Das Haus Zamis 55 - Logan Dee - E-Book

Das Haus Zamis 55 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

Coco Zamis hat ihre Familie aus dem Bann Gorgons befreit. Sofort versuchen die Zamis Asmodis Schwäche auszunutzen und sich mit dem Geheimbund der Umstürzler zu verbünden, dem auch Traudel Medusa angehört.
Coco will von all diesen Intrigen nichts wissen und nimmt deshalb dankbar das Angebot an, ihren Onkel Enrico zurück nach Südamerika zu begleiten.
Doch die Reise wird abenteuerlicher als zunächst geplant. Kurz vor dem Ziel ist Enrico plötzlich verschwunden.
Coco stellt Nachforschungen an, doch Enricos Spur verliert sich in Havanna im sogenannten Buena Vista Todes-Club ...


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Seitenzahl: 134

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

BUENA VISTA TODES-CLUB

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Kurz darauf findet sie sich jedoch in einer Vision in Wien wieder und steht ihrer versteinerten Familie gegenüber. Nach und nach gewinnt sie ihre Erinnerung zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Bisher wusste sie nur, dass ihr Vater einst aus Russland nach Wien emigrierte. Aus der Dämonenvita erfährt sie, dass er zuvor über Jahre hinweg seinen Halbbruder Rasputin bekämpft hat. Coco wird klar, dass die damaligen Ereignisse für die Rettung ihrer Familie von elementarer Bedeutung sein könnten.

Aus diesem Grund setzt auch Asmodi alles daran, die Dämonenvita in seinen Besitz zu bringen, und schleudert Coco mit Hilfe des Antiquars Ambrosius Seth in die Vergangenheit. Dort begegnet sie in der Gestalt eines fremden Mädchens nicht nur dem jungen Michael Zamis, sondern auch dessen Vater Dorghai, der sich mit der Erforschung eines magischen Meteoriten beschäftigt. Genau dieser Meteorit ebnet Coco schließlich den Weg zurück in die Gegenwart, wo sie denVersteinerungsbann brechen kann. Michael Zamis allerdings dankt seiner Tochter die Rettung einmal mehr schlecht. Er quartiert Coco gemeinsam mit ihrem Onkel Enrico nach Südamerika aus, um weiter ungestört gegen Asmodi intrigieren zu können. Cocos und Enricos Reise findet bei einem Zwischenstopp auf Kuba ein abruptes Ende – im Buena Vistas Todes-Club ...

BUENA VISTA TODES-CLUB

von Logan Dee

»Roswitha«, flehte Maria Diaz mit alkoholschwerer Zunge, »ich flehe dich an, geh nicht dorthin! Im Namen der Heiligen Jungfrau Maria bitte ich dich! Bleib heute Abend hier! Denk an deinen Bruder Marco, für den du sorgen musst! Denk an mich, deine Mutter, die du hier hilflos zurücklässt ...«

Maria Diaz war höchstens Mitte vierzig, sah jedoch aus wie siebzig. Der Überlebenskampf in dem heruntergekommenen Armenviertel war nicht ohne Spuren geblieben. Spuren, die sich zusammen mit dem Alkohol in Form tiefer Furchen und Gräben in Maria Diaz' Gesicht gegraben hatten. Mit gerade einmal vierzehn Jahren war sie das erste Mal schwanger gewesen, zwei ihrer Kinder hatte sie bei der Geburt verloren, zwei weitere waren an Infektionen gestorben, ehe sie sprechen gelernt hatten. Insgesamt hatte Maria neun Kinder geboren – von sechs verschiedenen Vätern, die sich allesamt aus dem Staub gemacht hatten. An Roswitha hing sie jedoch ganz besonders. Sie war die jüngste ihrer Töchter. Die schönste. Und die letzte, die ihr noch verblieben war.

