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Personaler müssen heute Jim Rockford, Sherlock Holmes und Lisbeth Salander in einer Person sein: Sie brauchen detektivisches Gespür. Die Wirtschaft boomt, der Fachkräftemangel weitet sich aus. In der Menge der Jobangebote verliert die klassische Stellenanzeige in der Zeitung und im Internet ihre Wirkung. Und die Personalbeschaffung in Schulen und Hochschulen deckt nicht den Bedarf an berufserfahrenen Kräften. Employer Branding ist als oberflächliche Arbeitgeberwerbung enttarnt, und ohne Unterscheidbarkeit gehen Unternehmen im Wettbewerb um knappe Arbeitskräfte unter. An dieser Stelle setzt Candidate Profiling an. Gleichermaßen Such- wie Differenzierungsstrategie, geht es unter einem völlig neuen Blickwinkel an die Aufgabe der Personalbeschaffung heran. Die Suche setzt dort an, wo die Zielgruppen tatsächlich sind: nicht in der virtuellen Welt, sondern im echten Leben. Dazu muss man zwei Dinge wissen: Was tun die Mitarbeiter in spe, wenn sie gerade keine Mitarbeiter sind ? vor Dienstbeginn, in der Mittagspause, am Abend, am Wochenende, im Urlaub? Und wie bringt man sie auf den Geschmack, wenn sie gerade nicht mit einem Jobangebot rechnen? Candidate Profiling geht strategisch vor ? genau wie Kriminalisten: Sie ermitteln Motive von Personen, untersuchen Lebenswelten, leiten daraus ihre Erkenntnisse ab und erstellen Profile. Die Autoren beraten und unterstützen seit vielen Jahren Personalverantwortliche und Recruiter bei der Mitarbeitersuche. Als professionelle Kommunikatoren sind sie versiert in der zielgruppengerechten Ansprache von Menschen. Neben der ausführlichen Vorstellung des Konzepts begründet das Buch schlüssig den notwendigen Paradigmenwechsel bei der Kandidatenansprache in Zeiten knapper Arbeitskräfte. Mit zahlreichen Beispielen aus Branchen und Berufen, in denen qualifizierte Fachkräfte Mangelware sind (Gastronomie, Ingenieurwissenschaften und Technik, IT, Lehramt, Medizin, Naturwissenschaft, Pflege, Sozialwesen, Technik/Mechatronik, Vertrieb, Wirtschaftswissenschaft, Paketzusteller und Berufskraftfahrer), zeigt es, wie die Methode des ?Profilings? zu einer zielführenden Suchstrategie wird.
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2018
Bernhard Schelenz ist geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Kommunikationsberatung für Arbeitgeber in Großkarlbach an der Weinstraße, Fachbuchautor und Herausgeber. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Personal- und Arbeitgeberkommunikation, Projekte im Umfeld von Employer Reputation und HR Brand. Als ausgewiesener Experte im Personalgeschäft hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Trends aufzuspüren und HR Managern kreative Ansätze für deren Arbeit zu vermitteln.
Oliver Gerrits ist seit 2004 Leiter Marketing und Kommunikation der MEWA Textil-Service AG & Co. Management OHG in Wiesbaden. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist der Auf- und Ausbau der Kommunikation rund um die interne und externe Arbeitgebermarke des Unternehmens. Dafür wurde MEWA 2013 mit dem HR Excellence Award ausgezeichnet, 2017 erwarb MEWA das Siegel „Deutschlands beste Jobs mit Zukunft“. Die Methode „Profiling“ bedeutet für ihn zugleich Kreativleistung und Differenzierungsstrategie.
Candidate Profiling
Wie Sie Bewerber identifizieren und erreichen.Berichte aus dem wirklichen Leben.
