Cashbook - Wolfgang Deutschmann - E-Book

Cashbook E-Book

Wolfgang Deutschmann

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Beschreibung

100 Millionen Euro hat Wolfgang Deutschmann mit seinen Unternehmen bereits online unter Einsatz von Facebook, Instagram, YouTube und Co. bewegt. In diesem Buch erklärt der 28-Jährige leicht verständlich, wie jeder und jede erfolgreich ein Social-Media-Business aufziehen kann und wie Unternehmen von der Pizzeria bis zum Versicherungskonzern ihr Geschäftsmodell digitalisieren und ihren Umsatz steigern können.

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Wolfgang Deutschmann:Cashbook

Alle Rechte Vorbehalten

© 2021 edition a, Wienwww.edition-a.at

ISBN gedruckte Ausgabe 978-3-99001-485-1

ISBN E-Book 978-3-99001-486-8

E-Book-Herstellung und Auslieferung:Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

»Das größte Risiko ist es, keine Risiken einzugehen …In einer Welt, die sich so schnell verändert,ist kein Risiko einzugehen die sicherste Strategie,um zu versagen.«

Mark Zuckerberg (CEO Facebook)

Inhalt

DIGITAL BERGSTEIGEN

DIE DEMOKRATISIERUNG DER WIRTSCHAFT

REALITY-CHECK: DIE ARGUMENTE DER SOCIAL-MEDIA-LEUGNER

DIE GEWINNER UND DIE VERLIERER DER ZUKUNFT

DIE SOZIALEN MEDIEN IM TEST

WIE VIELE SOCIAL-MEDIA-ACCOUNTS SIND GENUG?

DIE ZIELGRUPPE MUSS VOR DEM PRODUKT DA SEIN

DIE ÜBERSCHÄTZTEN HYPES

FOTOS, VIDEOS ODER STORIES?

ES IST EIN JOB

ORGANISCHE REICHWEITE

DU MUSST DIE WELT NICHT IMMER NEU ERFINDEN – WIE DIGITALE KREATIVITÄT FUNKTIONIERT

PERFORMANCE-MARKETING UND BEZAHLTE REICHWEITE

DIE GESCHÄFTSMODELLE

DIE ALLERERSTEN SCHRITTE

DIGITAL BERGSTEIGEN

Die kurze Geschichte einer kleinen florierenden Firma, der es gelang, in den sozialen Medien Reichweite zu erzielen und damit Geld zu verdienen.

Eine Almhütte in den Allgäuer Alpen, Abenddämmerung in den Dolomiten, Gipfel-Euphorie auf der Zugspitze: Zwei Brüder, beide leidenschaftliche Bergsteiger, posteten auf Facebook Fotos ihrer Abenteuer oberhalb der Baumgrenze. Ein Geschäftsmodell hatten sie nicht. Dahinter stand bloß ihr Bedürfnis, ihre Leidenschaft für die Berge mit anderen zu teilen. Insbesondere mit jenen Menschen, denen sie sonst nur auf Wandersteigen, Almwiesen und bei den Hüttenwirten begegneten. Sie nannten ihren Account »BËRGSTEIGER«.

Mit dem Hashtag #steigauf verbreiteten sich ihre emotionalen Bilder aus wildromantischen Höhen, kombiniert mit Sprüchen wie »Am Ende der Ausreden beginnt das Leben« oder »Wenn alle Wege verstellt sind, bleibt nur der Weg nach oben« bald auch auf Instagram. Der Funke sprang über. Wie von selbst entwickelte sich eine Community, die mit ihren Posts den BËRGSTEIGER-Spirit feierte.

Einer der BËRGSTEIGER-Brüder arbeitete bei mir, weshalb ich die Entwicklung des Projektes aus nächster Nähe verfolgen konnte. Wir, die beiden Gründer und ich, begriffen bald, dass die Community größer war als gedacht und dass sie stark reagierte. Innerhalb weniger Tage bekamen die Posts damals, 2017, jeweils mehrere hundert Likes und wurden wieder und wieder geteilt. 30.000 Abonnenten waren es bald, alles bergbegeisterte Facebook- undInstagram-User.

