Bunt gewinnt! - Beate Hackmann - E-Book

Bunt gewinnt! E-Book

Beate Hackmann

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Beschreibung

Wie Unternehmen die Kraft der Vielfalt nutzen und die Kompetenz der Mitarbeiter gewinnbringend einsetzen!

In der Vielfalt steck die Kraft! Eine heterogene Mitarbeiterschaft steigert beispielsweise die Problemlösefähigkeit, die Kreativität und auch die Flexibilität. Doch wie lassen sich die unterschiedlichsten Mitarbeiter – seien es die Generationen X, Y oder Z, unterschiedliche Ethnien oder Geschlechter – mit ihren jeweils ganz eigenen Weltansichten tatsächlich unter einen Hut bringen und trotz der Heterogenität ein zielgerichtetes Miteinander erreichen?
Dieses Werk gibt anschaulich und unterhaltsam Antworten! Es zeigt, wie Sie die Kraft der Vielfalt nutzen und die Kompetenz Ihrer Mitarbeiter gewinnbringend einsetzen. Und ganz nebenbei Begeisterung für die Arbeit schaffen – leuchtende Augen und volle Motivation inklusive. Kurzum: Wie der Weg in die Zukunft geebnet wird und somit bunt gewinnt.

Highlights
- Bessere Entscheidungen treffen
- Innovationskraft, Kreativität und Freude an der Arbeit steigern
- Führungskräfte entlasten – Menschen einbinden
- Viele Beispiele und konkrete Handlungsempfehlungen

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Beate Hackmann

Bunt gewinnt! Die Vielfalt der Mitarbeiter nutzen

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.

Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen­ und Markenschutz­Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2017 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de

Lektorat: Lisa Hoffmann-Bäuml Herstellung: Thomas Gerhardy Umschlaggestaltung: Stephan Rönigk

ISBN 978-3-446-44928-2 E-Book ISBN 978-3-446-44987-9

Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0.1

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

Vorwort

1 Zum Einstieg

1.1 Vom Reiz und vom Wert der Vielfalt

1.2 Studien, Untersuchungen und Gewinnaussichten ‒ eine kleine Auswahl

1.3 Zum Aufbau des Buchs

2 Vielfalt als Erfolgspotenzial entdecken statt Diversity managen

2.1 Großer Einsatz, magerer Gewinn?

2.2 Wie sieht der Umgang mit Heterogenität in der Praxis aus?

2.3 Erfolgsaspekte der Vielfalt

2.4 Kurz und knapp

2.5 Handlungsempfehlungen

2.6 Literaturverzeichnis

3 Neue Töne in der Führung

3.1 Früher die Regel, noch immer gern praktiziert: autoritärer Führungsstil

3.2 Junge Generationen und Führung

3.3 Das Führungs-Ist: freudlos für alle Seiten

3.4 Führungsstile in Forschung und Lehre

3.5 Persönlichkeit und Führungsstil ‒ Einfluss und Risiken

3.6 Richtige Kommunikation

3.7 Gewinn aus guter Führung

3.8 Kurz und knapp

3.9 Handlungsempfehlungen

3.10 Literaturverzeichnis

4 Führen heißt Menschen kennen

4.1 Der beste Kandidat ‒ die beste Kandidatin

4.2 Persönlichkeitstests ‒ eine objektive Lösung?

4.3 Der Nutzen der besseren Menschenkenntnis

4.4 Wohlbefinden am Arbeitsplatz ‒ ein überschätzter Faktor?

4.5 Emotionen erlaubt ‒ emotionale Intelligenz schafft Wohlbefinden

4.6 Das Thema Stärken

4.7 Kurz und knapp

4.8 Handlungsempfehlungen

4.9 Literaturverzeichnis

5 Miteinander reden und dann entscheiden

5.1 Entscheidungen im Wandel

5.2 Perfekte Entscheidungen

5.3 Mehrheits- contra Einzelentscheidung

5.4 Die Liebe zum Nebel ‒ wie viel Information darf es sein?

5.5 Kurz und knapp

5.6 Handlungsempfehlungen

5.7 Literaturverzeichnis

6 Stark statt steif ‒ die neue Organisation

6.1 „Oben ohne“ ‒ ganz ohne Chef?

6.2 Weniger und flexibler arbeiten

6.3 Kurz und knapp

6.4 Handlungsempfehlungen

6.5 Literaturverzeichnis

7 Wie gute Gründe motivieren

7.1 Gute Gründe I: Bedürfnisse

7.2 Gute Gründe II: persönliches Wachstum und einen Beitrag leisten können

7.3 Gute Gründe III: Bedürfniserfüllung als Temperaturfühler

7.4 Gute Gründe IV: Werte ‒ und gelungenes Zusammenwirken

7.5 Gute Gründe V: Vision und Sinn

7.6 Gute Gründe VI: Ziele

7.7 Gute Gründe VII: Inspiration

7.8 Kurz und knapp

7.9 Handlungsempfehlungen

7.10 Literaturverzeichnis

8 Vertrauen ‒ nicht einfach, aber gewinnbringend

8.1 Was können Regeln regeln?

8.2 Betrug und Regelbrüche

8.3 Exzessive Regelungen nehmen Handlungsspielräume

8.4 Vertrauen ist und hat Wert

8.5 Der bessere Weg: Kontrolle, aber sinnvoll

8.6 Kurz und knapp

8.7 Handlungsempfehlungen

8.8 Literaturverzeichnis

9 Warum Schnelligkeit kein Selbstzweck ist

9.1 Was beschleunigt und wie lässt sich das bremsen?

9.2 100 Prozent Auslastung

9.3 Umstrukturierung: Alles muss schnellstens anders werden

9.4 Kurz und knapp

9.5 Handlungsempfehlungen

9.6 Literaturverzeichnis

10 Jenseits der Selbstaufopferung

10.1 Sich selbst unter Druck setzen

10.2 Du bist, wie du denkst ‒ die inneren Störenfriede

10.3 Veränderungen beginnen mit guten Fragen

10.4 Ein Hoch dem Müßiggang

10.5 Die Dinge richtig tun ‒ die richtigen Dinge tun

10.6 Kurz und knapp

10.7 Handlungsempfehlungen

10.8 Literaturverzeichnis

11 Darum haben Sie dieses Buch gelesen!

12 Die Autorin

Vorwort

Sind Sie wirklich begeistert von:

dem Erfolg Ihres Unternehmens?

der Entwicklung und den Zukunftsperspektiven Ihres Unternehmens?

der Erfolgsquote von Entscheidungen?

dem Zusammenwirken der Menschen, die Sie umgeben?

dem Potenzial, das Ihre Mitarbeiter entfalten?

der Bindung und Gewinnung geeigneter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen?

dem Zeitaufwand, den Sie für die Lösung von Problemen aufbringen?

Und nicht zuletzt: Können Sie und Ihre Mitarbeiter Ihr volles Potenzial nutzen?

Wenn Ihre Antworten „ja“ lauten, lohnt sich Weiterlesen nicht. Denn Zufriedenheit ist kein Ansporn für Verbesserungen! Aber wenn Sie nicht rundum zufrieden sind, denken Sie einmal darüber nach, was wäre, wenn:

Sie den Unternehmenserfolg kurz- bis mittelfristig um zum Beispiel 30 Prozent steigern könnten?

