Das Geheimnis des gesunden Alterns - Malte Rubach - E-Book
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Das Geheimnis des gesunden Alterns E-Book

Malte Rubach

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Beschreibung

Der Ratgeber für ein langes Leben: Das ultimative Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Gesund-Altern - mit vielen praktischen Anwendungen. Es ist ein alter Menschheitstraum: ein langes Leben in Glück und Gesundheit. Die moderne Altersforschung bietet eine ganze Reihe gesicherter Erkenntnisse, wie wir länger körperlich wie mental fit bleiben. Beides hängt eng miteinander zusammen. Wie lautet also die Wunder-Formel? Kurz gesagt: Es geht um das richtige Maß an Ernährung, Bewegung und Genuss. Der gefragte promovierte Ernährungswissenschaftler und Altersforscher Dr. Malte Rubach erklärt in seinem neuen Gesundheits-Ratgeber mithilfe aller aktuellen wissenschaftlichen Studien, wie es gelingt, gesund und glücklich alt zu werden. Was kann man zum Beispiel für die eigene Herz-Gesundheit tun? Wie lassen sich Knochen stark und Muskeln flexibel und voller Energie erhalten? Warum ist der Faktor Genuss genauso wichtig wie Ernährung und Bewegung? Dr. Rubach deckt alle Mythen zum Thema "Gesund altern" auf: Weshalb leben die Menschen in den sogenannten Blue Zones der Welt wirklich länger? Verkürzt der Konsum von tierischen Produkten das Leben tatsächlich? Diesen und vielen weiteren Fragen geht er auf den Grund. Fundiert und praktisch umsetzbar mit Hilfe von kleinen Übungen für den Alltag bietet er eine kompakte Essenz des aktuellen Forschungsstands.

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Seitenzahl: 388

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Dr. Malte Rubach

Das Geheimnis des gesunden Alterns

Die Essenz aller wissenschaftlichen Studien – mit vielen praktischen Anwendungen

Knaur e-books

Über dieses Buch

Es ist ein alter Menschheitstraum: ein langes Leben in Glück und Gesundheit. Die moderne Altersforschung bietet eine ganze Reihe gesicherter Erkenntnisse, wie wir länger körperlich wie mental fit bleiben. Beides hängt eng miteinander zusammen.

Wie lautet also die Wunder-Formel? Kurz gesagt: Es geht um das richtige Maß an Ernährung, Bewegung und Genuss. Der gefragte Ernährungswissenschaftler und Altersforscher Dr. Malte Rubach erklärt in seinem neuen Gesundheitsratgeber mithilfe aller aktuellen wissenschaftlichen Studien, wie es gelingt, gesund und glücklich alt zu werden.

Inhaltsübersicht

MottoEinleitungAuf der Suche nach dem Heiligen GralWas darf man vom Leben erwarten?Die Top Ten für ein langes LebenIn der Tugend liegt die Kraft – und in den GenenHilfe, ich bin laktosetolerant!Jeder ist eine InselCrashkurs: Alter schützt vor Zahlen nichtDie China Study und das Problem der EvidenzPflanze oder Tier – welche Lebensmittel lassen uns länger leben?Die üblichen VerdächtigenFleischFischMilchEierGetreideKartoffelnDie Good GuysObstGemüse und HülsenfrüchteNüsseConvenience vs. PaleoDer kanadische »Essen-in-Balance«-TellerRisiken und Nebenwirkungen eines langen LebensDie Ängste der DeutschenSchadstoffe in LebensmittelnSchwere Krankheiten und widrige LebensumständeFinde deinen eigenen GralDie richtige Ernährung für ein langes und gesundes LebenDie Masse macht’sEin starkes Herz pumpt doppelt starkCholesterin und TriglyzerideDrei Grundregeln für die HerzgesundheitWas hätte Archie Cochrane gesagt?Feste Knochen – ein Leben langDer Knochen lebt!Sonne bringt Leben in die KnochenWas hätte Archie Cochrane gesagt?Muskeln richtig ernährenMuskeln – Freunde fürs Abnehmen und für ein langes LebenWas hätte Archie Cochrane gesagt?Starke Nerven spürt man nichtAlkohol und NervenB-VitamineWas hätte Archie Cochrane gesagt?Zucker im Griff, und Diabetes ist kein ThemaBöse »Carbs«?Fasten – für Menschen und MäuseDie Kontrolle der MahlzeitenfrequenzWas hätte Archie Cochrane gesagt?Einfach, aber effektiv: trinkenWir sind »Schlaftrinker«Was ist wann das richtige Getränk?Was hätte Archie Cochrane gesagt?Das Nährstoff-EinmaleinsKreative und einfache KücheZubereitungstechnikenBewegungTrägheit ist zutiefst menschlichHerzensgut und effektiv: tägliche BewegungIn drei Schritten zu mehr BewegungSchritt 1: Alltagsbewegung und ein bisschen mehrSchritt 2: Sport und ein bisschen mehrSchritt 3: Das Ende der Fahnenstange und ein bisschen mehrIhr persönlicher Zukunftsplan für mehr BewegungKraft durch Belastung: Muskeln wachsen ein Leben langAllgemeine Tipps zur Durchführung der ÜbungenDie KraftübungenTrittsicher durchs Leben – Koordination ist allesÜbungen im Stehen ohne StuhlÜbungen mit StuhlWas hätte Archie Cochrane gesagt?In der Ruhe liegt die BeweglichkeitDehnen gegen den MuskelrostDie zehn besten DehnübungenMehr Genuss für ein langes LebenDer eigene Weg zum GenussGenießen mit allen Sinnen – reine ÜbungssacheDas Auge isst immer eine Portion mit – der Delboeuf-EffektDinner in the DarkWie unsere Sinne lebenslang intakt bleibenGeschmackDie Lust auf SüßesEin Salzkorn im Mund ist wie eine Sternschnuppe im UniversumUmami oder: wenn Tee nach Fleischbrühe schmecktWird der Bauer sauer, dann gibt es dicke MilchBitter macht sauerDer TrigeminusSo halten Sie Ihren Geschmackssinn fitRuhig einatmen und genießenGenuss dank Kräutern und GewürzenZwiebeln und Knoblauch – Basiswürze des KüchenmeistersGewürze richtig verwendenGenussverstärker FettWelche Fette eignen sich in der Küche?Olivenöl und RapsölNo smoking – der RauchpunktGlückWas ist Glück?Warum Glück nicht immer »länger leben« heißtFazit für ein langes und gesundes LebenDanksagungLiteraturOrganisationen für Ernährungsberatung
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Ein möglichst langes Leben ist eine Voraussetzung für möglichst viele Freuden, die es nun einmal nur auf Erden gibt, denn diese sind es schließlich, von denen wir Kenntnis haben.

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Einleitung

Dieses Buch ist kein klassischer Ratgeber für gesundes Altern. Es ist ein Ernährungs- und Lifestyle-Check-up für uns alle, die wir in Mitteleuropa leben. Immer wieder liest man in den letzten Jahren etwas von den Regionen, von denen behauptet wird, dass die Menschen dort besonders alt werden: den sogenannten Blue Zones. Sollen wir uns nun also am besten auch hierzulande von lila Süßkartoffeln ernähren wie angeblich die Menschen auf Okinawa? Oder wie die Bewohner der griechischen Insel Ikaria oder auf Sardinien? Oder etwa doch besser nach den strengen Vorschriften der Adventistengemeinde im kalifornischen Loma Linda leben?