Die Zeiten waren 2017 noch etwas günstiger für derartige ungeplante Erfolgsläufe. Inzwischen reduziert vor allem Facebook die organische, also die ohne Werbeausgaben erzielbare Reichweite von Posts. Wer heute so viele User erreichen will wie die BËRGSTEIGER-Brüder damals allein durch die Anziehungskraft ihrer Bild-Text-Kombinationen, muss Geld für Facebook-Werbung ausgeben und wissen, wie das am effizientesten geht. Ähnliches gilt für Instagram, seit Facebook die Plattform gekauft hat. Doch wer es richtig anstellt, kann mit nützlichen, spannenden oder berührenden Inhalten und einem bescheidenen Werbebudget noch immer die gleichen Effekte erzielen.

AUS EINEM HOBBY WERDEN UMSÄTZE

Die BËRGSTEIGER-Seiten hatten bald auch ein Symbol, das die Community verband. Ein Ë mit zwei Punkten obendrauf: Ë. Peter, der Bruder meines Mitarbeiters, der eigentliche Ideengeber, erfand es. Entstanden war dieses Symbol aus der Vorstellung von einem wandernden Bären und einer Mischung aus den Worten »Bär« und »Bergsteiger«, also BËRGSTEIGER. Das Ë löste sich irgendwann von selbst heraus und wurde zu so etwas wie dem Logo der Firma.

Die Abonnenten der Seite fingen an, dieses ja eigentlich walisische Ë und den Hashtag #steigauf während ihrer Touren für ihre Fotos und Posts zu verwenden. Ganz ohne Aufforderung, bezahlte Partnerschaft oder sonstige Gegenleistung, was viel wert ist. So entstand eine Marke, ohne dass jemand einen Cent dafür ausgab. Womit als nächstes die Frage nahelag, wie sich mit dieser Marke und der Reichweite des Facebook- und des Instagram-Accounts von BËRGSTEIGER Geld verdienen ließ.

Antworten auf solche Fragen zu finden ist das tägliche Geschäft meiner Social-Media-Agentur. Wir haben einige erfolgreiche Facebook-Seiten praktisch von Null an aufgebaut und etwa HoT, die Telekom-Sparte der österreichischen Handelskette Hofer, vom ersten Like an begleitet, bis sie mit der Facebook-Seite von Hofer Österreich fusionierte. Reichweite zu Geld zu machen erfordert neben Know-how und Erfahrung immer auch etwas Kreativität, eine gewisse Experimentierfreudigkeit und vor allem Geduld. Doch eines steht fest:

Wo Reichweite ist, gibt es fast immer auch einen Weg, Geld damit zu verdienen.

Die BËRGSTEIGER-Gründer dachten also nach, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sie mit ihrer Facebook-Seite bereits Geld verdient hatten, ohne dass sie sich groß dafür anstrengen mussten. Sportartikelhersteller und -händler waren auf sie zugekommen, um Kooperationen einzugehen und zum Beispiel Gewinnspiele über die Seite zu promoten.

Schließlich ist die BËRGSTEIGER-Facebook-Seite mit einer Influencer-Seite vergleichbar, bloß fehlte der Influencer als Person. Mit teilweise dreißig Posts beziehungsweise Hashtag-Nutzungen und Verlinkungen pro Tag kam der Großteil der Inhalte von den Usern selbst, also von Menschen, die irgendwo in den Bergen unterwegs waren und ihre Tour mit der Community teilten.

Mit direkter Werbung auf der Facebook- oderInstagram-Seite, zum Beispiel mit Produktplatzierungen, ist in dieser Größenordnung allerdings nur wenig zu verdienen und wenn zu viel Werbung auf einer Seite auftaucht, wird das lästig für die Community. Die konkrete Frage bei der anstehenden nachhaltigen Monetarisierung von BËRGSTEIGER lautete also, genau wie bei vielen anderen, mehr oder weniger spontan und aus bloßer Begeisterung für eine Sache entstandenen Seiten:

Was schafft für die Community einen zusätzlichen Mehrwert, für den sie zu bezahlen bereit ist?