Sie die Mittel hätten, um Ihr Unternehmen besser und leichter auf die Anforderungen der Zukunft auszurichten?

Sie deutlich merkbar gesündere Mitarbeiter hätten?

Sie deutlich weniger gestresste Mitarbeiter hätten ‒ und selbst weniger gestresst wären?

Ihre Mitarbeiter bis in späte Arbeitsjahre hinein aufgeschlossener, leistungsfähiger und interessierter am Unternehmen wären ‒ und Sie ebenfalls?

Ihre Mitarbeiter innovativer wären ‒ so wie Sie auch?

Ihre Mitarbeiter einen deutlich höheren Teil ihrer Gehirnkapazität einbringen könnten?

Ihre Mitarbeiter und Sie selbst auch privat ein schöneres Leben führen würden?

Wenn das für Sie lohnende Ziele sind, sollten Sie weiterlesen. Und auch wenn Sie Anregungen erwarten und eine Lektüre, die Ihnen Freude am Thema macht und Storys und Empfehlungen anbietet, unter denen Sie nach Bedarf und Dringlichkeit wählen können.

Die Lektüre lohnt sich natürlich auch, wenn Sie für Ihren Unternehmensalltag die Fragen nicht begeistert bejahen konnten.

Die Studie Deutscher Industrie 4.0 Index der Staufen AG beschäftigt sich mit der zunehmenden Digitalisierung und vernetzten Fabriken in der Unternehmens- und Arbeitswelt. Dabei klingt an, dass die deutsche Wirtschaft zwar eine Spitzenposition für sich reklamiert, die Staufen AG stellt jedoch eine „passive Schockstarre“ der Mehrheit der befragten 140 Unternehmen fest, während die Konkurrenz vorbeiprescht. Die „smart factory“ benötige angepasste Führungsstrukturen, schnelle und situative Steuerung, dezentrale Entscheidungsmechanismen, gute Kommunikation und einen teamorientierten Führungsstil. Die Mitarbeiter seien nicht gut vorbereitet, dabei sei zu erwarten, dass die Quote qualifizierter Stellen zunehme. Auch in anderen Umfragen zeigt sich, dass die Anforderungen an die Menschen steigen, sie qualifiziertere Arbeit leisten müssen, selbstständiger arbeiten und mehr entscheiden werden. Wissenschaftler und Praktiker nehmen an, dass die meisten Menschen bei ihrer Arbeit nur rund 15 Prozent ihrer Gehirnkapazität nutzen.

Im Alltag sind innere Kündigungen, Krankheiten und viele Widrigkeiten mehr die Regel. Und das liegt mehr an verbesserungswürdigen Rahmenbedingungen als an fehlendem guten Willen. Methoden wie Lean Production, Prozessoptimierung und Sparen waren eine lange Zeit nach ihrer erstmaligen systematischen Nutzung hilfreich, scheinen jedoch zumindest allein nicht mehr die Lösung für die Fragen der Zukunft zu sein. Die Produktivität steigt zur Verwunderung der Wissenschaft in Deutschland und anderen europäischen Staaten nicht mehr (Jörg Feld, Wirtschaftsprofessor und Mitglied des Sachverständigenrats Wirtschaft, Badische Zeitung vom 11.11.2015).

Der Wettbewerb ist hart, Zeit scheint ein immer knapperes Gut zu werden. Wirtschaftliche und technische Veränderungen, demografische und gesellschaftliche Entwicklungen fordern uns heraus. Klassische Führungs- und Managementmethoden werden zu Rate gezogen, liefern jedoch keine Patentrezepte mehr. Die Anforderungen an Strategien und Visionen von Unternehmern wachsen.

Ohne die kluge Nutzung von Heterogenität können Unternehmen der Vielfalt der Anforderungen, die auf sie zukommen, nicht bestmöglich entsprechen. Wie die Kraft der Heterogenität in den richtigen Rahmenbedingungen dazu beitragen kann, wettbewerbsfähig zu bleiben, und gleichzeitig den Menschen einen Nutzen in Form eines besseren Arbeitslebens bietet, statt sie auszunutzen, erfahren Sie auf ebenso informative wie unterhaltsame Weise in diesem Buch.

Wenn Sie mit dem bisherigen Zustand unzufrieden sind und das Ziel haben, in Ihrem Gebiet, vielleicht im ganzen Unternehmen, Veränderungen einzuleiten, lassen Sie sich jetzt inspirieren. Richten Sie den Fokus noch klarer in Richtung Zukunft aus.

Für wen dieses Buch geschrieben wurde

Es eignet sich für Führungskräfte und Manager (womit jeder gemeint ist, der seinen Bereich zu leiten hat und dabei mit anderen zusammenarbeitet) in Unternehmen und Organisationen. Und für diejenigen, die sich in Führung und Management einbringen wollen, und das auf Basis bestmöglicher, d. h. ergebnisbringender Zusammenarbeit. Außerdem generell für die, die sich gegen das Jammern und für die Aktivität entschieden haben, in dem Wissen, dass Veränderung bei jedem Einzelnen beginnt.

Ein Buch für Menschen also, die Dinge zum Besseren wenden, mehr Vielfalt in ihrem Unternehmen, ihrem Leben erwirken wollen. Die etwas daran verändern wollen, dass vieles auf ewig gleiche Weise geschieht ‒ mit den gleichen, oft unbefriedigenden Ergebnissen. Wie das Einstein zugesprochene Zitat sagt: Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

Die Auswirkungen der im Buch beschriebenen Veränderungen können sich auch ins Privatleben erstrecken ‒ mit besseren Beziehungen und mehr gemeinsamen Träumen, mehr Verständnis und gemeinsamer Zielerreichung. Denn wo so viel Potenzial zusammenwirkt, können bei gutem Willen nur unglaublich gute Resultate entstehen ‒ nicht zuletzt auf menschlicher Ebene.

Vor wissenschaftlichem Hintergrund, leicht lesbar und verständlich, werden zentrale Themen und praktische Lösungsansätze vorgestellt. Beispiele aus der Praxis zeigen: Bessere Vorgehensweisen gibt es schon. Gehen Sie mit auf die Erkundungsreise, ergänzen Sie Ihr Wissen und nehmen Sie Anregungen für die Praxis mit, wo notwendig und sinnvoll im Tempo Ihrer Wahl! Ich wünsche Ihnen viel Freude und viel Erfolg dabei.

Seelbach, Herbst 2016 Beate Hackmann

1Zum Einstieg

Jeder von uns hat den Wunsch nach einer besseren Zukunft. Und jeder kann den ersten Schritt auf diesem Weg nur allein gehen. Doch stellen Sie sich die Kraft vor, die tausende von Individuen entfalten, die sich im Ziel, Zukunft positiv zu gestalten, einig sind!

Francois-Henri Pinault, CEO der Kering-Gruppe, zu der unter anderem Gucci, Saint Laurent, Balanciaga, Boucheron und Puma gehören

1.1 Vom Reiz und vom Wert der Vielfalt

Lieben Sie die Vielfalt, zum Beispiel die farbenfrohen Bilder von Gewürzbasaren, von hübschen Städten, von Herbstlaub in Kanada? In diesen oder ähnlichen Erlebnissen können wir schwelgen, unser Herz erfreuen, so etwas suchen wir immer wieder fürs Wohlgefühl. Im Urlaub gelingt es uns, uns für Vielfalt zu begeistern, den Blick für eine andere Umgebung, andere Kulturen zu öffnen. Wir gehen darin auf, suchen das andere, das Fremde, den Austausch.

