Change Storys - Stephanie Selmer - E-Book

Change Storys E-Book

Stephanie Selmer

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Beschreibung

Storys bilden eine Brücke zwischen Fakten und Emotionen. Sie stellen besonders für Veränderungsprozesse eine hilfreiche Kommunikationsmethode dar. Dieses Buch bietet Ihnen eine strukturierte Vorgehensweise, mit der Sie eine erfolgreiche Change Story für Ihr Projekt entwickeln können. Schritt für Schritt werden alle wichtigen Entscheidungen im Entwicklungsprozess erläutert. Anhand von Fragenkatalogen und Checklisten können Sie somit alle erforderlichen Informationen erarbeiten, sie auswerten und zu einer Change Story zusammensetzen, die genau zu Ihrem Unternehmen und Ihrem Projekt passt. Inhalte: - Wie Storytelling wirkt und warum es bisher in Change-Projekten noch kaum genutzt wird - Warum Projekte eine Change Story brauchen - Wie eine gute Change Story entsteht - Verschiedene Arten von Change Storys und welche für Ihr Projekt das richtige ist - Grundlegende Elemente des Change-Story-Frameworks - 23 Ideen, wie Sie Ihre Change Story einsetzen könnenMIT DIGITALEN EXTRAS​: - Matrix - Arbeitsblätter - Workshop- und Gesprächsleitfäden

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Seitenzahl: 174

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[5]Inhaltsverzeichnis

ImpressumEinleitung1 Was Sie über Storytelling wissen sollten1.1 Welchen Sinn hat Storytelling? 1.1.1 Warum brauchen Unternehmen eine Change Story?1.1.2 Warum Storytelling in Change-Projekten kaum vertreten ist1.1.3 Wo Storys heute schon gut funktionieren1.1.4 Warum Change Storys funktionieren1.2 Was macht eine gute Change Story aus?1.2.1 Don’t make me think. Don’t make me ask. Don’t make me wait.1.2.2 Befeuern Sie die Fantasie1.2.3 Achten Sie auf Kongruenz mit den Zielen des Projekts2 So entsteht eine gute Change Story2.1 Was Sie benötigen, um eine gute Change Story zu erarbeiten2.1.1 Sie brauchen ein Team2.1.2 Sie brauchen genug Zeit2.1.3 Sie brauchen gute Personae 2.1.4 Sie brauchen ein Muster2.1.5 Sie brauchen einen Prozess2.2 Der Entwicklungsprozess einer Change Story3 Arten von Storytelling 3.1 Diese Change-Story-Arten sollten Sie kennen3.1.1 Unternehmensstorys 3.1.2 Kundenstorys 3.1.3 Fiktive Storys 3.2 Die Seele einer Change Story3.3 So finden Sie Ihre Entscheidung3.4 Wie geht es weiter?3.4.1 Mit einer Unternehmensstory?3.4.2 Mit einer Kundenstory?3.4.3 Mit einer fiktiven Story?4 Das Change-Story-Framework4.1 Die Ebenen des Change-Story-Frameworks4.2 Grundlegende Elemente des Change-Story-Frameworks4.2.1 Warum, wie und was4.2.2 Werte4.3 Storyelemente des Change-Story-Frameworks4.3.1 Protagonist4.3.2 Konflikt4.3.3 Antagonist 4.3.4 Berater4.3.5 Plan4.3.6 Schlüsselmoment4.3.7 Transformation4.3.8 Niederlage4.3.9 Sieg5 Wie Sie Ihre Change Story erstellen und nutzen6 23 Ideen, wie Sie Ihre Change Story einsetzen können6.1 E-Mails6.2 Poster6.3 Flyer und Tischaufsteller 6.4 Kaffeetassen6.5 Messenger-Bot6.6 Logo und Slogan6.7 Events 6.8 Podcast oder Blog 6.9 Intranetseite 6.10 Videos6.11 Gewinnspiel6.12 Visualisierungen6.13 Bilderreihe6.14 Videostatements6.15 Flashmob 6.16 Kleidung6.17 Wimmelbilder 6.18 Kunstinstallation6.19 Themenessen6.20 Hashtag 6.21 Rituale6.22 Challenges 6.23 Stickeralben 7 AbschlussgedankenLiteraturempfehlungenStichwortverzeichnisDie Autorin
[1]

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Alle Inhalte dieses eBooks sind urheberrechtlich geschützt.

