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Die Welt retten und dabei Geld verdienen? Das wollen ein ehemaliger Banker und ein Ex-Bankräuber aus England ebenso wie zwei indische Unternehmer oder eine deutsche Hörgeschädigten-Pädagogin. Sie helfen Ex-Häftlingen bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft, betreiben Bio-Kraftwerke zur Gewinnung von Energie aus Reishülsen oder liefern einen mobilen Dolmetschdienst für Nichthörende. Ihre Kapitalgeber sind sogenannte Impact Investoren: Sie geben Bürgschaften, Kredite oder Beteiligungskapital an soziale oder ökologische Projekte und wollen damit Gutes tun und gleichzeitig Geld verdienen. Doch ist Impact Investing tatsächlich das neue Wundermittel zur Lösung all unserer gesellschaftlichen Herausforderungen? In Reportagen über acht Sozialunternehmen und Interviews mit drei professionellen Impact Investoren zeigt Autorin und WELT-Reporterin Dr. Inga Michler: Impact Investing ist lediglich ein Instrument im Werkzeugkasten zur Lösung von sozialen und ökologischen Problemen. Es kann unter gewissen Bedingungen sehr wirkungsvoll sein, finanziellen Gewinn garantiert es damit aber noch lange nicht. Initiiert von Active Philanthropy, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der KfW Bankengruppe und der BMW Stiftung Herbert Quandt.
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Veröffentlichungsjahr: 2014
Inhalt
EinleitungBLUE SKY Banker trifft BankräuberJOHN KINGSTON „Ein Werkzeug im Werkzeugkasten“DRISHTEE Tante Emma für Indiens DörferHUSK Lichter für MillionenINDERPREET CHAWLA „Non-Profit muss die dreckige Arbeit machen“KARUNA Ein Platz für die GeschundenenLOONY Verrücktes DesignOLTRE VENTURE Ein Haus voller TräumeLUCIANO BALBO „Das ist kein Markt für die breite Masse“RESTO VANHARTE Verbündete im Kampf gegen die EinsamkeitVERBAVOICE Zwischen zwei WeltenSechs Wegweiser für Investitionen mit gesellschaftlicher Wirkung
Impressum
Redaktion Forum for Active Philanthropy – inform inspire impact gGmbH Monbijouplatz 2 D - 10178 Berlin Phone +49 30 240 88 240 Email [email protected] Web www.activephilanthropy.org Autorin DR. INGA MICHLER Design
Diese Veröffentlichung ist einschließlich aller ihrer Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Active Philanthropy ist unzulässig. Initiiert von Active Philanthropy, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der KfW Bankengruppe und der BMW Stiftung Herbert Quandt. Copyright © 2014 Active Philanthropy
Einleitung
Acht Unternehmen, die angetreten sind, einen sozialen oder ökologischen Mehrwert zu schaffen und dabei, zumindest teilweise, finanzielle Erträge erwarten. Drei Investoren, die von den Möglichkeiten des Impact Investing überzeugt sind, dabei aber gleichzeitig auf die Herausforderungen und Grenzen hinweisen. Die teils berührenden, teils beeindruckenden Geschichten in diesem Buch repräsentieren lediglich einen kleinen Ausschnitt der Organisationen, die angetreten sind, einen Beitrag zur Lösung sozialer oder ökologischer gesellschaftlicher Herausforderungen weltweit zu leisten. Doch sie zeigen die vielfältigen Möglichkeiten einer wirkungsvollen finanziellen Unterstützung von Organisationen mit sozialer Zielsetzung auf – von Spenden über geduldiges Kapital und Darlehen bis zum klassischen Beteiligungskapital. Die Geschichten in diesem Buch beleuchten insbesondere die Chancen und Grenzen, durch aktive Investitionen finanzielle und soziale Erträge für die Unternehmen und die Investoren zu erwirtschaften. Damit richtet sich dieses Buch an alle Förderer und Investoren, die konkret über Impact Investing nachdenken, sowie an einen breiteren Kreis von Interessenten, die mehr über diese Form der Unterstützung erfahren möchten.
