichnen sich dadurch aus.

Wer im Überschuss ist, kann Schönes nicht nur besser annehmen, sondern auch geben! Wenn es beiden – sowohl allein wie auch zusammen – gut geht, eröffnen sich neue Ebenen von Sinn und Freude. Schöne Paare sind ein Geschenk für die Welt. Dies gelingt jedoch nicht allzu häufig und deshalb sind gute Voraussetzungen, die man sich jederzeit durch freundliche Gedanken, Worte und Taten selbst schaffen kann, höchst kostbar. Die darauf aufbauende und stetig zunehmende Freude sprengt in einer länger andauernden Beziehung alle Grenzen eines »Ich-Du-Verhältnisses« und strahlt immer stärker nach außen.

Die Begegnung zweier reifer, glücklicher Menschen belebt die Umgebung und viele können dadurch gewinnen. Man bekommt den Eindruck, dass die Welt sich selbst beschenkt und die Summe der Bedingungen mehr ist als die Teile, die die Geliebten zusammen beisteuern. Der Mann bringt ein Drittel der menschlichen Möglichkeiten und die Frau das zweite, das letzte Drittel entsteht »einfach so«. Das vertrauensvolle Spannungsfeld zwischen ihnen macht offensichtlich den Raum selbst »schwanger«. Einerseits spürt man in der Entfaltung der Liebe immer öfter und über weite Entfernung, wie es dem Geliebten gerade geht, und andererseits scheinen durch die menschliche Nähe Wünsche leichter in Erfüllung zu gehen und an Kraft zu gewinnen. Es werden unerwartete Möglichkeiten der Ergänzung und Bereicherung aus dem Raum selbst lebendig und sowohl die Beteiligten als auch ihr Umfeld gewinnen dadurch etwas, was neu, aber dennoch wohl bekannt ist. Bei echter Liebe wächst die Ganzheit über die eingebrachten Teile weit hinaus; dies ist eines ihrer deutlichsten Merkmale und wirkt immer wieder bezaubernd.

Was geschieht eigentlich, wenn sich zwei Menschen mit Vertrauen aufeinander einlassen? Wenn sie das Ziel haben, zu geben und miteinander glücklich zu werden? Zunächst ist allein diese Einstellung beachtenswert und klug, denn wer gibt, verliert nie! Es geschieht immer Neues und man wird allmählich zu einem bewussten Kanal, durch den Reichtum wie Notwendiges die Wesen erreicht. Wenn beide in einer Beziehung diese Einstellung haben, entstehen ständig Gelegenheiten, Gutes ins Leben einzubringen. Unzählige menschliche Eigenschaften wie Großzügigkeit, Geduld und Freude, die teilweise unerkannt allen innewohnen, entfalten sich selbsttätig, sobald sich Liebende auf das Glück aller ausrichten. Sie entstehen, wenn man »sich selbst vergisst«, während man dem anderen Aufmerksamkeit schenkt. Durch das freudvolle Teilen der Erfahrungen von Körper, Rede und Geist zeigen sich laufend neue, ganzheitliche Erfahrungsbereiche und sinnvolle Eingebungen, die als höchst Glück bringend erlebt werden. So entdeckt man auf einmal neue Welten. Diese »selbstentstandenen Reichtümer« und die Frische des Augenblicks erlebt ein geistig verwirklichter Mensch durch die innere Ergänzung aller Gegensätze ununterbrochen.

Wie drückt sich dieses Erlebnis von Einheit im Rahmen des heutigen Alltags in den menschenfreundlichen Kulturen des Westens aus? Es ist vergleichbar mit einem Treffen von Freunden, die gemeinsam ein Haus bauen wollen. Sie werfen ihre gesamten Fähigkeiten in einen Topf und jeder gibt sein Bestes. Ein paar haben Geld, einer kann gut mauern, der Nächste hat schon Rohre verlegt, wieder ein anderer kennt sich mit Elektrizität aus und ein weiterer holt das Bier. Freunden mit einem gemeinsamen nützlichen Ziel gelingt der Austausch. Man unterstützt sich gegenseitig, lernt und lehrt, und scheinbar nicht zusammengehörende Teile werden allmählich zu einem Gebäude, das ein Mehr an Möglichkeiten aufweist als die eingebrachten Arbeiten und Fähigkeiten.