Dass sich die Community über die Social-Media-Seiten von BËRGSTEIGER sichtbar machen konnte und über den gemeinsamen »Brand« verbunden fühlte, schaffte bereits einen gewissen »inneren Mehrwert«. Die Seite verfügte aber inzwischen außerdem über einen einzigartigen Hashtag (#steigauf) und ein einprägsames Logo, das sich auf allen möglichen Produkten gut machen würde. Beides nicht zu nutzen wäre eine verlorene Chance gewesen. Also konkretisierten wir die Frage nach dem zusätzlichen Mehrwert wie folgt:

Welches Produkt könnte die Community haben wollen, das an den inneren Mehrwert der Social-Media-Seiten anknüpft? Welches Produkt unterstützt die BËRGSTEIGER-Community dabei, sich noch verbundener zu fühlen?

Die Zielgruppe waren Menschen, die ihren Rucksack packen, frühmorgens aufbrechen und durch die unberührte Natur der Berge aufsteigen, entlang schmaler Steige, zwischen Bergkiefern, Preiselbeerfeldern oder Alpenrosen hindurch den Gipfelkreuzen entgegen. Zu klären war also:

Was brauchen alle Bergsteiger?Was haben alle Bergsteiger?Was verbindet alle Bergsteiger?

Kappen und T-Shirts drängten sich auf. Damit wollte das Brüderpaar testen, ob die Marke überhaupt funktionierte und ob es Bergsteigern tatsächlich etwas wert war, dieses Ë zu tragen. Denn das ist die entscheidende Frage, die es vor allen anderen Schritten der Monetarisierung eines gut laufenden Social-Media-Accounts zu klären gilt:

Gibt es User, die bereit sind,Geld für die Sache auszugeben?

Die Brüder nutzten die billigste Möglichkeit, diese Frage zu klären, einen sogenannten Spreadshirt-Shop. Kunden laden dort ihre Wunschlogos hoch und der Shop produziert die Shirts on demand, also erst bei Bestellung, liefert sie direkt aus und rechnet ab. Die Qualität der T-Shirts war zu diesem Zeitpunkt noch nebensächlich, da reichte Billigware. Es ging wie gesagt erst einmal nur um die Frage, ob das Ë überhaupt eine Marktchance hatte.

Wenig später waren die BËRGSTEIGER-Shirts bereits aus Bio-Baumwolle. Denn über den Spreadshirt-Shop entstand rasch ein Monatsumsatz zwischen tausend und dreitausend Euro. Für den Anfang war das nicht schlecht, auch wenn der Großteil des Gewinns bei Spreadshirt landete. Die Brüder machten ein Unternehmen daraus und meldeten ein Gewerbe an. Ich beteiligte mich mit dreißig Prozent und steckte rund 30.000 Euro in das Start-up, um ihm etwas Schwung zu geben. Die Firma konnte außerdem unsere Büros und natürlich unsere Expertise nutzen.

EINE ENTSCHEIDENDE IDEE

BËRGSTEIGER fehlte allerdings noch etwas Wesentliches. Kappen und T-Shirts bedrucken lassen, auf diese Idee kamen schnell einmal Gründer einer Marke, die in den sozialen Medien entstand. Das ist wirklich keine Kunst mehr. Doch die Vision von etwas Größerem lässt sich damit nicht verwirklichen. Dafür braucht es eine USP, eine Unique Selling Proposition, ein Alleinstellungsmerkmal, etwas Einzigartiges, das die Community als typisch für die Marke empfindet, etwas Identitätsstiftendes, das nur sie auf diese Weise bietet. Was konnte das hier sein?

Peter, der bereits erwähnte Bruder meines Mitarbeiters, hatte wieder die entscheidende Idee. Er ist ein Erfinder- und Tüftler-Typ, der den BËRGSTEIGER-Spirit selbst lebt, die Macht und Freiheit der Bergwelt liebt und seine Motivation nicht aus der Aussicht auf Reichtum, sondern aus seiner Leidenschaft bezieht. Er schlug Armbänder vor. Armbänder in der Form von Eispickeln, die gleichzeitig als Verschluss dienen sollten: Den Eispickel durch eine Lasche ziehen, und schon ist das Armband geschlossen. Das Ganze geflochten und größenverstellbar, passend für jedes Handgelenk.

Inspiriert dazu hatte ihn die Firma Paul Hewitt, ein Anbieter von Uhren, Schmuck und Mode-Accessoires im Preppy-Style, der Armbänder mit Ankern als Verschluss verkaufte. Peter stand eines Tages mit einem Exemplar davon da und schlug vor, statt der Anker einfach Eispickel zu verwenden und das Band an die raue Bergwelt anzupassen.