Vieles davon können Sie getrost vergessen. Manches ist längst ein Mythos und würde nicht heute noch tausendfach wiederholt, wenn sauberer recherchiert worden wäre. Während ich als Ernährungswissenschaftler in den letzten Jahren immer mehr Bestseller zu diesem Thema entdeckte, wurde mir dies zum ersten Mal klar. Bereits als Zivildienstleistender in einem Seniorenheim fragte ich mich, was wohl das Geheimnis eines langen und gesunden Lebens sei, wenn es doch so viele Unterschiede zwischen den Menschen gibt. Schon innerhalb eines Dorfes, einer Stadt oder eines Landes. Und erst recht eines Kontinents. Warum sollen wir uns an Menschen in blauen Zonen orientieren?

Meine wissenschaftlichen Recherchen in den letzten zwanzig Jahren bestätigten, dass meine Vermutungen für die Grundlagen einer gesunden Ernährung stimmig waren. Es fehlte schon damals in Deutschland nicht an einem bestimmten »Superfood« oder speziellen Nährstoffen, die uns als Pillen, Pulver oder Drink angeboten werden, nur an der richtigen Auswahl aus einem riesigen Angebot an Lebensmitteln. Meine Großmutter erreichte ein stolzes Alter von 94 Jahren, ohne Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen oder jemals irgendeine bestimmte Ernährungsweise zu verfolgen. Eine ausgewogene Ernährung genügte ihr völlig, und auf Genuss verzichtete sie beileibe nicht, auch nicht auf Genussmittel. Es geht auch noch etwas prominenter, wenn Sie wollen: Angeblich trinkt die Queen nur Earl Grey und genießt täglich pünktlich zum Fünfuhrtee Scones und Clotted Cream. Was sonst noch auf dem royalen Herd zubereitet wird, entstammt der Gerüchteküche, aber hier geht es um Folgendes: Egal, ob es sich um eine Dame aus Köln-Lindenthal oder eine aus dem Buckingham Palace handelt, wir Menschen haben ein unglaubliches Anpassungstalent, und mit etwas Wissen sowie Intuition kann jeder den Weg zu einem langen, gesunden und glücklichen Leben finden.

Und noch etwas gab mir zu denken. Meine Frau Marjorie stammt aus Brasilien. In den Achtzigerjahren, in denen sie geboren wurde, lag die Lebenserwartung für Frauen bei 66 Jahren, für Männer bei 59 Jahren. Und auch ihre Großmutter wurde übrigens 94 Jahre alt. Wäre meine Frau aber zur selben Zeit in Deutschland anstatt in Brasilien geboren worden, läge ihre statistische Lebenserwartung direkt zehn Jahre höher. Auch ihre Perspektive aus zwei Lebenswelten und viele gemeinsame Reisen haben meinen Blick auf Ernährung und die Bedeutung unseres Lebensstils verändert. An einigen Stellen wird sie uns in diesem Buch helfen, uns selbst ein bisschen besser verstehen zu können. Die gewohnte Brille einmal abzulegen und die eines anderen aufzusetzen bringt manchmal erst den Durchblick.

Nicht zuletzt habe ich seit über fünf Jahren die Ehre, in meinem Hauptberuf das »Netzwerk Generation 55plus« in Bayern koordinieren zu dürfen. Auch wenn meine Kolleginnen allesamt noch viel enger mit den Menschen selbst zusammenarbeiten, um die es dort geht, so waren es immer die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse der Altersforschung, die uns bis heute wissen lassen, was die Menschen wirklich brauchen. Meine Auswertungen der wichtigsten Studien und Statistiken zum Beispiel der Welternährungsorganisation, der OECD (Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa) oder der Vereinten Nationen bestätigen, was wir eigentlich schon lange wissen: Wir müssen die Formel für ein langes und gesundes Leben nicht neu erfinden, wir können die einzelnen Platzhalter heute aber viel besser benennen und verstehen. So sehen wir schließlich, was sinnvoll und was unsinnig ist. Und von Letzterem gibt es so einiges im Zeitalter von Fake News und selbst ernannten Ernährungsexperten.

Dieses Buch räumt auf mit den größten Mythen über Gesundheit und das Älterwerden, die Ihnen in manchen Ratgebern als Nonplusultra präsentiert werden – nicht selten von Prominenten und Autoren aufgetischt, die eher über ihre Ernährung aus der eigenen Küche berichten können und dies allzu oft als allgemeingültige Regeln gesunder Ernährung für alle proklamieren. Selbst Ärzte und leider auch manche Ernährungswissenschaftler glauben oftmals, mit ihren durchaus wertvollen Erfahrungen aus der Praxis gleich die ganze Welt heilen zu können. Doch darin liegt die Krux.

Genauso wenig, wie die Ernährung aus Okinawa Gesundheitsprobleme in Deutschland lösen wird, ist die Behandlungsmethode eines einzelnen Arztes das ultimative Heilsversprechen für jeden anderen Menschen auf dieser Welt. Selbst wenn er damit Hunderten oder gar Tausenden seiner Patienten geholfen haben mag, handelt es sich doch um vergleichsweise wenige Fälle mit schwacher Aussagekraft. Oftmals sind sie auch nicht ausreichend dokumentiert, um wissenschaftlichen Standards zu genügen. Die Frage ist dann beispielsweise: War es wirklich die Behandlung oder nur der reine Glaube daran? Um solche Zusammenhänge sicher zu belegen, braucht es groß angelegte Studien, die jedoch teuer und selten sind.

Ich werde hier keine Ministudien mit ein paar Hundert oder Tausend Teilnehmern präsentieren, um Ihnen Heilsversprechen anzudienen. Das geht höchstens bei isolierter Betrachtung einiger gut erforschter Lebensmittel wie zum Beispiel Milch oder auch Kaffee. Sie werden keine einzige Studie mit Zellkulturen, Mäusen, Ratten oder anderen Tieren in diesem Buch finden. Wenn Sie etwas Derartiges irgendwo lesen, dann halten Sie sich vor Augen, dass selbst bei der Entwicklung von Medikamenten, die den strengsten Vorschriften unterliegen, nur ganz zu Beginn einmal Studien an Zellen oder Tieren durchgeführt wurden, danach müssen insgesamt vier Phasen mit immer größeren Gruppen von Menschen durchlaufen werden. Zuletzt bedarf es dann des berühmt-berüchtigten »Placebo-Tests« mit einem Scheinmedikament, um zu sehen, ob das zu prüfende Medikament tatsächlich wirksam ist oder nur der pure Glaube an die Wirkung bereits einen besseren Effekt erzielen kann (vom lateinischen placebo für »ich werde gefallen«). Wenn ich Ihnen nun sage, dass nach rund zwei Milliarden Euro Entwicklungskosten und durchschnittlich zehn Jahren Forschung neun von zehn Medikamentenentwicklungen im Mülleimer landen, weil sie den Placebo-Test nicht bestehen konnten, dann haben Sie eine Vorstellung davon, wie mächtig der Glaube an die richtige Sache sein kann. Und gleichzeitig, wie sehr er uns auf Irrwege führen mag, wenn wir an unausgegorene Geschichten und Versprechungen glauben, die einem ganz anderen Zweck dienen, als uns zu helfen: eine Stange Geld zu verdienen mit billigen Pillen, Pulvern, Lifestyle-Produkten und nicht zuletzt mit Ihrer Gesundheit.