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Dafür vielen Dank!

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-15908-8

Bestell-Nr. 10823-0001

ePub:

ISBN 978-3-648-15909-5

Bestell-Nr. 10823-0100

ePDF:

ISBN 978-3-648-15910-1

Bestell-Nr. 10823-0150

Stephanie Selmer

Change Storys

1. Auflage, Dezember 2022

© 2022 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © fizkes, Adobe Stock

Produktmanagement: Anne Rathgeber

Lektorat: Maria Ronniger, Text+Design Jutta Cram, Augsburg

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/ Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Sofern diese Publikation ein ergänzendes Online-Angebot beinhaltet, stehen die Inhalte für 12 Monate nach Einstellen bzw. Abverkauf des Buches, mindestens aber für zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, online zur Verfügung. Ein Anspruch auf Nutzung darüber hinaus besteht nicht.

Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.

[9]Einleitung

Jedes Jahr erscheinen neue Studien und Umfragen dazu, wie viele Projekte im vergangenen Jahr erfolglos verliefen und wo die Gründe dafür lagen.1 Je nach Branche unterscheiden sich die Zahlen geringfügig. Doch der Grundtenor ist der gleiche: Etwa 70 Prozent der gestarteten Change-Projekte scheitern oder werden unter dem geplanten Ziel abgeschlossen. Und einer der drei Hauptgründe ist immer die mangelhafte Kommunikation mit den einzelnen Stakeholdern.

Dabei sollte Kommunikation so einfach sein. Das meinen häufig auch die Projektverantwortlichen. Eine E-Mail zum Go-live-Termin des neuen Systems oder ein Handout zu einem neuen Prozess sollten doch reichen. Dabei vergessen sie schnell, dass sie den Entwicklungsprozess der Veränderung ganz anders wahrnehmen, weil sie an der Spitze stehen. Erfolgreiche Kommunikation in einem Change-Projekt ist also mehr als nur ein paar E-Mails und Handouts.

Vor fast zehn Jahren arbeitete ich als Freiberuflerin in einem Change-Projekt bei einem Finanzdienstleister. Weltweit sollte eine neue Kalkulationssoftware ausgerollt werden, mit der die »alten Hasen« im Unternehmen kaum zurechtkamen. Optisch glich das neue Programm dem alten in kaum einem Punkt. Dazu veränderten sich Prozesse, und die Möglichkeiten, für den Kunden verschiedene Anlageszenarien durchzurechnen, nahmen um ein Vielfaches zu.

Das Unternehmen verfolgte damit nicht das Ziel, Leute zu entlassen. Im Gegenteil: Die Verantwortlichen waren weiter händeringend auf der Suche und wollten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten, die schon jetzt an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen waren. Doch so weit dachte die Mannschaft gar nicht und war in der Sorge gefangen, dass Arbeitsplätze abgeschafft werden könnten.

Wir entwickelten eine einfache Geschichte um ein paar fiktive Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die schöne Dinge außerhalb des Unternehmens unternahmen: Eine Frau, die mit ihrem jugendlichen Sohn ins Kino ging. Einen Mann, der gerade am Herd stand und die Tomatensoße abschmeckte, während ein kleines Mädchen erwartungsvoll zuschaute. Aus diesen alltäglichen Szenen kreierten wir eine Bilderstrecke, die die gesamte Kommunikation begleitete. Ohne dass wir noch explizit über Details sprechen mussten, verstanden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach und nach die Botschaft: Das Projekt sollte sie zu genau solchen entspannten Menschen mit einem [10]funktionierenden Privatleben machen – es ging gar nicht darum, Personal abzubauen. Die Kommunikation wurde ein voller Erfolg und die Sorgen schwanden.

