Dangeresque - Diane Williams - E-Book

Dangeresque E-Book

Diane Williams

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Beschreibung

Seit den 1980er Jahren schreibt die New Yorker Autorin Diane Williams verstörende, ungenierte, feministische flash fiction. In extrem kurzen Stories richtet sie ihren ­unverwandten Blick auf Dinnerparty und Ehehölle, Shoppingtour und Psychoterror, Totenbett und Badezimmeridylle. Unmerklich aufgedrehte Alltagssituationen geraten zu grellen Schlüsselmomenten, trivial erscheinende Nebenbemerkungen zu monströsen Geständnissen – bis nach ­wenigen Worten alles wieder zurückkippt in die tobende Stille bis zur nächsten Story.


Ist das nun alles schreiend komisch, hochemotional, gnadenlos peinlich oder einfach nur entsetzlich? Sicher ist: Diese Stories verdrahten das Gehirn ihrer Leser*innen vollkommen neu. Hier geht es um den Körper, den Geist, die Seele, die Welt, die Zeit und das Schicksal titelt eine frühe Sammlung, was als Motto über Williams’ gesamtem Werk stehen kann – ein Werk, das die Regeln der amerikanischen Short Story konsequent auslotet und über die bekannten Grenzen hinweg ausdehnt.

 

Diane Williams’ Stories schnappen zu wie eine Falle und sie machen süchtig.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 70

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DANGERESQUE

DIANEWILLIAMS

DANGERESQUE

51STORIES

AUS DEMAMERIKANISCHENENGLISCHVONSABINESCHULZ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DIAPHANES

 

1. Auflage 2021 © DIAPHANES, Zürich

Originaltexte © Diane Williams

Alle Rechte vorbehalten eISBN 978-3-0358-0504-8

Satz und Layout: 2edit, Zürich Druck: Steinmeier, Deiningen

www.diaphanes.net

INHALT

Baby

Sterben

Das eigentliche Objekt

Wissenschaft und Frevel, oder Liebe und Verständnis

Ein unerschöpflich weites Feld

Der Sinn des Lebens

Jüdischkeit

Klebrig

Erz

Seraphim

Nein, Tasse

Mein strahlendes Mädchen

Fleisch

Höchst seltsam und überwältigend

Die Revision

Alle Lande sind ihrer Ehre voll

Kopfzerbrechen

Der Fall des eiskalten Mörders

Vollkommen

Der Idealist

Ein Moment der Panik

Die Rache

Erregbarkeit

Für Diane

Irdische Götter zuhause

Meine Stellungnahme zum Leben

Die Brillanten

Jedermanns Sirup

Das Leben einer Köchin

Reis

Stärker als ein Mann, simpler als eine Frau

Die Fakten bei der Charakterbewertung

Blüte

Bitte lasst mich wieder raus aus dem verstöpselten Loch

Die Philadelphiageschichte

Dangeresque

Ihr Bein

Befriedigend, aufregend, genial

Entzücken

Mein erstes echtes Zuhause

Auf Arbeit

Vicky Swanky war eine Schönheit

Mrs. Keables Brüder

Werdende Mutterschaft

Ein Mann, ein Tier

Ungemein zufrieden

Schönheit, Liebe, und Eitelkeit persönlich

Möwen

Jemanden wiederzubeleben ist kein Kinderspiel

Mädchen mit Stift

Rums Bums auf der Treppe

 

Textnachweise

BABY

Da war niemand, der an mich herantrat und flüsterte: »Hast du oft Sex?« Niemand, dessen Finger meine Wirbelsäule auf- und abfuhren, dass sich mir der Mund öffnete, nichts dergleichen, kein Dirty Talk über schmutzige Bilder und ob ich welche hätte oder vielleicht etwas Ähnliches, woraufhin ich ihm hätte sagen können, was ich habe – ich habe es schon lange, es liegt im Schrankschubfach unter meinem pinken Zopfmusterpulli –, und ich hätte ihm sagen können, was mit mir verlässlich passiert, wenn ich es raushole. Denn es war ja vor allen Dingen eine Baby-­Party, also hatten wir spitze Papierhütchen und Tröten, also aßen wir den Kuchen mit türkisem Zuckerguss von James Beards Mutter, und alles war mit scharlachroten und erbsengrünen Girlanden geschmückt, und das Baby bekam Spielsachen.