Impact Investing wird heute vielfach als DIE Lösung zur Bewältigung globaler sozialer und ökologischer Herausforderungen propagiert. Dabei ist diese Form der Förderung bzw. Investition noch sehr jung, und selbst deren Begründer streiten über eine einheitliche Definition. Die Definition mit dem bisher wohl breitesten Konsens hat 2009 das Monitor Institute geprägt. Danach bezeichnet Impact Investing aktive Investitionen in Unternehmen und Fonds, die einen sozialen und/oder ökologischen Mehrwert schaffen und dem Investor zumindest den Erhalt seines eingebrachten Nominalkapitals garantieren. ¹ Vorreiter dieser Art Investitionen waren vereinzelte Förderer vor allem aus dem Venture Philanthropy-Umfeld, die mutig Kapital in Sozialunternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern investiert haben. Nach dem verheißungsvollen Erfolg betreten nun auch immer mehr etablierte Geldinstitute und Finanzdienstleister den Markt des Impact Investing. Nicht selten versprechen sie positive Wirkung für Gesellschaft und Umwelt bei gleichzeitig bis zu marktüblicher finanzieller Rendite. Zusätzlich wird das Begriffspaar vermehrt von staatlichen Akteuren, z. B. der Big Society Bank in Großbritannien oder der Europäischen Kommission verwendet ² , wenn diese neue Wege der Finanzierung von sozialen Innovationen umsetzen.
Diese Publikation zeigt, dass Impact Investing weltweit ein Thema ist. Es gilt bei der Darstellung der Fälle, immer den Kontext der jeweiligen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Strukturen und Sicherungssysteme zu betrachten. So kann z. B. Deutschland auf eine lange Tradition differenzierter Instrumente und Strukturen der sozialen Sicherung zurückblicken. Diese reicht von staatlichen Netzen und Absicherungen in Bereichen wie der Gesundheit, der Pflege oder der Jugendhilfe über Wohlfahrtsverbände unter kirchlicher oder humanitärer Trägerschaft bis zu einer Vielzahl von kleinen und mittleren gemeinnützigen Organisationen. Im Gefüge dieser Strukturen ist Impact Investing ein Instrument, das Mechanismen des freien Marktes nutzt, um soziale oder ökologische Probleme zu bearbeiten. Dabei stützen sich die Hoffnungen des Impact Investing insbesondere darauf, soziale Innovationen herbeizuführen und mithilfe der bestehenden Strukturen in die Fläche zu tragen.
Active Philanthropy und die Projektpartner dieses Buchs wollten wissen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Impact Investing die gestellten Erwartungen von Seiten der Impact Investoren erfüllt. Dafür haben wir hinter die Kulissen von acht Sozialunternehmen mit unterschiedlicher Zielsetzung und unterschiedlichen Geschäfts- und Finanzierungsmodellen geblickt: von der fast ausschließlich spendenfinanzierten Jugendhilfsorganisation bis zum profitablen Energieerzeuger aus Biomasse. Allen gemeinsam ist der übergeordnete Geschäftszweck, nämlich einen deutlichen Beitrag zur Lösung akuter gesellschaftlicher oder ökologischer Herausforderungen zu leisten.
Solche Unternehmen mit sozialem Ansatz lassen sich gemäß der folgenden Grafik in sechs Kategorien gliedern:
Dabei sind die Übergänge zwischen den Kategorien durchaus fließend. Zudem sind Philanthropie und Investitionen mit finanzieller Rendite keinesfalls unauflösliche Widersprüche. Vielmehr sind die verschiedenen Konzepte nebeneinander und in Ergänzung zueinander zu sehen.
Das Zusammenspiel der unterschiedlichsten Akteure, die starke Dynamik des Marktes und die Vielfalt der Begriffe und Definitionen machen die Orientierung in dem noch jungen Markt nicht leicht. Verlässliche Daten über die aktuelle Größe des Impact Investing-Marktes fehlen derzeit noch, und Einschätzungen über das Marktpotenzial fallen unterschiedlich aus. 2009 schätzte das Monitor Institute das Marktvolumen auf weltweit 50 Milliarden US-Dollar und hielt ein Wachstum um das Zehnfache (auf 1 % aller weltweit angelegten Vermögen) bis 2019 für möglich. ³ Das Global Impact Investing Network (GIIN) und der Finanzdienstleister J. P. Morgan prognostizierten im gleichen Jahr ein Wachstum auf 400 bis 1.000 Milliarden US-Dollar in zehn Jahren. ⁴ Dabei beinhalten diese Schätzungen häufig inzwischen etablierte Investitionsfelder wie Mikrofinanzierung oder regenerative Energien, was z. T. die Größe der Zahlen erklärt.
Wie die Geschichten in diesem Buch zeigen, haben jedoch nicht alle sozial ausgerichteten Unternehmen die gleichen Chancen und Möglichkeiten, neben dem angestrebten sozialen oder ökologischen Nutzen auch finanzielle Erträge zu erzielen. Gerade wenn es um rein soziale Belange geht, die sich an die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft wie beispielsweise suchtkranke Menschen oder ehemalige Strafgefangene richten, scheint es schwierig, profitable Geschäftsmodelle aufzubauen und umzusetzen. Und selbst in ertragsträchtigen Feldern, wie dem sozialen Wohnungsbau oder den regenerativen Energien, müssen sozial ausgerichtete Unternehmen mit innovativen Lösungsansätzen zunächst entwickelt und aufgebaut werden, damit sie künftigen Impact Investoren eine ausreichende finanzielle Rendite in Aussicht stellen können.