Auch wenn Storytelling durch den englischen Begriff modern wirkt, ist das Geschichtenerzählen tatsächlich beinahe so alt wie die Menschheit selbst. Schon in der Steinzeit wussten wir: Wer erzählen kann, wie er einem Feind entkommen ist, weiß, wie man überlebt. Praktisches Wissen war wichtiger als die theoretische Vorstellung.

Natürlich ist das auch im Business niemandem verborgen geblieben. Die Bereiche Marketing und Sales haben Storytelling als Erste eingesetzt. Wir kaufen etwas nicht, weil es das beste der angebotenen Produkte ist, sondern weil es für unser Unterbewusstsein kaum eine Alternative gibt. Denken Sie zum Beispiel an »Tempo« – ein Begriff, der für alle Papiertaschentücher steht. Seit dieser Effekt bekannt ist, schaffen Marketer Botschaften, die lange im Kopf bleiben. Seit Jahren besitze ich keinen Fernseher mehr. Und doch kann ich mich noch lebhaft an Werbung aus meiner Kindheit erinnern. Sie wissen sicher auch noch, wann man Aronal und wann Elmex benutzt oder dass das Auto in der Einfahrt nicht dem italienischen Kaffeeliebhaber Angelo gehört.

Auch im Recruiting ist das Storytelling angekommen. Mit guten Geschichten zeigen Unternehmen, wie interessant, spannend und abwechslungsreich die Arbeit bei ihnen ist. Eine gute Candidate Experience und ein starkes Employer Branding sind heute wichtig, um heiß begehrte Fachkräfte anzusprechen.

Change-Projekte jedoch werden nach wie vor von Stakeholderlisten, Zeitplänen und durchgeplanter, über alle Ebenen hinweg abgestimmter Kommunikation – also von Fakten – dominiert. Emotionen bleiben oft auf der Strecke. Dabei ist das einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Punkt im ganzen Projekt. Wenn die Stakeholder nicht auf einer emotionalen Ebene angesprochen und motiviert werden, ist es unwahrscheinlich, dass sie eine Veränderung überhaupt mitmachen.

2020 hat Porsche Consulting die 100 größten deutschen Unternehmen zu ihren Transformationsvorhaben und ihren bisherigen Ergebnissen befragt.2 Es ist nicht verwunderlich, dass ungefähr 65 Prozent der befragten Unternehmen in den nächsten Jahren Change-Projekte planen. Jedoch schätzen die Unternehmenslenker aktuell nur etwa 20 Prozent ihrer Vorhaben als erfolgreich ein. 77 Prozent der Unternehmen gaben bei der Frage nach den Gründen dafür mangelnde Kommunikation an. Wir machen also [11]weiterhin das Gleiche und erwarten andere Ergebnisse. Laut Albert Einstein ist das die reinste Form des Wahnsinns.

Change-Kommunikation ist vielfältig. So unterschiedlich, wie die Unternehmen sind, die an einer Transformation arbeiten wollen, und so verschieden, wie auch die Stakeholder sind – so unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten der Kommunikation. Storytelling ist also bei Weitem nicht die einzige Möglichkeit, eine Veränderung zu unterstützen. Doch es ist die bislang am meisten unterschätzte.

Storys bilden eine Brücke zwischen dem Menschen und den Fakten. Sie machen es dem Empfänger leichter, über den reißenden Fluss der Veränderung zu gehen und sich auf der anderen Seite in Ruhe umzusehen. Doch dahinter steckt noch mehr: Eine gute Geschichte ist so fesselnd, dass sie die Gedanken lenkt und kaum andere Storys zulässt. Oder könnten Sie sich den »Herrn der Ringe« mit einem alternativen Ende vorstellen? Das heißt, dass mit dem Storytelling eine große Verantwortung einhergeht. Wir wollen unsere Stakeholder nicht manipulieren. Das wäre der Fall, wenn wir für ein schlechtes Ergebnis eine gute Story verwenden.