Unsere tägliche Ernährung ist bekanntlich nicht so streng kontrolliert wie die Entwicklung von Medikamenten, da bewirkt der Glaube an grüne Smoothies oder glutenfreie Backwaren manchmal bereits wahre Wunder. Und nicht zuletzt versucht uns eine immer größer werdende Schar von Gesundheitsaposteln einzureden, über Jahrtausende bewährte Grundnahrungsmittel wie Milch, Brot, Kartoffeln, Reis, Fleisch und Eier wären gesundheitsschädlich. Wahlweise sollen sie Krebs auslösen, Herzinfarkte, Diabetes, Nervenkrankheiten oder Übergewicht verursachen. Auch Zucker, Fett und Salz werden verteufelt, als wäre die Menschheit gerade erst aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Und zur Strafe für unsere ungebremste Gier nach allem, was Genuss verspricht, drohe uns nun ein Leben voller Krankheit oder direkt der Tod, noch bevor wir die statistisch errechnete durchschnittliche Lebenserwartung eines Mitteleuropäers halbwegs würden erreichen können.

Schlimmer noch wäre es nur, wenn wir durch Demenz und andere Nervenstörungen, die im Alter natürlicherweise häufiger auftreten, den Verstand verlören in einer verrückten Welt, die ohnehin schon keiner mehr versteht. Aber zum Glück gibt es ja diverse Ratgeber, die Ihnen genau sagen, was Sie essen müssen, um dem Übel zu entgehen. Welche Pillen mit Superfood-Extrakten oder Omega-3-Fetten Sie schlucken sollen, um vor jeglichem Unheil gefeit zu sein. Mit Angst haben sich schon immer alle möglichen Produkte verkaufen lassen. Die Angst, etwas mit der Ernährung falsch machen zu können, was sich erst Jahrzehnte später rächen wird, ist besonders perfide. Wer möchte das schon riskieren und erst mal abwarten? Da kommt jeder Ratschlag gerade zur rechten Zeit, nicht wahr?

Nein. Ich rate Ihnen deshalb, Ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ich werde Ihnen helfen zu erkennen, was Sie tun können und was Sie besser bleiben lassen. Wir werden uns dazu ansehen, wie die Menschen sich dort ernähren, wo sie am ältesten werden, und wie es bei uns in Deutschland mit der Ernährung genau aussieht. Insgesamt können wir einige Dinge besser machen, damit jeder die Chance auf ein langes und gesundes Leben hat. Auch die nachfolgenden Generationen. Aber entgegen vielfachen Horrormeldungen geht bereits das meiste in eine gute Richtung. Sie werden sehen, dass wir mutig in eine frohe Zukunft blicken können, in der Sie und Ihre Familie über die Mittel verfügen, um ein langes und gesundes Leben zu führen, egal, wie alt Sie gerade sind. Der in diesem Buch vorgestellte gesunde Lebensstil, bei dem Ernährung und Bewegung in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, bei dem aber auch der Genuss nicht zu kurz kommt, beruht auf weltweit wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen aus der Alters- und Ernährungsforschung. Mit Ihrem Engagement wird er zu Ihrer ganz persönlichen Glücksformel. Den ersten Schritt dazu haben Sie jedenfalls schon getan, indem Sie dieses Buch lesen!

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I

Auf der Suche nach dem Heiligen Gral

Die Forschung über ein langes Leben

Was darf man vom Leben erwarten?

Ich erinnere mich noch gut an den Moment, in dem ich zum ersten Mal die Abenteuer von Indiana Jones sehen durfte. Ich war nach der Schule bei einem Freund, und die guten alten Videokassetten gaben nicht viel her für den Nachmittag, bis wir ein Video mit der Aufschrift »Jäger des verlorenen Schatzes« fanden. Natürlich jagten in dem Film auch böse Nazis jenem verlorenen Schatz hinterher, denn neben anderen Kostbarkeiten soll der berühmte Heilige Gral in der Bundeslade versteckt gewesen sein. Der Kelch, aus dem Jesus den letzten Schluck Wein zum Abendmahl genommen hat, soll dem, der daraus trinkt, ewiges Leben bescheren. Leider, so stellt sich beim Showdown in besagtem Film heraus, kann sich nicht jeder einfach so ein Schlückchen aus dem Heiligen Gral gönnen. Der böse Nazi altert im Zeitraffer dahin und zerfällt zu Staub. Indiana Jones kommt leider nicht mehr in den Genuss, da die Grotte, in der die Bundeslade versteckt liegt, kurz davor ist, zusammenzubrechen.

Nicht nur Spielfilme handeln davon, es ist ein alter Menschheitstraum: ewige Jugend und ein langes Leben in Glück und Gesundheit. Ob es die Suche nach dem Heiligen Gral ist oder der Aufstieg in den Olymp der Unsterblichen, der Weg zu diesem Ziel war offensichtlich schon immer mit großen Anstrengungen und Hindernissen verbunden. Es wäre ja auch zu einfach, wenn ein jeder durch Unsterblichkeit die Weltherrschaft ergreifen könnte und auf ewig in Schönheit erstrahlte. Deshalb wird das Geheimnis von wahlweise guten oder bösen Mächten so gut bewahrt, dass sogar Indiana Jones schon einige Lebensjahre im Gesicht stehen.

Der Heilige Gral ist möglicherweise nur eine Legende. Die Erkenntnisse der modernen Altersforschung hingegen sind es nicht.

Nun denn. Wollen Sie hundert Jahre alt werden? Müssten Sie dann nicht am besten gleich in die schon eingangs erwähnten Blue Zones ziehen? In diesen Regionen leben besonders viele Menschen, die dieses Alter erreicht haben. Sie liegen wie gesagt auf Okinawa, Ikaria, Sardinien, in Costa Rica und bei den Adventisten in Kalifornien. Das Konzept der Blue Zones beruht auf den Arbeiten des Gerontologen Gianni Pes und des Demografen Michel Poulain. Sie umkreisten diese Gebiete blau auf einer Weltkarte, wovon sie deren Namen ableiteten. Meines Erachtens ist es zur Bestimmung dessen, was eine gesunde Langlebigkeit ausmacht, jedoch unerheblich zu wissen, wo gerade die meisten Hundertjährigen leben.

 

Die offiziellen Prognosen der Vereinten Nationen für die Bevölkerungsentwicklung liefern dazu interessante Aufschlüsse. Im Jahr 1950 gab es weltweit ziemlich wenige Hundertjährige. Sie können aber davon ausgehen, dass die Menschen auch damals schon ein Interesse daran hatten, möglichst lange zu leben. Auch haben sie sich wohl mehr als wir die heutigen Nahrungsmittel aus der Region selbst zubereitet. Regional war eher die Pflicht als die Kür. Nun ist die Lebenserwartung seit dieser Zeit aber stark angestiegen, genauso wie die Weltbevölkerung. Überall dort, so folgt daraus, wo die Bevölkerung noch bis 2050 sicher stark anwächst, wird auch die Anzahl der Hundertjährigen zunehmen. Das betrifft vor allem Asien und auch Lateinamerika. Doch es gibt auch eine Ausnahme: Afrika. Warum ist das so? Der Kontinent wird zwar eine Bevölkerungsexplosion erleben, doch Wohlstand und Infrastruktur für Soziales und Gesundheit werden nicht in gleichem Maße mithalten können. Wo liegen aber die genannten »Blue Zones«? In Ländern der Europäischen Union, in Japan, in Nordamerika und in Costa Rica, einem der glücklichsten Länder der Welt. Es ist wohl kaum allein einer bestimmten Ernährungsweise zu verdanken, dass dort besonders viele Hundertjährige zu entdecken sind, sondern einem (ko)evolutionsbiologischen Prinzip: Je länger ein Lebewesen sich in seinem Habitat ungestört entwickeln kann, also keine Naturkatastrophen, Hungersnöte, Krankheitsepidemien und Kriege das Leben beeinträchtigen, desto höher ist die Lebenserwartung. Die Ernährung ist nur ein Baustein in diesem Konzert, aber dennoch ein äußerst wichtiger, wie wir noch sehen werden.

