Burning Souls - Wie Glut und Asche - Olivia Schwarz - E-Book

Burning Souls - Wie Glut und Asche E-Book

Olivia Schwarz

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Beschreibung

Hat ihre Liebe eine Chance?

Die Biologin Jenna Holland bekommt die Chance den Sommer über im Glacier Nationalpark zu arbeiten. Allerdings bedeutet dies auch, dass sie ihren Freund Ian eine Zeit lang nicht sehen kann. Dem scheint das allerdings keinen Herzschmerz zu verursachen, und Jenna muss sich fragen, ob sie für eine Beziehung kämpfen will, in der die brodelnde Leidenschaft inzwischen von Gewohnheit abgelöst wurde. Ihre Zweifel vertiefen sich, als sie den attraktiven Piloten Riley Sullivan trifft. Verbindet die beiden zunächst nur Freundschaft, weckt Riley schon bald jene Gefühle in ihr, die Jenna in ihrer Beziehung zu Ian schon so lange vermisst hat. Für wen soll sich Jenna nur entscheiden: für ihre alte Highschool-Liebe oder für Riley, der ihr Herz erobert hat?

"Eine starke und sexy Liebesgeschichte! Klare Leseempfehlung!" LovelyBooks

Abschlussband der Burning-Souls-Reihe

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EPUB

Seitenzahl: 259

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

TitelZu diesem Buch12345678910111213141516171819 2021 2223242526272829 3031323334353637EpilogDie AutorinOlivia Schwarz bei LYX.digitalImpressum

OLIVIA SCHWARZ

Burning Souls

Wie Glut und Asche

Roman

Zu diesem Buch

Die Biologin Jenna Holland bekommt die Chance den Sommer über im Glacier Nationalpark zu arbeiten. Allerdings bedeutet dies auch, dass sie ihren Freund Ian eine Zeit lang nicht sehen kann. Dem scheint der getrennte Sommer allerdings keinen Herzschmerz zu verursachen und Jenna muss sich fragen, ob sie für eine Beziehung kämpfen will, in der die brodelnde Leidenschaft inzwischen von Gewohnheit abgelöst wurde. Ihre Zweifel vertiefen sich, als sie den attraktiven Piloten Riley Sullivan trifft. Verbindet die beiden zunächst nur Freundschaft, weckt Riley schon bald jene Gefühle in ihr, die Jenna in ihrer Beziehung zu Ian schon so lange vermisst hat. Für wen soll sich Jenna nur entscheiden: für ihre alte Highschool-Liebe oder für Riley, der ihr Herz erobert hat?

1

Hiermit war es offiziell. Sie hatte sich verlaufen.

Jenna stand vor einer weiteren Weggabelung und fragte sich, wie zum Teufel sie die Orientierung hatte verlieren können. Immerhin war sie von Berufs wegen viel in der freien Natur unterwegs und wusste, worauf sie achten musste. Konnte Wanderkarten lesen. Oder auch nicht. Zumindest hatte sie sich – stur wie sie war – eingebildet, keine zu benötigen. Immerhin sollte es nur einen Weg nach unten geben: denselben, den sie auch den Berg hoch genommen hatte. Seufzend ließ sie den schweren Rucksack von den Schultern gleiten und holte besagte Karte nun doch hervor. Während sie diese ausgiebig studierte und ihre Eigensinnigkeit verfluchte, die ihr einen schönen Umweg eingebracht hatte, kam ihr die Anschuldigung ihres Freundes Ian in den Sinn, den sie zuletzt mit dieser Eigenschaft auf die Palme gebracht hatte.

»Ist das eine Trotzreaktion, weil ich nicht zu dieser Babyparty von deiner Freundin mitgekommen bin?«, hatte er ihr vorgeworfen, als sie sich wieder einmal über ihre kurzfristige Teilnahme an dem Austauschprogramm gestritten hatten. »Immer muss alles nach deinem Kopf gehen!«

Das hatte ihr jedoch nur ein müdes Lachen entlockt. Waren es doch er und seine Bedürfnisse, nach denen sie sich um des lieben Friedens willen stets richtete, wenn sie zu Hause war. »Sie heißt Arden, wie du sehr wohl weißt, und Elena ist mein Patenkind«, erwiderte sie bloß. Und ja, es hatte sie gekränkt, dass er lieber mit seinen Kumpels abhing statt einmal einen Nachmittag mit ihr und ihren Freunden zu verbringen. Sie hätte ihn bei diesem Anlass sehr gern dabeigehabt. Stattdessen war sie wieder mal allein gekommen und das fünfte Rad am Wagen gewesen. Doch das war nicht der Grund, weshalb sie beim Austauschprogramm zugesagt hatte.

