Compliance Monitorships - Maximilian F. Schlutz - E-Book

Compliance Monitorships E-Book

Maximilian F. Schlutz

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Beschreibung

Das Werk betrachtet Unternehmensbeobachter, sogenannte "Compliance-Monitoren", die für einen bestimmten Zeitraum Compliance-Systeme prüfen, bewerten und dabei helfen sollen, beanstandete Rechtsverstöße in Zukunft möglichst zu vermeiden. Monitorships können aufgrund der Strafvollstreckungspraxis der US-Behörden und des weiten Anwendungsbereichs der US-Gesetze auch auf europäische Unternehmen treffen. Der Autor befasst sich mit den Rechtsgrundlagen für den Einsatz eines Monitors in Deutschland, den USA und im Vereinigten Königreich. Neben ausführlicher Untersuchung des Foreign Corrupt Practices Act von 1977 liefert das Werk eine Übersicht über die Ursprünge, Hintergründe und Entwicklung des heutigen Corporate Monitorships. Nach einer Einführung zu DPAs/NPAs werden einzelne Memoranda sowie sonstige relevante Regelwerke behandelt. Weiterhin wird aufgezeigt, welche Qualifikationen der Monitor mitbringen muss, wie das Verfahren bei der Auswahl der Person des Monitors gestaltet ist und wie diese Vorgaben im Rahmen ausgewählter bisherige Monitormandate in Deutschland umgesetzt worden sind. Zudem enthält die Untersuchung die Aufgaben sowie Rechte und Befugnisse des Monitors, Prüfungsmaßstäbe, sowie die Grenzen des Monitors, die sich u.a. aus den Gebieten des Datenschutzes, des Arbeitsrechts oder der Unternehmensrechte auf Geheimnisschutz ergeben. Im Anschluss an die Prüfung der Rechtsnatur des Monitors stellt der Autor die praktische Ausgestaltung des Monitorships einschließlich einzelner Prüfungsphasen dar. Zuletzt werden noch Vor- und Nachteile des Monitorships, Kritikpunkte und Bewertungen abgeschlossener Monitorships beleuchtet, bevor die Arbeit mit einer abschließenden Bewertung der bestehenden Rechtslage bzw. einem Ausblick endet.

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Seitenzahl: 542

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„Compliance Monitorships“ – Wie kann ein US-Instrumentarium den Alltag deutscher Unternehmen bestimmen?

 

Maximilian F. Schlutz

 

 

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

 

Zugleich Dissertation Goethe-Universität Frankfurt am Main.

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-8005-1790-9

© 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang

Printed in Germany

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Herbst 2020 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten im Wesentlichen bis August 2020 berücksichtigt werden.

Auf meinem juristischen Werdegang und während der Erstellung dieses Werks haben mich viele Menschen unterstützt, denen ich an dieser Stelle danken möchte.

HerzlichdankenmöchteichzunächstmeinemDoktorvater, Herrn Prof. Dr. Matthias Jahn, für die exzellente Betreuung. Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. Theodor Baums danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Danken möchte ich Frau Rechtsanwältin Andrea Klamser, die meine juristische Ausbildung nachhaltig geprägt hat, sowie den Herren Dr. Theo Waigel und Dr. Andreas Pohlmann, dass sie mir im Rahmen von Experteninterviews Rede und Antwort gestanden haben.

Ich danke meinem Vater, Herrn Rechtsanwalt Joachim H. Schlutz, für die Inspiration, mich mit der Thematik Compliance Monitorship auseinanderzusetzen sowie für den gelegentlichen Meinungsaustausch.

Mein größter Dank gebührt meiner gesamten Familie, insbesondere meiner Mutter Petra von Hebel, die stets die Interessen ihrer Kinder vor ihre eigenen gestellt hat.

Diese Arbeit ist meinem Großvater Gerhard Dilcher gewidmet, der die Fertigstellung leider nicht mehr erleben konnte. Die Liebe und Dankbarkeit, die ich für ihn stets empfunden habe, kann ich nicht in Worte fassen. Er wird in meinen Erinnerungen immer weiterleben.

Frankfurt am Main, im Januar 2021

Maximilian F. Schlutz

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

A. Einführung

I. Untersuchungsgegenstand

1. Kernproblem

2. Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen

3. Grenzüberschreitende Ermittlungen der US-Behörden

4. Meinungsspektrum

a) Gesetzesentwürfe

b) Compliance-Rechtsprechung

c) Stand der rechtswissenschaftlichen Diskussion

(1) Allgemeines zur Unternehmenssanktionierung

(2) Einordnung von Compliance Monitorships

d) Zusammenfassende Würdigung

II. Methodik und Gang der Untersuchung

B. Einsetzung eines Compliance-Monitors

I. Rechtsgrundlagen

1. Methodische Vorüberlegungen

2. Deutschland

a) Allgemeines

b) Regierungsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG)

(1) Hintergrund des Gesetzgebungsvorhabens

(2) Monitoring nach dem VerSanG-E

c) Rechtslage de lege lata

(1) Ordnungswidrigkeitenrecht, §§ 30, 130 OWiG

(a) Allgemeines zum Ordnungswidrigkeitenverfahren

(b) Bedeutung von Compliance-Maßnahmen

(c) Bestellung eines Monitors im Ordnungswidrigkeitenverfahren

(aa) Beauftragung eines Sachverständigen

(bb) Freiwillige Bestellung eines Monitors

(cc) Monitorbestellung im Rahmen einer Verständigung

(2) Monitor-Einsetzung als Auflage der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO

(3) Strafaussetzung zur Bewährung, §§ 56b, c StGB

(4) Aktienrechtlicher Sonderprüfer, § 142 AktG

(5) Sonderbeauftragter, § 45c Abs. 1 KWG

(6) Vorläufiger Verwalter, § 38 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)

(7) Ergebnis

3. USA

a) Einführung zum amerikanischen Strafrechtssystem

b) Unternehmensstrafrecht in den USA

c) Foreign Corrupt Practices Act (FCPA)

(1) Einführung zum FCPA

(2) Bestechungstatbestände

(a) Tauglicher Täter

(aa) Emittenten, 15 U. S.C. § 78dd-1

(bb) Inlandspersonen, 15 U. S.C. § 78dd-2

(cc) Jedermann, 15 U. S.C. § 78dd-3

(b) Objektiver Tatbestand der Bestechungstatbestände

(aa) Tathandlung

(bb) Tatobjekt

(cc) Empfänger der Zuwendung

(c) Subjektiver Tatbestand der Bestechungstatbestände

(aa) Willentlichkeit

(bb) Unlautere Beeinflussung („corruptly“)

(cc) Absicht

(dd) Wissentlichkeit („knowledge“)

(d) Ausnahmen, Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe

(aa) Sicherstellungs- bzw. Beschleunigungszahlungen

(bb) Rechtmäßigkeit nach den Gesetzen des Empfängerlandes

(cc) Aufwendungen für Werbung und zur Vertragserfüllung

(dd) Notlagen

(3) Accounting Provisions

(4) Andere relevante US-Gesetze

(a) Travel Act

(b) Mail and Wire Fraud

(5) FCPA-Anwendungsbereich

(6) Rechtsfolgen

(a) Strafrechtliche Rechtsfolgen

(b) Zivilrechtliche Rechtsfolgen

d) Vorläufer/Hintergründe des Monitorships

(1) RICO-Gesetzgebung

(2) Independent Private Sector Inspectors General (IPSIG)

(3) SEC-Receiverships

e) Strafverfahren

(1) Normative Grundlage

(2) DPAs/NPAs

(a) Rechtsgrundlagen: Memoranda

(aa) Holder-Memorandum (1999)

(bb) Thompson-Memorandum (2003)

(cc) McNulty-Memorandum (2006)

(dd) Morford-Memorandum (2008)

(ee) Breuer-Memorandum (2009)

(ff) Grindler-Memorandum (2010)

(gg) Yates-Memorandum (2015)

(hh) Delery-Memorandum (2016)

(ii) Benczkowski-Memorandum (2018)

(b) Sonstige Regelwerke

(aa) US Federal Sentencing Guidelines (USSG)

(bb) Justice Manual

(cc) Standards for Criminal Justice: Monitors der American Bar Association (ABA)

(dd) Federal Rules of Criminal Procedure

f) Zivilverfahren

4. United Kingdom

a) Allgemeines

b) Entstehung des UKBA

c) Hauptinhalte/Regelungen

(1) Bestechungstatbestände

(a) Aktive Bestechung, § 1 UKBA

(b) Passive Bestechung, § 2 UKBA

(c) Bestechung ausländischer Beamter, § 6 UKBA

(d) Unterlassene Verhinderung von Korruption durch Unternehmen, § 7 UKBA

(2) Strafen

d) DPAs nach britischem Recht

5. Zwischenergebnis

II. Auswahl und Qualifikation des Monitors

1. Auswahlkriterien

a) USA

(1) Morford-Memorandum

(2) Breuer-Memorandum

(3) Benczkowski-Memorandum

(4) Standards for Criminal Justice: Monitors der American Bar Association (ABA)

b) Deutschland

(1) Regierungsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG)

(2) Entwurf des Arbeitskreises Strafrecht – Deutsche Wiedervereinigung – Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität

(3) Eigene Stellungnahme zur Qualifikation des Monitors

2. Auswahlprozess

a) USA

(1) Morford-Memorandum

(2) Breuer-Memorandum

(3) Benczkowski-Memorandum

(4) Interessenkonflikte

b) Deutschland

3. Monitorperson: Einzelfälle

a) Allgemeines

b) Ausgewählte bisherige Monitormandate in Deutschland

(1) Siemens

(2) Daimler

(3) Bilfinger

(4) Volkswagen

III. Aufgaben des Monitors

1. Allgemeine Aufgabenbeschreibung

2. Ausgewählte bisherige Monitormandate in Deutschland

a) Siemens

b) Daimler

c) Bilfinger

d) Volkswagen

IV. Rechte und Befugnisse des Monitors

1. Rechte und Einfluss

2. Prüfungsmaßstäbe

a) Prüfungsauftrag des Monitors

b) Compliance-Maßstäbe

(1) Evaluation of Corporate Compliance Programs

(a) Allgemeines zur Richtlinie

(b) Inhalt

(c) Ausblick

(2) Evaluation of Corporate Compliance Programs in Criminal Antitrust Investigations

(3) Justice Manual

(4) FCPA Resource Guide

(5) US Federal Sentencing Guidelines (USSG)

(6) Fazit

3. Grenzen

a) Allgemeines

b) Datenschutz

(1) Allgemeines

(2) Datenschutzrechtliche Grundlagen

(a) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung: Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO)

(b) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung: Berechtigte Interessen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO)

(c) Erforderlichkeitsgrundsatz

(d) Datenverarbeitung für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses, § 26 BDSG

(e) Auftragsverarbeitung, Art. 28 Abs. 1 DS-GVO

(3) Ausgewählte Problemfelder aus der Praxis

(a) Rechtfertigung durch berechtigtes Interesse des Unternehmens (Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO)