In einer ausgeglichenen Partnerschaft geschieht Ähnliches. Nur werden hier viel tiefere Ebenen berührt, denn es geht um die Entfaltung der menschlichen Ganzheit. Werfen beide ihre Liebe, ihre Fähigkeiten und Eigenschaften in das Glücksrad der Beziehung, ergibt sich daraus nicht nur ein einfacher Hauptgewinn, sondern beide besitzen hinterher das Kasino! Geht es einem tatsächlich um das Wohl des anderen, denkt man: »Was dir Glück bringt, das wünsche ich dir.« Diese Einstellung schafft Raum, der für die Verbindung mit anderen genutzt wird. So wird aus der kleinen »Ich-und-du-Liebe« eine »Wir-Liebe«, die zunehmend überpersönlich auf unser ganzes Leben hinausstrahlt. Ab da muss man nichts mehr beweisen, keine Spiele spielen, sondern erlebt es als Reichtum, dass der Partner und alle anderen Menschen unterschiedliche Voraussetzungen und Vorstellungen haben und sich in so vielen Weisen ergänzen können.

Wie schafft man es nun, diese Liebe, die voller Bewunderung für den anderen ist und in der man stets einen guten Stil bewahrt, zu entwickeln?

Buddha stellt dazu viele Wege und Lösungen bereit. Man merkt schnell, dass Paare, die heute nach dem Wissen und den Ratschlägen Buddhas oder eines buddhistischen Lehrers leben, glücklicher, freud- und kraftvoller sind und gleichzeitig weniger Erwartungen an ihre Lebensgefährten haben. Selbst Trennungen oder schmerzhafte Erfahrungen wie der Tod des Geliebten werden durch den geübt athletischen und geschmeidigen Geist besser verarbeitet als üblich. Eine solche Haltung wirft bei Nichtbuddhisten die Frage auf: Wie kann man sich in so angenehmer Weise trennen und gleichzeitig Freunde bleiben? Die Antwort ist leicht: Buddhisten versuchen immer, das Gute in allem zu sehen, weil sie damit ihrer Überzeugung nach der Wahrheit näher sind, als wenn sie sich auf schwierige Denkweisen einlassen. Da man sich selbst seine Welt schafft, ist es sehr hilfreich, die Dinge so zu betrachten. In der englischen Sprache gibt es das feine Wort »to ennoble«: veredeln, hoch stellen, in seiner Schönheit bestätigen. Für die Glück bringende Entwicklung sowohl einer Partnerschaft als auch des Geistes allgemein ist diese Denkweise, alles auf der höchstmöglichen Ebene zu sehen, grundlegend. Um sich wirklich öffnen zu können, muss die Frau als Ausdruck aller weiblichen Vollkommenheiten erlebt und verehrt werden, ebenso wie der Mann als die Ausstrahlung der männlichen Kraft und Tat. Kann diese buddhistische Grundeinstellung dauerhaft gehalten werden, werden die Liebe, die Welt und das gesamte Leben ein Geschenk. Mit Entstehen dieser Einstellung passt wirklich alles.

Bedingte Liebe erwartet, hofft und fürchtet und möchte bekommen als geben. Auf diese Weise entstehen störende Gefühle und man wird geistig immer ärmer.

Gebende/unbedingte Liebe erkennt, wie sehr die Wesen sich in der normalen Welt abmühen und kein dauerhaftes Glück finden. Deshalb beginnt man zu geben, ohne an seinen eigenen Vorteil zu denken. Gedanken sind mit dem Wunsch erfüllt, dass alle glücklich sein mögen, Rede und Tat sind von mitfühlender, liebevoller Weisheit getragen.

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Die Liebe ist kein Zufall

Die Grundlage jeder Entwicklung

Die Vier Grundgedanken stehen zu Beginn eines buddhistischen Weges. Sie sind so bedeutsam, dass man sie sich vor jeder Meditation erneut in Erinnerung ruft, sie verinnerlicht und versucht, sein Leben entsprechend danach auszurichten. Diese Gedankengänge auf die Beziehung angewandt, verleihen ihr besonderen Wert und geben dem Zusammensein Ausrichtung.