»Hättest du mich nicht zumindest an deiner Entscheidung teilhaben lassen können? Das ist neun Stunden von Seattle entfernt! Hast du etwa Lust, die Strecke an deinen wenigen freien Tagen hin und her zu pendeln? Ich nicht.«

Als man ihr angeboten hatte, bei einem Mitarbeiteraustausch zwischen dem Olympic und dem Glacier National Park mitzumachen, hatte sie zunächst gezögert. An Ians allzu vorhersehbare Reaktion gedacht und dann trotzdem zugesagt. Sie hatte ihren Horizont erweitern, neue Menschen und Gegenden kennenlernen wollen, und was gab es dafür Besseres, als eine Saison den Arbeitsplatz zu tauschen? Es war doch nur für sechs Monate und es gab sogar eine Flugverbindung zwischen Seattle und Kalispell, was sie jedoch erst einmal unerwähnt ließ. Jenna hatte im Packen innegehalten. Mittlerweile war ihre anfängliche Gelassenheit Verärgerung gewichen. »Weißt du was? Dann komm mich eben nicht besuchen.« Damit hatte sie sich abgewandt, um im angrenzenden Badezimmer ihre Hygieneartikel zusammenzusuchen.

»Mach doch, was du willst«, war Ians Antwort gewesen, doch sie hatte ihn ignoriert.

Und sie befolgte seinen patzigen Ratschlag: Hier tat sie, was sie wollte. Deshalb war sie an ihrem zweiten Tag in Montana auch zu der elf Kilometer langen Bergtour auf dem Apgar Lookout Trail aufgebrochen. Sie liebte das Wandern in der unberührten Natur. Es half ihr gewöhnlich, den Kopf freizubekommen und die Seele baumeln zu lassen. Der Aufstieg zu dem alten zweistöckigen Feuerwachturm, der sich sechzig Meter unterhalb des Gipfels befand, war zwar anspruchsvoll, doch die fantastische Aussicht auf den Lake McDonald war das wert. Allein dort oben hatte sie ihr Lunchpaket genossen, Fotos und dann ein kurzes Nickerchen gemacht. Jetzt musste sie bloß wieder hinunterfinden. Seufzend betrachtete sie die Karte in ihren Händen. Anscheinend war sie in Gedanken versunken irgendwo falsch abgebogen und so blieb ihr nichts anderes übrig, als den Weg wieder zurückzugehen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie sich beeilen sollte. Für den späten Nachmittag war ein kleines Barbecue zu Ehren der fünf neuen Austausch-Ranger geplant. Zwar hatte man die Neulinge bereits gestern offiziell vorgestellt, doch heute sollten sich die Kollegen in zwangloser Umgebung besser kennenlernen. Ihnen zu erzählen, dass sie sich bei ihrer ersten Wanderung direkt verirrt hatte, würde ihre Orientierungsfähigkeit zwar nicht ins beste Licht rücken, aber auf jeden Fall das Eis brechen.

Nach einer halben Stunde erreichte Jenna die Wegkreuzung, an der sie falsch abgebogen war. Zwar fehlte eine Beschilderung, doch etwas weiter vorn entdeckte sie die wegweisende Wandermarkierung, die sie beim ersten Mal übersehen hatte. »Wo bist du nur mit deinen Gedanken?«, fragte sie sich selbst, während sie einen Schluck aus ihrer Wasserflasche nahm. Die Antwort kannte sie bereits.

Wie so oft war ihre Meinungsverschiedenheit mit Ian ungeklärt geblieben. Während sie ihren Koffer fertig gepackt hatte, hatte er sich vor den Fernseher verzogen, um ein Footballspiel zu sehen. Zwar hatte Jenna ihm kurz darauf mit einem Kuss Gute Nacht gesagt, was Ian mit einer Umarmung erwidert hatte, doch damit war ihre Auseinandersetzung nicht vergessen. Am nächsten Morgen, nach einer schweigsamen Fahrt zum Flughafen, versprach Jenna ihm, sich nach ihrer Ankunft zu melden, aber ihr Anruf war unbeantwortet geblieben. Erst heute hatte er ihr eine kurze Nachricht geschickt. Jenna wusste nicht, warum sie sich darüber überhaupt noch ärgerte. Bei den paar Gelegenheiten, bei denen sie keine Rücksicht auf ihn genommen hatte, war es doch stets dasselbe Muster gewesen. Ian hatte geschmollt und sich dann damit abgefunden. Das würde diesmal nicht anders sein. Dennoch fragte sie sich in letzter Zeit öfter, wie es so weit gekommen war. Dachte daran, wie es früher gewesen war, und der Gedanke stimmte sie traurig. Irgendwann in den letzten acht Jahren hatten sie etwas Wichtiges verloren: die Fähigkeit, miteinander zu reden. Sich auszusprechen. Bedeutete das, dass sie einander nichts mehr zu sagen hatten?

