Crashkurs Personalpsychologie - Uwe Kanning - E-Book

Crashkurs Personalpsychologie E-Book

Uwe Kanning

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Beschreibung

Erfolgreiche Personalarbeit durch wirtschaftspsychologisches Basiswissen! Das Buch von Prof. Dr. Uwe Kanning führt leicht verständlich in die grundlegenden Methoden und Forschungsergebnisse der Personalpsychologie ein. Dabei werden alle zentralen Felder der Personalarbeit behandelt: Personalmarketing, Personalauswahl, Leistungsbeurteilung, Arbeitszufriedenheit, Motivation, Führung, Personalentwicklung und Mitarbeiterbefragung. Jedes Kapitel benennt Mythen und Missstände und enthält konkrete Vorschlägen für die Praxis. Am Ende werden die wichtigsten Erkenntnisse in Form von Checklisten zusammengefasst. Der Crashkurs hilft somit, Schwachstellen und Entwicklungsfelder im eigenen Unternehmen zu identifizieren. Inhalte: - Grundlagen der Personalpsychologie - Personalmarketing, Personalauswahl, Leistungsbeurteilung - Arbeitszufriedenheit, Motivation, Teamarbeit - Führung, Personalentwicklung, Mitarbeiterbefragungen​Neu in der 2. Auflage: - Ergänzung neuer Studien im Bereich Personalmarketing, -auswahl und -entwicklung - Ausbau Literaturlinks - Einführung von QR-Codes zu den YouTube-FilmenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.

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Seitenzahl: 276

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtmyBook+ImpressumVorwortVorwort zur 2. Auflage1 Einführung1.1 Was ist Personalpsychologie?1.2 Lohnt sich evidenzbasierte Personalarbeit?1.3 Warum orientieren sich Personaler kaum an der Forschung?1.4 Literatur zur Vertiefung2 Personalmarketing2.1 Mythen und Missstände2.2 Grundlagen2.3 Prozess des Personalmarketings2.4 Was macht einen Arbeitgeber attraktiv?2.5 Ausgewählte Methoden des Personalmarketings2.5.1 Stellenanzeigen und Webseiten2.5.2 Headhunting2.5.3 Active Sourcing2.5.4 Mitarbeiterwerbung2.6 Empfehlungen2.7 Literatur zur Vertiefung3 Personalauswahl3.1 Mythen und Missstände3.2 Grundlagen3.3 Anforderungsanalyse3.4 Sichtung von Bewerbungsunterlagen3.5 Einstellungsinterview3.6 Assessment-Center3.7 Testverfahren3.8 Digitalisierung und künstliche Intelligenz3.9 Empfehlungen3.10 Literatur zur Vertiefung4 Leistungsbeurteilung4.1 Mythen und Missstände4.2 Einsatzgebiete der Leistungsbeurteilung4.3 Variante der Leistungsbeurteilung4.3.1 Leistungsbeurteilung mit wirtschaftlichen Kennzahlen4.3.2 360°-Beurteilung4.3.3 Leistungsbeurteilungsskalen4.4 Empfehlungen4.5 Literatur zur Vertiefung5 Arbeitszufriedenheit5.1 Mythen und Missstände5.2 Facetten der Arbeitszufriedenheit5.3 Bedeutung der Arbeitszufriedenheit5.4 Beeinflussung der Arbeitszufriedenheit5.5 Messung der Arbeitszufriedenheit5.6 Empfehlungen5.7 Literatur zur Vertiefung6 Motivation6.1 Mythen und Missstände6.2 Motive, Anreize, Motivation und Motivierung6.3 Bedeutung der Motivation6.4 Theorien6.5 Zielsetzung6.6 Gerechtigkeit6.1 Empfehlungen6.2 Literatur zur Vertiefung7 Teamarbeit7.1 Mythen und Missstände7.2 Leistungsgewinne und Leistungsverluste7.3 Entscheidungen in Gruppen7.4 Diversität von Arbeitsgruppen7.5 Empfehlungen7.6 Literatur zur Vertiefung8 Führung8.1 Mythen und Missstände8.2 Führung und Persönlichkeit8.3 Führungsstile8.4 Geschlechterunterschiede8.5 Managerscheitern8.6 Empfehlungen8.7 Literatur zur Vertiefung9 Personalentwicklung9.1 Mythen und Missstände9.2 Bedarfsanalyse9.3 Beeinflussung der Effektivität9.4 Prinzipiell wirksame Methoden9.5 Fragwürdige Methoden9.6 Evaluation9.7 Empfehlungen9.8 Literatur zur Vertiefung10 Mitarbeiterbefragung10.1 Mythen und Missstände10.2 Prozess der Mitarbeiterbefragung10.3 Auswertung von Mitarbeiterbefragung10.4 Empfehlungen10.5 Literatur zur Vertiefung11 ChecklistenLiteraturverzeichnisIhre Online-Inhalte zum Buch: Exklusiv für Buchkäuferinnen und Buchkäufer!Stichwortverzeichnis

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

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Bestell-Nr. 14138-0151

Crashkurs Personalpsychologie

2. Auflage 2024

© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © PeopleImages, iStock

Produktmanagement: Dr. Bernhard Landkammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

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Vorwort

Professionell aufgestellt kann das Personalwesen zu einem zentralen Motor der Leistungsfähigkeit eines jeden Unternehmens werden. Gute Personalarbeit sorgt dafür, dass geeignete Mitarbeiter gezielt angeworben, ausgewählt und im Unternehmen richtig platziert werden. Sie hilft dabei, Stärken und Schwächen des Einzelnen als solche zu erkennen und unterstützt ihn bei der Entwicklung seiner Kompetenzen. Sie ­befähigt Führungskräfte, die Leistung der Mitarbeiter zutreffend einzuschätzen und sie fördert die Entwicklung einer Führungskultur, die gleichermaßen leistungsorientiert und wertschätzend ist. Entwicklungsmaßnahmen werden anspruchsvoll evaluiert und liefern Hinweise zur Optimierung der eingesetzten Methoden.