Die Welt ist heute im Allgemeinen sehr stark auf die Befriedigung alltäglicher und unbedeutender Bedürfnisse ausgelegt. Medien und Werbung bestärken einen laufend darin, in bestimmten Bereichen einen Mangel zu empfinden. Dabei besteht die weit verbreitete Idee, dass man sich auf eine geistige Weiterentwicklung erst nach der Erfüllung all dieser Wünsche wirklich einlassen könne. Doch leider ist es so, dass der Mensch ununterbrochen neue Spielsachen vorgezeigt bekommt, für die er gerne mit vielen seiner wenigen und kostbaren Lebensjahre bezahlt. Weltweit schnürt die Einstellung, die während der fünfziger Jahre oft auf Aushängeschildern in schwäbischen Banken zu lesen war, »Du bist, was du hast«, vielen den Hals zu. So läuft man vielfach Dingen hinterher, die wenig später nutzlos in der Ecke liegen, oder verbringt als Ausgleich endlose Stunden im Fitnesscenter oder Schönheitssalon. Sehr wenige finden eine Ebene der Zufriedenheit, auf der die Besitztümer dem Menschen dienen und ihn frei machen, anstatt ihn zu knechten und knebeln.

Eigentlich braucht es außer gesundem Essen, einem Dach über dem Kopf, Möglichkeiten der freien Fortbewegung und demokratischen Freiheiten nicht viele äußere Dinge, um zufrieden zu sein, denn der Zustand von Glück hängt letztendlich von der eigenen Sichtweise ab. Statt ständig nach dem zu streben, was man möglicherweise schon hat, und überall halbleere Gläser zu sehen und unerfüllte Wünsche anzuhäufen, sollte man sich seiner jetzigen Möglichkeiten für geistige Entwicklung bewusst sein und diese sinnvoll nutzen. Schließlich kann kein Auto oder Sofa glücklich werden, sondern nur der Geist. Deshalb sollte man auch sein Glück dort suchen. Buddha war Fachmann auf diesem Gebiet, er bezweckte mit seinen Belehrungen nur das Ziel, klar zu machen, dass jeder den Geist kennen lernen und über deren schrittweise Anwendung letztendlich glücklich werden konnte. Diese kostbare Möglichkeit, sein Leben mit buddhistischen Mitteln bewusst zu gestalten, ist der erste Grundgedanke. Nur wenige haben einen Zugang zu zeitlosen Wahrheiten und noch viel weniger nutzen ihn.

Viele sind sich zu Beginn einer Beziehung der sehr besonderen Umstände, Gutes miteinander teilen zu können, sich gegenseitig Freude zu schenken, neue Welten zu entdecken und die Nächte in bester Gesellschaft zu verbringen, bewusst und froh darüber. Es ist sehr hilfreich, sich dieses Geschenks täglich zu erinnern. So erhalten Schwierigkeiten weniger Gewicht und Dankbarkeit für den Augenblick entsteht.

Leider weiß kaum jemand, wie man die Bedingungen dazu »überreden« kann zu bleiben. Geht man mit offenen Augen durch die Welt, liest kluge Zeitungen und findet am Abend Zeit für eine Nachrichtensendung, entsteht ein buntes Bild: Man sieht überall glückliche und unglückliche Menschen, frisch Verliebte und Trauernde, fröhliche oder schwierige Verhältnisse. Je genauer man hinschaut, desto mehr erkennt man, dass sowohl die Gemütszustände der Menschen in ständiger Veränderung begriffen sind als auch das, was unseren Sinnen als völlig fest und wirklich erscheint. Nichts auf der Welt, ja nicht einmal die Welt selbst ist schon immer da gewesen und nichts wird ewig bleiben. Dies ist der zweite Grundgedanke: Alles ist vergänglich. Da auch der Geliebte morgen schon sterben oder davongelaufen sein könnte, lohnt es sich nicht, nachtragend zu sein. Die Einsicht in die Vergänglichkeit aller Dinge, in die Umstände, die sie bedingen, und der sinnvolle Umgang mit Veränderung sind nicht nur ein gutes Mittel zur Erhaltung der Frische in einer Partnerschaft, sondern für alles im Leben. Ist man sich der unglaublich günstigen Lage bewusst, in der man sich als gut ausgebildeter Westeuropäer sowohl historisch, politisch als auch sozial im Vergleich zum größten Teil der Menschheit befindet, will man keine Zeit mehr verschwenden. Man möchte dann die kostbaren Augenblicke nicht einfach genüsslich zerfließen lassen, sondern sie auch für die geistige Entwicklung nutzen. Anstatt darüber zu klagen, dass der Liebste zu einer anderen ging oder das Bett zu wenig Falten »am Morgen danach« hat, ist man froh darüber, dass man sich verlieben darf, in wen man will, und selbst bestimmen kann, wann und wen man heiratet, und schätzt die vielen Freiheiten, die man hat, bei dem, was man denkt, fühlt und sagt.

