Daisy Jones and The Six - Taylor Jenkins Reid - E-Book
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Daisy Jones and The Six E-Book

Taylor Jenkins Reid

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Beschreibung

»Ich habe mich Hals über Kopf in DAISY JONES & THE SIX verliebt.« Reese Witherspoon Daisy Jones, jung, schön, von ihren Eltern vernachlässigt, hat eine klare Stimme und einen starken Willen: Sie möchte mit ihren eigenen Songs auf der Bühne stehen. Als sie zum ersten Mal gemeinsam mit THE SIX auftritt, ist das Publikum elektrisiert von ihr und Billy, dem Leadsänger der Band. Die beiden zusammen sind nicht nur auf der Bühne explosiv und führen die Band zu ihrem größten Erfolg, auch Backstage sprühen die Funken …    »Selten habe ich ein Buch gelesen, das so viel Spaß macht!« Dolly Alderton  »Die Geschichte einer fiktiven Band in der echten Welt.« The New York Times  »Ein Buch, das Mythos und Liebesgeschichte verknüpft, und von dem man hofft, dass es niemals endet.« Elizabeth Gilbert  »Dieses Buch hat alles, was ein gutes Buch über Popmusik braucht - sex, drugs & rock'n roll.« Deutschlandfunk 

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Daisy Jones and The Six

Die Autorin

TAYLOR JENKINS REID wurde in Massachusetts geboren, studierte am Emerson College in Boston und lebt heute mit ihrer Familie in Los Angeles. Bevor sie ihr erstes Buch Neun Tage und ein Jahr schrieb, war sie für verschiedene Zeitungen tätig. Ihre Romane Die sieben Männer der Evelyn Hugo und Daisy Jones & The Six verhalfen ihr zu internationalem Durchbruch, wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt und stürmten die Bestsellerlisten.Von der Autorin ist in unserem Hause außerdem erschienen:Die sieben Männer der Evelyn Hugo

Das Buch

»Dieses Buch hat alles, was ein gutes Buch über Popmusik braucht – Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll.«DEUTSCHLANDFUNK Daisy Jones, jung, schön, von ihren Eltern vernachlässigt, hat eine klare Stimme und einen starken Willen: Sie möchte mit ihren eigenen Songs auf der Bühne stehen. Als sie zum ersten Mal gemeinsam mit THE SIX auftritt, ist das Publikum elektrisiert von ihr und Billy, dem Leadsänger der Band. Die beiden zusammen sind nicht nur auf der Bühne explosiv und führen die Band zu ihrem größten Erfolg, auch Backstage sprühen die Funken – bis eines Tages alles in Flammen steht.»Selten habe ich ein Buch gelesen, das so viel Spaß macht!«DOLLY ALDERTON

Taylor Jenkins Reid

Daisy Jones and The Six

Aus dem Amerikanischen von Conny Lösch

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

ISBN 978-3-8437-2219-3 © 2020 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Covergestaltung: zero-media.net, München nach einer Vorlage von Lauren Wakefield Umschlagmotiv: © B & J /stocksy und © Getty Images Autorinnenfoto: © Scott Witter E-Book-Konvertierung powered by pepyrus.com Alle Rechte vorbehalten.

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Vorbemerkung der Autorin

Daisy Jones Groupie

Der Aufstieg von The Six

It-Girl

Debüt

First

Seven Eight Nine

Die Numbers-Tour

Aurora

Aurora World Tour

Chicago Stadium

Damals und heute

Danksagung

Leseprobe: Die sieben Männer der Evelyn Hugo

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Vorbemerkung der Autorin

Widmung

Für Bernard und Sally Hanes, die ehrlichste Liebesgeschichte aller Zeiten

Vorbemerkung der Autorin

Dieses Buch erzählt die Geschichte der Rockband Daisy Jones & The Six, die in den Siebzigerjahren Berühmtheit erlangte – und sich am 12. Juli 1979 in Chicago, mitten während einer Tournee, plötzlich und aus bislang ungeklärten Gründen auflöste.

Im Verlauf der vergangenen acht Jahre habe ich Interviews mit aktuellen und ehemaligen Bandmitgliedern geführt, ebenso wie mit Verwandten, Freunden und führenden Vertretern der Musikbranche aus dem damaligen Umfeld der Band. Die folgende Oral History setzt sich aus diesen Gesprächen zusammen, wobei teilweise auch E-Mails und Transkripte mit einflossen (die vollständigen Texte der Songs des Albums Aurora sind hinten im Buch abgedruckt).

Obwohl ich mich um einen verständlichen Zugang bemüht habe, muss ich doch zugeben, dass das schier unmöglich war. Einige potenzielle Gesprächspartner ließen sich nur schwer aufspüren, manche waren entgegenkommender als andere, und einige sind – bedauerlicherweise – bereits verstorben.

Zum ersten und einzigen Mal sprechen Mitglieder der Band in diesem Buch über ihre gemeinsame Geschichte. Dabei sollte darauf hingewiesen werden, dass die Berichte über ein und dieselben Ereignisse, große wie kleine, teilweise doch merklich voneinander abweichen.

Die Wahrheit liegt oft unerkannt irgendwo in der Mitte.

Daisy Jones Groupie

1965 – 1972

Daisy Jones wurde 1951 geboren und wuchs in den Hollywood Hills in Los Angeles, Kalifornien, auf. Die Tochter von Frank Jones, dem bekannten britischen Maler, und Jeanne LeFevre, einem französischen Fotomodell, machte sich bereits Ende der Sechzigerjahre als Teenager auf dem Sunset Strip einen Namen.

ELAINE CHANG (Biografin, Autorin von Daisy Jones: Wild Flow­er): Bevor Daisy Jones »Daisy Jones« wurde, faszinierte vor allem Folgendes an ihr: Sie wuchs in L. A. auf, war ein reiches weißes Mädchen und umwerfend schön – schon als Kind. Sie hatte unglaublich große blaue Augen – ein dunkles Kobaltblau. Zu meinen Lieblingsanekdoten über sie gehört, dass ein Unternehmen, das getönte Kontaktlinsen herstellte, einen entsprechenden Farbton entwarf, der als Daisy Blue vermarktet wurde. Sie hatte dickes, lockiges Haar, kupferrot … und einfach wahnsinnig üppig. Ihre Wangenknochen wirkten beinahe wie angeschwollen, so deutlich definiert waren sie. Und sie hatte eine unglaubliche Stimme, die sie gar nicht entwickeln musste, sie hat nie Unterricht genommen. Seit ihrer Geburt hatte sie jede Menge Geld und bekam immer, was sie wollte – Künstler, Drogen, Clubs –, ihr stand alles frei zur Verfügung.

Aber sie hatte niemanden. Keine Geschwister, keine weiteren Angehörigen in Los Angeles. Nur ihre Eltern, und die lebten so sehr in ihrer eigenen Welt, dass ihnen ihre Tochter praktisch egal war. Auch wenn sie nie davor zurückschreckten, sie für ihre Künstlerfreunde Modell stehen zu lassen. Deshalb gibt es so viele Gemälde und Fotos von Daisy als Kind – die Künstler, die bei Daisys Eltern ein und aus gingen, wollten ihre Schönheit festhalten. Es spricht für sich, dass Frank Jones dagegen kein einziges Gemälde von Daisy angefertigt hat. Ihr Vater konzentrierte sich darauf, männliche Akte zu malen, und beachtete seine Tochter kaum. Daisy verbrachte ihre Kindheit relativ einsam.