Die Entwicklung der Lebenserwartung zeigt (auf die Kontinente bezogen) ganz klar: In Europa und Nordamerika bestehen die größten Chancen auf ein langes Leben. Das bedeutet allerdings noch längst nicht, dass es auch ein gesundes ist. Der Fachbegriff dafür heißt »Morbidität«. Ein hohes Alter und Gesundheit sind daher keine Selbstverständlichkeit. Die Genetik spielt wie immer eine zentrale Rolle, genauso wie soziale und gesellschaftliche Aspekte. Auch Geschichten aus dem Silicon Valley, wo der Google-Manager Ray Kurzweil verkündete, seine biologische Altersgrenze maximal auszureizen, indem er täglich einen Cocktail aus über 150 Supplementen einnimmt, können Sie getrost vergessen. Sie taugen höchstens für ein paar Schlagzeilen bei Google-News, mehr nicht.

Aber wir können natürlich trotzdem etwas tiefer graben und einzelne Länder herausgreifen, in denen die Menschen eine besonders hohe Lebenserwartung haben. Länder können immer noch einen besseren Aufschluss über die großen Zusammenhänge geben als Kontinente und liefern natürlich deutlich mehr Daten als die sogenannten »Blue Zones«, die sich nur auf eine bestimmte Region oder Insel beziehen.

Die Top Ten für ein langes Leben

Wer sich die Top-Ten-Länder mit der höchsten Lebenserwartung ansieht, erkennt schnell, dass, wer heutzutage geboren wird, in einzelnen Regionen Asiens tatsächlich etwas länger leben wird als in Europa oder Nordamerika. Doch auch in der Schweiz, in Italien, Spanien und sogar in Liechtenstein stehen die Chancen nicht schlecht. Bei den Skandinaviern haben die Norweger die Nase vorn, und selbst Australien schafft es noch in die Top Ten. Nehmen wir kleinere Regionen wie Hongkong, Macao, Singapur und Liechtenstein heraus, dann bleiben uns also noch Japan, die Schweiz, Spanien, Italien, Norwegen und Australien als große zusammenhängende Regionen, die wir uns näher anschauen sollten.

Lebenserwartung Top Ten

Mit Japan haben wir sogar den langjährigen Rekordhalter für Langlebigkeit an Bord, inklusive der Blue Zone Okinawa. Auf einer unserer Recherchereisen haben meine Frau und ich auf Okinawa übrigens so einige Ungereimtheiten festgestellt, was die hiesigen Berichte über die dortige Ernährung angeht. Das wird später noch ausführlich besprochen. Nach Analyse einiger japanischer Studien steht aber schon einmal fest: Wir sitzen einem oft ungeprüften Mythos auf, was die Ernährung auf Okinawa und der Japaner generell betrifft. Und genau wie andere Mythen wurde auch dieser schon so oft abgeschrieben und wiederholt, dass er vielen inzwischen als »sicheres Wissen« gilt.

Auf der anderen Seite wenig beachtet und doch so nah: die Schweiz. Wer hätte vermutet, dass dort quasi »die Japaner Europas« leben, was die Lebenserwartung angeht? Aber haben Sie schon mal von einer besonderen »Switzerland-Diät« gehört? Ich jedenfalls noch nicht, es sei denn, diese bestünde aus Schokolade und Kräuterbonbons. Nein, im Ernst, meine Recherchen haben auch in diesem Fall gezeigt, warum sich die Ernährung der Schweizer wohl schlecht als Wunderdiät vermarkten lässt, obwohl sie offensichtlich nicht das Leben verkürzt, sondern im Vergleich zu uns Deutschen sogar verlängert! Wir werden aber dennoch sehen, dass wir den Eidgenossen, wer hätte es gedacht, in vielen Punkten recht ähnlich sind. Zum Glück sind in der Top Ten zur Rettung der viel gerühmten mediterranen Ernährung noch die Spanier und Italiener vertreten.

Moment, da war aber doch immer diese Sache mit dem Intervallfasten, Nudel-und-Brot-Verbot bei Low Carb (englisch low für »niedrig« und carbohydrates für »Kohlenhydrate«), und überhaupt sollte man ja nach 18 Uhr nichts mehr essen. Auch hiermit lässt sich relativ schnell aufräumen, wenn man einen Blick in die jeweiligen Ernährungsgewohnheiten wirft, wozu wir gleich noch kommen. Die Gründe fürs Fasten und für Kohlenhydratverbote sind ebenso schlichtweg frei erfunden und dem Menschen nicht natürlicherweise in die Gene gelegt, wie oft behauptet wird.

Und wer hat nicht schon mal etwas von der »Nordic Diet« gehört? Die gibt es auch. Weil sie so viel Fisch und Gemüse enthält, soll sie besonders gesund sein, wie die mediterrane Ernährung. Doch wo bleiben Dänemark und Schweden in den Top Ten? Essen die etwa zu wenig Fisch? Die Schweden dürfen sich auch über eine Lebenserwartung von etwas über 82 Jahren freuen, aber die Dänen liegen »nur« bei 80 Jahren im Schnitt auf Platz 33, aber immerhin noch knapp vor Deutschland.

Jetzt lautet die alles entscheidende Frage: Machen wir in Deutschland etwas falsch, was anderswo besonders richtig gemacht wird? Kann man überhaupt etwas falsch oder richtig machen?

In der Tugend liegt die Kraft – und in den Genen

Nachdem wir nun einen ersten Eindruck davon gewonnen haben, wer wo wie alt wird, nähern wir uns einmal den echten Blue Zones. Der Haken an der Betrachtung von Inseln wie im Falle von Okinawa, Ikaria oder Sardinien ist eine Tatsache, die schon Charles Darwin (1809–1882) auf den Galapagosinseln beobachtete und die so manchen Schüler um einige sonnige Nachmittage gebracht hat. Es geht um die hohe Anpassungsfähigkeit sämtlicher Arten von Lebewesen an ihre Umgebung, die eben besonders gut in abgegrenzten Habitaten wie Inseln zu beobachten, aber deshalb noch lange nicht auf irgendeine andere Weltenregion übertragbar ist. Genauso kommt niemand auf die Idee, die Lebensweise der Galapagos-Ohreule auf die Sperbereule im Schwarzwald übertragen zu wollen, wobei ansonsten Tieranalogien in der pseudowissenschaftlichen Ernährungswelt immer mal gern für abstruse Theorien herangezogen werden.

Aber zurück zu den Galapagosinseln. Sie liegen etwa tausend Kilometer westlich der ecuadorianischen Küste nahe dem Äquator. Für Darwin waren sie seinerzeit ein Naturparadies zur Erforschung der Arten, denn es wimmelte dort von Tieren und Pflanzen, die nur hier überlebten und nirgendwo sonst auf der damals bekannten Welt vorkamen. Darwin konnte durch diese Entdeckungen erstmals schlüssig seine Evolutionstheorien belegen, die später von der modernen Genetik bestätigt werden sollten. Auch wir Menschen sind nichts anderes als eine eigene Art, deren Entstehungsgeschichte Millionen von Jahren zurückliegt. Das heutige Bild, das wir von uns selbst haben, entwickelte sich »erst« mit dem Homo erectus vor rund zwei Millionen Jahren. Wenn wir uns die 4,6 Milliarden Jahre Erdgeschichte in zwölf Stunden vorstellen, dann begann diese Entwicklung etwa um 11:59:59 Uhr …

