Das Erbe der Macht - Band 34: Sigilmacht - Andreas Suchanek - E-Book

Das Erbe der Macht - Band 34: Sigilmacht E-Book

Andreas Suchanek

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Beschreibung

Die Identität von Primus Magicus wird enthüllt. In Rückblicken erleben wir, wie der neue Feind einst entstand und den Weg zur Macht beschritt. Gleichzeitig setzen Jen und Tyler alles daran, ihre gefangenen Freunde zu befreien. Doch sie haben nicht mit der Bösartigkeit ihres Gegners gerechnet. Wer verbirgt sich hinter den schwarzen Flammen? Das Erbe der Macht ... ... Gewinner des Deutschen Phantastik Preis 2019 in "Beste Serie"! ... Gewinner des Lovelybooks Lesepreis 2018! ... Gewinner des Skoutz-Award 2018!

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Table of Contents

Sigilmacht

Was bisher geschah

Prolog

Der zerbrochene Kreis

Ein Ring, zu kn… ihr wisst schon

Natürlich, Mylord

Aufstieg zur Macht

Wo ist Artus?

Angriff

Primus Magicus

Schatten der Erinnerung

Willkommen im Institut

Im ewigen Bernstein

Spiel mit dem Feuer

Vom König der Stäbe

Stabjagd

Alte Freundin

Die verborgene Brücke

Zuhause

Vorschau

Seriennews

Glossar

Impressum

Das Erbe der Macht

Band 34

»Sigilmacht«

von Andreas Suchanek

 

 

 

Was bisher geschah

 

Nach den Ereignissen um die Zerstörung des Onyxquaders kehren Jen und Alex zurück in eine veränderte Gegenwart. Sie werden mit einer Welt konfrontiert, in der Magier alles beherrschen und Nimags einfaches Fußvolk sind. Es gelingt ihnen, Tyler zu finden. Er war in der Vergangenheit mit Joshua zurückgeblieben und hatte seitdem im Bernstein geschlafen. Sie erfahren, dass Kevin die Zeit nicht zerstört und neu geschaffen hat – stattdessen wurde die Zeitlinie gesplittet. Es gibt jetzt zwei verschiedene Linien, die nebeneinander existieren. Noch. Denn in Kürze wird eine davon endgültig ausgelöscht.

Auf beiden Seiten müssen die Essenzstäbe der Macht vereint und ein neuer König gekrönt werden. Die jeweiligen Könige werden dann auf dem Schlachtfeld darüber entscheiden, welche Zeitlinie überlebt.

Jen und Alex entdecken in Österreich einen Professor, der zu diesem Thema forscht und ein Artefaktnetzwerk zur Überwachung von Zeitreisen erschaffen hat. Damit wollen beide das Portal finden. Bevor dies gelingt, wechselt Alex jedoch mit einem Verschränkungszauber in die eigene Zeitlinie zurück. Er muss die anderen warnen. Jen entkommt mit Tylers Hilfe.

Wieder in der Gegenwart seiner richtigen Zeitlinie angekommen, wird Alex mit seiner Mutter konfrontiert, die von Merlin als angebliche Diplomatin in die Zuflucht geschleust wurde. Sie entpuppt sich als Trojanisches Pferd und zerstört die Begrenzung zwischen Antarktika und Talanis. Nur noch eine Barriere von Morgana verhindert die Attacke des Anbeginns.

Die Mutter von Alfie und Alex stirbt.

Prolog

Jetzt bin ich etwas enttäuscht.

Dachtet ihr wirklich, ihr werdet mich so einfach los? Nach allem, was passiert ist? Dafür hättet ihr glatt einen Essenzstab durchs Herz verdient. Oder einen Kraftschlag?

Ich hätte so gerne eure Gesichter gesehen. Und das ist gar nichts gegen das, was euch bevorsteht. Und natürlich Jen. Oh ja, meine gute alte Freundin. Es wird so spaßig werden, sie wiederzusehen.

Immer noch bin ich ihr und diesem Gassenjungen Kent zwei Schritte voraus. Oder in dem Fall wohl ein paar mehr. Welchem ihrer putzigen kleinen Gegner ist es schon gelungen, eine ganze Gesellschaft zu kontrollieren? Und fangt mir jetzt bloß nicht mit Merlin an.

Dieser alte Zausel ist doch nur der Stiefellecker des Anbeginns. Frau sägt den Ast nicht ab, auf dem Frau sitzt. Wobei wir hier auf unserer Seite leider auch das eine oder andere Problem haben.

