Corona und Arbeit - Albert Nienhaus - E-Book

Corona und Arbeit E-Book

Albert Nienhaus

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Beschreibung

Die Corona-Pandemie aus arbeitsmedizinischer Sicht Die Corona-Pandemie hat auch in der Arbeitswelt tiefe Spuren hinterlassen. Das E-Book bietet einen Überblick über die vielfältigen Erfahrungen aus arbeitsmedizinischer Perspektive: - Verlauf der Pandemie – Epidemiologie und Statistik - Folgen der Pandemie - Virologische Grundlagen und Virusnachweis - Krankheitsbild und Verlauf von COVID-19 - Sozialrecht und COVID-19 - Prävention von Infektionen mit SARS-CoV-2 und Rehabilitation nach COVID-19 - Indirekte Folgen der Coronapandemie Alle Kapitel mit Literaturhinweisen und prägnanten Zusammenfassungen.

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Seitenzahl: 649

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Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort der Herausgeber
2 Geleitworte
2.1 Geleitwort der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin
2.2 Geleitwort des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte
2.3 Geleitwort der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (ÖGAM)
2.4 Geleitwort der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (SGARM)
2.5 Geleitwort der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
3 Epidemiologie und Statistik
3.1 COVID-19 – nationaler und internationaler Verlauf der Pandemie
3.2 Epidemiologie von beruflich bedingtem COVID-19 – eine Zusammenstellung der Literatur
3.3 Reinfektionen und Durchbruchsinfektionen nach COVID-19-Impfung bei Beschäftigten im Gesundheitswesen – eine Literaturübersicht
4 Folgen der Pandemie
4.1 Psychische Belastung und die gesundheitlichen Auswirkungen während der COVID-19-Pandemie auf die Beschäftigten im Gesundheitswesen
4.2 Prävalenz von Hautirritationen im Zusammenhang mit dem Tragen von PSA bei Pflegekräften während der COVID-19-Pandemie
4.3 Die Pandemie in den Medien
5 Virologische Grundlagen und Virusnachweis
5.1 Virologische Grundlagen und Varianten-Surveillance durch Genomsequenzierung
5.2 Stellenwert von Testsystemen zur SARS-CoV-2-Diagnostik
6 Krankheitsbild und Verlauf von COVID-19
6.1 Krankheitsbild von akutem COVID-19 und Post-COVID
6.2 Längsschnittuntersuchung zu Langzeitfolgen von COVID-19 bei Versicherten der BGW
6.3 Typische Krankheitsverläufe bei COVID-19 mit dem Schwerpunkt Atemwege und Lunge
6.4 Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems nach COVID-19
6.5 Fatigue, Corona und Psyche
6.6 Hautveränderungen im Zusammenhang mit COVID-19
6.7 Geruchs- und Geschmacksstörungen bei COVID-19
7 Sozialrecht und COVID-19
7.1 COVID-19 als Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung
7.2 Erwerbsminderung nach COVID-19 als Versicherungsfall der gesetzlichen Rentenversicherung
8 Prävention von Infektionen mit SARS-CoV-2 und Rehabilitation nach COVID-19
8.1 Masken zum Schutz vor SARS-CoV-2: Bewertung von Wirksamkeit und gesundheitlichen Beeinträchtigungen
8.2 Corona-Pandemie: Was haben wir zum Schulraumklima und zur Raumlufthygiene gelernt?
8.3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie
8.4 Betriebsärztliche Erfahrungen außerhalb des Gesundheitswesens am Beispiel eines Großunternehmens der chemischen Industrie
8.5 SARS-CoV-2 und Mutterschutz
8.6 Angebote zur Bewältigung der Herausforderungen der COVID-19-Pandemie für Unternehmen und Versicherte der BGW
8.7 Wirksamkeit rehabilitativer Maßnahmen bei berufsbedingter SARS-CoV-2-Infektion – Erfahrungen aus einer BG-Klinik
8.8 Rehabilitation bei Long-/Post-COVID-19 aus Sicht der Rentenversicherung
8.9 Erwerbsfähigkeit von Teilnehmern und Teilnehmerinnen an einer pneumologischen Rehabilitation nach COVID-19
9 Indirekte Folgen der Coronapandemie
9.1 Arbeitsmedizin digital in Zeiten der Coronaviruspandemie
9.2 Entwicklung des mobilen Arbeitens während der Pandemie – Risiken und Chancen einer beschleunigten Entwicklung
9.3 E-Learning in der medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung: Was lernen wir aus der Coronapandemie?
10 Verzeichnisse
10.1 Verzeichnis der Herausgeber und Autoren
10.2 Abkürzungsverzeichnis

Nienhaus • Letzel • Nowak (Hrsg.)

Corona und Arbeit

Arbeits- und sozialmedizinische Aspekte zu ­COVID-19 und Post-­COVID

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://www.dnb.de> abrufbar.

Bei der Herstellung des Werkes haben wir uns zukunftsbewusst für umweltverträgliche und wiederverwertbare Materialien entschieden.

Hinweis: Bezeichnungen mit Bezug auf männliche bzw. weibliche Personen beziehen jeweils das andere Geschlecht ein bzw. sind geschlechtsunabhängig zu sehen.

ISBN Print 978-3-609-10543-7ISBN E-Book 978-3-609-10544-4

E-Mail: [email protected]

Telefon: 089/2183-7922

Telefax: 089/2183-7620

Titelbild: https://stock.adobe.com/de/

Nienhaus • Letzel • Nowak (Hrsg.)

Corona und Arbeit

© 2024 ecomed MEDIZIN, ecomed-Storck GmbH, Landsberg am Lech

Dieses Buch entstand in enger Zusammenarbeit mit der BGW.

www.ecomed-storck.de

www.ecomed-medizin.de

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Projektmanagement: Kerstin Weigel

Satz: WMTP Wendt-Media Text-Processing GmbH, Birkenau

Druck: Druck: CPI books GmbH, Leck

1Vorwort der Herausgeber

Drei Jahre, 13 Wochen und vier Tage, so lange dauerte nach der offiziellen Einschätzung die ­COVID-19-Pandemie. Am 5.5.2023 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Gefahrenlage wegen ­COVID-19 heruntergestuft und damit die Pandemie offiziell für beendet erklärt. Nach Schätzungen der WHO sind 20 Millionen Menschen weltweit an ­COVID-19 gestorben. Gleichzeitig mit der Herabstufung der Gefahrenlage warnte die WHO, dass das Coronavirus weiterhin zirkuliere und es jederzeit zum Auftreten einer neuen, aggressiven Variante kommen könne. Bis Juni 2023 wurden in Deutschland 38,4 Millionen Infektionen mit SARS-CoV-2 registriert und rund 174.300 Menschen starben im Zusammenhang mit ­COVID-19. Allein bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtpflege (BGW) wurden bis Ende Mai 2023 über 400.000 Verdachtsanzeigen wegen einer Berufskrankheit durch ­COVID-19 gemeldet und rund 261.000 Fälle als Berufskrankheit anerkannt. Von den angezeigten Fällen starben 174 Versicherte im Zusammenhang mit ­COVID-19.

Allein diese Zahlen belegen die Dramatik der Pandemie und erklären die ebenso drastischen Maßnahmen der Politik und Gesellschaft zu deren Eindämmung. Die Reaktionen darauf in den sozialen Medien – Stammtisch war ja nicht mehr möglich – werden lange in Erinnerung bleiben. Die Warnung der WHO vor einer neuen Variante von SARS-CoV-2 lässt uns nachdenklich werden. Die vergangene Pandemie verpflichtet uns, das Geschehene zu überdenken, zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Dazu will dieses Buch einen Beitrag leisten.

Schon früh haben Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner darauf hingewiesen, dass am Beginn einer Pandemie Beschäftigte im Gesundheitswesen besonders gefährdet seien. Das hat sich auch diesmal bestätigt. Aber auch andere Beschäftige, bei denen sich insbesondere schwere Arbeit unter klimatisch ungünstigen Bedingungen mit sozialer Deprivation assoziierte, waren gefährdet.

Das erste Jahr der Pandemie stand unter der Maßgabe der Eindämmung, um das Gesundheitssystem, insbesondere die Intensivmedizin, nicht zu überfordern. Diesem Ziel wurde einiges geopfert, Familienfeiern durften nur noch im kleinsten Kreis stattfinden, der Besuch beim Friseur wie auch Restaurant- und Theaterbesuche waren vorübergehend nicht möglich. Am 22.12.2020 begann dann eine beispielslose Impfkampagne, in der zuerst priorisierte Gruppen wie ältere Mitmenschen sowie Beschäftigte in Krankenhäusern und in Pflegeheimen geimpft wurden. In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 entspannte sich die Situation auf den Intensivstationen, obwohl mit der Delta-Variante ein neuer, aggressiverer SARS-CoV-2-Typus auftrat. Im dritten Jahr der Pandemie hat sich das Krankheitsbild von ­COVID-19 gewandelt. Die Infektion trat vorwiegend als Impfdurchbruch oder als Reinfektion auf. Das Krankheitsbild dieser neuen Infektionen war weniger ausgeprägt. Die Letalität und die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Post-­COVID-19-Syndroms waren deutlich geringer. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie konnten daher langsam zurückgenommen werden. Das Auftreten der Omikron-Variante hat im Jahr 2022 noch einmal zu einem steilen Anstieg der Anzahl der Infektionen geführt. Einige Betriebe mussten wegen Krankheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihre Aktivität reduzieren oder gar schließen. Die Intensivstationen füllten sich aber nicht mehr.

Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) im Jahr 2021, die virtuell stattfand, war ­COVID-19 und Arbeit entsprechend der damaligen Situation ein Schwerpunkt. Das hier vorliegende Buch greift die Tradition auf, ein Schwerpunktthema der jeweiligen Jahrestagung in Form eines Herausgeberbuchs genauer auszuleuchten. Ausgehend von der Darstellung der Epidemiologie von ­COVID-19 im internationalen und nationalen Kontext, den beruflichen Infektionsrisiken und den Impfdurchbrüchen werden im vierten Kapitel des Buchs die Folgen der Pandemie thematisiert. Vermehrte psychische Arbeitsbelastung und Hautirritationen durch das Tragen von Masken haben unmittelbaren Bezug zur Arbeitsmedizin. Der Beitrag zu den Auswirkungen auf die Medien führt den Leser in ein interessantes Themenfeld, das uns alle betrifft, wie die hitzigen Diskussionen im Laufe der Pandemie belegen.

Die virologischen Grundlagen und die geeigneten Teststrategien werden im fünften Kapitel erläutert. Der Leser und die Leserin erfahren einiges über die mikrobiologischen Fortschritte in der Virologie. Eine spannende Frage ist dabei, welche Rolle die Genomsequenzierung bei der Nachverfolgung von Infektionspfaden in Zukunft spielen wird. Eine andere Frage, die sich stellt, ist, wie viele PCR-Teste wir benötigen und wie wir die Point-of-Care (PoC) oder auch Schnelltests sinnvoll einsetzen.

­COVID-19 ist eine Multiorganerkrankung, die in sehr vielen verschiedenen Formen auftreten kann. Im Vordergrund stehen Pneumonie, Thrombosen und neuro-psychiatrische Krankheitsbilder. Langzeitfolgen von ­COVID-19 können sich aus den Organschäden während der akuten Krankheitsphase ergeben oder auch ohne erkennbaren Organschaden auftreten. Wenn drei Monate nach der Infektion weiterhin ­COVID-19-bezogene Symptome bestehen, sprechen wir von einem Post-­COVID-Syndrom. Dieses Syndrom ist medizinisch noch nicht vollständig erforscht. Wichtige Symptome können Fatigue, Dyspnoe und Konzentrationsprobleme sein. Möglich sind aber auch vielfältige weitere Symptome. Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit den verschiedenen medizinischen Aspekten von ­­COVID-19. Dabei kommen auch die Betroffenen selbst zu Wort. Das Krankheitsbild von ­COVID-19 ist so komplex und entwickelt sich so schnell weiter, dass wir versucht haben, einen Überblick zu geben, aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können. Besonders hilfreich für die Darstellung waren die verschiedenen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlich-Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF), bei deren Autorinnen und Autoren wir uns ausdrücklich bedanken möchten.

Das siebte Kapitel beschäftigt sich mit den sozialrechtlichen Aspekten von ­COVID-19. Im Mittelpunkt steht hier die Beschreibung der rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von ­COVID-19 als Berufskrankheit und Arbeitsunfall aus der Perspektive der Gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend des Sozialgesetzbuches (SGB) VII. Ferner werden die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe und bei Erwerbsminderung aufgrund von ­COVID-19 aus der Perspektive der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend der SGB VI und IX erläutert.

Themen der Prävention von Infektionen mit SARS-CoV-2 und der Rehabilitation nach ­­COVID-19 werden im achten Kapitel erörtert. Das Tragen von Masken schützt vor Übertragungen, kann aber auch zu einer zusätzlichen Belastung bei der Arbeit führen. Diese Auswirkungen bewegen sich aber wohl eher im Bereich der Belästigung als im Bereich der Gefährdung. Maßnahmen zum Gegensteuern werden vorgeschlagen. Das Raumklima und die Luftqualität spielen eine wichtige Rolle beim Infektionsschutz. Das sind Themen, die auch außerhalb einer Pandemie bedeutsam sind und die durch die Pandemie hoffentlich wieder die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Ähnliches gilt für den Mutterschutz. Die Pandemie hat auch hier die Bedeutung des Infektionsschutzes auch außerhalb von Bereichen, die über die Biostoffverordnung abgedeckt werden, deutlich gemacht.

Die gesundheitlichen Folgen von ­COVID-19 erfordern eine interdisziplinäre Rehabilitation, die die verschiedenen Symptome und Einschränkungen der Betroffenen berücksichtigt. Erste Evaluationen dieser Rehabilitationen zeigen, dass Erfolge möglich sind, dass Besserung sich aber oft nur langsam einstellt und eine Nachsorge notwendig ist, damit die Rehabilitation nachhaltig ist. Unsere Autoren berichten über Erfahrungen der stationären Rehabilitation aus der Sicht einer Einrichtung der Deutschen Gesetzlichen Rentenversicherung und einer Einrichtung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Obwohl beide Einrichtungen in Bad Reichenhall angesiedelt sind, haben sich die beiden Autorengruppen nicht abgesprochen. Umso erfreulicher ist es, dass sie zu ähnlichen Ergebnissen bei der Evaluation der stationären Rehabilitation kommen. Abgerundet wird dieses Kapitel durch eine Analyse der Wiedereingliederung nach der Rehabilitation.

Die Pandemie hat zur Beschleunigung von Entwicklungen geführt, die auch nach der Pandemie nachhaltig sind. Im neunten Kapitel berichten unsere Autoren und unsere Autorin über die digitalen Angebote in der Arbeitsmedizin und über Risiken und Chancen des mobilen Arbeitens und der Heimarbeit sowie digitale Formate bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Als Herausgeber hatten wir uns noch einiges mehr vorgenommen, konnten aber nicht alles verwirklichen, was uns sinnvoll erschien. Sicher haben wir auch Aspekte übersehen, die berücksichtigt werden sollten. Dennoch sind wir mit dem Erreichten sehr zufrieden. Wir sind sicher, für den geneigten Leser und die geneigte Leserin interessante Aspekte von ­COVID-19 und Arbeit aufbereitet zu haben. Ohne die vielen ehrenamtlich tätigen Autorinnen und Autoren wäre das nicht möglich gewesen. Deshalb möchten wir uns bei diesen und den Autorenteams sehr herzlich für ihr Engagement bedanken.

Ein solches Buchprojekt ist ohne Unterstützung nicht möglich. Für das Lektorat und die Formatierung bedanken wir uns bei Angelika Buchholz, Frankfurt, Claudia Wohlert sowie Elisabeth Muth, CVcare am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), und Julia Uzoeshi, BGW, Hamburg. Seitens des ECOMED-Verlags hat uns Kerstin Weigel motiviert und unterstützt. Auch dafür sagen wir Danke. Ohne finanzielle Unterstützung ist solch ein Buchprojekt ebenfalls nicht zu realisieren. Für die garantierte Abnahme von Büchern und die finanzielle Absicherung der Unterstützung durch das CVcare am UKE bedanken wir uns bei der Selbstverwaltung und der Hauptgeschäftsführung der BGW.

Hamburg, Mainz und München im Herbst 2023Prof. Dr. Albert Nienhaus

Prof. Dr. Stephan Letzel

Prof. Dr. Dennis Nowak

2Geleitworte

2.1Geleitwort der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin

Liebe Leserinnen und Leser,

nach weitgehend überstandener Corona-Pandemie freue ich mich, dass es mit diesem Buch gelungen ist, den derzeitigen Wissensstand zum Thema „Corona und Arbeit“ zusammenfassend und in vorzüglicher Qualität darzustellen.

Dieses Buch ist ein wichtiger Beitrag, um das Bewusstsein für die Risiken von Corona-Infektionen am Arbeitsplatz zu schärfen und gleichzeitig Grundkenntnisse zur Statistik und Epidemiologie, zur Prävention, Diagnostik, betroffene Organsysteme und auch rehabilitative Ansätze zu präsentieren. Darüber hinaus wird auch die sozialrechtliche Einordnung von Infektionen am Arbeitsplatz dargestellt.

Das Buch bietet nicht nur fundierte Informationen, sondern auch praktische Tipps und Handlungsempfehlungen für alle Akteure im Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

Ich wünsche den Leserinnen und Lesern eine inspirierende Lektüre und hoffe, dass dieses Buch wertvolle Erkenntnisse liefert.

Im Herbst 2023 Prof. Dr. med. Thomas Kraus

Präsident der Deutschen Gesellschaft

für Arbeits- und Umweltmedizin (DGAUM)

2.2Geleitwort des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte

Die Coronapandemie hat weitreichende Folgen für unsere Gesellschaft gehabt. Sie hat die Arbeitssituation vieler Menschen deutlich verändert, sie war sowohl Bremse für soziale Kontakte als auch Katalysator für technologische Entwicklungen.

Sie hat aber auch gezeigt, welch große Bedeutung der Infektionsschutz in den Betrieben hat und dies gilt nicht nur im Gesundheitswesen, sondern für das gesamte Arbeitsleben. Durch die groß angelegten Impfaktionen, an denen fast 7.000 Betriebsärztinnen und Betriebsärzte teilgenommen haben, wurde die Durchimpfung in den Betrieben wesentlich beschleunigt. Dies hat auch dazu beigetragen, dass die Wahrnehmung von Betriebsärzten und Betriebsärztinnen in der Öffentlichkeit deutlich verbessert werden konnte.

Jetzt gilt es, den Infektionsschutz als integralen Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung in den Betrieben zu etablieren. Die betriebsärztliche Versorgung in der Coronapandemie hat die Bedeutung einer flächendeckenden qualifizierten Versorgung aufgezeigt.

Eine weitere wichtige Entwicklung ist die zunehmende Tendenz zum Homeoffice.

Positiv ist zu vermerken, dass die technische Infrastruktur dem Ansturm standgehalten hat. Es stellen sich aber neue Fragen zur Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice, zu ergonomischen Maßnahmen und zur Bereitstellung der Arbeitsmittel.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Wohnverhältnisse für viele Menschen das Homeoffice eine starke Belastung darstellt. Es muss noch erforscht werden, welche Folgen solche Veränderungen für den sozialen, psychischen und ökonomischen Bereich haben.