Dabei war sie eigentlich sehr gesellig und aufgeschlossen – Daisy bat häufig, sich die Haare schneiden lassen zu dürfen, weil sie ihren Friseur so gerne mochte, außerdem führte sie die Hunde der Nachbarn aus. In der Familie wurde darüber gescherzt, dass Daisy einmal sogar eine Geburtstagstorte für den Postboten backen wollte. Das Mädchen suchte dringend Anschluss, denn in ihrem Leben gab es niemanden, der sich wirklich für sie interessierte, ganz besonders nicht ihre Eltern. Und das machte sie ein Stück weit kaputt. Andererseits aber natürlich auch zur Ikone.

Wir lieben schöne, kaputte Menschen. Und kaputter oder im klassischen Sinne schöner als Daisy Jones ging es kaum.

Von daher war es nur folgerichtig, dass Daisy versuchte, sich auf dem Sunset Strip selbst zu finden, diesem glamourösen und verruchten Ort.

DAISY JONES (Sängerin, Daisy Jones & The Six): Ich konnte von zu Hause aus zum Strip laufen. Ich war ungefähr vierzehn, hatte die Nase voll davon, zu Hause zu sitzen, wollte was unternehmen, war eigentlich noch nicht alt genug für die Bars und Clubs, bin aber trotzdem hin.

Ich weiß noch, wie ich einmal, als ich klein war, von einem Roadie der Byrds eine Kippe geschnorrt habe. Ich kapierte schnell, dass man für älter gehalten wird, wenn man keinen BH trägt. Und manchmal band ich mir auch ein Stirnband um, so wie die ganzen coolen Mädchen. Ich wollte zu den Groupies gehören, die da auf dem Gehweg mit ihren Joints und Flachmännern standen.

Eines Abends schnorrte ich also vor dem Whisky a Go Go eine Zigarette – die erste, die ich überhaupt je geraucht habe – und tat dabei so, als würde ich das ständig machen. Ich musste einen Hustenanfall unterdrücken – trotzdem hab ich so gut ich konnte mit dem Mann geflirtet. Ist mir heute peinlich, wenn ich dran denke, wie unbeholfen ich damals war.

Aber schließlich kam so ein Typ zu dem Roadie und sagte: »Wir müssen rein und die Verstärker aufbauen.« Und er drehte sich zu mir um und fragte: »Kommst du mit?« So kam ich zum ersten Mal ins Whisky.

Ich bin bis drei oder vier Uhr morgens geblieben. So was hatte ich vorher noch nie gemacht. Aber plötzlich war das, als würde ich existieren. Ich war Teil von etwas. An dem Abend ging es für mich von null auf hundert. Ich rauchte und trank alles, was ich in die Finger bekam.

Als ich wieder zu Hause war, fiel ich betrunken und stoned durch die Haustür und direkt ins Bett. Ich bin sicher, meine Eltern hatten nicht mal gemerkt, dass ich ausgegangen war.

Ich stand auf und ging am nächsten Abend wieder aus, machte wieder genau dasselbe.

Irgendwann kannten mich die Rausschmeißer auf dem Strip und ließen mich überall rein. Ins Whisky, ins London Fog, ins Riot House. Wie alt ich war, hat niemanden interessiert.

GREG MCGUINESS (ehemaliger Portier, Continental Hyatt House): Ah, Mann, ich weiß nicht, wie lange Daisy schon vor dem Hyatt House rumhing, bis sie mir aufgefallen ist. Aber ich weiß noch, wie ich sie das erste Mal gesehen habe. Ich war am Telefonieren, als so ein wahnsinnig großes, dünnes Mädchen mit Ponyfransen reinkam. Und den größten blauen Kulleraugen, die du je in deinem Leben gesehen hast, Mann. Außerdem hatte sie so ein Lächeln. Ein wahnsinnig breites Grinsen. Sie kam am Arm von einem Typen rein. Weiß nicht mehr, wer das war.

Viele Mädchen damals auf dem Strip, ich meine, die waren jung, aber sie versuchten, älter zu wirken. Dagegen war Daisy einfach so, wie sie war. Machte nicht den Eindruck, als wollte sie irgendwie anders wirken. Anders als sie selbst.

Danach ist mir aufgefallen, dass sie ganz schön oft am Hotel war. Sie lachte viel und hatte so gar nichts Abgebrühtes, zumindest nicht, als ich sie kannte. Das war, als würde man Bambi beim Laufenlernen zusehen. Sie war echt naiv und wirklich verletzlich, aber man merkte, dass sie was hatte.

Ehrlich gesagt hatte ich ein bisschen Angst um sie. Da waren so viele Männer in der Szene unterwegs, die … auf junge Mädchen standen. Rockstars über dreißig, die mit Teenagern schliefen. Ich sag nicht, dass das okay war, ich sag nur, wie’s war. Wie alt war Lori Mattix, als sie mit Jimmy Page zusammen war? Vierzehn? Und Sable Starr, als sie was mit Iggy Pop anfing? Er hat sogar drüber gesungen, Mann. Hat damit rumgeprahlt.

Und bei Daisy – ich meine, die Sänger, die Gitarristen, die Roadies –, alle haben sie angeglotzt. Wenn ich sie gesehen habe, habe ich möglichst drauf geachtet, dass es ihr gut ging. Hab sie hier und da im Auge behalten. Weil ich sie wirklich gerne mochte. Sie war einfach cooler als alle anderen um sie herum.

DAISY: Was es mit dem Sex und der Liebe auf sich hat, habe ich auf die harte Tour gelernt. Dass Männer sich einfach nehmen, was sie wollen, und glauben, sie seien einem hinterher nichts schuldig. Und dass manche Menschen nur das eine von dir wollen.

Ich denke schon, dass es Mädchen gab – die Plaster Casters und auch welche von den GTOs –, die sich vielleicht nicht so sehr ausnutzen ließen, keine Ahnung. Aber am Anfang war das eine schlimme Szene für mich.

Meine Jungfräulichkeit verlor ich an jemanden, der … ist egal, wer er war. Er war älter, ein Schlagzeuger. Wir waren in der Lobby vom Riot House und er hat mich eingeladen, mit ihm nach oben zu kommen, ein paar Lines zu ziehen. Er sagte, ich sei das Mädchen seiner Träume.

Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, weil er sich zu mir hingezogen fühlte. Ich wollte, dass mich jemand als etwas Besonderes sieht. Ich wollte so unbedingt, dass sich jemand für mich interessiert.

Bevor ich wusste, wie mir geschah, lagen wir auf seinem Bett. Er fragte, ob ich wüsste, was ich tue, und ich sagte Ja, obwohl die Antwort natürlich Nein hätte lauten müssen, aber alle redeten von freier Liebe und dass Sex was Gutes sei. Wenn man cool war, wenn man hip war, dann stand man auf Sex.

Ich hab die ganze Zeit nur an die Decke gestarrt und gewartet, dass er fertig wird. Ich wusste, dass ich mich hätte bewegen sollen, aber ich blieb einfach ganz still liegen, hatte viel zu viel Angst, um mich zu rühren. Im Zimmer konnte man nichts hören, außer dem Scheuern unserer Klamotten auf der Überdecke.

Ich hatte keine Ahnung, was ich da machte oder warum ich es machte, obwohl ich es nicht machen wollte. Aber inzwischen habe ich in meinem Leben schon eine Menge Therapiesitzungen hinter mir. Und damit meine ich wirklich eine ganze Menge Therapiesitzungen. Jetzt verstehe ich’s. Ich verstehe mich ganz eindeutig. Ich wollte bei diesen Männern sein – diesen Stars –, weil ich nicht wusste, wie ich ohne sie von Bedeutung hätte sein können. Und ich dachte, ich müsste ihnen gefallen, wenn ich bleiben wollte.

