Ciao, Bella mia!: Ein Sommerlesebuch - Luzi van Gisteren - E-Book

Ciao, Bella mia!: Ein Sommerlesebuch E-Book

Luzi van Gisteren

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Beschreibung

Amüsant, ein bisschen schräg – aber teuflisch gut: Luzi van Gisteren hält in diesem Sommerlesebuch fünf schwarzhumorigen Erzählungen für ihre Leser:innen bereit: In "Ciao, Bella mia!" geht Annabelle über den Hügeln Siziliens ihrer besonderen Leidenschaft nach: dem Sammeln von Todesanzeigen. Die Einsamkeit findet ein jähes Ende, als ein attraktiver Sizilianer in ihr Leben tritt, der sie fortan mit Leidenschaft bekocht. In "Keimfrei" begleiten wir die putzwütige Gertrude kurz vor Rückkehr ihres alles andere als flusenfreien Göttergatten. "Die Aqua-Gang": Hüpfen Sie mit Luzis Ü60-Clique ins Tiefe Nass. Nämlich am Warmbadetag in der Ursprungsversion ihres Bestsellers „Lisbeths letztes Bad“. Außerdem bietet Luzis Sommerlesebuch mit „Die Todesrutsche“ und „Die Lehrerin, die Violett liebte“ zwei weitere spannende Krimi-Komödien für den Urlaub und für zu Hause. Kopfschütteln garantiert. Todsicher.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Die Autorin

Impressum

Ciao, Bella mia!

Keimfrei

Die Aqua-Gang

Die Todesrutsche

Die Lehrerin, die Violett liebte

Ciao, Bella mia! Ein Sommer-Lesebuch

Kurzkrimis von Luzi van Gisteren

Inhalt

Amüsant, ein bisschen schräg – aber teuflisch gut: Luzi van Gisteren hält in diesem Sommerlesebuch fünf schwarzhumorigen Erzählungen für ihre Leser:innen bereit:

In Ciao, Bella mia!  geht Annabelle über den Hügeln Siziliens ihrer besonderen Leidenschaft nach: dem Sammeln von Todesanzeigen. Die Einsamkeit findet ein jähes Ende, als ein attraktiver Sizilianer in ihr Leben tritt, der sie fortan mit Leidenschaft bekocht.

In Keimfrei begleiten wir die putzwütige Gertrude kurz vor Ankunft ihres alles andere als flusenfreien Göttergatten aus der 6-wochigen Kur.

Die Aqua-Gang: Gehen Sie mit Luzis Ü60-Clique schwimmen. Nämlich am Warmbadetag in der Ursprungsversion ihres Bestsellers „Lisbeths letztes Bad“.

Außerdem bietet Luzis Sommerlesebuch mit „Die Todesrutsche“ und „Die Lehrerin, die Violett liebte“ zwei weitere spannende Krimi-Komödien für den Urlaub und für zu Hause.

Kopfschütteln garantiert. Todsicher.

Die Autorin

Luzi van Gisteren wurde 1973 am Bodensee geboren und beschloss bereits mit fünf Autorin zu werden, erfüllte sich ihren Traum aber erst zwei Jahrzehnte nach ihrem betriebswirtschaftlichen Studium. Neben ihrer italienischen Super-Nonna-Serie (z.B. ‚Nonnas goldener Hochzeitsfall‘) hat die Schriftstellerin mehrere schwarzhumorige Krimikomödien herausgebracht.

Mehr unter www.luzivangisteren.wordpress.com

Für alle, die den Sommer lieben.

Impressum

© 2021 Luzi van Gisteren

Luzi van Gisteren | c/o Papyrus Autoren-Club | R.O.M. Logicware GmbH | Pettenkoferstr. 16-18 | 10247 Berlin

Printed in Germany

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verarbeitung sowie Übersetzung vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Autorin reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

Umschlaggestaltung: Luzi van Gisteren

Umschlagmotiv und Vignetten: (c) pixabay

Hinweis:

Ähnlichkeiten sind nicht beabsichtigt und ungewollt; jegliche Parallelitäten zu Ereignissen, Firmen oder Personen, lebend oder tot, sind wenn, dann rein zufällig. Marken und Markennamen, die in diesem Buch genannt werden, sind Eigentum deren rechtmäßigen Eigentümer.

