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Aufklärung für Jedermann
Von Alkohol bis Zigaretten, von Anabolika bis Zauberpilze - die Vielfalt der legalen und illegalen Versuchungen ist groß. Mit diesem Buch haben Sie den Überblick.
Erfahren Sie alles über die körperlichen und psychischen Wirkungen von Drogen – auch in chronischer Form. Erhalten Sie einen Einblick in Herkunft, Pharmakologie, Toxikologie und Wirkung der in Europa gängigen Suchtmittel. Auch alle modernen Verfahren zum Nachweis von Drogenkonsum werden erklärt.
Außerdem werden die Gesetzeslage sowie ökonomische, soziale und politische Hintergründe des Drogengeschäftes behandelt. Durch die strukturierte Gliederung finden Sie alles zur gesuchten Substanz innerhalb kürzester Zeit. Der perfekte Begleiter für alle, die mit Suchtkranken in Kontakt kommen.
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Seitenzahl: 298
Reihe herausgegeben von
Ralph Parnefjord
Norbert Scherbaum
7., unveränderte Auflage
69 Abbildungen
Für Andrea
Drogen, ob legal oder illegal, sind in unserer Gesellschaft verfügbar und werden konsumiert. Entsprechend gibt es bei vielen Menschen einen Bedarf nach Informationen zu diesem Thema. Zum einen gibt es diesen Bedarf bei den Mitarbeitern in Suchthilfe und Suchtmedizin, die Grundsätzliches zu einer Vielzahl von Substanzen wissen wollen, um Drogenkonsumenten und deren Probleme besser verstehen und ihnen gezielter helfen zu können.
Daneben gibt es Konsumenten, die sich verantwortlich über Drogen kundig machen wollen. Im Sinne der „safer use“-Strategie soll dieses Informationsbedürfnis durchaus befriedigt werden. Hieran knüpft sich die Hoffnung, dass informierte Konsumenten Risiken der Drogeneinnahme besser einschätzen und daher auch eher Komplikationen vermeiden können. Schließlich gibt es am Thema interessierte Laien, nicht zuletzt Angehörige von Konsumenten, die zu einem wichtigen gesellschaftlichen und möglicherweise auch persönlichen Thema informiert sein wollen.
An alle jene Gruppen ist dieses Buch gerichtet und will in Aufmachung und Sprache damit auch Leser jenseits des beruflichen Fachpublikums ansprechen. Bei einem Thema, das von verschiedenen Fachwissenschaften bearbeitet wird, lassen sich Fachbegriffe allerdings nicht immer vermeiden. Im Text werden diese Fachbegriffe in deutsche Entsprechungen übersetzt. Im Glossar am Ende des Buches finden sich ergänzende stichwortartige Erläuterungen.
Bücher haben eine eigene Geschichte. Dieses Buch baut auf dem Drogentaschenbuch auf, das Ralph Parnefjord erstmals 1997 veröffentlichte und das in 4 Auflagen erschien. Parnefjords Buch war für die 3. Auflage im Jahr 2001 zuletzt aktualisiert worden. Das Erscheinen der 4. unveränderten Auflage im Jahr 2005 liegt ebenfalls schon Jahre zurück. Schließlich erschien dem Verlag ein neues, grundsätzlich überarbeitetes Drogentaschenbuch sinnvoll.
Eine Überarbeitung war notwendig geworden angesichts zahlreicher neuer Entwicklungen zum Thema Drogen in den letzten Jahren. Diese betreffen z.B. die Verfügbarkeit vorher noch nicht bekannter Drogen, neue Erkenntnisse zur biologischen Wirkung von Drogen, neue Möglichkeiten der Therapie sowie Veränderungen in den entsprechenden staatlichen Regelungen zum Umgang mit Drogen.
Die aufwendige Aufgabe der Überarbeitung hat der Autor gern, wenn auch nicht ohne Mühen übernommen. Eine solche Aufgabe gelingt nicht ohne Hilfe. Deshalb seien hier mit Dankbarkeit genannt: Prof. Dr. Udo Bonnet (Castrop-Rauxel), Dr. Martin Heilmann (Essen), Dr. Stephan Scholz (Sankt Augustin) und Holger Siemann (Essen). Die Genannten haben als kundige Gesprächspartner wie auch durch kritische Korrektur einzelner Kapitel zum Gelingen der Aufgabe beigetragen.