Aber ihr wisst ja, was man da tut, oder? Man baut eine Mauer.

In unserem Fall eben eine magische Version. Und schon ist die Überfüllung von Gefängnissen gelöst. Magier geben ausgezeichnete Essenzbatterien ab.

Aber zurück zum Thema.

Ja, ich weiß mittlerweile alles. Und das, obwohl ich am Anfang ziemlich verwirrt war. Wie das eben so ist, wenn man glaubt, die Zukunft zu kennen. Da stürze ich in einen Schlund, erlebe die Vergangenheit mit und warte auf die Gegenwart, damit der Zeitkreis endlich durchbrochen ist. Und was passiert?

Artus und Tyler stehen vor mir und erzählen lang und breit, dass sie aus der Zukunft stammen. Sie haben mich für die Archivarin gehalten. Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege. Da die Zeit sich ja selbst schützt, dachte ich, die Sache sei damit erledigt.

Doch dann ist etwas geschehen, was ich niemals für möglich gehalten hätte: Der Wall ist nicht entstanden. Und plötzlich war alles wieder offen.

Bedauerlicherweise gab es da auch ein kleines Problem. Aber lest doch selbst.

Einst nannten sie mich Clara Ashwell.

Später Schattenfrau.

Jetzt Primus Magicus.

Und das ist noch nicht mal die halbe Wahrheit. Warten wir ab, ob ihr es diesmal kommen seht.

Der zerbrochene Kreis

 

Vor vielen Jahren

 

Mit einem Lächeln stieg ich die Stufen empor, den Sigilsplitter um meinen Hals. In wenigen Sekunden würde der Wall entstehen. Zeit also, dafür zu sorgen, dass alles lief, wie es gelaufen war.

In diesen Augenblicken wurde mir erneut bewusst, in welchem Gefängnis ich mich befand. Als Clara Ashwell hatte ich die Zukunft erlebt, die Vergangenheit stand in Büchern. Als Schattenfrau war ich ein Teil davon. Mit jedem Schritt, den ich tat, bewegte ich mich über längst festgeschriebene Pfade.

Heute würde Joshua sterben.

Der Wall entstehen.

Die Gesellschaft der Magier in die Schatten verschwinden.

Ich verdankte es der Silberregen-Träne um meinen Hals, dass ich bisher nicht gealtert war. Und so würde ich eines Tages die Gegenwart erreichen, mein jüngeres Ich in den Zeitstrom stoßen – und erst dann war ich wieder frei.

»So viel zum eigenen Willen«, murrte ich. »Bringen wir es hinter uns, Joshilein.«

Dass Artus und dieser Tyler aus der Zukunft hier aufgetaucht waren und mich mit der Archivarin verwechselt hatten, spielte da keine Rolle. Die Zeit schützte sich schließlich selbst.

In diesem Augenblick geschah es.

Ich konnte das Beben in der Struktur des Seins spüren. Etwas passierte, zerbrach. Kurz wurde mir schwindelig, ich verlor den Halt und stürzte die Treppenstufen hinab.

Am Fuß kam ich keuchend auf. Verwirrt, ratlos. Der Druck des Walls, der sich langsam aufgebaut hatte, war fort.

»Das kann nicht sein. Das ist unmöglich.«

Die Worte von Artus kamen mir wieder in den Sinn. Er war mit Jen, Alex, diesem Welpen-Flugling Tyler und Kevin hierhergekommen. Kevin hatte einen Ring erhalten, der in der Lage war, die Zeit zu ändern.

»Du irrer kleiner Grant«, flüsterte ich. »Das hast du nicht wirklich getan, oder?«

Überall waren Stimmen zu hören, Schreie erklangen. Ich begab mich einfach in die Menge. Es wurde sehr schnell klar, dass einiges nicht stimmte.

Die Unsterblichen waren verschwunden. Von einem Augenblick auf den anderen waren sie alle fort. Kurz darauf kam jemand aus den Katakomben heraufgestürmt. Der Onyxquader hatte sich aufgelöst.

Das große Heiligtum, das die Lichtkämpfer stets bewacht hatten, war zerstört worden.

Gebt euch das mal! Kevin Grant, das ekelhafte Weichei, das ständig lächelte, hat mal eben den Wall verhindert. Den Onyxquader vernichtet. Und alle Unsterblichen beiseitegeschafft.

Da war ich doch glatt mal für ein paar Sekunden versehentlich stolz.