All dies sind nur einige Potenziale der Personalarbeit, die in den meisten Unternehmen aber leider bestenfalls ansatzweise entfaltet werden. Aufgrund suboptimaler Personalauswahl werden Schätzungen zufolge jedes Jahr Gelder in dreistelliger Milliardenhöhe nach dem Zufallsprinzip investiert, weil zum einen diagnostische ­Methoden zum Einsatz kommen, die kaum Aussagen über die berufliche Leistung der Bewerber ­ermöglichen und zum anderen validere Methoden oft unbekannt sind. Im Bereich der Personalentwicklung sieht es kaum besser aus. Hier dürften bestenfalls 50 % der eingesetzten Gelder einen praktischen Nutzen im Berufsalltag entfalten. Insbesondere in der Führungskräfteentwicklung dienen die eingesetzten Trainings nicht selten eher der Managerbespaßung, als einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen. Viele an sich wirkungsvolle Trainings verpuffen, weil die Teilnehmer nach der Maßnahme allein gelassen werden und es keine Unterstützung beim Transfer der Trainingsinhalte in den Arbeitsalltag gibt. Im Bereich des Coachings konkurrieren Tausende selbst ernannter Experten mit wirklichen Experten und es ist für die Kunden kaum möglich, zwischen beiden Gruppen zu differenzieren. Statt sich an Erkenntnissen der Forschung zu orientieren, folgt man Modethemen oder vertraut einfach den Traditionen.

Dies führt u. a. dazu, dass das Personalwesen in vielen Unternehmen kein besonders hohes Ansehen genießt. Viel zu weit ist der Glaube verbreitet »Personal kann jeder!« Und wenn es um Personaleinsparungen geht, stehen die Personalabteilungen ganz oben auf der Liste. Im Gegensatz zum Ingenieurwesen oder dem Controlling ist es in vielen Unternehmen dem Personalwesen nicht gelungen, sich so weit zu professionalisieren, dass die Verantwortlichen als gleichwertige Entscheidungsträger ernst genommen werden. Das Personalwesen wird viel zu oft zur bloßen Serviceabteilung degradiert, die den Vorstellungen der Fachabteilungen zu folgen hat. Wie absurd dies ist, fällt erst auf, wenn wir uns den umgekehrten Fall vorstellen. Würden wir es als sinnvoll erachten, wenn Ingenieure ihre Motoren nach den Vorgaben der Personalchefin bauen müssten? Wahrscheinlich nicht. Warum sollten wir es aber dann tolerieren, wenn Ingenieure aus dem Motorenbau darauf bestehen, unstrukturierte Vorstellungsgespräche zu führen?

Wenn das Personalwesen mehr sein soll als Personalverwaltung, wäre man gut beraten, seine Methoden und Entscheidungen auf eine verlässlichere Basis zu stellen. Seit Jahrzehnten gibt es empirische Forschung, in Feldern wie Personalauswahl, Personalentwicklung, Führung, Motivation oder Arbeitszufriedenheit. Diese Erkenntnisse sickern aber nur in homöopathischen Dosen in die Personalabteilungen deutscher Unternehmen ein und werden im praktischen Handeln noch sehr viel weniger beherzigt.

Was Ihnen dieses Buch bietet

An diesem Punkt setzt das vorliegende Buch an. In verständlicher Weise klärt es über grundlegende Methoden und Forschungsergebnisse der Personalpsychologie auf. Dabei werden alle zentralen Felder der Personalarbeit angesprochen: Personalmarketing, Personalauswahl, Leistungsbeurteilung, Arbeitszufriedenheit, Motivation, Führung, Personalentwicklung und Mitarbeiterbefragungen. Die Texte sind so geschrieben, dass sie keine einschlägige Vorbildung voraussetzen. Jedes Kapitel endet mit konkreten Vorschlägen für die Praxis. Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Erkenntnisse in Form von Checklisten zusammengefasst. Die Anwendung der Checklisten hilft dabei, Schwachstellen und Entwicklungsfelder im eigenen Unternehmen zu identifizieren.

Wie bei jedem meiner Bücher musste auch das vorliegende Buch von zahllosen Tippfehlern befreit werden. Für diese wichtige Arbeit danke ich den Studentinnen der Wirtschaftspsychologie Malien Arndt, Evelyn Fellhölter, Tatjana Raisig und Alwine Roberg gen. Alterbaum noch einmal ganz herzlich.

Münster im Sommer 2020

Uwe Peter Kanning

Vorwort zur 2. Auflage

In der Zwischenzeit hat der Crashkurs Personalpsychologie erfreulich viele Leserinnen und Leser gefunden. Vielen Dank dafür! Bei der Überarbeitung zur 2. Auflage stellt sich die Frage, an welchen Stellen das ursprüngliche Konzept noch verbessert werden kann. Dies betrifft vor allem eine Aktualisierung der Inhalte im Hinblick auf neue, praxisrelevante Studien und Entwicklungen. Ein Beispiel hierfür wäre die zunehmende Digitalisierung im Bereich des Personalmarketings und der Personalauswahl, auf die nun stärker eingegangen wird. Die Links zu Texten der Online-Kolumne sowie zum YouTube-Kanal »15 Minuten Wirtschaftspsychologie« wurden erweitert und zusätzlich mit QR-Codes versehen, sodass man nun direkt vom Buch zu ergänzenden Informationen aus dem Internet wechseln kann. Zur leichteren Lesbarkeit wird nach wie vor auf eine der verschiedenen Varianten des Genderns verzichtet. Selbstverständlich sollten sich dennoch immer alle Menschen angesprochen fühlen. Für die Unterstützung bei der Bekämpfung von Tippfehlern und insbesondere für die Erstellung der QR-Codes bedanke ich mich ganz herzlich bei Leonie Hagedorn.

Münster im Frühjahr 2024

Uwe Peter Kanning

1 Einführung

Gesunder MenschenverstandIm Folgenden geht es darum, die grundlegende Sichtweise der Personalpsychologie auf Theorien und Methoden der praktischen Personalarbeit darzustellen und ihren Mehrwert für die Praxis zu verdeutlichen. Dabei wird sich zeigen, dass die Psychologie eine betont kritische Perspektive einnimmt und immer danach fragt, welche Methoden tatsächlich wirken und welche nicht.