Sie erreichte den Parkplatz, wo ihr Mietwagen stand. Sie warf den Rucksack auf die Rückbank und fuhr zurück nach Apgar. Das Örtchen bestand aus zwei kleineren Hotels, einem Souvenirladen, einem Sportartikelverleih sowie einem Supermarkt. Der Apgar Campground war einer der beliebtesten Zeltplätze des Nationalparks und daher auch die gesamte Saison über gut besucht. Jennas Stützpunkt für den Sommer war jedoch das Apgar Visitor Center. Es war eines der drei Hauptbesucherzentren des Nationalparks, von dem geführte Wanderungen, Forschungsprojekte und Kontrollgänge starteten und lag knapp drei Kilometer vom westlichen Parkeingang entfernt. Die zehn Blockhütten mit den Ranger-Unterkünften befanden sich inmitten eines bewaldeten Gebiets in der Nähe des Visitor Centers. Jenna parkte das Auto und eilte zu der Hütte, in der sie die nächsten Wochen wohnte. Die Grillparty hatte schon vor einer Viertelstunde begonnen, sodass sie rasch unter die Dusche sprang, sich schminkte und ein lockeres Sommerkleid anzog. Dann schlüpfte sie in ihre Sandalen, verschloss die Tür und lief zum Besucherzentrum.

Gelächter und Musik empfingen sie schon von Weitem. Der Geruch von Gegrilltem lag in der Luft und Jennas Magen knurrte. Sie bog um die Ecke und lief sogleich in eine Kollegin.

»Hey Jenna! Wie war deine Wanderung? Wir haben schon auf dich gewartet!« Sie ließ Jenna gar nicht antworten, sondern nahm sie am Arm und führte sie zu einem der Picknicktische, wo bunt gemischt ein paar Neulinge und Alteingesessene saßen und sich lebhaft unterhielten. Sie setzte sich zu ihnen und schon stand ein vollgeladener Teller vor ihr.

»Danke!« Hungrig langte Jenna zu, während sie sich an den Gesprächen rundherum beteiligte. Ihre neuen Kollegen waren alle nett und gesellig, sodass sie sich auf die Zeit, die vor ihr lag, freute. Als sie ihren leeren Teller zur Seite schob, fiel ihr Blick auf einen Mann am Nebentisch, den sie bislang noch nicht kennengelernt hatte. Zumindest konnte sie sich nicht erinnern, ihm vorgestellt worden zu sein, und das hätte sie bestimmt nicht vergessen. Aus diesem Grund musterte Jenna eingehend sein attraktives Profil, während er sich angeregt unterhielt. Sein sonnengebleichtes braunes Haar war mittellang und fiel ihm im Gespräch immer wieder in die Stirn, sodass er es sich mehrmals mit der Hand nach hinten strich. Der markante Unterkiefer war von einem Dreitagebart bedeckt, doch als er nun auflachte, konnte Jenna Wangengrübchen erkennen. Nett, dachte sie sich und seufzte innerlich. Sie hatte schon immer eine Schwäche für Männer mit Grübchen gehabt. Ian hatte auch welche. Der Gedanke an ihren Freund ließ sie nun wirklich aufseufzen. Sie würde sich ihre gute Laune jetzt nicht davon vermiesen lassen, sagte sie sich und erhob sich, um eine Runde über das Gelände zu drehen und auch die anderen kennenzulernen. Sie unterhielt sich eine Weile mit ihrer temporären Vorgesetzten Andrea, bevor diese wegen einer Auskunft ins Besucherzentrum gerufen wurde. Allein beim Treppengeländer stehend sah sie ihr nach und bemerkte erst nicht, wie jemand neben sie trat.

»Hallo Unbekannte! Ich glaube nicht, dass wir uns heute schon begegnet sind. Das wüsste ich.«

Jenna wandte sich überrascht nach links, wo der gut aussehende Typ, den sie zuvor gemustert hatte, lehnte. Aus der Nähe sah er noch besser aus. Grasgrüne Augen, die vor Schalk sprühten, ein einnehmendes Lächeln. Unauffällig glitt ihr Blick über dieselbe Uniform, die auch sie besaß und die ihm wie angegossen passte. Eindeutig ein Mann, der sich fit hielt. »Du warst gestern nicht bei der Gegenüberstellung?« Ihre Augen funkelten amüsiert.

»Nein, ich hatte Schicht. War es so schlimm?«, wollte er in Bezug auf ihre Wortwahl wissen.

Jenna schüttelte lachend den Kopf. »Nein, bloß ein Scherz. Alle sind sehr freundlich zu den Neuen.«

Er lächelte schelmisch und streckte ihr die Hand entgegen. »Dann will ich mich auch noch vorstellen: Riley aus Kanada. Park Ranger, Pilot und seit drei Jahren einer der Männer fürs Grobe.«

Sie ergriff seine Hand und schüttelte sie. »Jenna aus Seattle. Park Ranger, Biologin, wenn notwendig auch mal Sanitäterin. Egal in welcher Reihenfolge.«

»Schön dich kennenzulernen, Jenna aus Seattle! Darf ich dir etwas zu trinken holen?«

»Ja, gern. Corona bitte.«

»Bist du etwa schon über einundzwanzig?«, fragte er mit übertrieben erschrockener Miene, während er sich rückwärts entfernte.

