Buen vivir - Alberto Acosta - E-Book

Buen vivir E-Book

Alberto Acosta

4,9

Beschreibung

Ein Gespenst geht um in unserer Welt: das Gespenst der Entwicklung. Das Konzept des ständigen Wachstums und das Streben der ganzen Welt, so zu leben wie die Gesellschaften des globalen Nordens, sind gescheitert. Doch was ist die Alternative? Ein vielversprechender Vorschlag kommt aus Lateinamerika: Buen vivir ist ein zentrales Prinzip in der Weltanschauung der Völker des Andenraumes und kann als 'Zusammenleben in Vielfalt und Harmonie mit der Natur' verstanden werden. Anknüpfungspunkte zu westlichen Vorstellungen nachhaltiger Lebensweisen sind unübersehbar. Das Buch ist voller Inspiration, um über unser Verhältnis zur Natur, über gesellschaftliche Teilhabe und über lebendige Demokratie neu nachzudenken, frei nach dem Motto: Gutes Leben für alle statt Dolce Vita für wenige!

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Seitenzahl: 282

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Alberto Acosta
Buen Vivir
Vom Recht auf ein gutes Leben
Aus dem Spanischenvon Birte Pedersen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Deutsche ErstausgabeCopyright der Originalausgabe »Buen Vivir Sumak Kawsay«:© 2012 Alberto AcostaOriginal erstmals veröffentlicht bei: Abya Yala, Ecuador 2012Copyright der Deutschen Ausgabe:© 2015 oekom verlag MünchenGesellschaft für ökologische Kommunikation mbH,Waltherstraße 29, 80337 München
Umschlagillustration: © La Suerte, www.behance.net/lasuerte
Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, MünchenLektorat: Helga Gläser, Susanne Darabas, Laura KohlrauschKorrektorat: Maike SpechtInnenlayout, Satz: Ines Swoboda, oekom verlag
E-Book: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
Alle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-86581-905-5
Wenn ich mir die Welt meiner Enkelkinder vorstelle …Die Aufgabe ist nicht vollbracht. Sie steht gerade erst am Anfang. Und wird auch immer am Anfang stehen …
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Vorbemerkung
EinführungDer schwierige Aufbau einer Utopie
1  Die Wege der Hölle kennen, um sie zu meiden
2  Das »Gute Leben« – ein globaler Vorschlag
3  Die Entwicklung – von der Euphorie zur Ernüchterung
4  Das »Gute Leben« – eine Alternative zur Entwicklung
5  Risiken und Gefahren für das »Gute Leben«
6  Das »Gute Leben« und die Rechte der Natur
7  Der Aufbau eines plurinationalen Staats – eine komplexe Herausforderung
8  Eine andere Wirtschaft für eine andere Zivilisation
AusblickDie Debatte ist im Gang
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Über den Autor

Vorwortzur deutschen Ausgabe

Unser einseitig auf Wachstum fixiertes Modell der Entwicklung, mit dem die westliche Welt zulasten von Umwelt und sozialer Gerechtigkeit ihren Wohlstand erwirtschaftet hat, stößt aufgrund des globalen Bevölkerungswachstums und des steigenden Verbrauchs endlicher Ressourcen an seine Grenzen. Doch während unser Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell die planetarischen Grenzen immer stärker gefährdet, haben die sozioökonomischen Ungleichheiten trotz eines beachtlichen BIP-Zuwachses in den letzten Jahrzehnten national wie international zugenommen. Angesichts der vielfältigen Krisen in der globalen Ordnung zieht die Debatte über den notwendigen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft immer weitere Kreise, weltweit hat die Suche nach alternativen Gesellschaftsentwürfen Fahrt aufgenommen.
In Lateinamerika ist der Diskurs über Alternativen zum neoliberalen Paradigma seit den Elitenwechseln in Ecuador und Bolivien in der Mitte der 2000er Jahre eng mit dem indigenen Konzept des »Buen Vivir/Vivir Bien« – dem »Guten Leben« – verbunden. Als Vorsitzender der verfassunggebenden Versammlung war Alberto Acosta maßgeblich an der Verankerung des »Buen Vivir« in der ecuadorianischen Verfassung beteiligt. Aufbauend auf diesen Erfahrungen, zeigt er in diesem Buch das Potenzial des »Buen Vivir« als Ausgangspunkt für einen gesellschaftlichen Gegenentwurf zum vorherrschenden Entwicklungsmodell. Sein radikales Plädoyer für eine Redefinition vom Verhältnis zwischen Mensch und Natur geht dabei weit über die bloße Kritik am Konzept der Entwicklung hinaus. Es liefert Denkanstöße, die auch die hiesigen Debatten um Postwachstum, Degrowth und die Frage, wie wir zukünftig leben wollen, befruchten können. Das Gute Leben ist dabei kein fertiges Konzept, es bietet jedoch wichtige Ansatzpunkte für die unumgängliche Diskussion einer Transformation hin zu sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen.
Christian Denzin
Lateinamerika-Referat der Friedrich-Ebert-Stiftung