Aber wie ist das im Alltag? Da funktioniert es schon weniger, wir sind eingebunden in Routinen und Abläufe und haben vielen Aufgaben. Die alltägliche Hetze verstellt den Blick, lässt den Fokus unscharf werden. Die Wahrnehmung ist ausgerichtet auf das Bekannte, Vertraute. Zeit fehlt, um über den ersten Blick hinaus das Interessante in anderen Menschen entdecken zu können. Da ist das Bunte nicht so leicht erkennbar, strahlt nicht so offensichtlich Freude aus. Wir suchen nicht mehr ‒ folglich finden wir auch seltener. Woran das liegt? Menschen streben danach, sich zu bestätigen, was sie ohnehin schon glauben. Auch dann, wenn wir wissen, dass einiges nicht optimal verläuft, ist es einfacher, quasi wirtschaftlicher, so weiterzumachen wie immer. Das Bekannte bestätigt uns, macht uns glauben, es sei „normal“ und richtig. Vertrautes sorgt für Wohlgefühle. So fällt es leicht, sich abzuwenden, wegzusehen von dem, was für uns ungewohnt ist.

Das Wegsehen hat auch seinen Nutzen: Vielfalt kann beunruhigen, verlangt Aufmerksamkeit und Zeit. Vielfalt bringt auch Gewinn, aber nicht im Handumdrehen, nicht so offensichtlich wie andere Maßnahmen. Wir ersetzen also das Kennenlernen, das Ergründen von Möglichkeiten durch Vorannahmen, schnelle Einschätzungen. Und so schwinden die Möglichkeiten, die Chancen. Wir erkennen nicht, was geschieht. Doch irgendetwas vermissen wir. Wie wir Urlaubsgefühle vermissen.

Das ist nicht nur im Privatleben so. Wenn es eine harte Schnittstelle zwischen Arbeit und Leben gäbe, die Work-Life-Ebenen, die in Balance zu bringen wären, würden sich die Nachteile einer solchen Ausklammerung der Vielfalt des Privatlebens auch nur in den „Life-Bereich“ erstrecken. Doch Arbeit ist ein Teil unseres Lebens. Wir bringen uns in allem, was wir tun und wie wir es tun, auch ins Berufsleben ein. Unsere Einstellung, unsere Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnisse strahlen auf die Arbeit, die Zusammenarbeit, unsere eigene Motivation und so weiter aus. Insofern ist Arbeiten vom Leben nicht trennbar: Das eine hat wesentlichen Einfluss auf das andere. Das Nichtwahrnehmen, das Ausklammern auf der Ebene „Life“ hat Folgen für die Wahrnehmung in der Ebene „Work“.

Wie gut sind die Ergebnisse unseres Unternehmens, der Zusammenarbeit, wie gut ist unser Leben, wenn Vielfalt ausgeklammert wird? Und wann findet Leben für die meisten Menschen statt? Bei der Arbeit, in der Freizeit oder bei allen Aktivitäten? Oder eben doch nur im Urlaub mit seinen besonderen Reizen?

Diese Reize, diese Vielfalt auszuschließen, der Rückzug auf Vertrautes, haben für die Menschen privat genauso wie für Unternehmen den Nachteil, dass nur noch wenig Wachstum stattfindet, wir uns nicht verändern können, nicht verbessern. Dass wir Möglichkeiten verschenken. Freude, Inspiration, Begeisterung, Antrieb kommen nicht aus dem ewig Gleichen. Wachstum und Veränderung gehören zwingend zum Leben ‒ was nicht wächst, was steif ist statt beweglich, stagniert, geht unter. Und das geht den Unternehmen genauso wie den Menschen darin: Die Gefahr von Misserfolgen steigt, wo Erfolge wichtig wären.

„Erfolg“ ‒ was gemeint ist

Erfolg kann je nach Unternehmen und Mensch völlig verschieden sein. So wie ein Unternehmen gemeinnützig tätig und das andere gewinnorientiert ist, gibt es eine große Bandbreite von Möglichkeiten, Erfolg zu definieren, die jeder Leser für jeden Lebensbereich selbst nutzen mag.

Wenn wir etwas anders haben wollen, mehr Erfolg für unser Unternehmen, unser Leben, wird es Zeit, den Blick zu heben, offen zu sein für eine Veränderung, für neue Perspektiven, und uns in Bewegung zu setzen, den besten Weg zu suchen. Zeit, offen zu sein dafür, zu erkennen, zu verinnerlichen, dass unsere Welt bunt ist, voller Chancen und Möglichkeiten, die genutzt werden wollen, und dass wir unser Leben nicht mit dem Blick in den Rückspiegel leben können, sondern voraussehen dürfen. Zeit dafür, dass wir entscheiden und mit Wirkung auf andere gestalten, welche Rollen wir übernehmen, ob wir führen oder folgen, wie viel Freude am Leben einschließlich der Arbeit entsteht.

Die Offenheit für die Vielfalt lässt uns Gelegenheiten ergreifen, die die täglich sich ändernden Verhältnisse bieten. Veränderungen anstoßen, wo eine Wendung zum Positiven erforderlich ist. Und die Möglichkeit zur Veränderung besteht jederzeit: Denn wie in einem Kartenspiel wird das Blatt immer wieder neu ausgeteilt, Chancen ergeben sich immer aufs Neue. Das Gestern muss nicht entscheiden, wie das Morgen sich entwickelt.

Vielfalt, Diversity oder Heterogenität ‒ was gemeint ist

In diesem Buch werden die Begriffe einheitlich dafür verwendet, dass Individuen oder Gruppen unterschiedliche Merkmale aufweisen wie zum Beispiel: Kultur (Ethnie), Alter, Geschlecht, Religion oder sonstige soziale und kulturelle Unterschiede wie Kommunikationsstil, Arbeitsstil, Wahrnehmungsmuster und so weiter. Je genauer man etwas betrachtet, desto mehr Vielfalt kommt zum Vorschein: Es gibt nicht nur den offensichtlichen Unterschied zwischen verschiedenen Nationalitäten, sondern auch innerhalb eines Landes wie Deutschland existieren erhebliche kulturelle Unterschiede, zum Beispiel zwischen Norden und Süden, die sich unter anderem in Kommunikation und Gewohnheiten äußern. Das reicht bis auf die Ebene des Individuums mit seinen unterschiedlichen Motivationsgründen. Gegenstand des Buchs ist die Wertschätzung von Vielfalt, Heterogenität, Diversity oder Buntheit. Und damit gemeint ist all das, was jeder Mensch an Individualität nützlich mit- und einbringen kann, wie dies am besten gefördert wird und in das Gesamtgefüge des Unternehmens eingebunden werden kann.

Jenseits der Mann-Frau-Thematik (des Gender-Konflikts)

Ebenso ist das Gender-Thema zwar sehr wichtig, es kann allein jedoch Vielfalt im Sinne dieses Buchs nicht begründen, weil Unterschiede nicht nur in diesen Kategorien Herausforderungen bilden. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es keine eindeutige Typisierung in männlich oder weiblich geben kann.