Von Bernhard Schelenz und Oliver Gerrits
ISBN 978-3-89578-735-5 (EPUB)
Vollständige EPUB-Ausgabe von Bernhard Schelenz und Oliver Gerrits „Candidate Profiling“
ISBN 978-3-89578-475-0 (Printausgabe)
Publicis Publishing, Erlangen, Germany
www.publicis-books.de
© 2018 Publicis Pixelpark Erlangen – eine Zweigniederlassung der Publicis Pixelpark GmbH
Das wichtigste Talent der Zukunft wird sein, Talente zu entdecken.
Einführung
Früher bewährt, heute begähnt
Was an Candidate Profiling fasziniert – und warum es gelingt
Big Data gewinnbringend nutzen
Candidate Profiling ist mehr als „A New Kid in Town“
Warum es höchste Zeit ist für Candidate Profiling
1 Wo steht die Personalsuche heute?
Was kommt, was bleibt, was drückt schon heute?
Warum Arbeitgebermarken an Strahlkraft verlieren und das Denken in Generationen nicht mehr zeitgemäß ist
Die Personalansprache nach Schema F funktioniert nicht mehr
Es geht im wörtlichen Sinn darum, „neue Wege zu gehen“
2 Was ist Candidate Profiling?
Strategie mit Thrill
Methode und Vorgehensweise
Was der Candidate Profiler von seiner Zielgruppe wissen muss
Es geht nicht um den einzelnen Mitarbeiter, sondern um die Zielgruppe
3 Wie läuft ein Profiling-Projekt ab?
Dreh- und Angelpunkt: Das Kommunikations- und Kontaktkonzept
Die Kandidatenansprache
Kreativität als Differenzierungsfaktor
Das Profil des Profilers
4 Wie es weitergeht
Ein Auftrag an Human Resources
5 Beispiele für Suchstrategien
Fachkräfte in der Gastronomie
Ingenieure/Ingenieurinnen
IT-Fachkräfte
Lehrer/-innen für Privatschulen und Internate
Mediziner/-innen
Naturwissenschaftler/-innen
Pflegekräfte
Sozialarbeiter/-innen / Sozialpädagogen/-innen
Techniker/-innen, Mechatroniker/-innen
Vertriebsmitarbeiter/-innen
Zusteller und Berufskraftfahrer/-innen
6 Los geht’s
Hinweise
Zahlen und Fakten, auf die wir im Buch verwiesen haben, sind im Internet oder in Fachpublikationen recherchiert und gelten zum großen Teil als eine Art „fachspezifisches Allgemeinwissen“. Da sie in etlichen Quellen auftauchen und immer wieder zitiert werden, haben wir bewusst auf detailliertere Quellenangaben verzichtet.
In diesem Buch wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit vorwiegend die männliche grammatikalische Form benutzt.
Wer Personal sucht, muss heute Jim Rockford, Sherlock Holmes und Lisbeth Salander in einer Person sein. Recruiter müssen Menschen kennen, Daten lesen und Spuren folgen können. Dafür brauchen sie detektivisches Gespür. Denn die Wirtschaft dampft aus vollen Rohren, aber viele Stellen bleiben leer. Personal ist gewiss zu finden. Aber oft nicht die Mitarbeiter, die man benötigt und die man haben will.
Wenn der Jobmotor brummt, ist das Recruiting ohnehin eine harte Nuss. Aber wenn die Wirtschaft wächst, wenn sich die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand verabschieden und wenn sich gleichzeitig die Anforderungen an die Mitarbeiter rasend schnell verändern – die dazugehörigen Stichworte heißen Globalisierung, Digitalisierung und Arbeitsverdichtung –, dann wird die Personalbeschaffung selbst für Profis zu einer echten Herausforderung. Was nur eine politisch korrekte Umschreibung ist für: Den richtigen Mitarbeiter, die richtige Mitarbeiterin zu finden, ist verdammt schwer.