Bis ich bemerkte, dass das Gewicht um meinen Hals fort war. Der Sigilsplitter! Und damit sowohl meine Macht als auch die Unsterblichkeit. Nicht dass ich etwas gegen ein paar Falten einzuwenden gehabt hätte, aber es musste ja nicht gleich bis zu den Knochen gehen.

Und noch während ich dastand und einfach dumm ins Leere starrte, wurde mir etwas anderes bewusst. In Sichtweite eilte Joshua vorbei.

Er lebte.

Ich hatte ihn nicht getötet. Normalerweise hätte das bedeutet, dass die Zeit ziemlich sauer wäre. Stolpern und Genickbruch für den Seher, ein paar blaue Flecken für mich. Im schlimmsten Fall noch mehr. Abweichungen vom Drehbuch und so. Ganz ehrlich, die Zeit ist ‘ne Diva. Oder sie war es zumindest. Denn offensichtlich galt nichts mehr vom alten Verlauf.

Das war auf der einen Seite aufgrund offensichtlicher Tatsachen genial: Ich war frei. Auf der anderen Seite war es aber ziemlich doof: Ich wusste nicht mehr, was weiter geschehen würde. Und viel Zeit, es herauszufinden, blieb nicht, weil ich nämlich alterte. Und die Extramacht des Sigilsplitters war auch weg.

Für meinen Geschmack zu viele Minuspunkte.

Damit war klar, was als Nächstes passieren musste. Glücklicherweise erholten sich die Schattentrottel von ihrer Verblüffung und erinnerten sich daran, dass sie doch eine Blutnacht hatten veranstalten wollen.

Die Kämpfe brandeten wieder auf.

Kraftschläge surrten herum, Schwebezauber wurden gewirkt, Körper aufgeschlitzt, und japp: Es rollten ein paar Köpfe. Damals war das Vorgehen in Kämpfen eher martialisch-rigoros. Und im Vergleich zu dem, was noch vor zehn oder zwanzig Jahren alles abging … Ich sag‘s euch. Ein Wunder, dass die magische Gesellschaft überhaupt so lange überleben konnte.

Am liebsten wäre ich durch den Geheimgang in den Katakomben wieder aus dem Castillo geflohen, aber ohne den Sigilsplitter hätte mich das innerhalb von Sekunden zu Knochen und Staub werden lassen. Gleiches Schicksal drohte unter Umständen aufgrund der aktuellen Kampfproblematik. Mit dem Sigilsplitter hätte ich jeden dieser Möchtegerns in die Tasche gesteckt. Ohne ihn hielt ich mich aber besser erst mal vornehm zurück.

Jene Angreifer, die mir zu nahe kamen, sahen meinen Essenzstab. Einer schmeckte ihn sogar. Ehrlich, jemandem die Spitze des Essenzstabes in den Mund zu schieben und dann ein ›Potesta Maxima‹ hinterherzuschicken, gibt eine ziemliche Sauerei. Hätte er mich halt nicht ›Schlampe‹ nennen sollen. Ich mag dieses Wort nicht. Und im eigentlichen Sinn trifft es sowieso eher auf Kerle zu.

Ich kam also ohne Schwierigkeiten hinaus und leitete einen Sprung ein. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als beim Kampf gegen Crowley der Kronleuchter von der Decke kam und ich mit Nikki einen Sprung ausführen musste. Mein Sigil erkannte das Muster instinktiv, und seit ich den Sigilsplitter benutzte, war es mit Leichtigkeit möglich.

Die nächste Enttäuschung war damit klar.

Ja, der Sprung funktionierte nach wie vor. Nein, die Reichweite war nicht mehr grenzenlos. Ich war von einem ICE zu einer Dampflock geworden.

Ratet mal, was ich an diesem Punkt gerne mit einem gewissen Grant-Junior gemacht hätte.

Aber immerhin ließ ich auf diese Weise den Kampf im Castillo hinter mir. Die Blutnacht fand nach wie vor statt, allerdings ohne den Wall am Ende. Die kommenden Tage würden Chaos stiften, und die Frage war, welche neue Ordnung daraus entstehen würde.

Wenn ich Macht wollte, musste ich schnell sein. Tausend Ideen schwirrten durch meinen Schädel. Ressourcen, die ich besaß oder von denen ich wusste, wo sie dereinst zur Verfügung stehen würden. Das Meiste verwarf ich wieder.

Erste Priorität besaß meine eigene Unversehrtheit. Ich benötigte also genug Macht, um mich zu schützen. Doch woher nehmen? Der Sigilsplitter war für sich allein genommen mächtig gewesen, weil er mein Sigil aufgewertet hatte. Mit dem Wall wäre das direkt noch mehr geworden.