Als er fertig war, stand er auf. Ich zog mein Kleid runter, und er sagte: »Wenn du zu deinen Freundinnen gehen willst, dann ist das in Ordnung.« Ich hatte eigentlich gar keine Freundinnen, aber ich wusste, dass er damit sagen wollte, ich sollte gehen. Also hab ich das gemacht.

Er hat nie wieder mit mir geredet.

SIMONE JACKSON (Discostar): Ich erinnere mich, dass ich Daisy eines Nachts im Whisky auf der Tanzfläche gesehen habe. Alle haben sie gesehen. Sie zog einfach sämtliche Blicke an. Wenn der Rest der Welt Silber war, dann war Daisy Gold.

DAISY: Simone wurde meine beste Freundin.

SIMONE: Ich hab Daisy überall mit hingeschleppt. Ich hatte nie eine Schwester.

Ich weiß noch … das war der Sunset Strip Riot, als wir alle runter zum Pandora’s sind und gegen die Sperrstunde und die Bullen demonstriert haben. Daisy und ich sind los, haben demonstriert, haben uns mit ein paar Schauspielern getroffen und sind direkt zu Barney’s Beanery weiter zum Feiern. Danach ging’s zu irgendwem nach Hause. Daisy ist auf der Terrasse ohnmächtig geworden. Erst am nächsten Nachmittag kamen wir wieder nach Hause. Da war sie vielleicht fünfzehn. Ich wahrscheinlich neunzehn. Ich dachte immer: Bedeutet dieses Mädchen denn niemandem was außer mir?

Übrigens waren wir damals alle auf Speed, auch Daisy, so jung, wie sie war. Aber wenn man dünn sein und die ganze Nacht wach bleiben wollte, nahm man das. Meistens Bennies oder Black Beauties.

DAISY: Diätpillen waren immer eine gute Wahl. Wobei man gar nicht das Gefühl hatte, überhaupt eine Wahl zu haben. Auch nicht das Gefühl, jedenfalls am Anfang, dass man high wurde. Das war bei Koks auch so. Wenn was da war, hat man eine Nase voll geschnieft. Das galt gar nicht als Sucht. So war das nicht.

SIMONE: Mein Produzent kaufte mir eine Wohnung im Laurel Canyon. Er wollte mit mir schlafen. Ich hab ihm gesagt, ich will nicht, aber er hat sie mir trotzdem gekauft, und ich hab Daisy dort mit einziehen lassen.

Zum Schluss haben wir uns sechs Monate lang ein Bett geteilt. Deshalb kann ich aus erster Hand versichern, dass das Mädchen niemals geschlafen hat. Wenn ich um vier Uhr morgens pennen wollte, bestand Daisy darauf, das Licht anzulassen, damit sie noch lesen konnte.

DAISY: Ich litt lange unter ziemlich heftiger Schlaflosigkeit, schon als Kind. Ich war um elf Uhr wach und beteuerte, ich sei nicht müde. Meine Eltern haben mich nur angeschrien: »Geh endlich ins Bett.« Deshalb habe ich mir mitten in der Nacht immer irgendeine stille Beschäftigung gesucht. Meine Mutter hatte solche Liebesromane rumliegen, die hab ich gelesen. Um zwei Uhr morgens, wenn meine Eltern unten eine Party feierten, saß ich bei brennendem Licht im Bett und schmökerte in Doktor Schiwago oder Peyton Place.

Und dann wurde das zur Gewohnheit. Ich hab alles gelesen, was gerade herumlag, war nicht wählerisch. Thriller, Krimis, Science-Fiction.

Ungefähr zu der Zeit, als ich zu Simone zog, fand ich am Straßenrand oben in Beachwood Canyon eine Kiste mit historischen Biografien. Die hab ich in null Komma nichts verschlungen.

SIMONE: Ich sag’s ja, sie ist der einzige Grund, warum ich angefangen habe, eine Schlafmaske zu tragen (lacht). Ich hab’s dann beibehalten, weil’s einfach schick ausgesehen hat.

DAISY: Ich hatte schon zwei Wochen bei Simone gewohnt, als ich das erste Mal nach Hause bin, um mehr Klamotten zu holen.

Mein Vater fragte: »Hast du heute Morgen die Kaffeemaschine kaputt gemacht?«

Ich antwortete: »Dad, ich wohne nicht mal mehr hier.«

SIMONE: Ich hab ihr gesagt, dass sie in die Schule gehen muss, das war die Bedingung dafür, dass sie bei mir wohnen durfte.

DAISY: Die Highschool ist mir nicht leichtgefallen. Ich wusste, dass ich machen musste, was ich gesagt bekam, wenn ich eine Eins haben wollte. Aber ich wusste auch, dass vieles von dem, was man uns beibrachte, Blödsinn war. Ich erinnere mich noch, dass ich einmal einen Aufsatz über die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus schreiben sollte. Und ich schrieb, dass Kolumbus Amerika gar nicht entdeckt hat. Und das stimmt ja auch, er hat Amerika nicht entdeckt, trotzdem bekam ich eine Sechs.

Ich sagte zu meiner Lehrerin: »Aber ich hab doch recht.«

Und sie meinte: »Du hast das Thema verfehlt.«

SIMONE: Sie war so schlau, und ihre Lehrer haben das offenbar gar nicht richtig kapiert.

DAISY: Es heißt immer wieder, ich hätte keinen Highschool-Abschluss, hab ich aber. Als ich auf die Bühne ging, um mir mein Zeugnis abzuholen, hat mir Simone zugejubelt. Sie war so stolz auf mich. Und allmählich war ich dadurch auch selbst stolz. An dem Abend hab ich mein Zeugnis aus dem Umschlag gezogen, es zusammengefaltet und in meiner Ausgabe von Das Tal der Puppen als Lesezeichen benutzt.

SIMONE: Als mein erstes Album floppte, ließ mich meine Plattenfirma fallen. Mein Produzent warf uns aus der Wohnung. Ich musste mir einen Job als Kellnerin suchen und zog bei meiner Cousine in Leimert Park ein. Daisy musste wieder zurück zu ihren Eltern.

DAISY: Ich hab einfach meinen Kram bei Simone zusammengepackt und bin zurück zu meinen Eltern. Als ich zur Tür her­einkam, war meine Mom am Telefonieren und hat dabei eine Zigarette geraucht.

Ich sagte: »Hey, ich bin wieder da.«

Sie erwiderte: »Wir haben ein neues Sofa.« Dann hat sie einfach weiter am Telefon gequatscht.

SIMONE: Daisy hat ihre Schönheit von ihrer Mutter. Jeanne hat umwerfend ausgesehen. Ich weiß noch, dass ich ihr damals ein paarmal begegnet bin. Große Augen, sehr volle Lippen. Sie hatte so eine gewisse Sinnlichkeit. Die Leute haben Daisy dauernd erzählt, sie würde wie ihre Mutter aussehen. Sie sahen sich wirklich ähnlich, aber ich wäre nicht auf die Idee gekommen, Daisy das zu sagen.

Ich glaube, irgendwann habe ich mal zu Daisy gesagt: »Deine Mom ist schön.«

Daisy meinte: »Schön, aber mehr auch nicht.«

DAISY: Als ich aus Simones Wohnung musste, wurde mir zum ersten Mal klar, dass ich mich nicht einfach nur rumtreiben und bei anderen Leuten durchschmarotzen konnte. Ich glaube, da war ich vielleicht siebzehn. Ich habe mich zum ersten Mal gefragt, ob mein Leben einen Sinn hat.