Wir waren begeistert. Das gab es in dieser Form für unsere Zielgruppe noch nicht und wir beschäftigten uns damit, wie sich so ein Armband konzipieren beziehungsweise produzieren ließ. Prototypen entstanden, alle mit dem BËRGSTEIGER-Schriftzug darauf.

Jetzt erst nahm die Entwicklung der kleinen Firma wirklich Fahrt auf. Denn die BËRGSTEIGER-Abonnenten posteten nun Fotos von ihren Handgelenken mit unseren Armbändern in den Bergen. Laufend trafen neue Fotos bei uns ein, auf denen das Eispickel-Armband zu sehen war.

Bessere Werbung gab es kaum, und dementsprechend verkauften wir bis Ende 2020, also innerhalb von drei Jahren, rund vierzigtausend Stück des neuen BËRGSTEIGER-Bestsellers. Angesichts eines anfänglichen Preises von 25 bis 29 Euro (wenig später kostete das Armband 34 Euro) war das ein schöner Erfolg. Immerhin bedeutete es mehr als eine Million Euro Umsatz.

Die BËRGSTEIGER-Abonnenten kauften das Armband oft sogar mehrmals. Weil es viele ständig trugen, um auch im Büro etwas von der Macht und der Freiheit der Bergwelt dabeizuhaben, nützte es sich ab und sie brauchten ein neues, das nie das gleiche war. Denn wir entwickelten das Produkt ständig weiter und perfektionierten es. So bekamen wir anfangs die Rückmeldung, dass sich die Oberfläche auflösen würde, vor allem unter dem Einfluss von Sonne, Wind und Wetter. Wir nahmen uns die Kritik zu Herzen und schafften das Problem aus der Welt.

Wir produzierten in Asien, unterzogen jedes Armband bei uns in Graz einer Qualitätskontrolle und versandten es über einen Logistikanbieter. Die Herstellungskosten inklusive Verzollung lagen bei 5 Euro und die Versandkosten, die wir extra berechneten, in Österreich und Deutschland bei 4,90 Euro. Wenn wir noch 15 bis 30 Prozent des Umsatzes für Werbung ausgaben, ließ sich damit also durchaus etwas verdienen.

PRODUKTWELT AUS DEN SOZIALEN MEDIEN

Das erfolgreiche Armband war als genialer Träger des BËRGSTEIGER-Spirits so etwas wie ein Sprungbrett für die kleine Firma. Danach überlegten wir wieder und testeten weitere Produkte. So kamen wir auf die Sonnenbrille.

Zunächst suchten wir wieder eine Standardbrille aus, versahen sie mit unserem Logo und beobachteten, wie die Community darauf reagierte. Ist es jemandem etwas wert, eine Sonnenbrille mit dem BËRGSTEIGER-Logo zu tragen?

Das war die Frage, und wieder beantworteten sie die BËRGSTEIGER-Abonnenten bei unserem Test mit: »Ja, grundsätzlich schon.« Zumindest ließ sich die Zahl der eingehenden Bestellungen so interpretieren. In den ersten Monaten verkauften wir nach und nach rund 600 Sonnenbrillen zu 195 Euro, was einen Umsatz von fast 120.000 Euro ergab, bei einem Werbebudget von rund 40.000 Euro.

Wir hatten nun genug Geld, um in die Entwicklung einer Brille zu investieren, die den Ansprüchen unserer Community besser gerecht wurde. Sie hatte polarisierende Gläser von Carl Zeiss Vision, das Design stammte von einem Brillen-Spezialisten und sie war gleichzeitig leicht und robust. Wir setzten auf besonders breite Steckbügel, damit die Brille auch wirklich fast allen passte und auch bei starken Steigungen nicht aus dem Gesicht rutschte. Außerdem lernten wir einiges über den Sonnenbrillenmarkt, etwa, dass dessen Hochsaison von April bis Mai dauert. Zumindest für Bergsteiger-Sonnnebrillen.