In PNAS, der Wissenschaftlichen Sammlung der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA, beschreibt ein Team aus Forschern der Universität Tel Aviv und des Max-Planck-Instituts Leipzig die Untersuchung von 1.400 Probanden auf Unterschiede der Hirnsubstanz und Verknüpfungen zwischen verschiedenen Hirnbereichen. Dabei hat sich gezeigt, dass nur sechs Prozent der Probanden durchgängig weibliche oder männliche Kennzeichen aufweisen. Im Übrigen zeigt sich eine bunte Mischung von Merkmalen aus beiden Geschlechtern. Rein weibliches oder rein männliches Denken ist also ‒ fast ‒ ein Märchen. Viele Studien, die auf Unterschiede hinweisen, sind laut der Zeitschrift Geist und Gehirn, Ausgabe November 2015, darüber hinaus häufig nicht nachvollziehbar oder unter Bedingungen zustande gekommen, die auf das Feststellen von Unterschieden ausgerichtet und somit voreingenommen waren.

Aus Gründen der Lesbarkeit wird keine durchgängig Gender-korrekte Adressierung durchgeführt. Gemeint ist immer jeder Mensch.

Wie wir Vielfalt positiv einsetzen können

Wie gehen wir nun vor, was tun wir? Zuerst einmal treffen wir die klare Entscheidung dafür, Dinge voranzutreiben, zu verbessern. Die Voraussetzung: offen hierfür, also veränderungsbereit und flexibel sein.

Die Beschäftigung mit Vielfalt, der aktive Umgang mit Unterschieden und den Stärken darin ist gerade in der heutigen Zeit Chance und ‒ vielleicht einzige Möglichkeit für Verbesserungen und Wachstum. Hin zu mehr Gemeinsamkeiten statt Betrachtung der trennenden Elemente. Strukturen zu öffnen, beweglich zu werden, Stand-Punkte zu verlassen. Junge Unternehmen machen den Weg in die Zukunft vor, schleifen Hierarchien, sprengen Grenzen in der Zusammenarbeit, öffnen sich, tauschen sich unbefangen aus. Ihre Erfolge liegen jenseits der Grenzen, die wir noch vor wenigen Jahrzehnten vermutet haben. Diese Unternehmen bringen bereits erfolgreich jenseits des Urlaubserlebens Buntes in den Alltag. Auch sie sind auf einem stetigen Weg von Versuch und Irrtum, denn nicht alles Neue, nicht alles, das sich gut anhört, gelingt. Und nicht alles, was gut war, ist bei anderen Unternehmen reproduzierbar. Erfolg ist mehr denn je eine Frage der Individualität, der Wahl des richtigen Wegs zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Erfolge für Mensch und Unternehmen erzielen zu wollen, gleicht einer Expedition zum Mount Everest. Die Ausrüstung ist sehr wichtig ‒ stimmt sie grundsätzlich, macht das Wetter mit, bleibt der Erfolg dennoch aus, wenn die unterschiedlichen Stärken und Eigenschaften der Teilnehmer nicht passend, nicht vollständig sind. Darüber hinaus muss der absolute Wille, auf einer gemeinsamen Basis zusammenzuarbeiten, vorhanden sein. Unredlichkeiten und fehlende Offenheit werden bestraft ‒ spätestens in kritischen Situationen.

Im Unternehmensalltag versuchen wir, solche Expeditionsbestleistungen aus Menschen herauszuholen. Und wundern uns, dass es nicht so gelingt, wie wir wollen. Doch meist liegt der Fokus auf der Ausrüstung. Meist wird gar nicht berücksichtigt, was der Mensch mitbringen sollte, ob neben den Kenntnissen und Fähigkeiten die menschlichen Eigenschaften, die Stärken, eine Bereicherung, eine sinnvolle, gar notwendige Ergänzung sind. Und es wird kaum bedacht, wie unterschiedlich die Mitarbeiter sein müssen, um Fortschritt zu bringen. Darüber hinaus fehlt oft das Verständnis dafür, dass bei allen Unterschieden wie dem Geschlecht, der Kultur und so weiter eine gemeinsame Basis der Zusammenarbeit geschaffen werden muss, damit Eigenheiten bewahrt und konstruktiv eingesetzt werden können.

In Unternehmen werden meist noch Stellen „besetzt“, Lücken in Organisationen gefüllt. Jenseits der Klärung der gemeinsamen Grundlagen. Und jenseits der Frage, ob der Mensch an sich in all seinem Mensch-Sein das Unternehmen weiterbringt. Ob er genug Andersartigkeit mitbringt, ob das Unternehmen auch menschlich vielfältiger, leistungsfähiger wird, ob so neue Ideen, mehr Flexibilität entstehen. Und ob er seinen individuellen Beitrag zum Expeditionsziel Unternehmenserfolg leistet, überhaupt leisten kann.

Es ist das Wahr-Nehmen des Menschen und seiner Stärken, seines möglichen Beitrags zum Unternehmensziel, das ihn seine Kraft entfalten, seinen Beitrag ungehindert einbringen lässt. Genau dann zeichnet sich auch für den Mitarbeiter und die Mitarbeiterin ab, im Unternehmen den speziellen, richtigen Platz gefunden zu haben und zum Sinn entsprechend der Unternehmenskultur und des Unternehmenszwecks beitragen zu können. Dann offenbaren sich Möglichkeiten und Chancen und werden nutzbar.

Entscheiden Sie sich für diese Buntheit ‒ der Lohn ist Gewinn für Mensch und Unternehmen in monetärer und menschlicher Hinsicht. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!

Der Nutzen gut geführter Heterogenität

Diversity wirkt sich positiv auf den Umgang mit vielen Herausforderungen aus, denen wir gegenüberstehen:

menschlichen, wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen,

der demografischen Entwicklung,

der Zuwanderung,

der Bindung und Gewinnung von Mitarbeitern,

den Ansprüchen jüngerer Generationen,

der Globalisierung mit den verschiedenen Menschen und der Ideenvielfalt,

der Gewinnung von Marktanteilen, auch durch Innovationen,

der zunehmenden Vernetzung,

den wachsenden Ansprüchen der Menschen an Führung,

intelligenten, besseren Entscheidungen,

den wachsenden zeitlichen Engpässen der Führung in Bezug auf wichtige, oft zu kurz kommende Aufgaben,

der Entwicklung von Organisationsstrukturen, die modernen Menschen und modernem Wirtschaftsgeschehen Rechnung tragen

und nicht zuletzt der Herausforderung, Unternehmen wirtschaftlich und erfolgreich zu betreiben.

1.2 Studien, Untersuchungen und Gewinnaussichten ‒ eine kleine Auswahl

Führung und Management, Begriffserläuterung

In diesem Buch werden die Begriffe gemäß der Definition von Warren Bennis verwendet, einem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und einer der führenden Autoritäten im Bereich Organisationsentwicklung, Führungstheorie und Änderungsmanagement.

Danach erneuert und entwickelt eine Führungskraft, fragt „was“ und „warum“, behält das große Ganze im Blick, konzentriert sich auf die Menschen und schenkt Vertrauen. Sie macht „die richtigen Dinge“. Der Manager hingegen „macht die Dinge richtig“, er verwaltet, konzentriert sich auf Systeme und Strukturen, kontrolliert, fragt „wie“ und „wann“.