Storytelling ist auch für Change-Projekte eine schnell einsetzbare Methode. Dafür müssen die Change-Verantwortlichen lediglich auf ein paar Dinge achten, denn das Storytelling für Marketing, Sales oder Recruiting lässt sich nicht einfach eins zu eins auf einen Change übertragen.

Dieses Buch bietet Ihnen eine strukturierte Vorgehensweise, mit der Sie eine erfolgreiche Change Story für Ihr Projekt entwickeln können. Schritt für Schritt gehen wir die wichtigen Entscheidungen im Entwicklungsprozess durch. Anhand von Fragenkatalogen und Checklisten erarbeiten Sie alle erforderlichen Informationen, werten sie anschließend aus und setzen sie zu einer Change Story zusammen, die genau zu Ihrem Unternehmen und Ihrem Projekt passt. So können Sie sicher sein, dass in der Entwicklung keine Lücken entstehen, die Sie im Nachhinein mühsam überarbeiten müssen.

Die Kommunikation in Ihrem Change-Projekt ist damit keine undurchsichtige Blackbox mehr. Anstatt sich auf das Glück zu verlassen, haben Sie eine solide Basis und jede Menge Möglichkeiten, die Story zu nutzen.

Im ersten Kapitel des Buches erkläre ich kurz, wie Storytelling wirkt und warum es bisher in Change-Projekten noch so gut wie gar nicht genutzt wird. Im zweiten Kapitel lernen Sie die Grundlagen kennen, die Sie benötigen, um eine Change Story zu erarbeiten. Das dritte Kapitel bringt Ihnen die verschiedenen Arten von Change Storys näher und endet mit der Entscheidung, welche Story-Art Sie für Ihr Projekt nutzen [12]möchten. Das Change-Story-Framework stelle ich Ihnen im vierten Kapitel vor. Hier entwickeln wir die einzelnen Elemente Ihrer Change Story – ganz gleich, für welche Art von Story Sie sich entschieden haben. Im fünften Kapitel sehen wir uns an, wie Sie ausgearbeitete Elemente der Change Story in Ihre Kommunikation einfließen lassen können.

Zum Abschluss erhalten Sie im sechsten Kapitel 23 Ideen, wie Sie Ihre Change Story nun einsetzen können.

1 Als Beispiele seien der Chaos Report 2015, verfügbar unter https://www.standishgroup.com/sample_research_files/CHAOSReport2015-Final.pdf, und »Die Bilanz des (Miss-)Erfolges in IT-Projekten«, verfügbar unter https://d-nb.info/99200375X/34, genannt.

2https://www.porsche-consulting.com/de/medien/publikationen/detail/studie-change-management

[13]1Was Sie über Storytelling wissen sollten

1.1Welchen Sinn hat Storytelling?

1.1.1Warum brauchen Unternehmen eine Change Story?

In Change-Projekten ist gute Kommunikation der Hebel, mit dem das ganze Projekt steht oder fällt: Selbst wenn jeder Roll-out gut geplant ist und alle technischen Voraussetzungen geschaffen sind – wenn die Nutzer sich nicht auf die Veränderung einlassen, ist sie zum Scheitern verurteilt.

In den meisten Fällen blockieren Menschen ein Veränderungsvorhaben nicht, weil sie generell gegen den Schritt sind. Sie verstehen auf der rationalen Ebene, dass eine Veränderung notwendig ist, um das Wachstum oder gar das Überleben des Unternehmens zu sichern. Die Blockaden entstehen im Unterbewusstsein und haben dann nichts mit der aktuellen Situation zu tun. Die Gründe liegen oft versteckt in der Vergangenheit oder sogar in Erfahrungen, die andere gemacht haben.