(aa) Weiterleitung der Daten an Dritten

(bb) Berechtigtes Interesse im Fall von Monitorships

(b) Datentransfers in ein Drittland

(4) Ergebnis

c) Strafrecht

(a) Allgemeines zur Garantenstellung

(b) Garantenstellung des Monitors

(aa) Gesetzliche Garantenstellung

(bb) Garantenpflicht auf vertraglicher Grundlage

(cc) Vergleich mit Garantenstellung des Compliance Officers

(dd) Tatsächliche und freiwillige Gewährsübernahme

(ee) Aufsichtsgarantenstellung

(ff) Garantenpflicht kraft Amtsträgerstellung

(gg) Zwischenergebnis

(c) Relevante Straftatbestände

(aa) Strafvereitelung im Amt, § 258a StGB

(bb) Untreue, § 266 StGB

(cc) Amtsanmaßung, § 132 StGB

(d) Ergebnis

d) Arbeitsrecht

(1) Beteiligung des Betriebsrats

(2) Pflichten und Rechte des Arbeitnehmers

(3) Zwischenergebnis

e) Lösungsmöglichkeiten bei Normkollision

4. Ausgewählte bisherige Monitormandate in Deutschland

a) Siemens

b) Daimler

c) Bilfinger

d) Volkswagen

V. Rechtsnatur des Monitors

1. Allgemeines zu möglichen Analogien

a) Vergleichbare Institute und Rechtsgrundlage

b) Exkurs: Kollision der Monitortätigkeit mit Grundrechten

(1) Art. 14 Abs. 1 GG

(2) Art. 12 Abs. 1 GG

(3) Art. 13 Abs. 1 GG

c) Zusammenfassende Fragestellung

2. Analogie zur Bewährungshilfe

a) Historische Einordnung

b) Rechtsgrundlagen

c) Rechtsnatur der Bewährungshilfe

d) Aufgaben der Bewährungshilfe

(1) Hilfe und Betreuung

(2) Überwachung und Kontrolle

e) Monitor als Bewährungshelfer

(1) Straftheorien

(a) Absolute Straftheorien

(aa) Sühnetheorie

(bb) Vergeltungstheorie

(b) Relative Straftheorien

(aa) Generalprävention

(bb) Spezialprävention

(c) Vereinigungstheorie

(2) Einordnung

3. „Verlängerter Arm des DOJ“

4. Analogie zum Wirtschaftsprüfer

a) Vertragliche Einordnung

b) Tätigkeiten

c) Einordnung

5. Analogie zum Insolvenzverwalter

6. Differenzierungsmerkmal: Zivilrechtliche Haftung

a) Haftung des Wirtschaftsprüfers

b) Expertenhaftung

c) Haftung des Compliance Officers

d) Haftung des Monitors

(1) Allgemeines

(2) Vergleich mit Wirtschaftsprüfung und Expertenhaftung

(3) Vergleich mit Compliance-Officer

7. Ergebnis

8. Vorschlag für ein deutsches Monitor-Institut

VI. Ausgestaltung des Monitorships

1. Dauer des Monitorships

2. Ablauf des Monitorships

a) Workplan

b) Initial Review Period

c) Follow-up Reviews

d) Ausgewählte bisherige Monitormandate in Deutschland

(1) Siemens

(2) Daimler

(3) Bilfinger

(4) Volkswagen

VII. Vor- und Nachteile des Monitorships und Kritikpunkte

1. Vorteile

a) Unternehmen

b) Behörden

2. Nachteile

a) Unternehmen

b) Behörden

3. Allgemeine Kritikpunkte

4. Bewertungen abgeschlossener Monitorships

VIII. Abschließende Bewertung/Ausblick

IX. Thesen

C. Anhang

I. Experteninterview Dr. Theodor Waigel

II. Experteninterview Dr. Andreas Pohlmann

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

ABA

American Bar Association

Abs.

Absatz

ALI

American Law Institute

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BeckRS

Beck’sche Rechtsprechungssammlung

BMJV

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

BT-Drs.

Drucksache des Deutschen Bundestages

bzw.

beziehungsweise

CFTC

Commodity Futures Trading Commission

CMS

Compliance-Management-System

ders.

derselbe

dies.

dieselbe(n)

DOI

Department of Investigation

DOJ

Department of Justice

DPA

Deferred Prosecution Agreement

Duke L. & Tech. Rev.

Duke Law & Technology Review (Zeitschrift)

EIPR

European Intellectual Property Review (Zeitschrift)

EPA

Environmental Protection Agency

et al.

et alii

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EZB

Europäische Zentralbank

FCPA

Foreign Corrupt Practices Act

Fn.

Fußnote

Harv. L. Rev.

Harvard Law Review (Zeitschrift)

Hrsg.

Herausgeber

ICA

Independent Compliance Auditor

ICM

Independent Compliance Monitor

ICRC

International Committee of the Red Cross

IKS

Internes Kontrollsystem

IMF

International Monetary Fund

IPSIG

Independent Private Sector Inspectors General

JM

Justice Manual

KAGB

Kapitalanlagegesetzbuch

lit.

litera

m. Anm.

mit Anmerkung

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

MPC

Model Penal Code

MüKö

Münchener Kommentar

NDA

Non-Disclosure Agreement

NPA

Non-Prosecution Agreement

NYSDFS

New York State Department of Financial Services

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development

RICO

Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act

SEA

Securities and Exchange Act

SEC

United States Securities and Exchange Commission

SFO

Serious Fraud Office

STAN. L. REV.

Stanford Law Review (Zeitschrift)

SZ

Süddeutsche Zeitung

U. Pitt. L. Rev.

University of Pittsburgh Law Review (Zeitschrift)

U. S.C.

United States Code

UKBA

UK Bribery Act

USAM

US Attorneys’ Manual

USSG

US Federal Sentencing Guidelines

usw.

und so weiter

VermAnlG

Vermögensanlagengesetz

VerSanG

Verbandssanktionengesetz

VerSanG-E

Entwurf Verbandssanktionengesetz

VW

Volkswagen AG

WHO

World Health Organization

WpPG

Wertpapierprospektgesetz

A. Einführung

I. Untersuchungsgegenstand

Die vorliegende Dissertation befasst sich mit Unternehmensbeobachtern bzw. -aufpassern, sogenannten „Compliance-Monitoren“, die für einen bestimmten Zeitraum Compliance-Systeme prüfen, bewerten und dabei helfen sollen, beanstandete Rechtsverstöße in Zukunft möglichst zu vermeiden.

1.Kernproblem

Die Strafvollstreckungspraxis der US-Behörden hat dazu geführt, dass die Thematik „Compliance Monitorship“ zunehmend auch für europäische Unternehmen Relevanz entfaltet.1 Als Folge strafverfahrensbeendender Vergleiche mit US-Behörden waren bzw. sind in mehreren deutschen Unternehmen Compliance-Monitoren tätig.2 Ein Compliance-Monitor ist eine Art „Unternehmensaufpasser“, der überprüft, sicherstellt und zertifiziert, dass die Compliance-Strukturen des Unternehmens den Anforderungen des US-Rechts entsprechen.3 Ausgangspunkt der abgeschlossenen Vergleiche sind regelmäßig Ermittlungen durch das US-amerikanische Department of Justice (DOJ) wegen möglicher Verstöße unter anderem gegen den Foreign Corrupt Practices Act (FCPA).

Der FCPA ist ein US-Gesetz, das internationale Korruption ahndet und sich durch einen sehr weiten4 Anwendungsbereich auszeichnet.5

In den USA sahen zwischen 1993 und 2009 etwa 30 % und im Jahr 2016 mehr als 50 % der abgeschlossenen Vergleichsvereinbarungen den Einsatz eines Monitors vor.6 Im Jahr 2018 war die Zahl der Unternehmen, die in den USA infolge von FCPA-Verfahren einen Monitor einsetzen mussten, gegenüber den Vorjahren rückläufig.7 Allerdings kann daraus noch nicht gefolgert werden, dass das der Ausgangspunkt einer langfristigen Entwicklung sein wird, wobei das vom DOJ im Oktober 2018 veröffentlichte und im Laufe der Untersuchung noch zu besprechende Benczkowski-Memorandum allerdings eine Tendenz in diese Richtung aufzeigt.8

2.Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen

Die Berichterstattung im Fall der Korruptionsaffäre um den Münchner Elektrokonzern Siemens hat gezeigt, dass ausländische Antikorruptionsbehörden grenzüberschreitend gegen deutsche Unternehmen ermitteln und diese im Anschluss rechtlich zur Verantwortung ziehen. Im Jahr 2008 sprach in Washington D. C. ein US-Bundesgericht Siemens wegen vorsätzlich umgangener und fehlender interner Kontrollen und Nichteinhaltung der Rechnungslegungsvorschriften des FCPA für schuldig.9 Nach geständiger Einlassung der Siemens-Verantwortlichen erreichte das Unternehmen eine Beendigung des Verfahrens gegen Zahlung von 800 Millionen Dollar.10 Gleichzeitig erklärte sich Siemens in der Schuldvereinbarung („Plea Agreement“) damit einverstanden, dass Theo Waigel für einen Zeitraum von vier Jahren ab Unterzeichnung der Vereinbarung als unabhängiger Monitor für Siemens tätig wird.11 Mit dem ehemaligen Bundesminister der Finanzen war erstmalig in der US-amerikanischen Rechtspraxis ein Nicht-Amerikaner als Compliance-Monitor tätig.12

Die Siemens-Korruptionsaffäre und der anschließende Einsatz des Monitors stellen keinen Einzelfall dar. Auch Daimler und Bilfinger mussten bereits einen unabhängigen Monitor beauftragen, der innerhalb beider Unternehmen im Anschluss an die strafverfahrensbeendenden Vergleiche mehrere Jahre eingesetzt wurde. Im Fall von Daimler stellte das Unternehmen im Jahr 2006 zur Aufklärung von Schmiergeldzahlungen Louis Freeh, der in den 90er Jahren die US-Bundespolizei FBI geleitet hatte, als Berater ein. Am 22.03.2010 vereinbarte Daimler mit dem DOJ den Abschluss eines „Deferred Prosecution Agreements“ (DPA). Eine Bedingung dieses Vergleichs war, dass Daimler fortan einen Compliance-Monitor im Unternehmen einsetzt.13 Im Anschluss an den Vergleich von Daimler mit den US-Behörden zog das Unternehmen fortan Freeh als unabhängigen Kontrolleur heran.14 Auch beim Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger wurde Freeh im Herbst 2015 als Monitor eingesetzt, nachdem bereits 2013 das US-Justizministerium den Schweizer Juristen Mark Livschitz als Monitor installiert hatte.15 Grund für die Doppelbesetzung der Beraterposition war der Abgang des Vorstandsvorsitzenden Roland Koch, woraufhin es zu Unruhe an der Spitze des Konzerns kam. Da Bilfinger-Manager bei einem Ölpipeline-Projekt in Nigeria Regierungsbeamte mit rund 6 Millionen US-Dollar bestochen haben sollen, zahlte das Unternehmen eine Geldstrafe in Höhe von 32 Millionen Dollar und erklärte sich im Dezember 2013 in einem DPA mit dem Einsatz eines unabhängigen Monitors einverstanden.16 Das Monitorship bei Bilfinger endete im Dezember 2018, nachdem das Unternehmen ein effektives Compliance-System zur Abwehr von Korruptionsverstößen implementiert hatte.17