Entsprechend werden die Begriffe Führung und Management verwendet. Und ebenfalls in diesem Sinne wird hier Diversity als Führungsthema betrachtet, als Thema außerordentlicher Wichtigkeit. Denn wenn die Führungskraft das Was und das Warum von Diversity nicht deutlich macht, ist es überflüssig, die Fragen nach dem Wie und Wann zu stellen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Warren_Bennis (letzter Aufruf: 20.5.2016)

Gewinn durch praktizierte Heterogenität

Manfred Spilker, Direktor der Bertelsmann Stiftung, wollte 2009 der Frage auf den Grund gehen, wie genau und in welchem Maße Diversity ‒ oder Heterogenität, wie er es angesichts der vielen damit verbundenen Aspekte lieber nennt ‒ Unternehmen nun tatsächlich nützt. Und zwar jenseits der hauptsächlich geführten Männer-Frauen-Debatte. Eine Umfrage ergab, dass 41 Prozent der Unternehmen eine höhere Eigenkapitalrendite aus praktizierter Diversity ableiten. Noch höher wurden bei den meisten Unternehmen die Auswirkungen auf Marktzugang und Kundenzufriedenheit eingeschätzt.

Die Beratungsgesellschaft Roland Berger rechnet vor, dass sich Diversity Management mit einer Ersparnis von rund 21 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft auszahlen würde, wenn sie mehr auf Vielfalt in den Unternehmen setze (www.rolandberger.de, 2012).

Gewinn durch heterogene Führung

McKinsey hat in der Studie women matter 2007/2008/2012 (unter http://www.mckinsey.com/client_service/organization/latest_thinking/women_matter) für Unternehmen, in deren Führungsetage mindestens drei Frauen sitzen, höhere Renditen und bessere Betriebsergebnisse festgestellt: eine bis zu 48 Prozent höhere Eigenkapitalrendite, eine Verkaufsrendite von 42 Prozent und einen Profit von 66 Prozent über dem Durchschnitt unabhängig vom untersuchten Industriezweig.

Für Deutschland kommt Professor Dr. Clemens Werkmeister mit seiner Studie unter den DAX-30-Unternehmen ebenfalls zum Schluss, dass die Anzahl weiblicher Führungskräfte positiv mit der Aktienrendite korreliert. Die Untersuchung „Frauen in Führungspositionen“ für das Bundesministerium für Familie (2011) bestätigt positive Performance-Wirkungen. Sie grenzt sie allerdings ein: „signifikant und robust für Unternehmen mit hohem Frauenanteil unter den Gesamtbeschäftigten, die ihre Produkte und Leistungen vorwiegend an private Kundinnen und Kunden verkaufen (B2C-Geschäft).“

Bunte Mischung: profitabel und stabil

Roy D. Adler wurde von der Frage getrieben, welche Faktoren beständig zu höheren Unternehmensgewinnen führen und helfen können, Unternehmen in schwierigeren Zeiten sowohl profitabler als auch stabiler zu machen. Das Ergebnis findet sich in seiner Langzeituntersuchung, der über sechs Jahre laufenden Pepperdine Studie (zuletzt 2009). Adler hat seit dem Jahr 1980 Daten von 200 Fortune-500-Unternehmen in den USA verglichen. Die Performance folgt dem höheren Anteil leitender weiblicher Führungskräfte dauerhaft und deutlich. Je engagierter Firmen darin waren, Frauen an Führung zu beteiligen, desto besser waren die Unternehmensergebnisse. Je mehr also vom einen, desto mehr vom anderen. Die 25 „best firms for women“ übertrafen zum Beispiel 2001 den Median der Industrieunternehmen mit einer 34 Prozent höheren Umsatzrentabilität und einer 69 Prozent höheren Eigenkapitalrentabilität. Die Ergebnisse werden von der Catalyst-Studie für eine ähnliche Gruppe von Unternehmen unterlegt. Zu Aussagen wie der besten Mischung als 1 : 1-Verhältnis zwischen Mann und Frau konnten die Studien mangels Frauen in hohen Positionen leider nicht kommen. Dabei müssen wir uns noch mit Vermutungen begnügen.

Stark im heterogenen Team

Studien zu der Zusammensetzung optimaler Teams liefern zumindest Hinweise darauf, dass die Lösung zum einen im gleichberechtigten Anteil der Geschlechter zu finden ist, zum anderen in einer möglichst heterogenen Zusammensetzung überhaupt. Wenn Teams gute Leistungen erbringen und die Leistung des Teams die des Einzelnen übertreffen soll, ist es naheliegend, dass die Besetzung möglichst heterogen ist, damit möglichst viele Ideen und Aspekte in die Arbeit einfließen können.

Eine große Bandbreite von Ideen kommt in heterogenen Teams besser zustande, weil unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Ansprüche in den Entwicklungsprozess einfließen. Alle drei Faktoren waren in Teams mit einem Geschlechterverhältnis von je 50 Prozent am ehesten gegeben (London Business School 2007). Wichtig sind darüber hinaus die Kultur, das Alter und die individuellen Fähigkeiten. Dabei ist zu beachten, dass die Teammitglieder nach ihren Stärken eingesetzt sind, dass sie sich wohlfühlen in der Gruppe, wie risiko- und experimentierfreudig sie sind und wie effizient sie arbeiten. Die Studie belegte, dass heterogene Teams den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen steigern.

Accenture, einer der weltweit größten Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit etwa 319.000 Mitarbeitern, folgt dem in einer Studie aus 2010: Es gibt einen direkten und ausgeprägten Zusammenhang zwischen Diversity (hinsichtlich Internationalität und Geschlecht) und Performance sowohl im Aktienwert als auch in der Profitabilität. Und dieser Zusammenhang werde in der Zukunft noch deutlicher werden. Ein guter Mix an Menschen, der Geschlechter, der Kulturen, kann zu deutlich besseren Ergebnissen führen.

Offenheit als Erfolgsfaktor von Diversity

Unabhängig von den Auswirkungen, die die Aktivität einzelner Menschen mit sich bringt, lohnt sich der Blick aufs Gesamtgefüge: In Unternehmen, in denen es Frauen an die Spitze schaffen können, treibt möglicherweise ein offeneres Klima die Leistung des gesamten Unternehmens voran. Diesen Gedanken stützt die Untersuchung der Deutschen Bank: Vermutlich profitieren Unternehmen, die Frauen in Spitzenpositionen fördern, insgesamt von ihrer fortschrittlicheren Kultur und progressiveren Maßnahmen (DB Research, Frauen auf dem Weg ins Jahr 2020). Bis zum Jahr 2020 werden demnach Kooperation und Innovation stetig an Bedeutung gewinnen, Soft Skills wie soziale Kompetenzen und Kreativität werden 2020 stärker gefragt sein.

Und weder die Kultur noch die Maßnahmen sind Privileg weiblichen Denkens, allerdings scheint der Blick auf die Möglichkeiten des weiblichen Anteils die offenere Kultur bislang noch vergleichsweise mehr zu fördern als auf Heterogenität überhaupt.