SIMONE: Manchmal war Daisy bei mir, hat geduscht oder abgewaschen. Ich hörte sie Janis Joplin oder Johnny Cash singen. »Mercedes Benz« hat sie wahnsinnig gerne gesungen, und es klang besser als bei irgendjemand sonst. Ich wollte einen neuen Plattenvertrag bekommen – nahm ständig Gesangsunterricht, arbeitete echt hart daran –, aber Daisy … Ihr ist das so leichtgefallen, am liebsten hätte ich sie dafür gehasst. Aber es ist gar nicht so einfach, Daisy zu hassen.

DAISY: Eine meiner Lieblingserinnerungen ist … Simone und ich fuhren zusammen runter nach La Cienega, wahrscheinlich in dem BMW, den ich damals hatte. Inzwischen steht da so ein riesiges Einkaufszentrum, aber damals war’s noch das Record Plant. Ich weiß nicht mehr, wo wir eigentlich hinwollten. Wahrscheinlich zu Jan, ein Sandwich holen. Aber wir hörten uns Tapestry an, und es lief »You’ve Got a Friend«. Simone und ich sangen laut mit Carole King mit. Aber gleichzeitig hörte ich mir auch den Text an. Und ich hab’s wirklich gespürt. Dieser Song hat mich immer so dankbar dafür gemacht, dass ich sie habe. Simone.

Das schenkt einem so eine Art Frieden, wenn man weiß, dass es auf der Welt jemanden gibt, der alles für einen tun würde und für den man auch umgekehrt alles tut. Bei ihr hatte ich zum ersten Mal dieses Gefühl. Mir kamen fast die Tränen, als wir den Song im Wagen hörten. Ich drehte mich zu Simone um, machte den Mund auf und wollte etwas sagen, aber sie nickte nur und sagte: »Ich auch.«

SIMONE: Ich hatte mir vorgenommen, Daisy dazu zu bringen, etwas aus ihrer Stimme zu machen. Aber Daisy hat absolut nichts getan, was sie nicht tun wollte. Und inzwischen wusste sie ziemlich genau, was sie wollte. Als ich sie kennenlernte, war sie noch ein bisschen naiv, aber inzwischen war sie tougher geworden (lacht).

DAISY: Damals hatte ich ein paar Typen getroffen, unter anderem auch Wyatt Stone von The Breeze, aber ich empfand nicht dasselbe für ihn wie er für mich. Eines Abends rauchten wir einen Joint auf dem Dach seines Apartmenthauses drüben in Santa Monica, und Wyatt sagte: »Ich liebe dich so sehr, ich verstehe nicht, wieso du mich nicht liebst.«

Ich erwiderte: »Ich liebe dich so, wie ich bereit bin, jemanden zu lieben.« Was stimmte. Zu dem Zeitpunkt war ich eigentlich nicht bereit, mich gegenüber irgendjemandem verletzbar zu machen. Ich war viel zu jung und bereits viel zu sehr verletzt worden. Ich wollte das nicht mehr.

An jenem Abend, also nachdem Wyatt ins Bett gegangen war, konnte ich nicht schlafen. Ich entdeckte einen Zettel mit einem Song, den er gerade geschrieben hatte, und der handelte eindeutig von mir. Irgendwie ging es um eine Rothaarige, und auch die Kreolen, die ich immer trug, kamen darin vor.

Und im Refrain stand, ich hätte ein großes Herz, aber es gäbe keine Liebe darin. Ich sah mir den Text an und dachte: Stimmt doch gar nicht. Der versteht mich überhaupt nicht. Ich dachte eine Weile darüber nach, dann nahm ich einen Zettel und einen Stift und schrieb ein paar Sachen auf.

Als Wyatt aufwachte, sagte ich: »Dein Refrain müsste eher so lauten: »Big eyes, big soul / big heart, no control / but all she got to give is tiny love.« Er riss mir den Stift und den Zettel aus der Hand und meinte: »Sag das noch mal.« Ich antwortete: »War nur ein Beispiel. Schreib deinen verdammten Song selbst.«

SIMONE: »Tiny Love« war der größte Hit, den Breeze je hatten. Und Wyatt tat, als hätte er ihn komplett selbst geschrieben.

WYATT STONE (Leadsänger, The Breeze): Wie kommst du dar­auf? Das ist so lange her. Wer kann sich überhaupt noch dran erinnern?

DAISY: Allmählich bekam das Methode. Einmal frühstückte ich mit einem Typen in Barney’s Beanery – so einem Autor-Regisseur. Damals bestellte ich zum Frühstück immer Champagner. Aber ich war morgens auch immer müde, weil ich nie genug schlief. Also brauchte ich Kaffee. Natürlich konnte ich nicht einfach nur Kaffee bestellen, weil ich dann zusammen mit den Pillen, die ich geschluckt habe, völlig drüber gewesen wäre. Aber nur den Champagner hätte ich auch nicht trinken können, dann wäre ich eingeschlafen. Das war das Problem. Also hab ich immer Champagner und Kaffee zusammen bestellt. In Restaurants, in denen mich die Kellner kannten, nannte ich das ein Up and Down. Was zum Aufwachen und was zum Runterkommen. Dieser Typ fand das wahnsinnig witzig und meinte: »Eines Tages benutze ich das irgendwo.« Er hat es sich auf einer Serviette notiert und in die Tasche gesteckt. Ich dachte: Wie zum Teufel kommst du drauf, dass ich das nicht eines Tages selbst benutze? Aber natürlich kam es gleich in seinem nächsten Film vor.

So war das damals. Ich sollte Männern immer nur als Inspiration für ihre großartigen Ideen dienen.

Na ja, scheiß drauf.

Ich fing an, meine eigenen Sachen zu schreiben.

SIMONE: Ich war die Einzige, die sie ermutigt hat, was aus sich und ihrem Talent zu machen. Alle anderen wollten nur was aus sich selbst machen, und zwar mit dem, was sie von ihr geklaut hatten.

DAISY: Ich hatte absolut kein Interesse daran, jemandes Muse zu sein.

Ich bin nicht die Muse.

Ich bin der Jemand.

Punkt.

Der Aufstieg von The Six

1966 – 1972

The Six fingen als Bluesrockband mit dem Namen The Dunne Brothers Mitte der Sechziger in Pittsburgh, Pennsylvania, an. Billy und Graham Dunne wuchsen als Kinder bei ihrer alleinerziehenden Mutter Marlene Dunne auf. Der Vater, William Dunne sen., hatte die Familie 1954 verlassen.

BILLY DUNNE (Leadsänger, The Six): Ich war sieben, als Dad weg ist, Graham war fünf. Eine meiner ersten Erinnerungen ist die, dass Dad uns erzählt, er würde nach Georgia ziehen. Ich fragte, ob ich mitkommen dürfte, und er sagte Nein.

Aber er ließ seine alte Silvertone-Gitarre da. Graham und ich stritten ständig, wer darauf spielen durfte. Wir haben praktisch gar nichts anderes mehr gemacht. Niemand hat es uns beigebracht, wir haben es uns selbst beigebracht.

Als ich älter wurde, blieb ich manchmal nach dem Unterricht länger in der Schule und klimperte auf dem Klavier im Musiksaal herum.

Ich war ungefähr fünfzehn, da hat Mom ein bisschen Geld gespart und Graham und mir eine alte Strat zu Weihnachten gekauft. Graham wollte sie haben, also überließ ich sie ihm. Dafür behielt ich die Silvertone.

GRAHAM DUNNE (Leadgitarrist, The Six): Als Billy und ich erstmals jeder eine Gitarre hatten, fingen wir gleich an, uns zusammen neue Songs auszudenken. Ich wollte die Silvertone, aber ich merkte, dass sie Billy mehr bedeutete. Also hab ich die Strat genommen.

BILLY: Von da aus hat sich alles Weitere entwickelt.