Unversehens war aus einem zum Spaß gestarteten Social-Media-Account ein funktionierendes kleines Unternehmen mit eigener Produktpallette geworden. Ich übernahm die Firma mit den zwei Punkten über dem »E« schließlich mehrheitlich. Bald hatte sie auf Facebook über 100.000 und auf Instagram mehr als 50.000 Abonnenten. Auch auf Pinterest wurde sie immer erfolgreicher. Inzwischen sondiere ich die Übernahmeangebote. Facebook- undInstagram-Seiten lassen sich verkaufen, erst recht, wenn sich damit auch noch Umsatz machen lassen und ein Unternehmen dahintersteht.

DIE DEMOKRATISIERUNG DER WIRTSCHAFT

Geld verdienen mit den sozialen Medien ist nicht bloß ein moderner Trick, um ein (Neben-)Einkommen zu generieren.Es ist ein wesentlicher Teil der Zukunft unserer Wirtschaft und wenn du jetzt damit anfängst, endet die durch COVID-19 bedingte Wirtschaftskrise für dich, bevor sie begonnen hat.

140 Millionen Unternehmen haben inzwischen auf Facebook Accounts und kämpfen innerhalb ihrer geografischen Reichweite um die Aufmerksamkeit der User. Der Algorithmus von Facebook ist deshalb mit der Zeit komplexer geworden. Wir als Großkunden bekommen wöchentlich einen Anruf eines Facebook-Mitarbeiters, der uns auf den neuesten Stand bringt und uns dabei unterstützt, auf dem Laufenden zu bleiben.

Auch die Algorithmen aller anderen sozialen Medien werden mit der Zeit komplexer. Doch Geld verdienen mit sozialen Medien ist noch immer keine Raketenwissenschaft. Niemand muss Informatik oder Marketing studieren, um mit Facebook, Instagram, YouTube, Pinterest oder Linkedln Umsätze zu machen und Gewinne zu erzielen. Es erfordert weder die Unterstützung mächtiger Influencer noch High-Tech-Schnickschnack oder Millionen an Werbebudget. Es geht auch hier letztlich um traditionelle unternehmerische Werte wie Begeisterung, Kreativität, Ausdauer und Experimentierfreudigkeit. Nur hat das Ganze drei klare und entscheidende Vorteile:

Vorteil eins.Erfolgreiche Firmen aufzubauen ist dank der sozialen Medien nicht mehr nur Menschen mit guten Kontakten und hoher Kreditwürdigkeit bei den Banken vorbehalten. Wenn du keine Lust mehr auf die Tretmühle in deinem Angestelltenjob hast oder ihn als Folge der Wirtschaftskrise zu verlieren drohst oder schon verloren hast, bieten dir die sozialen Medien eine mächtige Plattform, um dich mit einer eigenen Idee selbständig zu machen. Sie demokratisieren damit die Wirtschaft wie nichts anderes davor. Wer die besseren Ideen hat und fleißiger und ausdauernder ist, gewinnt.

Vorteil zwei.Das Risiko ist dank der niedrigen dafür nötigen Investitionen gering. Wenn deine Idee nicht funktioniert, ist das ganz normal und gehört zum Spiel. Weder bist du deshalb pleite noch wirst du stigmatisiert. Du nimmst die Erfahrungen mit, hakst es ab und versuchst es mit der nächsten Idee.

Vorteil drei.Digitale Firmen aufzubauen oder bereits bestehende Firmen zu digitalisieren ist mit den sozialen Medien so einfach wie ein spannendes Computerspiel. Es gibt beim Geldverdienen mit den sozialen Medien Spielregeln, die du lernen kannst. Wenn du sie kennst und dich ein wenig darin übst, erreichst du rasch die nächsten Levels.

Dieses Buch behandelt zwei Varianten, wie sich soziale Medien gewinnbringend für die eigenen Unternehmensideen einsetzen lassen.

Variante eins. Du hast noch kein Unternehmen, aber eine Idee. Wenn du in der spannenden neuen Geschäftswelt der sozialen Medien dabei sein willst, musst du immer diese drei Schritte gehen:

Produziere Content zu einem spannenden, nützlichen oder berührenden Thema, das mit deiner Idee zu tun hat.

Erziele damit Reichweite, indem du ihn in den sozialen Medien veröffentlichst.

Mache die Reichweite zu Geld.