Change ist nicht diktierbar. Natürlich entscheiden die Unternehmer, welche Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden, welche Prozessschritte durchlaufen werden müssen oder mit welchem Tool gearbeitet wird. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beugen sich den Entscheidungen und handeln nach den Vorgaben. Um sie dauerhaft zu binden oder sogar für das Unternehmen als Arbeitgeber zu begeistern, reicht es aber nicht, das Handeln zu definieren. Es kann sogar sehr schädlich sein, wenn Menschen entgegen ihrer Überzeugung handeln sollen, weil das Unternehmen es so verlangt.

Unsere Change-Kommunikation beruht meist auf Zahlen, Daten und Fakten. Sie soll die Menschen informieren und auf der rationalen Ebene überzeugen. Das Problem daran ist: Mit Charts, Tabellen und Tortendiagrammen überzeugt man den Kopf, nicht den Bauch.

Eine Geschichte wirkt genau dort. Sie erreicht das Unterbewusstsein und bedient oder widerlegt eingefahrene Denkmuster. Es ist das stärkste und doch bisher am meisten unterschätzte Werkzeug für eine erfolgreiche Veränderung.

1.1.2Warum Storytelling in Change-Projekten kaum vertreten ist

Viele Change-Verantwortliche haben das Problem erkannt und versuchen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch emotional für die Veränderung zur gewinnen. Erste Ansätze für Storytelling sehe ich heute immer wieder. Aber es herrscht auch die Angst, die alle Vorreiter haben: die Angst, Fehler zu machen.

[14]Eigentlich paradox, denn gerade in den Change-Projekten sollten ja Neuerungen passieren. Offenbar verlassen sich die meisten noch immer auf die klassische Kommunikation ohne viele Emotionen. Dafür lassen sich auch zahlreiche Gründe finden: Dass man nicht alles neu machen und den Empfänger damit noch mehr verwirren möchte, ist einer davon. Ein anderer Grund, den ich für durchaus stichhaltig halte, ist die Zeit. In Change-Projekten hat man mitunter das Gefühl, neben einem Fahrrad her zu rennen, das einen Berg hinunterrollt. Der Weg wäre weniger anstrengend, wenn man einfach aufspringen und fahren würde. Doch dafür bleibt keine Zeit und Energie, man schafft es nur, so gerade eben Schritt zu halten.

Eine wirkliche Entschuldigung kann beides in meinen Augen jedoch nicht sein. Dem stehen nämlich die vielen gescheiterten Projekte entgegen, von denen ich eingangs sprach. Der wirtschaftliche Schaden daraus ist um einiges höher als der, den ein neuer Kommunikationsweg und die ausreichende Vorbereitung darauf verursachen könnten.

Im Marketing ist Storytelling schon gängig. Dort ist es weniger gefährlich, eine Story zu erstellen, die im ersten Schritt noch nicht ganz rund ist. Ein Shitstorm ist das Schlimmste, womit Unternehmen rechnen müssen. Doch auch in diesem Fall wandern nicht alle Kunden ab.

In der Unternehmenskommunikation und gerade in Veränderungsprozessen sieht das schon anders aus. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beobachten jeden Schritt genau und ziehen schnelle Schlüsse. Sie vergessen nicht, wenn die Kommunikation in die falsche Richtung geht, besonders wenn sie damit eine schwierige Unternehmenskultur bestätigt.

Missverstandene Story

Ein mittelständisches Unternehmen mit ungefähr 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchte eine neue Zeiterfassungssoftware einführen. Die Unternehmenskultur ist geprägt von unterschwelligem Misstrauen. Führungskräfte überprüfen häufig, ob ihr Team arbeitet, und der sichtbare Anwesenheitsstatus im Messenger ist das Maß aller Dinge geworden. Wie auf einem Dashboard haben einige Führungskräfte immer das Adressbuch des Messengers im Blick und sehen sofort, wenn jemand nicht »auf Grün« steht.

Die erste Version der Story, die die obere Führungsetage entwickelt hat, zielt auf den Gewinn der Führungskräfte. Die Kernaussage ist: Ihre Führungskraft hat mit der neuen Software alles schneller und einfacher im Blick.