GRAHAM: Billy beschäftigte sich ernsthaft mit Songwriting, mit dem Texteschreiben. Er redete über nichts anderes mehr als Bob Dylan. Ich war eher Roy-Orbison-Fan.

Ich glaube, wir hatten beide Sternchen in den Augen – wir wollten die Beatles werden. Aber damals wollten alle die Beatles werden. Erst waren es die Beatles und dann die Stones.

BILLY: Für mich gab es nur Dylan und Lennon. Freewheelin’ Bob Dylan und A Hard Day’s Night. Das waren einfach … Ich meine … die beiden waren meine Vorbilder.

Als Teenager taten sich die beiden Brüder 1967 mit dem Schlagzeuger Warren Rhodes, dem Bassisten Pete Loving und dem Rhythmusgitarristen Chuck Williams zusammen.

WARREN RHODES (Schlagzeuger, The Six): Als Schlagzeuger braucht man eine Band. Das ist nicht wie bei Sängern oder Gitarristen – man kann nicht alleine auftreten. Kein Mädchen hat je zu mir gesagt: »Oh, Warren, spiel mir den Beat von ›Hey Joe‹ vor.«

Aber ich wollte dabei sein. Mann, ich hatte The Who gehört, The Kinks, The Yardbirds und so weiter. Ich wollte wie Keith Moon sein, wie Ringo oder Mitch Mitchell.

BILLY: Wir mochten Warren auf Anhieb. Und danach war’s leicht, Pete zu bekommen. Er ging mit uns in die Schule, spielte Bass bei so einer Highschool-Band, die bei unserem Abschlussball aufgetreten ist. Als die sich auflöste, sagte ich zu Pete: »Komm, steig bei uns ein.« Er war immer echt cool, er wollte einfach nur rocken.

Dann war da noch Chuck. Chuck war ein paar Jahre älter als wir alle und wohnte ein bisschen weiter weg. Aber Pete kannte ihn und schwor auf ihn. Chuck war echt super aufgeräumt – breites Kinn, blonde Haare und so. Wir ließen ihn vorspielen, und er war an der Rhythmusgitarre einfach besser als ich.

Aber ich wollte sowieso Frontmann sein, und da wir jetzt zu fünft waren, ging das.

GRAHAM: Wir sind sehr schnell sehr viel besser geworden. Wir haben ständig geprobt.

WARREN: Tagein, tagaus. Ich bin aufgewacht, hab meine Drumsticks geschnappt und bin rüber zu Billy und Graham in die Garage. Wenn ich am Abend blutige Daumen hatte, war’s ein guter Tag gewesen.

GRAHAM: Ich meine, was hätten wir sonst machen sollen? Keiner von uns hatte eine Freundin, außer Billy. Alle Mädchen wollten mit Billy gehen. Und ich schwöre, mir kam’s vor, als wäre Billy jede Woche in ein neues Mädchen verliebt. Er war immer schon so gewesen.

In der Grundschule hatte er seine Lehrerin in der zweiten Klasse gefragt, ob sie mit ihm gehen will. Mom hat immer erzählt, er sei schon verrückt nach Mädchen auf die Welt gekommen. Und scherzte, dass ihm das noch mal zum Verhängnis werden würde.

WARREN: Wir spielten auf Privatpartys, hier und da auch mal in einer Bar. Das ging ungefähr sechs Monate lang so, vielleicht ein bisschen länger. Wir wurden mit Bier bezahlt. Gar nicht schlecht, wenn man noch minderjährig ist.

GRAHAM: Wir trieben uns nicht immer unbedingt in den, sagen wir mal, nobelsten Läden herum. Hin und wieder kam’s wegen irgendwas zu Prügeleien, und man musste aufpassen, nicht ins Kreuzfeuer zu geraten. Einmal spielten wir in so einer Spelunke, und ganz vorne stand einer, der wohl ein bisschen zu viel intus hatte. Der haute plötzlich verschiedenen Leuten einfach so eine rein. Ich kümmerte mich um meinen eigenen Scheiß, spielte meine Riffs, aber dann hatte er’s plötzlich auf mich abgesehen! Es ging alles blitzschnell. Bumm. Er lag am Boden. Billy hatte ihn ausgeknockt.

Das hatte Billy schon gemacht, als wir noch klein waren. Da war ich auf dem Weg zum Supermarkt gewesen, als mich ein Junge bedrohte und mir meine wenigen Kröten abnehmen wollte. Billy kam auf uns zugerannt und hat ihn einfach umgehauen.

WARREN: Damals musste man aufpassen, in Billys Hörweite nichts Blödes über Graham zu sagen. Weißt du, Graham war am Anfang gar nicht so gut. Ich weiß noch, einmal haben Pete und ich zu Billy gesagt: »Vielleicht sollten wir Graham ersetzen.« Und Billy meinte: »Sagt das noch mal, dann ersetzen Graham und ich euch alle beide« (lacht). Ehrlich gesagt fand ich das cool. Ich dachte: Na schön, dann halte ich mich raus. Hat mir nie was ausgemacht, dass Billy und Graham dachten, die Band gehört ihnen. Ich hab mich als vorübergehend angeheuerter Schlagzeuger betrachtet. Ich wollte einfach nur Spaß haben und in einer guten Band spielen.

GRAHAM: Inzwischen traten wir so oft auf, dass einige in der Stadt wussten, wer wir waren. Und Billy wurde auch als Leadsänger besser. Er hatte einen Look, weißt du. Hatten wir alle. Wir hörten auf, uns die Haare zu schneiden.

BILLY: Ich trug nur noch Jeans und stand auf so richtig fette Gürtelschnallen.

WARREN: Graham und Pete hatten meistens so enge T-Shirts an, und ich hab immer gesagt: »Ich kann eure Nippel sehen.« Aber sie fanden das cool.

BILLY: Wir wurden für so eine Hochzeit engagiert. War eine große Sache. Eine Hochzeit bedeutete, dass uns ungefähr hundert Leute hören würden. Ich glaube, ich war neunzehn.

Wir hatten dem Paar unseren besten Song vorgespielt. Das war so ein langsamer folky Song, den ich geschrieben hatte, er hieß »Nevermore«. Wenn ich nur dran denke … wird mir ganz anders. Ehrlich. Er handelte von den Catonsville Nine oder so. Ich hielt mich für Dylan. Aber wir bekamen den Gig. Ungefähr nach der ersten Hälfte unseres Auftritts fiel mir so ein Typ in seinen Fünfzigern auf, der mit einer Zwanzigjährigen tanzte, und ich dachte: Weiß der eigentlich, wie widerlich das aussieht?

Dann hab ich kapiert, dass es mein Dad war.

GRAHAM: Unser Vater war da mit so einem jungen Mädchen, so alt wie wir. Ich glaub, ich hab’s zuerst gemerkt, dann Billy. Ich hab ihn anhand der Bilder erkannt, die unsere Mom in einem Schuhkarton unter dem Bett aufbewahrt hat.

BILLY: Ich konnte es nicht fassen. Zu dem Zeitpunkt war er schon zehn Jahre weg gewesen. Angeblich in Georgia. Und jetzt stand das Arschloch einfach mitten auf der Tanzfläche und hatte keine Ahnung, dass da auf der Bühne seine Söhne spielten. Es war so lange her, dass er uns zuletzt gesehen hatte, er hat uns gar nicht mehr erkannt. Weder unsere Gesichter noch unsere Stimmen, gar nichts.

Als wir mit dem Auftritt fertig waren, sah ich ihn von der Tanzfläche verschwinden. Er sah uns nicht mal an. Ich meine, was für ein Soziopath muss man sein, um die eigenen Söhne nicht zu erkennen, wenn sie direkt vor einem stehen? Wie ist das überhaupt möglich?