1. Kapitel

»Madre mia, Mamá!«, stöhnte Roswitha und verdrehte die Augen. Wie sie den Alkoholdunst hasste, der von ihrer Mutter ausging! »Ich gehe doch nur in einen Tanzklub und nicht in ein Bordell!«

»Das ›Inferno‹ ist nichts anderes! Und noch schlimmer!«, gab Maria Diaz zurück und griff abermals nach der Flasche Rum, die auf dem Beistelltisch stand. Sie leerte sie in einem Zug und sprach anschließend mit gesenkter Stimme weiter. »Ich habe mich in der Nachbarschaft umgehört. Man erzählt sich, dass die meisten Mädchen dort gezwungen werden, ihren Körper an reiche Ausländer zu verkaufen – und so manche ist spurlos verschwunden!«

Roswitha seufzte. »Wahrscheinlich, weil sie genug von diesem Dreckloch hatten und sich jemand erbarmt hat, ihnen ein besseres Leben zu bieten. Schade, dass es nur Ammenmärchen sind, die man dir erzählt hat, Mamá. Aber wenigstens werde ich ein paar Dollars dazuverdienen, damit es uns ein wenig besser geht.«

»So, so, du hältst mich für eine alte Märchenerzählerin«, ließ Maria Diaz nicht locker. »Weißt du, wie man das ›Inferno‹ noch nennt? Den Todes-Klub! Verstehst du denn nicht? Keine reichen Amerikaner sind für die verschwundenen Mädchen verantwortlich, sondern, sondern ...«

»Sondern?« Roswitha zog spöttisch die rechte Augenbraue hoch, der sie soeben noch mit Mascara den Feinschliff verpasst hatte. Sie ahnte, was nun kam.

»Dämonen!«, antwortete Maria. Sie flüsterte es fast, als hätte sie Angst, sie könnte sie durch ihre allzu laute Stimme herbeirufen.

Roswitha lachte. »Ja, ja, deine Dämonen! Sie sind dafür verantwortlich, dass dir sämtliche Männer weggerannt sind. Sie sind dafür verantwortlich, dass meine Geschwister bis auf Marco gestorben sind. Und sie sind dafür verantwortlich, dass wir in diesem Slum hausen«, sagte sie verbittert. »Ich bin siebzehn, Mamá, und mir wären Dämonen allemal lieber als das Elend, das wir hier jeden Tag ertragen müssen. Wenn mir ein Dämon im ›Inferno‹ über den Weg läuft, wird mir schon etwas einfallen, damit er mich erhört!«

Maria Diaz schüttelte den Kopf. Ihrer Tochter war nicht zu helfen. Resigniert öffnete sie eine weitere Flasche Rum und schüttete sich ein Glas voll. Die braune Magie würde ihr helfen, ihre Ängste zu vergessen ...

Das »Inferno« lag am Ende einer heruntergekommenen Gasse des Vergnügungsviertels. Bis vor zwei Jahren hatten sich hier nur noch Obdachlose und Ratten ein Stelldichein gegeben. Erst mit der Eröffnung des »Buena Vista Clubs« war wieder Leben in die Gasse eingekehrt. Sündiges Leben. Inzwischen hatte es einen Besitzerwechsel gegeben, und der Laden nannte sich jetzt »Inferno«.

Auch an diesem Abend war die Gasse gefüllt mit Menschen. Reichen wie Armen, Alten wie Jungen. Unterhalb des »Inferno« hatten sich in den letzten Monaten weitere Bars und Etablissements angesiedelt – von der übelsten Spelunke bis zum mondänen Nightclub. Für jeden war etwas dabei, doch das von allen begehrte Objekt lag direkt am oberen Ende der Gasse. Nur wer es sich leisten konnte, durfte überhaupt davon träumen, es betreten zu dürfen. Auch so schon reihte sich Abend für Abend bereits eine Stunde vor der Eröffnung eine Schar von Neugierigen und Möchtegern-Gästen vor dem Eingang. Nur die Hälfte wurde für würdig befunden, eingelassen zu werden. Die andere Hälfte zog enttäuscht ab, trank sich den Frust in einem der anderen Lokale von der Seele und schwor sich, es am nächsten Abend noch einmal zu versuchen.