Vorbemerkung

Wenn man über das »Gute Leben«, das »Buen Vivir« oder »Sumak Kawsay« sprechen möchte, muss man die Erfahrungen, Visionen und Vorschläge der Völker zu Wort kommen lassen, die innerhalb und außerhalb der Welt der Anden und des Amazonas leben. Sie versuchen, miteinander und mit der Natur in Harmonie zu leben, und blicken auf eine lange und reiche Geschichte zurück, die bisher noch recht unbekannt ist und manchmal auch manipuliert wurde. Es muss uns klar sein, dass die indigenen Völker weder vormodern noch zurückgeblieben sind. Ihre Werte, ihre Erfahrungen und ihre Praxis bilden eine lebendige Zivilisation, die mit den Problemen der kolonialen Modernität konfrontiert ist. Es ist ihnen gelungen, sich ihre Ressourcen anzueignen, um auf ihre eigene Art und Weise einem inzwischen schon 500 Jahre währenden Kolonialismus zu widerstehen. Dabei haben sie die Vision einer anderen Zukunft entwickelt als der, die wir heute vor Augen haben, und ihre Ansätze können, wie wir im Weiteren noch sehen werden, die globalen Debatten bereichern.
Man kann über die Frage des »Guten Lebens« nicht aus einem von den gesellschaftlichen Prozessen isolierten akademischen Elfenbeinturm aus schreiben. Mit anderen Worten: Man braucht die Erfahrungen und Kämpfe der indigenen Bevölkerung, die jedoch nicht ausschließlich in den Anden und im Amazonasgebiet angesiedelt ist. So sind also die hier zu lesenden Zeilen, für die der Verfasser die alleinige Verantwortung übernimmt, weder das Produkt einer Einzelperson, noch sollten sie als alleinige Wahrheit verstanden werden.
Mit diesem bescheidenen Beitrag soll nicht nur die Debatte weiter angeregt werden, darüber hinaus sollen auch Ideen für ein praktisches Handeln beigesteuert werden.
Es geht nicht um ein optimales materielles Akkumulationssystem. Auch reicht es nicht, die gesammelten Früchte besser zu verteilen oder umzuverteilen. Und ganz bestimmt geht es nicht darum, etwas Vorhandenes besser machen zu wollen, in der Hoffnung, dass die Ergebnisse dann zufriedenstellend ausfallen werden. Es sollen also keine Ideen und Allgemeinplätze bemüht werden, um das System zu flicken. Nichts von alledem.
Die Welt braucht tief greifende, radikale Veränderungen. Es muss dringend die vereinfachende Auffassung überwunden werden, dass der Ökonomismus die Gesellschaft bestimmt. Vonnöten sind eine andere Form gesellschaftlicher Organisation sowie eine neue politische Praxis. Um das zu erreichen, muss Kreativität geweckt und wieder auf das Leben gesetzt werden. Nur so können wir vermeiden, zu reinen Vollstreckern veralteter Verfahren und Rezepte zu werden.
Das »Gute Leben« oder, wie wir weiter unten sehen werden, die Formen des guten Zusammenlebens bieten die Chance für den Aufbau einer anderen Welt als die, die wir heute kennen. Das ist jedoch nicht durch radikale Diskurse zu erreichen, bei denen Worte und Taten nicht kohärent sind. Ja: Eine andere Welt wird möglich sein, wenn sie demokratisch erdacht und geschaffen wird und Menschenrechte und die Rechte der Natur ihre Grundlagen bilden.