1.1 Was ist Personalpsychologie?

Evidenzbasierte PersonalarbeitDie Personalpsychologie umfasst das gesamte Anwendungsgebiet der Psychologie im Personalwesen, von der Personalauswahl über die Personalentwicklung bis hin zu sehr grundlegenden Fragen der Führung oder der Mitarbeitermotivation (Schuler & Kanning, 2014). Ihrer Tradition folgend geht die Psychologie dabei naturwissenschaftlich-empirisch vor. Man denkt sich also nicht einfach Theorien und Methoden aus, die anschließend über Generationen hinweg tradiert werden, sondern überprüft sie durch wissenschaftliche Studien. Erklärtes Ziel ist es dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen und dadurch eine evidenzbasierte Personalarbeit zu etablieren. Anders ausgedrückt: Glauben und Überzeugungen sollen weitestgehend durch belastbares Faktenwissen ersetzt werden.

Dabei versteht es sich von allein, dass nicht jede Handlung im Alltag vollständig wissenschaftlich abgesichert sein kann oder muss. Das Personalwesen lässt sich in diesem Punkt ganz gut mit dem Gesundheitswesen vergleichen. Auch hier reicht das wissenschaftlich fundierte Wissen bei Weitem nicht aus, um alle Krankheiten zu heilen. Nicht jede Handlung einer Krankenschwester oder einer Fachärztin ist zuvor wissenschaftlich hinterfragt worden und kann dennoch nützlich sein. Gleichwohl müssen die grundlegenden Therapieschritte, Medikamente oder Operationen in wissenschaftlichen Studien auf ihre Wirkung hin überprüft werden. Es muss klar sein, bei welchem Krankheitsbild welches Vorgehen in die richtige Richtung führt und welche Alternativen den Patienten schaden. Es gilt, Patienten vor Scharlatanen und Quacksalbern zu schützen und ihnen die zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestmögliche Behandlung zu bieten.

Ähnliches gilt im Hinblick auf die evidenzbasierte Personalarbeit. Wir wissen heute sehr vieles nicht, das wir gerne wissen möchten. So manche Methode, die wir heute noch für sinnvoll halten, mag sich vielleicht in 20 Jahren als wirkungslos erweisen. Dabei wissen wir heute schon vieles besser als so mancher selbst ernannte Experte. Eine klare Orientierung an den Erkenntnissen der Forschung führt zu qualitativ besseren Entscheidungen, von denen letztlich alle Beteiligten profitieren. Unser Ziel muss es sein, den jeweils besten Wissensstand den betroffenen Bewerbern, Mitarbeitern und Führungskräften zur Verfügung zu stellen.

So mancher erfahrene Praktiker wird sich die Frage stellen, warum man überhaupt empirische Forschung im Personalwesen benötigt. Genügen nicht einfach die Erfahrungswerte der handelnden Personen? Setzen sich wirksame Methoden nicht von ­allein durch und verdrängen wirkungslose Ansätze vom Markt? Können Methoden, die von vielen Unternehmen und damit auch von vielen erfahrenen Praktikern z. T. über Jahrzehnte hinweg eingesetzt werden, überhaupt falsch sein?

Auch hier hilft ein Blick in andere gesellschaftliche Lebensbereiche. Wenn es wirklich so wäre, dass richtige Theorien und Methoden über die Zeit hinweg absurde Ansätze von allein verdrängen würden, gäbe es heute keine Anhänger der Astrologie oder der Graphologie mehr. Beide Pseudowissenschaften sind hundertfach empirisch widerlegt worden und dennoch finden sie nach wie vor Anhänger und Anwender – auch im Personalwesen. Es ist falsch anzunehmen, dass »Medikamente«, die keine Wirkstoffmoleküle enthalten, eine medizinische Wirkung jenseits des Placeboeffektes entfalten können und dennoch gibt es Tausende von Menschen, die tagtäglich Geld für homöopathische Globuli & Co. ausgeben. Manch andere Ansätze sind inzwischen verschwunden, haben sich aber über Hunderte von Jahren in den Köpfen der Menschen gehalten. Wir können fast sicher sein, dass auch heute noch ein paar Tausend Menschen daran glauben, dass die Erde eine Scheibe sei, der Liebe Gott schimpfe, wenn es donnert oder dass sich das Verbrennen einer Hexe positiv auf die nächste Ernte auswirken würde.

Es gibt leider keinen Automatismus, der dafür sorgt, dass sich gute und schlechte Ansätze im Laufe der Zeit ganz allein voneinander separieren und Letztere dann auch konsequent ad acta gelegt werden. Auch das Personalwesen ist reich an falschen Überzeugungen und Methoden, die sich eigentlich schon seit langer Zeit überlebt haben sollten. Die nachfolgenden Kapitel werden zahlreiche Beispiele dafür aufzeigen. Getreu der Erkenntnis »Wissenschaft ist das, was Wissen schafft« hilft die Forschung bei einem solchen Separationsprozess, kann ihn initiieren und verstärken. Zum Selbstläufer wird die abgesicherte Erkenntnis dadurch leider nicht.

Es bedarf der Menschen, die bereit sind, wissenschaftliche Befunde zur Kenntnis zu nehmen, sich damit auseinanderzusetzen und sie zu verstehen. In diesem Sinne kann die Personalpsychologie als naturwissenschaftlich-empirische Disziplin einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung des Personalwesens leisten, wenn Verantwortliche in der Praxis sich dafür starkmachen.

1.2 Lohnt sich evidenzbasierte Personalarbeit?

Evidenzbasierte PersonalarbeitVon einer konsequenten Anwendung personalpsychologischer Methoden und Erkenntnisse profitieren letztlich alle Beteiligten.