Aktuell zeichnet sich der Markt weltweit vor allem durch relativ geringe Investitionssummen von durchschnittlich 500.000 US-Dollar, eine starke Fragmentierung von Angebot und Nachfrage und, daraus resultierend, hohe Transaktions - und Beratungskosten aus. Zudem fehlt es an ausreichend Investitionsmöglichkeiten, die den Renditeerwartungen der Investoren entsprechen. Kritische Analysten halten daher eine Marktaufbau- und -entwicklungsphase für soziale Unternehmungen von mindestens fünf bis zehn Jahren für notwendig. ⁵ Dazu sind die Unternehmen auf philanthropisches Kapital, also auf Spenden oder Zustiftungen, angewiesen. Diese erlauben es ihnen, innovative und risikobehaftete Modelle auszuprobieren und darauf aufbauend nachhaltig tragfähige Geschäftspläne zu entwickeln. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Mikrofinanzierung: Um die heutige Marktreife zu erzielen, musste über fast 20 Jahre nicht rückzahlbares Kapital in Form von Spenden, Zustiftungen oder geduldigem Kapital in Höhe von geschätzt 20 Milliarden US-Dollar in den Sektor investiert werden. ⁶
Im gesamtgesellschaftlichen Kontext kann Impact Investing dennoch ein wichtiges Instrument werden. Impact Investing und die unterstützten sozial ausgerichteten Unternehmen allein vermögen zwar nicht die sozialen und ökologischen Herausforderungen zu lösen, vor denen unsere Gesellschaft steht. Doch Impact Investing kann neue Finanzierungsquellen, nämlich privates Investitionskapital, für soziale und ökologische Vorhaben erschließen, die Entstehung von sozial ausgerichteten Unternehmen begünstigen und soziale Innovationen fördern.
Damit Impact Investing sein Potenzial und somit seine volle gesellschaftliche und ökonomische Wirkung entfalten kann, müssen staatliche, private und zivilgesellschaftliche Akteure noch enger zusammenarbeiten als bisher. Daneben benötigt dieser Sektor weiterhin philanthropisches Engagement in Form von Sozial-, Human- und finanziellem Kapital sowie eine gehörige Portion Mut und Durchhaltevermögen.
Die 3 Säulen wirkungsvoller Philanthropie und sozialen Investierens
Mit den Geschichten in diesem Buch möchten wir Sie als Förderer durchaus dazu ermutigen, Organisationen mit sozialem Ansatz neben Spenden oder Zustiftungen auch Investitionskapital zur Verfügung zu stellen. Dabei sollten Sie die Art Ihres finanziellen Engagements sowohl mit Ihren persönlichen Zielen und Erwartungen als auch mit den aktuellen Bedürfnissen der jeweiligen Organisation abwägen. Hohe finanzielle Renditen sind bei den meisten Impact Investments (noch) unrealistisch, doch wenn Sie Ihr Engagement als eine Investition in den Aufbau eines neuen Marktes betrachten, können Sie langfristig einen wesentlichen Beitrag zu finanziell nachhaltigen Modellen leisten, die zur Lösung sozialer, ökologischer und ökonomischer Herausforderungen beitragen.
Den Projektpartnern dieses Buchs danken wir für ihre Unterstützung und ihr Vertrauen: Das Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend (BMFSFJ), die KfW-Bankengruppe und die BMW Stiftung Herbert Quandt haben durch ihre großzügige finanzielle Unterstützung die Umsetzung dieser Publikation erst möglich gemacht. Zudem gilt unser Dank den in dem Buch porträtierten Sozialunternehmen und den vorgestellten Investoren. Sie alle haben sich die Zeit für Besuche, Treffen und Gespräche mit der Autorin des Buchs genommen und uns einen umfassenden Einblick in ihre Arbeit gewährt. Inga Michler, der Autorin dieses Buchs, danken wir sehr herzlich. Die Reisen und Interviews mit den porträtierten Unternehmen und Investoren hat sie neben ihrer Tätigkeit als Wirtschaftsreporterin bei der WELT durchgeführt und daraus lebendige Geschichten mit viel Einfühlungsvermögen und Sorgfalt verfasst.
Dr. Felicitas von Peter Geschäftsführende Gesellschafterin
Michael Alberg-Seberich Geschäftsführender Gesellschafter