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rebellieren. So haben sie sich das nicht vorgestellt. Sie wünschen sich eine vertrauensvolle Kultur – kein Tool, mit dem sie sich noch besser überwacht fühlen. Immer mehr von ihnen schauen sich nach neuen Jobs um. Noch bevor der Betriebsrat überhaupt über die Einführung entscheiden konnte, war die Entscheidung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereits gefallen.

[15]Eine gute Change Story fällt nicht einfach vom Himmel. Es reicht nicht, wenn die obere Führungsetage von einer Schiffsreise erzählt, auf die sich das ganze Unternehmen nun begibt, dass es die bekannten Häfen verlassen und durch stürmische Gewässer segeln muss. Die Schiffsreise ist tatsächlich der stark überstrapazierte Klassiker unter den schnell entwickelten Change Storys.

Eine Change Story muss gut durchdacht und sorgfältig entwickelt werden. In der Regel reicht es nicht, wenn nur eine Person sich darum kümmert. Die Kultur im Unternehmen ist vielschichtig, und so sollte auch die Geschichte sein, die bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Umdenken einleiten soll.

1.1.3Wo Storys heute schon gut funktionieren

Auf die Beispiele aus Marketing und Sales möchte ich gar nicht weiter eingehen. Der überwiegende Teil der Literatur, die Sie zum Storytelling finden können, befasst sich mit diesen Themen. Die Bücher unterstützen ihre Leser dabei, erste oder noch bessere Geschichten zu entwickeln, mit denen sie potenzielle Kunden von einem Produkt oder einer Dienstleistung überzeugen können.

Doch Storys werden auch an anderen Stellen schon erfolgreich genutzt, zum Beispiel in einem der trockensten Bereiche überhaupt: der Softwareentwicklung. Hier werden beispielsweise in Frameworks wie Scrum die Anforderungen der Nutzer in sogenannte Storys übersetzt, die alle nach einem ähnlichen Muster aufgebaut sind. Sie beginnen mit »Als Nutzer möchte ich …« und beschreiben ein Verhalten, eine Funktion oder ein Design, über das die Anwendung verfügen soll. Mit einer ausführlichen Beschreibung, Screenshots und Mock-ups wird genau erklärt, was der Nutzer erreichen möchte, wie also ein Bildschirm aussehen oder ein Prozess funktionieren soll.

Das lässt dem Entwicklerteam die Freiheit, eine eigene Lösung zu entwickeln, und verhindert, dass alle starr in eine Richtung denken. Vieles ist erlaubt, wichtig ist lediglich, dass das Ziel erreicht wird. Es ist sogar möglich, andere Lösungen vorzuschlagen, auf die der Benutzer womöglich selbst noch gar nicht gekommen ist. Und ähnlich ist es ja auch in einem Veränderungsprozess: Wie die Veränderung in jedem und jeder einzelnen Betroffenen vorgeht, müssen wir gar nicht steuern. Unser Ziel ist lediglich, dass sie überhaupt stattfindet.

1.1.4Warum Change Storys funktionieren

Grundsätzlich mögen die meisten von uns keine Veränderungen. Das lässt sich schon daran erkennen, dass wir uns darüber ärgern, wenn im Supermarkt umgeräumt wur[16]de und die Dinge, die wir suchen, nicht mehr an dem Platz stehen, an dem wir sie vermuten. Eine solche Veränderung kostet Zeit, weil wir uns jetzt mit dem Suchen beschäftigen müssen, bis wir irgendwann die neue Ordnung übernommen haben und uns zurechtfinden. Solche Veränderungen finden im Außen statt. Wir gehen in den Supermarkt, wir sind nicht der Supermarkt.

Mit anderen Veränderungen kommen wir nicht ganz so schnell zurecht. Wenn sich unser Arbeitsplatz verändert und wir plötzlich mit vielen Kollegen und Kolleginnen in einem Großraumbüro arbeiten sollen oder wenn sich unsere Arbeitsprozesse und Verantwortlichkeiten verändern, weil unser Arbeitgeber die IT-Landschaft umstellt, greifen Änderungen unser Inneres an. Das liegt daran, dass wir uns als Teil des Unternehmens verstehen. Die Veränderung kratzt an Werten und am Selbstwert. So könnten wir uns fragen: »Wie wertvoll bin ich für meinen Arbeitgeber, wenn ich nicht mehr mit meiner Kollegin in einem Zweierbüro sitze, sondern in einem großen Raum mit 20 anderen?« Diese und ähnliche Gedanken fachen sich gegenseitig an und bringen eine gedankliche Abwärtsspirale in Gang, die immer wieder in der elementarsten Frage endet: »Braucht man mich hier überhaupt noch?« Menschen, denen diese Fragen nicht schnell beantwortet werden, leben in ständiger Unsicherheit.

Wenn die Veränderung also so viel tiefer geht und so emotional ist, muss sie auch auf der emotionalen Ebene kommuniziert werden. Dafür sind Geschichten ideal. Sie transportieren Emotionen, ohne die Verbindung zwischen dem Sender und dem Empfänger zu belasten. Im Gegenteil: Geschichten heben die Kommunikation auf eine andere Ebene. Sie trennen die Emotionen von den Fakten, ohne sie aus den Augen zu verlieren.

Das funktioniert deshalb so gut, weil wir Menschen schon seit Urzeiten Geschichten erzählen – aus mehreren Gründen. Gemeinschaft ist nicht nur ein Luxus, sondern ein Grundbedürfnis. Wir Menschen sind nicht dafür gemacht, allein durchs Leben zu gehen. Das Erzählen von Geschichten zeigt jedem einzelnen Mitglied der Gemeinschaft: Wir gehören zusammen, du darfst wichtige Informationen bekommen. Und wichtig waren die Informationen damals auf jeden Fall. Es ging häufig darum, wie der Erzähler Feinde besiegt und Beute erlegt hat, also ums nackte Überleben.

Unsere Amygdala, der sogenannte Mandelkern, hat sich seit dieser Zeit nicht verändert. Sie ist Teil des limbischen Systems und zuständig für unsere Furchtkonditionierung. Die Amygdala hilft uns dabei, Situationen auf mögliche Gefahren hin zu analysieren, und damit auch dabei, zu überleben. Dieses lebenswichtige Stück unseres Gehirns hat jedoch seit ungefähr 70.000 Jahren kein Update mehr bekommen.3

[17]Alle heute gängigen Kommunikationsmethoden, wie dedizierte Sprache oder Schrift, kamen erst später dazu und wurden sozusagen auf ein »altes Betriebssystem« installiert. Unser Gehirn funktioniert also noch immer wie zur Zeit der frühen Menschen. Aus diesem Grund begleiten Geschichten uns auch heute noch in allen Bereichen unseres Lebens. Und sie beeinflussen, wie wir uns fühlen und wie wir handeln.

Stellen Sie sich die Kommunikation in Veränderungsprozessen durch Storys vor wie ein Team aus zwei Bergsteigern: Beide Bergsteiger klettern für sich, sind jedoch durch ein Seil miteinander verbunden, um sich gegenseitig zu sichern. In den meisten Fällen führt der Bergsteiger »Fakten«, der Bergsteiger »Emotionen« klettert hinterher. Der Bergsteiger »Emotionen« ist immer skeptisch, ob der Weg richtig ist, den der andere Bergsteiger eingeschlagen hat. Er macht Pausen, erforscht das Terrain und prüft, ob es auch andere Wege gibt, die zum Ziel führen. Häufig fragt er sich sogar, ob es überhaupt notwendig ist, diesen Berg hinaufzuklettern, oder ob man nicht lieber unten bleibt. Der Bergsteiger »Fakten« hingegen bestimmt das Tempo. Er klettert voran und zerrt am Seil. Ihm geht das alles zu langsam, er versteht nicht, warum der andere Bergsteiger so viel mehr Zeit braucht.