Albern, aber charmant, dachte Jenna, als sie ihm nachrief: »Gerade so.« Interessanter Kerl. Auf jeden Fall jemand, mit dem man Spaß haben konnte. Als er kurz darauf zurückkehrte, nahm sie ihre Bierflasche entgegen und sie stießen an. »Cheers!«

Nach dem ersten Schluck wollte Riley wissen: »Ist das jetzt ein Date?«

Jenna lachte. »Da muss ich deine Euphorie gleich dämpfen, ich bin vergeben.«

»Na gut.« Riley zuckte mit den Schultern, sein Interesse nicht im Mindesten gedämpft, und schenkte ihr ein schiefes Grinsen. »Dann müssen wir eben Freunde werden.«

2

Und das wurden sie. Die Feierabende der nächsten beiden Wochen verbrachte sie mit Riley auf der kleinen überdachten Veranda vor ihrer Blockhütte. Hin und wieder leisteten ihnen ein paar andere Kollegen Gesellschaft, wenn sie Zeit hatten. Auch heute entspannte sich Jenna dort. Genoss die warmen Strahlen der Abendsonne in einem der Adirondack-Sessel, die Füße am niedrigen Terrassengeländer abgestützt, als Riley mit einem Sixpack Bier vorbeikam. »Hey, Lust auf Gesellschaft?«

»Gerne!«, entgegnete sie und winkte ihn hoch. Riley erklomm die wenigen Stufen und ließ sich in dem Sessel neben ihr nieder.

»Und? Wie waren die ersten zwei Wochen? Schon gut eingelebt?« Er öffnete eine Flasche, reichte sie ihr und machte es sich ebenfalls bequem.

»Danke. Ja, es gefällt mir hier und ich freue mich schon auf die Touren, die ich demnächst begleiten werde. Ansonsten gibt’s im Center viele Touristenauskünfte, ein paar Beschwerden und Ermahnungen, aber alles in allem ist es gut gelaufen«, antwortete Jenna und nahm einen Schluck. »Es ist doch in jedem Nationalpark dasselbe. Überall Menschen, die sich nicht an die Regeln halten wollen«, fügte sie hinzu und erzählte von ihrer Begegnung mit einem unbelehrbaren Großstädter, der seinen Kindern die Natur unbedingt näherbringen wollte, indem er in gefährlichem Terrain von den vorgegebenen Wegen abwich und in sensiblem Gebiet herumtrampelte. Machte man ihn darauf aufmerksam, war Uneinsichtigkeit die erste Reaktion.

Davon konnte auch Riley ein Lied singen und kurz darauf brachten sie sich gegenseitig mit allerlei kuriosen Geschichten, die sie selbst erlebt hatten, zum Lachen. Während er erzählte, betrachtete Jenna ihn von der Seite. Sie mochte seine lockere, unbekümmerte Art. Er war stets gut gelaunt und hatte, wie sie bereits bemerkt hatte, immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Damit kam er bei den Frauen bestimmt gut an. Als ihnen allmählich die Geschichten ausgingen und Bauchschmerzen sie zwangen, mit dem Lachen aufzuhören, wollte sie wissen: »Woher aus Kanada kommst du eigentlich?«

»Aus der Heimat des ersten kanadischen Nationalparks natürlich, Alberta. Mein Vater ist Tierarzt in Jasper, meine Mutter arbeitet als seine Sprechstundenhilfe. Sie leben in dem Haus am Waldrand, in dem ich aufgewachsen bin. Wir waren als Kinder jahrein, jahraus in der Natur unterwegs.«

»Du hast also Geschwister?« Jenna zog die Knie an und schlang die Arme darum.

Er nickte. »Mein älterer Bruder Aidan lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Calgary. Er arbeitet als Oberarzt im hiesigen Krankenhaus.«

»Freundin?«

»Im Moment nicht.«

Zugegeben, Jenna war neugierig, hakte jedoch nicht nach. Das hob sie sich für ein anderes Mal auf. Stattdessen fragte sie: »Lieblingsort?«

»Werden das ›50 Fragen, 50 Antworten‹?« Riley lachte. »Hmm, schwierige Frage. Ich war schon an vielen schönen Orten und es gibt noch ein paar, die ich gerne besuchen würde. Dafür ist in den nächsten Jahren bestimmt noch Zeit.« Er beugte sich nach vorn und rollte die Bierflasche zwischen den Handflächen. »Jetzt bin ich an der Reihe. Hast du immer schon in Seattle gelebt?«

Sie nickte. »Ich bin in einem Vorort aufgewachsen und lebe jetzt in der Stadt, wenn ich nicht im Park arbeite. Das ist schön abwechslungsreich.«

»Geschwister?«

»Nein, ich bin ein Einzelkind«, erwiderte sie rasch und beantwortete gleich auch seine nächste Frage, noch bevor er sie stellen konnte. »Ian und ich haben uns im ersten Jahr an der Uni kennengelernt. Er arbeitet als Mechaniker.«

»Wow.« Riley schien beeindruckt. »Die erste große Liebe also. Und was sagt er zu deinem Job?«

»Du kennst das ja. Die Vierzig-Stunden-Woche klappt vielleicht in den ersten paar Wochen der Saison, doch dann ist es damit vorbei. Deshalb wohne ich im Sommer im Park. Unsere Forschungs- und Ranger-Station befindet sich am Lake Quinault. Wenn ich dann ein paar Tage frei habe, kommt er mich manchmal besuchen, aber meistens fahre ich nach Hause. Den Winter verbringe ich in Seattle, um die gesammelten Forschungsdaten auszuwerten und zu formulieren. Da ich die Stelle sofort nach meinem Abschluss angenommen habe, kennen wir es eigentlich gar nicht anders.«

»Wird er auch nach Montana kommen?«

»Bestimmt, wir haben allerdings noch nichts festgelegt.« In diesem Moment klingelte ihr Handy, das auf der Holzlehne des Stuhls lag. Gerade als sie von ihm sprachen … Jenna erhob sich. »Ich bin gleich wieder da.« Riley nickte und sie zog sich in die Hütte zurück, um ungestört telefonieren zu können.

