Buyer Personas - Hans-Georg Häusel - E-Book

Buyer Personas E-Book

Hans-Georg Häusel

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Beschreibung

Für Unternehmen wird es immer wichtiger, ihre Leistungen und ihren Auftritt noch konsequenter auf ihre Zielgruppen auszurichten. Ein wichtiges strategisches Hilfsmittel dafür sind sogenannte "Personas", detaillierte und greifbare Idealbilder von Zielgruppen. Dieses Buch hilft Ihnen und Ihren Kollegen aus anderen Abteilungen dabei, sich schneller und besser über Kundengruppen zu verständigen. Es zeigt, wie man mit der Limbic® map nicht nur die emotionale Struktur von Zielgruppen schnell erfasst, sondern wie dieses Werkzeug ideal eingesetzt werden kann für die Positionierung von Angeboten im digitalen Markt. Durch "Personas" wird der emotionale Zielkorridor des Unternehmens für alle Beteiligten plastisch und greifbar. Inhalte: - Personas: Zielgruppen ein emotionales Gesicht geben - Die Persona-Strategie: Welche Personas ich wirklich brauche - Bausteine: Was gehört dazu? - Meine Persona im Netz: Wo ist die Persona sichtbar, wie positioniere ich ein passendes Angebot? - Arbeiten mit Personas 

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Seitenzahl: 290

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Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1   Buyer Personas: Zielgruppen ein emotionales Gesicht geben1.1   Klarheit und Fokussierung durch Buyer Personas1.1.1   Woher kommt der Begriff Buyer Personas?1.1.2   Käufergruppen, Zielgruppen und Buyer Personas1.2   Die vielen Vorteile von Personas1.2.1   Personas bringen die Zielgruppe(n) auf den Punkt1.2.2   Personas durchdringen das ganze Unternehmen1.2.3   Personas machen Zielgruppen fühlbar1.2.4   Personas schaffen konsistente Kundenerlebnisse an allen Touchpoints1.2.5   Personas bringen die Marke zum Erleben1.2.6   Personas sind strategische Leitplanken1.2.7   Personas lenken Innovationen in die richtige Richtung1.2.8   Personas sind ideal für „minimal viabel solutions“2   Die Bausteine von Personas2.1   Persönlichkeit2.1.1   Die emotionale Persönlichkeitsstruktur2.1.2   Die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen2.1.3   Persönlichkeit und Geschlecht2.1.4   Persönlichkeit und Alter2.1.5   Persönlichkeit und Werte2.1.6   Persönlichkeit und Wünsche/Interessen2.1.7   Persönlichkeit und Abneigungen2.2   Soziokultur2.2.1   Lebensphasen2.2.2   Soziokultur und Bildung/Einkommen/Schicht und Milieu/Wohnort2.2.3   Kulturelle Differenzen2.3   Kategorie-spezifische und individuelle Präferenzen2.4   Personas in B2B2.5   Personas im digitalen Wandel3   Konkretisierung von Personas3.1   Praxisbeispiel 1: Mobilfunkanbieter3.1.1   Schritt 1: Festlegung des Handlungsraums3.1.2   Schritt 2: Segmentierung und Namensgebung3.1.3   Schritt 3: Persona-Formulierung3.1.3.1   Die Persönlichkeit von Jan, dem „optimistischen Starter“3.1.3.2   Die Werthaltungen von Jan3.1.3.3   Die Soziodemografie von Jan3.1.3.4   Kategorie-spezifisches Verhalten: Digital & Mobil3.1.4   Schritt 4: Einführung im Unternehmen3.1.5   Schritt 5: Dokumentation und Kommunikation3.2   Praxisbeispiel 2: Home-Shopping-Sender3.2.1   Schritt 1: Analyse des Erfolgsmusters des Unternehmens3.2.2   Schritt 2: Extrahierung der Personas3.2.3   Schritt 3: Detaillierung der Personas3.2.3.1   Die Persönlichkeit von Sandy3.2.3.2   Die Werthaltungen von Sandy3.2.3.3   Soziodemografie3.2.3.4   Digital und Mobil und Medien3.2.3.5   Schritt 4: Kommunikation und Dokumentation3.3   Fallbeispiel 3: Pharmahersteller3.3.1   Schritt 1: Persönlichkeitstest Ärzte3.3.2   Schritt 2: Clusteranlyse zur Persona-Segmentierung3.3.3   Schritt 3: Qualitative Interviews zur Vertiefung3.3.4   Schritt 4: Detaillierung der Personas3.3.5   Schritt 5: Die Übertragung auf den gesamten Kundenbestand3.3.6   Schritt 6: Umsetzung in Vertrieb und Marketing3.4   Fiktives Fallbeispiel 4: Computerhersteller3.4.1   Schritt 1: Welches Geschlecht haben meine Personas?3.4.2   Schritt 2: Welches Alter haben meine Personas?3.4.3   Schritt 3: Welche Persönlichkeit haben meine Personas?3.5   Fallbeispiel 5: Buyer Personas für „Buyer Persona“3.6   Wie viele Personas sind optimal?3.7   Schärfung von Personas durch Interviews und Beobachtungen3.7.1   Interviews im Konsumbereich3.7.2   Interviews im B2B3.8   Nutzung von Best for Planning (b4p)3.9   Personas und Unternehmensmarke3.9.1   Personas und die Marke VW3.9.2   Personas und die Marke Porsche3.10   Strategische und taktische Personas4   Digital Touchpoints und die empirische Überprüfung: Meine Persona schärfen4.1   Digital shift: Meine Persona und die vielen Daten aus dem Netz4.1.1   Big Data, Smart Data - die digitale Wende4.1.2   Meine Zielgruppe im Netz4.2   Metadaten - oder wie ich meine Persona beschreiben kann4.2.1   Metadaten nutzen4.2.2   Metadaten - sag mir, was du clickst, und ich sage dir, wer du bist!4.3   Ich bin, was ich suche - mit Google auf der Spur unserer Personas4.3.1   Sag mir, was du suchst, und ich weiß, wer du bist!4.3.2   Crossmediales Marketing oder „Kunden, die sich dafür interessiert haben, haben auch …“4.4   Metadaten und Persönlichkeitsmerkmale4.4.1   Fake News und das Ocean-Modell4.4.2   Das Ocean-Modell4.4.3   Metadaten und die Limbic Map als Schlüssel für den Zugang zum (digitalen) Kunden4.5   Touchpoint-Management: den Kunden an möglichst vielen Punkten erfassen4.5.1   Die Customer Journey meiner Zielgruppe4.5.2   Personas und mein CRM5   Mit Personas arbeiten5.1   Von der Persona zum Produkt - so verbessern Sie Ihr Angebot5.1.1   Wo ist das Problem? Hier ist meine Lösung!5.1.1.1   Usability ist ein Schlüssel für Innovationen5.1.1.2   Innovation ist selten ein Geniestreich, sondern harte Arbeit am Detail5.1.2   Der Gegencheck: mit der Limbic Map zur richtigen Positionierung5.2   Strategie oder schnelle Lösung? Personas im Unternehmen richtig einsetzen5.2.1   Personas können Flügel verleihen, aber sie erobern nicht den Himmel5.2.2   Die Falle - der allzu vertraute Ehepartner5.3   Customer Development - dem Kunden auf der Spur bleiben5.3.1   Die vierte Revolution oder warum und wie sich die Analyse von Kunden noch stark verändern wird5.3.2   Medienkompetenz - was heißt das für die Analyse meiner Persona?5.3.3   Interaktion mit dem Kunden5.4   Zusammenfassung: Wer ist für die Personas verantwortlich?5.4.1   Den Kunden immer im Blick zu haben, ist eine Aufgabe für alle im Unternehmen5.4.2   Wer soll sich im Unternehmen um Buyer Personas kümmern?5.4.3   Was sollte ein Wiki zu meinen Personas enthalten5.4.4   Zeigen Sie sichAutoren
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Hinweis zum Urheberrecht

Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

Impressum

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print: ISBN: 978-3-648-10392-0 Bestell-Nr. 10434-0001EPUB: ISBN: 978-3-648-10395-1 Bestell-Nr. 10434-0100EPDF: ISBN: 978-3-648-10396-8 Bestell-Nr. 10434-0150Dr. Hans-Georg Häusel, Dr. Harald HenzlerBuyer Personas1. Auflage 2018© 2018, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

[email protected]: Jutta Thyssen, Gabriele VogtLektorat: Gabriele Vogt, OberaudorfSatz: kühn & weyh Software GmbH, Satz und Medien, FreiburgUmschlag: RED GmbH, KraillingAlle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.

Vorwort

Laut einer Cisco-Studie werden bald 4 Milliarden Menschen mit 24 Milliarden Geräten das Internet nutzen - dabei werden jährlich zwei Zetabyte Daten übertragen (= 2 Billion CD’s). Diese Datenmenge soll sich in den nächsten drei Jahren verdreifachen. Man sieht: Die digitale Revolution führt zu einer exponentiell wachsenden Datenexplosion und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.

Auf der anderen Seite steht der Mensch mit seinem Gehirn. Dieses Gehirn ist zwar ziemlich leistungsfähig, aber weitgehend mit sich selbst beschäftigt. Nur Bruchteile eines Prozents der Information, die von außen auf uns einströmt, gelangt in unser Bewusstsein. Zudem ist unser Gehirn ein kognitives Sparschwein: Es verarbeitet ca. 60-100 Bits in der Sekunde. Während also immer neue Technologien für eine weitere Zunahme der Datenexplosion sorgen, geht die Entwicklungsgeschwindigkeit des menschlichen Gehirns gegen Null. Unser Gehirn und seine Architektur haben sich in den letzten 30.000 Jahren nicht verändert.[2]

Insbesondere im Marketing und im Vertrieb stehen wir vor der Situation, dass die digitale Sphäre (inkl. Google, Amazon, Facebook & Co.) uns mit immer mehr Information und immer mehr Daten über unsere Kunden überschwemmt und dieser in einer unüberschaubaren Masse verschwindet. Denn die Big Data interpretieren sich nicht selbst und unsere begrenzten Gehirne sind kaum mehr in der Lage, in dieser Datenflut zu erkennen, was wichtig oder unwichtig ist. Jede und jeder schaut auf die Daten und zieht seine eigenen Schlüsse. Aber ähnlich wie bei einem Tausendfüßler mit Störungen in der Bewegungskoordination kann die Summe der Einzelbewegungen am Schluss sogar Stillstand bedeuten, wenn sie nicht koordiniert und synchronisiert werden.

Damit Unternehmen und ihre Mitarbeiter ihre Kraft einheitlich fokussieren und dadurch handlungsfähig bleiben, ist es notwendig, sich nicht von Daten hilflos überschwemmen zu lassen, sondern Filter einzubauen, die hinsichtlich der Kunden das Wichtige vom Unwichtigen trennen. Genau das ist die Aufgabe von Buyer Personas. Buyer Personas helfen, das Unternehmen auf seine Kernzielgruppen und ihre Bedürfnisse auszurichten. Gleichzeitig sind sie ein Wahrnehmungsfilter, der dafür sorgt, dass man sich in der Datenflut nicht verliert, sondern seine Kernzielgruppen im Auge behält.[3]

Buyer Personas, oft abgeleitet aus der Markenpositionierung, richten das Unternehmen also konsequent auf die Bedürfnisse seiner Kernzielgruppe(n) aus. Aber was sind das für Bedürfnisse? Hier laufen wir ebenfalls Gefahr, den Wald vor lauter digitalen Bäumen nicht mehr zu sehen. Auf vielen Veranstaltungen machen Digital-Gurus einer staunenden Menge klar, dass der Kunde von heute und der Kunde in der digitalen Welt ein völlig anderer wäre, als der, den Unternehmen bis dato bedient hätten. Aber ist das wirklich so?

Hier hilft ein erneuter Blick in die Hirnforschung. Hinter allem, was wir kaufen und was uns wichtig ist, stehen unsere Emotionssysteme im Gehirn: Sie treiben uns an, sie bewerten und sie bilden unsere Grundbedürfnisse. Die Emotionssysteme sind seit Millionen Jahren die gleichen und werden es auch in Zukunft sein - und auf ihnen basiert die menschliche Persönlichkeit. Diese Grundpersönlichkeit eines Kunden sorgt für einen relativ stabilen Präferenz- und gleichzeitig auch Abneigungs-Korridor.