»Hey, Chica, Lust auf eine Spritztour?«

Roswitha schrak aus ihren Gedanken. Neben ihr hatte ein rotes altes Chevy-Cabrio gehalten. Auf der Rückbank lugten zwei Gitarren und ein riesiger Kontrabass hervor. Die drei Latinos auf der Vorderbank darin schauten sie anzüglich an.

Oder vielmehr aus, dachte Roswitha. Aber es gefiel ihr. Für sie war es ein Zeichen, dass sie fantastisch aussah. Für ihr Vorstellungsgespräch hatte sie ihr engstes und verführerischstes Kleid angezogen. Das Rot des Stoffes korrespondierte auf männerbetörende Art und Weise mit dem Braun ihrer samtenen Haut. Sie warf die schwarzen Locken zurück und lachte.

»So viel Geld habt ihr nicht, dass ihr mich bezahlen könnt«, spottete sie. »Selbst wenn ihr alle drei zusammenwerft!«

Der Mann am Steuer grinste zurück. Er hatte schwarze, nach hinten gekämmte Haare, ein trotz seiner jungen Jahre markantes Gesicht und ein blendendes Lächeln. Er gefiel ihr. Unter anderen Umständen wäre sie vielleicht auf sein Angebot eingegangen. »Nun zeig uns mal nicht die kalte Schulter«, gab er zurück. »So abgebrüht, wie du tust, bist du doch gar nicht. Ich wette, du tanzt hier irgendwo. Verrat uns den Schuppen, damit wir dich bewundern können. Vielleicht spielen wir sogar die Rumba dazu!«

»Ihr könnt es ja versuchen. Ich tanze im ›Inferno‹«, entgegnete Roswitha vorlaut. Ein bisschen zu vorlaut, wie sie sogleich dachte. Schließlich stand ihr das Vorstellungsgespräch noch bevor. »Hasta la vista, boys!«, sagte sie rasch und sah zu, dass sie in der Menge verschwand.

Ihr entging, dass der Fahrer des Chevys noch einmal anerkennend durch die Zähne pfiff. »Eine verdammt scharfe Braut, Leute!«

»Vergiss sie, Diego. Die wird nicht mehr lange so hochnäsig herumlaufen. Du hast gehört, dass sie im ›Inferno‹ tanzt!«

»Schade um sie«, sagte der junge Mann am Steuer kichernd. »Ich hätte sie gern näher kennengelernt.«

Roswitha war mittlerweile so weit in die Gasse eingedrungen, dass sie das »Inferno« bereits sehen konnte. Es war noch zu früh, als dass sich eine Schlange davor gebildet hatte. Wie ein Palast nahm es die gesamte Breite der Gasse ein. Der pittoreske Bau überragte alle angrenzenden Gebäude um mehrere Stockwerke. Noch waren die vielen Fenster verdunkelt, doch mit Einbruch der Dunkelheit würden sie funkeln wie Diamanten, mit irisierenden Lichtern, schattenhaften Gestalten und Obszönitäten, die sich im Hause abspielten. Viele Menschen kämpften sich nur deshalb bis ans obere Ende dieser Gasse, um das allabendliche Schauspiel zu bestaunen, das sich ihnen hinter den Fenstern als Illusion einer Welt offenbarte, die ihnen niemals zugänglich sein würde.

Schließlich stand sie direkt vor dem Eingang. Es war nicht das erste Mal. Natürlich hatte auch sie wie so viele andere schon mal versucht, ins »Inferno« eingelassen zu werden. Er war ihr nicht gelungen. Das hatte aber nur ihren Ehrgeiz beflügelt, es wieder und wieder zu versuchen.

Vergeblich. Sie kannte dieses Tor. Es glich einem Eingang zur Hölle.