Tendenzen der Studien insgesamt

Die Ergebnisse zeigen, dass positive Effekte messbar sind, wenn bisher unterrepräsentierte Gruppen (die bestens untersuchte davon die Großgruppe Frauen) stärker an entscheidenden Arbeiten beteiligt werden. Angesichts der Ergebnisse ist davon auszugehen, dass nicht die Mitwirkung eines bestimmten Geschlechts entscheidend ist, sondern der Umstand, dass andere Ideen und ungewohnte Perspektiven ins Spiel kommen, die sich positiv im Unternehmen auswirken. Sie sind einfach anders. Egal, in welcher Hierarchiestufe.

Die Praxisfälle im Buch unterstreichen diese Aussagen.

Diversity ist nicht nur sinnvoll, sondern zwingend notwendig

Der Letzte macht das Licht aus ‒ so heißt es scherzhaft. Nicht in dem Sinne, dass lange gearbeitet wurde, sondern dass keine Mitarbeiter mehr zu finden sind. Die Zeitung Die Welt berichtet am 21.5.2015 von der Erwartung, dass im Jahr 2020 allein in Deutschland 1,8 Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. Dies werde sich über alle Tätigkeiten, Fachrichtungen und Berufe erstrecken ‒ es gibt also keine Entwarnung für irgendeinen Wirtschaftszweig. Eine Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) ermittelte laut der Wirtschaftswoche vom 28.5.2015, dass Deutschland bis 2030 rund 6,1 Millionen Arbeitskräfte fehlen könnten und deswegen die Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) im Jahr 2030 um rund 440 Milliarden Euro geschädigt werde. Laut dem McKinsey-Report 2007 fehlen bis zum Jahr 2040 24 Millionen Arbeitskräfte in Europa. Da die Arbeitsplatzsuche in Europa inzwischen deutlich erleichtert ist, entsteht ein gesamteuropäisches Problem.

Die Arbeitgeber der Zukunft werden also um Arbeitskräfte konkurrieren müssen. Wenn Strategie, Führung und Personalpolitik nicht stimmen, wenn das Unternehmen nicht attraktiv ist, sind im Markt der Zukunft nur noch mit Schwierigkeiten qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Oder anders: Es gibt keine Wahlmöglichkeit mehr. Hohe Ansprüche an Mitarbeiter haben viele Unternehmen. Doch ohne Auswahl nützt auch das Herunterschrauben dieser Ansprüche ‒ und damit des Erfolgs ‒ nichts. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich zu attraktiveren Arbeitgebern entwickeln zu müssen. Und sie müssen sich darstellen können, Sogwirkung entfalten. Diese Sogwirkung entsteht am besten dadurch, dass Menschen im Unternehmen geschätzt und gefördert werden. Der Gewinn fürs Unternehmen liegt in der Mitarbeiterbindung, einem besseren Image und Weiterempfehlungen als nicht zu unterschätzender Quelle für neue Arbeitskräfte.

Diversity bewusst in Führung und Management zu etablieren, geht damit untrennbar einher.

1.3 Zum Aufbau des Buchs

Der erste Teil des Buchs hat die Wichtigkeit, den Gewinn der Beschäftigung mit Heterogenität im Allgemeinen deutlich gemacht. Erfolgsstorys liefern Ideen für Mensch und Unternehmen.

Der nun folgende zweite Teil liefert in jedem Kapitel die Schlüssel zur Bewältigung zentraler Themen.

Die Kapitel ergänzen einander. Sie können nach Belieben beim Lesen springen, allerdings hilft es, die Reihenfolge der Kapitel beim Lesen einzuhalten.

Symbole helfen dem eiligen Leser und beim Finden wichtiger Stellen:

Das Fragezeichen zeigt am Anfang jedes Kapitels an, welche Themen genau behandelt werden.

Der Doktorhut weist wie oben bereits geschehen auf wissenschaftliche Ergebnisse wie Studien- und Untersuchungsergebnisse hin.

Die Glühbirne steht für Storys, also für Beispiele aus der Unternehmenspraxis, die sowohl im Positiven als gelegentlich auch im Negativen Anregungen für die eigene Tätigkeit liefern.

„Kurz und knapp“ gibt es am Ende jedes Kapitels einen Überblick zu den wesentlichen Ergebnissen.

Der Haken weist Ihnen den Weg zu den Handlungsempfehlungen zum jeweils behandelten Themenbereich. Sie können Ihr Wissen in die Praxis transferieren, um zu erkennen, wo Sie, wo Ihr Unternehmen in Win-win-Lösungen profitieren können, und Anregungen ableiten, was sich dafür ändern darf.

Ein Literaturverzeichnis mit Hinweisen auf Quellen und weiterführende Literatur, sofern nicht direkt im Text genannt, schließt jedes Kapitel ab.

2Vielfalt als Erfolgspotenzial entdecken statt Diversity managen

In diesem Kapitel

Warum Vielfalt einer der Erfolgsbringer der Zukunft ist

Wie potenzielle Gewinne der Heterogenität unterschätzt werden

Vielfalt als Führungs- und nicht nur als Managementthema

Warum der Nutzen der Vielfalt weit hinter den Potenzialen zurückbleibt

Wie inspirierte Führung die Potenziale hebt

Welche Aspekte der Vielfalt Erfolgsschlüssel zur Zukunftssicherung von Unternehmen und zu einer besseren Arbeitswelt sind

Das teilweise noch in der Führung und unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ungeliebte Thema Diversity ist der Baustoff, aus dem die Zukunft ist, die Antwort auf den Wettbewerb. Offen zu sein für Neues und Vielfalt aktiv zu finden statt reaktiv mit Heterogenität umzugehen, erschließt erfolgreiche Wege. Management genügt dazu nicht: Vielfalt ist Führungsaufgabe.

Was denken Sie spontan zum Thema Vielfalt? Zum Beispiel:

Haben wir doch schon alles!

Brauchen wir nicht!

Wieder jede Menge Arbeit!

Damit muss ich mich mal beschäftigen, wenn ich Zeit habe!

Da gehtʼs doch eh nur um Frauen!

Nee, nicht schon wieder!

________________________!

Ein Thema, mit dem für die meisten wenig Spaß verbunden zu sein scheint. Zu Unrecht!

Sie haben dieses Buch aufgeschlagen und das ist gut. Gut, denn die Aussage „Vielfalt ist ein Gewinn!“ ist in den Antwortmöglichkeiten nicht genannt. Diese Antwort alleine ergibt Sinn, Sinn dafür, sich im Führungsalltag mit dem Thema Vielfalt auseinanderzusetzen. Mit gelungener Integration von Unterschieden gewinnen alle Beteiligten und dieser Gewinn kann gewaltig sein. Wobei mit Gewinn hier nicht nur auf den ersten Blick in Geld Messbares wie zum Beispiel mehr Ertrag gemeint ist, sondern alle möglichen Arten von Vorteilen beziehungsweise Erfolgen wie Mitarbeitergewinnung und -bindung, Zukunftssicherung, Erschließung von Marktanteilen oder auch stressfreiere Arbeit. Als Nebenwirkungen können häufig mehr Freude in Leben und Arbeiten festgestellt werden, wie Sie den praktischen Erfolgsgeschichten des Buchs entnehmen können. Sie zeigen, dass der, der am besten mit Unterschieden umgeht, die meisten Vorteile hat, und das bei weitem nicht nur im Image.