Denn es ist ja nicht so, als ob Sie die einzigen wären, die gut bezahlte Arbeit in einem netten Team und mit verlockenden Zukunftsperspektiven zu vergeben haben. Neben, vor und hinter Ihnen drängeln sich Dutzende von anderen Arbeitgebern und schreien sich, bildlich gesprochen, die Kehle aus dem Hals: Hier lang! Komm zu uns! Wir haben ein tolles Angebot! Für die Gesuchten ist das höchst erfreulich. Eine Anstellung bei einem Boah-ey-Arbeitgeber. Gesundheitskurse. Home Office. Kinderbetreuung. Rentenzuschuss. Frei parken. Es geht fast so zu wie sonntags auf dem Hamburger Fischmarkt: „Und auf dieses einmalige Angebot leg‘ ich noch ‘ne Makrele drauf, und diesen fetten Aal auch noch, und weil Sie‘s sind, obendrauf ein ganzes Kilo frisch gefangene Krabben ...“.
Das Problem: Allmählich gehen den Recruitern die Ideen aus, wo sie ihre wundervollen Angebote platzieren sollen. Die gängigen Suchwege sind flächendeckend ausgetreten. Wer sich heute noch eine Zeitung kauft, um den Stellenteil zu studieren, ist bestimmt nicht derjenige, den das Recruiting oben auf der Liste hat. Hektisch vom Monitor entgegenblinkende Jobangebote werden von Bewerbern allenfalls gelesen, um bestätigt zu bekommen, wie angenehm es doch ist, sich dem unweigerlich damit verbundenen Ausscheidungskampf nicht aussetzen zu müssen. Und die meisten Bewerber wissen auch: Mit dem Zauber, der angeblich jedem Anfang innewohnt, hat der Dichter Hermann Hesse ganz sicher nicht die ersten hundert Tage im neuen Job gemeint.
Sich den Nachwuchs heranzuziehen, ist eine schöne Idee. Die können aber nur große Unternehmen in die Tat umsetzen, weil nur die sich doppelt und dreifach besetzte Arbeitsplätze leisten können. Den Bedarf an berufserfahrenen Kräften deckt das Hochschulmarketing nicht. Und das Employer Branding ist längst als oberflächliche Arbeitgeberwerbung enttarnt. Wo also soll man suchen, wie soll man finden, wonach alle suchen und doch nicht finden?
Machen wir uns nichts vor: Die Mitarbeiter, die wir als Arbeitgeber vor unserem geistigen Auge haben, arbeiten woanders. Und sind damit ganz zufrieden. Die denken noch nicht mal an einen Stellenwechsel. Warum auch? Läuft doch.
Gleichermaßen Such- wie Differenzierungsstrategie, geht Candidate Profiling unter einem völlig neuen Blickwinkel an das Recruiting heran. Es vermutet die Zielgruppen nicht im Ungefähren (Tageszeitungsleser, Fachzeitschriftleser, Stellenbörsenbesucher, Social Networker) und kontaktiert sie auch nicht wie das klassische Headhunting am Arbeitsplatz. Candidate Profiling setzt den Recruitinghebel einerseits viel früher als gewohnt an, nämlich lange vor der Ansprache der Kandidaten, und geht andererseits weit darüber hinaus: Es ermittelt, wo sich die Zielgruppen jenseits des Jobs bevorzugt aufhalten. Und dort wirft es eben nicht mit wohlklingenden, aber austauschbaren Floskeln um sich, um mit einer Aussage möglichst viele Kandidaten neugierig zu machen, sondern es winkt mit exklusiven Jobangeboten – nur hier und jetzt und nur für Dich, werter Kollege, geschätzte Kollegin in spe.
Candidate Profiling macht sich Predictive Analytics zunutze. Die Methode dient dazu, wiederkehrende Muster aufzudecken und dann mithilfe bestimmter Algorithmen deren weitere Entwicklung zu prognostizieren. Banken und Finanzdienstleister verwenden sie schon seit mehr als 20 Jahren: Sie ziehen das bisherige Verhalten des Kunden und seine Lebensumstände, etwa den Beschäftigungsstatus, heran und berechnen auf dieser Grundlage mithilfe ausgefeilter Algorithmen und Modelle die Rückzahlungswahrscheinlichkeit von Krediten. In jüngster Zeit zeigen auch immer mehr Unternehmen außerhalb des Finanzsektors lebhaftes Interesse daran. Der Grund lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: Big Data.