Die stählernen Türflügel waren mit dämonischen Fratzen und Symbolen verziert. Ihr Anblick löste bei ihr auch jetzt wieder diese Mischung aus Schauder und Erwartung aus. Sie spürte die Gänsehaut, die sich an ihren Armen bildete, während sich in ihrem Unterleib eine angenehme Wärme breitmachte.

Welche Hölle auch immer sich hinter der Pforte verbarg, sie würde nicht nur Schrecken, sondern auch eine Menge Spaß bereithalten.

Sie, Roswitha, würde es herausfinden.

Während sie noch unschlüssig davorstand, öffnete sich eines der Fenster über der Pforte. Ein runzeliger, verwachsener Männerkopf schaute heraus.

»Was willst du? Scher dich weg!«

»Señor Cardoso hat mich herbestellt«, entgegnete Roswitha und stellte sich in Position. Sie hatte nicht vor, sich von diesem Widerling einschüchtern zu lassen.

Er blickte sie mit spöttischem Interesse an. »Warte, ich mach dir auf! Oder besser: Nimm den Seiteneingang.«

Das Fenster wurde wieder zugeworfen. Einen Moment lang stand Roswitha unschlüssig herum. Sie schaute über die Schulter zurück. Gott sei Dank, niemand hatte mitbekommen, wie abfällig der Kerl sie betrachtet hatte.

Trotzig wandte sie sich um und ging an der Front des Hauses vorbei. Seitlich befand sich ein kleiner Pfad, gerade mal breit genug, dass zwei Leute nebeneinander gehen konnten. Er war weder gepflastert noch sonst wie befestigt. Die hohen Absätze ihrer Stiletto-Pumps versanken in Matsch. Kurzerhand zog sie sie aus und lief barfuß weiter.

Es sah immer weniger danach aus, dass man sie wie eine Königin empfangen würde.

Eher wie Aschenputtel.

Sie rutschte aus und fiel der Länge nach hin. Als sie sich wieder aufraffte, war ihr rotes Kleid braun gesprenkelt.

Sie war den Tränen nahe.

Da hörte sie das Lachen.

Ihre Augen klärten sich, und sie erkannte vor sich das Männlein vom Fenster. Von Nahem war es noch hässlicher. Seine linke Gesichtshälfte schien völlig schief zu sitzen – wie ein Mond, den man von der Seite betrachtete. Der Zwerg reichte ihr nur bis zu den Hüften.

»Nun komm schon rein!«, rief er ihr zu. »Oder willst du dort draußen in Schönheit sterben.« Er kicherte wie über einen besonders guten Witz.

»So kann ich nicht vorsprechen«, heulte Roswitha. »Geschweige denn tanzen.«

»Stell dich nicht so an!«, fuhr ihr der Zwergenwüchsige über den Mund. »Und nun komm endlich!«

Mehr unter Zwang als unter freiem Willen setzte Roswitha einen Fuß vor den anderen. Ihr angeborenes Selbstbewusstsein und ihre Zuversicht waren bereits jetzt auf den Nullpunkt gesunken – und dabei hatte sie noch nicht einmal die Schwelle übertreten.

Der Zwerg bedachte sie mit einem Blick, der ihr gar nicht gefiel. Sie war es gewohnt, dass die Männer ihren Körper bewunderten, doch so, wie der Zwerg sie anschaute, lief es ihr eiskalt über den Rücken.

Dennoch konnte sie nicht mehr zurück. Kaum hatte sie das Haus betreten, knallte der Gnom die Tür zu und verriegelte sie. Dann schubste er sie vorwärts. In dem Gang war es stockdunkel. Roswitha stieß mit der Hüfte gegen irgendeine Möbelkante. Das würde einen hübschen blauen Fleck geben! Aber spielte das noch eine Rolle? Wollte sie überhaupt noch jemals hier tanzen?

Mehrmals wechselte der Korridor die Richtung. Er kam ihr vor wie ein Irrgarten. Selbst wenn der Zwerg sie nicht ständig vor sich hergetrieben hätte, hätte sie nicht mehr gewusst, wo sie sich befand. Sie hatte vollkommen die Orientierung verloren.