Im November 2020 hatte der VDBW seine Mitglieder gefragt, wie gut sie persönlich bisher durch die Coronapandemie gekommen seien. Über 50 % der Teilnehmer dieser Umfrage gaben an, gut oder sehr gut durch die Pandemie gekommen zu sein. Es wurde aber auch deutlich, dass die Kommunikation vonseiten offizieller Stellen erheblich verbesserungsbedürftig ist. Der Beratungsbedarf in den Betrieben stieg enorm. Zu Beginn fehlten Schutzausrüstungen und es gab eine ungefilterte Informationsflut. Dies unterstreicht deutlich, wie wichtig eine gute Kommunikation in krisenhaften Situationen ist.

Langfristig wird es darum gehen, den Infektionsschutz in den Betrieben sicherzustellen und gleichzeitig die Folgen der Veränderungen der Arbeit wissenschaftlich zu begleiten und konkrete Verbesserungsmaßnahmen abzuleiten.

Im Herbst 2023Dr. med. Wolfgang Panther

Präsident des Verbandes

Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW)

2.3Geleitwort der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (ÖGAM)

Im Winter 2020 wurde Realität, wovor Virologen seit Jahrzehnten gewarnt hatten. Ein neues Coronavirus verbreitete sich über den ganzen Erdball und die Pandemie hielt die Gesellschaften weltweit fest im Griff. Um den Kollaps der Gesundheitssysteme zu verhindern, sahen sich viele Regierungen gezwungen, massive Einschränkungen des beruflichen, sozialen und privaten Lebens zu verordnen.

Die Arbeitsmedizin als präventiv orientierte medizinische Disziplin war gefordert, Infektionsketten in den Betrieben rasch zu unterbinden bzw. diese gar nicht erst entstehen zu lassen.

Unternehmen, die Pandemie-/Epidemiepläne bereits in der Schublade hatten, konnten zumindest in der ersten Pandemiewelle auf organisatorische Regeln zurückgreifen. Ich möchte an dieser Stelle aber behaupten, dass dies nicht für den Großteil der Unternehmen zutraf.

Nach einer kurzen Schockstarre im März 2020, als die österreichische Bundesregierung den ersten Lockdown ausrief, waren Arbeitsmediziner meist die ersten Kontaktpersonen in den Betrieben, deren Fachwissen dazu beitrug, Regeln und Abläufe festzulegen und zu organisieren, um einen halbwegs vernünftigen Arbeitsverlauf mit dem Ziel „Infektionsprävention trotz Arbeit“ zu gewährleisten. Angesichts der notwendigen Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung konnten zahlreiche Wirtschaftsbereiche nicht einfach stillgelegt werden.

Wie in fast allen Staaten explodierte auch in Österreich die Zahl der Berufskrankheitsmeldungen durch Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Erreger. Damit war ein enormer Arbeitsaufwand für die Einrichtungen der österreichischen Unfallversicherungsträger verbunden. Üblicherweise wurden in den vergangenen Jahrzehnten ca. 1000 bis 1200 Berufskrankheiten pro Jahr in Österreich anerkannt. Im Jahr 2021 waren es 6770 und im Jahr 2022 stieg die Zahl auf 8529.

Neben den Aufgaben der Infektionsprophylaxe testeten österreichische Arbeitsmediziner große Kollektive. Den diversen Testsystemen wurde in Österreich ein besonders hoher Stellenwert in der Pandemiebewältigung zugewiesen.

Die Arbeitsmediziner haben sich aber insbesondere in der Organisation und Durchführung von Impfungen gegen den Erreger der Pandemie engagiert. Von den rund 20,5 Millionen Impfstoffdosen, die in Österreich insgesamt verabreicht wurden, wurden rund 10 % durch Arbeitsmediziner verabreicht.

Nachdem die WHO die Pandemie für beendet erklärt hat, kann die substanzielle Aufarbeitung dieser Zeit erfolgen. Ich bin dankbar, dass sich die Professoren Nienhaus, Letzel und Nowak dieser Aufgabe zugewendet haben. Ich freue mich auf dieses Buch und wünsche uns Anregungen zur Verbesserung der Prävention im Falle neuer Epidemien bzw. Pandemien.

Im Herbst 2023 Dr. Karl Hochgatterer, M.Sc.

Arbeitsmedizinisches Zentrum Perg GmbH

Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin

2.4Geleitwort der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (SGARM)

Corona hat die Arbeitswelt in der Schweiz und auf der ganzen Welt verändert. Einerseits durch die Pandemie selbst, in der die Einschränkung von direkten Kontakten die Digitalisierung und das ortsunabhängige Arbeiten stark gefördert hat. Andererseits hat eine Infektion mit dem Coronavirus für Erwerbstätige kurz- und langfristige Folgen, die sich teilweise erst jetzt bemerkbar machen.

2.4.1Pandemie in der Schweiz

Am 25. Februar 2020 wurde in der Schweiz erstmals eine Person positiv auf den Erreger SARS-CoV-2 getestet (Schneuwly 2020). Das Tessin war die erste stark betroffene Region – aufgrund von seiner Nähe zu Italien – und rief im März 2020 den Notstand aus. Dies führte zur Schließung von kulturellen Angeboten, Sekundärschulen und Sportveranstaltungen. Kurz danach folgte der nationale Lockdown. Die Bundespräsidentin Simonetta Somma­ruga richtete ernste Worte an die Nation: Es müsse nun „ein Ruck durch unser Land gehen“, verkündete sie in allen vier Landessprachen. Infolgedessen wurden alle Geschäfte, Märkte, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeiteinrichtungen geschlossen. Lebensmittelgeschäfte und Gesundheitseinrichtungen hingegen durften geöffnet bleiben, was eine Diskussion – wie in den umliegenden Ländern auch – über „essenzielle Berufe“ auslöste. Betriebe und ihre Erwerbstätigen waren ebenfalls von diesen Maßnahmen betroffen; der öffentliche Verkehr wurde eingeschränkt und die Bevölkerung aufgefordert, zu Hause zu bleiben. In dieser Zeit war in der Arbeitsmedizin vor allem Unsicherheit im Umgang mit diesem neuen Virus zu spüren, aber auch Kompetenz beim Schutz vor Erregern am Arbeitsplatz. Auch wenn es zu Beginn noch viele offene Fragen zur Übertragung von ­COVID-19 gab, haben Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner schnell reagiert und Maßnahmen für die Gesundheit von Mitarbeitenden mitentwickelt, um diese bestmöglich am Arbeitsplatz zu schützen.

Aufgrund der Zunahme von Infizierten wurden die Spitäler stark gefordert und stießen mit den personellen Ressourcen an ihre Grenzen. Daher beschloss der Bundesrat, für gewisse Bereiche die Bestimmungen zu Arbeits- und Ruhezeiten so lange aufzuheben, wie es die Situation verlangte. Die Regierung empfahl der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung weiterhin, von zu Hause aus zu arbeiten. Wenn die auszuführenden Aufgaben nicht im Home­office durchgeführt werden konnten, sollten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sicherstellen, dass die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) hinsichtlich der Hygienemaßnahmen und der sozialen Distanzierung eingehalten werden. Somit war der Schutz am Arbeitsplatz auch die Aufgabe des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin und somit indirekt auch die der Arbeitsmedizin, die die Betriebe bei der Umsetzung der obligatorischen Schutzmaßnahmen unterstützte. Aufgrund der erheblichen Unsicherheit über die Art der Verbreitung des Virus sowie aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Schutzausrüstung und Diagnostik gab es zu Beginn der Pandemie viele Herausforderungen.

Ab Juni 2020 wurden die vielen Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung schrittweise wieder gelockert und ein Monitoring eingeführt (Schneuwly 2020, Moser et al. 2020). Die Lockerungen wurden von Schutzkonzepten begleitet und alle mussten über ein Schutzkonzept verfügen, das auf den Vorgaben des BAG, des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) oder einem branchenspezifischen Konzept basierte. Für diese Schutzkonzepte wurde auch die Expertise der Arbeitsmedizin benötigt. Die enge Zusammenarbeit unter den Fachdisziplinen hat zu der Etablierung neuer Schutzstrukturen am Arbeitsplatz beigetragen.

Die zweite Welle der Coronapandemie begann im Oktober 2020. Aufgrund des starken Anstiegs der Infektionen ab Anfang Oktober wurden im Oktober 2020 erneut die Maßnahmen verschärft. Die Maskenpflicht wurde auf Aufenthalte in Bahnhöfen, Flughäfen, an Bus- und Straßenbahnhaltestellen und in öffentlichen Innenräumen ausgedehnt. Zudem rief man die Bevölkerung dazu auf, private Veranstaltungen zu vermeiden. Falls dennoch Veranstaltungen stattfanden, durfte bei mehr als 15 Anwesenden nur im Sitzen konsumiert werden – eine Regel, die auch für Restaurants galt – und beim Verlassen des Sitzplatzes musste eine Maske getragen werden. Zusätzlich wurde die Gesetzesgrundlage um einen Abschnitt zum Homeoffice erweitert. Die arbeitsmedizinische Begleitung von Erwerbstätigen in dieser Zeit wurde erneut schwieriger und verstärkt digitalisiert.

Im Januar 2021 wurden die ersten Impfungen für besonders gefährdete oder systemrelevante Personen verabreicht. Die meisten impfwilligen Personen wurden im Frühjahr 2021 erstmalig geimpft. Diese Impfungen wurden durch die Kantone organisiert. Rund 70 % der Bevölkerung wurden erreicht. Die Arbeitsmedizin hat im Rahmen ihrer Expertise auch Fragen zu Impfungen am Arbeitsplatz beantwortet und die Impfung im Sinne des Gesundheitsschutzes gutgeheißen.

Wegen der Sorge vor einem schnellen Wiederanstieg der Fallzahlen durch zwei neue Virusvarianten wurde im Januar 2021 die Schließung von Restaurants, Kultureinrichtungen, Sportanlagen und Freizeiteinrichtungen weitergeführt. Darüber hinaus wurde im Januar 2022 erneut eine Homeofficepflicht, soweit dies möglich und verhältnismäßig war, eine Schließung von Geschäften für bestimmte Waren sowie die Einschränkung privater Veranstaltungen und Ansammlungen von Menschen eingeführt. Bis zum April wurden die Maßnahmen kontinuierlich reduziert und letztendlich aufgehoben, auch die Isolationspflicht für infizierte Personen sowie die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen. Insgesamt war die Umsetzung der Schutzmaßnahmen im Vergleich zu Deutschland oder Österreich für die Bevölkerung aber etwas weniger streng und etwas kürzer.

