Californischer Wein - Patrick Rabe - E-Book

Californischer Wein E-Book

Patrick Rabe

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Beschreibung

Amerika im Umbruch, die Welt im Umbruch. Wieder einmal wird die Frage gestellt: Was wollen wir, was trägt uns als Menschen tatsächlich? Oder wie Kurt Cobain es beim legendären Unplugged von Nirvana mit einem Meat Puppets Cover formulierte: "Und nun beginnen die vielen Hände ein neues Plateau abzutasten..." Wo geht die Reise hin? Und welche bisher vielleicht ungesehenen Gefahren lauern im Unterboden? Der deutsche Autor Patrick Rabe ist seit jeher fasziniert vom amerikanischen Mythos, den er in der Hippiezeit der 1960er ansetzt, und der sich seiner Meinung nach deutlich vom "Amerikanischen großen Traum" unterscheidet. Beim amerikanischen Mythos geht es nicht um Karriere und Erfolg, sondern um Identität. Dieser nachzuspüren, und zu schauen, was aus ihr geworden ist, ist Ansatz dieses Buches. Es ist zugleich ein Fanal gegen Rassismus, Menschenverachtung und Neofaschismus.

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Seitenzahl: 58

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Inhaltsverzeichnis

Hotel California

Aion of Noia

Worterklärungen

Als die Alligatoren die Gullis verließen …kamen die Ratten aus ihren Löchern

Staubsturm

Frühstück mit Freunden (light my candles in a daze)

Merica (Süße Californen)

„Wenn er wiederkommt…“

Nothing else matters oder Zwischen zwei Weihnachtsabenden

Auf dem Feld

Die Flamme

Hotel California

Autobahn in der Wüste, kalter Wind im Haar,

der Geruch von Colitas umwehte mich wie ein Mahr.

Irgendwo in der Ferne sah ich ein schimmerndes Licht,

über mir leuchteten Sterne, macht's jetzt der Motor nicht?

Sie stand dort im Torweg, ich hörte Glockenklang,

und ich dachte, dass dieser Ort Himmel und Hölle sein kann...

Sie entzündete eine Kerze, ging ins Haus mir voran,

ich hörte Stimmen im Korridor, ihren Wechselgesang:

"Willkommen im Hotel California,

so ein schöner Ort, hier willst du nie mehr fort!

Viele Zimmer im Hotel California,

stets und jederzeit stehen sie bereit!"

Ihr Geist war kaufhausgeschädigt, sie fuhr den Mercedes Benz,

um sie rum war'n hübsche Jungs, sie nannten sich ihre Friends

tanzten sie im Gerichtssaal im süßen Sommerschweiß,

um zu erinnern, was niemals war, um zu vergessen, was keiner

weiß?

Ich rief nach dem Kellner und bestellte mir Wein,

er sprach: "Wir hatten diesen Geist nicht hier, seit Nienteen

Sixtynine!"

Und die Stimmen, sie sangen die ganze Nacht,

erinnerten mich, wo ich war, sobald ich aufgewacht.

"Willkommen im Hotel California,

so ein schöner Ort, hier willst du nie mehr fort!

Lass es dir gut geh'n im Hotel California,

der Tag kommt früh genug, beendet den Betrug..."

Spiegel an der Decke, pinker Champagner auf Eis,

und sie sagte: "Wir sind alle Gefangene hier, was jeder von uns

weiß!"

Und in den Meistersälen nahm ein Festmahl seinen Lauf,

sie stachen das Tier mit Messern aus Stahl, doch es stand immer

wieder auf.

Das letzte, was ich erinner: ich rannte schnell nach der Tür,

nur eine Passage nach draußen, weg, weit weg von hier!

"Entspann dich!", sagte der Mann der Nacht, "Du wirst es

schon noch versteh'n.

Du kannst auschecken, wann immer du willst, doch du kannst

niemals geh'n!"

© by the Eagles, Asylum Records 1976

Übersetzung: © by Patrick Rabe, 2016.

***

Aion of Noia

„Mir ist langweilig!“, sagte das kleine Mädchen.

„Du störst mich in wichtigen Überlegungen.“, sagte der Vater.

„Bei was denn?“, fragte das Mädchen.

„Das verstehst du nicht.“, sagte der Vater.

“Du bist klein, und du bist ein Mädchen.“

Ihm, dem berühmten Theologen,

der jahrelang in seiner Kirche darum gekämpft hatte,

dass man „Metanoia“ nicht mehr mit „Buße“,

sondern mit „Neu verstehen“ übersetzen müsste,

war aufgefallen,

dass das zweite Wort davon, „Noia“

rückwärts gelesen „Aion“, also „Zeitalter“ bedeutete.

Am Ende des Zeitalters,

so hieß es in der Bibel,

würde Jesus wiederkommen.

Seine Tochter sah ihn unverwandt aus neugierigen Augen an.

Und er konnte nicht anders.

Versonnen murmelte er:

„Weißt du, was Noia heißt?“

„Ja!“, sagte sie,

„Mädchen!“

Der Vater sprang vom Stuhl auf

Wie von der Tarantel gestochen.

„Du ungehöriges kleines Ding!

Das heißt ‚Verstand‘!“

„Versteh ich nicht!“,

rief das Mädchen.

Wütend schlug der Vater

ihr mit der flachen Hand

ins Gesicht.