Ciao, Bella mia!

„Der Tod lächelt uns alle an, das einzige, was man machen kann, ist zurückzulächeln.“

(Marcus Aurelius, 121-180 n. Chr.)

Seit jeher überkommt mich eine Mischung aus Faszination und Ruhelosigkeit, wenn ich eine Traueranzeige zu Gesicht bekomme. Statt mich beim Zeitunglesen wie die meisten auf die öffentlichkeitswirksamsten Schlagzeilen zu stürzen, widme ich meine Aufmerksamkeit dem Mittelteil und den posthum veröffentlichten Todesfällen darin. Ich studiere die schwarz umrandeten Anzeigen verschiedenster Tageszeitungen, schneide die meiner Meinung nach schönsten aus und klebe sie in ein Album.

Es sind die Traueranzeigen, die mich hineinziehen in das Leben der Verstorbenen. Trotz ihrer Zeichenbeschränkung erzählen sie mir kleine Geschichten. Sie sprechen mit mir und manche lassen mich nicht mehr los. Über ein „Wie im Leben: Opa rief, Oma kam.“ kann ich eine ganze Teestunde hinweg sinnieren und manchmal amüsiere ich mich regelrecht.

Ich mag die Kürze, ich bin ein klarer Mensch. Ich schätze konkrete Aussagen, die ohne Umwege zum Punkt kommen. „Tschüss sagt Heidrun. Ohne Blumen. Ohne Tränen.“ Mehr braucht es meiner Meinung nach nicht.

Ich habe festgestellt, dass bei den besagten Inseraten weniger mehr ist. Worte hinterlassen Spuren und prägnante Anzeigen sind wie ein schönes Gesicht, in das man für einen Bruchteil von Sekunden hineinblicken darf und welches man danach nicht mehr vergessen kann.

Das Aufkommen des Internets war für mich eine sehr praktische Angelegenheit, denn seit dem World Wide Web bin ich nicht mehr an die Printausgabe meiner Lokalzeitung gebunden. An meinem Computer kann ich stundenlang in sogenannten ‚Trauerportalen‘ stöbern. So wie andere Menschen ein gutes Buch zur Hand nehmen, finde ich meine Muse in den literarischen Hinterlassenschaften des Sensenmanns. Ab und zu zünde ich den Unbekannten eine virtuelle Kerze an und verfolge mit großem Interesse die Kommentare unter ihrem Nachruf.

Finanziell habe ich ausgesorgt: Mein Haus auf Sizilien hat zwar keinen Meerblick, dafür jedoch einen schönen Garten. Ich genieße die Sonne Italiens und Dank WLAN kann ich sogar von meiner kleinen Laube aus meiner liebsten Beschäftigung nachgehen.

Die nächsten Nachbarn sind weit, doch seit neustem besucht mich Tiziano. Er ist jung und sehr attraktiv. Ich weiß nicht viel von ihm, aber er kocht wirklich gut und ganz ohne Gegenleistung. Natürlich bezahle ich die Einkäufe, das ist ja wohl das Mindeste!

Die italienische Küche bietet ja so viel und ein gemeinsames Glas Wein lässt mich zeitweilig vergessen, dass über dreißig Jahre zwischen uns liegen.

Mein Besucher spricht sogar ein bisschen Deutsch. Wenn Tiziano meinen Vornamen ausspricht, durchläuft mich ein wohliges Kribbeln: Das ‚Annabelle‘ aus seinem Mund klingt wie „Bella mia“ – „Meine Schöne“ und seit mich Tiziano so anspricht, fühle ich mich um Jahre erneuert, wenn nicht um Jahrzehnte.

Der Sizilianer ist eine Augenweide und ich kann mich gar nicht an ihm sattsehen. Wenn er mich anblickt, so kommt es mir vor, als würden wir uns seit Jahren kennen. Ich bin überzeugt, wir sind seelenverwandt.