Erst vor kurzem stieß ich auf ein sympathisches Beispiel dafür, was in den sozialen Medien in Sachen Reichweite möglich ist. Es ging um Mohnzelten.

Mir war diese Waldviertler Spezialität fremd, bis ich sie während eines Urlaubs in Niederösterreich entdeckte. Auf der Suche nach einem Rezept fand ich den YouTube-Kanal einer Frau mit einer Leidenschaft fürs Kochen, die offensichtlich nur unregelmäßig und noch dazu laienhafte Videos postete. Trotzdem hatte ihr YouTube-Kanal mehr als 25.000 Abonnenten.

Womit sich zumindest ein Nebeneinkommen erwirtschaften lässt. Zum Beispiel mit Online-Kochkursen. Selbst wenn es nur einige hundert Euro im Monat wären, wäre das als Erlös für eine Leidenschaft eine tolle Sache.

Am liebsten hätte ich sie angerufen und ihr ein paar Vorschläge gemacht, wie sie ohne großen Aufwand die Attraktivität ihres Channels steigern und daraus gewinnbringende Geschäftsideen ableiten könnte.

Variante zwei. Du hast bereits ein analoges Unternehmen und möchtest es mithilfe der sozialen Medien fit für die Zukunft machen und ausbauen. Dann musst du diese drei Schritte gehen:

Produziere Content zu einem spannenden, nützlichen oder berührenden Thema, das mit deinem Unternehmen zu tun hat.

Erziele damit Reichweite, indem du ihn in den sozialen Medien veröffentlichst.

Mache die Reichweite zu Geld.

Mir fällt dazu ein Südtiroler ein, der in vierter Generation eine Pizzeria geerbt hatte, und der sein überliefertes und lange gewachsenes Wissen über den besten Teig, die besten Oliven, die besten Tomaten oder den besten Mozzarella über die sozialen Medien verbreitete. Mit seinen Kochkursen und über den Vertrieb von Zutaten wurde er nicht schwer reich, aber er verdient damit inzwischen mehr als mit der Pizzeria, es macht ihm mehr Spaß und während der Lockdowns gehörte er zu den Gewinnern.

WAS IST EIN GUTES THEMA?

Oft sind es Themen, die zunächst absurd oder lächerlich klingen, die in den sozialen Medien funktionieren. Ob es der sogenannte ASMR-Bereich ist, in dem sich Menschen mit erstaunlichem Erfolg den Reibungsgeräuschen von Oberflächen widmen, oder der Gaming-Bereich, bei dem Menschen vor laufender Kamera Videospiele spielen und sich selbst kommentieren: Egal was, es kann Erfolg haben. Und egal welches Unternehmen du hast, sei es nun eine Pizzeria, eine Tischlerei oder eine Steuerberatungskanzlei, du kannst mithilfe der sozialen Medien mehr erreichen als bisher.

Jeden Tag treffe ich Menschen, denen ich gerne sagen würde:

Mach einen Social-Media-Account über deine Leidenschaft oder für deine Firma und verdiene (mehr) Geld damit.

Eine Weile sagte ich das auch tatsächlich jedem und jeder, doch irgendwann ließ mein missionarischer Eifer nach. Denn die meisten älteren Menschen winkten ab, als wären die sozialen Medien nichts als ein vorübergehender Auswuchs des Zeitgeistes. Die meisten jüngeren Menschen träumten davon, neue Kim Kardashians zu werden, besonders berühmt auf YouTube oder Instagram, aber ohne wirklichen Plan. Mit relativ einfachen Mitteln ein bodenständiges, florierendes Social-Media-Business aufzuziehen, dafür waren trotz des Spaßes, den das macht, trotz der damit verbundenen wirtschaftlichen Unabhängigkeit und trotz der Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, nur wenige zu haben.

Deshalb bleibt das Potenzial der sozialen Medien, eigene Ideen zu vermarkten und deutlichen finanziellen Mehrwert zu erzielen, auf weiten Strecken unentdeckt. Das unausgeschöpfte Potenzial bedeutet aus dieser Perspektive verpasste Umsätze in Milliardenhöhe. In einer Utopie, in der die Chancen der sozialen Medien als Vermarktungsplattformen gänzlich wahrgenommen würden, stünden Milliarden Euro zur freien Verfügung für die Volkswirtschaften. Milliarden Euro, die Menschen ein besseres Leben ermöglichen würden, die Unternehmer erfolgreicher machen würden, die Wirtschaft ankurbeln würden und die ganze Gesellschaften von ihren Zukunftsängsten befreien würden. Milliarden Euro, von denen du dir mithilfe dieses Buches jederzeit deinen Teil abholen kannst.