Das heißt nicht, dass man zu allem ja sagen oder sich unabänderbaren Bedingungen oder äußeren Mächten beugen muss. Niemand ist hilflos dem ständigen Wechsel der unterschiedlichen Lebenslagen ausgeliefert, denn sie entstehen nicht durch die »anderen« oder den Zufall. Was unser Leben bis heute bestimmt, ist unser eigenes Handeln. Ob eine Beziehung freudvoll und bereichernd heranwächst oder eine Schlammschlacht erster Güte daraus wird, kann man je nach Enge oder Weite der Bedingungen mehr oder weniger selbst entscheiden. Wird dies wirklich verstanden und sieht man dabei ein, dass vergeudete Augenblicke nicht wiederkehren werden, ändert sich vieles in einer Partnerschaft. Man ist mit dieser Erkenntnis eher bereit, auf halbe Sachen, Selbstbezogenes oder Freudloses zu verzichten und den schwankenden und wieder vergehenden Stimmungen nicht nachzugeben. Statt zu klagen und Fehler zu finden, wünscht man lieber dem anderen und sich selbst eine gesicherte geistige Ebene.

Jeder bringt eine Menge Eindrücke vom letzten Leben mit, die jetzt Kulturkreis, Körper, Gesundheit, Begabungen und Neigungen bestimmen. Diese können derart schwer wiegende Auswirkungen haben, dass viele von »Schicksal« reden. Das ist verständlich, umfasst aber nicht das ganze Bild. Man kann die Umstände, in denen man lebt, ändern. Sich dieser Möglichkeit zunehmend bewusst zu werden, ist Inhalt des dritten Grundgedankens: Man beschäftigt sich mit dem Gesetz von Ursache und Wirkung – Karma. Es gibt zwar Ursachen, die gerade heranreifen und denen man weitgehend ausgeliefert ist, doch man bestimmt mit Gedanken, Worten und Taten die weitere Zukunft selbst. Was man erfährt, ist das Ergebnis eigener Handlungen und hat mit einem selbst zu tun! In jedem Augenblick entscheidet zum Beispiel die gegebene oder verweigerte Liebe, was später in einer Beziehung geschieht. Sogar im Augenblick eines aufziehenden Dramas kann man bewusst nützliche Eindrücke in die Welt setzen, die das Tor zu Bereichen der Freude und des Sinnvollen aufstoßen und so eine Entwicklung hin zu dauerhaften Werten, Liebe und Überschuss anregen. Denn niemand anderes ist für das eigene Leben verantwortlich, nur man selbst. Ist die Lage zwischen beiden schwierig, gibt man dem anderen nicht mehr zwangsläufig die Schuld für den Streit, sondern findet bewusst einen Weg für beide aus der verstrickten Lage heraus. Wer sollte es sonst tun? Wartet man auf den Partner, wird man abhängig vom anderen und ist seinen schlechten Launen ausgesetzt. Jeder hat die Freiheit, sich tatkräftig einzusetzen, um einen Streit zu beenden. Das ist keine Frage von Schuld haben oder nicht. Am Ende gewinnen beide.

Leider erkennen hauptsächlich diejenigen »mit schlechten Karten« ihre Möglichkeiten nicht. Man kann es sich bildlich so vorstellen: Wer viel Schlechtes getan hat, ist in der Lage eines Mannes, der am Ende eines langen Flures wohnt und von dem die Polizei oder irgendwelche Verbrecher etwas wollen. Seine Lage ist deutlich begrenzt und er hat wenig Handlungsspielraum. Wer im Gegensatz dazu viel Gutes in die Welt setzte, erlebt die Welt als freundlich und unbegrenzt. Er erfährt unermessliche Möglichkeiten, die dem Geist innewohnen. In diesem Fall öffnet die Polizei einem die Tür und die Gangster geben ihren Pflichtteil ab.

Der vierte Grundgedanke spricht den Beweggrund für die geistige Entwicklung selbst an. Es ist nicht nur sinnvoll, sich die Frage nach dem Sinn und Zweck des Lebens zu stellen, sondern sich auch ab und zu im Hinblick auf seine Beziehung zu fragen, wohin sich diese entwickeln soll. Was ist das gemeinsame Ziel? Warum wollen wir eine glückliche Partnerschaft führen? Allein um die Zeit zu vertreiben oder weil es Freude und Sinn bringt, sich gemeinsam zu entfalten? Es lohnt sich, an sich zu arbeiten, denn man lernt nichts, wenn man das Leben nur vermeidet: Man wird auf äußerer Ebene anziehend für andere, entwickelt innere Werte, die Freude und Sinn bringen, und bejaht das Zusammensein, sodass der Partner bei einem bleiben möchte. Viele einsame Menschen sind sich dessen nicht bewusst und ahnen nicht, dass sie selbst mitverantwortlich für ihr Alleinsein sind.