Was Darwin auf den Galapagosinseln beobachten konnte, war nun Folgendes: Er fand dort Tier- und Pflanzenarten, die sich ebenfalls in Millionen Jahren perfekt an ihren Lebensraum angepasst hatten. Sie mussten sich anpassen. Sie waren auf einer Insel ohne Entkommen. Und selbst Vögel oder Schildkröten, die von einer zur nächsten Insel gelangten, fanden für sich die perfekte Nische. Insgesamt gibt es hier 13 Inseln, und jede ist heute noch eine einzigartige Lebensumwelt, die sich schon von der nächsten in wesentlichen Merkmalen unterscheidet. Dort entwickelte Darwin auch die Theorie der »endemischen Arten«, was bedeutet, dass sich innerhalb eines natürlich begrenzten Gebiets Arten von Lebewesen entwickeln können, die einzigartig sind (vom griechischen éndēmos für »einheimisch, an einem Ort verweilend«). Den Kampf des Überlebens gab es natürlich auch dort, was eigentlich einen Wettlauf um die beste und schnellste Anpassung an die Lebensbedingungen bedeutet. Durch den natürlichen Selektionsvorteil der am besten angepassten Individuen wurde die Entwicklung derart befördert, dass sich bestimmte »Arten« herausbilden konnten, die sich in wesentlichen Merkmalen unterschieden. Übertragen auf die Blue Zones bedeutet das, dass die Menschen dort sich ebenfalls über einen sehr langen Entwicklungszeitraum perfekt in eine Nische eingelebt hatten. So lassen sich die Menschen auf der Blue-Zone-Insel Sardinien genetisch vom Festland-Italiener abgrenzen. Im Vergleich zu den endemischen Arten auf den Galapagosinseln hatten sie natürlich noch einige zusätzliche Vorteile, die ihr Überleben sicherten, die sich eben nur Menschen verschaffen können, wie etwa ein Gesundheitssystem oder einen Wochenmarkt mit jederzeit vollem Nahrungsangebot.

Genetische Mutationen waren und sind dabei der Schlüssel zum Erfolg. Auch wenn das Wort erst einmal negativ klingt, ist die Mutation etwas völlig Natürliches. Bei jeder Zellteilung kommt es zu Kopierfehlern im genetischen Code, die unser Körper mit eigens dafür entwickelten Reparatursystemen in der Regel wieder kompensiert. Wird ein Kopierfehler nicht korrigiert, dann steht der »Reality-Check« an: Entweder er bringt eine neue Eigenart hervor, die dem Leben zuträglich ist, oder eben nicht. Oft wirkt sie sich auch gar nicht aus, denn von jedem Gen besitzen wir ja sowieso schon zwei Kopien; und wenn bei einer mal der Code falsch ist, dann wird halt auf die Ersatzversion zurückgegriffen. Für die Evolution ist aber der Fall besonders interessant, wenn eine Mutation dem Leben zuträglich ist, uns also nicht über kurz oder lang aussterben lässt. Ein Beispiel gefällig?

Hilfe, ich bin laktosetolerant!

Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Dort steht tatsächlich in der Überschrift »laktosetolerant«, auch wenn alle Welt immer wieder über »Laktoseintoleranz« spricht. Aber schauen wir mal etwa 11000 Jahre zurück, da dachten einige unserer genetischen Vorfahren vermutlich tatsächlich erst mal: »Hilfe, ich bin laktosetolerant!« Sie wurden von einer Mutation ereilt, ohne dass sie oder die Generationen vor ihnen eine Ahnung davon hatten, was da vor sich ging. Immer wieder dachten ihre Stammeskollegen in der afrikanischen Steppe beim Beobachten der Tiere, ob sie nicht auch ein wenig der Milch kosten sollten, die für den Nachwuchs die einzige, die wertvollste Nahrung darstellte. Abwegig war das sicher nicht, auch die Menschen gaben dem Nachwuchs ja die Brust. Schließlich war die Nahrungssuche mühsam, und die Tiere fraßen einfach die Gräser und Kräuter der Steppe und produzierten daraus Milch. Warum also nicht mal einen Versuch wagen?

Der Mensch ist neugierig, und weil sich die Tiere in sicherer Distanz beständig nah an den Menschen aufhielten, gewannen sie irgendwann das gegenseitige Vertrauen. Letztlich gelang es den Menschen auch, etwas Milch abzuschöpfen, doch für einige kam es einem Fluch gleich. Ihre Bäuche blähten sich auf, Krämpfe und Durchfälle schienen die Naturgötter auf den Plan zu rufen, weil man sich an der weißen Flüssigkeit vergangen hatte, die einzig und allein für den Tiernachwuchs bestimmt war. Doch Hunger und Not führten die Menschen immer wieder in Versuchung, und schließlich stellte sich heraus, dass einige von ihnen verschont blieben. So überlebten immer mehr von ihnen die wiederkehrenden Hungerkrisen, und die Milchtiere wurden zu treuen Begleitern auf dem Weg in neue Jagdgründe. Etwa dieserart entstanden die ersten »laktosetoleranten« Populationen der Menschengeschichte.

Der Grund liegt, wie wir heute wissen, in einer Mutation des Gens für das Enzym Laktase, das in unserem Darm den Milchzucker spalten kann. In der Regel lässt die Aktivität mit dem Älterwerden nach, doch durch die Mutation behielt es auch bei Erwachsenen seine Aktivität. Fehlt das Enzym aber komplett oder vermindert sich die Aktivität, dann bleibt der Milchzucker intakt, und auch heute noch suchen dann Blähungen, Bauchkrämpfe und Durchfall die Menschen heim.

Nur wissen wir mittlerweile, dass es nicht die Naturgötter sind, die uns heimsuchen. Dafür heute aber die Tierschützer und Veganer, die den Milchtrinkern den Kampf angesagt haben, weil sie nur für den arteigenen Nachwuchs bestimmt sei. Jenseits der Problematiken, die die moderne Milchproduktion mit sich gebracht hat und die auch gar nicht geleugnet werden sollen, steht der Nährwert von Milch jeglicher Art aber außer Frage. Auch Lebensmittel wie Käse oder fermentierte Produkte wie Joghurt und Kefir fanden deshalb schon vor Tausenden Jahren Einzug in die menschliche Ernährung, denn auch Menschen, die kaum oder gar keinen Milchzucker spalten konnten, profitierten von dem hohen Nährwert ebenjener Produkte, in denen Milchsäurebakterien den Milchzucker bereits abgebaut haben.

Die Verbreitung der Laktosetoleranz lässt sich heute statistisch sehr gut berechnen. Grob gesagt sind Europa, Nordamerika, Westafrika, die Arabische Halbinsel und einige Regionen Westindiens sehr laktosetolerant, aber der Süden Afrikas, Chinas sowie Südamerika nur wenig. Dazwischen gibt es eine facettenreich abgestufte Zone.

Dies ist wohl das beste Beispiel, wie sich eine Mutation in Sachen Ernährung auswirken kann. Oder auch nicht. Es kommt darauf an, welche Umweltbedingungen vorherrschen, welches Angebot an Lebensmitteln vorliegt. Auch ohne Milch konnten die Menschen in vielen Erdregionen ja offensichtlich überleben, wenn ihnen entsprechende nahrhafte Alternativen zur Verfügung standen. Definitiv handelt es sich bei der Milchverträglichkeit um ein weltweit zu beobachtendes Phänomen, was selbst Darwin zu seiner Zeit noch nicht erfassen konnte, sondern erst die modernen Methoden der Genetik und Anthropologie erklärten.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Anhand der statistischen genetischen Verteilung der Laktoseintoleranz sind in Deutschland etwa 15 Prozent der Menschen davon betroffen. Doch wie viele davon haben tatsächlich Probleme bei der Verdauung? Da zur Diagnose einer Laktoseintoleranz bereits ein kleiner Atemtest genügt, lässt sich die Zahl der Menschen, die im Alltag tatsächlich von massiven Verdauungsproblemen betroffen sind, recht gut erfassen. In der Gesundheitsstatistik waren es im Jahr 2000 gerade mal 1638, die in Deutschland diese Diagnose erhielten. Davon waren nur 95 durch einen genetischen Laktasemangel bedingt. Im Jahr 2017 waren es 1778, die eine Diagnose erhielten, allerdings nur noch 22 Personen mit genetisch bedingtem Laktasemangel. Die leichte Zunahme ist durch ein leichtes Bevölkerungswachstum in dieser Zeit zu erklären. Auch wenn es eine Dunkelziffer gibt, im Grunde brauchen sich also die meisten Menschen in Deutschland keine Sorgen über ihre Verdauung zu machen. Wer tatsächlich massive Laktoseintoleranz hat, sucht den Weg zum Arzt nach einem Glas Milch ganz automatisch.