Meine Sammelalben habe ich Tiziano noch nicht gezeigt, ich möchte ihn mit meiner zugegeben unorthodoxen Sammelleidenschaft nicht erschrecken. Mein Hobby hat inzwischen einen noch exotischeren Touch bekommen: In Süditalien werden die Todesanzeigen nämlich nicht so dezent hinter dem Feuilleton im Mittelteil versteckt, nein, hier hängen sie großflächig an Plakatwänden und Stadtmauern.

Leider gehen Temperaturen von über 40 Grad sowie der Saharawind nicht spurlos an diesen Trauerplakaten vorbei. Wenn die posthumen Bekundungen des Todes nur noch an ihrem letzten Zipfel baumeln, nehme ich sie aus Mitleid ab und biete ihnen in meiner Gartenlaube ein würdiges Andenken.

Pünktlichkeit gehört leider nicht zu Tizianos Stärken. Für unser heutiges Abendessen hat er versprochen, Fisch zu besorgen. Leichte Kost, denn seine Parmigiana vorgestern ist mir überhaupt nicht bekommen. Vielleicht war dieses komische Gewürz schuld daran, es hatte mit Melanzane nicht viel zu tun gehabt, sondern mich eher an die Weihnachtsbäckerei erinnerte.

Heute habe ich selbst frische Gurken und Tomaten aus dem Garten geerntet und eine erstklassige Flasche vom Nero d`Avola aus dem Keller geholt. Es fehlt nur noch der Fisch - und natürlich der Koch.

Ich schenke mir einen Aperitivo ein und ziehe mich in meine Laube zurück. Nachdem ich seit vorgestern nicht mehr als ein bisschen Zwieback zu mir genommen habe, steigt mir der geringe Alkoholgehalt des Apertivos schnell zu Kopf. Täusche ich mich, oder ist der Monitor irgendwie anders eingestellt? Vielleicht ist es doch keine gute Idee, einen Computer im Gartenhaus aufzustellen. Man hört immer wieder von Randalierern und Einbrechern. Vielleicht ist aber auch der Alkohol Schuld und ich bilde mir das alles nur ein!

Ich öffne mein Mailpostfach und stelle fest, dass bis auf zwei Newsletter keine neuen Nachrichten eingegangen sind. Das ist ungewöhnlich, denn ich habe meinen Finanzberater schon vor Tagen um Rücksprache zu einigen Depotpositionen gebeten. Herr Stocker reagiert eigentlich sehr zuverlässig.

Ich suche meine Mail heraus und schicke sie ihm nochmal zu. Dann rufe ich wie gewohnt die Online-Ausgabe meiner Heimatzeitung auf. Falls sich ein Klassenkamerad oder Kommilitone unter die Jenseitigen begeben hat, muss ich das doch wissen!

In meinen favorisierten Trauerportalen wird zwar aktuell viel gestorben, aber ich finde kein Inserat von Interesse. Ich möchte schon den Browser schließen, da sticht mir ein wohlbekannter Name ins Auge: Nämlich mein eigener:

Annabelle Sieglinde Korrepka

14.02.1954 – 19.09.2019

Ich fasse es nicht. Mein Puls beginnt zu rasen und das gräuliche Inserat verschwimmt zu einer geleeartigen Masse vor meinem Auge. Alles um mich herum beginnt sich zu drehen und kalter Schweiß dringt aus meinen Poren.

Meine eigene Todesanzeige ist so steril wie der Fliesenboden einer Pathologie. Sie ist so kalt und kurz, so unbarmherzig, wie ich sie all die Jahre selten erlebt habe. Kein Wort der Liebe, kein Wort des Danks. Verwechslung ausgeschlossen, denn das Geburtsdatum dieser Anzeige stimmt mit meinem überein. Laut dieser geringschätzenden Todesanzeige bin ich seit vorgestern tot!

Ich stehe auf. Dann setze ich mich wieder hin. Ich schalte den Monitor aus. Dann schalte ich ihn wieder ein. Ich bin gestorben und weiß es nicht? Bin ich am Ende gar nicht ich, sondern nur der Schatten meiner selbst?