In jüngster Vergangenheit wird im Rahmen des Volkswagen-„Abgasskandals“ aufgrund mehrerer Vergleiche, zum einen zwischen Volkswagen und dem DOJ18 sowie zum anderen zwischen Volkswagen und der Environmental Protection Agency (EPA)19, Larry D. Thompson als Monitor und Auditor bei Volkswagen eingesetzt. Ausweislich einer Meldung vom Oktober 2019 wird Thompson auf Wunsch von Volkswagen drei Monate länger, d.h. bis September 2020, im Unternehmen bleiben.20 Hintergrund ist nach Mitteilung des Konzerns, dass Volkswagen bestimmte Maßnahmen zum Einhalten der Grundsätze guter Unternehmensführung noch gründlicher testen und ein optimales Ergebnis erzielen will. Im Juli 2020 veröffentlichte Volkswagen den Abschlussbericht von Larry D. Thompson als Auditor mit der Feststellung, dass die Auditierung von Volkswagen im Rahmen des Third Partial Consent Decrees erfolgreich abgeschlossen sei.21

Unlängst haben sich die IAV GmbH und die Fresenius Medical Care mit dem DOJ auf die Bestellung eines Compliance-Monitors für einen Zeitraum von jeweils zwei Jahren geeinigt.22

Bei systembezogenen Vorwürfen innerhalb der Finanzbranche sind Monitorships ebenfalls möglich. Dementsprechend blieben auch deutsche Unternehmen im Finanzsektor von einem Compliance Monitorship bislang nicht verschont.23 Bei der Frankfurter Commerzbank war ein Verstoß gegen Iransanktionen der Auslöser für Ermittlungen der US-Behörden. Die Bank zahlte daraufhin im Jahr 2015 im Rahmen eines Vergleichs eine Strafe in Höhe von 1,45 Milliarden Dollar und musste zudem ab 2016 einen externen Compliance-Monitor auf eigene Kosten installieren.24 Die Deutsche Bank war bzw. ist sogar mehreren Compliance Monitorships ausgesetzt. Aufgrund der fehlenden Kontrolle von Swap-Derivaten musste das Kreditinstitut basierend auf einer Einigung mit der US-Börsenaufsicht CFTC im Oktober 2016 einen Monitor einsetzen.25 Ein weiteres Monitoring resultierte aus einem Geldwäsche-Skandal, bei dem Deutsche-Bank-Kunden laut dem New York State Department of Financial Services (NYSDFS) ca. 10 Milliarden Dollar Schwarzgeld aus Russland an den Finanzplätzen New York, London und Moskau gewaschen haben sollen. Das Kreditinstitut habe die Möglichkeiten ungenutzt gelassen, die Geldwäschetätigkeiten zu unterbinden.26

3.Grenzüberschreitende Ermittlungen der US-Behörden

Der Einsatz eines Compliance-Monitors in deutschen Unternehmen hat die Frage nach dem Einfluss der US-Strafverfolgungsbehörden sowie die Frage nach deren Vorgehensweise bei der Aufklärung von Korruptionsfällen aufgeworfen.27 Bereits seit längerem stößt die extensive grenzüberschreitende Anwendung von US-Vorschriften weltweit auf Kritik. Im Zuge dessen wird insbesondere bemängelt, dass europäische Unternehmen die volle Härte des Sanktionsregimes treffe, wohingegen amerikanische Unternehmen bevorzugt würden.28 An dem Mandat eines US-Monitors in deutschen Unternehmen ist insbesondere bemerkenswert, dass sich die Regelungen des US-Strafrechts von denen des deutschen Wirtschaftsstrafrechts deutlich unterscheiden. Ein im Rahmen der Untersuchung anzustellender Rechtsvergleich erfordert daher auch Überlegungen zu den Prozesssystemen in Deutschland und den USA.29

4.Meinungsspektrum

Zu erörtern ist im Rahmen der Einführung, inwieweit Compliance und speziell das Monitorship innerhalb von Gesetzesentwürfen, Rechtsprechung und der juristischen Literatur derzeit abgebildet werden.

a)Gesetzesentwürfe

Obwohl viele deutsche Unternehmen bereits einen Monitor einsetzen mussten bzw. müssen, ist diese Sanktionsmöglichkeit im deutschen Rechtssystem bisher nicht normativ verortet. An Vorschlägen und Fürsprechern für die Einführung dieses Konstrukts mangelt es jedoch nicht.

Bereits 1996 legte der „Thyssen-Arbeitskreis Strafrecht – Deutsche Wiedervereinigung“ unter Mitwirkung von Schünemann den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität vor. Dieser sah in § 30a E-OWiG vor, dass das Unternehmen unter Kuratel gestellt werden kann, sofern ein – dem Leitungsbereich des Unternehmens angehörender – Mitarbeiter für das Unternehmen eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit begeht und die Gefahr weiterer Zuwiderhandlungen gegeben ist. Nach § 30b Abs. 1 E-OWiG hat der Kurator zu beaufsichtigen, „ob in dem unter Kuratel gestellten Unternehmen die für die Anordnung maßgeblichen Gründe dauerhaft beseitigt werden.“30 Der Zweck der Sanktion bestand gemäß § 3 Abs. 1 E-OWiG in der „Aufsicht über die Resozialisierung.“

Der Kölner Entwurf eines Verbandssanktionsgesetzes aus 2017 sah in § 5 Abs. 4 vor, dass das Gericht für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit einen sachkundigen und unabhängigen Monitor bestellen soll, der die Erfüllung der Auflagen überwacht.31

Gemäß § 12 Abs. 4 des Münchener Entwurfs eines Verbandssanktionengesetzes vom 05.09.2019 kann das Gericht für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit einen Monitor bestellen, der die Erfüllung der Auflagen durch den Verband überwacht.32

Der Regierungsentwurf zum Verbandssanktionengesetz (VerSanG-E) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sieht in § 13 Abs. 2 folgende Reglung vor: „Das Gericht kann den Verband namentlich anweisen, bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten zu treffen und diese Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle nachzuweisen. Die Auswahl der sachkundigen Stelle, die der Verband getroffen hat, bedarf der Zustimmung durch das Gericht.“33

b)Compliance-Rechtsprechung

Trotz umfangreicher Fachliteratur zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Compliance-Organisation sind Urteile zum Thema Compliance eher selten34 bzw. im Hinblick auf den Compliance-Monitor nicht vorhanden. Spätestens seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2017 – 1 StR 265/1635 müssen sich Unternehmen verstärkt mit der Effektivität ihres Compliance-Programms auseinandersetzen. Im zugrunde liegenden Verfahren zahlte ein deutsches Rüstungsunternehmen – unter Zuhilfenahme einer Beratungsgesellschaft – Bestechungsgelder an den damaligen griechischen Verteidigungsminister, um einen millionenschweren Auftrag für ein Rüstungsgeschäft zu erhalten.36

Ausweislich des Judikats ist es für die Bemessung der Geldbuße nach § 30 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) von Bedeutung, inwieweit das Unternehmen seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus seiner Sphäre zu unterbinden, nachkommt und ein effizientes Compliance Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss.37 Nach Auffassung des Gerichts kann zudem von Bedeutung sein, ob das Unternehmen im Laufe des Ordnungswidrigkeitenverfahrens Regelungen optimiert und betriebsinterne Prozesse so gestaltet hat, dass Normverletzungen künftig deutlich erschwert werden.38

Die vom BGH vorgenommene Berücksichtigung von Compliance-Maßnahmen im Rahmen der Bemessung der Unternehmensgeldbuße kann Unternehmen zu effektiver Compliance-Organisation und zur Aufdeckung von Normverletzungen motivieren.39 Hierbei können Unternehmen von ihren Erfahrungen während Compliance Monitorships profitieren und diese Erkenntnisse als Hilfestellung nutzen. Die Arbeit des Monitors kann dem Unternehmen bei der Bewertung seines Compliance-Systems helfen.40 Der eingesetzte Monitor kann zusammen mit einem kompetenten Team eine genaue, unabhängige sowie objektive Einschätzung hinsichtlich der Compliance-Bemühungen im Unternehmen treffen oder in Form von Bewertungen und Vorschlägen Handlungsempfehlungen zur Fokussierung, Anpassung und Weiterentwicklung des Compliance-Systems aussprechen.41

c)Stand der rechtswissenschaftlichen Diskussion

(1)Allgemeines zur Unternehmenssanktionierung

Die Frage der Sanktionsmöglichkeit juristischer Person ist, wie bereits vor geraumer Zeit von Roxin42 antizipiert, niemals aus der Diskussion im strafrechtlichen Schrifttum verschwunden.43 In diesem Zusammenhang sprechen sich viele Rechtswissenschaftler für eine kriminalpolitisch notwendige Reform des Sanktionsregimes gegenüber Unternehmen aus.44 Bestandteil dieser Forderung nach Unternehmenssanktionierung ist, dass neben finanziellen Strafen andere Sanktionsmöglichkeiten kreiert werden sollten, wobei hier oftmals der Compliance-Monitor nach US-Vorbild genannt wird, da dieser ein Umdenken in der kriminogenen Betriebsattitüde erzeugen könne.45 Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass der Trend aus den USA, Unternehmen für strafrechtliche Risiken und Verstöße immer stärker zur Verantwortung zu ziehen, auch in Europa bei allen drei Gewalten angekommen ist und sich in einer dynamischen Entwicklung befindet.