Da schaltet doch die Biologie ein, meiner Erfahrung nach. Man trifft jemanden und man weiß, ob es das eigene Kind ist. Und wenn ja, dann liebt man es. So funktioniert das.

GRAHAM: Billy hat ein paar von den Gästen über ihn ausgefragt. Wie sich herausstellte, lebte unser Vater nur ein paar Ortschaften weiter und war mit der Familie der Braut befreundet oder so. Billy hat gekocht vor Wut, er meinte: »Der hat uns nicht mal erkannt.« Ich dachte eigentlich, dass er uns wahrscheinlich schon erkannt hat, aber nicht wusste, was er sagen sollte.

BILLY: Das macht dich fertig, wenn sich dein eigener Vater nicht genug für dich interessiert, um auch nur Hallo zu sagen. Ich meine, das war kein Selbstmitleid, ich saß nicht da und fragte mich, warum er mich nicht liebt … Das war eher: Aha, so finster kann es also zugehen auf der Welt. Einige Väter lieben ihre Söhne nicht.

Da hab ich gelernt, wie ich später nicht sein wollte.

GRAHAM: Außerdem kam er mir sowieso wie ein besoffenes Arschloch vor. Wir konnten froh sein, dass wir ihn los waren.

BILLY: Als die Hochzeitsfeier zu Ende war und alle einpackten, hatte ich ein paar Bier zu viel intus … Und ich sah so eine Frau, die als Cocktailkellnerin an der Hotelbar gearbeitet hat (lächelt). Ein wunderschönes Mädchen. Ganz lange braune Haare bis zur Taille, dazu große braune Augen. Ich steh auf braune Augen. Ich weiß noch, dass sie auch so ein kurzes blaues Kleid anhatte. Sie war klein. Und das gefiel mir.

Ich stand da in der Hotellobby, wollte eigentlich zum Transporter. Sie bediente gerade einen Gast an der Bar. Wenn man sie beobachtete, merkte man gleich, dass sie sich keinen Scheiß gefallen lassen würde, von niemandem.

CAMILA DUNNE (Ehefrau von Billy Dunne): Mann, hat der gut ausgesehen … Schlank, aber trotzdem muskulös, das war immer schon mein Typ gewesen. Und er hatte so dichte Wimpern, strahlte so ein Selbstvertrauen aus. Dazu grinste er breit. Als ich ihn in der Lobby sah, dachte ich: Wieso kann ich nicht mal so einen kennenlernen? Das weiß ich noch.

BILLY: Ich bin in der Bar direkt auf sie zu, einen Verstärker in der einen Hand und eine Gitarre in der anderen. Ich sagte: »Miss? Dürfte ich bitte Ihre Nummer haben?«

Sie stand an der Kasse, eine Hand auf die Hüfte gestützt, lachte mich an und schaute irgendwie schief. Ich weiß nicht mehr genau, was sie gesagt hat, aber es war so was wie: »Und wenn du nicht mein Typ bist?«

Ich beugte mich über den Tresen und sagte: »Ich heiße Billy Dunne. Ich bin der Sänger der Dunne Brothers. Und wenn du mir deine Nummer gibst, schreib ich einen Song für dich.«

Damit hab ich sie rumgekriegt. Funktionierte nicht bei jeder, aber bei den Guten normalerweise schon.

CAMILA: Ich bin nach Hause und erzählte meiner Mom, ich hätte jemanden kennengelernt. Sie fragte nur: »Ist er nett?«

Und ich antwortete: »Weiß nicht« (lacht). Nett war nie so mein Ding.

Über den Sommer und Herbst 1969 hatten die Dunne Brothers immer mehr Auftritte in Pittsburgh und den umliegenden Städten.

GRAHAM: Als Camila immer öfter mitkam, dachte ich, sie würde es auch nicht länger überstehen als die anderen. Aber ich hätte wissen müssen, dass sie anders war. Ich meine, als ich ihr das erste Mal begegnet bin, war sie mit einem Tommy-James-­T-Shirt zu einem unserer Gigs erschienen. Sie kannte sich aus mit guter Musik.

WARREN: Wir anderen schleppten immer öfter Frauen ab, Mann. Aber Billy hat sich freiwillig vom Markt genommen. Wir waren mit den ganzen Mädchen zusammen, aber er saß da, rauchte einen Joint und trank Bier einfach nur zum Zeitvertreib.

Einmal kam ich aus dem Zimmer von einem Mädchen, zog mir den Reißverschluss hoch. Billy saß auf dem Sofa und guckte Dick Cavett. Ich sagte: »Mann, du musst deine Freundin absägen.« Ich meine, wir mochten Camila alle, sie war clever und hat einem immer direkt ihre Meinung ins Gesicht gesagt, was mir gefallen hat. Aber komm schon …

BILLY: Ich war vorher auch schon verknallt gewesen, hatte von Liebe gesprochen. Aber als ich Camila kennengelernt habe, war das was ganz anderes. Sie hat einfach … Durch sie hat die Welt für mich einen Sinn bekommen. Durch sie konnte ich sogar mich selbst besser leiden.

Sie kam zu den Proben, hat sich meine neuen Sachen angehört und mir echt richtig gutes Feedback dafür gegeben. Sie strahlte so eine Ruhe aus wie sonst niemand. Wenn ich mit ihr zusammen war, kam es mir vor, als wüsste ich, dass alles gut wird. Das war, als würde ich dem Polarstern folgen.

Weißt du, ich glaube, Camila wurde schon zufrieden geboren. Anders als andere hatte sie keine angeborenen Komplexe oder so was. Ich hab immer gesagt, ich bin kaputt auf die Welt gekommen. Aber sie nicht. Daher kommt der Text zu »Born ­Broken«.

CAMILA: Als Billy meine Eltern kennenlernte, war ich ein bisschen nervös. Man bekommt ja nur einmal die Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen, ganz besonders bei ihnen. Ich hatte ihm seine Klamotten rausgelegt, einschließlich der Socken. Dann hab ich ihn gezwungen, die einzige Krawatte zu tragen, die er besaß.

Sie waren begeistert. Meinten, er sei charmant. Aber meine Mom machte sich trotzdem Sorgen, dass ich einem Typen, der in einer Band spielt, so viel Vertrauen schenke.

BILLY: Pete war der Einzige, der irgendwie verstand, warum ich eine Freundin hatte. Als wir vor einem Auftritt am Packen waren, hatte Chuck mir mal geraten: »Sag ihr, dass du kein Typ für nur eine Frau bist. Mädchen verstehen das« (lacht). Bei Camila hätte das auf keinen Fall funktioniert.

WARREN: Chuck war echt cool. Er kam immer direkt auf den Punkt. Dabei sah er eher so aus, als hätte er in seinem ganzen Leben noch keinen einzigen interessanten Gedanken gefasst. Aber er war für Überraschungen gut. Er hat mich auf Status Quo gebracht, und die höre ich immer noch.

Am 1. Dezember 1969 entschieden die US-amerikanischen Behörden per Losverfahren, wer 1970 zum Wehrdienst eingezogen wurde. Billy und Graham Dunne, die beide im Dezember geboren waren, hatten ungewöhnlich hohe Nummern. Warren kam schon gar nicht mehr vor. Pete Loving lag irgendwo im Mittelfeld. Aber Chuck Williams, der am 24. April 1949 zur Welt gekommen war, erhielt die Losnummer 2.