Sie schloss die Tür hinter sich, trat in ihr Schlafzimmer, wo sie sich aufs Bett setzte und abhob. »Hi!«

»Hey! Wie geht es dir? Viel zu tun?«, wollte Ian gut gelaunt wissen. Ihre Meinungsverschiedenheit hatte er wie erwartet nach ein paar Tagen, in denen sie nicht nachgegeben hatte, einfach fallen gelassen. Keine Entschuldigung oder auch nur eine Erwähnung. Inzwischen war es einfach so, als wäre nichts gewesen. Jenna beließ es dabei, denn das ersparte ihr weitere unnötige Diskussionen und Kopfschmerzen.

»Ja, vor allem jetzt am Wochenende gab es viel zu tun, denn das Wetter ist herrlich. Die Organisation und Handhabung ist der bei uns ziemlich ähnlich, da die Struktur aller Nationalparks vorgegeben ist. Auf jeden Fall gefällt es mir hier. Warst du gestern unterwegs? Ich habe versucht, dich zu erreichen.«

Im Hintergrund war nun der Fernseher zu hören. »Ja, ich war mit den Jungs auf ein paar Bier in der Sportsbar. Ist etwas später geworden.«

Wie immer, wenn er mit seinen Freunden unterwegs war, dachte Jenna sich. Sie mochte seine Freunde ebenso wenig wie er ihre. Sie wollte sie nicht als Versager bezeichnen, aber die meisten von ihnen besaßen keine Manieren und eine ziemlich vulgäre Umgangssprache. Sie wusste nicht, was Ian an ihnen fand, denn er war nicht so. Zumindest nicht, wenn er mit ihr zusammen war. Sie seufzte, als sie daran dachte, wie ihr gemeinsames Leben bislang verlaufen war. Als sie sich verliebt hatten, hatten sie große Pläne geschmiedet, doch das Schicksal hatte anderes mit ihnen vorgehabt. Diese »Was-wäre,-wenn«-Gedanken hatte sie schon lange aufgegeben, denn die machten sie bloß wehmütig. Was geschehen war, ließ sich nicht ändern. Sosehr sie es sich manchmal auch wünschte. »Schön, dass ihr Spaß hattet«, meinte sie darum unverbindlich.

»Ja, Clive hat mal wieder eine neue Geschäftsidee, die ganz lukrativ zu sein scheint«, meinte Ian.

Bitte nicht schon wieder. Jedes Mal, wenn Clive einen seiner Blitzeinfälle hatte, war Ian Feuer und Flamme. Der Mechaniker-Beruf war nie sein Traumjob gewesen und wenn alles anders verlaufen wäre, hätte er auch nie als einer arbeiten müssen. Aus diesem Grund sprang er auf jede Alternative an, die sich ihm bot.

»Will er wieder ins Brauereigeschäft einsteigen? Oder sind es wieder Immobilien?« Jenna versuchte ihren Sarkasmus zu verbergen.

»Keines von beiden. Er hat doch mal an der Uni ein wenig programmiert und wir wollen jetzt eine App entwickeln, mit der Sportwetten abgewickelt werden können. Erst mal nur lokal, aber mit ein wenig finanzieller Unterstützung kann sich das dann ausweiten. Die Investition wird sich auf jeden Fall auszahlen.«

Jenna hörte den Enthusiasmus in seiner Stimme und seufzte erneut. Sie wollte seinen Eifer nicht dämpfen und blieb daher bewusst neutral. »Da bin ich ja gespannt. Mal sehen, wie das wird.« Nicht, dass sie vorhatte zu investieren. Nicht mehr.

»Ja, ich auch. Ach ja, mail mir deinen Dienstplan für die nächste Zeit, okay?«

»Mache ich.«

Im Hintergrund wurde der Fernseher lauter. »Das Spiel beginnt …«

»Dann viel Spaß und einen schönen Abend! Ich melde mich.«

»Bis bald!« Und schon hatte er aufgelegt.