(2)Einordnung von Compliance Monitorships

Fraglich ist, wie sich Compliance Monitorships in den wissenschaftlichen Diskussionsstand einordnen lassen. Die Grundidee, dass ein externer Dritter als Verwalter oder „Aufpasser“ in einem Unternehmen tätig wird, ist nicht neu. Eine treuhänderische Verwaltung von Körperschaften als Unternehmenssanktion war bereits im Jahr 1953 auf dem 40. Deutschen Juristentag in Hamburg Gegenstand von Diskussionen.46 Diesen Gedanken der Einrichtung einer Unternehmenskuratel, die durch gerichtliche Entscheidung für einen bestimmten Zeitraum die Aufsicht über ein Unternehmen übernimmt, hat insbesondere Schünemann wiederaufleben lassen.47 Dieser spricht sich seit längerem für das Konzept der Unternehmenskuratel aus, das seiner Meinung nach nicht mit einer Verwaltung des Unternehmens durch den Staat verwechselt werden dürfe, da der Kurator keine Entscheidungskompetenzen, sondern lediglich Informationsrechte habe, durch deren Ausübung gestörte Informationsflüsse als Ursache der Unternehmenskriminalität im Unternehmen optimiert würden.48 Im Gegensatz zur Geldbuße sei der Vorteil der Einsetzung der Unternehmenskuratel, dass die Sanktion das Unternehmen im organisatorischen Bereich treffe, wo der für die Deliktsentstehung ausschlaggebende Mangel gefunden worden sei.49 Für Schünemann ist die Legitimation der Unternehmenskuratel als eine – in die Zukunft gerichtete – Maßregel problemlos möglich, da die Kuratel weder Aktionären noch Arbeitnehmern schade.50

Dannecker schlägt zur Bestrafung von Verbänden als spezialpräventive Aufsichtsmaßnahme ebenfalls die Anordnung einer temporären Unternehmenskuratel vor.51 Die Kuratel müsse seiner Ansicht nach von einem staatlich bestellten Treuhänder oder Gremium ausgeübt werden und die eingesetzten Personen müssten über Kenntnisse bzw. Erfahrungen wie z.B. Insolvenzverwalter verfügen.52 Allerdings dürfe die Kuratel nur angeordnet werden, wenn die Erteilung einzelner Weisungen zur Verhinderung weiterer Straftaten nicht ausreiche.53 Der Vorteil der Sanktionsform bestünde darin, dass sie den Unternehmensbestand sichere, die Anteilseigner schone und die Unternehmensleitung empfindlich treffe.54

Für den Bereich des Umweltstrafrechts plädiert Christina Schwinge – als Sanktion gegenüber Unternehmen – für eine auf einen bestimmten Zeitraum beschränkte, staatlich überwachte organisatorische Intervention, die auf ein sich selbst regulierendes und kontrollierendes Unternehmen hinwirken soll.55 Durch die Überwachung mit Hilfe einer Unternehmenskuratel könne für bestimmte Zeit in der erforderlichen Weise auf strukturelle und institutionelle Probleme im Unternehmen, die zu Umweltstraftaten geführt haben, eingegangen werden.56 Des Weiteren würde trotz Unternehmenskuratel die Unternehmensleitung in ihrer bisherigen Form bestehen bleiben und infolge der Überwachung zu einer ordnungsgemäßen umweltorientierten Unternehmenspolitik angehalten werden. Dieser Ansatz habe im Vergleich zur vorübergehenden „Absetzung“ des Managements den Vorteil, dass ihm ein gewisser „Erziehungseffekt“ innewohne und die Unternehmensleitung nach Ende der Kuratel-Einsetzung wohl gewillt sein werde, umweltschonend zu arbeiten.57 Von der Unternehmenskuratel würde auch eine erhebliche Präventionswirkung ausgehen, da die Führungsautorität des Managements sowie das Prestige des Unternehmens insgesamt angegriffen werde und für den Zeitraum der Einsetzung zumindest indirekt eine dauerhafte Konfrontation mit der begangenen Umweltstraftat bestünde.58

Napp unterteilt externe Eingriffe in Unternehmen – abhängig von ihrer Intensität – in verschiedene Modelle: 1. Modell einer reinen Rechtsaufsicht, 2. Zustimmungs-/Genehmigungserfordernis des Kurators, 3. Einsetzung eines Managements bzw. unmittelbare Entscheidungsbefugnis des Kurators, 4. Ersetzung des Managements.59 Unter dem ersten Modell subsumiert Napp den obigen Entwurf des Thyssen-Arbeitskreises unter Mitwirkung von Schünemann (§ 30a Abs. 1 E-OWiG)60 und die vorstehende Position von Schwinge61. Die zweite Kategorie enthält den Vergleich des Kurators mit einem Vormund, der sämtliche Beschlüsse einsehen darf und diesen, um Gültigkeit zu erlangen, seine Zustimmung und Unterschrift erteilen muss. Mangels selbstständiger Handlungsbefugnisse für den Verband nach außen beschränken sich die Mitwirkungsbefugnisse des Kurators daher auf die Überprüfung sowie Genehmigung von Beschlüssen, sodass die Geschäftsführung prinzipiell die volle Handlungs- und Entscheidungsfreiheit behält.62 Die dritte – auf Empfehlungen des Europarats basierende – Kategorie sieht die gerichtliche Einsetzung eines vorübergehend geschäftsführenden Managements vor, wobei diese Position auch von einem Kurator mit eigener sowie unmittelbarer Entscheidungsbefugnis besetzt werden könnte.63 Nach Darstellung des vierten Modells, der „Ersetzung des Managements“, die beispielsweise durch Austausch der Führungsebene möglich ist, greift Napp noch die von Schünemann und Schwinge angedachte Möglichkeit einer vorläufigen Kuratel entsprechend § 111a StPO auf.64 Letztgenannte komme jedoch nur in Betracht, wenn man die Kuratel als Strafe einordne, und bringe zudem das Risiko mit sich, nicht durch eine endgültige Entscheidung gedeckt zu sein.65

Napp sieht – unter Einbeziehung der Positionen Schünemanns und Heines66 – den Vorteil der Kuratel darin, dass sie einerseits Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger am wenigsten belaste, andererseits aber – bereits durch ihre Androhung – Topmanager und Unternehmensleitung unter Druck setzen könne, da die Kuratel ihr persönliches Ansehen schmälere. Die Unternehmenskuratel sei die für das Unternehmen schonendste und bezüglich der Vermeidung künftiger Straftaten wirksamste Sanktion.67 Problematisch seien jedoch neben der Schwierigkeit, einen geeigneten „Unternehmensüberwacher“ zu finden, der Aufwand und die Kosten der Aufsicht.68

Napp äußert ferner Bedenken gegen das Modell Schünemanns: Aus ihrer Sicht ist nachteilhaft, dass bei weiteren Zwischenfällen während der Kuratel lediglich der Zeitraum für die Dauer der Aufsicht erneut zu laufen beginne, sodass es für das Unternehmen bei einer Bewährung bliebe, die zeitlich ausgedehnt werde.69Napp bezweifelt den von Schünemann angeführten Effekt, dass sich Manager durch eine Einsetzung oder Verlängerung der Kuratel beeindrucken und/oder ausreichend abschrecken lassen.70 Sie vermisst eine weitere bzw. die „eigentliche“ Sanktion, wenn die Kuratel nicht zu den erwünschten Änderungen führe; es fehle – wie bei der Strafaussetzung zur Bewährung – die Verhängung einer an sich bereits verwirkten Strafe, deren Vollstreckung zurückgestellt wurde.71

Im Rahmen der Diskussion um ein Unternehmensstrafrecht und mögliche Alternativen wird zudem auch von Autoren wie Scholz72, Bottke73, Beukelmann74 oder Trüg75 als mögliche Rechtsfolge einer Unternehmensstrafe die Anordnung von Aufsicht durch einen Treuhänder oder ein Gremium angeführt.

Speziell mit US Compliance Monitorships haben sich in jüngerer Vergangenheit unter anderem Reyhn76, Schwarz77, Waltenberg78 und Willms79 auseinandergesetzt. Allerdings erreichen die zuvor genannten Beiträge allesamt keine ausreichende analytische Tiefe, weshalb die hiesige Untersuchung zwingend erforderlich ist, um einen neuen Erkenntnisgewinn zu generieren.

d)Zusammenfassende Würdigung

Sofern US Compliance Monitorships aktuell auf deutsche Unternehmen treffen, besteht ein rechtliches Vakuum. Als Orientierungshilfe fehlen richtungsweisende Rechtsprechung, behördliche Entscheidungspraxis und der Erfahrungsaustausch zwischen den betroffenen Unternehmen.80

Aufgrund dieser Ausgangslage ergibt sich die Notwendigkeit, zu untersuchen, ob analogiefähige Institute im deutschen Recht bereits vorhanden sind und als Grundlage für den Einsatz eines Monitors in Frage kommen. Im Zusammenhang damit stellt sich die Frage, ob ein Monitorship de lege ferenda als Gesetzgebungsvorschlag und/oder als Compliance-Produkt erstrebenswert wäre. Durch die Untersuchung sollen Unklarheiten in der Handhabung von Compliance Monitorships soweit wie möglich überwunden werden und eine gewisse Rechtssicherheit im Umgang mit dem Monitor-Institut erreicht werden. Zudem ist Intention der Abhandlung, Faktoren für den Erfolg des Monitor-Einsatzes herauszuarbeiten.

Darüber hinaus wird im Laufe der Untersuchung eine Vielzahl von Folgefragen geklärt. Beispielsweise welche Auswirkungen die Aufdeckung neuer strafrechtlich relevanter Sachverhalte durch den Monitor haben kann, welchen Grenzen der Monitor im Rahmen seines Mandats unterliegt oder wie der Monitor gegebenenfalls selbst nach Zertifizierung des Compliance-Management-Systems (CMS) haftet, wenn nach Beendigung des Monitorships erneut Verstöße auftreten.

Insgesamt soll die Untersuchung nicht auf dem Level einer deskriptiven Beschreibung bleiben, sondern mögliche Erklärungen für Beobachtungen liefern und eine Verallgemeinerung erreichen.

Hingegen soll die Untersuchung nicht die Grundsatzfrage klären, ob die Strafverfolgung von Unternehmen vonnöten oder sinnvoll ist oder ob einzelne Gesetzesentwürfe zum Unternehmensstrafrecht überzeugend und schlüssig begründet werden. Ebenso ist nicht Untersuchungsziel, die sich im Kontext des § 13 Abs. 2 VerSanG-E stellenden Fragen abschließend zu erörtern.

1

Baumgartner/Strieder/Willms, Compliance Praxis 2019, 40 (Heft 4).

2

Manager-Magazin vom 11.01.2017, abrufbar unter http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/compliance-monitor-fuer-vw-so-lief-es-bei-daimler-siemens-bilfinger-a-1129561.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

3

Willms, CCZ 2020, 57; Ott/Lüneborg, NZG 2019, 1361 (1362f.); Freeh/Hernandez, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler (Hrsg.), Corporate Compliance, § 47, Rn. 1ff.

4

Exemplarisch kann bereits ein Verstoß gegen den FCPA durch ein Unternehmen genügen, das an der US-amerikanischen Börse gelistet ist, vgl. Rübenstahl/Boerger, NZWiSt 2013, 367; Taschke/Schoop, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance, 5. Teil § 34 Kap. B, Rn. 97.

5

Froesch/Englmann, „Der lange Arm des US-Antikorruptionsrechts“, abrufbar unter https://www.compliance-manager.net/fachartikel/der-lange-arm-des-us-antikorruptionsrechts-910472863 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); Baumgartner/Strieder/Willms, Compliance Praxis 2019, 40 (Heft 4).