Essen, im April 2016
Norbert Scherbaum
Titelei
Widmung
Vorwort
Teil I Einleitung
1 Einführung in das Thema
1.1 Zielsetzung des Buches
1.2 Bewertung der Wirkungen von Drogen
1.2.1 Akute psychische Drogenwirkung (der Rausch)
1.2.2 Akute körperliche Drogenwirkung
1.2.3 Chronische psychische Drogenwirkung
1.2.4 Chronische körperliche Drogenwirkung
1.3 Zur Darstellungsform
1.4 Herstellungsbeschreibungen
1.5 Fehlt etwas? Stimmt etwas nicht?
Teil II Psychotrope Substanzen
2 Amphetamine
2.1 Substanz
2.1.1 Verwendung in der Medizin
2.1.2 Verwendung als Droge
2.1.3 Wirkmechanismus
2.2 Anwendungsweise
2.3 Wirkung
2.3.1 Akute psychische Wirkung
2.3.2 Akute körperliche Wirkung
2.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
2.4 Herstellung
2.5 Drogenscreening-Untersuchungen
2.6 Zusätzliche Informationen
3 Cannabis
3.1 Substanz
3.1.1 Hanfpflanze
3.1.2 Wirkstoffe
3.1.3 Verwendung als Droge
3.1.4 Verwendung in der Medizin
3.1.5 Synthetische Cannabinoide
3.2 Anwendungsweise
3.3 Wirkung
3.3.1 Akute psychische Wirkung
3.3.2 Akute körperliche Wirkung
3.3.3 Folgen langfristigen Konsums
3.4 Herstellung
3.5 Drogenscreening-Untersuchungen
3.6 Zusätzliche Informationen
4 DMT und Ayahuasca
4.1 Substanz
4.2 Anwendungsweise
4.2.1 Ayahuasca
4.3 Wirkung
4.3.1 Akute psychische Wirkung
4.3.2 Körperliche Wirkung
4.4 Herstellung
4.5 Drogenscreening-Untersuchungen
4.6 Zusätzliche Informationen
5 DOM (STP)
5.1 Substanz
5.2 Anwendungsweise
5.3 Wirkung
5.3.1 Akute psychische Wirkung
5.3.2 Körperliche Wirkung
5.4 Herstellung
5.5 Drogenscreening-Untersuchungen
6 Ecstasy
6.1 Substanz
6.1.1 Wirkmechanismus
6.1.2 Verwendung als Droge
6.2 Anwendungsweise
6.3 Wirkung
6.3.1 Akute psychische Wirkung
6.3.2 Akute körperliche Wirkung
6.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
6.4 Herstellung
6.5 Drogenscreening-Untersuchungen
6.6 Zusätzliche Informationen
7 Engelstrompeten (Brugmansia)
7.1 Substanz
7.1.1 Verwendung als Droge
7.1.2 Wirkstoffe und Wirkmechanismus
7.2 Anwendungsweise
7.3 Wirkung
7.3.1 Akute psychische Wirkung
7.3.2 Körperliche Wirkung
7.4 Herstellung
7.5 Drogenscreening-Untersuchungen
7.6 Zusätzliche Informationen
8 Fliegenpilz (Amanita muscaria)
8.1 Substanz
8.1.1 Verwendung als Speisepilz
8.1.2 Verwendung als Droge
8.1.3 Wirkstoffe und Wirkmechanismus
8.2 Anwendungsweise
8.3 Wirkung
8.3.1 Akute psychische Wirkung
8.3.2 Körperliche Wirkung
8.4 Herstellung
8.5 Drogenscreening-Untersuchungen
8.6 Zusätzliche Informationen
9 GHB
9.1 Substanz
9.1.1 Wirkmechanismus
9.1.2 Verwendung als Droge
9.2 Anwendungsweise
9.3 Wirkung
9.3.1 Akute psychische Wirkung
9.3.2 Akute körperliche Wirkung
9.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
9.4 Herstellung
9.5 Drogenscreening-Untersuchungen
9.6 Zusätzliche Informationen
10 Heroin
10.1 Substanz
10.1.1 Verwendung in der Medizin
10.1.2 Verwendung als Droge
10.2 Anwendungsweise
10.3 Wirkung
10.3.1 Akute psychische Wirkung
10.3.2 Körperliche Wirkung
10.3.3 Überdosierung
10.3.4 Opiatabhängigkeit
10.4 Herstellung
10.5 Drogenscreening-Untersuchungen
10.6 Zusätzliche Informationen
11 Ketamin
11.1 Substanz
11.1.1 Verwendung in der Medizin
11.1.2 Wirkmechanismus
11.1.3 Verwendung als Droge
11.2 Anwendungsweise
11.3 Wirkung
11.3.1 Akute psychische Wirkung
11.3.2 Akute körperliche Wirkung
11.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
11.4 Herstellung
11.5 Drogenscreening-Untersuchungen
11.6 Zusätzliche Informationen
12 Kokain
12.1 Substanz
12.1.1 Verwendung in der Medizin und als Getränkezusatz
12.1.2 Verwendung als Droge
12.2 Anwendungsweise
12.2.1 „Crack“
12.3 Wirkung
12.3.1 Akute psychische Wirkung
12.3.2 Körperliche Wirkung
12.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
12.4 Herstellung
12.5 Drogenscreening-Untersuchungen
13 Lachgas
13.1 Substanz
13.1.1 Verwendung in der Medizin
13.1.2 Verwendung als Droge
13.1.3 Verwendung in der Lebensmittel- und Autoindustrie
13.2 Anwendungsweise
13.3 Wirkung
13.3.1 Akute psychische Wirkung
13.3.2 Körperliche Wirkung
13.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
13.4 Herstellung
13.5 Drogenscreening-Untersuchungen
13.6 Zusätzliche Informationen
14 LSD
14.1 Substanz
14.1.1 Verwendung in der Medizin
14.1.2 Verwendung als Droge
14.1.3 LSD-ähnliche Substanzen
14.2 Anwendungsweise
14.3 Wirkung
14.3.1 Akute psychische Wirkung
14.3.2 Körperliche Wirkung
14.4 Herstellung
14.5 Drogenscreening-Untersuchungen
14.6 Zusätzliche Informationen
15 Meskalin
15.1 Substanz
15.1.1 Verwendung in der Medizin
15.1.2 Verwendung als Droge
15.1.3 Wirkmechanismus
15.2 Anwendungsweise
15.3 Wirkung
15.3.1 Akute psychische Wirkung
15.3.2 Akute körperliche Wirkung
15.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
15.4 Herstellung
15.5 Drogenscreening-Untersuchungen
16 Opioide
16.1 Substanz
16.1.1 Verwendung in der Medizin
16.1.2 Verwendung als Drogen
16.2 Anwendungsweise
16.3 Wirkung
16.4 Herstellung
16.5 Drogenscreening-Untersuchungen
17 Opium
17.1 Substanz
17.1.1 Verwendung in der Medizin
17.1.2 Verwendung als Droge
17.1.3 Wirkstoffe
17.2 Anwendungsweise
17.3 Wirkung
17.3.1 Akute psychische Wirkung
17.3.2 Akute körperliche Wirkung
17.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
17.4 Herstellung
17.5 Drogenscreening-Untersuchungen
17.6 Zusätzliche Informationen
18 PCP (Phencyclidin)
18.1 Substanz
18.2 Wirkmechanismus
18.3 Verwendung als Droge
18.4 Anwendungsweise
18.5 Wirkung
18.5.1 Akute psychische Wirkung
18.5.2 Körperliche Wirkung
18.5.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
18.6 Herstellung
18.7 Drogenscreening-Untersuchungen
18.8 Zusätzliche Informationen
19 Psilocybinhaltige Pilze
19.1 Substanz
19.1.1 Wirkmechanismus
19.1.2 Verwendung in der Medizin
19.1.3 Verwendung als Droge
19.2 Anwendungsweise
19.3 Wirkung
19.3.1 Akute psychische Wirkung
19.3.2 Körperliche Wirkung
19.3.3 Wirkungen bei chronischer Einnahme
19.4 Herstellung
19.5 Drogenscreening-Untersuchungen
19.6 Zusätzliche Informationen
20 Salvia divinorum
20.1 Substanz
20.1.1 Wirkstoff
20.1.2 Verwendung als Droge
20.2 Anwendungsweise
20.3 Wirkung
20.3.1 Akute psychische Wirkung
20.3.2 Körperliche Wirkung
20.4 Herstellung
20.5 Drogenscreening-Untersuchungen
21 Schnüffelstoffe
21.1 Substanz
21.1.1 Verwendung als Droge
21.2 Anwendungsweise
21.3 Wirkung
21.3.1 Akute psychische Wirkung
21.3.2 Akute körperliche Wirkung
21.3.3 Komplikationen bei chronischem Gebrauch
21.4 Herstellung
21.5 Drogenscreening-Untersuchungen
Teil III Hilfe bei Drogennotfällen
22 Intoxikationsleitzeichen
22.1 Vorbemerkung
22.2 Intoxikationsleitzeichen der Substanzen
22.2.1 Einteilung der Substanzen
22.3 Intoxikationsleitzeichen der Substanzgruppen
22.3.1 Sedierende Substanzen
22.3.2 Stimulierende Substanzen
22.3.3 Halluzinogene Substanzen
22.3.4 Entaktogene Substanzen
22.3.5 Dissoziative Substanzen
23 Notfallmaßnahmen
23.1 Allgemeines
23.2 Versorgung von Verletzungen
23.3 Umgang mit Angstzuständen
23.3.1 Behandlung mit Medikamenten ist die Aufgabe von Ärzten
23.3.2 Von Umgebungseinflüssen abschirmen
23.3.3 Zuhören und Zureden
23.3.4 Notarzt rufen
23.4 Verhindern von Selbst- und Fremdgefährdung
23.5 Vorgehen bei Überdosierungen und Vergiftungen
Teil IV Gesetzliche Grundlagen zur Regulierung des Umgangs mit Drogen
24 Das Betäubungsmittelgesetz
24.1 Allgemeines
24.2 Geschichtliches
24.3 Struktur des BtMG
24.4 Das Grundstoffüberwachungsgesetz
24.5 Praktische Bedeutung des BtMG
25 Methoden des Drogennachweises
25.1 Übliche Untersuchungsmethoden
25.1.1 Gaschromatografie und Massenspektrometrie (GC/MS)
25.1.2 Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC)
25.1.3 Radioimmunoassay (RIA)
25.1.4 Immunchromatografie und Enzymimmunoassay (EIA oder ELISA)
25.2 Übliches Untersuchungsmaterial
25.2.1 Urin
25.2.2 Haare
25.2.3 Blut
25.2.4 Speichel und Schweiß
26 Rechtliche Hinweise
Teil V Anhang
27 Internetadressen
27.1 Deutschsprachige Seiten
27.2 Englischsprachige Seiten mit umfangreichem Informationsmaterial
27.3 Erläuterung der Abkürzungen in den Internetadressen
28 Glossar
29 Literatur
Anschriften
Sachverzeichnis
Impressum/Access Code
1 Einführung in das Thema
Seit Jahrtausenden nehmen Menschen psychoaktive Substanzen in unterschiedlichen Formen und Zubereitungen ein, um ihr Bewusstsein, ihre Stimmung und ihre Wahrnehmung zu verändern. Die Ekstase, also das Aussteigen aus der alltäglichen Ordnung von Raum, Zeit und Kausalität, ist ein in allen Kulturen bekanntes Erleben. Solche veränderten Bewusstseinszustände werden durch unterschiedliche Techniken wie Fasten oder die Einnahme psychotroper Substanzen herbeigeführt. In traditionellen Gesellschaften sind die Gelegenheiten des Konsums psychoaktiver Substanzen und damit die Herbeiführung des Rausches ritualisiert, das heißt, es bestehen Regeln, wer zu welcher Zeit und zu welchem Zweck psychoaktive Substanzen einnehmen darf. Hierzu zählen bestimmte Feste der Gemeinschaft im Jahreskreis, Riten bei der Initiation Jugendlicher in die Welt der Erwachsenen oder die „Reise“ des Schamanen zu den Vorfahren.
In modernen westlichen Gesellschaften ist hingegen die kulturelle Regelung des Drogenkonsums weithin verloren gegangen. Zudem beschränkt sich die Palette der verfügbaren psychotropen Substanzen nicht mehr nur auf die legalen Suchtmittel wie Alkohol, Koffein und Nikotin, sondern umfasst im Sinne einer Globalisierung des Angebotes auch zahlreiche weitere psychotrope Substanzen. Sind z.B. Cannabis, Heroin oder Kokain zumindest noch vielen Menschen dem Namen nach bekannt, so sind durch Head Shops und das Internet auch außerhalb eines kleinen Kreises von Eingeweihten jetzt psychotrope Substanzen verfügbar, über die für potenzielle Konsumenten wie auch für Angehörige oder Mitarbeiter im Suchthilfesystem nur wenig Informationen verfügbar sind. Hier sind Orientierung und verlässliche Kenntnisse notwendig.
Ziel dieses Buches ist die sachliche Information. Dieses Anliegen ist der Überzeugung verpflichtet, dass die umfassende und offene Information grundsätzliche Voraussetzung für verantwortbare individuelle Entscheidungen ist. Dieser Grundgedanke ist in einem pluralistischen und demokratischen Gemeinwesen selbstverständlich und entspricht dem Leitbild der selbstbestimmten (autonomen) Persönlichkeit. Mitglieder offener Gesellschaften müssen damit leben, dass aus allgemein verfügbaren Informationen nicht alle die gleichen Schlussfolgerungen für ihr Handeln ziehen. Doch auch für die Drogenprävention gilt, dass eine erfolgreiche Prävention auf sachlicher Information aufbaut. Ansonsten gefährdet die Unglaubwürdigkeit der Information rasch das Erreichen der gut gemeinten Absicht. Sachliche Information ist allerdings auch eine Herausforderung an potenzielle Suchtmittelkonsumenten, sich ihrer Verantwortung für die eigene Gesundheit bewusst zu sein. Jüngere Drogenbenutzer wissen oft nicht, was die Pulver oder Pillen beinhalten, die sie illegal kaufen und einnehmen. Die verwirrende Anzahl von Drogenformen und -namen erzeugt die Illusion, dass immer neuere, bessere Drogen hergestellt werden und unbedenklich eingenommen werden können.
Vorab sei für die Bewertung der Drogenwirkungen ein Raster skizziert, das dem Leser die Einordnung der Informationen unter
akute psychische Drogenwirkung,
akute körperliche Drogenwirkung,
chronische psychische Drogenwirkung und
chronische körperliche Drogenwirkung erleichtern soll.
Die psychischen Veränderungen des Rausches werden vom Konsumenten angestrebt. Hierzu zählen z.B. die Intensivierung von Wahrnehmungen unter Halluzinogenen oder das Gefühl wohliger Gleichgültigkeit unter Heroin. Der Rausch kann allerdings auch in ungeplanter Weise verlaufen und den Konsumenten beispielsweise in furchtbare Angst versetzen. Solche Risiken im Hinblick auf die psychischen Veränderungen im Rausch betreffen z.B. den Konsum von Halluzinogenen wie LSD oder Psilocybin („bad trip“).
In der Regel treten neben psychischen auch körperliche Veränderungen bei der Einnahme psychotroper Substanzen auf. Teilweise sind diese körperlichen Veränderungen gleichsinnig zur psychischen Rauschwirkung wie die Beschleunigung des Pulses als ein Aspekt der Steigerung des Antriebs bei Einnahme von Stimulanzien wie Kokain oder die Verlangsamung des Pulses unter beruhigenden (sedierenden) Substanzen wie Heroin. In diesem Zusammenhang entstehen Risiken durch eine allzu starke Intensität eigentlich erwarteter körperlicher Begleitphänomene wie z.B. eine Steigerung des Blutdrucks bis zu einer Bluthochdruckkrise unter Kokain. Teilweise stehen die akuten körperlichen Wirkungen aber in keinem plausiblen Zusammenhang mit der psychischen Wirkung, wie etwa Übelkeit unter GHB (Gamma-Hydroxy-Buttersäure). Grundsätzlich sollte der potenzielle Konsument kritisch prüfen, welche Risiken er im Hinblick auf seine körperliche Gesundheit auf sich nimmt, um bestimmte psychische Veränderungen zu erleben.
In der öffentlichen Diskussion werden Rausch und Abhängigkeit als Folge des Konsums von Drogen nicht immer scharf getrennt. Der Rausch ist mutmaßlich in allen Kulturen nachweisbar und wird rituell oder kulturell gezähmt in der Regel als eine akzeptierte Form menschlichen Erlebens bewertet. Eine qualitativ andere Folge der Einnahme von psychotropen Substanzen ist die Abhängigkeit. Die Entwicklung der Abhängigkeit setzt die wiederholte Einnahme des Suchtmittels voraus. Der Abhängige verliert die Selbstbestimmung über die Einnahme des Suchtmittels. Daher sind das unabweisbare Verlangen nach Einnahme und Wirkung des Suchtmittels (Craving) sowie die Unfähigkeit, die Einnahme trotz negativer Konsequenzen zu beenden, wesentliche Zeichen der Abhängigkeit. Zudem sind Toleranzentwicklung (Dosissteigerung zum Erzielen des vom Konsumenten erwünschten Effekts) sowie das Auftreten von Entzugssymptomen bei Absetzen des Suchtmittels Zeichen der Abhängigkeit von einem Suchtmittel.
Lässt sich bezüglich des Rausches geltend machen, dass er für die psychische und körperliche Gesundheit oftmals harmlos, in bestimmten Kontexten (z.B. bei Heilungsritualen in traditionellen Gesellschaften) vielleicht sogar fördernd ist, so ist die Abhängigkeit als Verlust der Selbstbestimmung in jedem Fall als Nachteil eines (regelmäßigen) Konsums eines Suchtmittels zu bewerten. Als Beispiele seien hier die Alkohol-, Heroin- und Kokainabhängigkeit genannt.
Eine gemeinsame Eigenschaft von Drogen mit Abhängigkeitspotenzial ist die Manipulation des dopaminergen mesolimbischen Systems, des sogenannten Belohnungssystems. Durch die Manipulation des Belohnungssystems durch wiederholte Suchtmitteleinnahme werden nach aktuellen Theorien zur Entwicklung einer Abhängigkeit suchtmittelbezogene Reize – also Reize, die häufig im Zusammenhang mit Suchtmittelerwerb oder -konsum auftreten, z.B. der Anblick des Bahnhofvorplatzes – zu Hinweisreizen für mögliches befriedigendes Erleben, nämlich die Wirkung des Suchtmittels. Dies könnte das bei solchen Hinweisreizen auftretende starke Suchtmittelverlangen (Craving) der Betroffenen, also ein zentrales Symptom der Abhängigkeit, erklären. In diesem Sinne manipuliert die Einnahme eines Suchtmittels, z.B. von Heroin, das Gehirn zu weiterer Suchtmitteleinnahme.
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass bei Einnahme bestimmter Drogen das Risiko des Auftretens psychischer Erkrankungen, wie Depressionen oder schizophrener Psychosen, erhöht ist.
Suchtmittel sind zum Teil toxische, das heißt den Körper schädigende Stoffe. Dies ist im Hinblick auf die leberschädigende Wirkung von Alkohol oder den Lungenkrebs als Folge des abhängigen Rauchens von Zigaretten Allgemeinwissen. Für Drogen können in ähnlicher Weise körperliche Schäden bei abhängigem/langzeitigem Konsum nachgewiesen werden. So besteht auch beim Rauchen von Cannabis langfristig das Risiko für das Entstehen von Lungenerkrankungen. Insbesondere bei Heroinabhängigkeit sind körperliche Erkrankungen, z.B. eine Hepatitis C, als Folge einer intravenösen Einnahme des Suchtmittels unter unsterilen Bedingungen oftmals nachweisbar.
Die Informationen in diesem Buch können auch von Drogenbenutzern, deren Angehörigen und von besorgten Helfern genutzt werden. Die Verbreitung dieses Wissens ist nicht als Anreiz dafür gedacht, Drogen zu konsumieren, sondern um das nötige Verständnis zu liefern, um verantwortungsvolle und überlegte Entscheidungen treffen zu können.
Der Text ist so verständlich wie möglich gehalten, ohne überflüssige akademische Ausdrucksweisen oder medizinische Fachausdrücke. Trotzdem sind wahrscheinlich einige Textabschnitte für Leser ohne jegliche Medizinkenntnisse schwer zu verstehen. Um einen großen Kreis von Lesern anzusprechen, wurde darauf verzichtet, Quellenangaben, Zitatreferenzen und Fußnoten zu verwenden. Ich hoffe daher, dass auch Leser ohne Neigung zu akademischen Büchern dieses Buch mit Gewinn lesen.
Andererseits würde es dem Sinn dieses Buches nicht entsprechen, wenn es in einem „kumpelhaften“ Stil geschrieben worden wäre, der Leser geduzt und das Wissen in einer alternativen Jargonsprache vermittelt würde. Ein solcher Ton kann dazu verleiten, die Ernsthaftigkeit der Thematik zu verwischen und einen übertriebenen Optimismus gegenüber dem Gebrauch von Drogen zu entwickeln.
Die verwendeten Referenzen sind im Literaturverzeichnis aufgeführt.
In diesem Buch werden Herstellungsmethoden einzelner Substanzen beschrieben. Besorgte Leser, die mit „Underground“-Drogenliteratur nicht vertraut sind, könnten glauben, es würden hier einfach zu befolgende Rezepte veröffentlicht, die es jedem leicht machen, selbst Drogen zu Hause herzustellen. Obwohl sich vielleicht andere Leser genau dies erhofft haben, ist das nicht der Fall.
Da es weder meine Absicht ist, den Drogenkonsum zu verstärken, noch die Anzahl der Drogenhersteller zu erhöhen, sind keine weiteren Informationen gegeben als die, die auch über das Internet oder in der einschlägigen Literatur leicht erhältlich sind. Chemische Reaktionen habe ich nur auf allgemeine Beschreibungen beschränkt, da fachlich Interessierte andere Literaturquellen zur Verfügung haben, und „Nichtchemiker“ mit Details gelangweilt wären. Die Herstellungsweisen wurden beschrieben, um über die einzelnen Substanzen einen besseren Überblick zu erhalten.
Mit ausreichendem Wissen und Willen ist es möglich, Drogen herzustellen. Der Möchte-gern-Chemiker, der dies beabsichtigt, sollte sich jedoch vergegenwärtigen, dass die meisten Reaktionen ohne ausreichende Kenntnisse und Praxis in Chemie und Laborkunde sowohl explosive als auch brennbare, ätzende und giftige Produkte erzeugen können. Ein unvollständig ausgerüstetes Labor ohne notwendige Sicherheitsvorkehrungen ist nicht nur für etwaig vergiftete Kunden gefährlich, sondern auch für den unwissenden Hobbychemiker selbst.
Wer trotzdem Laborausrüstung und Chemikalien anschaffen möchte, um Drogen herzustellen, sollte Kap. ▶ 16 und Kap. ▶ 18 über synthetische Opioide und „Angel Dust“ (PCP) genau lesen. Er sollte sich dann fragen, ob ihm ähnlich fatale Fehler, wie bei der versehentlichen Herstellung hochtoxischer Stoffe wie MPTP und PCC, nicht auch unterlaufen könnten und was das für Auswirkungen auf ihn und andere hätte.
Da es unmöglich ist, „Experte“ für jede Substanz zu sein, und weil das Wissen über die unterschiedlichen Substanzen sehr kurzlebig ist, bin ich jedem dankbar, der auf sachliche Ungereimtheiten, Fehler oder wichtige Informationslücken im Text hinweisen kann, damit dieses Taschenbuch in künftigen Auflagen immer auf dem neuesten Stand bleibt.
2 Amphetamine
3 Cannabis
4 DMT und Ayahuasca
5 DOM (STP)
6 Ecstasy
7 Engelstrompeten (Brugmansia)
8 Fliegenpilz (Amanita muscaria)
9 GHB
10 Heroin
11 Ketamin
12 Kokain
13 Lachgas
14 LSD
15 Meskalin
16 Opioide
17 Opium
18 PCP (Phencyclidin)
19 Psilocybinhaltige Pilze
20 Salvia divinorum
21 Schnüffelstoffe
▶ Abb. 2.1 zeigt die Strukturformeln, die Anwendungsarten und die handelsüblichen Formen der Amphetamine.
Amphetamine.
Abb. 2.1 Strukturformeln, Anwendungsarten und handelsübliche Formen.
Amphetamine sind Substanzen, deren Ausgangssubstanz das α-Methylphenethylamin (Amphetamin) ist. Ihre dominierenden Wirkungen sind Euphorisierung und Antriebssteigerung. Diese Substanzen werden daher auch als Weckamine bezeichnet. Amphetamin wurde 1887 von dem Chemiker Edeleanu erstmals hergestellt. Durch chemische Veränderung des Amphetaminmoleküls können verwandte Substanzen wie das Methylamphetamin (meist Methamphetamin genannt) gebildet werden. Amphetamine sind im Gegensatz zu vielen anderen Drogen vollsynthetisch hergestellte Substanzen. Das Amphetaminmolekül existiert in 2 Formen der räumlichen Anordnung (Isomere). Hierbei ist die rechtsdrehende Form (Dextroamphetamin oder Dexamphetamin) als stimulierende Droge wirksamer als die linksdrehende Form (Levoamphetamin oder L-Amphetamin).
Ein Teil der von Amphetamin abgeleiteten Substanzen sind vorwiegend halluzinogen wirksam, z.B. 2C-B, 2C-T-2 und 2C-T-7 (siehe Glossar). Auch Meskalin ist chemisch verwandt mit Amphetamin, hat allerdings vornehmlich eine halluzinogene Wirkung (siehe Kap. ▶ 15). Eine chemische Ähnlichkeit mit Amphetamin haben auch MDMA (Ecstasy) und verwandte Substanzen wie MDA und MDE. Neben der amphetaminartigen Antriebssteigerung treten weitere für diese Substanzen typische Wirkungen auf, insbesondere die verstärkte Einfühlung in eigenes und fremdes seelisches Erleben. Daher werden diese Substanzen unter der Bezeichnung Entaktogene als Sondergruppe von den Amphetaminen abgegrenzt (siehe Ecstasy, Kap. ▶ 6).
Amphetamine wurden primär als Medikamente entwickelt. Sie wurden beispielsweise unter den Namen Benzedrin (Amphetamin) oder Pervitin (Methamphetamin) vermarktet. Einsatzgebiete waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert z.B. die sogenannte Schlafsucht bei Encephalitis lethargica und Asthma. Zudem wurden Amphetamine auch als Appetitzügler bei Fettleibigkeit medikamentös verwendet (z.B. Phenmetrazin, früher unter dem Namen Preludin vermarktet). Nachdem die Risiken des Missbrauchs und der Abhängigkeit bei Amphetamineinnahme deutlich geworden waren, wurden viele Präparate vom Markt genommen.
Aktuell sind in Deutschland Amphetaminderivate als Medikamente nur noch zugelassen zur Behandlung der Narkolepsie, einer seltenen neurologischen Erkrankung mit anfallsweise auftretender Müdigkeit, sowie zur Behandlung des hyperkinetischen Syndroms (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ADHS). Die ADHS ist eine insbesondere bei Jungen im frühen und mittleren Schulalter häufige Erkrankung. Die Wirksamkeit des Amphetaminderivats Methylphenidat (im Handel z.B. als Ritalin, Concerta und Medikinet) in dieser Indikation ist gut belegt. Seine Wirkung bei diesen Patienten erscheint gemessen an der ansonsten euphorisierenden und antriebssteigernden Wirkung von Amphetaminen paradox. Methylphenidat mindert nämlich bei ADHS-Patienten den überschießenden Antrieb und wirkt konzentrationssteigernd. Weitere Substanzen aus der Gruppe der Amphetamine zur ADHS-Behandlung sind D,L-Amphetamin, Dexamphetamin und Lisdexamphetamin. Generell ist eine ADHS im Kindesalter ein Risikofaktor für die Entwicklung einer späteren Abhängigkeit. Die Behandlung mit Methylphenidat, also einem Amphetamin, erhöht dieses Risiko nicht, sondern ist vielmehr eine wichtige präventive Maßnahme gegen die Entwicklung einer Abhängigkeit. Der deutliche Anstieg der Verschreibung von Methylphenidat in den letzten Jahren ist nicht eindeutig zu interpretieren. Angesichts der Verbreitung der ADHS kann angenommen werden, dass der Anstieg sicherlich auch auf der inzwischen häufigeren und indizierten Verschreibung eines bei dieser Erkrankung nachgewiesen wirksamen Medikaments beruht. Inwieweit analog zur Verschreibung von Benzodiazepinen auch hier das Problem von ärztlichen Fehlverschreibungen besteht, ist unklar.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte der nicht medizinische Gebrauch von Amphetaminen ein. Hierfür war insbesondere von Bedeutung, dass Amphetamine bei Müdigkeit den Antrieb steigern. Hierdurch wurde die Durchführung von lang dauernden, insbesondere auch monotonen Tätigkeiten erleichtert. Studenten verwendeten etwa ab den 1930er Jahren Amphetamine zur Überwindung der Müdigkeit bei Prüfungsvorbereitungen. Hinzu kam der Einsatz von Amphetaminen als Dopingmittel im Ausdauersport, z.B. beim Radfahren oder dem Langstreckenlauf. Das Methamphetaminpräparat Pervitin wurde im Zweiten Weltkrieg insbesondere von Piloten beider Kriegsparteien eingenommen. Analog erfolgte der Einsatz von Amphetaminen zum Wachhalten über viele Stunden („Weckamine“) durch Berufskraftfahrer. Angesichts der Risiken von Missbrauch und Abhängigkeit wurden für die meisten Arzneimittel, die Amphetamin bzw. Amphetaminderivate enthielten, die Zulassungen in Deutschland widerrufen (Ausnahmen siehe oben).
Ab den 1980er Jahren kam es in Deutschland zu einer Zunahme des Konsums von Amphetaminen als Droge, z.B. als „Disco-Droge“ oder im Kontext der Rave- und Technosubkultur. Oft werden dabei Amphetamine mit anderen Drogen zusammen konsumiert, z.B. mit Alkohol, Ecstasy und Halluzinogenen wie LSD. Nach epidemiologischen Untersuchungen in Deutschland gaben 0,7 % der Befragten aus der erwachsenen Bevölkerung (im Alter von 18-64 Jahren) an, Amphetamine in den letzten 12 Monaten eingenommen zu haben. Der Prozentsatz der Amphetaminabhängigen in Deutschland wird auf 0,1 % der erwachsenen Bevölkerung geschätzt. Insgesamt gaben eher Männer als Frauen und eher junge Erwachsene als ältere Erwachsene einen Amphetaminkonsum an. Genauere Daten zur Häufigkeit der Verwendung einzelner Amphetamine und der entsprechenden Applikationsformen liegen für Deutschland nicht vor. Insbesondere aus Bundesländern an der Grenze zu Tschechien (Bayern und Sachsen) wird über eine deutliche Zunahme des Konsums von kristallinem Methamphetamin („Crystal Meth“) berichtet. Im Unterschied zu Deutschland ist in einigen Ländern, z.B. in Skandinavien, das Amphetaminproblem stärker ausgeprägt als das Heroinproblem.
Nachdem die meisten amphetaminhaltigen Medikamente (wie z.B. Appetitzügler) in Deutschland vom Markt genommen wurden und Medikamente wie Methylphenidat nur über eine ärztliche Verschreibung mit Betäubungsmittelrezept erhältlich sind, setzte eine illegale Produktion von Amphetaminen ein. Im Gegensatz zur legalen industriellen Produktion eines Medikaments unterliegt die Schwarzmarktproduktion von Drogen verschiedenen Risiken. An erster Stelle stehen dabei der unklare und wechselnde Reinheitsgrad der Droge mit daraus folgenden Problemen für die Dosierung sowie gesundheitsgefährdende Beimengungen infolge von Fehlern bei der Synthese der Substanz oder durch nachträgliches Strecken der Droge.
Aktuell sind auf dem Schwarzmarkt neben Stimulanzien aus der Gruppe der Amphetamine auch synthetische Stimulanzien erhältlich, die sich chemisch nicht von Amphetamin, sondern von Cathinon ableiten, wie z.B. Mephedron und Methedron. Die Wirkung dieser Stimulanzien wird teilweise mit der von Amphetaminen verglichen, zum Teil auch mit der von Ecstasy. Cathinon (und Cathin) entstehen natürlich in der Pflanze Catha edulis. Der Konsum der Blätter und Zweigspitzen dieser Pflanze (als Kat, Khat, Quat oder Kath [siehe Glossar] bezeichnet) ist im Jemen und im östlichen Afrika (z.B. Äthiopien, Kenia) verbreitet. Auch Piperazinderivate, z.B. 1-Benzylpiperazin (BZP), werden als Ersatz für Amphetamine auf dem Schwarzmarkt angeboten. In diesem Zusammenhang wird das juristische Problem der sogenannten „legal highs“ berührt: Cathinon beispielsweise ist dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. Durch leichte chemische Abwandlung bei gegebener Grundstruktur lassen sich weitere Stimulanzien aus der Gruppe der Cathinone herstellen, die dann bis zur jeweiligen Unterstellung unter das Betäubungsmittelgesetz zeitweilig als legale Drogen angeboten werden ( ▶ Abb. 2.2).
„Legal Highs.“
Abb. 2.2 So genannte Legal Highs sind Drogen, die als Ersatz zu dem Betäubungsmittelgesetz unterstellten Drogen angeboten werden. Zur Verschleierung der Verwendung als Drogen werden diese Substanzen z.B. als Kräutermischungen oder als Badesalze beworben.
Diese Drogen sind meist Derivate bekannter Betäubungsmittel, die in ihrer molekularen Struktur so modifiziert wurden, dass sie zum gegebenen Zeitpunkt nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Zum Teil handelt es sich um pflanzliche Drogen, die früher nur ethnobotanischen Experten bekannt waren.
Amphetamine erhöhen die Ausschüttung von Dopamin und Noradrenalin aus den präsynaptischen Nervenzellen. Die erhöhte Verfügbarkeit von Dopamin an den postsynaptischen Rezeptoren dürfte der wichtigste Mechanismus für die verstärkende Wirkung von Amphetaminen sein und das Risiko für die Entwicklung einer Abhängigkeit bedingen. Die Erhöhung der Ausschüttung von Nordrenalin bewirkt eine sympathische Aktivierung. Methamphetamin ist als Droge intensiver und länger wirksam als Amphetamin. Anatomische Strukturen des Gehirns, bei denen eine Wirkung von Amphetaminen nachgewiesen wurde, sind z.B. der präfrontale Kortex, die Basalganglien, das limbische System und die Formatio reticularis. Als lipophile Substanzen überwindet Methamphetamin die Blut-Hirn-Schranke leichter als Amphetamin. Im Tierversuch wurden toxische Wirkungen von Methamphetamin auf Nervenzellen nachgewiesen. Ein Mechanismus hierbei dürfte die Bildung von toxischen Stoffwechselprodukten nach Aufnahme von Amphetaminen in Nervenzellen sein. Auch bei Untersuchungen am Menschen ergaben sich bedenkliche Hinweise vor allem für eine Neurotoxizität bei chronischer Einnahme von Methamphetamin, z.B. Minderung des Volumens der grauen Substanz des Gehirns bei Methamphetaminkonsumenten im Vergleich zu Kontrollprobanden ohne Methamphetaminkonsum.
Merke
Bei chronischer Einnahme kann es zu einer erheblichen Toleranzentwicklung kommen. Während Dosen (orale Einnahme) von Amphetamin bei sporadischem Konsum in der Größenordnung von 5–25 mg angegeben werden, wurden bei abhängiger Einnahme über Dosen von mehreren Gramm berichtet. Solche Dosen wären für eine nicht an Amphetamine gewöhnte Person tödlich.
Keine Toleranz entwickelt sich allerdings gegenüber der schlafhemmenden Wirkung. Die chronische Schlafstörung ist daher ein typisches Symptom des Missbrauchs bzw. der Abhängigkeit von Amphetaminen.
Das Medikament Methylphenidat ist in Deutschland in Tablettenform verfügbar. Illegal hergestellte Amphetamine werden meist als Pulver ( ▶ Abb. 2.3), zum Teil als „Paste“ oder als Tabletten („Pillen“) zum Einnehmen angeboten. Der Wirkstoffgehalt der Droge unterliegt hierbei starken Schwankungen. Das Strecken der Droge erfolgt z.B. mit Ephedrin, Milchpulver oder Koffein. Meist werden Amphetamine als Salze (z.B. Sulfate) hergestellt, etwa wegen der dadurch verbesserten Haltbarkeit.
Amphetamine („Pep“).
Abb. 2.3 Amphetamine werden meist in Pulverform gehandelt.
Abb. 2.3a Weniger reines Amphetamin mit kleinen Klümpchen.
Abb. 2.3b Bei sehr hohem Reinheitsgrad ist das Pulver fein und schneeweiß.
Eine schnellere und stärkere Applikationsart als die orale Einnahme mit Resorption über den Verdauungstrakt ist die nasale Aufnahme mittels eines dünnen Röhrchens (Schnupfen oder „Sniefen“).
Am stärksten wirksam ist die intravenöse Injektion bzw. das Rauchen (von Methamphetamin). Allerdings muss die Substanz eine hohe Reinheit haben, um rauchbar zu werden. Kristallines Methamphetamin („Ice“, „Crystal Speed“, „Crystal“, „Crystal Meth“ ▶ Abb. 2.4) kann durch Rauchen, z.B. in kleinen Glaspfeifen, aufgenommen werden. Der Rausch setzt in Sekunden ein. Bei dieser Anwendungsform sind die Gefahr von Nebenwirkungen sowie das Risiko der Abhängigkeitsentwicklung einschließlich der Gefahr eines raschen körperlichen Verfalls erhöht.
„Crystal-Speed“ („Ice“, „Crystal Meth“).
Abb. 2.4 Bei dem weißen Pulver handelt es sich um kristallines Methamphetamin in Reinform. Kristallines Methamphetamin kann auch geraucht und gespritzt werden.
Amphetamine werden vor allem über die Niere ausgeschieden, eine Säuerung des Urins führt zu einer schnelleren Ausscheidung. Entsprechend ist die Wirkung bei Alkalisierung des Urins verlängert.
Amphetamine werden auch tagsüber eingenommen, um die stimulierende Wirkung bei der Arbeit zu nutzen. Je nach Präparat ist Schlafen innerhalb von 6–18 Stunden nach der Substanzeinnahme nicht möglich. Durch Einnahme sedierender Substanzen (z.B. Alkohol, Benzodiazepine, Cannabis oder Heroin) wird teilweise versucht, dann doch zur Ruhe zu kommen. Manche Benutzer nehmen über mehrere Tage lang mehrmals täglich Amphetamine ein, was dazu führt, dass sie kaum schlafen oder essen („run“). Anschließend zeigen sie eine körperliche Erschöpfung („crash“) und fallen in einen bis zu 2 Tage dauernden Schlaf, um dann einen erneuten „run“ zu beginnen.
Die folgenden Angaben zum Zusammenhang von Dosis und Wirkung bzw. Wirkungsdauer sind nur als ungefährer Anhalt zu nehmen. Verschiedene Einflussfaktoren wie die Art der Aufnahme, Reinheit der Droge, körperlicher und psychischer Zustand des Konsumenten, Konsumerfahrung und eine etwaige Toleranzentwicklung können diesen Zusammenhang beeinflussen. Die Wirkung von Amphetaminen ist wohl auch genetisch mitbedingt, z.B. beeinflussen Varianten des Gens für den Noradrenalintransporter die akute Wirkung von Amphetaminen. Entsprechend schwanken die z.B. im Internet verfügbaren Angaben über eine übliche Einzeldosis erheblich, bei Methamphetamin beispielsweise von 10–40 mg (gesnieft; ohne Toleranzentwicklung).
Merke
Wirkungseintritt und Intensität der Amphetamin- bzw. Methamphetaminintoxikation sind auch von der Anwendungsweise und dem verwendeten Amphetamin abhängig. So ist Methamphetamin eine stärker wirksame Droge als Amphetamin. Beim Rauchen und bei der intravenösen Einnahme (Spritzen) von Methamphetamin („Crystal Meth“) erfolgt der Wirkungseintritt rascher (in wenigen Sekunden) und die Intensität z.B. der Euphorie ist ausgeprägter als bei der nasalen Aufnahme („Sniefen“). Bei oraler Einnahme ist der Wirkungseintritt langsam (30–45 Minuten nach Einnahme) und die Intensität der Intoxikation bei vergleichbaren Drogen geringer ausgeprägt. Auch ist die Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung bei Methamphetamin höher als bei Amphetamin.
Die Wirkungen von Amphetaminen sollen etwa 30–45 Minuten nach der oralen Einnahme beginnen. Die Wirkungsdauer von Amphetaminen ist deutlich länger als die von Kokain. In Abhängigkeit von der Dosis, Toleranzentwicklung etc. sowie auch der zur Bewertung herangezogenen Symptomatik wird die Wirkungsdauer nach oraler Einnahme mit 3–12 Stunden recht unterschiedlich angegeben (im Vergleich Dauer des Kokainrausches nach „Sniefen“ 30 Minuten bis etwa 2 Stunden). Nacheffekte, z.B. innere Unruhe und daraus resultierende Schlafstörungen, können länger anhalten. Beim Rauchen oder der Injektion von Methamphetamin setzt die Wirkung bereits nach wenigen Sekunden ein, beim „Sniefen“ innerhalb von 5–15 Minuten. Die Dauer des Rausches nach Methamphetamineinnahme soll mit 6–48 Stunden länger sein als nach Einnahme von Amphetamin.
Amphetamine wirken auf das zentrale Nervensystem sowie auf das periphere sympathische Nervensystem erregend. Die Effekte variieren je nach Dosis (wie immer in diesem Buch bieten Dosisangaben nur Orientierungswerte und sind mit Vorsicht zu bewerten):
Bei oraler Einnahme von 5–15 mg Amphetamin werden Müdigkeit und Schlafbedürfnis unterdrückt sowie psychische und körperliche Leistungsbereitschaft gesteigert. Wachheit und Aufmerksamkeit sind erhöht bei gesteigertem Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit. Ob darüber hinaus auch die kognitive Leistungsfähigkeit etwa im Hinblick auf das Lernen bei einer Prüfungsvorbereitung („Hirndoping“) objektiv erhöht ist, ist umstritten. Die Literaturlage ist uneinheitlich, z.B. in Abhängigkeit von der jeweils untersuchten kognitiven Leistung. Eine euphorische Stimmungslage und mangelnde Selbstkritik können dazu führen, den Umfang des Gelernten zu überschätzen. Bei regelmäßiger Amphetamineinnahme nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit, z.B. Gedächtnisleistung und Daueraufmerksamkeit, ab. Ein Risiko des Einsatzes von Amphetaminen als Dopingmittel im Sport besteht darin, die eigene (physische) Leistungsgrenze nicht mehr wahrzunehmen. Hierdurch soll es zu Todesfällen gekommen sein.
Bei mittleren Amphetamindosen (z.B. oral 15–20 mg) kommt es zur eigentlichen Intoxikation mit Euphorie und ausgeprägter Antriebssteigerung. Symptome der Antriebssteigerung sind z.B. vermehrter Rededrang, motorische Unruhe, Gedankenflucht mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Konzentration, Schlaflosigkeit sowie Enthemmung von z.B. aggressiven und sexuellen Impulsen. Die Stimulation kann auch quälend als innere Unruhe erlebt werden.
Bei hohen Dosen (z.B. oral > 30 mg), insbesondere auch intravenöser Einnahme droht die psychotische Entgleisung der Intoxikation mit Angstzuständen, sinnlosen stereotypen motorischen Aktivitäten („punding“) und paranoid-halluzinatorischem Erleben.
Nach einigen Stunden verringert sich die stimulierende Wirkung und ein Gefühl von Erschöpfung und Müdigkeit tritt ein, wobei typischerweise Schlafen erschwert bis unmöglich ist. In dieser Phase ist die Versuchung groß, erneut Amphetamine zu nehmen oder aber durch Beruhigungsmittel Schlaf zu erzwingen. Teilweise kommt es zu deutlichen Stimmungsstörungen mit Irritierbarkeit, Aggressivität und Verstimmtheit. Der Appetit bleibt mehrere Stunden nach Abklingen der aufputschenden Wirkung vermindert.
Die akuten körperlichen Effekte der Amphetamine sind aus ihrer Eigenschaft, das sympathische Nervensystem zu erregen, ableitbar. Zu den Wirkungen zählen daher eine Blutdrucksteigerung bei Verengung der Gefäße, Beschleunigung der Pulsfrequenz, Erweiterung der Atemwege sowie Trockenheit der Schleimhäute in Mund und Nase. Am Anfang des Rausches sind die Reflexe verstärkt. Körperliche Kräfte werden mobilisiert und der Gesamtorganismus erhöht seinen Energieumsatz. Es kommt zu einem Wärmegefühl (Hyperthermie) bei Mundtrockenheit mit ständigem Durst und Bewegungsunruhe. Die Pupillen sind erweitert (Mydriasis). Die Libido ist gesteigert. Hungergefühle werden unterdrückt.
Vorsicht
Bei entsprechenden Vorerkrankungen oder Überdosierungen drohen Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Schlaganfälle durch Bluthochdruckkrisen und Hirnblutung sowie zerebrale Krampfanfälle. Letztlich drohen Koma und Tod durch Versagen des Herz-Kreislauf-Systems.
Abhängigkeit Der regelmäßige Konsum von Amphetaminen kann zur Entwicklung einer Abhängigkeit führen. Hierbei wird ein anhaltender Zustand der Antriebssteigerung mit mangelndem Schlaf und Gewichtsabnahme bei dauernder Unterdrückung des Hungergefühls beobachtet. Affektiv kann dieses klinische Bild aggressiv-gereizt, aber auch depressiv eingefärbt sein. Durch Toleranzentwicklung kann es zu einer erheblichen Dosissteigerung kommen. Der gehetzte Zustand der chronischen Intoxikation kann bis zum psychischen und körperlichen Zusammenbruch führen („crash“). Dann auftretende Symptome wirken wie ein schwerwiegender Entzug mit allerdings vorrangig psychischen Symptomen wie z.B. unruhiger Schläfrigkeit, depressiver Verstimmung, Heißhunger, Panikattacken, Konzentrationsstörungen und körperlicher Abgeschlagenheit. Auch die Suizidgefahr ist im „crash“ erhöht. Das Risiko der Entwicklung einer Abhängigkeit, aber auch von anderen Komplikationen ist bei Methamphetamin höher als bei Amphetamin.
Amphetaminpsychose Insbesondere beim Konsum von größeren Mengen, intravenöser Applikation (s.o.) oder bei länger andauerndem Gebrauch kann eine paranoid-halluzinatorische Amphetaminpsychose („Speedfilm“) auftreten. Hierbei fühlen sich die Benutzer verfolgt, bedroht oder vergiftet und können optische und akustische Halluzinationen haben. Die Indikation zur stationären Behandlung ist gegeben. Nach einigen Tagen, zum Teil Wochen, ohne Amphetamine verschwinden diese Symptome meist. Einige Menschen scheinen häufiger Psychosen unter Amphetamingebrauch zu entwickeln, weshalb eine genetische Disposition diskutiert wird. Auch kann die Amphetaminpsychose in eine schizophrene Psychose übergehen, die dann eigengesetzlich auch bei Absetzen der Amphetamine weiter verläuft. Sensitivierungsprozesse, also die verstärkte Wirkung von Amphetamin bei wiederholter Einnahme z.B. im Hinblick auf die Dopaminausschüttung könnten bei der Verursachung von Amphetaminpsychosen eine Rolle spielen.
Polytoxikomanie Zum Durchbrechen der als quälend erlebten Antriebssteigerung werden z.T. sedierende Substanzen, z.B. Benzodiazepine oder Alkohol, eingenommen. Durch den wechselnden Missbrauch stimulierender und sedierender Substanzen kann sich eine Polytoxikomanie entwickeln.
Gewichtsabnahme Eine weitere Wirkung von Amphetaminen ist die Unterdrückung von Hungergefühlen. Chronische Benutzer von Amphetaminen müssen bewusst darauf achten, dass sie sich ausreichend ernähren. Erhebliche Gewichtsabnahmen in einigen Monaten sind möglich und können eine schwerwiegende Gesundheitsgefährdung bedeuten.
Kognitive Defizite Regelmäßiger Methamphetaminkonsum kann wohl in Abhängigkeit von den konsumierten Mengen zu langfristigen kognitiven Defiziten etwa im Hinblick auf Gedächtnis, Konzentration und Aufmerksamkeit führen (neurotoxische Wirkung).
Weitere gesundheitliche Risiken Amphetaminkonsumenten haben ein erhöhtes Risiko für die koronare Herzkrankheit und Herzmuskelerkrankungen. Der Zahnstatus ist bei chronischen Amphetaminkonsumenten oft ruinös: Insbesondere bei der durch die Droge induzierten Mundtrockenheit („dry mouth“, Xerostomie), oft geringer Zahnhygiene und dem heftigen Aufeinanderpressen der Zahnreihen (Bruxismus) sind Karies und Zahnbruch verbreitet. Hautinfektionen treten gehäuft auf. Bei häufigerem Gebrauch wird die Menstruation bei Frauen gestört und setzt letztendlich ganz aus. Bei intravenöser Einnahme bestehen Risiken für die körperliche Gesundheit, wie sie auch von der intravenösen Einnahme von Heroin bekannt sind, z.B. Spritzenabszesse oder Infektionen mit Hepatitis C etc. bei Spritzentausch.
Die Herstellung von Amphetaminen