Die Arbeitsmedizin hat ihre Rolle im Gesundheitsschutz während der ­COVID-19-Pandemie in der Schweiz unter Beweis stellen können.

2.4.2Das „neue“ Arbeiten und dessen Folgen

Die abrupte Umstellung vom Arbeiten am Computer und in Büros auf Homeoffice aufgrund der Coronapandemie hat in kurzer Zeit zu bedeutenden Veränderungen im Arbeitsleben vieler Menschen geführt. Rund 40 % aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen konnten in der ersten Welle von zu Hause aus arbeiten, rund 30 % in der zweiten Welle. Die rasche Umstellung war eine Herausforderung für viele Unternehmen sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, eröffnete jedoch auch neue Möglichkeiten in Bezug auf Flexibilität am Arbeitsplatz – mit deren Vor- und Nachteilen. Eine nachträgliche repräsentative Untersuchung von rund 1.300 Personen durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Jahr 2022 zeigte, dass eine Rückkehr zum „courant normal“ nicht einfach möglich war (Leclerc et al. 2022). Etwa die Hälfte (51,6 %) der Befragten war der Meinung, dass digitale Geräte die Arbeitsgeschwindigkeit oder das Arbeitstempo erhöhten und ein Drittel (29 %) gab an, dass ihre Arbeitslast sich erhöht habe. Gesundheitliche Probleme traten in den letzten zwölf Monaten auch häufiger auf: 52 % berichteten über mehr Stress, 51 % über mehr allgemeine Erschöpfung und 47 % über mehr Kopfschmerzen. Gerade im Home­office sind die Belastung und der Gesundheitsschutz schwieriger abzuschätzen, da auch eine Mehrbelastung durch Zeitkonflikte zwischen persönlichen und beruflichen Verpflichtungen entsteht.

Mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer (71,2 %) gaben die Räume des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin als ihren Hauptarbeitsplatz an. Erfreulicherweise wurde die Arbeitsumgebung zu Hause bei den meisten (79 %) als besser oder gleich beurteilt. Das weist darauf hin, dass klassische ergonomische Probleme zu Hause ähnlich häufig auftreten wie in modernen Büros. Interessanterweise hat die Pandemie auch ermöglicht, mehr über psychische Probleme am Arbeitsplatz zu sprechen. Mehr als ein Drittel der Befragten (41 %) stimmte „voll und ganz“ oder stimmte zu, dass die ­COVID-19-Pandemie es leichter gemacht habe, über Stress und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu sprechen.

Die Auswirkungen der modernen Arbeitsbedingungen sind noch nicht vollständig erklärbar und die Aufgabe der Arbeitsmedizin ist es weiterhin, die Gesundheit der Arbeitnehmenden in der Schweiz sicherzustellen.

2.4.3Long-­COVID und Arbeit

Covid-19 und die Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit sind in der Schweiz nur wenig untersucht worden. Die Symptome Erschöpfung, Kurzatmigkeit, kognitive Beeinträch­tigungen und andere können die Erwerbstätigkeit aber einschränken. Rund 4.300 Personen haben um Unterstützung bei der Invalidenversicherung wegen der Folgen einer ­COVID-19-Erkrankung nachgefragt (Bundesamt für Sozialversicherungen 2023). Betroffene haben sich gut organisiert und es wurde ein Forschungsnetzwerk (Altea) gebildet, das auch durch das BAG und die SGARM unterstützt wird (Verein Altea 2023).

2.4.4Schlusswort

Die Rolle der Arbeitsmedizin zum Schutz der Gesundheit ist mit der Pandemie komplexer geworden, aber hat auch offenbart, wie wichtig dieses Fachwissen sowie der nationale und internationale Austausch zwischen Fachpersonen ist.

Die SGARM wünscht eine gute Lektüre des Buchs und grüßt alle herzlich aus der Schweiz.

Im Herbst 2023Dr. med. Samuel Iff

Dr. med. Klaus Stadtmüller

Vorstandsmitglied und Präsident der

Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (SGARM)

2.4.5Literatur

Bundesamt für Sozialversicherungen (2023). Langzeitfolgen von ­COVID-19: Monitoring der Invalidenversicherung (IV). https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/iv/grundlagen-gesetze/monitoring-langzeitfolgen.html (Stand 06/2023)

Moser A, Carlander M, Wieser S, Hämmig O, Puhan MA, Höglinger M (2020). The ­COVID-19 Social Monitor longitudinal online panel: Real-time monitoring of social and public health conse­quences of the ­COVID-19 emergency in Switzerland. PLoS One 15: e0242129

Leclerc C, De Keulenaer F, Belli S (2022). OSH Pulse – Occupational safety and health in post-pandemic workplaces – Flash Eurobarometer – Report. European Agency for Safety and Health at Work (EU-OSHA) (Hrsg), Bilbao, S. 51

Schneuwly J (2020). Verlauf und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Année Polit Suisse. https://anneepolitique.swiss/prozesse/61142-verlauf-und-bekampfung-der-covid-19-pandemie (Stand 06/23)

Verein Altea. Altea Long Covid Network. Long ­COVID: Altea hilft und informiert. https://altea-network.com (Stand 06/23)

2.5Geleitwort der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)

Der gesetzlichen Unfallversicherung kam und kommt in der ­COVID-19-Pandemie eine wichtige Funktion zu. Von Beginn der Pandemie an engagieren wir uns mit allen geeig­neten Mitteln dafür, dass die bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) versicherten Unternehmen und die dort tätigen Menschen die Herausforderungen der ­COVID-19-Pandemie bewältigen können. Bei der BGW gingen im Vergleich der Unfallversicherungsträger untereinander mit Abstand die meisten ­COVID-19-Verdachtsmeldungen ein. So erfassten alle gesetzlichen Unfallversicherungsträger im Jahr 2022 insgesamt rund 300.000 Meldungen, von denen mehr als 75 Prozent auf die BGW entfielen. Beschäftigte in Gesundheitsberufen, in der Pflege und in der Kinderbetreuung – also ein großer Teil der BGW-Versicherten – haben ein deutlich größeres Risiko, sich bei der Arbeit zu infizieren, als Beschäftigte in anderen Branchen.

Zunächst ging es vor allem darum, Infektionen zu verhindern. Das haben wir getan: mit fortlaufenden Informationen und Hilfestellungen für die betrieblichen Präventionskonzepte, mit Beratung und mit der Überwachung des Arbeitsschutzes in unseren Mitgliedsunternehmen. Für die Beantwortung der zahlreichen Fragen von Versicherten und betrieblichen Arbeitsschutzakteuren haben wir schnell eine Telefonhotline eingerichtet. Mit einer bereichsübergreifenden Taskforce wurden Krisenangebote sowie regelmäßig neue branchenspezifische Arbeitsschutzstandards erstellt und an die versicherten Betriebe weitergegeben. Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit waren für uns mit ihrem Fachwissen und Know-how wichtige Unterstützerinnen und Unterstützer.

Im weiteren Verlauf der Pandemie wurde die Rehabilitation von beruflich erkrankten Versicherten immer wichtiger. Das Arbeitsaufkommen für die Beschäftigten in den Bezirksverwaltungen, welche die Berufskrankheitenmeldungen bearbeiten, war und ist nach wie vor extrem hoch: Wurden vor der Pandemie etwa 1.000 Infektionskrankheiten jährlich ge­meldet, so waren es 2022 über 227.000 meldepflichtige Verdachtsanzeigen allein zu berufsbedingten ­COVID-19-Erkrankungen. Knapp zwei Drittel der Meldungen wurden in­zwischen als Berufskrankheit anerkannt. In Hochphasen der Pandemie gingen bis zu 7.000 ­COVID-19-Meldungen pro Woche ein. Dieser Herausforderung begegnet die BGW mit größtem Einsatz auf allen Ebenen – mit zusätzlichem Personal, mit angepasster Prio­risierung und mit optimierten Prozessen. Um den schwer an ­COVID-19 erkrankten Versicherten schnell zu helfen, wurden die eingehenden Meldungen nach einem Ampelsystem bewertet.

Eine besondere Herausforderung ist und bleibt die Unterstützung und Rehabilitation von Versicherten, die unter langfristigen Krankheitsfolgen leiden. Dabei gibt es eine große Bandbreite an Beschwerden und klinischen Symptomen, die unter dem Begriff Long/Post-­COVID zusammengefasst werden. Im Vergleich zu den hohen Gesamtzahlen ist ihr Anteil deutlich geringer und hat sich im Verlauf der Pandemie in Abhängigkeit von den verschiedenen Virusvarianten und der Durchimpfung von Angehörigen der Gesundheitsberufe verändert.

Bisher wurden mehr als 5.200 Versicherte stationär behandelt und mehr als 3.800 wurden oder werden nach einer beruflichen ­COVID-19-Erkrankung durch das Rehamanagement der BGW betreut (Stand 31.05.23). Um von Post-­COVID betroffene Versicherte kümmert sich die BGW intensiv. Denn zunächst ist es Auftrag und Ziel der BGW, diese wieder zurück in den Beruf zu bringen – durch medizinische Rehabilitation und Wiederherstellung der beruflichen Teilhabe unter Ausschöpfung aller gebotenen therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen. Ein wichtiger Schritt hierfür war die Entwicklung des Post-­COVID-Angebots gemeinsam mit den berufsgenossenschaftlichen Kliniken.