6

Warin/Diamant/Root, University of Pennsylvania Journal of Business Law 2011, 321 (328); Godoy, Monitorships in DOJ Deals Reached New Height, Study Finds, abrufbar unter https://www.law360.com/articles/938038/monitorships-in-DoJ-deals-reached-new-height-study-finds (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

7

Goldin/Stein, The Guide to Monitorships – First Edition, The Foreign Corrupt Practices Act, 23. April 2019, abrufbar unter https://globalinvestigationsreview.com/benchmarking/the-guideto-monitorships-first-edition/1190479/the-foreign-corrupt-practices-act (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

8

Karami, NZWiSt 2019, 383 (387); Goldin/Stein, The Guide to Monitorships – First Edition, The Foreign Corrupt Practices Act, 23. April 2019, abrufbar unter https://globalinvestigationsreview.com/benchmarking/the-guide-to-monitorships-first-edition/1190479/the-foreign-corrupt-practices-act (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

9

Siemens AG, Siemens AG erzielt Einigung mit Behörden in Deutschland und den USA vom 15.12.2008, abrufbar unter https://www.boersen-zeitung.de/index.php?li=39&l=0&isin=DE0007236101&adhocid=215418 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); United States v. Siemens Aktiengesellschaft, Case No. 08-367 (D.D.C. Filed Dec. 15, 2008); SEC v. Siemens Aktiengesellschaft, Case No. 1:08-cv-02167 (D.D.C. Filed Dec. 15, 2008).

10

Handelsblatt.com vom 15.12.2008, abrufbar unter https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/schmiergeldskandal-siemens-zahlt-800-millionen-dollar/3073342.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

11

Siemens Plea Agreement, abrufbar unter https://www.justice.gov/sites/default/files/criminalfraud/legacy/2013/05/02/12-15-08siemensakt-plea.pdf (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

12

Siemens AG, Dr. Theo Waigel zum Compliance-Monitor ernannt vom 15.12.2008, abrufbar unter https://www.pressebox.de/inaktiv/siemens-ag-4/Dr-Theo-Waigel-zum-Compliance-Monitorernannt/boxid/226075 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

13

Daimler Deferred Prosecution Agreement, abrufbar unter https://www.justice.gov/sites/default/files/criminal-fraud/legacy/2011/02/16/03-24-10daimlerag-agree.pdf (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); Pressemitteilung vom 01.04.2010, abrufbar unter https://www.justice.gov/opa/pr/daimler-ag-and-three-subsidiaries-resolve-foreign-corrupt-practices-act-investigation-and (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

14

Handelsblatt.com vom 06.04.2010, abrufbar unter https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/louis-freeh-lewinsky-aufklaerer-soll-daimler-weisswaschen/3405502.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); Manager-Magazin vom 11.01.2017, abrufbar unter http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/compliance-monitor-fuer-vw-so-lief-es-bei-daimlersiemens-bilfinger-a-1129561.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

15

Handelsblatt.com vom 12.01.2017, abrufbar unter https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/daimler-und-das-fbi-die-aufpasser-im-vorstandsbuero/19247006.html?ticket=ST-3354919-P2TSf0BzKyqbYtSaoo9a-ap2 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); JUVE-Nachrichten vom 19.1.2019, abrufbar unter https://www.juve.de/nachrichten/namenundnachrichten/2019/11/recht-und-compliance-wieder-getrennt-bilfinger-besetzt-spitzenposten-neu (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

16

Pressemitteilung des DOJ vom 11.12.2013, abrufbar unter https://www.justice.gov/opa/pr/german-engineering-firm-bilfinger-resolves-foreign-corrupt-practices-act-charges-and-agrees (zuletzt abgerufen 30.08.2020).

17

JUVE-Nachrichten vom 10.12.2018, abrufbar unter https://www.juve.de/nachrichten/namenundnachrichten/2018/12/compliance-aufsicht-monitorship-bei-bilfinger-beendet (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

18

Volkswagen AG Plea Agreement, abrufbar unter https://www.justice.gov/usao-edmi/page/file/930026/download (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

19

Third Partial Consent Decree vom 11.1.2017, abrufbar unter https://www.justice.gov/opa/pressrelease/file/924426/download (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

20

Handelsblatt.com vom 21.10.2019, abrufbar unter https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/dieselskandal-us-kontrolleur-bei-volkswagen-bleibt-drei-monate-laenger/25128004.html?ticket=ST-48716039-R62dTVgM1Ovt3UbShd4f-ap1 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

21

Volkswagen AG Nachrichten vom 06.07.2020, abrufbar unter https://www.volkswagenag.com/de/news/2020/07/Volkswagen_completes_final_audit.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

22

IAV GmbH Plea Agreement, abrufbar unter https://www.justice.gov/opa/press-release/file/1120891/download (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA Non Prosecution Agreement, abrufbar unter https://www.justice.gov/opa/press-release/file/1148951/download (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

23

Vgl. zum Monitoring im US-Finanzsektor Ensign/Colchester, Meet the Private Watchdogs Who Police Financial Institutions; Prosecuters rely on small cadre of outside monitors; friction at Western Union, The Wall Street Journal vom 31.08.2015, abrufbar unter www.wsj.com/articles/meet-the-private-watchdogs-who-police-financial-institutions-1440983917 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

24

Wirtschaftswoche.de vom 03.05.2017, abrufbar unter https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/unbeliebte-us-aufpasser-es-wird-gemacht-was-der-monitor-sagt/19724272-2.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

25

Manager-Magazin.de vom 11.01.2017, abrufbar unter http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/compliance-monitor-fuer-vw-so-lief-es-bei-daimler-siemens-bilfinger-a-1129561-5.html (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

26

Zeit.de vom 31.05.2017, abrufbar unter https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-05/deutsche-bankgeldwaesche-vorwurft-us-notenbank-strafe (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

27

Wastl/Litzka/Pusch, NStZ 2009, 68.

28

Handelsblatt.com vom 12.02.2019, abrufbar https://www.handelsblatt.com/politik/international/iran-und-russland-geschaefte-deutsche-firmen-leiden-unter-us-sanktionen-amerikanische-konkurrenten-werden-geschont-/23976748.html?ticket=ST-1286880-ZOY9YShxK1eVBaj2ggSbap4 (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

29

Siehe hierzu näher unter B.I.1 „Methodische Vorüberlegungen“.

30

Schünemann, Plädoyer zur Einführung einer Unternehmenskuratel, in: Deutsche Wiedervereinigung – Die Rechtseinheit – Arbeitskreis Strafrecht, S. 129 (146f.).

31

Kölner Entwurf eines Verbandssanktionsgesetzes aus 2017, abrufbar unter http://www.jpstrafrecht.jura.uni-koeln.de/sites/iss_juniorprof/Projekte/Koelner_Entwurf_eines_Verbandssanktionengesetzes__2017.pdf (zuletzt abgerufen am 30.08.2020); Beisheim/Jung, CCZ 2018, 63 (66); Henssler/Hoven/Kubiciel/Weigend, NZWiSt 2018, 1ff.

32

Münchener Entwurf eines Verbandssanktionsgesetzes vom 05.09.2019, abrufbar unter https://www.familienunternehmer.eu/fileadmin/familienunternehmer/positionen/unternehmernahe_politik/dateien/familienunternehmer_muenchner_entwurf_eines_verbandssanktionengesetzes.pdf (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

33

Willms, CCZ 2020, 57 (58); Rübenstahl, ZWH 2019, 233 (242).

34

Jenne/Martens, CCZ 2017, 285.

35

BGH v. 09.05.2017, NJW 2017, 3798.

36

BGH v. 09.05.2017, BeckRS 2011, 114578 Rn. 4.

37

Baums/von Buttlar, ZHR 2020, 259 (286).

38

Jenne/Martens, CCZ 2017, 285 (286).

39

Jenne/Martens, CCZ 2017, 285 (288).

40

Hartwig, in: Moosmayer/Hartwig (Hrsg.), Interne Untersuchungen, Kap. O, Rn. 22.

41

Waigel, Stärkt Compliance die deutschen Unternehmen?, abrufbar unter http://www.wbu-bayern.de/mitglieder-info/Kompass-12-12.pdf (zuletzt abgerufen am 30.08.2020).

42

Roxin/Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 8 Rn. 61ff.

43

Jahn, in: Jahn/Schmitt-Leonardy/Schoop (Hrsg.), Das Unternehmensstrafrecht und seine Alternativen, S. 54.

44

Jahn/Schmitt-Leonardy/Schoop, wistra 2018, 27; Baur/Holle, ZRP 2019, 186; Beisheim/Jung, CCZ 2018, 63; Dannecker, GA 2001, 101 (103f.).

45

Pieth, KJ 2014, 276 (282).

46

DJT Verhandlungen des vierzigsten Deutschen Juristentages, 65ff., E 1ff.; Hartung, DJT-Referat, E 51.

47

Schünemann, Die Strafbarkeit der juristischen Person aus deutscher und europäischer Sicht, in: Schünemann/Gonzalèz/Suárez (Hrsg.), Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, 263 (290f.); Schünemann, Plädoyer zur Einführung einer Unternehmenskuratel, in: Deutsche Wiedervereinigung – Die Rechtseinheit – Arbeitskreis Strafrecht, S. 129ff.

48

Schünemann, ZIS 2014, 1 (7).

49

Schünemann, ZIS 2014, 1 (7).

50

Schünemann, ZIS 2014, 1 (7).

51

Dannecker, GA 2001, 101 (127).

52

Dannecker, GA 2001, 101 (128).

53

Dannecker, GA 2001, 101 (128).

54

Dannecker, GA 2001, 101 (128).

55

Schwinge, Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen, S. 214.

56

Schwinge, Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen, S. 216.

57

Schwinge, Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen, S. 216f.

58

Schwinge, Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen, S. 213.

59

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 177ff.

60

Vgl. A.I.4.a) „Gesetzesentwürfe“.

61

Schwinge, Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen, S. 216ff.

62

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 180.

63

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 180.

64

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 180.

65

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 181.

66

Heine, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, S. 301ff.

67

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 183.

68

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 183f.

69

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 207f.

70

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 208.

71

Napp, Unternehmensstrafbarkeit und Unternehmenskuratel, S. 209.

72

Scholz, ZRP 2000, 435 (439).

73

Bottke, JuS 2002, 320 (324).

74

Beukelmann, NJW-Spezial 2018, 184.

75

Trüg, in: Jahn/Schmitt-Leonardy/Schoop (Hrsg.), Das Unternehmensstrafrecht und seine Alternativen, S. 319.

76

Reyhn, CCZ 2011, 48ff.

77

Schwarz, CCZ 2011, 59ff.

78

Waltenberg, CCZ 2017, 146ff.

79

Willms, CCZ 2020, 57ff.

80

Willms, CCZ 2020, 57 (58).

II. Methodik und Gang der Untersuchung

Um dem Phänomen Compliance Monitorship nachzugehen, bedarf es verschiedener Ansatzpunkte. Zunächst befasst sich die vorliegende Arbeit jurisdiktionsübergreifend mit den Rechtsgrundlagen für die Einsetzung eines Monitors in Deutschland, den USA und im Vereinigten Königreich. Die weitere Untersuchung nimmt die erforderlichen Qualifikationen, die Auswahl sowie die Aufgaben des Monitors in den Blick. Der anschließende Teil der Arbeit widmet sich den Rechten und Befugnissen des Monitors sowie den praktischen und rechtlichen Grenzen seiner Tätigkeit, die sich besonders auf den Gebieten des Datenschutzrechts, Strafrechts sowie Arbeitsrechts ergeben. Zudem werden Compliance-Maßstäbe dargelegt, anhand derer die Arbeit eines Monitors überprüft werden könnte. Jeweils anhand ausgewählter Monitorships in deutschen Unternehmen sollen die grundlegenden Fragestellungen beleuchtet und untersucht sowie praktische Probleme aufgearbeitet werden.