Jeder ist eine Insel

Der Film »About a Boy oder Der Tag der toten Ente« zeigt den Schauspieler Hugh Grant in der Rolle des Junggesellen Will Freeman, der vom Nachlass seines Vaters lebt. Sein Tagesprogramm sieht vor, zuallererst sein Adressbuch nach Damen für ein potenzielles Date zu durchforsten, seiner Schwester ab und an einen Besuch abzustatten, zum Friseur zu gehen und abends die britische Version von »Wer wird Millionär?« anzuschauen, während er sein Essen vom Lieferdienst isst. Er fühlt sich extrem wohl in seiner Rolle. Mit den Problemen anderer Menschen möchte er möglichst nichts zu tun haben und erklärt seine Lebensphilosophie anhand der Insel »Ibiza«. Er ist Ibiza. Jeder Mensch ist eine Insel. Jeder macht das, was ihm gefällt und wozu er imstande ist. Er ist eben Ibiza. Natürlich kann man Ibiza besuchen und mal ein paar Tage bleiben, aber prinzipiell ist dort eben nicht dauerhaft ausreichend Platz für jeden.

Will erkennt im Lauf des Films natürlich, dass er sich der Lebensrealität nicht dauerhaft entziehen kann, und lernt am Ende doch noch eine andere »Insel« kennen. Aber im Prinzip liegt er mit seiner Insel-Theorie nicht so weit weg von dem, was die Natur jedem von uns von Geburt an eingepflanzt hat.

Wir haben einen Pool vererbter Eigenschaften mit auf den Weg bekommen, der uns so individuell erscheinen lässt, wie es eben scheint. Immerhin trägt aber jeder Mensch zu über 90 Prozent exakt die gleichen Gene in sich wie sein Nachbar, bis hin zum Eskimo. Und schon der Schimpanse ist genetisch nahezu identisch mit uns. Unsere Individualität ist also von weniger als einem Prozent unserer etwa 19000 Gene abhängig. Aber schon vor der Geburt gibt es kein Entrinnen mehr, genau wie bei einer Insel. Fast jedenfalls. Die Natur kann einige Gene an- und abschalten, je nachdem, in welcher Entwicklungsphase wir uns gerade befinden oder auf welche Umweltbedingungen wir stoßen. Dieses inzwischen immer mehr erforschte Phänomen wird unter der Bezeichnung »Epigenetik« zusammengefasst (vom griechischen epí für »darauf, darüber«).

Auch dazu sind bereits Ernährungsratgeber auf dem Markt, etwa über die Sirt-Diät (bei der bestimmte Enzyme, die Sirtuine, aktiviert werden). Sie versprechen, mit der Ernährung die »richtigen Schalter« umlegen zu können. Älter, schöner und schlauer werden also durch Epigenetik? So leicht geht es sicher nicht, aber unzweifelhaft sind unsere Gene zu einem Teil sehr kompromissbereit. So kann ein Mensch, der eigentlich auch als Erwachsener noch ausreichend Laktase produziert, innerhalb eines Jahrzehnts vom Status »laktosetolerant« auf »laktoseintolerant« wechseln, wenn er sich einfach lediglich von »laktosefreien« Lebensmitteln ernährt. Unser Körper schaltet nur zu gern alle Prozesse und Funktionen ab, die nicht benötigt werden. »Use it or lose it« lautet das Motto. Wie Muskeln nur wachsen, wenn man sie benutzt, so verhält es sich auch mit der Aktivität von Enzymen.

Die Macht der Gene ist also immer noch unbestritten groß, doch was trägt noch dazu bei, dass jedes Individuum so einzigartig erscheint? Wenn wir das Bild vom Menschen als Insel beibehalten, dann könnten wir uns vorstellen, dass das Geschehen auf dieser Insel zu einem großen Teil durch die Gene bestimmt wird und zu einem möglicherweise noch größeren durch alles andere, was das Leben ausmacht: unser Verhalten, soziale Kontakte, Umwelteinflüsse, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen und natürlich unsere Ambitionen zur Selbstverwirklichung. Der amerikanische Sozialpsychologe Abraham Maslow (1908–1970) hat diesen Bereich der Insel in einer Pyramide symbolisiert. Die Bedürfnispyramide besteht im Fundament aus den Grund- und Existenzbedürfnissen: Nahrung, Wasser, Atmung, Schlaf und Fortpflanzung. Das gilt sowohl für die kleinsten Lebewesen, etwa Bakterien, als auch für die größten, zum Beispiel den Blauwal. Die nächste Stufe über dem Fundament ist ebenfalls essenziell: Sicherheit. Jedes Lebewesen versucht, Gefahr bereits möglichst früh zu orten, sich und vor allem den Nachwuchs in Sicherheit zu bringen. Es baut Höhlen, Nester und Häuser. Eine Stufe darüber steht dann das Bedürfnis nach sozialen Kontakten. Auch hier ist wohl klar, dass zumindest tierische Populationen immer unweigerlich ein soziales System inklusive Rangordnung entwickeln, wie auf dem klassischen Pavianhügel. Was dann noch kommt, sind Anerkennung, Wertschätzung und die Spitze der Pyramide: Selbstverwirklichung.

Die Grund- und Existenzbedürfnisse sind wohl weltweit mehr oder weniger dieselben. Was darüber liegt, wird durch Geschichte, Traditionen und Kultur bestimmt. Und natürlich haben auch Religionssysteme einen nicht zu unterschätzenden Einfluss.

Das alles hört sich unglaublich komplex an – und das ist es auch. Niemand kann mit absoluter Sicherheit sagen, was davon nun der alleinige entscheidende Faktor für ein langes Leben sein soll. Der 2017 verstorbene internationale Gesundheitsexperte Hans Rosling beschreibt in seinem Buch »Factfulness« einen einleuchtenden Fall aus der Zeit, da er als junger Mann für die Vereinten Nationen in Kuba war. Dort standen Hunger und Unterernährung infolge von Planwirtschaft und Embargos auf der Tagesordnung, was zu einer hohen Kindersterblichkeit führte, obwohl die Gesundheitsversorgung für die schwangeren Frauen zu dieser Zeit bereits fortschrittlicher war als in den USA. Die Ernährung und die Versorgung mit Lebensmitteln spielen also eine wesentliche Rolle – für den einzelnen Menschen und für ganze Staaten und Kontinente. Auch wenn alle anderen Bedürfnisse Befriedigung finden, können wir Smartphones, E-Autos und dreifach verglaste Fenster eben nicht essen.