Mit Blick auf die Betreuung und Unterstützung von erkrankten Versicherten zeigt sich: Für die BGW ist die ­COVID-19-Pandemie noch nicht vorbei. Für viele schwer Erkrankte müssen jetzt Begutachtungsverfahren zur Prüfung von Rentenansprüchen durchgeführt werden. Eine Schwierigkeit ist dabei, dass die Ursachen des Post-­COVID-Syndroms medizinisch noch nicht eindeutig geklärt sind. Auf Initiative der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wird zurzeit eine Begutachtungsempfehlung für Post-­COVID-Betroffene erstellt, die dringend benötigt wird.

Rückblickend lässt sich positiv hervorheben, dass die gesetzliche Unfallversicherung in der Anfangszeit der ­COVID-19-Pandemie schnell auf diese für uns alle neue Situation reagiert hat. Auch im weiteren Verlauf wurden Lösungen für viele Herausforderungen der Pandemie gefunden, sodass wir in zukünftigen Krisen von diesen Erkenntnissen profitieren können. Die Erfahrungen der Pandemie aufzubereiten und die notwendigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, dazu leistet auch dieses Buch einen wichtigen Beitrag. Daher möchte ich der DGAUM und den Herausgebern für ihre Initiative herzlich danken.

Im Herbst 2023Jörg Schudmann

Hauptgeschäftsführer der Berufsgenossenschaft für

Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)

3Epidemiologie und Statistik

3.1COVID-19 – nationaler und internationaler Verlauf der Pandemie

F. Lang

3.1.1Zusammenfassung

Nach dem Auftreten schwerer, teils tödlich verlaufender Lungenentzündungen in der chinesischen Metropole Wuhan breitete sich das dafür verantwortliche neuartige Corona­virus SARS-CoV-2 weltweit aus. Die gesundheitliche Bedrohung vor allem für besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie haben das private, gesellschaftliche und berufliche Leben innerhalb kürzester Zeit nachhaltig verändert. Die innerhalb eines Jahres nach Entdeckung des neuen Erregers entwickelten Impfstoffe haben viele Todesfälle verhindert und dazu beigetragen, dass ­COVID-19 mittlerweile kontrolliert werden kann. Bis Ende April 2023, als die WHO den durch SARS-CoV-2 verursachten globalen Gesundheitsnotstand für beendet erklärte, waren weltweit insgesamt mehr als 13 Milliarden Impfdosen verabreicht worden. Von den weltweit insgesamt mehr als 765 Millionen bestätigten Fällen von ­COVID-19 verliefen bis zu diesem Zeitpunkt mehr als 6,9 Millionen tödlich.

3.1.2Von der Entdeckung einer neuen Erkrankung der Atemwege in China bis hin zu den ersten Fällen in Deutschland

In Wuhan, einer chinesischen Großstadt mit 11 Millionen Einwohnern, wurden am 29. Dezember in den örtlichen Krankenhäusern die ersten durch einen unbekannten Erreger ­verursachten Lungenentzündungen im Rahmen eines Überwachungsmechanismus für „Lungenentzündungen unbekannter Ursache“ registriert, der nach dem Ausbruch des schweren akuten Atemwegsyndroms (Severe Acute Respiratory Syndrome – SARS) im Jahr 2003 eingeführt worden war (Li et al. 2020). Im Januar 2020 wurde das Virus als drittes Coronavirus identifiziert, bei dem eine Übertragung vom Tier auf den Menschen beobachtet wurde. Es erhielt die Bezeichnung „SARS-CoV-2“ (Gorbalenya et al. 2020). Die WHO hat der durch SARS-CoV-2 verursachten Erkrankung am 11.2. den Namen „coronavirus disease (­COVID-19)“ gegeben (World Health Organization 2020b). Die ersten Fälle in Europa wurden am 17. Januar 2020 in Frankreich gemeldet, einige Tage später auch in Russland, Deutschland, Finnland, Italien und Schweden. Bis Ende Februar wurden 47 Fälle bestätigt, darunter ein Todesfall (Spiteri et al. 2020). Nachdem sich die Zahl der weltweit registrierten Fälle innerhalb von zwei Wochen verdreizehntfacht hatte, erklärte die WHO den ­COVID-19-Ausbruch am 11. März zur Pandemie. Zu diesem Zeitpunkt waren weltweit bereits 118.000 Fälle und 4.291 Todesfälle in insgesamt 114 Ländern gemeldet worden (World Health Organization 2020a). Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte vom 4.3.2020 bis zum 24.4.2023 zunächst täglich, später wöchentlich Berichte zur ­COVID-19-Situation in Deutschland. Der Datenstand der ersten Ausgabe lag bei 262 bestätigten Fälle aus 84 Kreisen in 15 Bundesländern, von denen 42 % auf eine Karnevalsveranstaltung zurückzuführen waren. In der Folgezeit traten vermehrt Fälle bei Reiserückkehrern, insbesondere aus Südtirol, auf (Robert Koch-Institut 2020b).

3.1.3Epidemiologischer Verlauf und demografische Verteilung

Im weiteren Verlauf stiegen die Fallzahlen auch in Deutschland erstmals exponentiell an. Der Höhepunkt dieser ersten Infektionswelle wurde am 2.4.2020 mit 6.549 an diesem Tag übermittelten ­COVID-19-Fällen erreicht (Robert Koch-Institut 2023c). Nach Erlass der ersten Infektionsschutzverordnungen durch Bund und Länder am 16.3.2020, die in erster Linie der Vermeidung von persönlichen Kontakten zur Eindämmung der Infektionsausbreitung dienten, wurde bereits im April wieder ein Rückgang der SARS-CoV2-positiven Fälle verzeichnet. Ende Juni 2020 hatten 145 Kreise keinen Fall gemeldet. In dieser Zeit traten ­COVID-19-Fälle nur vereinzelt auf, z. B. in Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünften, in Unternehmen der Fleischverarbeitung und Logistik, unter landwirtschaftlichen Hilfskräften und im Kontext privater Feiern (Robert Koch-Institut 2020b). Nach einem Sommerplateau zwischen der 21. und 39. Meldewoche kam es im Herbst 2020 erneut zu einem stark exponentiellen Anstieg bis zum Höhepunkt am 23.12.2020. Allein an diesem Tag wurden 33.973 ­COVID-19-Fälle an das RKI übermittelt (Robert Koch-Institut 2023c). Die Gründe hierfür und für weitere noch folgende Infektionswellen sind vielfältig und wurden maßgeblich durch Maßnahmen des Infektionsschutzes beeinflusst, z. B. in Bezug auf Testvolumen, Positivrate und Meldungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) (Schilling et al. 2021).

Das RKI hat die Entwicklung anhand der Datenlage rückwirkend in Phasen eingeteilt, um Veränderungen im Gesamtgeschehen erkennen und interpretieren zu können. Dabei wurden verschiedene objektive Kriterien berücksichtigt, um die einzelnen Zeitabschnitte möglichst klar voneinander zu trennen. Beispielsweise wurden Daten aus Laborleistungen (PCR-Tests/Einwohner, Positivrate), Meldungen nach dem IfSG, syndromische Surveillance (Erkrankungsfälle), Intensivregister, bundesweite infektionshygienische Maßnahmen und pandemierelevante Ereignisse sowie die Schulferiendichte herangezogen (Schilling et al. 2021). Auf der Grundlage der bis zum 15.9.2022 verfügbaren Daten wurde die Pandemie im „Epidemiologischen Bulletin“ 38/2022 in acht Phasen eingeteilt (Tolksdorf et al. 2022). Die ersten drei Phasen entsprechen dem Verlauf der ersten beiden Infektionswellen und dem Sommerplateau in der Zeit von der Kalenderwoche 10/2020 bis zur Kalenderwoche 8/2021.

Die folgenden ­COVID-19-Infektionswellen wurden maßgeblich durch die seit Dezember 2020 gemeldeten neu aufgetretenen Virusvarianten bestimmt, insbesondere durch jene, die aufgrund ihrer durch Mutationen besonders veränderten Eigenschaften als besorgniserregend (variants of concern, VOC) eingestuft wurden (Oh et al. 2021). So wurde während der dritten ­COVID-19-Welle in Phase 4 (KW 9/2021 – KW 23/2021) hauptsächlich VOC Alpha nachgewiesen. Nach einem weiteren Plateau im Sommer 2021 (Phase 5) verursachte VOC Delta in den Kalenderwochen 31-51/2021 (Phase 6) eine doppelte Wellenspitze bis zu einem neuen Tageshöchstwert von 75.725 gemeldeten ­COVID-19-Fällen am 24.11.2021. Die VOC Omikron BA.1 und Omikron BA.2 verursachten jeweils einen Wellenberg in Phase 7 (fünfte ­COVID-19-Welle) zwischen der 52. Kalenderwoche 2021 und der 21. Kalenderwoche 2022. Am 23.3.2022 erreichte die ­COVID-19-Pandemie in Deutschland mit 307.949 neu gemeldeten Fällen ihren Höhepunkt (Robert Koch-Institut 2023c). VOC Omikron BA.5 dominierte die 6. Welle in Phase 8 ab der Kalenderwoche 22/2022 (Tolksdorf et al. 2022). Die vormaligen Spitzenwerte der täglich gemeldeten Erkrankungsfälle wurden jedoch nicht wieder erreicht. Mit Beginn der Verbreitung der Omikron-Variante mit ihren Sublinien wurden bis April 2023 insgesamt sechs Erkrankungswellen beobachtet, die in ihrer Intensität stetig abnahmen, wobei durch verändertes Testverhalten, Verpflichtungen zu Testungen sowie die Testangebote im Allgemeinen seit Mitte des Jahres 2022 das Auftreten von ­COVID-19 abnahm. Die Hospitalisierungsinzidenz sank im selben Zeitraum in allen Altersgruppen ebenfalls stetig (Robert Koch-Institut 2023f).

Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz von über 1.700 Fällen/100.000 Einwohner wurde in der Omikron-BA.2-Welle im März 2022 erreicht. Zu dieser Zeit waren über vier Millionen aktive Krankheitsfälle bekannt, davon waren knapp 500.000 hospitalisiert. Die Belegung der betreibbaren Intensivbetten durch ­COVID-19-Patienten und -Patientinnen betrug 10,5 %. Seit Beginn der Pandemie wurden bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland 19.893.028 Fälle bestätigt und 128.110 Todesfälle mit ­COVID-19 in Verbindung gebracht. 63.645.385 Personen waren bis zu diesem Tag geimpft worden, davon hatten 48.602.034 SARS-CoV-2-­Vakzine bereits dreimal erhalten. Während der Pandemie änderten sich die Inzidenzen in den verschiedenen Altersgruppen und den einzelnen Landkreisen immer wieder. Während der Phase 7 im Frühjahr 2022 waren jedoch die gesamte Bundesrepublik flächen­deckend und sämtliche Altersgruppen annähernd gleichermaßen betroffen (Robert Koch-Institut 2022).

Mit zunehmender Abschwächung der Infektionslage wurden die Coronavirus-Schutzmaßnahmen schrittweise aufgehoben. Der Wegfall der rechtlichen Rahmenbedingungen nach IfSG § 28b mit Ablauf des 7.4.2023 markiert das Ende der Pandemie in Deutschland. Ab diesem Zeitpunkt war auch das Tragen von FFP2-Masken nicht mehr Pflicht bei Besuchen in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Pflegeheimen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden bundesweit 38.386.891 Infektionsfälle und 171.411 Todesfälle gemeldet (Robert Koch-Institut 2023e).

3.1.4Pandemiemanagement

SARS-CoV-2 verhält sich ähnlich wie vergleichbare virale Infektionskrankheiten der Atemwege. Das Virus ist vollständig von seinem Wirt abhängig und leicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Eine infizierte Person kann das Virus insbesondere durch Tröpfchen, Aerosole und direkten Kontakt übertragen. Das Infektionsrisiko hängt somit stark vom individuellen Verhalten, der regionalen Verbreitung und den Lebensumständen ab. Lautes Sprechen, Singen oder Lachen führt zu einer stark erhöhten Aerosolausscheidung. In Innenräumen ist dadurch auch bei einem Abstand von mehr als 1,5 Metern das Übertragungsrisiko deutlich erhöht. Auch im Freien besteht bei Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 Metern ohne Mund-Nasen-Abdeckung ein größeres Übertragungsrisiko (Buda et al. 2020).

Erste Anhaltspunkte für ein besseres Verständnis des Infektionsgeschehens und der Infektionsumstände lieferten die Auswertungen der nach dem IfSG bundesweit erhobenen Daten zu ­COVID-19-Fällen und -Ausbrüchen. Die Gesundheitsämter klärten im Umfeld der bekannt gewordenen Fälle ab, ob weitere Infektionen aufgetreten waren oder auftreten würden und ordneten Quarantäne an. Waren wahrscheinliche Infektionsketten nachvollziehbar oder traten Fälle in einem epidemiologischen Zusammenhang auf, konnten diese zu einem Ausbruchsgeschehen zusammengefasst werden. Solche Ausbrüche wurden dann den zuständigen Landesbehörden und dem RKI gemeldet (Buda et al. 2020).

Auf Bundesebene wurden auf der Grundlage der gesammelten Daten und Erkenntnisse in nahezu allen Ressorts der Bundesregierung Verordnungen und Gesetze angepasst, zum einen zur Bekämpfung der Pandemie selbst, , zum anderen zur Abfederung der Auswirkungen der Pandemie und ihrer Bekämpfung, u. a. finanzielle Unterstützung verschiedener Berufsgruppen, kurzfristige Anpassungen der Regelungen zum Kurzarbeitergeld oder Anpassungen der Regelungen zur Fort- und Weiterbildung. Zur Bekämpfung der Pandemie wurden im Rahmen des bundesweit geltenden Infektionsschutzgesetzes auf Länderebene unterschiedliche Verordnungen erlassen, die je nach Situation mehrfach angepasst wurden. Grundlage für Inhalt und Umfang der Maßnahmen waren u. a. die vom RKI ermittelte Basisreproduktionszahl R und die Sieben-Tage-Inzidenz.

Alle getroffenen Schutzmaßnahmen und Hygieneempfehlungen basierten auf diesen Grundlagen und zielten darauf ab, die Übertragungswege zu unterbrechen. Nach Bekanntwerden der ersten Infektionsfälle in Deutschland wurde die neuartige Erkrankung gemäß dem nationalen Pandemieplan im Sinne einer Eindämmungsstrategie als meldepflichtige Krankheit bei Verdacht, Erkrankung oder Tod eingestuft. Kontaktpersonen und Einreisende aus Risikogebieten wurden gezielt untersucht, Personen mit nachgewiesenen Infektionen und Erkrankungen wurden isoliert. Diese Maßnahmen wurden also erst durchgeführt, wenn eine Infektion oder Erkrankung bereits aufgetreten war (Robert Koch-Institut 2020a).

Der exponentielle Anstieg der Fallzahlen im März 2020, vor allem in den süddeutschen Bundesländern, veranlasste Bund und Länder am 16. März, per Verordnung das öffentliche Leben einzuschränken, um Kontakte zu reduzieren. Es galt in erster Linie vulnerable Gruppen wie ältere Menschen und Personen mit chronischen Grundkrankheiten sowie medizinisches Personal vor Infektionen zu schützen und Zeit zu gewinnen (Robert Koch-Institut 2020a). Schulen, Kindertagesstätten, Gastronomie und Einzelhandel wurden geschlossen, Veranstaltungen aller Art abgesagt, Reisebeschränkungen verhängt und erstmals seit 25 Jahren vorübergehend wieder Grenzkontrollen im Schengen-Raum durchgeführt. Auf diese erste Massenquarantäne, die allgemein als „Lockdown“ bezeichnet wurde, folgte am 27. 3. 2020 das erste „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, das durch zeitlich befristete Verordnungsermächtigungen schnelle und länderübergreifende Krisenreaktionsmaßnahmen sicherstellen sollte. Es bildete den rechtlichen Rahmen für die Bewältigung der Pandemie und wurde in der Folge mehrfach dem Infektionsgeschehen angepasst. Kontaktreduzierende Maßnahmen waren vor allem zu Beginn der Pandemie das vorrangige Instrument des Pandemiemanagements. Auch die Möglichkeiten von Telearbeit, Teleshopping oder Telefon- und Videomeetings sollten zur Kontaktreduzierung beitragen (Robert Koch-Institut 2020a).

Groß angelegte Informationskampagnen informierten die Bevölkerung über persönliche Hygienemaßnahmen wie Abstandhalten, Händehygiene und Empfehlungen zum Husten und Niesen, um eine Ansteckung bzw. die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu vermeiden; am 14. April empfahl das RKI zusätzlich das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in bestimmten Situationen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2020). Zwei Wochen später wurde das Tragen eines Mundschutzes in geschlossenen öffentlichen Räumen zur Pflicht und zum Symbol der Pandemie. Im weiteren Verlauf rückte die Möglichkeit einer Übertragung durch luftgetragene Partikel (Aerosole) immer mehr in den Vordergrund (Morawska und Milton 2020). Die Diskussionen über Lüftungskonzepte, insbesondere in Schulen und Büros, hatte die Kommission Innenraumhygiene des Umweltbundesamts im August in einer Stellungnahme zusammengefasst (Kommission Innenraumhygiene 2020).

Die Untersuchung auf eine akute Infektion mit SARS-CoV-2 hatte ebenfalls vorrangig das Ziel, infizierte Personen zu identifizieren und Übertragungsketten zu unterbrechen. Nachdem zunächst aufgrund der noch geringen Verfügbarkeit nur Patienten und Patientinnen mit klinischen Zeichen einer Infektion und nachgewiesenem Kontakt zu einem bestätigten ­COVID-19-Fall und später auch Reiserückkehrer aus Endemiegebieten mittels PCR untersucht worden waren, wurden die Laborkapazitäten für die PCR-Testung ab März 2020 kontinuierlich ausgebaut und die Indikationskriterien für die Testung erweitert. In der 26. Kalenderwoche 2020 wurden 472.823 PCR-Tests in 182 Laboratorien ausgewertet (Robert Koch-Institut 2023a). Die nationale Teststrategie zur Auswahl der zu testenden Personen wurde, abhängig von der epidemiologischen Situation und der Testverfügbarkeit, mehrfach angepasst und im Oktober 2020 um den Einsatz von Antigentests erweitert, die seither je nach verwendeter Technik für den Einsatz vor Ort (Antigenschnelltest, sog. Point-of-Care-Test (POCT)) oder als für die Untersuchung größerer Probenmengen geeignete Labortests zur Verfügung standen. Neben den PCR-Tests, die als zuverlässigste Methode innerhalb weniger Stunden bis Tage Ergebnisse lieferten, und den Antigenschnelltests, die von geschultem Personal durchgeführt wurden, wurden dann zusätzlich Antigenselbsttests für Privatpersonen zugelassen. Die Auswertung der Schnelltests war innerhalb von 15 bis 30 Minuten möglich, das Ergebnis jedoch nicht so zuverlässig wie beim PCR-Test (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2020). Seit dem 27.1.2021 regelte die Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung – TestV) die Kostenübernahme der Testungen.

Im Juni 2020 veröffentlichte die Bundesregierung über das RKI die Corona-Warn-App. Sie sollte für den Nutzer ein mögliches Kontaktrisiko ermitteln und so die Verfolgung von Infektionsketten unterstützen. Die App basierte auf Technologien mit einem dezentralen Ansatz und informierte Personen, wenn sie Kontakt zu einer infizierten Person gehabt hatten. Bis zur Einstellung des Dienstes am 31. Mai 2023 wurde die App mehr als 28-millionenmal heruntergeladen und es wurden insgesamt mehr als 240 Milliarden Testergebnisse geteilt (Robert Koch-Institut 2023b).