Genau hier zeigt sich die Aufgabe von Buyer Personas: nämlich seine Kernzielgruppe zunächst emotional zu verstehen und zu beschreiben und danach, aus dieser tiefen Empathie heraus, solche Produkte und Angebote für sie zu entwickeln, die genau in ihren emotionalen Korridor passen.[4]

An dieser Stelle dann einzuwenden, dass die digitalen Angebote doch nichts mehr mit der analogen Welt zu tun hätten und damit auch der Kunde ein anderer wäre, ist leider falsch gedacht: Die digitalen Angebote sorgen im Prinzip nur dafür, dass unsere vorhandenen Bedürfnisse schneller, schöner, einfacher und besser erfüllt werden - die Grundbedürfnisse, die diese Angebote treiben, sind aber die gleichen. Die digitale Welt verändert den Menschen als solchen fast nicht, was sie aber ganz dramatisch verändern, ist seine Lebensführung!

Genauso wie das Spül-WC, der Kühlschrank und das Auto unser Leben erheblich verändert haben, verändern auch die digitalen Angebote unser Leben. Weil die digitalen Angebote und Möglichkeiten viel schneller zu realisieren und zu transportieren sind als physische Produkte, ist diese Veränderung viel umfassender und erfolgt in einer atemberaubenden Geschwindigkeit.

Bei der Formulierung, Entwicklung und Nutzung von Buyer Personas bedeutet das, dass wir uns in einer relativ stabilen Welt aufhalten, wenn es um die Persönlichkeitsmerkmale der Kunden geht. Gleichzeitig bewegen wir uns aber in einem extrem volatilen Kontext, wenn wir deren (digitales) Alltagsverhalten betrachten. Beide Aspekte müssen wir deshalb intelligent verknüpfen. In diesem Buch werden Sie erfahren, wie das geht: In Kapitel 1[5]-3 werden wir uns eher mit den stabileren Aspekten von Buyer Personas beschäftigen und in Kapitel 4 und 5 betrachten wir die Chancen und Konsequenzen von Buyer Personas in einer digitalen Welt und in digitalen Märkten.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß und viele nutzbringende Anregungen beim Lesen.

München, im Dezember 2017

Dr. Harald HenzlerDr. Hans-Georg Häusel

In diesem Buch werden wir auch das von Dr. Hans-Georg Häusel entwickelte Limbic®-Modell zur Beschreibung von Personas kennenlernen. Bitte beachten Sie: Limbic® ist ein markenrechtlich geschütztes Verfahren. Alle Rechte liegen bei der Gruppe Nymphenburg Consult AG, München. Aus Gründen der Lesbarkeit und Einfachheit wird im Buch Limbic® ohne Schutzzeichen verwendet.

1   Buyer Personas: Zielgruppen ein emotionales Gesicht geben

„Unsere Zielgruppe ist zu gleichen Teilen weiblich wie männlich, verfügt über ein mittleres Einkommen von EUR 2500 brutto, ist zwischen 25–65 Jahre alt und hat einen qualifizierten Hauptschulabschluss, mittlere Reife und auch Abitur.“

Nicht selten, liebe Leserinnen und Leser, haben wir bei unserer Frage: „Wer ist ihre Zielgruppe?“, eine solche oder ähnliche Antwort bekommen. Diese Antwort ist natürlich nicht falsch. Denn nach einer umfangreichen Datenanalyse aller Marktstudien, Verkäufe, Anfragen und Aufträge des Unternehmens spuckte der Computer eben dieses Ergebnis aus. Es handelt sich dabei mehr oder weniger um einen Mittelwert aller berücksichtigten Daten.

Mit statistischen Analysen könnten wir dieses Bild noch etwas verfeinern. Dann käme vielleicht heraus, dass 17 % Hauptschulabschluss haben, 35 % mittlere Reife, 35 % Abitur und der Rest nicht zuordnungsfähig wäre. Eine solche prozentuale Detaillierung wäre selbstverständlich auch bei den anderen soziodemografischen Variablen wie Alter, Einkommen, Geschlecht, Wohnortgröße etc. herausgekommen.[6]

Das Problem der obigen Beschreibung inklusive prozentualer Differenzierung ist ein anderes: Ca. 60 % der Bevölkerung passen in dieses Raster. Die junge Studentin entspricht diesen Kriterien genauso wie der ältere Facharbeiter, der gerade in Rente gegangen ist. Und auch die konservative Seniorin passt genauso in das Schema wie der 25-jährige männliche Abenteurer.

Man ahnt zu Recht: Die Zielgruppenbeschreibung ist zwar formal richtig, aber für die Unternehmensführung, für das Marketing und für den Vertrieb ist sie völlig unbrauchbar. Warum? Weil man auf eine solche Mega-Zielgruppe nicht wirklich zielen kann. Zwischen den Mitgliedern dieser Zielgruppe liegen so enorme Differenzen in den Bedürfnissen, Einstellungen und Werthaltungen, dass es in den wenigsten Fällen möglich sein wird, seine Produkte, Services und die Kommunikation auf diese auszurichten.

Ein kleines fiktives Beispiel soll das verdeutlichen: Angenommen, Sie wären für die Kollektionsentwicklung in einem Modeunternehmen zuständig. Ihre Aufgabe: Sie müssten mit Ihrer Kollektion die oben beschriebene Zielgruppe bedienen. Was würden Sie tun? Wenn Sie klug wären: kündigen! Der Misserfolg Ihrer Kollektion wäre sicher vorprogrammiert. Ein Modestil, der einem 65-jährigen Rentner gefällt, würde bei unserer 25-jährigen Studentin kaltes Grausen auslösen. Andersherum gilt natürlich das Gleiche: Der Modestil, den unsere Studentin geil findet, würde unseren Rentner in die Flucht schlagen.[7]

Aber die Problematik ginge in Ihrem Unternehmen weiter. Ihre Werbechefin würde Sie zunächst fragen, wie Sie sich die Werbung für Ihre Kollektion vorstellen würden. Danach käme die Frage, in welchen Medien und Kanälen sie diese bewerben sollte. In Instagram, weil sie die junge Studentin dort erreichen könnte? Oder doch besser im ZDF, dem Programm, mit dem sich die Senioren so gerne am Abend ihre Zeit vertreiben?