Auch bei dem Beispiel Kuba handelt es sich um eine Insel. Noch heute denkt man bei einem Besuch vor Ort, dass die Zeit stehen geblieben ist, obwohl sich der Rest der Welt in rasendem Tempo weiterentwickelt. Und wiederum gilt: Kuba ist genauso wie die Blue Zones nicht geeignet, um allgemeingültige Schlüsse für ein kurzes oder langes Leben zu ziehen, denn es wäre ein genauso wenig repräsentatives Beispiel wie Okinawa & Co. Doch es ist möglich, zumindest ein Bild davon zu bekommen, was unter den Top-Ten-Ländern des langen Lebens in Sachen Ernährung und Lebensweise passiert. Ich verspreche Ihnen jetzt schon: Sie werden überrascht sein, was für ein vielfältiges Bild sich ergibt!

Crashkurs: Alter schützt vor Zahlen nicht

Halten wir uns vor Augen, was »Älterwerden« eigentlich bedeutet. Wovon gehen wir aus, wenn wir »alt werden wollen«? Ginge es nur danach, möglichst viel Lebenszeit anzusammeln, dann waren die Voraussetzungen nie günstiger als in den letzten fünfzig Jahren. Die Lebenserwartung ist um eine enorme Zeitspanne gewachsen, sowohl für Männer als auch für Frauen. Würde man es sich aussuchen können, dann wäre die Empfehlung wohl, dass man am besten als Frau, und zwar in der Schweiz, Japan oder in Spanien, auf die Welt kommen sollte, aber nicht unbedingt in Deutschland. Für Männer wäre es ebenfalls günstiger, in Japan geboren zu werden als in Deutschland. Die anderen Top-Age-Länder liegen so etwa dazwischen. Nimmt man Frauen und Männer zusammen, dann ergibt sich ein Bild, das wir schon kennen: Die höchste Lebenserwartung haben die Menschen in Japan, der Schweiz, Spanien, Italien, Norwegen und Australien. Und Deutschland kommt erst auf Platz 38.

Woran könnte es nun liegen, dass die Schweizer sogar eine Grenze mit uns teilen und wir trotzdem früher sterben? Die Italiener und Spanier sind »mediterran« gelegen, das muss ja schon zwangsweise ein hohes Alter bedeuten, wenn man sich die Ergebnisse diverser Studien ansieht oder, besser gesagt, die Schlagzeilen, die daraus zusammengebastelt werden. Doch auch das ist leider zu eng gedacht. Sind es dann vielleicht alte Heilslehren der Aborigines-Kultur in Down Under oder die Zen-Philosophie in Japan, die dort zur höheren Lebenserwartung beitragen? Je exotischer, desto schöner. Doch auch das ist leider zu kurz gegriffen. Dann aber wenigstens die Norweger. Die haben sicher irgendetwas, irgendein Kraut, das nur in den ausladenden Fjordhängen wächst und seit Jahrhunderten wie ein Zaubertrank zusammengebraut wird und die Menschen dort älter werden lässt als in Deutschland.

Natürlich könnte es auch insgesamt an einer besonderen Form der Ernährung liegen. Die einen essen mehr pflanzliche Lebensmittel, die anderen mehr tierische. Oder noch diffiziler: Die einen essen mehr pflanzliches Protein und die anderen mehr tierisches. Das macht doch sicher einen Unterschied. Es gibt sogar Studien von Altersforschern wie Valter Longo, einem Gerontologieprofessor aus Kalifornien, der regelmäßig bekannt gibt, was uns wieder mal schneller altern lässt: natürlich tierisches Protein.

Leider beruhen die Erkenntnisse oft nur auf Experimenten mit Mäusen, die nicht auf den Menschen übertragbar sind, und zwar ebenso wenig, wie Mäuse auch nicht auf die Idee kämen, zum Mond zu fliegen. Eine große Beobachtungsstudie aus den USA kam zwar 2016 auch zu dem Schluss, tierisches Protein erhöhe die Sterblichkeit bereits dann, wenn nur 3 Prozent des pflanzlich aufgenommenen Proteins dadurch ersetzt werden, doch auch hier zeigen die puren weltweiten Daten der Top-Age-Länder ein anderes Bild, wie wir gleich sehen werden.

Und ein weiterer Aspekt, der seit Jahren die Diskussion bestimmt: Was ist, wenn wir zur falschen Tageszeit essen? Ich wette, Sie haben ein genauso großes Interesse wie ich daran, sich einmal näher anzusehen, was die Menschen in diesen Ländern tatsächlich so essen, wie viel und wann. Denn so verschieden ihre geografische Lage ist, so unterschiedlich sind ihre Ernährungsgewohnheiten, und doch werden sie alle sehr alt.

Schauen wir uns dazu echte Zahlen an. Was sind »echte« Zahlen? Es gibt Tausende von Studien über Ernährung und Gesundheit. Wie schon angedeutet wurde, finden sich darunter eher selten solche, die auch verlässlich Aufschluss geben, weil Studien über Ernährungsgewohnheiten sehr teuer und aufwendig sind und über längere Zeiträume von zehn bis zwanzig Jahren durchgeführt werden sollten, um überhaupt relevante Zusammenhänge ermitteln zu können. Erst recht sind Vergleiche von vielen Ländern, wie den Top-Age-Ländern, kaum möglich, da sich die Studien oft auf ein abgegrenztes Gebiet in einem Land oder in einer Region beschränken müssen.

Aber es gibt die relativ einfache Möglichkeit, sich hier Klarheit zu verschaffen. Ohne statistische Modelle, die kaum jemand versteht. Ohne den Fokus auf ein bestimmtes Lebensmittel oder einen Inhaltsstoff zu setzen, das sich als besonders gesund oder ungesund herausstellen sollte. Weltweit aktive Organisationen wie die Vereinten Nationen, die Weltbank und die Welternährungsorganisation sammeln global spätestens seit den Sechzigerjahren sämtliche Daten der meisten Länder, was das Alter der Bevölkerung und Lebensmittelversorgung betrifft. 2017 hat eine von der Bill & Melinda Gates Foundation geförderte Studie, die sogenannte »Global Burden of Disease Study«, unter anderem durch Analyse dieser Daten herausgefunden, was weltweit eine gesundheitsförderliche Ernährung wirklich ausmacht (siehe auch Infokasten). Eine weitere Studie, die kurz vorher für Schlagzeilen sorgte, war die EAT-Studie. Auch Sie hatte zum Ziel, herauszufinden, was eine weltweit gesundheitsförderliche Ernährungsweise bedeutet – und vor allem, wie auch ausreichend Ressourcen für zukünftige Generationen erhalten bleiben.

Zwei Studien: Lancet-EAT und Global Burden of Disease

Zwei Studien haben den Rundumschlag gewagt. Ihr Ansinnen war nichts Geringeres als die Ermittlung der optimalen Ernährung, die jedem Menschen auf der Erde ein langes Leben in Gesundheit und Zufriedenheit ermöglicht und im Fall der EAT-Studie auch noch unseren Planeten nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Zuerst erschien die EAT-Studie. Sie wurde durch die »Lancet-EAT-Kommission« nach dreijähriger Forschung mit 37 Experten aus 16 Ländern erarbeitet. Ein prominenter Vertreter war der schwedische Resilienzforscher Johan Rockström, der zeitweise Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung war. Die Studie wurde finanziert durch den Wellcome Trust und die Stordalen-Stiftung. Die zweite Studie wurde durch das Projekt »Global Burden of Disease« vorgestellt. Dieses war schon 1992 von den Vereinten Nationen und der Weltbank ins Leben gerufen worden, um weltweit Daten über Gesundheit und Krankheit zu sammeln. Es ist das größte Unterfangen dieser Art, und es genoss zusätzlich eine Finanzierung durch die Bill & Melinda Gates Foundation.

Beide Studien wurden mit großer Aufmerksamkeit in deutschen und internationalen Medien kommentiert, weil sie exakte Angaben gemacht haben, wie viel ein Mensch von einzelnen Grundnahrungsmitteln täglich essen sollte, um seine Gesundheit möglichst ein Leben lang zu erhalten. Der EAT-Studie wurde zudem unterstellt, Veganismus fördern zu wollen.