Ich komme mir vor wie eine auf einem Eisberg ausgesetzte Wüstenheuschrecke, die augenblicklich schockfriert, ohne den Moment des Erfrierens überhaupt realisiert zu haben.

Ich lese die Anzeige wieder und immer wieder. Wut schäumt in mir auf. In all den schwarzumrandeten Botschaften, die ich seit Jahrzehnten mit Argusaugen verfolgte, habe ich noch niemals eine solche „Nicht-Botschaft“ vernommen. Ich, der so viele armen Seelen vor Scirocco und Hitze bewahrt hat, werde so lieblos, so niederträchtig herabgewürdigt? Jeder Hund hatte mehr verdient! Aus dieser Anzeige sprach eine Ignoranz sondergleichen: Ein Zeugnis von Rohheit und Hinterlist. Wer war zu so etwas fähig?

Mit zittrigen Fingern wähle ich die Nummer der Redaktion, die ich im Impressum der Online-Zeitung finde.

„Bischofsweiler Kurier 24, Sie sprechen mit Frau Klingbeil, was kann ich für Sie tun?“, meldet sich eine junge Stimme mit dem mir altvertrauten Dialekt.

Ich frage die junge Dame nach dem Auftraggeber meiner Anzeige. Sie versteht mich nicht. Ich versuche langsamer zu sprechen und endlich versteht die Telefonistin, was ich will. Sie sagt, dass sie mir aus Datenschutzgründen keinerlei Auskunft geben darf.

Ich verliere die Geduld und werde laut, versuche mich nach einer kurzen Gesprächspause zu mäßigen. Ich erkläre der Sachbearbeiterin, dass ich selbst die angeblich Verstorbene dieser Anzeige bin, mich aber auf Sizilien bester Gesundheit erfreuen würde. Die Mitarbeiterin reagiert schnippisch und fragt mit süffisantem Unterton, wie es denn um meine psychische Gesundheit auf Sizilien stehen würde.

Wütend lege ich den Hörer auf und renne ins Haus. Ich trample in die Küche und räume einer Übersprungshandlung gleich die Spülmaschine aus, dann beginne ich, die Gurken klein zu schneiden. Ich rücke ihnen mit meinem schärfsten Messer zu Leibe, hacke nach Herzenslust bis nur noch Gurkenmatsch übrig ist.

Plötzlich steht Tiziano hinter mir. Ich erschrecke mich fürchterlich und fauche ihn an, wie er ins Haus gekommen ist. Demonstrativ legt er seinen Schlüssel auf den Küchentisch. Ach ja, der Schlüssel! Ich habe Tiziano einen Schlüssel zu meinem Haus gegeben. Ich möchte jetzt nicht sprechen und ich möchte auch nicht essen.

Ohne meinem Besucher ins Gesicht zu blicken, murmle ich ein paar Worte der Entschuldigung, dann gehe in die Laube zurück. Dort setze ich mich an meinen Schreibtisch und versuche mich zu konzentrieren. Ich muss nochmal in der Redaktion anrufen, ich muss herausfinden, wer mich für tot erklärt hat. Ich will es gerade tun, da klingelt das Telefon. Ich hebe ab und melde mich mit meinem vollständigen Namen.

Herr Stocker stottert und klingt nicht minder verwirrt: „Frau…Frau…Frau Korrepka! Das gibt`s ja nicht! Sie sind es wirklich! Sie sind es leibhaftig. Das ist ja…das ist ja unglaublich. Sie sind doch, ich meine, Sie sind doch…“

„Gestorben“, ergänze ich.

„Ja!“, sagt der Finanzberater leise. Er haucht es fast.

Wir schweigen eine Weile, dann ergreife ich erneut das Wort: „Wie Sie sehen: Ich lebe. Oder besser gesagt, wie Sie hören!“

„Gott sei Dank! Aber warum ruft mich dann Ihr Neffe an und erzählt da diesen Unsinn. Das ist makaber! “, platzt Herr Stocker heraus.

Ich werde ungeduldig. „Herr Stocker, Sie sollten eigentlich wissen, dass ich keinen Neffen habe. Keine Eltern. Keine Geschwister. Keine Anverwandten. Sie haben mir doch selbst diese Stiftung empfohlen!“, fahre ich ihn unwirsch an.