Niemand, der sagte: »Jeder hat mit meiner Frau geschlafen, weil jeder mit jedem geschlafen hat, also warum schlafen wir nicht miteinander?«, sodass ich wenigstens hätte sagen können: »Ja, bitte. Danke, dass du an mich gedacht hast.« Ich wäre freundlich.

Ebenso fiel es nicht aus dem Rahmen, als der Fünfjährige den Elfjährigen auf den Rücken drosch und sie weiterspielten, ein paar Sekunden sahen sie aus, als könnten sie töten. Warum, wussten wir nicht. Und dann schrie das Baby blutrünstig los.

Mein Mann saß die ganze Zeit mit versteinerter Miene da. Ich glaube nicht, dass er ein einziges Mal aufgestanden ist. Was war verdammt noch mal los mit ihm? Er verabschiedete sich früh und ging ohne mich; er sagte, er wolle ein wenig – ich weiß nicht, wie er’s genau gesagt hat, ich sag mal – Frieden.

Ich redete mit einem schnurrbärtigen Mann, als mein Mann gegangen war. Er war der erste Mann an diesem Abend, mit dem ich zu reden versucht hatte. Ich weiß, dass er sportbegeistert ist. Ich sagte zu ihm: »Sport ist etwas Herrliches, finde ich. Da gibt es Erfolgserlebnisse. Das hat was Erregendes. Aber zuerst muss man wissen, was Sache ist.«

Dann jammerte mein Sohn: »Mama, ich will nach Hause!« Er klang unerträglich müde.

Die Tante des Babys sagte, sie würde uns fahren. Es mache ihr nichts aus. Sie musste ihr Auto auf der vereisten Zufahrt zurücksetzen. Sie sagte: »Ich weiß nicht, wie wir hier rauskommen sollen«, während wir einstiegen. »Die Fenster sind komplett beschlagen.« Sie sagte: »Ich glaube nicht, dass wir es schaffen.« Sie öffnete das Fenster und steckte ihren Kopf raus. Sie sagte: »Ich glaube nicht.«

Als sie das Fenster zumachte, schossen wir mit einem Affenzahn rückwärts. Ich weiß nicht, woher sie wusste, wann sie das Lenkrad herumreißen musste, um uns auf die Straße zu schleudern. Es war wie in einem dieser Filme, von denen ich die Trailer gesehen hatte. Es war, wie einem dieser Menschen ins Gesicht zu schauen, die einen kirre machen wollen. Genau so war es, sie anzuschauen – während sie versuchte, uns da rauszubringen.

STERBEN

Ich zog mich aus. Ich wollte Sex – ich wollte Sex – ich wollte Sex – ich wollte Sex.

Ich stieg mit meiner Frau ins Bett.

Sie wollte Sex mit mir. Sie will ständig Sex mit mir.

Als ich mich diesmal in ihr entlud, fühlte ich, dass ich so weit in sie reinvögelte, wie ich noch nie gekommen war.

Gerade eben hatte ich das Gleiche mit einer anderen Frau gemacht, die auch ständig Sex mit mir will.

Es gibt noch eine Frau, mit der ich das Gleiche mache.

Es gibt noch eine Frau.

Es gibt noch eine Frau. Es gibt fünf Frauen, die ständig Sex mit mir wollen. Sie sind immer bereit. Wann oder wie oder wo, spielt keine Rolle, sie sind bereit.

Ich habe sehr viel Geld, das ich verdient habe. Für einen Mann besitze ich körperliche Schönheit. Ich bin intelligent. Ich habe viel Arbeit, und ich liebe meine Arbeit, aber Frauen ziehe ich halt doch allem anderem vor, mit ihnen ins Bett zu gehen, nach der Frau zu greifen, sie zu berühren und zu wissen, ich werde eingelassen, mir wird Sex gewährt, sobald ich Zutritt wünsche.