Aber auch Ihr Vertriebsleiter würde Ihnen die Freundschaft kündigen. Sein Vorwurf: Mit einer solchen Zielgruppenformulierung könnte er sich bei den Einkäufern und Einkäuferinnen im Modehandel nicht blicken lassen. Die würden ihm erklären, dass sie nur solche Kollektionen aufnehmen würden, die sich deutlich vom Wettbewerb unterscheiden und die ein klares Profil bieten.

Blutleere Zielgruppenformulierungen führen ins Nichts

Mit diesen kurzen Überlegungen wird das Problem deutlich: Solche Zielgruppenformulierungen helfen nicht wirklich weiter, um Kunden und Konsumenten wirklich zu erreichen - ein Misserfolg ist nahezu sicher.

Diesen können wir uns aus zwei Perspektiven genauer vor Augen führen:

aus der Perspektive des Kunden und

aus der Perspektive des Geschäftsführers.[8]

Die erste Perspektive: Was begeistert Kunden?

Die Antwort auf diese Frage ist, obwohl im Detail kompliziert, auf einer abstrakten Ebene sehr einfach: Kunden kaufen die Produkte und Dienstleistungen, die möglichst genau ihre individuellen Bedürfnisse treffen. Und: Kunden kaufen die Marken, die ihre Werte teilen und ihre Träume und Sehnsüchte erfüllen.

Nun müssen wir aber nur einen Blick aus dem Fenster werfen, um zu sehen, wie extrem sich Menschen in ihren Bedürfnissen, Wünschen und Träumen unterscheiden:

Der oben erwähnte 25-jährige Abenteurer träumt von einem PS-starken Auto und liebt Heavy-Metal-Konzerte. Seine zentralen Lebenswerte sind: Spaß, Risiko und Individualität. Auch in puncto Ästhetik hat er klare Präferenzen: Seine Lieblingsfarben sind schwarz und rot, kombiniert mit einem lauten Orange. Selbst Blindenhunde würden sich hier vor Abscheu abwenden.

Ganz anders unsere 65-jährige Seniorin: Sie findet Erfüllung in ihrem Kräutergarten hinter dem Haus. Sie geht gerne in klassische Konzerte und ihre zentralen Lebenswerte sind: Ordnung, Harmonie und Tradition. Ihre Lieblingsfarben sind beige und grün.

Es bedarf nun keiner besonderen Phantasie, um zu erkennen, wie unterschiedlich, ja, widersprüchlich Kundenwünsche sein können. Wer seine Kunden wirklich erreichen und begeistern will, muss ihnen konsistente Erlebnis- und Produktwelten bieten, die so genau wie möglich auf ihre Person und ihre Vorstellungen zugeschnitten sind.

Der Misserfolg ist vorprogrammiert, wenn eine Marke und die damit verbundenen Produkte und Dienstleistungen in der Gleichgültigkeit des Mittelmaßes untergehen und, noch schlimmer, an den Bedürfnissen vorbeigehen. Und das werden sie wahrscheinlich, wenn sich niemand im Unternehmen in die Lebenswelt der eigenen Kunden versetzt.[9]

Die zweite Perspektive: Was will der Geschäftsführer?

Auch diese Frage lässt sich auf der abstrakten Ebene einfach beantworten: Unternehmenseigner oder Geschäftsführer wollen den Unternehmenserfolg. Und Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie schnell die Bedürfnisse ihrer Kunden erkennen, sie kostengünstig in attraktive Produkte und Dienstleistungen umsetzen und diese zeitnah dem Kunden anbieten. Im Prinzip beruht der Erfolg also auf zwei Säulen: Kunden-Empathie und Kosten-Effizienz.

Bezüglich der Kunden-Empathie zeigt sich vor allem das Problem, wie ein Unternehmen die Bedürfnisse seiner Kunden erkennen und erfüllen kann, wenn das Bild vom Kunden derart diffus und verwaschen ist wie im obigen Beispiel. Dies führt zum Thema Kosten-Effizienz. Denn bei den Kosten geht es nicht nur um Geld, sondern um alles, was Kosten verursacht. Das sind in erster Linie Zeit- und Ressourcenverschwendung.

Stellen wir uns einmal eine Managementtagung in einem Unternehmen vor, das mit der am Anfang dieses Kapitels beschriebenen Zielgruppendefinition arbeitet. Der Geschäftsführer des Unternehmens beginnt die Tagung mit einer strategischen Motivationsrede, deren Kern lautet: „Wir müssen unser Handeln konsequent auf die Bedürfnisse unserer Zielgruppe ausrichten.“ Alle nicken zustimmend, denn nur so kann man ja schließlich erfolgreich sein.[10]

Aber: Das eigentliche Problem des Unternehmens bleibt unsichtbar, weil es sich hinter der Stirn der Tagungsteilnehmer und Teilnehmerinnen abspielt. Jeder der Teilnehmer hat nämlich ein völlig anderes inneres Bild der Zielgruppe vor Augen. In der Regel ist es meist ein Bild, das der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Selbstbild ziemlich nahekommt. Denn diese fest verdrahtete Standardeinstellung ist Dreh- und Angelpunkt unseres Denkens und unserer Weltbetrachtung. Die eigenen Präferenzen sind der Maßstab für alles. Diese kennt man am besten und man geht unbewusst davon aus, dass alle anderen auch so ticken.

Im Bewusstsein des Forschungs- und Entwicklungschefs taucht das Bild eines 50-jährigen Mannes mit Hochschulbildung auf. Die Marketingchefin sieht eine 35-jährige, modisch angezogene Frau und der junge Vertriebsleiter sieht einen dynamischen BMW-Fahrer vor sich. Da keinem der Beteiligten das Problem bewusst ist, bleiben die unterschiedlichen Perspektiven unausgesprochen. Das individuelle Zielgruppenbild jeder einzelnen Führungskraft bestimmt aber trotzdem ihr Handeln.