GRAHAM: Chuck wurde einberufen. Ich weiß noch, wie ich bei Chuck am Küchentisch saß und er erzählte, er müsse nach Vietnam. Billy und ich überlegten, wie er sich davor drücken könnte, aber er meinte, er sei kein Feigling. Das letzte Mal habe ich ihn gesehen, als wir in einer Bar in der Nähe von Duquesne spielten. Ich sagte: »Du kommst einfach wieder zurück in die Band, wenn’s vorbei ist.«

WARREN: Eine Zeit lang übernahm Billy dann Chucks Parts, aber wir hatten gehört, dass Eddie Loving (Petes kleiner Bruder) inzwischen ziemlich gut an der Gitarre war. Also haben wir ihn eingeladen, doch mal bei uns vorzuspielen.

BILLY: Niemand konnte Chuck ersetzen. Aber dann bekamen wir immer mehr Auftritte, und ich wollte nicht weiter Rhythmusgitarre auf der Bühne spielen. Also luden wir Eddie ein, wir dachten, er könne mal vorübergehend einspringen.

EDDIE LOVING (Gitarrist, The Six): Ich hab mich mit allen gut verstanden, aber auch gleich gemerkt, dass Billy und Graham mich eigentlich nur als Lückenbüßer wollten. Spiel dies, mach das.

GRAHAM: Ein paar Monate später hörten wir es von Chucks früheren Nachbarn.

BILLY: Chuck war in Kambodscha gefallen. Er war nicht mal sechs Monate dort gewesen, glaube ich.

Manchmal sitzt man da und fragt sich, warum es einen nicht selbst getroffen hat, was ist so Besonderes an einem, dass man das Glück hat, in Sicherheit zu sein. Die Welt erschien uns sinnlos.

1970 gaben die Dunne Brothers ein Konzert im Pint in Baltimore, bei dem sich auch Rick Marks, der Sänger der Winters, im Publikum befand. Beeindruckt von ihrem rohen Sound und weil er Billy mochte, bot er ihnen an, sie auf der Tournee der Winters durch den Nordosten in einigen Städten als Vorband spielen zu lassen.

Die Dunne Brothers schlossen sich daraufhin den Winters an und ließen sich schon bald von deren Sound beeinflussen, unter anderem auch, weil deren Keyboarderin Karen Karen so gut war.

KAREN KAREN (Keyboarderin, The Six): Bei meiner ersten Begegnung mit den Dunne Brothers fragte mich Graham: »Wie heißt du?«

Ich sagte: »Karen.«

Darauf er: »Und wie weiter?«

Aber ich hatte ihn falsch verstanden und gedacht, er hätte mich einfach noch mal nach meinem Namen gefragt, weil er mich nicht gehört hatte.

Also sagte ich: »Karen.«

Da lachte er und fragte: »Karen Karen?«

Von da an nannten mich alle Karen Karen. Nur für die Akten, ich heiße Sirko mit Nachnamen. Aber Karen Karen ist hängen geblieben.

BILLY: Karen hat bei den Winters einfach noch eine Schippe draufgelegt. Und ich begriff, dass wir auch so was bräuchten.

GRAHAM: Billy und ich dachten … Vielleicht brauchen wir nicht jemanden wie Karen. Vielleicht brauchen wir Karen.

KAREN: Ich stieg bei den Winters aus, weil ich es satthatte, dass alle in der Band mit mir schlafen wollten. Ich wollte Musikerin sein.

Und ich mochte Camila. Manchmal war sie nach den Auftritten noch dabei, wenn sie Billy besucht hat. Ich fand’s gut, dass Billy sie manchmal mitgebracht und auch ansonsten ständig mit ihr telefoniert hat. Das war insgesamt einfach eine bessere Atmosphäre.

CAMILA: Als sie mit den Winters getourt sind, bin ich am Wochenende immer hinterhergefahren und hing backstage mit ihnen ab. Ich hatte ungefähr vier Stunden im Auto gesessen und kam dann am Veranstaltungsort an … Meist waren die Läden ganz schön runtergekommen, überall klebte Kaugummi, und man blieb mit den Schuhen am Boden hängen – ich sagte meinen Namen an der Tür, dann durfte ich nach hinten durchgehen, und schon war ich da, war Teil des Ganzen.

Ich bin rein, Graham und Eddie und alle anderen schrien: »Camila!« Dann kam Billy zu mir und umarmte mich. Als Karen dann immer öfter dabei war … hat es das für mich perfekt gemacht. Ich wusste, hier gehöre ich hin.

GRAHAM: Karen Karen war ein toller Neuzugang. Dadurch wurde alles besser. Und schön war sie außerdem. Ich meine, nicht nur begabt, sondern auch noch schön. Ich fand immer, dass sie ein bisschen wie Ali MacGraw aussah.

KAREN: Als ich sagte, mir hätte gefallen, dass die Jungs bei den Dunne Brothers nicht ständig versuchten, was mit mir anzufangen, dann gilt das nicht für Graham Dunne. Aber ich wusste, dass er mich wegen meines Talents ebenso sehr schätzte wie wegen meines Aussehens, und deshalb hat mich das nicht weiter gestört. Eigentlich war es ganz süß. Außerdem war Graham sexy. Besonders in den Siebzigerjahren.

Dass Billy das Sexsymbol in der Band sein sollte, hab ich nie so ganz verstanden. Ich meine, er hatte dunkle Haare, dunkle Augen und hohe Wangenknochen, aber ich hab’s bei Männern gerne, wenn sie ein bisschen weniger hübsch sind. Ich mag es, wenn sie ein bisschen gefährlich aussehen, in Wirklichkeit aber ganz sanft sind. So wie Graham. Breite Schultern, behaarte Brust, braune Haare. Er sah gut aus, aber er hatte auch so was Ungeschliffenes.

Aber ich gebe zu, dass Billy wusste, wie man eine Jeans trägt.

BILLY: Karen war eine großartige Musikerin. Das war alles. Ich sage immer, ist mir egal, ob du ein Mann, eine Frau, weiß, schwarz, schwul, hetero oder irgendwas dazwischen bist – wenn du gut spielst, spielst du gut. Musik ist in der Hinsicht ein großer Gleichmacher.

KAREN: Männer denken oft, sie verdienen einen Orden, weil sie Frauen wie Menschen behandeln.

WARREN: Das war ungefähr zu der Zeit, als Billys Sauferei ein bisschen aus dem Ruder lief. Wir haben alle gefeiert, aber wenn wir uns mit den Mädchen verzogen haben, die wir aufgegabelt hatten, trank er alleine weiter.

Morgens schien er wieder in Ordnung zu sein, und wir sind alle ein bisschen durchgedreht auf Tour. Pete vielleicht ausgenommen. Er hatte in Boston ein Mädchen kennengelernt, Jenny, mit der hat er ständig telefoniert.

GRAHAM: Egal, was Billy macht, er macht es extrem. Er liebt extrem, er trinkt extrem. Selbst wie er Geld ausgibt, ist, als würde es ihm Löcher in die Taschen brennen. Unter anderem war das der Grund, warum Camila und ich irgendwann gesagt haben, er solle mal langsamer machen.

BILLY: Camila war manchmal dabei, wenn wir gespielt haben, aber oft hat sie auch zu Hause gewartet. Sie wohnte damals noch bei ihren Eltern, und ich rief sie jeden Abend von unterwegs an.

CAMILA: Wenn er kein Kleingeld zum Telefonieren hatte, hat er ein R-Gespräch geführt, und wenn ich dranging, flüsterte er: »Billy Dunne liebt Camila Martinez.« Dann hat er schnell aufgelegt, bevor es was gekostet hat (lacht). Meine Mom hat immer die Augen verdreht, aber ich fand das süß.

KAREN: Ein paar Wochen nachdem ich in die Band eingestiegen war, meinte ich: »Wir brauchen einen neuen Namen.« The Dunne Brothers klingt jetzt irgendwie verkehrt.