Für Arbeitgeber bedeutet eine konsequente Orientierung an den Erkenntnissen der Forschung auf der einen Seite Kostenersparnis, auf der anderen Seite eine effizientere Nutzung der eigenen Ressourcen. Verdeutlichen wir uns den Nutzen an zwei einfachen Rechenbeispielen:

Beispiel 1: In Deutschland werden in der Wirtschaft pro Jahr etwa 3,4 Millionen Stellen neu besetzt (Brenzel et al., 2016). Multiplizieren wir diese Summe mit dem Durchschnittsgehalt deutscher Arbeitnehmer, so ergibt sich ein Investitionsvolumen von mehr als 150 Milliarden Euro bezogen auf das erste Jahr der Anstellung (vgl. Abbildung 1-1). Diese Schätzung ist sehr konservativ. Die meisten Mitarbeiter werden weitaus länger als nur ein Jahr bei ihrem neuen Arbeitgeber verweilen. Der Arbeitgeber muss zudem Lohnnebenkosten in nicht unbeträchtlicher Höhe zahlen und auch Lohnerhöhungen einkalkulieren. Bezogen auf die Menge der neu eingestellten Arbeitnehmer wird auf der Basis der eingesetzten Auswahlverfahren daher sicherlich eine Summe von vielen Hundert Milliarden Euro eingesetzt und dies jedes Jahr aufs Neue. Aber bleiben wir bei unserer zurückhaltenden Betrachtung. Wenn wir nun schätzen, zu wie viel Prozent die Auswahlverfahren in der Lage sind, die reale Leistung der Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu prognostizieren, so dürften wir kaum mehr als 20 % in Rechnung stellen (Kanning, 2015). In der Konsequenz bedeutet dies, dass mehr als 120 Milliarden pro Jahr nach dem Zufallsprinzip investiert werden. Würde man die Befunde der personalpsychologischen Forschung zur Eignungsdiagnostik praktisch umsetzen, ließen sich viele dieser Milliarden gezielter einsetzen. Monetäre Nutzenanalysen zeigen wiederholt, wie immens hoch der wirtschaftliche Wert einer guter Personalauswahl ist (Görlich & Schuler, 2014). Dies offenbart sich jedoch nur selten für jedermann. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an Spitzenmanager, die entlassen werden, nachdem sie Schäden in Milliardenhöhe verursacht oder sogar ganze Unternehmen mit in den Abgrund gerissen haben (Kanning, 2019a).

Beispiel 2: Jährlich werden in der deutschen Wirtschaft etwa 41 Milliarden Euro in die Weiterbildung investiert (Seyda & Werner, 2021). Schätzungen amerikanischer Forscher gehen davon aus, dass Personalentwicklungsmaßnahmen nur zu etwa 10–50 % eine Wirkung im Berufsalltag entfalten (Baldwin & Ford, 1988; Machin, 2002). Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass Methoden eingesetzt werden, die prinzipiell wirkungslos sind, zum anderen verpuffen viele an sich sinnvolle Seminare und Workshops nach wenigen Wochen, weil die Teilnehmer nichts von den gelernten Inhalten im Arbeitsalltag umsetzen. Je nach Schätzung liegt der wirtschaftliche Verlust somit in einer Größenordnung zwischen 20 und 37 Milliarden Euro (vgl. Abbildung 1-2). Durch eine konsequente Orientierung an Forschungsergebnissen ließe sich hier einiges einsparen oder effizienter nutzen.

Abbildung 1-1:

Wirtschaftliche Effizienz der Personalauswahl

Abbildung 1-2:

Wirtschaftliche Effizienz der Personalentwicklung

Arbeitgeber sind jedoch nicht die Einzigen, die aus einer evidenzbasierten Personalarbeit Nutzen ziehen. Auch Mitarbeiter profitieren davon. Keinem Mitarbeiter ist damit gedient, wenn er einen Arbeitsplatz bekommt, der ihn unter- oder überfordert. Mitarbeiter wollen Kollegen haben, die mit anpacken und keine unnötigen Konflikte erzeugen. Sie sind interessiert an fähigen Führungskräften und an einem System, in dem sich Leistung lohnt. Nützliche Weiterbildung ist für sie ebenso wünschenswert wie für Arbeitgeber.

Kunden und Geschäftspartner haben ein natürliches Interesse daran, dass ihr Kooperationspartner mit verlässlichen Leuten arbeitet und Produkte oder Dienstleistungen anbietet, die ihr Geld wert sind. Konflikte sollten konstruktiv gelöst, und Anregungen zur Verbesserung ernst genommen werden.

Zu guter Letzt ist gute Personalarbeit auch im Interesse der Gesellschaft insgesamt. Zusammenhalt und Wohlstand in der Gesellschaft stehen und fallen mit der wirtschaftlichen Leistungskraft der Unternehmen. Eine Wirtschaft, die ihre Ressourcen effektiver nutzt, produziert mehr Steuern und hält gleichzeitig die Arbeitslosigkeit gering.

1.3 Warum orientieren sich Personaler kaum an der Forschung?

Im Verlauf der folgenden Kapitel wird immer wieder deutlich werden, wie groß die Diskrepanz zwischen den Erkenntnissen der Personalpsychologie und der alltäglichen Praxis der Personalarbeit ist. Hier stellt sich die Frage nach den Ursachen.

Eine Ursache liegt wahrscheinlich in der Vielfalt der beruflichen Zugänge zur Arbeit im Personalwesen. Das Personalwesen ist ein Sammelbecken für Menschen mit unterschiedlichster Ausbildung: Jura, BWL, Pädagogik, Lehramt, Ingenieurswissenschaften, Geographie, Sinologie, Geisteswissenschaften, Psychologie, kaufmännische Ausbildung und vieles mehr. Die wenigsten haben in ihrem Studium eine fundierte empirische Ausbildung genossen und daher auch keinen direkten und positiven Zugang zu Befunden der empirischen Forschung. So mancher Absolvent geisteswissenschaftlicher Fächer ist in seinem Studium niemals mit Forschungsergebnissen konfrontiert worden. Forschungsergebnisse nimmt man daher nicht sonderlich ernst und vertraut lieber der eigenen Meinung und Erfahrung. Diejenigen, die gut ausgebildet sind, müssen mit ihren Kollegen oft faule Kompromisse schließen. So kommen nicht die fachlich besten Methoden zum Einsatz, sondern die, die im Kreis der Kollegen die größte Akzeptanz finden.