Aufgrund der Vielzahl empirischer Studien und Befragungen liegen heute gigantische Datenvolumina über alle möglichen Berufsgruppen vor. In vielen Branchen fragt man sich auch, ob man die Daten nicht zur Umsatzsteigerung, zu Einsparungen oder zu Prozessoptimierungen nutzen kann. Wir schlagen vor, sie in den Dienst des Recruitings zu stellen.
Anders als beim traditionellen Recruiting begegnen Candidate Profiler den gesuchten Kandidaten von Angesicht zu Angesicht auf Augenhöhe und im wirklichen Leben. Sie malen sich nicht nur virtuelle Candidate Personas mit idealtypischen Lebensläufen und Lebensumständen aus, um der optimalen Stellenbesetzung ein Gesicht zu geben und die Suche damit vermeintlich einfacher zu gestalten. In Wahrheit erschwert diese Methode nämlich die Auswahl, weil sich Menschen ungern von ihren selbstgeschaffenen Homunculi lösen können und dazu neigen, diesen ähnliche Kandidaten schon bei kleinsten Abweichungen durchfallen zu lassen. Candidate Profiler verstehen hingegen ihre Arbeit als Fallanalyse mit Fokus auf dem realen Leben. Auf Basis von Predictive Analytics entschlüsseln sie Lebenswelten und Lebensentwürfe von Kandidaten ihrer Zielgruppe, finden Ähnlichkeiten und übereinstimmende Muster und ziehen daraus ihre Schlüsse. Sie wissen, an welchen Touchpoints sie die Mitglieder ihrer Zielgruppe persönlich treffen.
In Zeiten von Fake News und absichtlichen Missverständnissen ist aber Vorsicht geboten. Deshalb betonen wir ausdrücklich, dass wir zwar mit dem Begriff Candidate Profiling auf das Berufsbild des Profilers anspielen, aber die Assoziationskette natürlich nicht komplett übernehmen. Bewerber sind keine Täter. Uns geht es ausschließlich um die Arbeitsweise von Profilern und das Verständnis von Profiling, von der sich Personalverantwortliche sicher eine Menge abschauen können.
Denn die herkömmlichen Ansätze und Methoden reichen nicht mehr aus. Lebensphasen und Lebensumstände beeinflussen sowohl die Empfangsbereitschaft der Kandidaten für Stellenangebote als auch deren Beurteilung und letztlich ihre Entscheidung, einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Wir schlagen darum vor, dass Personalsuchende (= Personaler, Recruiter, Inhaber etc.) denken und handeln sollen wie Profiler: Spuren sammeln, diese richtig lesen und verstehen lernen, Muster ableiten und Handlungsmuster voraussehen.
Für Personaler bedeutet das eine grundlegende Veränderung des Recruitings, gleichsam einen Paradigmenwechsel: Die Aufmerksamkeit löst sich von der zu besetzenden Position und richtet sich auf die Menschen, die hierfür idealerweise in Frage kommen. Entsprechend wirbt das Personalmarketing nicht dort um das Interesse der Zielgruppe, wo diese eventuell rein zufällig mal vorbeischauen könnte, sondern dort, wo sie sich der statistischen Wahrscheinlichkeit zufolge tatsächlich bevorzugt aufhält. Weil das bei den wenigsten Menschen der Arbeitsplatz ist (bei manchen Berufsgruppen allerdings durchaus sein kann), wenden sich Profiler dorthin, wo das Gros der Zielgruppe seine arbeitsfreie Zeit verbringt. Woher sie das wissen und wie sie dabei vorgehen, ist echte Ermittlertätigkeit.