EDDIE: Ich hatte schon eine ganze Weile lang gesagt, dass wir einen neuen Namen bräuchten.

BILLY: Unsere Fans kannten uns unter dem Namen. Ich wollte ihn nicht ändern.

WARREN: Wir konnten uns nicht entscheiden, wie wir uns nennen sollten. Ich glaube, jemand schlug The Dipsticks vor. Ich war für Shaggin’.

EDDIE: Pete meinte: »Dazu wirst du niemals alle sechs überreden können.«

Und ich sagte: »Wie ist es denn mit The Six?«

KAREN: Ich bekam einen Anruf von einem Veranstalter in Philly, wo ich herkomme. Er meinte, die Winters hätten ein Festival abgesagt, ob wir vielleicht einspringen wollten. Ich antwortete: »Na klar, aber wir heißen nicht mehr The Dunne Brothers.«

»Na gut, was soll ich dann auf den Flyer schreiben?«, fragte er.

Ich sagte: »Weiß noch nicht, aber wir kommen alle sechs.«

Und mir gefiel, wie das klang, »The Six«.

WARREN: Der Name war auch deshalb so genial, weil er so nah an »Sex« war. Aber ich glaube nicht, dass das überhaupt einer von uns je erwähnt hat. Das war so offensichtlich, dass man gar nicht extra drauf hinweisen musste.

KAREN: Ich hab nicht drüber nachgedacht, ob da irgendeine Anspielung drinsteckt.

BILLY: »The Sex«? Nein, damit hatte das nichts zu tun.

GRAHAM: Für mich klang der Name wie »Sex«, das war schon ein wichtiger Faktor.

BILLY: In Philly spielten wir als The Six und bekamen dann auch noch einen weiteren Auftritt in der Stadt angeboten. Und noch einen in Harrisburg. Danach in Allentown. Und in ­Hartford wurden wir von einer Bar für den Silvesterabend gebucht.

Geld haben wir nicht viel verdient. Aber immer wenn ich zu Hause war, hab ich Camila noch von meinem letzten Dollar ausgeführt. Wir sind oft in so einen Pizzaladen, ein paar Ecken weiter von da, wo ihre Eltern wohnten. Oder ich hab mir was von Graham oder Warren geliehen, um sie irgendwo schicker auszuführen. Sie hat mir immer gesagt, ich soll das nicht machen: »Wenn ich mit einem reichen Typen hätte zusammen sein wollen, hätte ich doch nie dem Sänger von der Hochzeitskapelle meine Telefonnummer gegeben.«

CAMILA: Billy hatte Charisma, und das fand ich toll an ihm. Immer schon. Das Tiefe, Grüblerische. Viele meiner Freundinnen hielten nach Männern Ausschau, die ihnen einen schönen Ring schenken konnten. Aber ich wollte jemanden, der mich faszinierte.

GRAHAM: Ungefähr um einundsiebzig herum bekamen wir ein paar Auftritte in New York.

EDDIE: In New York … Da wusste man, dass man wer war.

GRAHAM: Eines Abends spielten wir in einer Bar in der Bowery, und draußen auf der Straße stand ein Typ, Rod Reyes hieß er, und hat geraucht.

ROD REYES (Manager, The Six): Billy Dunne war ein Rockstar. Das sah man sofort. Er war sehr selbstbewusst, wusste, wen er im Publikum anspielen musste. Er hat sehr viel Gefühl in seine Songs gelegt.

Das ist einfach eine Gabe, die manche Menschen besitzen. Würde man neun Männer mit Mick Jagger in eine Reihe stellen, würde jemand, der die Rolling Stones noch nie gesehen hat, trotzdem auf Jagger zeigen und sagen: »Das ist der Rockstar.«

Billy war genauso. Und die Band hatte einen tollen Sound.

BILLY: Als Rod nach dem Konzert im Wreckage zu uns kam … Das war wirklich ein Wendepunkt für uns.

ROD: Als ich mit der Band zu arbeiten anfing, hatte ich ein paar Ideen. Einige davon kamen gut an und andere … nicht so.

GRAHAM: Rod sagte, ich sollte die Hälfte meiner Soli weglassen. Er meinte, die seien für Leute interessant, die auf Gitarrentechnik stehen, aber langweilig für alle anderen.

Ich sagte: »Wieso soll ich vor Leuten spielen, die sich nichts aus einer guten Gitarre machen?«

Er meinte: »Wenn ihr groß rauskommen wollt, muss es was für alle sein.«

BILLY: Rod hat mir gesagt, ich soll aufhören, über Dinge zu schreiben, von denen ich nichts verstehe. Er meinte: »Erfinde nicht das Rad neu. Schreib über deine Freundin.« Ganz im Ernst, in Hinblick auf meine Karriere war das der beste Rat, den ich je bekommen habe.

KAREN: Rod wollte, dass ich bauchfreie Shirts trage. Ich meinte: »Träum weiter«, und damit hatte sich das.

EDDIE: Rod hat uns Gigs überall an der Ostküste besorgt. Von Florida bis Kanada.

WARREN: Soll ich dir sagen, wann Rockstar sein am tollsten ist? Alle glauben immer, das ist dann, wenn man ganz oben angekommen ist, aber nein. Da hat man auch den ganzen Druck, und man muss Erwartungen gerecht werden. Gut ist es, wenn alle denken, dass man ganz bald aufsteigt, wenn alle denken, man hat ein Riesenpotenzial. Potenzial haben ist eigentlich das, was Spaß macht.

GRAHAM: Je länger wir unterwegs waren, umso wilder wurden wir. Und Billy war nicht gerade … na ja, also Billy liebte die Aufmerksamkeit. Besonders von Frauen. Aber zumindest zu dem Zeitpunkt war’s das dann auch schon. Nur Aufmerksamkeit.

BILLY: Es gab eine ganz Menge zu balancieren. Jemanden zu Hause zu lieben und auf Tour zu sein. Mädchen kamen hinter die Bühne, und ich war derjenige, den sie kennenlernen wollten. Ich war … Ich wusste einfach nicht, wie eine Beziehung aussehen sollte.

CAMILA: Wir fingen an zu streiten, Billy und ich. Ich gebe zu, dass ich damals etwas Unmögliches wollte. Ich wollte mit einem Rockstar zusammen sein, aber ich wollte, dass er mir rund um die Uhr zur Verfügung stand. Ich wurde sauer, wenn er nicht genau das gemacht hat, was ich wollte. Ich war sehr jung. Und er auch.

Manchmal war es so schlimm, dass wir tagelang nicht miteinander geredet haben. Und dann hat wieder einer von uns beiden den anderen angerufen, sich entschuldigt, und alles war wie vorher. Ich habe ihn geliebt, und ich wusste, dass er mich liebt. Das war nicht einfach. Aber wie meine Mutter immer gesagt hat: »Einfach hat dich ja noch nie interessiert.«

GRAHAM: An einem Abend waren Billy und ich zu Hause und stiegen in den Transporter, um nach Tennessee oder Kentucky zu fahren. Camila kam immer mit zum Wagen. Und als Rod damit vorfuhr, hat Billy sich verabschiedet.

Er hat Camila die Haare aus dem Gesicht gestrichen und ihr seine Lippen auf die Stirn gedrückt. Ich weiß noch, dass er sie nicht richtig geküsst hat. Einfach nur seine Lippen dahin gesetzt. Und ich dachte: Solche Gefühle hatte ich noch nie für jemanden.

BILLY: »Señora« hab ich für Camila geschrieben, und wirklich, der Song hat den Leuten sehr gefallen. Schon bald riss es bei unseren Konzerten die Leute von den Sitzen, sie tanzten und sangen mit.