„Geh in dein Zimmer, du ungehörige Göre!“

Weinend lief das Mädchen raus.

Seine Ehefrau,

die mit dem Essen beschäftigt war,

stellte das Radio an.

„Weiterhin Unruhen zwischen der Black Lives Matter-

Bewegung, Polizei und Regierungstruppen.“,

sagte der Sprecher.

„Der Corona-Virus breitet sich rasend schnell aus.

Das Institut für die Erforschung psychischer Krankheiten in

Washington

meldet einen drastischen Anstieg

von paranoider Schizophrenie

mit politischen und religiösen Inhalten.

Das Wetter: Strahlender Sonnenschein mit goldener Corona.“

Plötzlich klopfte es an der Tür.

Der Vater ging hin.

Draußen standen Soldaten.

„Sie haben doch einen wehrpflichtigen Sohn

von 21 Jahren

namens William John?

Wir müssen ihn zum Dienst im eigenen Land einziehen!“

„Sie liegen daneben.“, sagte der Vater,

„Ich habe eine 12-Jährige Tochter

namens Billie Jean.“

„Das ist doch dasselbe.“, sagte der Soldat

und schob sich eine Paranuss in den Mund.

„Wie bitte?“

Dem Vater blieb der Mund offen stehen.

„Alles eine Frage des Standpunktes!“,

sagte der Soldat.

„Wir müssen ihre Tochter jetzt einziehen.“

„Haben sie dafür überhaupt einen dokumentierten Befehl,

den sie mir zeigen können?“,

fragte der Vater.

„Brauchen wir nicht mehr.“, sagte der Soldat,

„Das wurde wegen der nationalen Lage

und wegen Gefahr in Verzug

abgeschafft.“

„Wir brauchen nur eine Unterschrift von ihnen,

falls ihre Tochter noch nicht volljähig ist.“

„Sie spinnen wohl!

Die kriegen sie nicht!“

schrie der Vater.

„Verweigerung, oder?“,

fragte der eine Soldat seinen Kameraden nuschelnd,

und schob die Paranuss in die andere Backe.

„Jep!“, sagte dieser nüchtern,

zog das Gewehr

und schoss dem Vater in den Bauch.

Mit einem erstickten Schrei

fiel er auf die Dielen

des Eingangsbereiches seines Hauses.

Die beiden Soldaten sahen einander mit glasigen Augen an.

„Nichts weiter zu tun, oder?“, fragte der eine.

„Nö.“, sagte der andere.

„Die Order gibt nix anderes her.“

Die beiden grinsten sich an,

und gingen.

Drinnen stellte die Mutter das Essen auf den Tisch.

„Lecker, Mami!“, rief die Tochter.

Voller Vorfreude setzten sich die Beiden

und füllten das Essen auf die Teller.

Im Hausflur stöhnte der Vater.

Die Mutter zuckte mit den Achseln,

und begann, zu essen.

Zum ersten Mal seit unzähligen Jahren

hatten Mutter und Tochter

vorher nicht gebetet.

***

Worterklärungen:

Noia, altgriechisch: Verstehen, Verstand.

Noia, katalanisch: Mädchen, Langeweile, langweilige

Person, Störung.

Metanoia, altgriechisch (biblisch): Umdenken, weiter

denken, neu verstehen,

von einer höheren Warte aus verstehen.

Luther und alle folgenden deutschen Bibelübersetzer

übersetzten dieses Wort mit „Buße“.

Paranoia/Paranus: Neben dem Verstand. In der

Psychologie und Psychiatrie ein Begriff für eine

Erkrankung bzw. psychische Störung, in der der Patient

wahnhaft alles auf sich bezieht und überall

Verschwörungen politischer oder spiritueller Art wittert.

Aion: Zeitalter, biblisch auch „Weltzeit“ oder generell

„Zeit“. Damit ist der Ablauf der Zeit von Jesu

Himmelfahrt bis zu seiner Wiederkunft gemeint. Luther

übersetzte „Aion“ einfach mit „Welt“. Daher kommen

auch die ganzen Vorstellungen von einem

„Weltuntergang“ im Zusammenhang mit „Armageddon“

und der Offenbarung (Apokalypse) des Johannes. Die

Griechen und andere Völker und Religionen verstanden

unter „Aion“ einfach nur ein Zeitalter im Sinne einer

geschichtlichen Epoche, nach dessen Ablauf ein neues

kommt.

***

Als die Alligatoren die Gullis verließen …kamen die Ratten aus ihren Löchern

(Amerika, Update 2020)

Hab nie gesagt, ich bin subtil

und sanft wie eine Feder,

ein veritables Krokodil

bin ich und zieh vom Leder.

Und dabei bleibt es dann auch nicht,

sagt ihr es auch der Presse,

ich lösch euch euer Funzellicht,

und schlag euch in die Fresse.

Denn wer mir vor den Karren pisst,

den hau ich von der Straße,

bin kein Poet, kein Mensch, kein Christ,

ich mess mit ander‘m Maße.

Das Tier in mir, das war erwacht,

als sie mein Türholz brachen,

da wusste ich: `s heißt „Gute Nacht!“,

die sprechen and’re Sprachen.

Und nicht in Zungen, engelsgleich,

sondern mit Faust und Knarren,

die Diktatur, das vierte Reich,

ganz ohne Hitlers Schnarren.

Man schütze Staat und Republik,

Demokratie und Recht,