Jenna ließ das Handy sinken. Es hatte keine Liebesbekundungen oder zärtlichen Worte zum Abschied gegeben, kam ihr nun in den Sinn. Das war nichts Neues. Sie hatte sich schon vor einiger Zeit eingestehen müssen, dass die große Liebe einer gewissen Bequemlichkeit gewichen war. Immer öfter fragte sie sich, wenn sie sich mal wieder gestritten hatten, warum sie noch zusammen waren. Aus Gewohnheit, weil sie es nicht anders kannten und zusammen einiges durchgemacht hatten? Aus Zuneigung? Der Sex war noch immer gut, denn sie kannten sich und ihre Vorlieben in- und auswendig. Jedoch war auch er im letzten Jahr auf der Strecke geblieben. Zwar zweifelte sie nicht an Ians Gefühlen für sie, doch Aufregung und Romantik waren verloren gegangen. Wie gelang es anderen Paaren, die seit Jahren zusammen waren, das Feuer in ihrer Beziehung aufrechtzuerhalten? Hatten sie etwas falsch gemacht? Waren zu achtlos damit umgegangen? Wie stand es um ihre eigenen Gefühle? Und wenn es wirklich so weit gekommen war, war sie bereit, zu kämpfen? Die Antwort, die ihr spontan in den Sinn kam, war nicht sonderlich aufbauend. Jenna erhob sich seufzend. Sie hatte Riley schon viel zu lange warten lassen. Hoffentlich war er noch nicht gegangen.

Riley.

Sie mochte seine lockeren Flirts und die Aufmerksamkeit, die er ihr zukommen ließ. Nicht, dass sie darauf eingehen würde, aber so wie sie ihn kennengelernt hatte, war das ganz einfach seine Art. Ian war früher ebenso charmant und schelmisch gewesen. Hatte sie mit seiner Lässigkeit um den kleinen Finger gewickelt, und sie hatte sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Ihre acht gemeinsamen Jahre kamen ihr plötzlich wie eine Ewigkeit vor. Sie schüttelte den Kopf. Wieder hatte sich Ian in ihre Gedanken geschlichen. Jenna griff in der Küche nach einer Packung Chips und eilte nach draußen.

3

Riley hatte Jenna hinterhergeblickt, als sie durch die Tür ins Haus verschwunden war. Danach richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Aussicht und sein Bier. Seit Jennas Ankunft in Montana hatte er sie als erfrischend unkomplizierte Frau kennengelernt. Sie war freundlich, gutmütig und lachte viel. Außerdem war sie mit ihrem honigblonden langen Haar, den graublauen Augen und ihrer zierlichen Figur genau sein Typ. Wenn sie nicht vergeben gewesen wäre, hätte er auf jeden Fall sein Glück versucht. Doch er mischte sich nicht in Beziehungen ein und baute lieber ihre Freundschaft aus, denn er war gern in ihrer Gesellschaft.

Eine Viertelstunde später kam Jenna mit einer Tüte Chips zurück. »Tut mir leid«, meinte sie, als sie sich auf ihren Stuhl sinken ließ und die Verpackung öffnete. Sie nahm sich eine Handvoll und reichte sie dann an ihn weiter.

»Danke. Kein Problem. Ich habe mich in der Zwischenzeit mit ›Chip‹ und ›Chap‹ hier unterhalten«, antwortete er grinsend und deutete mit seiner Bierflasche auf die beiden Streifenhörnchen, die in einiger Entfernung am Waldboden Fangen spielten.

»Na dann möchte ich euch nicht stören.« Jenna lachte und legte ihr Handy beiseite.

»Kein Problem, wir haben uns nichts mehr zu sagen«, erwiderte Riley und fragte dann: »Wolltest du immer schon Biologin werden?«

»Ja, Biologin oder Tierärztin. Es ist dann aber doch die Forschungstätigkeit geworden, weil ich zu viel Mitgefühl habe.«

Riley nickte. »Das kann ich nachvollziehen. Zwar ist die Natur auch gnadenlos, aber hier überlebt nur der Stärkere. Die Arbeit eines Tierarztes ist dann doch eine andere. Hat Ian auch Biologie studiert?«

Jenna schüttelte den Kopf und trank einen Schluck. »Er hatte ein Baseball-Stipendium. Wir haben uns auf einer Verbindungsparty kennengelernt.«

Sportler also. Aber hatte sie früher nicht erwähnt, dass er Mechaniker war? Bevor er darauf näher einging, hatte ein anderes Detail seine Aufmerksamkeit erregt. »Warst du in einer Studentenverbindung? Mit Kissenschlachten in Unterwäsche und dem ganzen Klatsch und Tratsch?«

Das war wohl ein typisch männlicher Wunsch, denn Jenna lachte. »Nein. Ich hatte es mir zwar kurz überlegt, es dann aber sein lassen. Ich bin lieber in der Natur als bei der Kosmetikerin, und Fakt ist: Fünfzehn Mädchen, die in einem Haus zusammenleben, klingt nach einem Albtraum. Egal, was ihr Männer denkt. Ich habe auch so genug Freunde gefunden, also tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«

»Ach, ich bin nicht enttäuscht. Eher bezaubert.« Riley zwinkerte ihr zu und grinste, als er sah, wie sie leicht errötete. Ihm gefiel ihre unverstellte Reaktion.