Im Anschluss wird die Rechtsnatur des Monitors untersucht, indem Institute wie beispielsweise der Bewährungshelfer oder der Wirtschaftsprüfer im Hinblick auf ihre Vergleichbarkeit mit dem Monitor überprüft werden. Daraufhin wird die genaue Ausgestaltung eines Monitorships angesprochen, erneut unter Einbeziehung ausgewählter Monitormandate innerhalb deutscher Unternehmen. Im letzten Teil dieser Arbeit werden Vor- und Nachteile, Bewertungen abgeschlossener Monitorships sowie Kritikpunkte wiedergegeben, bevor die Untersuchung mit einer abschließenden Bewertung endet.

B. Einsetzung eines Compliance-Monitors

Als Ausgangspunkt der Untersuchung sind zunächst rechtsvergleichend die Grundlagen für die Einsetzung eines Compliance-Monitors zu analysieren. In diesem Zusammenhang wird erstmals die Funktionsweise von Compliance Monitorships erläutert sowie geprüft, inwieweit sich dieses Institut normativ verorten lässt. Angesichts verschiedener Regelungen in den einzelnen Jurisdiktionen empfiehlt sich ein punktueller Rechtsvergleich. Im Rahmen dessen liegt ein Schwerpunkt auf der Analyse der Unterschiede in den jeweiligen Systemen und Rechtsordnungen.

I. Rechtsgrundlagen

1.Methodische Vorüberlegungen

Zunächst gilt es, einzelne methodische (Vor-) Überlegungen zum Rechtsvergleich anzustellen. Strafrechtsvergleichung stellt insoweit hohe Ansprüche: Der Vergleich verschiedener Rechtssysteme ist nur möglich, wenn man über Bewertungskriterien für diesen Vergleich verfügt.81 Es verbietet sich eine isolierte Betrachtung, wenn man diese nicht in einen Gesamtzusammenhang einbettet und zudem das gesamte System berücksichtigt. Es bedarf vielmehr eines sogenannten Strukturvergleichs.82 Ausgangspunkt ist stets, ein spezielles Problem („tertium comparationis“) herauszuarbeiten und zu formulieren, bevor man im Anschluss untersucht, wie die – zu vergleichenden – Rechtsordnungen mit dem Problem, Interessen- oder Prinzipienkonflikt umgehen.83 Das Problem kann systematische Zusammenhänge und Strukturen einer ganzen Rechtsordnung umfassen (sogenannte Makrovergleichung) oder nur einzelne Fragen und Interessenkonflikte (sogenannte Mikrovergleichung).84 Erst nach Identifikation der Problemstellung ist es sodann möglich, die einzelnen Systeme zu analysieren und zu vergleichen.85 Die Grundstrukturen des Compliance Monitorings lassen sich in verschiedene Problemlagen zerlegen, wie z.B. Verfahrensbeendigung durch Vergleichsvereinbarungen, Strafbarkeit juristischer Personen, Nutzung von außenstehenden Überwachungsorganen, Prüfung und Bewertung von Compliance-Management-Systemen, Reporting und Zertifizierung.

Als mögliche Fehlerquelle eines Rechtsvergleichs ist Vorsicht geboten, sofern infolge des Vergleichs Erscheinungen eines fremden Rechts zum rechtspolitischen Import vorgeschlagen werden, sogenannte „legal transplants“.86 Hierunter versteht Watson das Wandern einer Rechtsregel oder eines Systems von Rechtssätzen von einem Land zum anderen.87 Das englische Verb „to transplant“ meint umpflanzen, transplantieren bzw. verpflanzen und das Attribut „legal“, dass Formen auf dem Gebiet des Rechts übertragen werden.88 Export- und Importbewegungen von Recht haben insbesondere aufgrund dynamischen Wandels, weltweiter Integration und Vernetzung von Staaten, Gesellschaften, Märkten sowie Institutionen stark zugenommen.89

Rechtsnormrezeptionen aus fremden Rechtskulturen werfen vor allem methodische Fragen auf. Unter anderem Teubner kritisiert bereits die Terminologie „Transplantation“, weil sie auf missverständliche Weise suggeriere, dass das Transplantat, d.h. ein Gesetz oder eine Rechtsnorm, in der neuen Rechtsordnung die gleiche Rolle einnehmen würde wie in der ursprünglichen Rechtsordnung. Mangelhaft an der Metapher sei daher insbesondere die auf Annahme oder Abstoßung begrenzte Sichtweise.90 Nach Deipenbrock ist das Bild einer Transplantation ungeeignet, da in der Rechtswirklichkeit regelmäßig die übernehmende Seite den technischen Rechtsnormtransfer steuere und nicht – wie die Metapher suggeriere – ein weder der gebenden noch der nehmenden Seite eindeutig zuzurechnender Dritter/Experte.91

Neben der begrifflichen Kritik bestehen vertiefte Meinungsverschiedenheiten über die Erfolgsbedingungen und Wirkungsvoraussetzungen von „legal transplants“: Aus welchem Grund werden Rechtstransplantate überhaupt eingeführt? Woher kommen sie? Wer sind die Rezeptionsträger? Unter welchen Umständen ist mit einer komplikationsfreien Aufnahme und wann mit allfälligen Abstoßungserscheinungen zu rechnen?92 Als Beispiel für die Kritik an Rechtstransplantaten können die Schwierigkeiten des Europäischen Kartellrechts mit der aus den USA entlehnten „essential facilities“-Doktrin genannt werden.93

2.Deutschland

Nach einer kompakten Einführung zum deutschen Strafrecht widmet sich dieses Kapitel der Frage, ob aufgrund des Regierungsentwurfs zum Verbandssanktionengesetz oder anhand gegenwärtig geltender Vorschriften die Einsetzung eines Compliance-Monitors möglich ist.

a)Allgemeines

Das aktuelle deutsche Strafrecht basiert auf der Feststellung einer individuellen Schuld94, die speziell einer Person zugerechnet werden muss.95 Nach dem im Grundgesetz verankerten Schuldprinzip kann nur schuldhaft vorwerfbares Verhalten bestraft werden. Eine Tat kann nur einer natürlichen Person vorgeworfen werden, da Unternehmen handlungs-96 sowie deliktsunfähig sind.97

Aus diesem Grund ist im individual-strafrechtlichen Sinn lediglich die Bestrafung von einzelnen Managementmitgliedern, Aufsichtsräten oder Vorständen möglich. Gegen Unternehmen kann gemäß § 30 OWiG eine Unternehmensgeldbuße festgesetzt werden, wenn deren Repräsentanten eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen haben, durch die entweder Pflichten des Verbandes verletzt worden sind oder die zu dessen Bereicherung geführt haben oder führen sollten.98

Der ehemalige Justizminister Nordrhein-Westfalens Thomas Kutschaty fragte in diesem Zusammenhang bereits 2013, wieso Menschen im Gegensatz zu Unternehmen Bewährungsauflagen über sich ergehen lassen müssen.99 Gleichzeitig plädierte er für einen Gesetzesvorschlag, der die Einführung eines Unternehmensstrafrechts enthielt und bis Ende 2014 in den Bundestag eingebracht werden sollte.100 Dies stieß unter anderem beim Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) auf Kritik. Der Verband intendierte vielmehr eine Änderung der §§ 30, 130 OWiG101 und nahm Bezug auf den Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD, die mit Blick auf strafbares Verhalten im Unternehmensbereich das Ordnungswidrigkeitenrecht ausbauen wollten.102 Auch die Bundesrechtsanwaltskammer übte Kritik an der Einführung eines Unternehmensstrafrechts und sprach sich klar gegen die strafrechtliche Sanktion von juristischen Personen aus.103 Die Bundesrechtsanwaltskammer sah für die Einführung des Unternehmensstrafrechts weder ein kriminalpolitisches noch ein rechtliches Bedürfnis, da weder ein signifikanter Anstieg der Unternehmenskriminalität zu verzeichnen sei noch Ungleichbehandlungen von Unternehmen in der Strafverfolgungspraxis ersichtlich seien, die aus dem Fehlen geeigneter Sanktionen resultieren würden.

Speziell die Vielzahl von Korruptionsfällen sowie die Volkswagen-Dieselthematik haben die Diskussion um ein deutsches Unternehmensstrafrecht erneut beflügelt. Die Koalitionspartner haben sich in ihrer Vereinbarung zur 19. Legislaturperiode darauf verständigt, ein neues Sanktionsrecht für Unternehmen einzuführen.104 Im Rahmen dessen besteht ein häufiger Diskussionspunkt darin, wie Unternehmen nach einem strafrechtlichen Verstoß Straffreiheit erlangen können. Eine Option wäre, wie bereits beim Kölner Entwurf105 angedacht, Geldsanktionen gegen Unternehmen zur Bewährung unter gewissen Auflagen zu verhängen und durch einen Monitor überwachen zu lassen.

Seit August 2019 kursierte ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft vom BMJV, der die Bezeichnung Verbandssanktionengesetz (VerSanG) trägt.106 Dieser Referentenentwurf ermöglicht – unabhängig von seiner tatsächlichen Umsetzung – hinsichtlich der Einsetzung einer „sachkundigen Stelle“ eine hilfreiche Einschätzungs- sowie Vergleichsgrundlage. Durch den Entwurf soll die Sanktionierung von Unternehmen aufgrund strafrechtlicher Verstöße ihrer Leitungspersonen und Mitarbeiter erstmalig normativ verortet werden. In der Folge müssten sich Unternehmen bei tatsächlicher Umsetzung des Entwurfs auf eine Vielzahl neuer Rahmenbedingungen einstellen. Im April 2020 hat das BMJV den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft veröffentlicht und den Wirtschaftsverbänden eine Stellungnahmefrist bis zum 12. Juni 2020 eingeräumt. Mitte Juni 2020 hat die Bundesregierung den vorgelegten Entwurf mit wenigen Änderungen beschlossen.107

b)Regierungsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz – Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG)

(1)Hintergrund des Gesetzgebungsvorhabens

Straftaten, die aus Verbänden (juristischen Personen und Personenvereinigungen) heraus begangen werden, können nach geltendem Recht gegenüber dem Verband lediglich mit einer Geldbuße nach dem OWiG geahndet werden (§ 30 OWiG).108

Der Entwurf verfolgt das Ziel, die Sanktionierung von Verbänden, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, auf eine eigenständige gesetzliche Grundlage zu stellen, sie dem Legalitätsprinzip zu unterwerfen und durch ein verbessertes Instrumentarium eine angemessene Ahndung von Verbandstaten zu ermöglichen. Zugleich soll er Compliance-Maßnahmen fördern und Anreize dafür bieten, dass Unternehmen mit internen Untersuchungen dazu beitragen, Straftaten aufzuklären.109