Herr Stocker weiß sich zu verteidigen: „Naja, Kunden erzählen einem ja auch nicht immer alles. Alles geht mich auch nicht an. Aber dieser falsche Neffe, der mir Ihren Totenschein hat zukommen lassen…ich meine, für die Vollmacht auf das Nachlasskonto brauchen wir sowieso noch einige andere Dokumente, da können Sie ganz beruhigt sein, so hätte ich sicher kein Geld rausgerückt, aber diese Betrüger sind ja wirklich mit allen Wasser gewaschen. Das ist ein starkes Stück, ein wirklich starkes Stück.“

Ich bitte Herrn Stocker mir meinen angeblichen „Totenschein“ per Mail zu senden, dann beende ich das Gespräch. Einen aufgebrachten Finanzberater kann ich jetzt nicht auch noch beruhigen.

Während mein Mailserver seine neue Nachricht herunterlädt, ruft draußen Tiziano zum Essen. Ich ignoriere ihn, ich muss zuerst die Dokumente prüfen, die mir Herr Stocker soeben weitergeleitet hat.

Das erste ist das kleinteilige Formular einer Agenzia Funebre, eines italienischen Bestattungsinstituts. Das zweite ist der Totenschein und es durchzuckt mich wie ein Blitzgewitter, als ich auch dort in breiten Lettern meinen Namen lese. Als ich mir die Unterschrift darunter genauer begutachte, wird mir speiübel und ich winde mich wie ein waidwundes Tier.

Seit Wochen kauft Tiziano für mich ein. Und seit Wochen lass ich mir das Einkaufsgeld von ihm quittieren. Seine Unterschrift ist manchmal abschüssig und nicht selten schludrig. Aber der kindliche Schnörkel beim T seines Vornamens ist immer gleich und auch jetzt kann ich diesen aus dem Effeff als den seinen identifizieren. Die Unterschrift, die auf diesem Totenschein ein gewisser Dottore Tomaso di Benedictis geleistet hat, stammt eindeutig von Tiziano. Sie ist mehr als dilettantisch, ganz und gar nicht, wie es sich für einen Mediziner gehört, sondern schlampig, liederlich, undurchsichtig.

Ein Dutzend heißer Stricknadeln bohrt sich tief in mein Herz hinein. Tizianos Name ist wie ein spitzes Schwert, das mich durchdringt und bis in meine hintersten Herzklappen reicht. Es tötet mich von innen, löscht alles in mir aus, was ich je besessen habe.

Tiziano klopft an die Tür. Er hämmert fast, es scheint ihn zu irritieren, dass ich die Laube abgeschlossen habe. „Annabelle, warum kommst du nicht zum Essen? Vieni a mangiare – der Fisch wird kalt!“

Ich schlucke den bitteren Geschmack in meinem Mund herunter und öffne die Tür. „Ich komme gleich! Gib mir zwei Minuten!“, sage ich und knalle dem jungen Mann die Tür vor der Nase zu.

Nur zwei Minuten, um zu überlegen, was jetzt zu tun ist.

Was ist das nur für ein Spiel, das dieser Sizilianer mit mir spielt? Er lässt die wohlhabende Deutsche für tot erklären, um ihr dann das Bankkonto leer zu räumen?

Wer Totenscheine fälschen und Banken bescheißen kann, der kann noch mehr! Mir fällt der Auberginenauflauf und der Geschmack nach Bittermandel ein – fast habe ich ihn wieder auf der Zunge, spüre, wie sich meine Mageninnenwand langsam zusammenkrampft. Na warte! In der untersten Schublade der Kommode liegt das Rattengift. Kleine handliche unauffällige Tütchen. Ich greife gleich mehrere heraus und stopfe sie mir in die Hosentasche. Dann gehe ich ins Haus.

Ich setze mich an den Tisch und spiele die Ahnungslose. Während Tiziano das Essen holt, schenke ich großzügig den Nero d`Avola ein. Der gute Tropfen schimmert blutrot und schmeckt hervorragend.

---ENDE DER LESEPROBE---