»Ich heiße übrigens Antonio«, hörte sie die raue Stimme in ihrem Rücken. »Den Namen solltest du dir merken, wenn du hier keine Schwierigkeiten haben willst. Antonio kann dir alles geben – und alles nehmen!«

Es klang wie eine Drohung – und das war es wohl auch. Mieser, kleiner Erpresser, dachte Roswitha. Fass mich an mit deinen schmierigen Händen, und ich töte dich!

Sie schrak zusammen. Der Gedanke, der sie soeben durchströmt hatte, war ihr fremd. Niemals zuvor hatte sie den Wunsch verspürt, jemanden zu töten. Es war, als würde die Atmosphäre im »Inferno« ihr Wesen verändern.

Plötzlich sah sie den Lichtschein am Ende des Ganges.

»Señor Cardoso erwartet dich bereits«, zischte Antonio. »Ich gebe dir einen guten Rat: Streng dich an, damit er zufrieden mit dir ist!«

Der schwache Lichtschein drang aus einer geöffneten Tür. Wie hypnotisiert näherte sich Roswitha dem Licht und betrat das Zimmer.

Es war ein schmuckloses Büro. Hinter einem riesigen Schreibtisch saß eine massige, unförmige Gestalt. Deren Gesicht konnte sie nicht erkennen. Entweder war es die schwache Beleuchtung oder ... wirklich nur Schwärze, die dort statt eines Gesichts vorhanden war. Etwas glühte kurz darin auf, so als lauerten in der diffusen Fläche mehrere rötlich schimmernde Augenpaare.

Roswitha bemühte sich, nicht allzu genau hinzuschauen.

»Lass uns allein, Antonio«, sagte eine Stimme, die aus der mundlosen Finsternis stammte. Sie war erstaunlich hoch, fast quäkend. Roswitha vernahm, wie hinter ihr die Tür geschlossen wurde. Eine Weile sagte Señor Cardoso gar nichts. Roswitha fühlte, wie sein Blick über ihren Körper glitt. Sie spürte ein Brennen auf ihrer Haut. Es war nicht unangenehm, an der Schwelle zum Schmerz.

»Zieh dich aus!«, befahl Cardoso.

»Aber ich ...« Sie wollte protestieren, wollte ihm begreiflich machen, dass sie auf der Suche nach einer seriösen Anstellung als Tänzerin war. Doch abermals glühte es in der Finsternis auf, und diesmal brannten sich seine Blicke tief in ihre Haut. Roswitha schrie auf vor Schmerz. Es war, als hätte man sie mit brennenden Zigaretten malträtiert. Von einem Moment zum anderen bildeten sich große Brandblasen.

»Zieh dich aus!«, wiederholte Cardoso, und diesmal wagte Roswitha nicht mehr zu widersprechen.

Wie unter einem geheimen Zwang knöpfte sie die Bluse auf, öffnete den Reißverschluss ihres Rockes und ließ diesen zu Boden gleiten. Einen Moment zögerte sie. Ein harsches »Weiter!« ließ sie zusammenfahren und fortführen, was sie begonnen hatte.

Sie schluchzte auf, als sie die Ösen ihres BHs öffnete und dieser ebenfalls zu Boden fiel. Ihre großen vollen Brüste hatten noch jeden Mann betört. Doch diesmal wünschte sie sich, sie wären klein und unansehnlich. Die unsichtbaren Blicke Cardosos schienen sich förmlich an ihnen festzusaugen. Sie merkte, wie die Brustwarzen erhärteten und anschwollen. Es war ein schreckliches Gefühl – so als würde sich jemand darin festbeißen.

Roswitha keuchte vor Schmerz.

»Du bist wunderschön, Kleines«, sagte Cardoso. »Schön wie die Hölle! Es wird dir hier gefallen! Und nun lass die letzte Hülle fallen!«

Sie schlüpfte aus ihrem Tanga.