WeiterbildungCoachingEine fehlende Fachausbildung ist natürlich kein Gottesurteil, sondern ein Umstand, der sich leicht verändern ließe. Ein Bedürfnis nach fachlicher Weiterbildung setzt allerdings Problembewusstsein voraus. Wer in einem beruflichen Umfeld lebt, dass evidenzbasierte Fachlichkeit nicht einfordert oder sogar abwertet, wird sich kaum die Mühe machen, wissenschaftlich fundierte Weiterbildungen aufzusuchen. De facto verwechseln viele Unternehmen bei der Besetzung von Personalstellen Erfahrung mit Kompetenz. Daher wird Weiterbildung auch nicht entsprechend belohnt. Es reicht, lange genug im Personalwesen zu überleben, um eine hohe Expertise zugeschrieben zu bekommen. Wer dennoch fachliche Weiterbildung sucht, muss erst einmal etwas Niveauvolles finden. Ähnlich wie im Coaching gibt es auch hier keine Qualitätssicherung. Bisweilen könnte man den Eindruck gewinnen, als bewege man sich hier auf einem Heilpraktikermarkt, der für Menschen, die an der Medizin interessiert sind, wenig zu bieten hat. Das Problem wird dadurch verschärft, dass Menschen dazu neigen, ihre eigenen Überzeugungen – auch wenn sie falsch sind – immer wieder zu bestätigen. Wer beispielsweise glaubt, dass unstrukturierte Einstellungsinterviews gute Instrumente der Personalauswahl sind, wird für seine Weiterbildung vor allem solche Quellen suchen, die diese Meinung bestätigen. Informationen oder Quellen, die der eigenen Überzeugung zuwiderlaufen, werden hingegen als unglaubwürdig diskreditiert (Kanning et al., 2023).

PrognosegüteMangelndes Fachwissen führt dazu, dass man die Qualität bestimmter Methoden falsch einschätzt (Varelmann & Kanning, 2018). Beispielsweise glauben Personaler, dass die Dauer der Berufserfahrung, die berufliche Leistung von Bewerbern im Durchschnitt zu fast 55 % prognostizieren kann. Der tatsächliche Wert liegt bei etwa 7 %. Die Prognosegüte von unstrukturierten Interviews schätzen sie auf 41 %. Der tatsächliche Wert liegt zwischen 4 und 14 % (vgl. Kapitel 3). Aus Sicht der Betroffenen handeln Personaler also durchaus rational, wenn sie bei der Vorauswahl viel Wert auf die Berufserfahrung legen und anschließend unstrukturierte Interviews führen. Wüssten sie, wie gering die Prognosewerte tatsächlich sind, hätten sie zumindest eine kleine Chance, das eigene Verhalten zu optimieren.

MessfehlerBauchgefühlMenschenkenntnisPersonaler sind Menschen und neigen als solche dazu, ihrer eigenen Urteilsbildung weitgehend blind zu vertrauen. Mehr noch, viel zu oft glauben sie, die einzige Instanz, der sie vertrauen können, sei ihr Bauchgefühl. Das ist leider eine Illusion. Unzählige Studien zeigen, dass unsere Urteilsbildung zahlreichen, systematischen Fehlern unterliegt (Kanning, 2019a, 2019b; siehe auch Kapitel 3). Hierzu gehört u. a. die Selbstüberschätzung der eigenen Person. Pointiert ausgedrückt könnte man sagen, dass Intuition, Bauchgefühl und Menschenkenntnis Synonyme für das sind, was wir in der Psychologie Messfehler nennen. Wer seinem Bauchgefühl unreflektiert folgt, begeht in systematischer Weise Fehler. Lange Berufserfahrung mag dazu in besonderer Weise verführen, obwohl Studien zeigen, dass Erfahrung nicht vor Urteilsfehlern schützt (Bald & Kanning, 2019; Kanning & Wördekemper, 2019).

Eine kritische Reflexion der eigenen Urteilsbildung ist daher nicht nur die größte Tugend von Führungskräften, sondern auch von Menschen, die im Personalwesen arbeiten. Leider neigen insbesondere Personen mit geringer Kompetenz dazu, ihre eigenen Kompetenzen stark zu überschätzen, während Personen mit hoher Kompetenz dazu neigen, ihre eigenen Kompetenzen zu unterschätzen (Dunning-Kruger-Effekt; Bork & Kanning, 2021; Kruger & Dunning, 1999).

Fachlich gut qualifizierte Personaler haben das Problem, dass dem Personalwesen oft die notwendige Hausmacht fehlt, um im Unternehmen professionelle Personalarbeit durchsetzen zu können. Viel zu viele Unternehmen verstehen das Personalwesen fälschlicherweise als Dienstleistungseinheit, deren Aufgabe darin besteht, die Wünsche der Fachabteilungen zu erfüllen. Im Endergebnis bestimmen dann Laien darüber, wie Personalauswahlverfahren gestaltet oder welche Trainingsmaßnahmen eingekauft werden. Dies ist ungefähr so sinnvoll, als würden bei Daimler die Personaler darüber entscheiden, wie der nächste Motor der S-Klasse gestaltet wird. Hier zeigt sich, dass es dem Personalwesen bis heute in vielen Unternehmen nicht gelungen ist, als gleichwertige Profession neben Ingenieuren oder Kaufleuten angesehen zu werden. Das Personalwesen erscheint vielen als reine Personalverwaltung.