Die Neuregelung soll sicherstellen, dass Wirtschaftskriminalität wirksam bekämpft wird und die von Fehlverhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern profitierenden Unternehmen wirksam zur Verantwortung gezogen werden. Sie soll das Vertrauen in die Integrität der Wirtschaft stärken und der ganz großen Mehrheit der Unternehmen in Deutschland zugutekommen, die sich rechtstreu und lauter verhält.110

(2)Monitoring nach dem VerSanG-E

Der Entwurf sieht eine Weisungsmöglichkeit in einem gerichtlichen Strafurteil vor (§§ 10, 11, 13 VerSanG-E): Nach § 10 Abs. 4 VerSanG-E kann das Gericht – ähnlich einer Bewährungszeit – eine Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt mit Auflagen nach § 12 VerSanG-E und Weisungen nach § 13 VerSanG-E verbinden. Das Gericht bestimmt nach § 10 Abs. 2 VerSanG-E den Zeitraum, in dem die Verhängung der Verbandsgeldsanktion vorbehalten bleibt, wobei die Vorbehaltszeit fünf Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten darf.111 Gemäß § 13 Abs. 2 VerSanG-E kann das Gericht den Verband namentlich anweisen, bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandsstraftaten zu treffen und diese Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle nachzuweisen.112 Die Auswahl der sachkundigen Stelle, die der Verband getroffen hat, bedarf der Zustimmung durch das Gericht. Allerdings dürfen nach § 13 Abs. 3 VerSanG-E die Weisungen nicht unzumutbar in den Betrieb oder das Unternehmen des Verbandes eingreifen.113

Zur Begründung von § 13 VerSanG-E führt der Regierungsentwurf aus, dass die Vorgänge und Organisationen in den Verbänden sehr unterschiedlich und komplex sein können, sodass das Gericht bestimmen kann, dass der Verband die getroffenen Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle gegenüber dem Gericht nachweist.114 Weiter kann das Gericht bestimmen, wie häufig und gegebenenfalls in welchen Abständen solche Bescheinigungen vorzulegen sind.115 Bei umfangreichen Maßnahmen können mehrere Berichte sinnvoll sein, während bei einfachen Maßnahmen ein Bericht ausreicht.116 Als sachkundige Stelle werden je nach Art der angeordneten Maßnahmen und Natur des Verbandes z.B. Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte sowie Unternehmensberatungen gelten.117 Der betroffene Verband wählt die sachkundige Stelle aus und beauftragt sie mit der Erstellung der Bescheinigung, die in der Regel ein Kurzgutachten118 enthalten soll.119 Das Gericht hat der Auswahl der sachkundigen Stelle zuzustimmen, um deren fachliche Eignung zu gewährleisten. Die Kosten der Bescheinigungen trägt der Verband als Auftraggeber.120

Der Regierungsentwurf sieht überdies folgende Weisungsmöglichkeit für die Staatsanwaltschaft vor: Gemäß § 36 Abs. 1 VerSanG-E findet § 153a der Strafprozessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass die Verfolgungsbehörde mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Verbandes vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und dem Verband zugleich Auflagen nach § 12 Abs. 2 VerSanG-E und Weisungen nach § 13 Abs. 2 und 3 VerSanG- E erteilen kann, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Verfolgung zu beseitigen und die Bedeutung der Verbandsstraftat nicht entgegensteht. Zur Erfüllung der Weisung setzt die Verfolgungsbehörde gemäß § 36 Abs. 2 VerSanG-E dem Verband eine Frist, die bei Weisungen höchstens zwei Jahre beträgt und einmal für die Dauer von sechs Monaten verlängert werden kann. Die Einstellung des Verfahrens ist somit von der unternehmensseitigen Befolgung der Weisung abhängig. Bei Nichtbefolgung der Weisung kann das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft wiederaufgenommen werden.

c)Rechtslage de lege lata

Dem deutschen Recht ist de lege lata die Figur des Compliance-Monitors fremd.121 Daher ist fraglich, ob auch unabhängig von einer tatsächlichen Realisierung des Entwurfs zum Verbandssanktionengesetz bereits bestehende gesetzliche Normierungen den Einsatz eines Compliance-Monitors ermöglichen könnten.

(1)Ordnungswidrigkeitenrecht, §§ 30, 130 OWiG

Fraglich ist, ob de lege lata anhand des OWiG die Bestellung eines Monitors in Betracht kommt.

(a)Allgemeines zum Ordnungswidrigkeitenverfahren

Nach § 30 Abs. 1 OWiG (Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen) wird eine Verbandsgeldbuße wegen des Normbruchs verhängt, der unmittelbar von den Repräsentationsorganen der juristischen Person begangen worden ist. Auf den Normbruch wird also durch eine Geldbuße reagiert.122 Neben den handelnden natürlichen Personen kann der Verband selbst als juristische Person oder Personengesellschaft mit einer Geldbuße belegt werden, wenn eine der Leitungspersonen eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, die in einem Zurechnungszusammenhang zum Unternehmen steht, weil durch sie Pflichten der juristischen Person oder Personenvereinigung verletzt worden sind.123

Ausweislich der Gesetzesbegründung bedient § 30 OWiG den kriminalpolitischen Zweck, eine Besserstellung von juristischen Personen gegenüber natürlichen Personen zu vermeiden.124 Durch die 8. GWB-Novelle vom 26.06.2013 hat der Gesetzgeber das Höchstmaß der Geldbuße im Fall einer vorsätzlichen Straftat von einer auf 10 Millionen Euro angehoben. Im Fall einer fahrlässigen Straftat erhöhte sich das Höchstmaß von 500.000 Euro auf 5 Millionen Euro.125 Zusätzlich gibt es neben dem Ahndungsanteil einen Abschöpfungsanteil, der gemäß § 17 Abs. 4, § 30 Abs. 3 OWiG den aus der Anknüpfungstat erwachsenen wirtschaftlichen Vorteil erfasst. Hierzu können dann auch die in § 30 Abs. 2 OWiG genannten Höchstbeträge überschritten werden.126

Nach § 130 Abs. 1 S. 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer als Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber als solchen treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.127

Wie bereits oben unter A.I.2 „Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen“ angesprochen, hat die Staatsanwaltschaft München I am 15.12.2008 gegen die Siemens AG einen Bußgeldbescheid in Höhe von 395 Millionen Euro erlassen. Dieser Bußgeldbescheid knüpfte an eine dem Unternehmen zurechenbare Verletzung der Aufsichtspflicht an, die gemäß §§ 30, 130 OWiG als Ordnungswidrigkeit geahndet worden ist.128

(b)Bedeutung von Compliance-Maßnahmen

Aus Unternehmenssicht ist stets von großer Bedeutung, ob durch entsprechende Compliance-Maßnahmen Geldbußen und/oder die Abschöpfung eines unrechtmäßigen Gewinns gänzlich verhindert oder zumindest minimiert werden könnten. Mangels Existenz einer solchen Regelung haben unter anderem der Bundesverband der Unternehmensjuristen129 und das Deutsche Institut für Compliance (DICO)130 eine Gesetzesänderung der §§ 30, 130 OWiG dahingehend vorgeschlagen, dass die Festsetzung einer Geldbuße unterbleibt, wenn sich das Unternehmen ernsthaft und nachhaltig um ausreichende Compliance-Maßnahmen bemüht. Hierdurch würden für Unternehmen Anreize geschaffen, in Zusammenarbeit mit den Behörden und durch die Einsetzung unabhängiger Dritter (etwa eines Monitors) Verstöße aufzuklären, zu veröffentlichen und künftig zu verhindern.

Bei der Strafzumessung findet gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 StGB das Verhalten des Täters nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, Berücksichtigung.131 Die Zumessungsgesichtspunkte des § 46 Abs. 2 StGB können indes auch bei der Bußgeldbemessung nach § 17 Abs. 3 OWiG herangezogen werden.132

In die gleiche Richtung geht auch die bereits oben erörterte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2017 – 1 StR 265/16133, wonach für die Bemessung der Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG entscheidend ist, inwieweit das Unternehmen seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus seiner Sphäre zu unterbinden, nachkommt und ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss.

(c)Bestellung eines Monitors im Ordnungswidrigkeitenverfahren

Fraglich ist, ob im Kontext der Vorschriften des OWiG die Bestellung eines Monitors für das betroffene Unternehmen in Betracht kommt.

(aa)Beauftragung eines Sachverständigen

Die Verwaltungsbehörde kann zur Aufklärung des Sachverhalts Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer in Anspruch nehmen.134 Als Sachverständiger (§§ 72, 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) ist jede Person geeignet, die über einen Verfahrensgegenstand mehr Kenntnisse hat als im jeweiligen Verfahrensabschnitt die Verwaltungsbehörde, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.135 Der Sachverständige wird von der Verwaltungsbehörde aufgrund besonderer Sachkunde auf einem bestimmten Fachgebiet zur Feststellung einschlägiger Tatsachen bestellt. Seine Aufgabe besteht darin, die Verwaltungsbehörde durch die Erstattung eines Gutachtens bei der Aufklärung des Sachverhalts zu unterstützen.136

Der Monitor ist allerdings kein „Investigator“, da der Schwerpunkt seines Handelns nicht die Aufklärung bisherigen Fehlverhaltens ist, sondern die Prüfung und Bewertung der unternehmensinternen Compliance sowie Berichterstattung infolge der Straftat oder Ordnungswidrigkeit.137 Ferner wird der Monitor nicht gerichtlich bestellt, sondern aufgrund des Monitorship Agreements mit dem Unternehmen tätig. Anders als beim Sachverständigen muss es sich beim Monitor auch nicht um eine natürliche Person handeln.138

Somit unterfällt der Monitor nicht dem Sachverständigenbegriff im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes und kann daher nicht gemäß §§ 72, 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG bestellt werden.139

(bb)Freiwillige Bestellung eines Monitors

Fraglich ist, wie sich die freiwillige Bestellung eines Monitors im Hinblick auf die Sanktionierung nach dem OWiG auswirkt.

§ 47 OWiG enthält den im Hinblick auf die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten140 geltenden Opportunitätsgrundsatz: Danach ist die Verfolgungsbehörde nicht verpflichtet, ein Bußgeldverfahren einzuleiten und durchzuführen. Vielmehr entscheidet sie nach pflichtgemäßem Ermessen.141 Das Opportunitätsprinzip gilt für sämtliche Verfahrensstadien und -formen, für die Durchführung des Ahndungsverfahrens gegen juristische Personen und Personenverbände (§ 30 OWiG), für die Frage der Verfolgungsaufnahme, den Umfang der Verfolgungsmaßnahmen und die Durchführung des Verfahrens bis zur Endentscheidung einschließlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens.142

Gemäß dem Opportunitätsprinzip aus § 47 Abs. 1 OWiG können Strafverfolger Compliance-Maßnahmen des Unternehmens bei der Ausübung ihres Ermessens miteinbeziehen, das Verfahren einstellen und völlig auf eine Sanktionierung verzichten.143 Denn im Ordnungswidrigkeitenrecht wird neben generalpräventiven Elementen auch das zukünftige Verhalten des Täters (Spezialprävention) berücksichtigt.144 Insoweit dürfte die Strafverfolgungsbehörde im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens die freiwillige Einsetzung eines Monitors berücksichtigen und sich für die Einstellung des Verfahrens entscheiden.