REALITY-CHECK: DIE ARGUMENTE DER SOCIAL-MEDIA-LEUGNER

Als Folge der COVID-19-Pandemie haben viele Wirtschaftstreibende verstanden, dass die Zukunft den digital gut aufgestellten Unternehmen gehört. Es kann trotzdem noch immer richtig überzeugend klingen, wenn dir Unternehmer und Manager der alten Schule erklären, warum sie die sozialen Medien nicht brauchen. Was ist dran an ihren Argumenten?

Denken wir an eine Herrenboutique in der Kölner Innenstadt und nennen wir sie Boutique A. Sie lebt von ihren Stammkunden, von Laufkundschaft aus den umliegenden Büros und von Touristen. In den vergangenen Jahren sanken die Umsätze und die Gewinne mit ein oder zwei Ausnahmen leicht, doch insgesamt kam der Besitzer der Boutique A immer ganz gut durch.

Er hofft auf das richtige Wetter zum richtigen Zeitpunkt, das beim niedergelassenen Modehandel immer eine Rolle spielt, auf seinen guten Instinkt bei der Auswahl seiner Kollektionen auf den großen Modemessen, darauf, dass irgendwann doch wieder mehr Menschen lieber analog einkaufen, als online zu shoppen, und dass es nie wieder Pandemien und Lockdowns gibt.

Einen Webshop hat er nicht, und auch sonst keinen digitalen Auftritt, abgesehen von einer kleinen Website mit seinen Öffnungszeiten. Seine Erfahrungen mit den sozialen Medien beschränken sich auf den Facebook-Account seiner Frau, die dort, nicht immer zu seiner Freude, Fotos von ihrem Golden Retriever Sammy, ihren Treffen mit ihrer erwachsenen Tochter Charlotte oder ihren Paddelausflügen zu den Stauseen im Bergischen Land postet.

Der Besitzer von Boutique A hat einige Male darüber nachgedacht, sich einen Webshop anzuschaffen und sich mit den sozialen Medien zu befassen. Schließlich reden alle darüber, dass Daten das neue Gold sind. Eine Boutique ganz in seiner Nähe, Boutique B, hat beides getan und postet aus seiner Sicht wie wild eintreffende Schachteln mit den jeweiligen Modemarken darauf oder Details neuer Produkte. Doch er hält das für einen peinlichen Versuch, Amazon oder Zalando Konkurrenz zu machen. In Wirklichkeit, vermutet er, hängen im Webshop von Boutique B die digitalen Staubfäden von den Regalen.

Auch einige Branchenverbände empfehlen Unternehmern wie ihm inzwischen Webshops und Social-Media-Auftritte, das hat er mitgekriegt, aber seiner Meinung nach liegt das vor allem daran, dass die nicht wissen, was sie sonst in ihre Newsletter schreiben sollen. Dass das alles sehr viel Geld kosten würde, davon reden all die selbsternannten Wirtschaftspropheten jedenfalls nie. Wie er Follower findet und wie er Kunden in den Webshop lotst, das stand auch noch in keinem Newsletter. Geld ausgeben für etwas ist immer leicht, denkt er. Aber beim Geldeinnehmen wird’s halt schwierig.

Sein Publikum bewegt sich auch gar nicht in den sozialen Medien, denkt er, das ist nach den Kosten für die Digitalisierung seines Unternehmens der zweite von drei entscheidenden Punkten für ihn, die gegen diese Investition sprechen. Was hätte er denn von einem Social-Media-Auftritt, für den sich keiner interessiert? Und was von einem Online-Shop, in dem niemand einkauft?

Würde er einen Webshop aufmachen, wäre das aus seiner Sicht ungefähr so, als würde er Zeit und Geld dafür verschwenden, draußen in der Wahrner Heide, wo höchstens ein paar Hasen, Füchse, Marder, Wildschweine und Radfahrer vorbeikommen, die neuen Jeans-Kollektionen von Armani, Closed oder 7 For All Mankind anzubieten. Würde er dazu einen Social-Media-Auftritt starten, wäre das, als würde er da draußen jeden Tag einsam unter freiem Himmel drei Stunden lang die Qualität seiner Produkte loben. Er würde nur die Tiere erschrecken und die Radfahrer nerven.