Um dem steigenden Bedarf an Intensivbehandlungsplätzen gerecht zu werden, reagierten die Krankenhäuser unter anderem mit Einschränkungen der elektiven Behandlung. Zur Erfassung der Behandlungskapazitäten und der aktuellen Fallzahlen führten die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI e.V.) und das RKI das „DIVI-Intensivregister“ ein. Die Arbeitsweise dieses Registers, das aus dem bereits bestehenden Meldeportal des Akuten Respiratorischen Disstress Syndrom (ARDS)-Netzwerks für Intensivstationen mit der Möglichkeit der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) weiterentwickelt wurde, wurde durch entsprechende Verordnungen des Bundesministeriums für Gesundheit geregelt (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. 2020).

Die bedeutendste Maßnahme zur Bekämpfung und Kontrolle der ­COVID-19-Pandemie war die Impfung. Der Weltgesundheitsorganisation waren Ende 2020 bereits über 200 Impfstoffe mit unterschiedlichen Wirkprinzipien (z.B. DNA, mRNA, Protein-Subunit oder Vektorimpfstoffe) bekannt, die zu diesem Zeitpunkt entwickelt wurden. In Deutschland erteilte das Paul-Ehrlich-Institut am 22.12.2020 die ersten Chargenfreigaben für den mRNA-basierten Impfstoff Comirnaty, woraufhin am 27.12. die ersten Impfungen durchgeführt wurden. Im Januar 2021 folgten die Zulassungen der Europäischen Kommission für den mRNA-Impfstoff Spikevax und den Vektorimpfstoff Vaxzevria (Paul-Ehrlich-Institut 2023). Später kamen weitere Impfstoffe und aktualisierte Chargen auf den Markt, die an zwischenzeitlich neu aufgetretene Virusvarianten angepasst worden waren. Die Coronavirus-Impfverordnung der Bundesregierung ordnete während der anfänglichen relativen Impfstoffknappheit an, dass insbesondere vulnerable Bevölkerungsgruppen frühzeitig immunisiert werden sollten. Bereits früh nach Beginn der umfangreichen Impfkampagne wurde ein deutlicher Rückgang der ­COVID-19-Inzidenz und -Mortalität bei über 80-Jährigen nachgewiesen (Perumal et al. 2021). Von März bis Dezember 2022 bestand zusätzlich eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Insgesamt wurden in Deutschland mehr als 192 Milliarden Impfungen verabreicht. Über 85 % der erwachsenen Bevölkerung haben eine Grund­immunisierung und über 73 % mindestens eine Auffrischimpfung erhalten. Durch die ­Impfungen konnten in Deutschland bis zu mehrere Zehntausend Todesfälle verhindert und das Gesundheitssystem in relevantem Umfang entlastet werden (Robert Koch-Institut 2023d). Mit dem Erreichen einer hohen Durchimpfung der Bevölkerung bei gleichzeitig reduzierter, aber endemischer Viruszirkulation wurde die ­COVID-19-Impfung schließlich in das Regelsystem überführt und 2023 in die allgemeinen STIKO-Impfempfehlungen aufgenommen (Robert Koch-Institut 2023d).

Um die bereits etablierten Systeme zur Überwachung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 durch eine Surveillance auf der Basis molekularbiologischer Untersuchungen zu ergänzen, wurden 2022 in einem von der Europäischen Union (EU) geförderten bundesweiten Pilotprojekt die Möglichkeiten und der Nutzen einer Abwasser-Surveillance untersucht und bewertet. Nach dem Aufbau einer Dateninfrastruktur werden bundesweit an 20 Standorten Abwasserdaten erhoben und zusammen mit weiteren Daten, z.B. den Meldedaten des IfSG, ausgewertet. Perspektivisch könnte ein etabliertes Abwassermonitoring neben weiteren Krankheitserregern auch für verschiedene gesundheitsrelevante Stoffe und deren Abbauprodukte genutzt werden (Beyer et al. 2022).

3.1.5Internationaler Verlauf

Die für Deutschland vorliegenden Zahlen sind international schwer vergleichbar, da die Infektionsfälle in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich erfasst wurden. Der Umgang mit der Pandemie in den einzelnen Ländern reichte von einem nahezu maßnahmenfreien Vorgehen in Schweden bis zu sehr starken Restriktionen in China (Gibney 2020). Mit dem Oxford Covid-19 Government Response Tracker (OxCGRT) wurden seit Januar 2020 systematisch Informationen über die von Regierungen in 180 Ländern ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von ­COVID-19 gesammelt. 23 Indikatoren wie z. B. die Schließung von Schulen, Reisebeschränkungen oder die Impfpolitik wurden auf einer Skala, die das Ausmaß der Maßnahmen der Regierung widerspiegelt, kodiert erfasst und zu einem Index zusammengefasst. Ende 2022 lag Pakistan mit 74,1 von 100 Indexpunkten an der Spitze der Länder mit den strengsten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Der Höchstwert für Deutschland lag im Januar 2021 bei 85,2 (Our World in Data 2023). Abschließende wissenschaftliche Evaluationen zu der Frage, welches Maßnahmenbündel letztlich aus infektiologischer oder ökonomischer Sicht am vorteilhaftesten war, liegen derzeit nicht vor. Die weltweite Seroprävalenz hat im Laufe der Zeit zugenommen, wobei die Dynamik und die Belastbarkeit der verfügbaren Daten von Region zu Region unterschiedlich sind. Die Schätzungen der ­COVID-19-Infektionen auf der Grundlage der Seroprävalenzdaten übersteigen zumindest die gemeldeten Fälle (Bergeri et al. 2022).

Vom 22. Januar 2020 bis zum 10. März 2023 sammelte das Coronavirus Resource Center an der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, USA, kontinuierlich ­COVID-19-Daten aus der ganzen Welt, einschließlich Informationen zu Fallzahlen, Todesfällen, Impfstoffen, Tests und demografischen Daten. Die Daten wurden durch das Center for Systems Science and Engineering (CSSE) der Johns Hopkins University tagesaktuell über das Internet im ­COVID-19-Dashboard veröffentlicht (Center for Systems Science and Engineering 2023). Ähnlich der in Deutschland beobachteten Infektionswellen lässt sich auch weltweit ein ähnliches Muster feststellen. Häufig standen Anstiege von ­COVID-19-Inzidenzen in Zusammenhang mit dem Auftreten neuer SARS-CoV-2-Varianten.

Die zu Beginn der Pandemie noch seltenen Virusvarianten mit Mutationen im Spike-Protein nahmen im Laufe der Zeit zu und dominierten schließlich weltweit das Infektionsgeschehen. Erste besorgniserregende Virusvarianten wurden beispielsweise im Vereinigten Königreich, in den USA, Japan, Südafrika und Indien gefunden (Thakur et al. 2022). Zur besseren Übersichtlichkeit – im Vergleich zu Bezeichnungen, die z.B. genetische Informationen enthalten – und zur Vermeidung der Stigmatisierung einzelner Regionen durch Herkunftsangaben im Namen koordinierte die WHO die Einführung eines einheitlichen Schemas, nach dem VOCs mit den Namen griechischer Buchstaben bezeichnet werden (Konings et al. 2021). Für den epidemiologischen Durchbruch der VOCs wird vor allem eine erhöhte Übertragbarkeit verantwortlich gemacht (Korber et al. 2020). Dies beruht möglicherweise auf einer Modifikation des Spike-Proteins zu einer offeneren Struktur, die die Bindung an das ACE2-Rezeptorprotein der Zielzellen begünstigt (Yurkovetskiy et al. 2020).

Auch international betrachtet, verliefen die Meldungen neuer Infektionsfälle im Zeitverlauf wellenförmig. Das Coronavirus Resource Center der Johns Hopkins University dokumentierte den Höhepunkt der Infektionsaktivität im Januar 2022 mit über 23 Millionen Fällen innerhalb einer Woche. Die meisten Todesfälle innerhalb einer Woche wurden jedoch ein Jahr zuvor, im Januar 2021, registriert. Mit Beginn der weltweiten Impfkampagne im Frühjahr 2021 nahm das Verhältnis von Todesfällen zu nachgewiesenen Infektionen trotz zwischenzeitlich steigender Inzidenz kontinuierlich ab (Center for Systems Science and Engineering 2023). In einer Erklärung vom 5. Mai 2023 hob die WHO schließlich den globalen Corona-Gesundheitsnotstand auf, da ­COVID-19 inzwischen ein etabliertes und anhaltendes Gesundheitsproblem sei, und erklärte die höchste Alarmstufe für beendet (World Health Organization 2023b). In den 28 Tagen zuvor, zwischen dem 3. und dem 30. April, wurden weltweit fast 2,8 Millionen neue Fälle und mehr als 17.000 Todesfälle ­gemeldet, was einem Rückgang von 17 % bzw. 30 % gegenüber den vorangegangenen 28 Tagen entsprach, wobei die Zahl der gemeldeten Fälle und Todesfälle in einzelnen Regionen wie Südostasien, im östlichen Mittelmeerraum und im westlichen Pazifik nochmals gestiegen war. Bis zum 30. April 2023 wurden weltweit insgesamt mehr als 765 Millionen bestätigten Fälle, mehr als 6,9 Millionen ­COVID-19-Todesfälle und über 13 Milliarden verabreichte Impfdosen registriert (Center for Systems Science and Engineering 2023; World Health Organization 2023a).