Auf diese Weise, in der Form bin ich seit Jahren unterwegs. Es spielt keine Rolle, wann ich sterbe. Ich habe alles bekommen, was ich haben wollte.

Ich sollte jetzt sterben.

In meinem Haus sollte ein Mord passieren.

Es sollte viel, noch so viel mehr um meinetwillen passieren, wovon ich mir gar keine Vorstellung machen kann.

DASEIGENTLICHEOBJEKT

Sie wusste nicht, dass es einen ganzen Schrank voll Vasen gab, aber sie hatte eine gewisse Ahnung, so wie wenn ihre Zunge auf jemandes Haut ihr eine Ahnung des kommenden Geschehens vermittelte. Lassen Sie mich das wiederholen – ihre Zunge auf jemandes Haut.

Sie war in Begleitung eines Freundes, mit dem sie ihre Freude darüber teilen konnte, dass es ein ganzer Schrank voll war. Sie sagte: »Wir sind fein raus! Sie haben alles da, was wir uns wünschen könnten!«

Sie saß geduckt, wie auf dem falschen Fuß, fast ganz zusammengekugelt, nur ihr Hals und ihr Kopf fügten sich nicht, damit sie in den Schrank sehen und all die Freude, die der Schrank reichlich für sie enthielt, in sich hineinlassen konnte.

Eine kolbenförmige Plastikvase, aus der ein schmales Röhrchen emporragte, war federleicht und so warm, wie es Plastik nun einmal ist.

Eine gläserne Vase in Gestalt eines Torsos war über und über mit grobgekörntem Glas überzogen, als sie sie herausnahm.

Sie erlaubte ihrem Freund nicht, welche von den Vasen wegzustellen, die sie hochhielt, um zu zeigen, dass sie ungeeignet waren, weil sie es so befand.

Jedes Mal, wenn sie sich tiefer bückte, um hineinzusehen, war die Freude von gleicher Qualität, gab ihr gleich viel – vier Mal.

Es war ein Fest.

Und ein Fest war ihr auch das Kochen oder Heizen, mit dem der Mann, der weder mit ihr noch mit ihrem Freund etwas zu tun hatte, in der Nähe am Backofen beschäftigt war.

Sein friedlicher Plan – flache, runde, gelbe, schwarzgesprenkelte Kuchen zutage zu fördern und auszubreiten – war die einzige romantische Wandlung – und kein Phantasieprodukt –, die dort gleichzeitig sonst noch vor sich ging. Und der Mann hatte genau die gleiche Befugnis, sich dort aufzuhalten – indem er es tat, stand er auf dem gleichen schwankenden Boden wie sie und wie ihr Freund –, und dass er dies anerkannte, sah sie an seinem Lächeln.

Es kam ihr nicht in den Sinn, näher an den Mann heranzutreten, einen Vorstoß zur Probe zu unternehmen, überhaupt irgendetwas zu tun, was im Verhältnis zu dem Mann Folgen nach sich gezogen hätte.

Auf die Gefahr hin, die Leserin, den Leser zu verschrecken, befand sich nicht weit von dem Mann entfernt eine versteckte Leiche, welche die Leiche einer Frau war, die der Mann tags zuvor getötet hatte, mit einem ordentlich scharfen Messer, daraufhin verstaut, also das Messer, in einer Schublade über dem Schrankfach mit den Vasen.

Die nackte, ziemlich zerstückelte Leiche, ohne Kopf und steifgefroren, befand sich in dem Gefrierschrank in Anstaltsgröße angrenzend an den Backofen. Aus ihrem aufgedunsenen Gesicht ragte ihre Zunge hervor.

Die falsche Tür war geöffnet worden, für alle Zeiten.

WISSENSCHAFTUNDFREVEL,ODERLIEBEUNDVERSTÄNDNIS