Das Buch vom Süden - André Heller - E-Book

Das Buch vom Süden E-Book

André Heller

4,5

Beschreibung

André Hellers erster großer Roman – ein Herzstück seiner künstlerischen Arbeit. Im Mittelpunkt: der „fleißige Taugenichts“ Julian Passauer. Der knapp nach dem Zweiten Weltkrieg in Wien geborene Sohn des stellvertretenden Direktors des Kunsthistorischen Museums wächst im Dachgeschoss von Schloss Schönbrunn auf. Vaters lebenslange Sehnsucht nach dem Süden setzt sich in Julian fort. Auf einem Schiff umrundet er Afrika, er studiert eine Zeit lang und wird schließlich Pokerspieler. Erst in der Villa Piazzoli am Gardasee in Italien kommt er scheinbar zur Ruhe und begegnet den Frauen seines Lebens. Und doch zieht es ihn weiter – nach Süden. André Hellers blendender Roman ist ein Lobgesang auf ein altes Österreich, das es so nicht mehr gibt, und auf eine Welt, die es geben könnte.

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Seitenzahl: 389

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Ein »fleißiger Taugenichts« ist der knapp nach dem Zweiten Weltkrieg in Wien geborene Julian Passauer. Im Dachgeschoss von Schloss Schönbrunn wächst der Sohn des stellvertretenden Direktors des Naturhistorischen Museums auf, umgeben vom Teehändler und »Hauswüstling« Hugo Cartor, dem philosophierenden »Warzenkönig « Grabowiak oder dem ehemaligen Weltklasseschwimmer Graf Eltz, einem begnadeten Geschichtenerzähler. Vaters lebenslange Sehnsucht nach dem Süden setzt sich in Julian fort. Auf einer ausgedehnten Schiffsreise umrundet Julian Afrika, er beginnt ein Studium, bricht es ab und wird schließlich professioneller Pokerspieler. Erst in der Villa Piazzoli am Gardasee scheint er zur Ruhe zu kommen und begegnet den Frauen seines Lebens. Und doch zieht es ihn wieder weiter – nach Süden.

Zsolnay E-Book

André Heller

Das Buch vom Süden

Roman

Paul Zsolnay Verlag

ISBN978-3-552-05784-5

Alle Rechte vorbehalten

© Paul Zsolnay Verlag Wien 2016

Umschlag: Fuhrer, Wien, unter Verwendung des Bildes »Au premier mot limpide« (1923) von Max Ernst © Bildrecht, Wien, 2015/ Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf/Foto: Walter Klein, Düsseldorf

Satz: Eva Kaltenbrunner-Dorfinger, Wien

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Datenkonvertierung E-Book:

Kreutzfeldt digital, Hamburg

Für meine schöne und wundersame Mutter,

Elisabeth Heller, der ich an ihrem 101. Geburtstag

aus dem Manuskript zu diesem Roman vorlesen

durfte. Ihr Urteil lautete: »Ich hoffe, du hast all

dies ursprünglich mit einer Füllfeder geschrieben.

Die Buchstaben lieben nämlich Füllfeder.«

Erster Teil

Julians Vater hieß Gottfried Passauer, roch immer nach Tabak und war Doktor der Philosophie und Zoologie. Wenig im Leben vermochte ihn trauriger zu stimmen als der Ausgang des Ersten Weltkriegs im Jahre 1918, denn damals hatte Österreich die Zypressen verloren. Eine Heimat ohne südliche Landschaft, ohne die sich tausendfach überlagernden Geräusche des Hafens von Triest, ohne die herablassenden Gesten der Kellner in den Weinschenken von Cattaro, ohne die Frühlingsgewitter über dem Gardasee bei Riva oder die seidenbespannten Sonnenschirme eleganter Damen auf den Tribünen der Galopprennbahn von Meran war nicht mehr seine Heimat, und so gab es auf Erden nirgendwo mehr Heimat für den Doktor Passauer. Dass seine geliebten Orte und Gegenden nicht auch der Welt abhandengekommen waren, sondern lediglich Österreich, konnte ihn nicht im Geringsten trösten, denn Grenzen waren ihm in der Seele zuwider. Und, dass man fortan von ihm auf den Wegen nach Abbazia und Fiume einen Pass verlangte und Zolldeklarationen – ihn also ausgerechnet in den vertrautesten Gefilden zum Fremden ernannt hatte, verwandelte seinen Respekt gegenüber den für den Krieg und dessen katastrophalen Verlauf verantwortlichen Kaisern Franz Joseph und Karl derart, dass es ihm zur Gewohnheit wurde, sich mit kleinen fotografischen Bildnissen der Majestäten die Virginiazigarren anzuzünden.

So wuchs Julian mit einem Vater auf, der ein Meister der Melancholien und des unstillbaren Heimwehs war und der trotz all des Glücks, das ihn beruflich zum stellvertretenden Direktor des Naturhistorischen Museums in Wien und privat zum Haupt einer erstaunlich facettenreichen kleinen Familie bestimmt hatte, doch häufig bei seinen Freunden und Bekannten den Eindruck erweckte, die Traurigkeit sei ein mächtiger eigener Staat und er dessen Botschafter oder zumindest Generalkonsul in Wien. »Nur im Süden ist Rettung«, sagte er bei jeder Gelegenheit, die nach Ratschlägen verlangte. »Ihr habt die Zypressen der Monarchie nicht mehr gekannt. Geht und lebt, wenn irgend möglich, frohen Herzens bei den italienischen oder slowenischen. Alles ist leichter im Süden. Im übertragenen und auch im wirklichen Sinn. Eines Tages wird man wissen, dass sich die Physiker irren, wenn sie behaupten, zehn Kilogramm in Salzburg sind gleich zehn Kilogramm in Assisi. Allein der Gesang der Orpheusgrasmücke, jenes schwarzköpfigen Vogels übermütiger Melodien, könnte das spezifische Gewicht der Dinge in der Landschaft des heiligen Franziskus auf das Erstaunlichste verringern. Zehn Salzburger Kilo wiegen in Assisi wahrscheinlich höchstens ein Drittel. Nur im Süden ist Rettung.«

Diese merkwürdigen Theorien verfehlten auf Julian nicht ihre Wirkung. Das Österreich der Zweiten Republik, in das er kurz nach der Niederringung der Nationalsozialisten geboren wurde, erschien ihm, sobald er es nur einigermaßen kennen gelernt hatte, mit seinen neun Bundesländern als Reich des Bleiernen und des Fröstelns. (Napoleon soll ja einmal seinem Generalstab geklagt haben: »Sechs Monate Kälte und sechs Monate Winter, das nennen die Älpler ihr Vaterland.« Und Ähnliches meinte wohl auch der alte Graf Eltz, als er im Café Wunderer über das Klima im steirischen Altaussee räsonierte: »Das Gute an den dortigen Sommerfrischen ist, es regnet für gewöhnlich nur zweimal in der Saison: zunächst von Anfang Juni bis Anfang August und dann erst wieder von Mitte August bis Ende Oktober)

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