Man braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, was in diesem Unternehmen passieren wird: Der Turmbau von Babel wird täglich live nachgespielt. Jede(r) bemüht sich zwar, das jeweils Beste zu machen, aber dadurch, dass alle einen völlig anderen Bauplan des Turms vor Augen haben, ist konzeptionelles Chaos vorproduziert. Und dieses Chaos verursacht Zeit-, Ressourcen- und Geldverschwendung.[11]

1.1   Klarheit und Fokussierung durch Buyer Personas

Aber wie kann man diesem Zielgruppendilemma entkommen? Die Antwort: durch klar und verständlich formulierte Buyer Personas. Wie das in der Praxis funktioniert, schauen wir uns an einem Praxisbeispiel, einem Zeitschriftenverlag, einmal an.

Eine der erfolgreichsten Zeitschriften dieses Verlags ist eine Frauenzeitschrift. Die Leserinnenzahl steigt und steigt, obwohl die Branche allgemein über Auflagenschwund bei Printprodukten jammert. Das Erfolgsgeheimnis dieser Frauenzeitschrift liegt darin, dass sie eine konsistente Lebens- und Themenwelt bietet, die sich von der Auswahl der Themen über die verwendeten Bilder bis hin zum Sprachstil konsequent an eine einzige Frau wendet. Diese Frau heißt Gisela und ist eine sogenannte Buyer Persona.

Das Bild von Gisela inklusive der Collagen ihres Lebensstils plus einer Beschreibung ihrer Person hängt in allen Redaktionsräumen, die am Entstehen dieser Frauenzeitschrift beteiligt sind. Werfen wir einen Blick auf Gisela:

Gisela ist 55 Jahre alt. Sie ist verheiratet, hat drei Kinder und inzwischen 2 Enkel.

Gisela lebt in einem Vorort in einem Haus mit einem Garten. Die Kinder, die Enkel, ihr Mann, ihr Haus und ihr Kräutergarten sind ihr Lebensinhalt.

Gisela hat einen Hauptschulabschluss mit Lehre. Sie arbeitet halbtags als Sekretärin in einem Handwerksbetrieb im Büro. Ihre Persönlichkeit ist vom Wunsch nach Harmonie und Geborgenheit gekennzeichnet. Gisela kocht gerne, am liebsten bewährte Gerichte, die sie teilweise schon von ihrer Mutter übernommen hat. Auch bei Krankheiten setzt sie auf Hausrezepte, die sie mit Esoterik vermischt hat. Sie singt im Kirchenchor und liebt die halbjährlichen Ausflüge dieser Gemeinschaft. Im Sommer fährt sie gerne nach Südtirol zum Wandern und Faulenzen. Im Fernsehen ist ihre Lieblingssendung „Wer wird Millionär“. Ihre Lieblingsschriftstellerin ist Iny Lorentz. Das Internet nutzt sie, um mal was nachzuschauen oder ab und zu mal was zu bestellen. [12]

Gisela liest z. B. auch sehr gerne über Promis, wie Helene Fischer und Sylvia, Königin von Schweden. Gisela liebt Geschichten über romantische Liebe und heiles Familienleben. Sie interessiert sich sehr für Gesundheit, vor allem auch Naturmedizin und bewährte Hausmittel. Und ganz besonders wichtig: abnehmen. Sie ist eher zurückhaltend im Umgang mit digitalen Medien und ihre Urlaubsreisen führen in Gegenden, wo sie sich auf Deutsch verständigen kann.

Vergleichen Sie, liebe Leserin und lieber Leser, diese Zielgruppenbeschreibung mit der, die wir eingangs dieses Kapitels gelesen haben. Sie werden sicher feststellen, dass bei der Beschreibung von Gisela sofort ein plastisches und konsistentes Bild einer Frau1 im Kopf entsteht.

Nun werfen wir einen Blick in die Redaktionsbüros, die die Zeitschrift für Gisela machen. Das Wichtigste: Alle haben ein gleiches Bild von ihrer Zielgruppe. Sie können sich auf diese Weise in sie und ihr Leben hineinversetzen. So können sie mit ihrer Zeitschrift eine Erlebniswelt schaffen, die unmittelbar an die Bedürfnisse, Wünsche, Sehnsüchte, aber auch an die Ängste dieser Zielgruppe andockt.[13]

Die Redakteurinnen und Redakteure wissen dadurch, wie ihr Sprachstil sein muss: einfach, bildhaft und keine Anglizismen. Auch das Layout der Zeitschrift ist eher konservativ.

Klar ist, dass es noch viele andere Frauen auf der Welt gibt, die völlig anders leben und denken wie Gisela. Aber darum geht es bei Buyer Personas: Sie beschreiben nie ein politisch-korrektes Idealbild, sondern einen realen Ausschnitt aus dem menschlichen Leben, und zwar den der anvisierten Zielgruppe.

Nachdem wir anhand der Buyer Persona Gisela den Unterschied zwischen klassischer Zielgruppenbeschreibung und Buyer Personas kennengelernt haben, beschäftigen wir uns nun systematischer mit Buyer Personas.

1.1.1   Woher kommt der Begriff Buyer Personas?

Persona bedeutet eigentlich die Schauspielermaske im antiken Schauspiel. Ein besonderes Merkmal des antiken Schauspiels war es, dass in der Regel prototypische und relativ klar gezeichnete Rollen auf der Bühne verkörpert wurden. Zur Verdeutlichung trugen die Schauspieler Masken. In diese Masken waren die emotionalen Gesichtsausdrücke der gespielten Charaktere eingearbeitet: der Böse, die Gute, die Verzweifelte, der Fröhliche usw.

Die Grundidee des antiken Theaters, klar erkennbare und relativ konsistente Menschenbilder zu erzeugen, prägt auch die Idee der Buyer Personas. Es geht nicht darum, das letzte und kleinste Detail zu beschreiben, sondern emotional konsistente „Big Pictures der Ideal-oder Kern-Zielgruppe(n)“ zu erzeugen. Die große Kunst bei der Formulierung von Buyer Personas besteht also darin, sich zu konzentrieren und sich zu fokussieren. Buyer Personas sollen möglichst viele Mitarbeiter in einem Unternehmen erreichen und mitnehmen. Das gelingt aber nur, wenn Buyer Personas einfach und klar formuliert sind.[14]

1.1.2   Käufergruppen, Zielgruppen und Buyer Personas

Der simple Begriff „Kunde“ kann in drei Gruppen unterteilt werden: Käufergruppe, Zielgruppe und Buyer Personas - aber was genau ist der Unterschied?