Sie versuchte von sich abzulenken, indem sie wieder auf ihn zu sprechen kam. »Und? Woran liegt es, dass Riley Sullivan bei seinem Charme noch Single ist?«

»Auch wenn es nach einer Floskel klingt: Die Richtige war noch nicht dabei. Bevor ich vor drei Jahren hierhergekommen bin, war ich nie lange an einem Ort. Ich habe mich nach meinem Abschluss von Job zu Job treiben lassen: Ranger in Kanada, Surflehrer in Florida, Pilot bei einer kleinen Charter-Firma, die Flüge über den Grand Canyon anbietet, und so weiter. Da war kein Platz für eine längere Beziehung. Und hier in Montana herrschen schwierige Zeiten: Du bist bereits vom Markt und Frankie ist zwar nicht abgeneigt, aber auch nicht auf der Suche. Außerdem ist sie genauso wenig mein Typ wie ich ihrer bin.«

»Wer ist Frankie?«, wollte sie neugierig wissen.

»Frankie Martinelli. Sie ist Fotografin und seit Anfang des Jahres hier. Hat sich am Ufer des Lake McDonald ein Cottage gemietet und arbeitet an einem Bildband über den Nationalpark. Ihre Fotos sind toll und dafür ist sie auch den ganzen Tag mit ihrer Ausrüstung im Park unterwegs. Es ist also nicht verwunderlich, wenn wir sie mehrmals bei unseren Touren treffen. Wir gehen regelmäßig auf ein Bier bei ›Eddie’s‹. Das nächste Mal nehme ich dich mit«, schlug Riley vor.

»Gerne. Du bist also ein richtiger Abenteurer?«

Riley dachte an die Jobs, in denen er bislang gearbeitet hatte. »Kann man so sagen, wobei ich doch wieder zum Ranger-Sein zurückgekehrt bin. Auch wenn die Jobs anfangs abenteuerlich klangen, wurden sie mir nach einer gewissen Zeit langweilig. Wer möchte schon sein ganzes Leben lang dieselbe Schleife über den Grand Canyon fliegen und den Touristen tagtäglich dieselben Standardsätze vorplappern? Klar gibt’s hier auch eine gewisse Routine, doch es kann dir auf jeder Tour ein anderes Tier über den Weg laufen oder du nimmst einfach mal eine andere Abzweigung. Auswahl gibt es hier in Montana genug.«

»Und da wären noch die Horden von Touristinnen, die dir bestimmt nicht widerstehen können. Gib’s zu, du bekommst doch bestimmt bei jeder geführten Tour Telefonnummern zugesteckt«, war sich Jenna sicher.

Da hatte sie recht und er wollte es auch gar nicht leugnen. »Die sind aber nicht gerade förderlich, wenn man endlich bereit für etwas Längerfristiges ist. Du könntest mir ja Tipps geben.«

Jennas eben noch breites Lächeln verlor etwas an Kraft. Wenn er sie nicht beobachtet hätte, wäre es ihm gar nicht aufgefallen, doch so fragte er sich sofort, was wohl dahintersteckte. Waren sie nicht glücklich? »Du hast vorhin erzählt, dass Ian ein Baseball-Stipendium hatte? Spielt er denn nicht mehr?«

Sie senkte den Blick auf ihre Finger, die mit dem sich ablösenden Etikett der Bierflasche spielten. »Nein. Er zog sich bei dem Spiel, bei dem die Recruiter der Seattle Mariners anwesend waren, eine schwere Schulterverletzung zu. Eine falsche Bewegung …« Sie schnipste mit den Fingern.

… und die Karriere ihres Freundes war beendet gewesen, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Wenn er sich vorstellte, plötzlich nicht mehr das tun zu können, was er liebte, Zeit in der Natur zu verbringen … Riley schüttelte sich; er konnte nur erahnen, was für ein schwerer Schlag das für ihn gewesen sein musste. »Das tut mir leid. Das hat ihn bestimmt schwer getroffen.«

Jenna nickte. »Ja, es war eine schwierige Zeit für uns alle, aber er hat sich wieder erholt.«

»Acht Jahre Beziehung in eurem Alter finde ich persönlich wirklich eine Leistung. Wollt ihr auch bald heiraten?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt läuft es im Moment nicht besonders gut. Vielleicht liegt es an der ständigen Trennung wegen meines Jobs, jedenfalls haben wir uns irgendwie auseinandergelebt.« Sie hob ihre leere Flasche. »Hast du noch eines für mich? Wenn du willst, dass ich dir noch weiter mein Herz ausschütte, brauche ich mehr.«

Als Riley etwas später zurück zu seiner Hütte spazierte, blieben seine Gedanken bei dem eben geführten Gespräch. Wenn er an seine Exfreundinnen dachte, konnte er sich nicht vorstellen, mit einer von ihnen so viele Jahre zusammen zu sein. Das lag allerdings nicht nur an ihnen. Er selbst war bislang nicht der sesshafte Typ und die jeweiligen Damen nicht auf eine langfristige Beziehung aus gewesen. Jenna hatte bezüglich der Touristinnen recht gehabt. Doch obwohl er gern flirtete, nutzte er das Angebot der regelmäßig zugesteckten Telefonnummern bei Weitem nicht so oft, wie sie vielleicht vermutete. Er war kein Playboy, eher ein Sonnyboy. Und mit diesem sonnigen Gemüt tat er sich auch nicht schwer damit, neue Freunde unter den Besuchern und Kollegen zu finden. Es gab in der Hauptsaison zwar viel Arbeit, doch er freute sich schon auf den bevorstehenden Sommer und die Zeit, die sie alle gemeinsam verbringen würden.