Sollte sich die Verfolgungsbehörde nicht für eine Verfahrenseinstellung, sondern für eine Ahndung der Ordnungswidrigkeit entscheiden, könnte die freiwillige Bestellung eines Monitors Einfluss auf die Höhe der Geldbuße haben. Bei der Bußgeldbemessung sind die zumessungsrelevanten Gesichtspunkte nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 OWiG unter Berücksichtigung der im Gesetz zum Ausdruck gebrachten Bedeutung und ihrer Ausgestaltung im konkreten Fall gegeneinander abzuwägen.145 Der Geldbuße kommt eine präventive Funktion zu.146 Diese lässt sich unterteilen in folgende zwei Elemente: zum einen die Spezialprävention bezogen auf den Täter, dem eine Pflichtenmahnung erteilt werden soll, und zum anderen die Generalprävention.147

Für die Bemessung des Bußgeldes spielt eine entscheidende Rolle, wie sich das Nachtatverhalten des Unternehmens darstellt.148 Im Rahmen eines positiven Nachtatverhaltens kann das Unternehmen entsprechende personelle und organisatorische Maßnahmen wie die Installation eines Monitors treffen und damit den Prozess der Selbstreinigung vorantreiben. Dies entspricht indes obiger Rechtsprechung des BGH, wonach für die Bemessung der Geldbuße eine Rolle spielen kann, ob das beteiligte Unternehmen in der Folge des Verfahrens entsprechende Regelungen optimiert und seine betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig jedenfalls deutlich erschwert werden.149 Damit vergleichbar erwähnen auch die Leitlinien der BaFin zur Festsetzung von Geldbußen im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) als mildernde Anpassungskriterien glaubhafte Besserungsversprechen sowie ausführlich und substantiiert darzustellende Besserungsmaßnahmen.150

Somit ist festzuhalten, dass die freiwillige Bestellung eines Monitors im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens und andernfalls im Rahmen der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden kann. Allerdings ist diese Möglichkeit bisher im OWiG normativ nicht explizit verortet.

(cc)Monitorbestellung im Rahmen einer Verständigung

Fraglich ist, ob die Monitorbestellung Teil einer Verständigung („Settlement“) zwischen Unternehmen und Behörde sein könnte.

In Ordnungswidrigkeitenverfahren ist die Verständigung mangels Vorliegens „geeigneter Fälle“ im Sinne des § 257c Abs. 1 StPO von geringerer Bedeutung als im Strafverfahren, da nur selten besonders schwierige und langwierige Beweiserhebungen erforderlich sind und überdies das Opportunitätsprinzip einen hinreichenden Spielraum bietet.151 Allerdings ist in Ausnahmefällen schwerwiegender Ordnungswidrigkeiten, speziell auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts, etwa bei Kartellordnungswidrigkeitenverfahren oder bei der Verletzung von § 130 OWiG eine Verständigung möglich und durchaus praxisrelevant.152 Beispielsweise kann ein Bußgeldverfahren der BaFin wegen Verstößen gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften einvernehmlich durch eine Verständigung der Verfahrensbeteiligten beendet werden.153 So wurden ca. drei Viertel der im ersten Halbjahr 2019 abgeschlossenen 49 Bußgeldverfahren einvernehmlich durch eine Verständigung beendet.154 Im August 2019 veröffentlichte die BaFin überdies ein Informationsblatt zum Settlement-Verfahren der Wertpapieraufsicht der BaFin in Bußgeldsachen, das die wesentlichen Voraussetzungen einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung erklärt.155 Demnach sind Gegenstand eines Settlements vor allem die Rechtsfolgen der Tat, insbesondere die Höhe der festzusetzenden Geldbuße, und das Prozessverhalten des Betroffenen bzw. der Nebenbeteiligten.156

Das Recht, sich über die Höhe der Geldbuße zu verständigen, folgt insoweit erneut aus § 17 OWiG, da wie oben unter B.I.2.c)(1)(c)(bb) „Freiwillige Bestellung eines Monitors“ gesehen, auch ohne eine Verständigung positives Nachtatverhalten bußgeldmindernd berücksichtigt werden kann.157 Voraussetzung einer Verständigung ist stets eine geständige Einlassung: Das Unternehmen muss die Tatbegehung zumindest einräumen und die Festsetzung der beabsichtigten Geldbuße akzeptieren.158 Am Ende des Verständigungsprozesses folgt der Erlass eines verkürzten Bußgeldbescheides, der die Angaben nach § 66 Abs. 2 OWiG enthält und bei einem Einspruch des Betroffenen gemäß § 69 Abs. 2 OWiG zurückgenommen und durch einen zweiten Bescheid ohne Abschlag ersetzt wird.159 Eine Verständigung im angloamerikanischen Sinne ist allerdings nicht möglich, da nach den Anforderungen des Ordnungswidrigkeitenrechts nicht auf den der Verhängung einer Geldbuße zugrunde liegenden Schuldvorwurf verzichtet werden kann.160

Nach Klärung der Zulässigkeit einer Verständigung im Ordnungswidrigkeitenverfahren ist noch von Interesse, ob die Behörde im Kontext eines Settlements die Aussetzung des Verfahrens in Aussicht stellen könnte, wenn das Unternehmen als Gegenleistung anbietet, einen Monitor zu installieren.

Im Ordnungswidrigkeitenrecht mangelt es an einer ausdrücklichen Regelung der Vorfragen- und Aussetzungskompetenz. Allerdings wird eine solche Möglichkeit – in entsprechender Anwendung des § 262 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG – befürwortet sowie praktiziert.161 Wenngleich im Fall der Bestellung eines Monitors keine zivil- oder verwaltungsrechtliche Vorfrage in Rede steht, muss dennoch eine Aussetzung zur Bestellung eines Monitors möglich sein. Während der vorläufigen Aussetzung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens könnte ein Monitor die Compliance-Strukturen des Unternehmens prüfen und seine Ergebnisse in Form von Berichten an die Behörde weiterleiten. Sollte die Behörde im Rahmen der Monitorbestellung mit den Bemühungen des Unternehmens zufrieden sein, stünde es ihr frei, das Verfahren nach dem Opportunitätsprinzip gemäß § 47 OWiG einzustellen oder zumindest die Bußgeldhöhe gemäß § 17 Abs. 3 OWiG zu reduzieren.

Sofern das Unternehmen nach Installation des Monitors mit dessen Vorgehen nicht mehr einverstanden ist, bestünde die Möglichkeit, die Kooperation fortan zu verweigern mit dem Ergebnis, dass das Ordnungswidrigkeitenverfahren fortgeführt wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behörde im Rahmen einer Verständigung mit dem Unternehmen die Aussetzung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens in Aussicht stellen kann, sofern das Unternehmen einen Monitor installiert, der dem Unternehmen bei der Verbesserung der Compliance-Strukturen hilft und hierüber der Behörde berichtet. Sofern das Unternehmen sein Compliance-System durch die Tätigkeit des Monitors wirksam und angemessen verbessert, kann die Behörde im Hinblick hierauf entweder gemäß § 17 Abs. 3 OWiG das Bußgeld verringern oder das Verfahren gemäß § 47 OWiG einstellen.

(2)Monitor-Einsetzung als Auflage der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO

Fraglich ist, ob eine Monitor-Einsetzung als Auflage der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO denkbar ist.

Durch die Durchführung von Compliance-Maßnahmen können Unternehmen leichter Einstellungen erreichen.162 Hinsichtlich der Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO wäre grundsätzlich denkbar, dass die Compliance-Maßnahme der Einsetzung eines Monitors als Auflage erteilt wird.163 Nach der Vorschrift des § 153a Abs. 1 StPO kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht.

Die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO ist 1974 eingeführt worden.164 Durch die Vorschrift, die auf eine Verständigung abzielt, setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass konsensuale Verfahrensweisen dem Strafprozessrecht nicht fremd sind, was sich auch an der – als verfassungsmäßig beurteilten165 – Verständigungsnorm des § 257c StPO zeigt.166 Nach der Gesetzesbegründung des § 153a StPO ist sowohl ein Beschleunigungs- als auch ein Vereinfachungseffekt das erklärte Ziel der Vorschrift.167 Durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11. Januar 1993168 hat sich der Anwendungsbereich der Vorschrift auf Wirtschafts- und Steuerstrafsachen erweitert.169

Der Katalog der Auflagen (Nr. 1–3 und Nr. 5) und Weisungen (Nr. 4 und Nr. 6) in § 153a Abs. 1 S. 2 StPO ist nicht abschließend („insbesondere“).170 Vielmehr können die genanntenAuflagen undWeisungen miteinander kombiniert und mit anderen nicht genannten Auflagen und Weisungen verbunden werden.171Auflagen und Weisungen sind nach § 153a Abs. 1 S. 3 StPO zu befristen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist einzuhalten.172 Sie müssen derart klar bestimmt sein, dass keine Zweifel entstehen, ob sie innerhalb der gesetzlichen Frist erfüllt wurden.173

Insofern könnte dem Unternehmen unter Zustimmung von Gericht und Unternehmen die Auflage erteilt werden, einen Monitor für einen festgelegten Zeitraum einzusetzen.

Problematisch ist jedoch, dass die Vorschrift des § 153a StPO ausweislich seines Wortlauts nur auf Vergehen im Sinne des § 12 Abs. 2 StGB, d.h. nur auf Straftaten174, Anwendung findet.175 Im Ordnungswidrigkeitenverfahren hingegen ist § 153a StPO unanwendbar und die Auferlegung von Auflagen und Weisungen nicht möglich.176 Dies folgt zum einen daraus, dass das Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß § 47 Abs. 1 OWiG dem Opportunitätsprinzip unterliegt und die strafprozessuale Einstellung mit Auflagen nach § 153a StPO Sanktionscharakter besitzt.177 Zum anderen resultiert die Unanwendbarkeit des § 153a StPO aus der Vorschrift des § 47 OWiG, dessen Absatz 3 die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrages ausschließt.

Als Folge einer Aufsichtspflichtverletzung (§ 130 OWiG) wird regelmäßig die Verbandsgeldbuße (§ 30 OWiG) als Form der Unternehmenssanktionierung gewählt.178 Da die Aufsichtspflichtverletzung nicht in Form der Einstellung durch Auflagen oder Weisungen geahndet wird, ist auch der Einsatz eines Monitors als Auflage nicht möglich.

Nur im Falle des Zusammentreffens von Vergehen und Ordnungswidrigkeit kann das gesamte Verfahren nach § 153a StPO eingestellt179 und dem Unternehmen der Einsatz eines Monitors auferlegt werden. Das Vorliegen eines Vergehens, also einer Straftat, setzt jedoch wieder die Feststellung individueller Schuld voraus, solange das Unternehmensstrafrecht nicht normativ umgesetzt ist.180