Die Käufergruppe

Um den Zusammenhang und den Unterschied zwischen den drei Begriffen zu verdeutlichen, gehen wir nochmals auf unsere Buyer Persona Gisela und die zugehörige Zeitschrift zurück. Zunächst einmal betrachten wir die Käufergruppe. Eine Abverkauf-Analyse der Zeitschrift zeigt, dass die Zeitschrift von 90 % Frauen gekauft wird. Diese Frauen verfügen eher über ein geringeres bis mittleres Einkommen. Allerdings gibt es auch eine ganze Reihe von Käuferinnen, die weit überdurchschnittlich verdienen. Genauso verhält es sich mit der Bildung und dem Alter. Es gibt junge Käuferinnen und alte, genauso wie es Käuferinnen mit geringer und mit hoher Schulbildung gibt. Die Verteilung in den soziodemografischen Variablen ist hingegen sehr unterschiedlich. Die jungen Käuferinnen sind genauso unterproportional vertreten wie die mit höherer Schulbildung.[15]

Der Begriff der Käufergruppe beschreibt also, von wem ein Produkt oder eine Dienstleistung gekauft wird. Zusammengefasst kann man sagen: Unter „Käufergruppe“ versteht man die wertfreie Beschreibung der Gruppe von Konsumenten, die das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich kaufen. Die Daten dieser Käufer liegen dem Unternehmen vor. Diese Beschreibung erfolgt in der Regel in soziodemografischen Dimensionen, aber im digitalen Markt erhalten wir auch zunehmend Daten zum Wann/Wo/Wie und den verschiedenen Pfaden beim Kauf. Diese Daten sind besonders hilfreich bei der Überprüfung der eigenen Personas.

Die Zielgruppe

Nun zur Zielgruppe. Während die Käufergruppe das „Ist“ beschreibt, also beschreibt, wer das Produkt tatsächlich kauft, beschreibt die Zielgruppe das „Soll“. Hier stehen daher folgende Fragen im Zentrum:

„Für wen machen wir das Produkt bzw. erbringen wir diese Leistung?“

„Wer soll unser Produkt/unsere Dienstleistung kaufen?“

„Auf wen richten wir unser Produkt/unsere Dienstleistung aus?“ Die Zielgruppendefinition ist damit ein Teil der Marketing-und Vertriebsstrategie. Die Zielgruppendefinition beginnt im Konsumbereich ebenfalls mit soziodemografischen Variablen, wie Geschlecht, Alter, Bildung, Einkommen usw. Im Vergleich zur Käufergruppe erfolgt bei der Zielgruppendefinition in der Regel aber schon eine erhebliche Fokussierung. Die Zielgruppe ist die Menge möglicher Käufer und hilft, schon früh auch die ökonomischen Chancen und Risiken einzuschätzen. Und man hat die Zielgruppe im Blick, wenn man sich grob vorstellt, wer denn das eigene Angebot brauchen und nutzen könnte. In unserem Beispiel von oben: „Unsere Zielgruppe sind Frauen im Alter von 35–60 Jahren mit geringerem bis mittlerem Einkommen und geringerer bis mittlerer Schulbildung, denen Gesundheit und Familie wichtig ist.“[16] Bei guten Zielgruppenbeschreibungen wird diese Erklärungsbasis nun durch soziologische oder psychologische Variablen vertieft und ergänzt.

In der Marketingpraxis haben sich dafür zwei Modelle etabliert: das soziologische Milieu-Modell Sinus® und neuropsychologische Modell Limbic Types. (Auf die Beschreibung und auf die Unterschiede dieser Modelle gehen wir im nächsten Kapitel ein.) In unserem Beispiel könnte die Sinus®-Milieu-Beschreibung so lauten: Unsere Zielgruppe ist im Milieu der „Traditionellen“ und im Milieu der „Prekären“ beheimatet. In der zugrundeliegenden Milieubeschreibung sind Einstellungen, Lebensstile und soziodemografische Variablen der unterschiedlichen Milieus näher beschrieben.

In dem neuropsychologischen Modell der Limbic Types wäre die Beschreibung in etwa so: Unsere Zielgruppe sind hauptsächlich „Harmoniserinnen“ und teilweise auch „Traditionalistinnen“. Auch hinter diesen Typisierungen stehen sehr umfassende Erklärungen zu Persönlichkeit, Motivation, Werte und Denkstile. Gleichzeitig werden wichtige neurobiologische Unterschiede für das Kaufverhalten wie Geschlecht oder Alter beschrieben. Durch die Milieu- oder Typ-Zuordnung erfolgt eine weitere Fokussierung und Einschränkung.[17]

Neben den standardisierten Ansätzen wie Limbic oder Sinus® finden sich oft auch hausgemachte Typisierungen, die sich aus Faktoren- oder Clusteranalysen von unternehmensspezifischen Marktuntersuchungen ergeben haben. Bei sehr detaillierten Zielgruppenbeschreibungen wird mitunter noch eine Verhaltensebene mit beschrieben. In unserem Verlagsbeispiel würde es folgendermaßen lauten: „Unsere Zielgruppe pflegt einen einfachen Lebensstil und interessiert sich besonders für Familie, Tiere und Kinder.“

Buyer Personas

Nun zu den Buyer Personas und ihrem Verhältnis zur Zielgruppe. Der von der Käufergruppe zur Zielgruppe erfolgte Prozess der Fokussierung und Schärfung wird bei der Formulierung von Buyer Personas weitergeführt. Gleichzeitig wird versucht, die eher abstrakte Darstellung einer Zielgruppenbeschreibung möglichst bildhaft und konkret umzusetzen. Nochmals hier unsere Buyer Persona Gisela:

Gisela ist 55 Jahre alt, verheiratet, hat drei Kinder und inzwischen 2 Enkel.

Gisela lebt in einem Vorort in einem Haus mit einem Garten. Die Kinder, die Enkel, ihr Mann, ihr Haus und ihr Kräutergarten sind ihr Lebensinhalt.