2.1 Großer Einsatz, magerer Gewinn?

Über das „Wie“ von besseren Strategien und ihrer Umsetzung zum Thema Vielfalt gibt es viele ernsthafte und gründliche Überlegungen, Vorschläge, Checklisten und Veranstaltungen. Sehr gewissenhaft und mit großem Einsatz von Zeit und Geld werden Anstrengungen unternommen. Pläne, Beispiele und vieles mehr werden herangezogen, alles Mögliche wird auf den Prüfstand gestellt.

Was allerdings dabei herauskommt, empfinden manche ähnlich wie Loriot, vor dem im Gourmetrestaurant der Deckel seines Tellers gelüftet wird, als „übersichtlich“. Sicher nicht wegen der fehlenden Vorbereitung oder Ernsthaftigkeit oder Gründlichkeit. Möglicherweise, weil der Umgang mit diesem Thema besondere Anforderungen stellt. Anforderungen, die mit dem Blick auf Details leicht aus der Sicht geraten. Einerseits begleitet uns Vielfalt schon von Kindesbeinen an: Die Welt wird immer bunter, Kulturen treffen aufeinander in Wohngebieten, Kindergärten, bei der Arbeit, in der Freizeit, in Film und Fernsehen, im Internet, mit steigenden Mengen an Zuwanderern und so weiter. Doch was uns umströmt, berührt uns nicht automatisch. Es wird uns nicht automatisch allein durch Anwesenheit vertraut und macht uns nicht von selbst geübt darin, damit umzugehen. Maßstab für unser Handeln ist oft das, was schon alle tun, in der Weise, wie sie es schon immer getan haben. Doch genau das ist kein guter Wegweiser in die Zukunft, es schließt Fortschritt und positive Veränderungen aus.

Die nachfolgende Erfolgsgeschichte stellt zwei Männer vor, die offen dafür sind, neue Wege zu gehen, die Herausforderungen kennen und die Vielfalt zu ihrem Lebensinhalt erwählt haben. Sie sehen schon lange die Potenziale, die darin liegen ‒ genauso wie die Aufgabe, die ihnen das Leben damit geschenkt hat, möglichst viele und möglichst verschiedene Menschen zu erreichen, zu berühren und darin zu unterstützen, sich zum Besseren zu entwickeln. Das tun sie ganz ohne klassisches Management, wobei sie gleichzeitig unglaubliche Erfolge für sich und die Beteiligten bewirken. Ihre Geschichte zeigt auch, wie viel Freude nicht nur mit dem Ergebnis, sondern auch dem Prozess, dem Weg zum Ziel, verbunden ist.

Was haben ein Mann, der mit 19 Jahren bereits seine erste Dirigentenassistenz bei einem namhaften Orchester hatte, und ein Mann, der mit 20 Jahren beschließt, vom Landwirt auf Tänzer umzusatteln, gemeinsam? Die Musik, das drängt sich auf. Aber sonst?

Der eine aus einer Familie, die ihn sehr unterstützt in seinen Interessen. Ein Lebenslauf scheinbar wie mit einer Schnur gezogen ‒ geradlinig aufsteigend bis hin zur Weltbekanntheit als Dirigent und ein Meister darin, seine Orchester zu Spitzenleistungen zu führen. Von Anfang an selbstverständlich und einfach war das allerdings nicht: Von seiner frühen Jugend an von „seiner Musik“ fasziniert, war er es gewohnt, ablehnende Äußerungen dazu zu hören: Musizieren? Das tun Jungs nicht. So fühlte er sich teilweise wie ein Außenseiter ‒ und lernte, sein Hobby im Alltag zu verbergen. Doch er hatte Glück: Es fanden sich genug Unterstützer und Mentoren, die ihm halfen, seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln, bis er ein Dirigent von Weltruhm wurde.

Der andere ist erst auf Umwegen zu seinem persönlichen Ziel gekommen. Nach dem frühen Tod der Mutter folgen ein Heimaufenthalt, eine abgebrochene Berufsausbildung als Zeichner, Arbeit bei einem Landwirt und der Beginn des Landwirtschaftsstudiums. Eines Abends besucht er eine Filmvorführung mit den Ballett-Legenden Nurejew und Fonteyn. Interesse am Tanz hat er keineswegs, allein die Aussicht auf einen anschließenden Pub-Besuch lockt ihn. Doch während des Films beginnen Tränen zu fließen ‒ er hat die Leidenschaft seines Lebens entdeckt. Zwei Tage später die Entscheidung: In einem Alter, in dem es jeder für verrückt hält, noch Tänzer werden zu wollen, folgt er unbeirrt seiner Berufung. Ohne jedes Zögern wird er nicht nur erfolgreicher Tänzer, sondern auch Choreograf. In der Laientanzbewegung Community Dance kann er daran mitwirken, Laientänzer und -tänzerinnen in einem Gesamtprojekt zusammenschmelzen zu lassen.

Community Dance gibt es seit den späten Siebzigern. Zu Beginn waren ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen die Zielgruppe dieser gemeinnützigen Tanzprojekte. Vor allem aber sollten gänzlich unterschiedliche Menschen entdecken, dass sie Teil einer Gemeinschaft sind, dass sie ungeahntes Potenzial haben und über sich hinauswachsen können.

Unser Choreograf bezeichnet sich selbst als zur 68er-Generation gehörig, die gekennzeichnet ist vom Bestreben, das Leben anderer zum Besseren zu wenden. Und genau das ist neben dem Tanz seine zweite Leidenschaft. Dazu geht er an soziale Brennpunkte in aller Welt. Ob in Gefängnissen, mit Straßenkindern in Addis Abeba oder mit protestantischen und katholischen Jugendlichen in Irland ‒ er ist da zu finden, wo Menschen Hoffnung brauchen und Sehnsucht nach einem besseren Leben haben.

Dirigent und Choreograf hören voneinander. Der Dirigent: Sir Simon Rattle. Der Choreograf: Royston Maldoom. Rattle verpflichtet Maldoom im Jahr 2003 für ein besonderes Projekt, das Maldoom endlich auch internationale Bekanntheit bringt: Die Berliner Philharmoniker wagen unter Rattles Leitung ein sechs Wochen dauerndes Tanzprojekt mit 250 Berliner Kindern und Jugendlichen aus 25 Nationen, darunter etliche „Problemfälle“ aus sozialen Brennpunkten, Maldoom übernimmt die Choreografie. Orchester und Tänzer finden zusammen in einer Aufführung von Igor Stravinskys Ballett Le sacre du printemps.

Das Vorhaben wirkt wie der Versuch, Ordnung und Chaos zu verschmelzen, die Quadratur des Kreises zu schaffen. Laotse, der Legende nach ein chinesischer Philosoph aus dem 6. Jahrhundert vor Christus, soll gesagt haben: Alle sagten, es geht nicht. Daher machte es keiner. Bis einer kam, der wusste das nicht. Und machte es einfach.