Candidate Profiling ist weit mehr als eine Recruiting-Methode. Es transportiert keine Botschaft, sondern es verkündet ohne werbepsychologische Umverpackung: „Lieber Mitarbeiter, liebe Mitarbeiterin in spe, wir wissen, dass Du nicht pausenlos nach Stellenangeboten Ausschau hältst, weil Du eigentlich mit Deiner Arbeit ganz zufrieden bist. Aber wir wissen auch, dass Du gern mehr aus Dir machen willst. Dass Du spannendere oder verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen, Deine Arbeitszeit selbstbestimmt gestalten oder schlicht mehr verdienen möchtest. Vor allem wissen wir, dass Du die Nase voll hast von all den blumigen Versprechungen, mit denen man Dich zur Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag bewegen will und die an dem Tag Makulatur sind, an dem Du erkennst, dass es dem Arbeitgeber nicht um Dich als Menschen, sondern um einen weiteren Produktionsfaktor gegangen ist. Du aber bist uns als Mensch wichtig. Deshalb haben wir sehr gründlich über Dich nachgedacht. Wir haben uns zum Beispiel vorgestellt, wo und wie Du lebst, was Du in Deiner Freizeit machst, welche Musik Dir gefallen könnte, ob Du Mitglied eines Vereins bist, ob Du sportlich aktiv bist, wo Du Urlaub machst und welchen Namen Du wohl Deinem Haustier gegeben haben könntest. Kurz: Wir haben versucht, Dich kennenzulernen, noch bevor wir Dich persönlich kennenlernen. Und sind am Ende zu dem Ergebnis gekommen, dass Du und wir bestens zusammenpassen.“
Die Autoren dieses Buches sind keine Personaler, sondern kommen aus dem Marketing und der Kommunikation. Mit dem Blick von außen und von innen unterstützen wir seit vielen Jahren Personalverantwortliche und Recruiter bei der Mitarbeitersuche und wissen: Mit den gängigen Methoden kann die Aufgabe nicht gelingen. Weil sie zu gängig sind.
Weil Recruiter oft dieselben Studien lesen, kommen sie in der Regel zu denselben Ergebnissen und handeln auf die gleiche Weise. Wir finden, das ist weder genug, noch der Aufgabe Personalgewinnung angemessen. Deshalb haben wir uns auch außerhalb der HR-Profession umgeschaut, ob man vielleicht aus anderen Bereichen etwas abgucken kann, was unserer Aufgabe nützt. So sind wir auf die Möglichkeiten der Predictive Analytics gekommen. Wir haben darüber zahlreiche Studien gelesen, Beobachtungen angestellt, Interviews geführt und lange diskutiert. Gerade weil die Personalnot in vielen Bereichen heute so groß ist, muss man aktiv auf potenzielle Bewerberzielgruppen zugehen. Dabei sollte man die Touchpoints kennen, also die statistisch wahrscheinlichen Kontaktpunkte. Und man muss den Mut aufbringen, ungewöhnliche Wege zu gehen. Dafür möchten wir eindringlich werben.
Wir finden diesen Gedanken bestechend einfach und gerade deshalb zündend. Machen wir damit Schluss, auf unsere gesuchten Mitarbeiter in spe „durch die Brust ins Auge“ zu zielen. Zeigen wir ihnen stattdessen, wie wichtig sie uns als Menschen sind, wie engagiert wir nach ihnen suchen, und beweisen wir ihnen damit, wie viel sie uns wert sind.
Jeder Mensch hat sein persönliches „Drehbuch“. Dieses beinhaltet ein Programm, welches Lebensinhalte, Einstellungen, Vorlieben, Prägungen, Handlungsweisen, Erfahrungen u.a.m. vorgibt. Profiler ermitteln diese Drehbücher, ziehen daraus Rückschlüsse, um Muster zu erkennen. So schaffen sie wichtige Grundlagen für die Arbeit von Recruitern.
Mit Candidate Profiling laden wir alle Recruiter ein, mit uns weiter zu diskutieren und voneinander in der praktischen Anwendung zu lernen. Die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann hat einmal gesagt: „Keine neue Welt ohne neue Sprache.“ Mit dem Konzept des Candidate Profiling erschließen wir uns eine neue Welt.
Bernhard Schelenz, Oliver Gerrits
Worauf wir uns einstellen müssen, wenn wir nicht mehr die benötigten Fach- und Führungskräfte einstellen können.