Riley sperrte die Blockhütte auf und trat in die Stille. Bereits auf dem Weg ins Bad zog er seine Uniform aus und ging als Erstes unter die Dusche. Er seufzte zufrieden auf, als erfrischend kaltes Wasser auf seinen Kopf prasselte und die Anstrengung des Arbeitstages abwusch. Nur mit einem Handtuch um die Hüften schlurfte er danach zur Küchenzeile, wo er sich eine Dose Cola holte und sich in den Schlafbereich der Hütte zurückzog. Auf dem Bett liegend schaltete er den Fernseher ein und zappte durch die Programme. Bei einem Baseballspiel blieb er hängen. Während er dabei zusah, wie der Pitcher den Ball zu seinem Catcher warf, kam Riley wieder Jennas Freund in den Sinn. Was dieser Ian wohl für ein Typ war? Was er bislang über ihn erfahren hatte, reichte nicht aus, um sich eine konkrete Meinung zu bilden. Allerdings machte er sich so seine Gedanken. Die Tatsache, dass die beiden schon lange viel Zeit getrennt verbrachten, ging ihm nicht aus dem Kopf. Während Jenna auf der Olympic-Halbinsel arbeitete, lebte Ian im drei Autostunden entfernten Seattle. Das wäre für ihn persönlich von Anfang an nicht machbar gewesen. Wenn er schon in einer ernsthaften Beziehung war, dann wollte er mit dieser Frau auch wirklich zusammen sein. Das bedeutete abends gemeinsam zu essen und über den Tag zu reden, zu kuscheln, ins Kino oder auszugehen und sich nicht bloß sporadisch ein paar Tage die Woche sehen. Es wunderte ihn nicht, dass Jennas Beziehung momentan nicht besonders glücklich war. Doch da Riley kein Beziehungsexperte war und sie sich erst kurze Zeit kannten, hütete er sich davor, irgendwelche Ratschläge zu erteilen. Stattdessen wollte er einfach Zeit mit ihr verbringen, den Sommer genießen und Jenna seine Lieblingsplätze im Nationalpark zeigen. Riley sah zu, wie der Batter den Ball traf, zurück ins Feld schlug und lossprintete. Außerdem war er gespannt, ob und wann er Ian kennenlernen würde.

4

An den Wochenenden herrschte im Park besonderer Andrang, denn dann kamen auch die Stadtbewohner aus dem nahen Kalispell und den umliegenden kleineren Ortschaften, um ihre Freizeit mit Tages- oder Campingausflügen zu verbringen. Diese Besucher fielen Jenna allerdings so gut wie gar nicht auf, denn sie waren nicht auf das Visitor Center angewiesen. Dort tummelten sich an diesem Sonntagmorgen im Juli zahlreiche Touristen aus allen Teilen der Welt. An der Seite ihrer Vorgesetzten Andrea informierte sie über die Wetterprognosen für die nächsten Tage und die Regeln des Parks, empfahl einfache bis schwierige Wanderrouten und gab Backcountry Camping-Genehmigungen sowie Wanderkarten aus. Dabei wurde es nie langweilig und sie traf viele nette Leute.

»Hi, Jenna aus Seattle! Ich bräuchte bitte je eine Wanderkarte für das Gebiet um den Saint Mary Lake und eine für die Kintla Lakes.« Während Jenna ihr die passenden Karten raussuchte, meinte die junge Frau: »Ich bin übrigens Frankie. Riley hat mir von dir erzählt und ich war schon gespannt darauf, dich zu treffen!«

Jenna lachte. »Ja. Das geht mir genauso. Schön, dich kennenzulernen! Hast du heute noch viel vor?« Sie reichte ihr das Gewünschte und Frankie bezahlte.

»Heute wird es nur eine kleine Tour, aber ich bereite mich schon auf die nächste vor. Wenn du Lust hast, könnten wir uns mal zum Plaudern treffen. Ich würde mich freuen.«

»Gerne.« Sie tauschten Telefonnummern, dann schulterte die Fotografin ihren schwer aussehenden, knallroten Rucksack und verließ mit einem wohlklingenden Lachen und einem Winken das Center. »Bis bald!« Francesca Martinelli war umwerfend, fand Jenna und sie erkannte auf einen Blick, warum Riley sich so gut mit ihr verstand: Abgesehen von ihrem sehr attraktiven Äußeren war die Rothaarige herzlich und sympathisch.

In ihrer Mittagspause erhielt Jenna einen Anruf ihres Dads. Kenneth Holland war Kinderarzt im Seattle Children’s Hospital und ihr Fels in der Brandung. Von klein auf war sie Daddy’s Darling