Und so bedarf es nur dieser zwei ebenso unerschrockenen wie charismatischen Männer, die von der ehrgeizigen Idee des unmöglich scheinenden Projekts beseelt sind. Sie wissen, dass sie in ihrem Leben schon viele Herausforderungen erfolgreich gemeistert haben; sie sind Experten darin, Vielfalt zur Harmonie zu bringen, und sie lieben gleichzeitig das Abenteuer und die Freude darin. Zwei, die sich in ihrem Ziel einig sind ‒ und für die ein Scheitern gerade wegen der Kritik sowohl am Projekt als auch an seiner Durchführbarkeit keine Möglichkeit ist.

Mit konventionellem Denken und Be-Denken wäre ein solches Experiment erst gar nicht unternommen worden. Die beiden sind jeder für sich so „bunt“, so unterschiedlich, wie es nur sein kann, nicht unbedingt zur Zusammenarbeit prädestiniert ‒ und es sind genau diese verschiedenen Eigenschaften und Fähigkeiten eines jeden von ihnen, die den Rahmen schaffen, in dem aus Plan Realität werden kann. Und für die deswegen ein Werk, das für unmöglich gehalten wird, denkbar ist. Sie unterwerfen ihr Tun nicht Regeln, sondern erlauben es sich, neu und anders zu denken.

Ein Dokumentarfilm mit dem Titel Rhythm isit begleitet Rattles und Maldooms Tätigkeit vom Probenbeginn bis zur Aufführung. Alle Beteiligten sind über sich hinaus- und zusammengewachsen: Die Aufführung wird grandios, verschiedene Kulturen, verschiedene Geschlechter, verschiedenes Alter, verschiedene Bildungs- und Entwicklungsstände, verschiedene Charaktere, verschiedene Interessen sind zu einem harmonischen Ganzen geworden. Der Dokumentarfilm füllt nach der umjubelten Aufführung Kinosäle, wird zum Überraschungserfolg.

Jeder Teilnehmer und die Zuschauer erleben Heterogenität in Reinform, in einem gelungenen, erfolgreichen Projekt [Rhy; Gru 04].

2.2 Wie sieht der Umgang mit Heterogenität in der Praxis aus?

Charta der Vielfalt ‒ der offizielle „Diversity-Startschuss“ fällt

Drei Jahre nach Rhythm isit und den ersten Schritten der Unternehmen in Sachen Vielfalt nahmen sich im Dezember 2006 Daimler, die Deutsche Bank, die Deutsche BP (heute: BP Europa SE) und die Deutsche Telekom des Themas konzentriert an und setzten mit der „Charta der Vielfalt“ auf ihre Vorbildfunktion. Sie wollten als Großunternehmen entsprechend einem französischen Vorläuferprojekt für einen produktiven Umgang mit der Vielfalt in ihren Organisationen eintreten und für vorurteilsfreie Arbeitsumfelder stehen. Jede Form von sichtbarer und unsichtbarer Vielfalt sollte Berücksichtigung finden. Wirtschaftlicher Erfolg setzte laut Charta das Erkennen und Nutzen von Vielfalt voraus [Cha 06; Rei 07].

Was Unternehmen laut Charta als Vorteile von Vielfalt erwarten

Auf der Homepage der Charta werden als Erwartungen genannt: Mitarbeiterfindung und -bindung, Talentfindung, Umgang mit verschiedenen Kulturen (mit dem Ziel, Zusammenschlüsse zu erleichtern), Erleichterung der Teambildung, Erfüllung gesetzlicher Anforderungen, auch Wachstum durch Markterschließung, Kreativität und Innovation. Von Formeln oder Maßstäben, um den Erfolg der Bemühungen zu messen, ist nicht die Rede.

Als Ergebnisse werden genannt: Motivation und Begeisterung von Auszubildenden, Förderung von Jugendlichen, familienfreundliche Arbeitszeiten und interkulturelle Kommunikation, die „optimale Nutzung von Potenzialen“, Einsätze in sozialen Einrichtungen, „mehr Glaubwürdigkeit im Arbeitsbereich“, „bereicherndes Arbeitsumfeld“. Erfolge bei der Gewinnung von Mitarbeitern seien auch erzielt worden, das entspricht immerhin einem der Ursprungsziele. So richtig „handfest“ überzeugend wird es noch nicht, vieles bleibt recht vage gehalten.

Vielfalt ‒ systematisch verfolgt?

Es gibt etliche teure Maßnahmen, jedoch wenig erkennbare Struktur in den Bestrebungen, Vielfalt in den Unternehmensalltag zu integrieren. Selbst Großkonzerne investieren in nennenswertem Umfang Zeit und Geld, systematische Maßnahmen sind jedoch selten. Von den Unternehmen, die Diversity praktizieren, nennt nur eine geringe Zahl wirtschaftliche Motive.

Diversity wird darüber hinaus oft nur in der Frauenförderung gesehen und damit zu eng fokussiert. Und sogar hier bleibt das Engagement dürftig: Obwohl die spezifischen Fähigkeiten der Frauen laut Umfragen wichtig für Unternehmen sind, gibt es nur in der Hälfte aller Unternehmen Maßnahmen dazu. Teilweise bewusst nicht, teilweise auch aus Abneigung gegen das Thema. Fortschritte und „Edelsteine“ im Unternehmen werden mangels Achtsamkeit darüber hinaus möglicherweise nicht einmal erkannt.

Auf Wikipedia liest man zur Charta [Cha]: Ein Jahr nach dem Start der Initiative sprach der Spiegel unter dem Titel „Schöner Schein zum Nulltarif“ von „nebulösen Inhalten“ und bezweifelte, dass konkrete Erfolge erzielt worden seien. Der Mitbegründer Deutsche Telekom habe auf die Frage nach der Einstellung zusätzlicher Migranten geantwortet, man habe Stellen abgebaut und würde nicht nach der Herkunft der Bewerber fragen. Das ManagerMagazin stellte den Charta-Mitbegründer BP als ein Beispiel für Unternehmen dar, die sich nach außen hin verantwortungsbewusst gäben, im operativen Geschäft jedoch die Nachhaltigkeit vernachlässigten. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung weist 2011 darauf hin, dass der Deutsche Fußballbund zwar öffentlichkeitswirksam die Charta unterzeichnet, aber keine einzige Frau ins Präsidium berufen habe. Acht von den damals dreizehn Mitgliedern des Charta-Vereins hätten keine Frau im Vorstand.

2008 macht eine Studie der Personalberatung Egon Zehnder International klar: 60 Prozent der Firmen verfügen über Diversity-Management-Programme, die Ergebnisse zeigen jedoch wenig Erfolge. Von den Befragten in 30 deutschen Konzernen, meist hochrangigen Personalmanagern, äußerten zwei Drittel, dass im Unternehmen starke Vorbehalte gegenüber dem Thema Diversity bestehen. Die Bezeichnung als „Sozialklimbim“ gehörte laut der Interviewerin von Egon Zehnder, Katja Najipoor-Schütte, noch zu den harmloseren [Ric 08]. In 2011 befragte Konzerne melden deutliche Verbesserungen: Das Thema ist auf der Vorstandsebene angekommen, aber noch nicht in den Herzen. Teilweise bestehen noch Widerstände [Zeh 13].

2011/2012 befragte die Unternehmensberatung Roland Berger insgesamt 21 internationale Großkonzerne und identifizierte zwei Hauptantreiber für die Beschäftigung mit Vielfalt: den Zugang zu lukrativen, internationalen Märkten zu verbessern und Talente für sich zu begeistern. Roland Berger dazu: