Das Ende der Ausreden - Brigitte Roser - E-Book

Das Ende der Ausreden E-Book

Brigitte Roser

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  • Herausgeber: Diana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2009
Beschreibung

Mehr Freiheit wagen

Ein glückliches und sinnvolles Leben – davon träumen wir alle. Doch statt zu handeln, sagen wir »Das geht jetzt nicht, weil ...«, und treten auf der Stelle. Die erfolgreiche Psychologin und Unternehmensberaterin Brigitte Roser sagt, warum wir immer wieder in die gleichen Fallen laufen. Und wie wir da herauskommen.

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Seitenzahl: 409

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Inhaltsverzeichnis
 
Widmung
Einleitung
 
1 Was sind eigentlich Ausreden?
Wie wäre unser Leben ohne Ausreden?
Ausreden sind hilfreich, wenn wir mit ihnen höflich sind
Ausreden sind hilfreich, wenn sie niemandem schaden
Ausreden sind hilfreich, wenn sie uns schützen
Aber: Auch hilfreiche Ausreden haben Nebenwirkungen
 
2 Wie wir mit Ausreden unproduktive Spiele spielen
Wir verschwenden Zeit mit guten Vorsätzen
Wir langweilen uns gegenseitig mit Begründungen, warum etwas nicht geht
Wir machen uns etwas vor mit dem »Ich habe keine Zeit!«
Wie spielen Sie beim Ausreden-Spiel mit?
Meine persönliche Ausreden-Favoriten
 
Copyright
 
 
 
Für Tommy
Einleitung
Willkommen im Club! Sie reden sich also auch heraus!
Was hätte Sie sonst bewogen, dieses Buch in die Hand zu nehmen? Ganz offensichtlich hat der Begriff »Ausreden« etwas in Ihnen zum Klingen gebracht. In dem unübersehbaren Trubel der dreiundzwanzigtausend Titel im Büchermarkt musste sich die Überschrift Ihre Aufmerksamkeit erkämpfen, sich dazu in Ihr Gehirn vorarbeiten - und hat es bis dorthin geschafft. Wie ist ihr das gelungen? Ausreden scheinen in Ihrem Leben eine Rolle zu spielen. Damit sind Sie in guter Gesellschaft. Vielleicht war es die Kombination von »Ausreden« mit »Das Ende der …«? Fürchten Sie nun zu erfahren, dass Sie sich nicht mehr herausreden sollen, oder hoffen Sie, dass Sie es doch dürfen, oder freuen Sie sich darauf, zu erfahren, wie man damit aufhört und was man davon hat?
Ausreden sind unverzichtbar. Ausreden helfen uns. Ausreden sind langweilig. Ausreden können uns retten. Ausreden können uns in Sackgassen führen und bewirken, dass wir unser Leben verfehlen. Sie sehen schon: Ein einfaches Schwarz oder Weiß wird uns hier nicht weiterbringen.
In den Monaten, in denen ich an diesem Buch geschrieben habe, ist mir ein Phänomen immer wieder begegnet: Sobald ich den Titel nenne - und zwar allein den Titel! -, nickt mein Gegenüber wissend, lächelt, lacht, seufzt und wirkt irgendwie ertappt. Kein einziges Mal hat mich jemand gefragt, um was es in dem Buch gehen soll. Alle schienen bereits Bescheid zu wissen. Jeder füllt diesen Titel automatisch mit seiner eigenen Geschichte. Wir sind alle Ausreden-Experten.
Was verbindet Sie persönlich - heute - mit diesem Thema? Was rührt es in Ihnen an? Wäre ein Ende Ihrer Ausreden für Sie ein kleiner oder ein großer Schritt?
Vielleicht leben Sie bereits das Leben, das Ihnen entspricht, machen sich selbst und anderen wenig vor und bedauern nichts. Nur in einem kleinen Winkel Ihres Alltages gäbe es etwas aufzuräumen, und da ist bislang immer eine Ausrede im Weg gewesen? Dieses Hindernis lässt sich wahrscheinlich leicht zur Seite räumen.
Vielleicht ist es aber auch etwas von größerer Bedeutung, etwas Wichtiges, das Lebensenergie schluckt und Sie hindert, so zu leben, wie es Ihren Talenten und Werten entspräche. Vielleicht gibt es etwas, das Sie tun möchten, sich aber nicht zutrauen, eine Sehnsucht, die Sie sich nicht eingestehen wollen, oder eine Reise, die Sie endlich antreten sollten.

Woran können Sie erkennen, dass die Zeit reif ist, mit den Ausreden aufzuhören?

Es gibt viele mögliche Indizien: Sie haben manchmal ein Gefühl vager Fremdheit zu sich selbst. Momente, in denen Sie spüren, dass Sie nach einem Erfolgsrezept leben, das Sie sich nicht selbst ausgedacht haben - jedenfalls nicht bewusst. Es funktioniert sehr gut, und trotzdem kommt Ihnen gelegentlich ein Zweifel, ob Sie eigentlich wirklich immer so weiterleben möchten.
Ein diffuses Unbehagen. Träume bleiben auf der Strecke, Selbstverleugnung tarnt sich mühsam als ironische Abgeklärtheit. Eine Ahnung von Überdruss, eine moderate Krise. Oder Sie empfinden in bestimmten Situationen Langeweile gegenüber den eigenen Leitsätzen. Sie hören sich selbst zu und denken plötzlich: Was soll das? Was sind das für Sätze, die ich hier seit Jahren doziere? Von wem stammen die eigentlich? Und glaube ich das tatsächlich?
Oder die sich einstellende Gewissheit, dass sich bestimmte Dinge wiederholen. Und wiederholen und wiederholen … Konflikte mit bestimmten Leuten oder einer bestimmten Sorte von Leuten. Konflikte, für die Sie dann keine befriedigende Lösung finden. Oder ein Vorwurf, den Sie zum hundertsten Mal hören, und plötzlich - hören Sie ihn. Zum ersten Mal. Und erschrecken: Bin ich wirklich so?
Oder Sie sitzen im Restaurant, und ohne dass Sie es geplant hätten, beobachten Sie intensiv ein Paar am Nebentisch. Und es springt Sie an: »So benehme ich mich auch oft. Das ist ja grässlich. Nein, ich habe mich bestimmt getäuscht! Nein, ich fürchte, ich habe es richtig gesehen.« Sie ärgern sich, dass Sie sich in bestimmten Situationen einfach nicht im Griff haben. Sie machen immer wieder Sachen, von denen Sie sich vorgenommen hatten, sie nie wieder zu tun. Es kommt Ihnen merkwürdig vor, dass bestimmte Leute Sie so aus der Fassung bringen können. Sie ertappen sich dabei, Dinge zu sagen, die Sie eigentlich niemals sagen wollten. Sie schauen in den Spiegel und erkennen an sich den gleichen angestrengten Blick, den Sie von Ihrer Mutter, Ihrem Vater kennen.
Wenn Ihnen das alles ganz unbekannt ist, dann wird es für Sie keinen Grund geben, sich mit der Frage zu befassen, die der Ausgangspunkt dieses Buches ist: Wie Sie sich mit Ausreden im eigenen Leben und Ihrer Entwicklung als Mensch blockieren. Dann habe ich mich eingangs getäuscht, und Sie haben vielleicht nur nach einem Geschenk für jemanden gesucht, der Ihrer Meinung nach zu viele Ausreden verwendet? Prima, dann schenken Sie ihm das Buch!
Wenn Ihnen aber das eine oder andere bekannt erscheint, dann ist dieses Thema offenbar jetzt für Sie wichtig. Vielleicht wollen Sie den automatisierten Selbstberuhigungsprogrammen auf die Schliche kommen, mit denen Sie Ihr Leben auf ein Irgendwann verschieben oder Ereignisse umdichten, damit Sie sich besser damit zurechtfinden. Vielleicht spüren Sie auch, was Wolf Biermann mit »Das kann doch nicht alles gewesen sein!« als einen Aufschrei der Lebensmitte formuliert hat. Vielleicht haben Sie sogar vor Kurzen einmal Bilanz gezogen und sind zu dem Schluss gekommen, dass Sie im falschen Film spielen oder im richtigen die falsche Rolle. Dass viele kleine Ausreden sich zu einer großen Lebenslüge addiert haben und Sie sich nicht mehr erinnern können, wann Sie den falschen Abzweig genommen und sich so verirrt haben.
Der Ruf des Lebens ertönt immer, aber nicht immer hören wir zu. Wir lenken uns ab, drehen das Radio lauter, machen weiter wie bisher. Aber irgendwann dringt der Ruf doch zu uns durch, und wir wissen: Jetzt ist eine kleine Kurskorrektur fällig oder sogar eine Kehrtwende. Ende der Ausweichmanöver, Zeit für Aufrichtigkeit, Abschied vom Konjunktiv. Und genau der richtige Moment, uns von den Ausreden zu lösen.

Was erwartet Sie in diesem Buch?

Es geht, wie der Titel schon sagt, um Ausreden. Was wir meinen, wenn wir von Ausreden sprechen. Warum wir sie benutzen. Warum sie wichtig sind. Warum sie problematisch und riskant sind. Wie wir sie gelernt haben und wozu. Und welche Konsequenzen es hat, wenn wir mit einigen von ihnen nicht aufhören.
Es geht vor allem um die Frage: Was haben Ausreden und Ihr Leben miteinander zu tun? Und: Was kann sich in Ihrem Leben entwickeln, verbessern und entfalten, wenn Sie auf überflüssige Ausreden verzichten? Vor allem auf die größte Ausrede, die da heißt »Ich bin eben so«.
Hier einige Thesen, die zeigen, was inhaltlich auf Sie wartet. Sollten Sie stutzen oder neugierig werden, gibt es wohl etwas zu entdecken.
• Wenn Sie in wichtigen Fragen Ihres Lebens Ausreden verwenden, wollen Sie nicht erwachsen werden.
• Wenn Sie sich nicht mit sich selbst, Ihrer Biografie und dem inneren Drehbuch Ihres Lebens beschäftigen möchten, spielen Sie in einem Stück mit, das vor langer Zeit von anderen für Sie geschrieben wurde - und pflegen dabei die Illusion der Selbstbestimmung.
• Wenn Sie sich mit über dreißig weiter darauf herausreden, dass Sie so sind, wie Sie sind, und basta! - dann werden Sie im Alter so werden, wie Sie es ganz bestimmt nicht wollen: starr, stur und unzufrieden.
• Andererseits: Sie können aktiv dafür sorgen, dass Sie im Alter flexibel und liebenswürdig bleiben.
• Ihr Partner ist nicht zuständig für Ihre Empfindlichkeiten und inneren Narben. Wenn Sie nicht zu sich selbst stehen, kann er es Ihnen niemals wirklich recht machen.
• Sie können sich entscheiden: für eine Wiederholung der Themen Ihrer Herkunftsfamilie oder dafür, ein neues Kapitel für Ihr Leben und das Ihrer Kinder zu schreiben.
• Sie können feststellen, dass Sie der Liebe wert sind, ohne perfekt, immer nett oder besonders sein zu müssen.
• Sie können für Ihr Denken, Fühlen und Handeln die volle Verantwortung übernehmen und damit jene innere Freiheit zurückgewinnen, die Sie zwischenzeitlich verloren gaben. Sie können aufhören, sich selbst im Weg zu stehen.
• Sie können sich ihren Träumen öffnen, für Ihre Ziele stark machen und Ihr Leben so schön und glücklich wie möglich gestalten, weil Sie wissen, dass Sie das verdienen.
Macht Sie etwas neugierig oder nachdenklich?
Dann: Viel Freude beim Lesen!
 
Frankfurt am Main, im Juli 2008Brigitte Roser
1 Was sind eigentlich Ausreden?
Diese Frage stellt man sich selten, denn die Antwort scheint so klar. Das weiß man doch.
Auf den zweiten Blick ist es nicht ganz so trivial.
Jemand redet sich heraus, wenn er etwas begründet, rechtfertigt, erklärt und dabei nicht bei der Wahrheit bleibt - und zwar bewusst. Man spricht auch von Ausflüchten, die man gebraucht.
Wer eine Ausrede verwendet, will etwas Unangenehmes vermeiden. Er möchte Ärger, Vorwürfen, Verurteilung oder Strafe entgehen: Die Ausrede soll seine Schuldlosigkeit belegen. Er will etwas nicht tun, wozu er keine Lust hat: Die Ausrede gibt ihm die Legitimation. Oder er versucht, einem Konflikt zu entkommen: Die Ausrede hilft ihm dabei.
Wenn wir bewusst und zielgerichtet unaufrichtig sind, lügen wir. Die Ausrede ist also eine Form der Lüge. Allerdings ist nicht immer ganz eindeutig, ob wir mit unserer Ausrede vorsätzlich lügen oder ob wir unsere Version nicht doch für wahr halten. Die Übergänge sind fließend. Auch ob die Ausrede sich in erster Linie an die anderen wendet oder mehr eine Funktion für uns selbst erfüllt, lässt sich nicht strikt trennen. Ist die Begründung für den bereits mehrfach abgebrochenen Versuch, sich das Rauchen abzugewöhnen, noch eine Ausrede, die ich mir für die anderen zurechtgelegt habe, oder schon eine Selbsttäuschung? Manchmal entwickelt sich aus oft geübten Behauptungen schleichend ein veritabler Selbstbetrug.
Aber kann man überhaupt leben, ohne zu lügen, kann man ohne Ausreden auskommen? Nein, das kann man nicht. Und das ist auch nicht erstrebenswert.

Wie wäre unser Leben ohne Ausreden?

Wenn wir auf all diese kleinen und größeren Halb- und Unwahrheiten, die wir Tag für Tag verwenden, verzichten und uns stattdessen für permanente Aufrichtigkeit entscheiden würden? Keine Lüge aus Höflichkeit, Bequemlichkeit oder Barmherzigkeit mehr, kein Heraus- oder Um-den-heißen-Breiherumreden, keine vorgeschobenen Argumente?
Das Leben wäre sehr anstrengend und voller oft unnötiger Konflikte. Ausreden sind ein unverzichtbarer Teil des normalen Alltags, sie gehören wohl dazu wie die Butter auf dem Brötchen. Mit ihrer Hilfe manövrieren wir uns an heiklen Klippen des Zusammenlebens sicher vorbei (»Hast du deinen ersten Freund genauso geliebt wie mich?«), machen uns und den anderen das Leben ein bisschen leichter, ersparen uns gegenseitig Kummer und tragen so zu friedlichem Miteinander bei. Ausreden sind Schmierstoff im sozialen Getriebe, Gold wert. Ausreden schützen auch unsere Privatsphäre, unsere Geheimnisse und verschaffen uns Zeit und Ruhe für Entscheidungen, die erst reifen müssen.
Wenn Sie und ich und alle anderen ab heute - sagen wir für ein Vierteljahr - keine einzige Ausrede verwenden und immer die ganze Wahrheit sagen würden … Wann immer ich bis jetzt jemanden gebeten habe, diesen Gedanken zu Ende zu denken, kamen spontane Vermutungen wie »Dann bin ich in einer Woche gekündigt!«, »Dann verkaufen wir ab morgen nichts mehr und können das Geschäft schließen!«, »Dann habe ich keine Freunde mehr!« oder »Das würde unsere Familie völlig ruinieren«.
Niemand wird ernsthaft eine Welt wünschen, die ganz und gar ohne die alltäglichen Ausreden auskommt. Viele Ausreden sind harmlos und nützlich.
Bei anderen Ausreden wäre es hingegen sehr gut, wir würden diese seltener verwenden oder ganz auf sie verzichten. Das würde unser Leben und unser Miteinander zwar nicht leichter, aber interessanter, spannender und produktiver machen.
Und es gibt Ausreden, die sehr problematisch sind, weil sie uns und unser Leben in Sackgassen bringen. Diesen riskanten Ausreden ist der Hauptteil des Buches gewidmet.
Lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die hilfreichen Ausreden wenden.

Ausreden sind hilfreich, wenn wir mit ihnen höflich sind

Wer zu einem Abendessen eingeladen wird und nicht hingehen möchte, sagt vermutlich nicht: »Ich habe keine Lust.« Er bedankt sich für die Einladung und ist: leider verhindert. Er hat selbst Gäste, ist auf einer Dienstreise oder beim Steuerberater. Man möchte den anderen nicht brüskieren. Genauso wenig, wie man einem Gesprächspartner am Telefon, der für etwas, was man in zehn Minuten hätte besprechen können, bereits dreißig verwendet hat, sagt, dass man seiner überdrüssig ist. Nein, man muss nun (»Sorry!«) zu einem Termin, oder es hat an der Tür geklingelt.
»Keine Lust« sagt man nicht. Das ist nicht nett.
Es gilt auch als unhöflich, auf die Frage »Wie findest du meine neue Frisur?« wahrheitsgemäß zu antworten: »Habe gar nicht gesehen, dass es eine neue ist!« oder »Die alte fand ich viel schöner!« Und daher sagt man etwas Freundliches.
Eine Freundin beklagte sich neulich sehr über ein Ehepaar, das über das Wochenende zu Gast gewesen war und im kleinen Gästezimmer übernachtet hatte. Das seien wirklich schwierige Leute, die würde sie nicht mehr einladen. Illustrierend schilderte sie, wie die Frau am Frühstückstisch auf die obligatorische Gastgeberfrage, ob sie auch gut geschlafen hätte, ein entschiedenes, erschöpftes »Nein!« verlauten ließ. »Muss die mir so was zumuten? Das ist doch unmöglich?!« Wenn die Besucherin schon schlecht geschlafen hat, dann soll sie das lieber für sich behalten, weil sie sonst der Gastgeberin den Morgenkaffee verdirbt, wenn nicht den Tag.
Der äthiopische Prinz und Bestsellerautor Asfa-Wossen Asserate (»Manieren«) würde ihr vermutlich zustimmen. Für ihn ist eine höfliche Person stets aufmerksam, achtet zuallererst und immer darauf, wie es den anderen geht und was sie zu deren Wohlbefinden beitragen kann. »Auf jeden Fall zu vernachlässigen ist die eigene Person. Sie kennt im Zusammenspiel mit den anderen keine eigenen Bedürfnisse, ist nicht hungrig, nicht durstig, es zieht ihr nicht, sie braucht keinen Stuhl und kein Kissen.« Und sie hat, könnte man noch hinzufügen, auf jeden Fall hervorragend geschlafen …
Asserate meint das nicht im Mindesten ironisch. Aufmerksamkeit ist für ihn eine absolut notwendige Grundeinstellung dem anderen gegenüber. Unaufrichtigkeit wird aus der Perspektive der so verstandenen Höflichkeit zwingend erwartet und als gutes Benehmen geadelt.

Ausreden sind hilfreich, wenn sie niemandem schaden

Es gibt den schönen Begriff der »white lies«. Es sind Lügen, die nicht finsterer, sondern heller Gesinnung entstammen. Sie stiften Nutzen oder verhindern Unannehmlichkeit - für den, demgegenüber man sie verwendet, für den, der sie benutzt, meist für beide. Man sagt auch Notlüge, und das klingt viel sympathischer als Lüge. Eine Notlüge betrachten wir als harmlos, sie tut keinem weh, richtet keinen Schaden an.
Das Telefon klingelt. Ihr Mann schaut gerade einen Western. Er wedelt mit den Händen. Das heißt »Ich bin nicht da!«. Sie gehen ans Telefon und werden zu Ihrer Schwiegermutter dann vielleicht sagen: »Tut mir leid, er ist unterwegs« oder »Er duscht gerade!« Es ist unwahrscheinlich, dass Sie sagen: »Dein Sohn will (jetzt) nicht (mit dir) telefonieren, er zieht es vor, mit Clint Eastwood zu fiebern.«
Wir verzichten in der Regel auf diese Ehrlichkeit, weil wir durch die Wahrheit keine möglichen Nachteile riskieren wollen, und: weil wir keinen Nutzen in der Aufrichtigkeit sehen. Den Wert der Wahrheit schätzen wir geringer als die offenkundigen Vorteile der Ausrede: Ihr Mann kann weiter ungestört fernsehen, Ihre Schwiegermutter hat keinen Anlass, beleidigt zu sein, und Sie geraten nicht zwischen die Fronten. Eine sehr pragmatische Betrachtung. Kaum jemand würde so etwas lügen nennen. Zu dieser Kategorie gehört es auch, wenn Sie jemanden schonen möchten. Sie werden immer abwägen, ob es sinnvoll ist, dem anderen etwas zu sagen, was ihn kränken oder verletzen könnte. Und das ist auch vernünftig. Manche Wahrheit schafft Kummer und hilft niemandem.

Ausreden sind hilfreich, wenn sie uns schützen

Das können sie auf vielfältige Weise. Wir können sie verwenden, um es uns leicht zu machen. Wir müssen uns nicht immer zu Ehrlichkeit durchringen. Wir dürfen es auch anderen überlassen, die Fackel der Wahrheit durch die Menge zu tragen, die - wie es in einem russischen Sprichwort heißt - auch Bärte anbrennt. Wir dürfen uns raushalten. Wir können Konflikte, die uns nicht wichtig sind, bedenkenlos vermeiden, können darauf verzichten, uns mehr Baustellen als nötig einzurichten.
Wir können uns die Freiheit nehmen, unsere Gedanken für uns zu behalten. Das ist, wie die Autorin und Psychologin Ursula Nuber in ihrem Buch »Lass mir mein Geheimnis!« ausführt, ein wichtiger Akt der Selbstbestimmung. Wir können uns damit Ruhe verschaffen, Zeit zum Nachdenken und Entscheiden. Wenn uns unser Partner die Idee ständiger und schrankenloser Offenheit aufdrängen möchte, müssen wir dem nicht entsprechen. Wir können uns schützen, wenn es uns schadet, die Wahrheit zu sagen. Niemand kann uns zwingen, uns selbst zu beschuldigen.
Wir können uns für und gegen die Wahrheit entscheiden - immer wieder neu.

Aber: Auch hilfreiche Ausreden haben Nebenwirkungen

Gibt es denn überhaupt etwas auszusetzen an solch freundlichen Lügen? Das gäbe es automatisch, wenn es für uns wichtig wäre, stets aufrichtig zu sein. »Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten« lautet das achte Gebot. In der »Kleinen Geschichte der Lüge«, geschrieben von der italienischen Philosophieprofessorin Maria Bettetini, kann man nachlesen, wie über die Jahrhunderte Theologen und (Moral-)Philosophen bewegt, ja erbittert darüber diskutierten, was eine Lüge genau ist und in welchen Fällen oder ob sie überhaupt zu rechtfertigen ist.
Es gibt radikale Positionen, wie sie Augustinus, der bedeutende Kirchenlehrer und Philosoph, im 4. Jahrhundert einnimmt, der acht Formen der Lüge unterscheidet und eine jede Lüge - ausnahmslos - als unentschuldbare Versündigung gegen Gott betrachtet. Man darf einfach nie lügen. »Nicht einmal um ein Leben zu retten, denn das Leben der Seele wiegt mehr als das Leben des Leibes.« Wenn man nicht schweigen oder klug handeln könne, muss der Gläubige die Wahrheit sagen, auch wenn dadurch ein anderer Mensch zu Schaden oder gar zu Tode kommt.
Eine Position, die man heute kaum noch nachvollziehen kann. Wir sind es gewohnt, Unwahrheiten aus verschiedensten Gründen für annehmbar, akzeptabel oder eben sogar erforderlich zu halten. Gleichwohl hat das - auch wenn wir nicht in Kategorien von Moral, Sünde, Gott und Tugend denken mögen - unstrittig Konsequenzen: Wir nehmen vieles überhaupt nicht ernst, was uns andere sagen, wir gehen stillschweigend davon aus, dass es nicht stimmt. Über die Jahre werden uns die Rhetorik der Unverbindlichkeit und die ewig gleichen Textbausteine der Erfolgsstorys suspekt. Jeder schwindelt jeden an.
Was bedeutet das? Es besteht die Gefahr, dass Vertrauen und Glaubwürdigkeit in weiten Lebensbereichen korrodieren. Immanuel Kant hat sich - als ein ähnlich strikter Gegner der Lüge wie Augustinus - vehement gegen die Lüge ausgesprochen, weil sie die Grundlagen des sozialen Miteinanders gefährde. In seiner Vorlesung »Von den Pflichten gegen andere Menschen, und zwar von der Wahrhaftigkeit« führt er aus: »Der Lügner hebt aber die Gemeinschaft auf (…), weil sie die Menschen unfähig macht, aus dem Gespräch des anderen etwas Gutes zu ziehen.« Wahr zu sprechen sei eine unbedingte Verpflichtung, nicht nur dem Einzelnen, sondern der ganzen Gesellschaft gegenüber. Lügen zerstöre das Fundament des gegenseitigen Vertrauens in der Gesellschaft und sei daher als Verbrechen gegen die Menschheit zu betrachten.
Mag uns das mehr als zweihundert Jahre später auch übertrieben anmuten, so ist der von ihm beschriebene Effekt dennoch offenkundig. Wenn man umgangssprachlich »der Politiker« fast gleichsetzt mit »Der spricht nicht aufrichtig«, bedeutet das etwas für Legitimität. Wenn ich sowieso nicht glaube, was mir ein Mitarbeiter einer Servicehotline sagt, hat das Auswirkungen auf mein Vertrauen in diese Firma.
Ich weiß, dass es zur Aufgabe einer Sekretärin gehört, ihren Chef abzuschirmen. Bei der Auskunft, dass der, den ich sprechen möchte, »leider gerade in einem Meeting« ist, weiß ich nicht, ob er wirklich tagt oder nicht (mit mir) sprechen will. Kein Drama, wir alle kennen das Spiel ja, spielen es selbst. Aber das genau hat einen Effekt; unversehens braucht es eine neue Orientierung für Wahrheit, für das, was ich glauben kann.
Bestimmte Fragen und Antworten sind in ihrer Abfolge dermaßen ritualisiert, dass man, auch ohne dabei gewesen zu sein, genau weiß, was gesagt wurde. Es ist schlechterdings undenkbar, dass bei einem formellen Abendessen auf die Frage der Gastgeberin, wie es den Gästen denn schmecke, irgendeiner reklamiert, dass das Lamm wohl zehn Minuten zu lange im Ofen war. Üblicherweise kommt das Ritual sogar ohne diese explizite Frage aus, und ganz von selbst stimmen die Gäste zum gegebenen Zeitpunkt das Loblied auf ihre Kochkünste an (»Köstlich!!«).
Und woher weiß ich jetzt, ob es den Gästen wirklich schmeckt? Ihren Worten jedenfalls kann ich es nicht entnehmen.
Es hat also auch sein Gutes, wenn jemand etwas wahrheitsgemäß sagt, was ich vielleicht nicht besonders gerne höre: Ich kann mich dann eher darauf verlassen, dass er, wenn er etwas Nettes sagt, es auch so meint. Einer Verkäuferin, die zu mir sagt: »Ziehen Sie das schnell aus, das steht Ihnen ja gar nicht!«, glaube ich viel eher, als wenn ich angeblich alles tragen kann. So zeigt sich, dass das Unangenehme Vertrauen schaffen und das Angenehme Zweifel erzeugen kann.
2 Wie wir mit Ausreden unproduktive Spiele spielen
Wenden wir uns nun jenen Ausreden zu, die zwar unbestreitbar Nutzen haben, aber deren Nachteile doch beträchtlich sein können.

Wir verschwenden Zeit mit guten Vorsätzen

Alljährlich nehmen wir uns viel vor. Wir fassen Vorsätze, brechen sie gleich im Januar und erfinden schöne Geschichten, warum wir sie nicht halten konnten und wann und wie wir es aber doch noch schaffen werden. Dass wir mit dem Laufen wieder anfangen werden, wenn es morgens um sieben wieder hell ist. Oder im März, wenn wir dieses superwichtige Projekt abgeschlossen haben. Im Juni sind wir gerade mal ein wenig erschöpft, und nun ist es bald schon wieder Zeit, es uns fürs nächste Jahr vorzunehmen. Dann aber wirklich.
Die Beruhigung, die von den guten Vorsätzen ausgeht, ist dreifach. Erstens: Ich muss jetzt direkt noch nichts tun. Zweitens: Ich denke aber schon mal dran. Und sammle drittens dadurch, dass ich sie verlautbare, Zustimmung zu meiner künftig sportlichen (wahlweise: vernünftigen/erfolgreichen/ gesunden/mutigen/konsequenten) Lebensführung. Das ist fast so gut, wie jetzt die Laufschuhe zu schnüren. Und viel weniger anstrengend.
Ich persönlich als Ausredenexpertin für Jogging (schlechtes Wetter, habe meine Tage und Bauchweh, meine Haare sind noch nass, ich bekomme/habe/hatte eine Erkältung, der Regen hat die Wege matschig aufgeweicht, das Eis sie gefährlich glatt gemacht) habe lange die Vorstellung gepflegt, dass ich irgendwann morgens aufwache und Lust hätte zu laufen. Mich zieht es hinaus, ich renne federnd und beschwingt los, und es wäre einfach toll. Das passiert aber nicht, ich habe nie Lust. Weder morgens noch abends. Aber ich weiß, dass es mir guttut. Also laufe ich entweder oder ich lasse es bleiben. Es ist pure Zeitverschwendung, darauf zu warten, dass mich die innere Begeisterung so auf die Laufstrecke treibt, wie mich ein gutes Buch mühelos in seinen Bann und in den gemütlichen Lesesessel zieht. Die amerikanische Psychologin und Bestsellerautorin Susan Jeffers hat ein gutes Buch zum Thema Selbstvertrauen geschrieben und es klug betitelt: »Feel the fear and do it anyway!« Wenn du dich fürchtest - okay, mach es dennoch! Darauf zu warten, dass die Angst vorbeigeht, und du dann handeln kannst, das kann dauern. Insofern kann man entweder die Absicht beherzt fallen lassen oder aber entscheiden: Wenn du keine Lust zu dem hast, was du dir vorgenommen hast: Okay. Mach es trotzdem! Und lass die Ausreden weg.

Wir langweilen uns gegenseitig mit Begründungen, warum etwas nicht geht

Langeweile entsteht durch die vorsätzliche Konzentration auf etwas, das uns nicht interessiert. Man könnte meinen, das tut ja niemand freiwillig. Tun wir doch. Vielleicht nicht jeden Tag, aber oft.
Wenn ich beginne, mich in einem Gespräch zu langweilen, dann passiert offensichtlich gerade etwas, wodurch mein Interesse abebbt. Niemand kann mich ohne mein Zutun langweilen, zu einer langweiligen Geschichte gehört ein leidensbereiter Zuhörer. Ich muss mich dazu tatsächlich auf das konzentrieren, was mich ermüdet. Manchmal merke ich erst an der Anstrengung, die es kostet, weiterhin so zu tun, als sei ich noch ganz dabei, dass ich gerade begonnen habe, das Langeweile-Spiel mitzuspielen. Der Versuch, höflich zu bleiben, das Lächeln neu anzuknipsen, strapaziert die Gesichtsmuskeln.
Das ist der Moment, wo ich mich erinnern sollte, dass ich nun die Wahl habe: aktiv das Gespräch umzusteuern, sodass es mich wieder fesseln kann, oder mich stattdessen genüsslichen Tagträume hinzugeben. Woher soll der andere schließlich wissen, dass ich mich langweile, wenn ich das unter Kopfnicken und freundlichem Blickkontakt zu verbergen trachte? Oft lädt man den anderen geradezu ein, das Thema, dem man eigentlich entkommen möchte, zu vertiefen, indem man nachfragt, bestätigende »hmhm«-Laute von sich gibt. Und dann wundert man sich, dass der andere ins Detail geht.
Was ist im Gespräch passiert?
Jemand erzählt in einer Runde von Freunden, wie unzufrieden er mit seinem Übergewicht ist und dass er unbedingt abnehmen muss. Die Schlanken und Schönen haben es leichter im Leben, auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten ist es ein nicht zu unterschätzendes Handicap. Außerdem merke er daran, dass er älter werde: früher hätten drei Tage Alkoholverzicht gereicht, und das Kilo war weg. Jetzt halten sich die Pfunde hartnäckig, es ist zum Verzweifeln.
So weit, so nachvollziehbar. Ein Zeiger auf der Waage, der sich einfach nicht nach unten bewegen will, Neidgefühle, Gedanken über das, was das Alter so an Veränderungen mit sich bringt, wer könnte hier nicht mitreden? Wenn man das Ganze in Humor wendet, kann das Gespräch unterhaltsam bleiben.
Bald kommen in Vorwegnahme seines gescheiterten Vorsatzes zwei bis zehn Argumente, warum er einer Diät keine echten Chancen einräumt. Er ist beruflich viel unterwegs, und die Hotelküchen kochen häufig viel zu fett (»Immer diese Sahnesüppchen!«), beim Geschäftsessen kann man nicht nur einen Salat mümmeln, und zum Entspannen hilft ein Glas Wein am Abend einfach zu gut.
Spätestens bei Argument zwei kündigt sich die Langeweile an. Das haben wir alle schon zu oft gehört und zu oft erzählt. Das ist zum Gähnen. Und bringt niemanden weiter. Dennoch steuert man mitfühlend eigene Hinderungsgründe bei - die unregelmäßigen Essenszeiten der jungen Mutter oder das Rauchen, das man sich gerade abgewöhnt hat (»Da kann man ja nicht auch noch hungern!«). Abnehmen könnte man nur, wenn man zusätzlich mehr Sport machte, und da spielt die angerissene Achillessehne leider nicht mit … und so fort. Nicht selten wird daraus das beliebte Spiel »Wer ist hier das ärmere Schwein?«. Später werden Ratschläge in die Runde geworfen. Dem einen hat Atkins, dem anderen Akupunktur, dem dritten vielleicht Fastenwandern geholfen. Kein Problem für den Ersterzähler, sein Korb der Einwände bleibt auf wundersame Weise immer prall gefüllt. Warum also diese Vorschläge für ihn persönlich nicht umsetzbar sind, längst erfolglos versucht wurden oder bei ihm nicht greifen können, begründet er mühelos.
Derweil hat sich in allen Synapsen Langeweile breitgemacht.
Wer das Ziel hat, fünf, zehn oder zwanzig Kilo abzunehmen, braucht dazu eine Strategie, braucht unter anderem Entschlossenheit und Disziplin. Es gibt nie die richtige Zeit zur Gewichtsreduktion. Mein Wunschgewicht kommt genauso wenig über mich, wie Effizienz in Besprechungen hineinfliegt. Übergewicht wird durch Verhalten auf- und durch anderes Verhalten abgebaut. Ein Meeting wird durch Handeln der Beteiligten ineffizient und durch anderes Handeln zielorientiert. Das wissen wir natürlich. Oft tun wir aber stundenlang klagend so, als ob wir damit nichts zu tun hätten und die Verbesserung irgendwie anders, jenseits unseres eigenen Aktivwerdens zustande kommen könnte. (Wer den Trick kennt, möge mich augenblicklich anrufen.)
Was so quälend uninteressant ist, ist immer das Gleiche: Es sind die Erklärungen, weshalb etwas nicht funktioniert, nicht klappt, nicht geht, nicht zu machen ist, was man gerne (anders) hätte.
Es ist unwahrscheinlich, dass wir als Zuhörer hilfreich sind, wenn wir uns zum zwanzigsten Mal antun, warum jemand sich nicht aus der seit Jahren unglücklichen Partnerschaft löst, immer noch nicht in New York war oder sich keinen Hund kauft. Wir spielen das Langeweile-Spiel mit. Und oft würde es dem anderen (oder das nächste Mal uns) nach einer gewissen Irritation einen großen Schritt weiterhelfen, wenn wir, die Freunde, uns dem Lamento nicht widmen würden. Sondern freundlich, aber bestimmt die Grenze zögen. Ich unterstütze dich, wenn du mit der Diät beginnst. Ich rufe dich meinetwegen zweimal die Woche an und spreche aufmunternde Worte oder schicke Anfeuerungsmails. Solange du aber nicht anfängst - lass uns über etwas anderes, etwas Interessantes reden!
Ihnen ist sicher aufgefallen, wie Vorsätze und Langeweile zusammenhängen. Ich nehme mir Sachen vor, zu denen ich keine Lust habe, die aber gut klingen. Ich erzähle reichlich davon, um mich unter Druck zu setzen und um mir einen Vorschuss an wärmender Anerkennung zu sichern. Und dann knicke ich ein und mache das, was ich lieber machen will: Pizza bestellen, arbeiten, trödeln, kein Risiko eingehen. Zum Ersatz erzähle ich dann von den großen Verhinderungsmächten …
Wenn schon - dann seien Sie kreativ, erfinden Sie mal was Neues. Ersparen Sie Ihren Freunden die Langeweile und verblüffen Sie sie mit intelligenten, witzigen, frischen Ausreden, die ihnen noch nicht begegnet sind.

Wir machen uns etwas vor mit dem »Ich habe keine Zeit!«

Eine der langweiligsten aller Ausreden, und eine, die besonders verbreitet ist. »Ich würde ja so gerne öfter ins Theater gehen, aber …« In Vorstellungsrunden mit Managern sind oft alle Hobbys dem Ich-habe-leider-keine-Zeit-Phänomen zum Opfer gefallen. Es gehört zum guten Ton, aus Zeitmangel nicht mehr seinen Neigungen nachgehen zu können: »Ich komme gar nicht mehr dazu, etwas anderes zu lesen als Fachliteratur.« Bravo! Das klingt entschlossen, leistungsorientiert und zielbewusst. Hobbys zu pflegen, hieße ja, zu viel Zeit zu haben, nicht komplett in der Arbeit aufzugehen. Ich habe noch nie jemanden erlebt, der das, was er wirklich tun will, nicht tut. Jedenfalls nicht, weil er dazu keine Zeit finden würde. Wir haben ja immer die gleiche Zeit, wir verteilen sie nur nach unseren Prioritäten. Es gibt unterschiedliche Lebensphasen, und in denen ändern sich die Priorisierungen. Aber was wir wollen, das kriegen wir zeitlich unter. Und lassen etwas anderes dafür weg.
Menschen, die jeden Tag vier Stunden fernsehen, wollen fernsehen. Die Aussage, dass sie keine Zeit hätten, eine Fremdsprache zu lernen (»Ich würde so gerne italienisch können!«), heißt nur, dass sie lieber fernsehen als Vokabeln lernen.
»Ich habe keine Zeit für regelmäßigen Sport«: Das stimmt nie. Ich verbringe sie nur anders. Weil etwas - was es auch ist - mir momentan wichtiger ist.
Wenn der Rücken richtig wehtut: Plötzlich sind die zehn Minuten da für die tägliche Rückengymnastik. Wo kommen die eigentlich auf einmal her? Wo hatten die sich vorher versteckt? Über die Stunden im vollen Wartezimmer bei desinteressierten Orthopäden wollen wir gar nicht reden. Eines ist klar: Die Zeit ist immer da, ich nehme sie mir, wenn es so weit ist. Vorher rede ich nur herum. Weil es gut klingt (busy busy, wichtig wichtig) oder weil ich (noch) nicht bereit bin, etwas anderes einzuschränken oder eine Mühe auf mich zu nehmen.

Wie spielen Sie beim Ausreden-Spiel mit?

An dem einen oder anderen Spiel nehmen vermutlich auch Sie teil, indem Sie selbst Ausreden verwenden und die Ausreden anderer akzeptieren.
Achten Sie doch in den nächsten Wochen einmal darauf, welche Ausreden Sie besonders häufig verwenden, und schreiben Sie sie auf.

Meine persönliche Ausreden-Favoriten

Verlagsgruppe Random House
 
 
BRIGITTE-Buch im Diana Verlag
Copyright © 2008 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Redaktion: Claudia Münster Herstellung: Gabriele Kutscha
 
eISBN : 978-3-641-02499-4
www.diana-verlag.de
 
Leseprobe
 

www.randomhouse.de