3.1.6Literatur

Bergeri I, Whelan MG, Ware H, Subissi L, Nardone A, Lewis HC, Li Z, Ma X, Valenciano M, Cheng B, Al Ariqi L, Rashidian A, Okeibunor J, Azim T, Wijesinghe P, Le LV, Vaughan A, Pebody R, Vicari A, Yan T, Yanes-Lane M, Cao C, Clifton DA, Cheng MP, Papenburg J, Buckeridge D, Bobrovitz N, Arora RK, Van Kerkhove MD; Unity Studies Collaborator Group (2022). Global SARS-CoV-2 seroprevalence from January 2020 to April 2022: A systematic review and meta-analysis of standardized popu­lation-based studies. PLoS Med 19(11): 1-24

Beyer S, Böttcher S, Greiner T, Kremer-Flach K, Helmrich M, Daschowski Y, Marquis A, Diercke M (2022). Systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser: Start eines nationalen Pilotprojekts. Epid Bull 13: 19–24

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Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Informationen rund um das Coronavirus (2020). https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/ (Stand 05/23)

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Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. DIVI-Intensivregister. https://www.intensivregister.de/#/index (Stand 05/23)

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Gorbalenya AE, Baker S, Baric RS, Groot RJ de, Drosten C, Gulyaeva AA, Haagmans BL, Lauber C, Leontovich AM, Neuman BW, Penzar D, Perlman S, Poon LML, Samborskiy DV, Sidorov IA, Sola I, ­Ziebuhr J (2020). The species Severe acute respiratory syndrome-related coronavirus: classi­fying 2019-nCoV and naming it SARS-CoV-2: Coronaviridae Study Group of the International Committee on Taxonomy of Viruses. Nat Microbiol 5: 536–544

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3.2Epidemiologie von beruflich bedingtem ­COVID-19 – eine Zusammenstellung der Literatur

A. Nienhaus

3.2.1Zusammenfassung

Mittlerweile liegen zahlreiche Studien zum beruflichen Infektionsrisiko während der Pandemie vor. Gut belegt ist ein größeres Infektionsrisiko bei der Betreuung von ­COVID-19-­Patienten und -patientinnen. Etwas weniger eindeutig belegt sind die größeren Infektionsrisiken in den Branchen Wohlfahrt, Betreuung sowie Erziehung und Bildung. Für weitere Berufe oder Tätigkeiten sind die Ergebnisse der epidemiologischen Studien widersprüchlich. Die Aufbereitung eines großen Ausbruchs in einem Fleischereibetrieb hat gezeigt, dass bei ungünstigen Umgebungsbedingungen Übertragungen auch bei Abstand bis zu acht Metern möglich sind. Der Vergleich der beruflich bedingten Infektionsrisiken während der verschiedenen Wellen spricht nicht eindeutig für eine Abnahme des Risikos am Arbeitsplatz im Laufe der Pandemie zugunsten von privat verursachten Infektionen. Teilweise sind die Studien zum Infektionsrisiko im ersten Jahr der Pandemie erst zwei Jahre später publiziert worden. Daher ist davon auszugehen, dass es noch weitere Publikationen insbesondere zum Infektionsrisiko am oder nach dem Ende der Pandemie geben wird.

3.2.2Einleitung

Wegen der Ähnlichkeit des neuen Virus aus der Coronafamilie mit den Viren, die das Severe Acute Respiratory Syndrome (SARS) und das Middle Eastern Respiratory Syndrome (MERS) verursachten, wurde es SARS-Corona-Virus-2 oder kurz SARS-CoV-2 und die Erkrankung, die es verursacht, Covid-19 (Corona Virus Disease 19) genannt. Ähnlich wie in der Influenza-A(H1N1)-Pandemie im Jahr 2009 waren auch bei den SARS-Ausbrüchen in den Jahren 2002 und 2003 sowie bei den MERS-Ausbrüchen seit 2012 Beschäftigte im Gesundheitswesen besonders betroffen (Kuster et al. 2013, Lietz et al. 2016, Ho et al. 2005, Poon et al. 2004, Lee et al. 2003, Booth et al. 2003, Oraby et al. 2020).

Bereits im Mai 2020 waren in der Literatur weltweit 152.888 Infektionen und 1.413 Todesfälle aufgrund von ­COVID-19 bei Beschäftigten im Gesundheitswesen dokumentiert (Bandyopadhyay et al. 2020). In Norwegen ist die Rate der Krankmeldungen von Beschäftigten im Gesundheitswesen während der Pandemie im Vergleich zu vorher um das 2,2- bis 2,7-Fache gestiegen, je nach untersuchter Gruppe. Einen Vergleich mit anderen Berufsgruppen enthält die Studie allerdings nicht (Reme et al. 2023).

3.2.3Übertragungswege

In einem Rapid Review haben Cox et al. (2023) die Übertragungswege von ­COVID-19 untersucht. Danach kann SARS-CoV-2 in verschiedenen Körperflüssigkeiten identifiziert werden, der wichtigste Übertragungsweg ist aber die Aerosolbildung bei der Atmung.

SARS-CoV-2 ist in Körperflüssigkeiten wie Kot, Urin und möglicherweise Tränen lebensfähig. Das Virus kann in Flüssigkeiten (Schleim, Auswurf, Tränen, Blut, Sperma) wochenlang stabil bleiben, wobei die Infektiosität unter Winter- und Frühjahrs-/Herbstbedingungen deutlich länger anhält als im Sommer. Das Virus kann im Kot bis zu einen Tag stabil bleiben. Die Kenntnis der Stabilität des Virus in Flüssigkeiten ist von entscheidender Bedeutung, um Reinigungs- und Desinfektionsprotokolle festzulegen, die zur Beseitigung von infek­tiösem Material erforderlich sind. In ähnlicher Weise kann Abwasser ein nützliches Instrument sein, um Trends für SARS-CoV-2-RNA zu verfolgen, aber nur in wenigen Studien gelang es, infektiöse Viren in frischem Kot zu isolieren.

Dauer, Nähe und Häufigkeit des Kontakts mit einer mit SARS-CoV-2 infizierten Person spielt eine Rolle bei der Bestimmung des Infektionsrisikos. Die Mehrheit der dokumentierten SARS-CoV-2-Übertragungen ist mit engem Kontakt zu Hause oder in Innenräumen über einen längeren Zeitraum verbunden.

SARS-CoV-2-RNA wurde häufig in Krankenhausbadezimmern von ­COVID-19-Patienten und -patientinnen auf Oberflächen wie Papierhandtuchspendern, Toilettenschüsseln, Toilettenspülungen und Türgriffen nachgewiesen. Auch an Bushandläufen und Stützstangen wurde SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen, aber in anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen wie Schulen oder Supermärkten nur selten.

Eine indirekte Kontaktübertragung ist möglich, aber weniger wahrscheinlich, da für die Übertragung ein Zwischenschritt erforderlich ist. Der bloße Kontakt mit einer kontaminierten Oberfläche vor dem Berühren von Mund, Augen oder Nase führt nicht unbedingt zu einer Übertragung, da die Viruslast von SARS-CoV-2 auf einer Oberfläche am Kontaktpunkt und die Übertragungseffizienz des Virus von der Hand auf die Schleimhaut letztendlich das Übertragungsrisiko bestimmen. Wenn die Viruslast niedrig ist, ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Infektion gering. Die Ergebnisse von Persistenzstudien zur Infektiosität von SARS-CoV-2 auf Oberflächen fielen ähnlich wie in anderen Studien zu anderen Atemwegsviren, wie z. B. SARS-CoV-1, aus. Mehrere Studien deuteten auf eine biphasische Zerfallsrate mit schnellem Zerfall während der ersten Stunde und einer langsameren Zerfallsrate danach hin. Darüber hinaus wurden reduzierte Überlebensraten in poröseren Materialien beobachtet. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass poröse Oberflächen eine reduzierte virale Infektiosität aufweisen, insbesondere nach der ersten Stunde der Kontamination.

3.2.4Die Rolle der Aerosole

Aerosole spielen eine wichtige Rolle bei der Übertragung, da beim Atmen, Sprechen und Singen Tröpfchen (Droplets) entstehen, die in der Luft schweben und SARS-CoV-2 enthalten können. Darüber hinaus stieg die Anzahl der ausgeatmeten virushaltigen Partikel vom dritten bis zum siebten Tag nach der Infektion an, in diesem Zeitraum könnte die Übertragung zunehmen. Andere Studien haben jedoch ergeben, dass das Übertragungspotenzial in den ersten zwei Tagen vor und in den drei Tagen nach Symptombeginn bei dem Indexpatienten am größten war.

Kleine Aerosole können erhebliche Mengen an viralem Material enthalten und minuten- bis stundenlang in der Luft schweben, wobei die Viren lebensfähig bleiben können. Im Mai 2021 aktualisierte das Center for Disease Control (CDC) die Übertragungswege von SARS-CoV-2 und kategorisierte sie als Einatmen von Viren, Ablagerung von Viren auf exponierten Schleimhäuten und Berühren von Schleimhäuten mit Händen, die mit Viren kontaminiert sind (CDC 2021).

Epidemiologische Studien, die Superspreader-Ereignisse wie den Ausbruch in einem Restaurant in Guangzhou untersucht hatten, lieferten Hinweise darauf, dass die Übertragung über die Luft ein wahrscheinlicher Übertragungsweg ist. Auch eine deutsche Studie in einem Fleischverarbeitungsbetrieb belegte die Übertragung über die Luft und bestätigte, dass Umweltbedingungen wie niedrige Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit zu einer erhöhten Übertragung auch bei mehreren Metern Abstand führen können (Günther et al. 2020).

Die Umweltbedingungen wirken sich auf die Lebensfähigkeit von SARS-CoV-2 an Oberflächen und in Aerosolen aus, wärmere Temperaturen und Sonnenlicht verstärken die Tröpfchenverdunstung und die Zerfallsraten von Viren. Strategien zur Minderung der ­Aerosol- und Oberflächenübertragung müssen daher die Umgebungsbedingungen berücksichtigen, um erfolgreich zu sein.

Die Aktivitäten einer infektiösen Person (Husten, Niesen, Singen, Sporttreiben) und die Zeit im Verhältnis zum Ausbruch der Krankheit wirken sich auf die Anzahl der infektiösen Partikel aus, die aerosolisiert oder über Körperflüssigkeiten verbreitet werden. Probenahmen aus der Umgebung in Gesundheitseinrichtungen lieferten Hinweise darauf, dass eine höhere Viruslast in Aerosolen und Oberflächen gefunden wird, wenn die Probenahme näher am Patienten oder der Patientin und zu Beginn der Infektion durchgeführt wird.