EvaluationEine nicht zu unterschätzende Quelle des Übels ist zudem der Mangel an anspruchsvoller Evaluation. Trainingsmaßnahmen werden in der Regel allein durch subjektive Einschätzungen der Teilnehmer evaluiert, obwohl die Forschung seit Langem zeigt, dass derartige Einschätzungen nichts über den Lernerfolg einer Maßnahme und noch weniger über den Transfer der Inhalte in den Arbeitsalltag aussagt (vgl. Kapitel 9). Ganz ähnlich sieht es bei der Personalauswahl aus. Viel zu oft gilt eine Auswahlentscheidung bereits als Erfolg, wenn der neue Mitarbeiter nicht entlassen werden muss oder nach wenigen Monaten von allein das Weite sucht. Hier dürfte man ruhig ein wenig anspruchsvoller sein. Überträgt man diesen geringen Anspruch auf das Ingenieurswesen, würde man sich damit zufriedengeben, wenn eine neue Brücke nicht schon in den ersten Monaten zusammenbricht oder ein Auto aus eigener Kraft die Werkshallen verlassen kann. In der Personalpraxis fehlen differenzierte Rückmeldungen, die den Verantwortlichen klar vor Augen führen, wie suboptimal oder gut ihre Arbeit tatsächlich ist. Sie können daher aus der eigenen Erfahrung viel weniger lernen als beispielsweise ein Handwerker, der fast immer ein eindeutiges Feedback zur Qualität seiner Arbeit bekommt.

1.4 Literatur zur Vertiefung

Schuler, H. & Kanning, U. P. (Hrsg.). (2014). Lehrbuch der Personalpsychologie (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

Kolumne Wirtschaftspsychologie: www.haufe.de/personal/hr-management

YouTube-Kanal »15 Minuten Wirtschaftspsychologie«: www.youtube.com/UwePeterKanning

2 Personalmarketing

PersonalmarketingZiel des Personalmarketings ist es, eine vakante Stelle und damit einen Arbeitgeber in der Öffentlichkeit so zu präsentieren, dass geeignete Personen auf die Stelle aufmerksam werden und sich auf der Basis einer angemessenen Selbstreflexion für eine Bewerbung entscheiden. Aus potentiellen Bewerbern werden so reale Bewerber. Wenn alles richtig läuft, erhöht sich durch professionelles Personalmarketing die Anzahl der geeigneten Personen im Bewerberpool. Wenn man es falsch angeht, steigt lediglich die absolute Anzahl der Bewerbungen, wobei gleichzeitig der prozentuale Anteil der geeigneten Personen sinkt. Ersteres unterstützt die Bemühungen der Personalauswahl und sorgt dafür, dass die Wahrscheinlichkeit für eine gute Stellenbesetzung steigt. Letzteres führt die Bemühungen der Personalauswahl ad absurdum und reduziert unbeabsichtigt die Wahrscheinlichkeit für eine gute Stellenbesetzung. In diesem Kapitel soll deutlich werden, in welchen Punkten sich gutes und schlechtes Personalmarketing voneinander unterscheiden.

Employer BrandingDer Begriff des Personalmarketings wird dabei in Abgrenzung zum Employer Branding verwendet, obwohl beide Begriffe in der Praxis mitunter auch als Synonyme erscheinen. Das Personalmarketing bezieht sich genuin auf den Prozess der Personalauswahl und hat das Ziel den Bewerberpool positiv zu beeinflussen. Das Employer Branding ist breiter angelegt. Hierbei geht es darum, eine Arbeitgebermarke zu etablieren, die positiv besetzt ist. Im Fokus stehen dabei primär die Menschen, die bereits im Unternehmen arbeiten. Das Ziel ist die Bindung und Motivierung der Beschäftigten. Mittelbar kann ein gutes Employer Branding allerdings auch dem Personalmarketing dienen, nämlich dann, wenn eine positiv besetzte Arbeitgebermarke die Gewinnung geeigneter Bewerber erleichtert.

2.1 Mythen und Missstände

Ein Blick in die Praxis zeigt, dass die Potenziale des Personalmarketings oft nicht genutzt werden. Mehr noch, bisweilen schadet das Personalmarketing sogar der Personalauswahl, ohne dass die Verantwortlichen es merken.

Hier die wichtigsten Mythen und Missverständnisse:

Das primäre Ziel des Personalmarketings besteht darin, die Menge der Bewerbungen zu erhöhen.

Personalmarketing wird als Werbung missverstanden und daher werden die Prinzipien der Produktwerbung auf das Personalmarketing übertragen.

Auf den Webseiten des Arbeitgebers wird die Arbeitsrealität stark positiv verzerrt dargestellt (Hochglanzpräsentation im Hinblick auf Wertschätzung, Autonomie, Kollegialität, Führung, Abwechslung, Entwicklungsmöglichkeiten etc.).

Das Unternehmen formuliert keine oder unrealistisch geringe Anforderungen an die Bewerber.

Die Darstellung des Unternehmens bzw. der Stelle ist betont abstrakt gehalten; Einsatz von Worthülsen.

Die Darstellung ist über verschiedene Unternehmen hinweg austauschbar.

Die Informationen sind sehr kurzgehalten.

Auf den Internetseiten werden Bilder von extrem gut aussehenden und glücklichen Menschen eingesetzt.

Auf die Ästhetik der Internetseite wird mehr Wert gelegt als auf die Inhalte.

In der Außendarstellung stehen (vermeintliche) Werte des Arbeitgebers im Vordergrund, während Fakten über den Arbeitsplatz oder den Arbeitgeber in den Hintergrund treten.

Bewerber werden geduzt.

2.2 Grundlagen

GrundquoteZufallswahrscheinlichkeitStellen wir uns die folgende Situation vor: Auf eine Stellenausschreibung bewerben sich zehn Personen. Nehmen wir ferner an, dass nur eine dieser Personen für die Stelle geeignet ist, während die übrigen neun Personen ungeeignet sind. Die Zufallswahrscheinlichkeit, eine geeignete Person einzustellen – die sog. Grundquote (Taylor & Russel, 1939) – liegt in diesem Fall bei 10 % (vgl. Fall Nr. 1 in Tabelle 2-1). Wäre das anschließende Auswahlverfahren so schlecht wie der Zufall, würde mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % eine Person eingestellt, die im Berufsalltag an den Aufgaben der Stelle scheitert.