Zum Aufbau des Buches

Das Einführungskapitel zeichnet einen konkreten Versuch nach, einen Schritt hin zu einer anderen Welt zu machen – mit der Yasuní-ITT-Initiative, die erreichen wollte, dass Ölvorkommen unter einem ecuadorianischen Nationalpark unangetastet bleiben und die Natur damit explizit als Rechtssubjekt anerkannt wird. Nachdem hier bereits zu Anfang offenbar wird, wie schwierig es ist, die Utopie eines »Guten Lebens« umzusetzen, sind wir doch sogar noch überzeugter von ihrer Machbarkeit. Aber um uns auf den Weg zu vielversprechenden neuen Welten zu machen, müssen wir zuerst die Wege der Hölle kennen, um sie zu meiden, wie Niccolò Machiavelli es so treffend ausdrückte; ein Streben, dem wir im ersten Kapitel dieses Buches nachgehen werden. Im Anschluss daran wird das Konzept des »Guten Lebens« aus einer globalen Perspektive heraus angesprochen, und dabei wird die Frage untersucht, ob seine vorwiegend aus dem Globalen Süden stammenden Ideen im Globalen Norden irgendeine Unterstützung erhalten.
Die Debatte des »Buen Vivir« oder »Sumak Kawsay« kommt aus jenen Ländern, die sich danach sehnen, Fortschritt zu erlangen: Mit diesem historischen Zusammenhang im Hinterkopf wird im dritten Kapitel zu klären versucht, wie gerade in diesen Ländern ein Konzeptvorschlag entstehen konnte, der zur breiten Ernüchterung gegenüber dem Konzept der Entwicklung führt. Von dieser Enttäuschung aus beschreiten wir den Weg zu Alternativen der Entwicklung, ohne die Risiken und Gefahren zu verbergen, die diese mit sich bringen; beides wird in Kapitel vier und fünf zu betrachten sein.
Dem Vorschlag zur Einräumung von Rechten für die Natur wird, wegen seiner kulturellen Tragweite, in Kapitel sechs ein eigener Platz eingeräumt; dies ist ein Thema, das zweifelsohne nicht nur zu globalem Umdenken, sondern auch zu globaler Aktion aufruft: Aus unserer Sicht sollte es eine universelle Erklärung der Rechte der Natur geben. Die komplexe Herausforderung des Aufbaus eines plurinationalen Staates, die in Kapitel sieben diskutiert wird, ist als Thema nicht nur in der indigenen Welt der Anden und des Amazonas relevant, sondern auch in den heutigen europäischen Ländern, in denen die Ausschreitungen der Intoleranz zeigen, dass die Idee eines uninationalen Staates äußerst problematisch und der Realität nicht angemessen ist.
Ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden soll die Notwendigkeit einer anderen Wirtschaft für die angestrebte andere Zivilisation; eine Herausforderung, die der Basis der momentan vorherrschenden Wirtschaft und ihren scheinbar so unbestreitbaren Regeln entgegengesetzt ist. Das achte Kapitel möchte unbeirrbar die Debatte um den demokratischen Aufbau einer Welt vorantreiben, in der allen Lebewesen ein würdiges Leben in Harmonie mit der Natur sicher ist.

Zum Entstehungsprozess

In dieses Buch sind einige frühere Arbeiten des Autors eingeflossen. Mehrere der Texte sind das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen. Vor allem wurden sie jedoch während der intensiven Phasen der Vorbereitung, Ausformulierung und unvollendeten Gestaltung der Debatte um die neue Verfassung von Montecristi gespeist. Auf ihr basieren die auf diesen Seiten wiedergegebenen Überlegungen und Schlussfolgerungen.
Zusätzlich wurden die Überlegungen – in einem langen Aufbauprozess – auch durch die Beiträge und die Kritik von Eduardo Gudynas, Esperanza Martínez, Joan Martínez Alier, José María Tortosa, Jürgen Schuldt, Koldo Unceta und Paco Rhon bereichert, die ich hier in streng alphabetischer Reihenfolge ihrer Vornamen nenne. José María danke ich vor allem für seine wertvollen Bemerkungen und seine Fragen zu diesem Text. Allen gebührt in Freundschaft mein besonderer Dank.
Frühere Versionen dieses Buchs sind auf Spanisch in Ecuador (Abya Yala 2012) und Spanien (Icaria 2013) sowie auf Französisch (Utopia 2014) erschienen. Für die deutsche Version habe ich mehrere Punkte aktualisiert und erweitert sowie einige Überlegungen aufgenommen, die während einer intensiven Rundreise durch Deutschland als Begleiter der Grupo Sal und bei der Analyse neuer Beiträge entstanden sind.

EinführungDer schwierige Aufbau einer Utopie

Die Welt steht an einem Scheideweg. Die Situation ist extrem kompliziert. Um die gegenwärtige Kultur und den hohen Lebensstandard einer kleinen Minderheit von Menschen zu erhalten, müssen die Mühlen des Fortschritts ständig angetrieben werden. Das führt zu einer immer größeren Güterproduktion und stetig steigendem Konsum, der wiederum eine ständig wachsende Nachfrage nach natürlichen Rohstoffen zur Folge hat. Wir müssen akzeptieren, dass es trotz dieses ›Fortschritts‹ nicht gelungen ist, die Armut großer Teile der Weltbevölkerung oder zumindest den Welthunger zu besiegen, obwohl wir heute über eine in der Menschheitsgeschichte nie zuvor erreichte Fülle an wissenschaftlichen Errungenschaften verfügen, die durchaus die Möglichkeit mitbringt, allen Lebewesen auf dem Planeten ein würdiges Leben zu bescheren.
Die Realität zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Menschheit nicht in den Genuss des sogenannten Fortschritts kommt und dass all der Aufwand ihre Lebensqualität in keinster Weise verbessert hat. Selbst jene, welche die unmenschlichste Stufe der Armut überwunden haben, leben in ständiger Bedrohung, in die Armut zurückzufallen, und in einer steigenden Frustration darüber, dass das Ideal eines Lebens in Wohlstand in immer weitere Ferne rückt. Auf diesem krummen Weg der Entwicklung beginnen sich die Risse eines Systems zu zeigen, das die Grundlagen nachhaltigen Lebens zerstört. Die biophysischen Grenzen des Planeten werden alarmierend überschritten.
»Das Prinzip der Entwicklung präsentiert sich schon jetzt wie ein Weg ohne Zukunft.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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