Seinen dritten Punkt, findet er, bedenkt zu Unrecht niemand: Hätte er tatsächlich einen professionellen Webshop und würde er mit einem Social-Media-Auftritt Kunden dorthin locken, wären es wahrscheinlich die gleichen, die sonst in seine Boutique kommen. Würden die erst einmal anfangen, online statt persönlich bei ihm einzukaufen, wären sie irgendwann weg. Denn er würde den Kontakt zu ihnen verlieren, könnte seine große Stärke, die persönliche Betreuung, nicht mehr ausspielen und wäre der Konkurrenz endgültig wehrlos ausgeliefert.

Das Fazit des Besitzers von Boutique A zum Thema Geld verdienen mit Facebook, Instagram, YouTube und Co.:

»Ich habe bisher gut ohne Webshop und soziale Medien gelebt und werde es auch in Zukunft tun.Persönlicher Service wird auch in Zukunft durch nichts zu ersetzen sein.«

WIE UND WO KUNDEN EINKAUFEN

Nun blickt ein Mitarbeiter eines Logistikunternehmens in der Kölner Innenstadt am Freitag zu Mittag durch sein Fenster im achten Stock in den grauen Himmel und fragt sich, wo der Sommer geblieben ist. Ihm fällt ein, dass die Winterjacken, die er im vergangenen Jahr getragen hat, schon damals unansehnlich waren und dass er sich schon lange wieder einmal etwas Gutes tun wollte.

Sonst kauft er gerne bei Auslandsreisen ein, Souvenirs zum Anziehen sozusagen, oder in den Luminaden, einem Einkaufszentrum in Leverkusen, wo er wohnt. Aber weil er gerade nichts zu tun hat, sieht er auf seinem Smartphone nach, wo er in der Gegend um sein Büro eine schöne, warme Winterjacke bekommen könnte.

Boutique A taucht nicht auf. Ganz oben in der Liste von Google steht Boutique B. Die Adresse der Boutique kennt er. Sie liegt in unmittelbarer Nähe eines Asiaten, bei dem er mit Kollegen manchmal zu Mittag isst. Bloß ist ihm der Laden noch nie aufgefallen.

Er kann sich dann doch nicht aufraffen, hinaus in den grauen Tag zu gehen. Lieber lehnt er sich zurück und checkt seinen Instagram-Account.

Ein Kollege aus dem Rechtsschutz postet Fotos von sich, auf denen er wie Capital Bra aussieht. Na ja. Eine Freundin seiner Frau, die vergangenes Jahr in Rente ging, postet ein Foto, auf dem sie ihren Mann auf den Mund küsst. Irgendwie romantisch, aber auch ein bisschen unheimlich. Und da ist eine Anzeige von dieser Boutique.

Er sieht sich in ihrem Webshop Winterjacken an. Dann sieht er auf die Uhr. Er hat noch einen späten Termin und bis dahin würde er hier nur herumsitzen und die Zeit totschlagen. Und so eine Jacke probiert man besser an.

SOCIAL-MEDIA-LEUGNER GIBT ES ÜBERALL

Der Betreiber der Boutique A ist mit seiner fatalen Denkart kein Einzelfall. Sie begegnet mir ständig und auf allen Ebenen der Wirtschaft. Selbst bei Milliardenkonzernen, bei denen ich früher gedacht hatte, dass sie immer einen Finger am Puls der Zeit haben, weil sie wissen, dass sie nur so bleiben können, was sie sind: groß und mächtig.

Erst jüngst kam ich in Kontakt mit einem österreichischen Versicherungskonzern, einem der großen der Branche mit Sitz in einem imposanten Wiener Hochhaus. Der Social-Media-Auftritt des Konzerns war ungefähr auf dem Niveau einer mittelmäßig engagierten Privatperson. Die Zahl der Abonnenten des Facebook-Accounts lag etwa beim Doppelten der Mitarbeiterzahl und die Beiträge bekamen 15 bis 50 Likes.