ZufallswahrscheinlichkeitPersonalmarketingPersonalauswahlAn dieser Stelle wird deutlich, wie Personalmarketing und Personalauswahl miteinander verzahnt sind. Das Personalmarketing legt die Zufallswahrscheinlichkeit fest, mit der eine geeignete Person eingestellt wird. Je größer diese Zufallswahrscheinlichkeit ausfällt, desto leichter ist später die Aufgabe für die Personalauswahl. Läge die Grundquote beispielsweise bei 80 % – was bedeutet, dass 80 % der Bewerber für die Stelle geeignet sind –, so würde man auch mit einem sehr schlechten Auswahlverfahren immer noch mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geeignete Person einstellen. Umgekehrt gilt, je geringer die Grundquote ist, desto qualitativ besser muss die Personalauswahl sein, um die Schwächen des Personalmarketings bzw. des Arbeitsmarktes ausgleichen zu können.

BewerberpoolViele Menschen denken, dass eine große Bewerberanzahl automatisch zu besseren Ausgangsbedingungen für die Personalauswahl führt, schließlich hat der Arbeitgeber ja dann auch eine größere Auswahl. Diese Sichtweise ist leider falsch. Entscheidend ist in aller Regel nicht die Menge der Bewerber, sondern ihre Qualität – genauer gesagt, die Grundquote. Würde es in unserem Beispielfall gelingen, doppelt so viele Personen anzuziehen und dabei auch die Anzahl der geeigneten Personen im Bewerberpool zu verdoppeln, wäre nichts gewonnen. Die Grundquote läge nach wie vor bei 10 % (vgl. Fall Nr. 2 in Tabelle 2-1). Ist nur eine vakante Stelle zu besetzen, haben sich die erhöhten Investitionen in das Personalmarketing nicht gelohnt.

Mehr noch, schlechtes Personalmarketing kann dem Auswahlprozess sogar schaden. Vermittelt man den potentiellen Bewerbern den Eindruck, die Stelle sei für nahezu jedermann geeignet, der Arbeitgeber sei zudem extrem attraktiv und würde fast jeden einstellen, so wird man mit Leichtigkeit viele Bewerber anziehen. Darunter sind dann aber leider auch viele, die nicht geeignet sind. Dies senkt die Grundquote (Fall Nr. 3 in Tabelle 2-1). Im schlimmsten Fall hat der Arbeitgeber viel Geld ausgegeben und damit – unbeabsichtigt – die Ausgangsbedingungen für die Personalauswahl deutlich verschlechtert. Jetzt muss er zusätzliches Geld in die Hand nehmen, um durch qualitativ bessere Personalauswahl den Schaden wieder zu beheben.

PersonalmarketingGutes Personalmarketing unterstützt den Prozess der Personalauswahl, indem es die Grundquote erhöht, also z. B. dafür sorgt, dass in einem Pool von zehn Bewerbern nicht nur eine Person für die Stelle geeignet ist, sondern drei Personen (Fall Nr. 4 in Tabelle 2-1).

Im Rahmen des Personalmarketings sind somit gleichzeitig zwei Aufgaben zu erfüllen, die zusammengenommen zu einer Steigerung der Grundquote führen:

Das Unternehmen muss sich als attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt der potentiellen Bewerber präsentieren und dadurch Menschen anziehen. Es muss sie dazu anregen, sich zu bewerben.

Gleichzeitig muss es manche der potentiellen Bewerber aber auch entmutigen, nämlich genau diejenigen, die für die vakante Stelle nicht geeignet sind. Es muss die Anforderungen der Stelle deutlich machen und damit zeigen, dass nicht jeder für die Stelle geeignet ist.

Video-Tutorial: Fünf Mythen des Personalmarketings

https://www.youtube.com/watch?v=IsfX5_a9SJc

SelbstselektionDas Ziel des Personalmarketings ist somit die selektive Beeinflussung potentieller Bewerberinnen und Bewerber. Hierzu liefert der Arbeitgeber Informationen, die eine sinnvolle Selbstselektion ermöglichen: Potentielle Bewerberinnen und Bewerber sollen sich selbst dahin gehend hinterfragen, ob sie für die Stelle wirklich geeignet sind. Dies können sie nur dann sinnvoll leisten, wenn der Arbeitgeber im Zuge des Personalmarketings ein realistisches Bild zeichnet und die Anforderungen der Stelle nicht kleinredet.

Fall Nr.

Anzahl der Bewerber

Anzahl geeigneter Bewerber

Grundquote*

1

10

1

10 %

2

20

2

10 %

3

20

1

5 %

4

10

3

30 %

Tabelle 2-1: Prinzip der Grundquote * Zufallswahrscheinlichkeit einen geeigneten Bewerber Bewerberpool zu finden und somit einen »Treffer« zu landen, sofern das Auswahlverfahren keine Validität besitzt.

Die reine Anzahl der Bewerbungen steht eigentlich erst dann im Fokus des Personalmarketings, wenn ein Arbeitgeber weniger Bewerbungen als vakante Stellen hat. Aber auch dann ist es nicht sinnvoll, wahllos Menschen anzusprechen, denn letztlich geht es immer um die Leistung an einem Arbeitsplatz und nicht um die Besetzung eines Stuhls.

2.3 Prozess des Personalmarketings

PersonalentwicklungsbedarfAn Anfang des Personalmarketings steht zunächst eine Analyse des Personalentwicklungsbedarfs (Abbildung 2-1). Der Arbeitgeber muss klären, welche Stellen in welcher Menge zu besetzen sind. Mehr noch, es geht nicht nur um die »Stückzahl«, sondern um die Anforderungen der Stelle. Zu diesem Zweck muss zunächst für jede vakante Stelle eine Anforderungsanalyse durchgeführt werden, denn nur wenn der Arbeitgeber eine differenzierte Vorstellung davon hat, wie der Arbeitsplatz aussieht und welche Anforderungen er an die zukünftigen Mitarbeiter stellt, kann er im Zuge des Personalmarketings darüber auch differenziert Auskunft geben. Wie eine solche Anforderungsanalyse durchzuführen ist, wird in Kapitel 3 beschrieben.