Gisela arbeitet halbtags als Sekretärin in einem Handwerksbetrieb im Büro. Ihre Persönlichkeit ist vom Wunsch nach Harmonie und Geborgenheit gekennzeichnet. Gisela kocht gerne, am liebsten bewährte Gerichte, die sie teilweise schon von ihrer Mutter übernommen hat. Auch bei Krankheiten setzt sie auf Hausrezepte, die sie mit Esoterik vermischt hat. Sie singt im Kirchen-Chor und liebt die halbjährlichen Ausflüge dieser Gemeinschaft. Im Sommer fährt sie gerne nach Südtirol zum Wandern und Faulenzen. Im Fernsehen ist ihre Lieblingssendung „Wer wird Millionär“. Ihre Lieblingsschriftstellerin ist Iny Lorentz. Das Internet nutzt sie, um mal was nachzuschauen oder ab und zu mal was zu bestellen.[18]

Am Beispiel Gisela wird deutlich, dass sich Zielgruppe und Buyer Persona nicht gegenseitig ausschließen. Das Gegenteil ist der Fall: Personas entwickeln sich aus der Zielgruppendefinition heraus. Sie fokussieren noch stärker auf den absoluten Kern der Zielgruppe! Und besonders wichtig: Sie übersetzen den „formlosen“ Kunden dank einer bildhaften und konkreten Beschreibung in ein plastisches und verständliches Persönlichkeitsbild. Daraus entstehen viele Vorteile für die Vertriebs- und Marketingpraxis. Und die Redaktion kann sich so wie beschrieben schnell vorstellen, was wohl alles in diesem Magazin enthalten sein sollte, um es Gisela schmackhaft zu machen.

Weil Einfachheit ein wichtiges Merkmal bei Buyer Personas ist, sprechen wir ab hier nur noch von Personas.

1.2   Die vielen Vorteile von Personas

1.2.1   Personas bringen die Zielgruppe(n) auf den Punkt

Wie wir am obigen Beispiel gesehen haben, stellt Gisela den zentralen Kern der Zielgruppe der Zeitschrift dar. In der Marketingpraxis kommt es nun aber häufig vor, dass die Zielgruppen eines Unternehmens heterogener sind als im obigen Beispiel. Das kann daran liegen, dass ein Unternehmen verschiedene Modelle oder Produktlinien anbietet. Die können sowohl von ihrer Funktion als auch von ihrer emotionalen Aussage her unterschiedlich sein. In diesem Fall wird das Unternehmen nicht mit einer Persona auskommen, sondern es wird für jedes Modell oder jede Produktlinie eine spezifische Persona formulieren müssen.[19]

Ein Beispiel aus der Marketingpraxis verdeutlicht das: Der Autobauer Porsche bietet im Markt verschiedene Modellreihen an: den 911-er, den Panamera, den Cayenne, den Boxster und den Macan. Man spürt instinktiv, dass diese Modellreihen mit unterschiedlichen Emotionswelten verknüpft sind und damit unterschiedliche Zielgruppen ansprechen bzw. für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt wurden. Der 911-er ist nicht nur der Porsche-Klassiker, er ist das sportlichste und in seiner Turboversion auch das aggressivste Modell. Im Gegensatz dazu steht der Panamera, der zwar noch das sportliche Porsche-Gen in sich hat, gleichzeitig aber auch den Komfort und die Optik einer Limousine bietet. Porsche arbeitet daher mit verschiedenen Personas, um Fahrzeuge und zielgruppenspezifische Erlebniswelten zu verknüpfen: Die Kunden, die sportliche und aggressivere Fahrzeuge präferieren, heißen z. B. bei Porsche „Top Guns“, diejenigen, die komfortablere und luxuriösere Porsches wollen, sind die „Proud Patrons“. In Kapitel 3 werden wir uns mit dem kompletten Porsche-Persona-Konzept noch etwas näher beschäftigen.[20]

Wie viele Personas ein Unternehmen benötigt, hängt von mehreren Faktoren ab (in Kapitel 3 werden wir uns auch mit dieser Frage detailliert beschäftigen). Man kann aber immer sagen: so wenig wie möglich. Denn die Konzentration auf die Wünsche und Wertewelt einer Persona-Gruppe schafft in der Regel eine höhere Wertschöpfung, als viele Gruppen nur mittelmäßig zu treffen und zu bedienen. Damit sind wir schon beim nächsten Vorteil von Personas:

1.2.2   Personas durchdringen das ganze Unternehmen

Wie wir oben gesehen haben, sind klassische Zielgruppenformulierungen eher zu abstrakt und formal. Das ist zwar grundsätzlich nicht falsch, führt aber in der Marketingpraxis zu einigen Nachteilen. Der größte Nachteil ist, dass solche Beschreibungen nur von Marketingfachleuten verstanden werden. Hier könnte man einwenden, das würde ja auch genügen, weil Marketing schließlich in der Marketingabteilung gemacht würde. Und wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort wüssten, um was es geht, wäre das ja o. k.

Wer so argumentiert, hat ein altes Verständnis von Marketing. Marketing im modernen Sinne bedeutet nämlich, das ganze Unternehmen auf die Bedürfnisse seiner Kunden (Zielgruppe/Persona) auszurichten. Die Unternehmensleitung und die Marketingabteilung sind die Koordinatoren und Synchronisatoren der Ausrichtung. Idealerweise beginnt die Produktentwicklung im Marketing - an der Umsetzung sind dann aber alle beteiligt. Nur, wenn alle ein gleiches Bild von den Zielkunden im Kopf haben, kann die Umsetzung wirklich funktionieren. Eine abstrakte Zielgruppenbeschreibung erreicht niemals den Kopf und das Herz der Forschungs- und Entwicklungsleitung, der Vertriebsleitung, der Serviceleitung, der IT-/Digitalleitung usw.[21]

1.2.3   Personas machen Zielgruppen fühlbar

Abstrakte Zielgruppenformulierungen haben ein weiteres Problem: Man weiß durch die Datenflut scheinbar viel von seinem Kunden. Das Wichtigste allerdings fehlt: Man spürt und fühlt ihn nicht. Aber nur aus dem Spüren und Fühlen entsteht Kunden-Empathie oder Customer Empathy, wie Sie es auch immer nennen wollen. Empathie hat viel mit Intuition zu tun. Man hat ein Gefühl für den/die Andere(n). Man spürt, was er/sie will und was nicht. Und besonders wichtig: Man fühlt sich mit ihm/ihr innerlich verbunden. Anders ausgedrückt: Personas führen dazu, dass Zielgruppenwissen nicht im abstrakten Großhirn hängenbleibt, sondern das Herz des Menschen bzw. der Mitarbeiter erreicht.