Doch wie bekam ich noch ein Sigil?

Selbst meine Artefakte auf Iria Kon besaßen nur dezenten Schutzwert. Ich hatte in den vergangenen Jahren alle möglichen Schriften geborgen, es aber immer hinausgeschoben, weitere Artefakte zu bergen. Wozu auch? Das Wichtigste besaß ich doch.

Ich musste neue Wege gehen.

Meine gesamte Zukunft neu denken.

Ihr kennt ja das Motto: »Think big.«

Genau das tat ich. Und legte mein erstes Ziel fest. Denn es gab tatsächlich ein Artefakt, das mir in der aktuellen Situation in mehr als einer Hinsicht helfen konnte.

Und soll ich euch etwas verraten: Ihr kennt es sogar.

Ein Ring, zu kn… ihr wisst schon

 

Gravitate Negum.«

Ich schwebte über dem Punkt am Boden, der sich in diesem Augenblick in einen schwarzen Abgrund verwandelte. Enervierend trifft es ganz gut.

Das Anwesen der Grant-Vorfahren war natürlich mit allen Sicherungen ausgestattet, wie es bei magischen Domizilen üblich war. Nun, genau genommen handelte es sich um Vor-Vor-und-so-weiter-fahren der guten Annora, Kevin und Chris. Nicht zu vergessen Ava Grant. Und wie ich wusste, besaß die Familie einen Phönixring.

Das ist so eines der Geheimnisse, die man den Kindern mit der Bitte um Stillschweigen weitergibt und doch weiß, dass es eine dumme Idee ist. Die plaudern nämlich. Wobei Kevin damals nicht gewusst hatte, wovon er sprach. Ein Ring mit Schutzkräften, Legende … yada yada yada.

Weil ich aber eben ein Bücherwurm gewesen bin und jetzt eine ziemlich ausgebuffte Supermagierin war, konnte ich das zuordnen.

»Contego.«

Vergiftete Pfeile mit glühenden Spitzen schossen aus der Wand. Die Umgebung ähnelte einer Burg, was für meinen Geschmack viel zu martialisch war. Einer der Pfeile durchdrang meinen Contego-Schild, was mir die Gefährlichkeit der Abwehrwaffen verdeutlichte. Kein Risiko mehr.

»Ignis Aemulatio!«

Eine Feuerwand raste durch den Gang. Bilder loderten, Vorhänge zerfielen zu Asche.

Wenn der gute Ignatio jetzt nicht eingriff, blieb nicht mehr viel von seinem hehren Familiensitz übrig.

Irgendwo brüllte jemand den Aqua-Zauber.

»Hab dich.«

Ich kam wieder auf dem Boden auf, beschleunigte meinen Körper und raste zwischen den von mir geschaffenen Flammen hindurch. Mir selbst taten sie natürlich nichts.

Und da stand er auch schon. In einem Raum voller Himmelsglas, Mentigloben und Schutzbarrieren. Das war irgendwie süß. Ich wollte einen peppigen Spruch loslassen, besann mich dann aber eines Besseren. Ohne den Sigilsplitter war ich eine gewöhnliche Magierin.

»Potesta Maxima!«

Ich schoss ihm in den Rücken. Ja, ich gebe es zu, das war nicht die feine magische Art. Aber hey, kein Risiko. Um die Flammen zu löschen, genügte ein simpler Handschwenk.

»W… was?«, krächzte er.

»Ah, wir sparen unseren Atem, ja?« Ich ging neben ihm in die Hocke. »Böse Wunde. Wenn ich das nicht heile, verblutest du.«

Mit einem Kick beförderte ich seinen Essenzstab außer Reichweite.

»Ich will nur eine Sache, dann gehe ich direkt wieder.« Ich deutete auf meinen Ringfinger. »Der Phönixring.«

»Habe keinen … Phönixring.«

»Du hast nicht die Zeit für Spielchen«, sagte ich. »Ich weiß, dass er sich hier irgendwo befindet. Ach, und deine Tochter auch, oder? Liegt sie schon in ihrem Bettchen?«

Vor den Fenstern stand der Mond am Himmel, Nacht hatte sich über das umgebende Land gesenkt.

»Du … Wage es nicht.« Er hustete, spuckte Blut.