Sich dieser Vier Grundgedanken zu erinnern hilft einem, die Rahmenbedingungen des Lebens genauer zu erkennen. Sie unterstützen Buddhisten, sinnvoll zu leben, und bestärken sie in ihrer geistigen Entwicklung. In einer Beziehung helfen sie, die Kostbarkeit der gemeinsamen Zeit wertzuschätzen und sich mit möglichst viel Überblick entsprechend beziehungsförderlich zu verhalten. Man ist weniger in den kleinen Alltagssituationen gefangen, sondern sieht das Gesamte und ist sich der eigenen und der gemeinsamen Entwicklungsfelder bewusst. Die größten Gestaltungsmöglichkeiten für eine glückliche Partnerschaft erhält man, wenn man die Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung kennt und anwendet.

Die Vier Grundgedanken

 

Wir erkennen unsere kostbare Möglichkeit, zahllosen Wesen mit den Mitteln eines Buddhas nützen zu können. Nur wenige begegnen seinen Lehren und noch weniger sind fähig, sie zu verwenden.

 

Wir erinnern uns an die Vergänglichkeit aller Dinge: Nur die offene, klare Unbegrenztheit des Geistes ist dauerhaft. Niemand weiß, wie lange die Bedingungen bleiben werden, um dies Gewahrsein zu erkennen.

 

Wir denken über Ursache und Wirkung nach, darüber, dass wir selbst bestimmen, was geschieht. Frühere Taten, Worte und Gedanken wurden zu unserer heutigen Welt. Wir säen ständig die Samen für unsere Zukunft.

 

Schließlich machen wir uns klar, warum wir mit dem Geist arbeiten: Erleuchtung bedeutet zeitlose höchste Freude, und wir können nur wenig für andere tun, solange wir selbst verwirrt sind oder leiden.

Das Leben begreifen

Die nüchterne Einsicht in Ursache und Wirkung erleichtert zutiefst und macht die Welt verständlich. Was einem im Leben auf den ersten Blick als ungerecht und gemein erscheint, lässt sich damit einleuchtend erklären, und nicht nur das. Karma macht deutlich, warum weltweit die äußeren wie inneren Umstände der Wesen so unterschiedlich sind. Buddha zeigte darüber hinaus, wie man dieses wie künftige Leben sinnvoll zum Besseren steuern kann, und eröffnet dadurch vielfältige Handlungsmöglichkeiten. Durch sie wird man fähig, sein Leben so zu lenken, dass man Glück und Sinn für andere und sich selbst schafft und gleichzeitig die Ursachen von Schwierigkeiten rechtzeitig vor der Wirkung umformt oder entfernt. Das Gesetz von Ursache und Wirkung gilt tatsächlich überall, nicht nur in technischen Anwendungen oder der unbelebten Natur. Auch für das Zwischenmenschliche und das eigene Innenleben ist es bestimmend. Selbst wenn viele Bereiche wie das Wetter, die Lottozahlen, die Gesellschaft oder eine Partnerschaft durch zahllose Bedingungen bestimmt werden und aus diesem Grund nicht im Voraus berechenbar sind: Ihre Grundlage bleiben heranreifende Schichten von Ursache und Wirkung. Man erfährt ausschließlich das, was man selbst an Gedanken, Worten und Taten in die Welt gesetzt hat.

Wenn Karma heranreift, erntet man, was man säte. Da Ursache und Wirkung viele Leben überspannen und der Mensch außerdem höchst vergesslich ist, verstehen viele nicht, warum ihnen bestimmte Dinge widerfahren. »Warum laufen mir die ganze Zeit die Partner davon?« »Warum finde ich keine Liebesbeziehung, die von Dauer ist?« Geschehnisse und Erfahrungen, deren Ursachen nicht unmittelbar durch dieses Leben verständlich werden, sind oft Ergebnisse von Handlungen oder starken Wünschen aus früheren Lebenszeiten.

Bis zu Beginn der Pubertät verarbeitet man vornehmlich die Eindrücke des letzten Lebens. Wenn danach der starke Motor der Hormone mit seinen unzähligen Gefühlen angekurbelt wird, entsteht das Karma dieses Lebens. Mit sechzig sieht man den Gesichtern der Menschen meistens schon an, wie die nächste Runde laufen wird und auf welche Wiedergeburt sie zusteuern.