Unser emotionales Herz ist im Gehirn das sogenannte limbische System. Es ist das emotionale Zentrum des Gehirns. Im limbischen System entsteht unsere Motivation, etwas zu tun. Und im limbischen System wird bewertet, ob etwas für uns wichtig ist. Schon Friedrich der Große wusste: „Wer sich an das Herz des Menschen richtet, wird den schlagen, der auf den Verstand einwirken will.“ Und der Psychoanalytiker Erich Fromm ergänzte: „Eine gemeinsame Idee ist mit die mächtigste Waffe, die es gibt. Dabei kommt es darauf an, dass die Idee nicht vage und allgemeiner Art, sondern speziell und einleuchtend und für die Bedürfnisse des Menschen von Belang ist.“[22]

Genau das sind gute und hirngerechte Personas: Sie sind eine gemeinsame Idee vom Kunden! Personas sind ein wichtiges Instrument, um eine abstrakte Unternehmensstrategie ins Herz (= limbisches System) vieler Mitarbeitern zu schleusen. Nur wenn die Personas greifbar und plastisch sind, werden im Gehirn der Beteiligten die Spiegelneuronen aktiviert. Jetzt kann man sich die Menschen vorstellen und sich in sie hineinversetzen.

1.2.4   Personas schaffen konsistente Kundenerlebnisse an allen Touchpoints

Aber warum ist es wichtig, dass möglichst viele Mitarbeiter ihre Kunden spüren und fühlen? Die Antwort ist einfach: weil ein Unternehmen über viele Berührungspunkte oder Touchpoints mit seinen Kunden in Beziehung und in Verbindung steht. Berührungspunkte zum Kunden sind: die Produkte, die Dienstleistungen, die Kommunikation, das Design, das Internet, der Kundendienst, der Vertrieb bis hin zu den Mitarbeitern am Empfang. Und je stärker die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gemäß der Emotions- und Wertewelt ihrer Kunden denken und fühlen, desto besser können sie diese Erlebenswelten in den Berührungspunkten, an denen sie beteiligt sind, umsetzen.

Denn klar ist: Was an den hunderten Berührungspunkten eines Unternehmens zum Kunden passieren soll, kann im Management skizziert werden. Vitalisiert und zum Leben erweckt wird es aber von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für die Berührungspunkte zuständig bzw. die selber dieser Berührungspunkt sind. Die dadurch entstehende emotionale Konsistenz des Unternehmens sorgt dafür, dass das Unternehmen einen Logenplatz in den Köpfen der Kunden erhält und von diesen als ihre emotionale Heimat wahrgenommen wird.[23]

1.2.5   Personas bringen die Marke zum Erleben

Sie werden als Marketing-Professional vielleicht einwenden, dass nicht die Zielgruppe die Erlebenswelt des Unternehmens definiert, sondern die Marke Ausgangspunkt allen Handelns sei. Damit haben Sie Recht. Aber eine Markenpositionierung ist ohne eine gleichzeitige Zielgruppendefinition meist unvollständig. Gute und starke Marken haben immer einen sogenannten Markenkern. In diesem Markenkern ist die emotional-funktionale Quintessenz der Marke festgelegt.

Diese emotional-funktionale Quintessenz sorgt dafür, dass die Marke bestimmte Kundengruppen anzieht und von anderen Kundengruppen abgelehnt wird. Aber welche Kundengruppen werden angezogen und welche werden eher abgestoßen? Die Antwort ist einfach: Angezogen werden die Kundengruppen, deren emotionale Persönlichkeitsstruktur ähnlich oder gleich der von der Marke ausgesendeten Emotionen ist. Abgestoßen werden eher die Kundengruppen, deren emotionale Persönlichkeitsstruktur sich in völlig entgegengesetzten Emotionswelten zur Marke befindet. In Kapitel 3 werden wir uns noch intensiver mit dem Zusammenhang zwischen Marke und Persona beschäftigen.

1.2.6   Personas sind strategische Leitplanken

Aufgrund der sich schnell verändernden Märkte strömen auf ein Unternehmen viele tolle und neue Ideen ein, was man alles noch tun könnte: neue Produkte, neue Dienstleistungen, neue Märkte, neue Anwendungen. Der Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Aber wer alles[24] macht, macht am Schluss nichts richtig gut und verzettelt sich. Auch hier können Buyer Personas helfen, auf der Spur zu bleiben.

In Kapitel 3 werden wir das Beispiel eines Home-Shopping-Senders kennenlernen. Diesem Sender werden jährlich tausende Produkte angeboten. Aber wie trifft das Produktmanagement die Auswahl? Die erste Frage, die geklärt wird, lautet: Passen die Produkte zu unserem Markenversprechen? Die zweite Frage lautet: Sind die Produkte für unsere Personas relevant? Nur mit Produkten, die diesen Doppelfilter erfolgreich passieren, beschäftigt sich das Produktmanagement weiter. Diese Vorfilterung stärkt nicht nur das Markenprofil und die Akzeptanz bei den Kunden, sie vermeidet bei der Entscheidungsfindung auch Grundsatzdiskussionen. Denn mit der Marke und den Personas hat sich das Unternehmen für längere Zeit in seinem Kurs festgelegt. Damit wird verhindert, dass im Tagesgeschäft permanent über den Steuerkurs gestritten wird. Diese strategischen Leitplanken helfen auch bei der Innovationspolitik. In Kapitel 5 wird deutlich werden, dass wir in der Fülle der neuen Aufgaben und Möglichkeiten gezwungen sind, effiziente Werkzeuge zu nutzen, um uns nicht zu verlieren.

1.2.7