In Deutschland gibt es eine sehr gute Analyse darüber, was unsere Landsleute sich so einverleiben: die Nationale Verzehrsstudie II (NVS II) des Max Rubner-Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Auch wenn diese Daten bereits 2008 veröffentlicht wurden, so wurde die Entwicklung durch das Nationale Ernährungsmonitoring (NEMONIT) bis 2014 weiter beobachtet. Vergleicht man also die Hauptlebensmittelgruppen und die Empfehlungen der Lancet-EAT-Kommission beziehungsweise von Global Burden of Disease mit dem Verzehr in Deutschland, dann sieht man, dass wir mit der Ausnahme von Fleisch (zu viel) und Nüssen (zu wenig) relativ gut maßhalten. Global Burden of Disease empfiehlt sogar noch mehr Milch und Milchprodukte, als die EAT-Studie. Da Ernährung aber auch nachhaltig sein soll und tierische Lebensmittel ökologisch die Umwelt mehr belasten als pflanzliche Lebensmittel, liefert die EAT-Study den ganzheitlicheren Ansatz.

Die Kritik an beiden Studien lautet häufig, dass die Lebensmittelgruppen relativ willkürlich zusammengefasst wurden und es weltweit kaum möglich ist, auf dieser Basis Gesundheitsrisiken zu bemessen. Auch das ist korrekt, allerdings sind sie der erste Versuch, überhaupt einmal Licht ins Dunkle zu bringen. Für uns, liebe Leserinnen und Leser, sind sie aber äußerst hilfreich, um uns nicht vom Gegenteil ins Bockshorn jagen zu lassen, nämlich, dass die Art, wie wir uns seit Jahrtausenden ernähren, grundlegend falsch wäre.

Grundsätzlich können wir schon einmal eines mit Gewissheit festhalten: In allen Top-Age-Ländern gibt es keinen Anlass dazu, Pessimismus zu verbreiten. Genau wie im weltweiten Trend, ist die Lebenserwartung stetig angestiegen, obwohl wir immer wieder mit Horrormeldungen konfrontiert werden: Umweltgifte, Zusatzstoffe, Süßstoffe und sogar Grundnahrungsmittel wie Milch, Fleisch, Kartoffeln, Getreide und Obst sollen die übelsten Krankheiten befördern und im schlimmsten Fall tödlich enden. Kann es denn sein, dass der steigende Konsum von ebendiesen Lebensmitteln in genau der gleichen Zeit, in der die Lebenserwartung beständig zunahm, schlecht für unseren Körper ist? Vermutlich nein, aber dazu gleich mehr.

 

Man muss natürlich eines beachten: Länger zu leben heißt nicht unbedingt, gesünder zu leben. Oft wird eine höhere Lebenserwartung mit mehr Lebensqualität in Verbindung gebracht, gerade wenn man sich die vielversprechenden Titel von Lifestyle-Magazinen und Ratgebern ansieht. Doch wir Menschen sind sehr erfolgreich darin, unsere Gesundheit frühzeitig zu ruinieren, gerade in den Ländern mit hoher Lebenserwartung, in denen wir länger von einer guten Gesundheit zehren könnten und sollten.

Die Ernährung spielt dabei eine der wichtigsten Rollen. Weltweit wurden laut der Global-Burden-of-Disease-Studie 2017 elf Millionen Todesfälle (durch Rauchen übrigens »nur« 6,4 Millionen) und 255 Millionen verlorene Lebensjahre durch Fehlernährung verursacht. Das ist so viel wie die Anzahl der Einwohner Belgiens – oder als würde jeder Deutsche ab jetzt 31 Jahre kürzer leben. Verlorene Lebensjahre sind deshalb nicht nur durch vorzeitigen Tod gekennzeichnet, sondern auch durch eine verminderte Lebensqualität infolge chronischer Erkrankungen, die sich jahrelang hinziehen können, bis ein Mensch aus dem Leben tritt. Die Wissenschaftler werden sogar noch konkreter. Es gibt 15 Faktoren in der täglichen Ernährung, die unmittelbar mit den Todesfällen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, Krebs und weiteren ernährungsbezogenen Erkrankungen verbunden sind (siehe die folgende Tabelle).

Faktoren für ernährungsbedingte Todesfälle

Fleisch und Wurst sind, wie man sieht, eher nachrangig von Bedeutung, ebenso Milch. Viel wichtiger ist jedoch, dass wir zu wenige pflanzliche Lebensmittel verzehren, denn so würde sich auch automatisch der Anteil von Fleisch und Wurst auf dem Teller reduzieren. Der »Essen-in-Balance«-Teller aus Kanada bietet dazu eine gute Orientierung, die ich Ihnen noch vorstellen werde.

Selbst wenn es sich hier um weltweite Daten mit einer gewissen Unschärfe handelt und auch Unter- und Mangelernährung in Entwicklungs- und Schwellenländern in die Analyse einfließen, so ist es Ihnen nicht zu verdenken, wenn Sie nun vollends verwirrt sind. Wenn doch ewig zu lesen ist, dass Fleisch, Wurst und Milch Krebs erregen, Getreide zu Demenz führt und Kartoffeln, Reis und Obst angeblich Leber und Blutgefäße verfetten lassen, was sollen wir dann noch essen? Und kürzlich machte noch eine weitere These die Runde, die Gemüse an den Pranger stellt, weil nun auch darin bereits seit Jahrmillionen vorkommende Inhaltsstoffe, sogenannte Lektine, in unserem Körper großen Schaden anrichten könnten. Im nächsten Kapitel schauen wir noch einmal genauer auf die Risiken und Nebenwirkungen des Phänomens, das sich »Leben« nennt, um zu verstehen, was wir tun können, um einfach lange und gesund zu leben. Doch vorher räumen wir einmal endgültig mit den Mythen auf, dass uns bestimmte Grundnahrungsmittel von einem langen und gesunden Dasein auf diesem Planeten abhalten sollen.

Die China Study und das Problem der Evidenz

Die sogenannte »China Study« liefert nach Ansicht vieler Vertreter einer veganen und vegetarischen Lebensweise den Beweis dafür, dass tierische Lebensmittel krank und pflanzliche gesund machen. Hinzu kommt noch, dass vor Jahren ein gleichnamiges Buch erschienen ist, und zwar aus der Feder von Colin L. Campbell, einem renommierten US-Gesundheitswissenschaftler, der die Studie in den Siebziger- und Achtzigerjahren im Auftrag der chinesischen Regierung durchgeführt hatte. Auch hierzulande bekannte Ernährungswissenschaftler und -mediziner führen diese Studie in ihren Büchern als unanfechtbaren Beleg an, um die Vorteile einer fleischlosen Ernährung für die Gesundheit zu preisen. Obwohl oder gerade weil man diesen Koryphäen allesamt eine gewisse Erfahrung in der wissenschaftlichen Forschung zusprechen muss, ist es umso verwunderlicher, dass sie ausgerechnet diese Studie anführen. Warum?

Die China Study wurde in zwei Phasen durchgeführt. Zunächst wurden zwischen 1973 und 1975 über 800 Millionen Chinesen körperlich untersucht und Blutwerte, Körpergröße, Gewicht und vieles andere festgehalten. Zehn Jahre später wurden nochmals rund 6500 Chinesen befragt, was sie damals gegessen hatten. Können Sie sich noch erinnern, was Sie vor zehn Jahren gegessen haben? Machen wir es kurz: Die Studie ist für relevante Aussagen über die Beziehung zwischen Ernährung und Gesundheit nicht zuverlässig.