BewerbermarktIn einem zweiten Schritt geht es um eine Analyse des Bewerbermarktes. Stehen passende Bewerber in ausreichender Anzahl auf dem lokalen Arbeitsmarkt zur Verfügung? Wo könnte man sie ggf. gezielt ansprechen? Ist das zu erwartende Qualifikationsniveau ausreichend oder muss man von vornherein mit Nachschulungen rechnen und sollte man daher auch Menschen mit geringerer Qualifikation ansprechen? Welche Bedürfnisse haben die Bewerber und kann man sie ohne Weiteres erfüllen? Zudem geht es um die Frage, welches Image das eigene Unternehmen auf dem Markt der interessierenden Personen hat. Nicht alle diese Fragen lassen sich befriedigend beantworten, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen.

Bei der Beantwortung von Fragen nach Menge und Qualifikation der potentiellen Bewerber helfen ggf. Statistiken zu Hochschulabsolventen oder Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und von Arbeitgeberverbänden.

Generation X, Y, ZBei der Frage nach den Bedürfnissen der Bewerber denken manche Leser vielleicht an die Diskussionen rund um die Generation X, Y, Z. Sie gehen davon aus, dass junge Menschen völlig andere Bedürfnisse und berufliche Ziele verfolgen als Menschen die 10 oder 20 Jahre älter sind. Dies ist nicht der Fall. Studien zeigen, dass die Unterschiede zwischen Vertretern verschiedener Generationen im Mittelwert sehr gering ausfallen und bisweilen den Stereotypen, die in der Personalszene kursieren widersprechen. So interessieren sich beispielsweise junge Menschen stärker für materielle Dinge als ältere Menschen. Sie sind auch leistungsmotivierter und streben weniger nach Autonomie als ältere – und das alles immer nur ein klein wenig (Kanning, 2016a; vgl. Kapitel 6).

Für die Forschung mögen solche Unterschiede interessant sein. Für die Praxis sind sie es kaum. Warum? Zum einem handelt es sich hier um Mittelwertunterschiede, die über große Menschengruppen hinweg gefunden wurden. Dabei verliert man leicht den Blick für die Vielfalt der Unterschiede innerhalb der jeweiligen Gruppe. Zur Generation Y gehören beispielsweise fast 15 Millionen Menschen, zur Generation Z etwa 9 Millionen Menschen, die sich untereinander so stark unterscheiden, wie Menschen an sich unterschiedlich sind. In Unternehmen bewirbt sich nicht der personifizierte Durchschnitt einer Generation, sondern meist nur einige wenige Individuen, die vom Durchschnitt ihrer Generation weit entfernt sein können. Zum anderen sind die Mittelwertunterschiede oft so gering, dass sie für die Praxis irrelevant sind, selbst wenn sich der personifizierte Durchschnitt bewerben würde.

Wer eine Vorstellung von den Bedürfnissen (potentieller) Bewerber bekommen möchte, kommt nicht umhin, sie selbst zu befragen. Dies kann z. B. über die eigene Internetseite geschehen, indem man Besucher einlädt, einen kurzen Fragebogen anonym auszufüllen. Ähnlich ließe sich bei realen Bewerbern oder neu eingestellten Mitarbeitern verfahren. Einen breiteren Einblick in die Bedürfnisse der Zielgruppe erhält man durch größer angelegte Umfragen etwa an Hochschulen. Dies dürfte in aller Regel die Ressourcen der meisten Unternehmen allerdings überfordern.

Auch bei der Analyse des Unternehmensimages kommt man letztlich nicht um anonyme Befragungen herum. Recht pragmatisch wäre die Befragung von Menschen, die die Webseite des Unternehmens besuchen oder die Befragung von realen Bewerbern und neu eingestellten Mitarbeitern. Ein breiterer Blick auf das Image ist dann schon eher eine Aufgabe für Markforschungsinstitute und Hochschulen.

Video-Tutorial: Was kommt nach dem X? Auf der Suche nach der Generation Y

https://www.youtube.com/watch?v=zVof0fqAS_0

Kolumne: Gibt es die Generation Y?

https://www.haufe.de/personal/hr-management/kolumne-wirtschaftspsychologie-gibt-es-die-generation-y_80_424158.html

PersonalmarketingmaßnahmenIm dritten Schritt geht es um die konkrete Gestaltung von Personalmarketingmaßnahmen. Welche Methoden sollen zum Einsatz kommen (z. B. Anzeigen in Jobportalen, Headhunting, Mitarbeiterwerbung)? Welche Botschaften müssen für die Zielgruppe in den Vordergrund gerückt werden? Wie ist die Botschaft visuell zu gestalten? Welches Budget steht zur Verfügung? In welchen Punkten muss das Unternehmen sich langfristig noch verbessern, um den Bedürfnissen gut geeigneter Bewerber besser entsprechen zu können? All dies sind zentrale Fragen, die an dieser Stelle beantwortet werden müssen.

EvaluationDer vierte und letzte Schritt bezieht sich auf die Zeit nach der Durchführung der Personalmarketingmaßnahme. Nun geht es um die Evaluation. Wurden genügend geeignete Personen angezogen? Enthält der Bewerberpool zu viele ungeeignete Personen? Welche Informationskanäle waren besonders effektiv und auf welche könnte man in Zukunft verzichten? Die Evaluation legt die Basis für spätere Marketingmaßnahmen, wenn die Stelle oder vergleichbare Positionen in Zukunft erneut besetzt werden müssen. Ziel der Evaluation ist eine Optimierung des Vorgehens.

Abbildung 2-1:

Prozess des Personalmarketings

2.4 Was macht einen Arbeitgeber attraktiv?

ArbeitgeberattraktivitätGrundsätzlich kann zwischen konkreten und abstrakten (oder symbolischen) Merkmalen eines Arbeitsplatzes bzw. eines Arbeitgebers unterschieden werden.

Konkrete MerkmaleKonkrete Merkmale