»Doch, ich wage es«, sagte ich kalt und meinte es auch so. »In dieser Welt ist niemand unschuldig. Und aus jedem Funken wird eine Flamme. Aber ich verspreche dir, dass ich sie in Ruhe lasse, falls du mir den Phönixring gibst.«

Womit ich schon verraten hatte, dass er nicht auf Heilung hoffen konnte. Glücklicherweise sind da diese Instinkte von Familie und Erbe ziemlich ausgeprägt. In magischen Dynastien besonders. Die halten sich alle für den Adel schlechthin. Hm, daraus ließe sich vielleicht was machen. Aber eins nach dem anderen.

Ignatio blickte in Richtung eines unscheinbaren Suchglobus.

»Echt jetzt?« Ich erhob mich.

»Blutsiegel«, krächzte er.

Gut, daran mangelte es jetzt nicht. Ich tippte meinen Essenzstab in eine Lache seines Blutes, ging zum Suchglobus und pikste mit der Spitze gegen einen Kontinent. Eine Klappe öffnete sich und darin lag tatsächlich der Phönixring. Aufatmend zog ich ihn hervor, streifte ihn über den Ringfinger meiner rechten Hand.

Sofort spürte ich das vertraute Glimmen der Phönixmagie. Falls ich starb, würde der Ring mich wiederbeleben – und dafür jemand anderem einen Tritt zwischen die Beine verpassen. Ziemlich perfekt, würde ich sagen.

Ich runzelte die Stirn und schloss den Suchglobus wieder.

Ja, da war es. Ich spürte eine Präsenz im eingefassten grünen Bernstein. Es musste daran liegen, dass ich bereits viele Jahre mit dem Silberregen-Sigilsplitter unterwegs gewesen war. Wenn sich ein Sigil in meiner Nähe befand, spürte ich es. Und in diesem Ring war eines.

»Ein Phönixsigil«, hauchte ich.

Meines Wissens waren die süßen kleinen Phönixracker im Kampf gegen die Drachen ausgestorben. Welche Machtfülle andererseits in ihnen läge.

»Und dieses Kleinod schließt du weg, anstatt es zu benutzen?«, fragte ich.

Stille.

Ignatio war den Gang alles Magischen gegangen. Mit dem ganzen Blut sah das wirklich unschön aus. Ich schürzte die Lippen. Zwar herrschte in der magischen Welt – wenige Wochen nach der Blutnacht von Alicante – absolutes Chaos, aber Ignatio war ausgezeichnet vernetzt. Falls seine Freunde ihn also fanden, würde eine Hetzjagd beginnen. Außerdem wussten sie dann, dass ich den Ring besaß.

Eine Wiederbelebung bei mir würde nur funktionieren, wenn mir niemand den Ring vom Finger zog. Was sie natürlich tun würden, sollte das Wissen publik werden.

»Nun denn, wie sagt man doch so schön: Versprechen sind Schall und Rauch.«

Ernsthaft, es hatte seinen Grund, dass wir Magier solche Dinge mit Blutschwüren besiegelten. Wobei man Ignatio da keinen Vorwurf machen konnte, Blut hatte er ausreichend gegeben.

»Beenden wir also die Grant-Linie.« Ich hob meinen rechten Arm und wob das entsprechende Symbol. »Ignis Aemulatio Maxima.«

Und schon ging es wieder los.

Wie ich sagte, aus einem Funken wird ein Brand. Kurzerhand sprang ich aus dem Fenster und glitt in die Nacht davon. Ignatios Frau und seine Tochter würden mit etwas Glück in den Flammen umkommen. Oder sie überlebten, schoben seinen Tod aber auf ein missglücktes magisches Experiment.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass bei meinem Eintreffen auch Ignatios Tochter im Raum gewesen war. Er hatte sie versteckt. Das kleine Furunkel hatte alles mitangehört. In jener Nacht bekam ich meinen magischen Schutz, gleichzeitig erschuf ich aber eine Dynastie aus Feinden.

Der Phönixring gab mir einen Vorsprung.

Irgendwie musste es mir nur noch gelingen, mein Altern zu stoppen. Ich betrachtete den Ring im Mondlicht.

Ob es möglich war, mehr als ein Sigil darin unterzubringen?

Natürlich, Mylord

 

Gegenwart

 

Abgelehnt«, sagte ein grimmig dreinblickender Magier.

Dass er dabei die rechte Hand mit dem Sigilring zur Faust ballte und ihn aufglühen ließ, war natürlich ›reiner Zufall‹. Schließlich hatte Moriarty Kevin versichert, dass er hier Unterschlupf fand und sicher war.