Warum Arbeitgebermarken an Strahlkraft verlieren und das Denken in Generationen nicht mehr zeitgemäß ist.
Weshalb wir neue Wege in der Personalbeschaffung brauchen.
Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus. Aktuellen Prognosen zufolge soll die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2050 auf 26,5 Millionen Menschen zurückgehen. (Zum Vergleich: Ende 2017 waren rund 44 Millionen Erwerbstätige registriert.) In drei Jahrzehnten werden große Teile der zwischen 1980 und 2000 geborenen Generation Y noch voller Schaffenskraft sein. Falls unsere Nachkommen denn überhaupt Lust haben, so zu arbeiten, wie wir es gewohnt sind. Aktuellen Umfragen zufolge sieht es nicht so aus; die Präferenzen deuten eher auf „Life“ denn auf „Work“.
Das war der Schauder zum Aufwärmen. Aber dieses Szenario liegt weit in der Zukunft. Bis 2050 kann noch einiges passieren. Der Krieg kann näherkommen, das Klima kollabieren, Millionen von Chinesen könnten über die neue Seidenstraße nach Europa einwandern. In den ersten beiden Fällen bräuchte Deutschland voraussichtlich nicht mehr so viele Arbeitskräfte, und mit den Chinesen wären sie da. Warum sich also heute den Kopf über Notlagen von übermorgen zerbrechen? Haben wir keine akuten?
Doch, die haben wir. Zugegeben in einer weitaus schwächeren Variante, aber man kann sich ja langsam an das Gap, an das größte anzunehmende Personalerproblem, herantasten. Schon heute gelingt es nämlich nicht, alle freien Stellen mit passenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu besetzen. Weil sich die demografische Verteilung bereits spürbar ändert, weil nicht jeder Berufstätige mit der Digitalisierung mithalten kann oder will und überhaupt: weil die Lücke zwischen dem von der Wirtschaft benötigten und dem von den verfügbaren Arbeitskräften verkörperten Wissen zusehends größer wird. Der Fachkräftemangel, so wird landauf, landab geklagt, sei der Engpass, durch den das Wirtschaftswachstum gebremst werde. Mit mehr fleißigen Händen und klugen Köpfen könnten die Unternehmen mehr produzieren, mehr verkaufen, mehr verdienen, mehr investieren, um mehr zu produzieren, mehr zu verkaufen ... Sie wissen schon.
Natürlich wissen Sie das, denn als Leser und Leserin dieses Buches sind Sie nicht nur mit den Ursachen des Problems vertraut, sondern auf die eine oder andere Weise auch in die Lösung eingebunden:
Als Wissenschaftler werden von Ihnen Vorschläge erwartet, was gesamtwirtschaftlich zu tun ist, um das Arbeitsangebot und die Arbeitsnachfrage in Übereinstimmung zu bringen. Die Restriktion: Ihre Empfehlungen sollen nach Möglichkeit nichts kosten und keine gesellschaftliche Gruppe in Aufruhr versetzen.
Als leitender Personaler eines Unternehmens, einer Organisation oder einer Behördehaben Sie die Entwicklung der letzten Jahre sorgenvoll beobachtet und längst sämtliche verfügbaren Kräfte auf das Personalmarketing und das Recruiting konzentriert. Wobei Ihre Kreativität davon gehemmt sein könnte, dass Ihre Geschäftsführung oder Ihr Vorstand schlichtweg nicht begreift, warum HR die Planzahlen verfehlt. Gibt es in diesem Land nicht Millionen von Arbeitslosen? Kann man bei uns etwa nicht gut verdienen? Tun wir nicht wirklich a l l e s, damit es den Leuten bei uns gefällt? Weiterbildung, flexible Arbeitszeiten, Fahrtkostenzuschuss, preiswerte und nahrhafte Mahlzeiten in der Kantine, und wenn die Leistung stimmt, kann man doch bei uns alles werden? Kopfschütteln. Machen Sie was.
Als Recruiter und Recruiterin