Das Haus Zamis 57 - Logan Dee - E-Book

Das Haus Zamis 57 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

Das Schiff kam eine Viertelstunde zu spät. Die widrigen Windverhältnisse an diesem Morgen hatten es aufgehalten.
Thekla Zamis ging sie an Bord, und das Schiff legte wieder ab. Sie stand an der Reling und sah zu, wie sich das Festland immer weiter entfernte. Noch eine Stunde, und sie würde das Ziel ihrer Reise erreicht haben.
Die Hallig Nordig präsentierte sich ihr so, wie sie es sich vorgestellt hatte: nebelumhüllt und frostig. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass hier jemals die Sonne schien. Umso besser. Ihre Schwester Carola schien sich genau den richtigen Ort ausgesucht zu haben! Ein paar Möwen kreischten, das Nebelhorn der Fähre heulte ein paarmal auf, dann herrschte Totenstille. Die anderen Passagiere waren entweder abgeholt worden oder zielstrebig in dem Nebel verschwunden. Sie alle schienen zu wissen, wo sie hingehörten.
Nur sie nicht.
Selten hatte sich Thekla verlassener gefühlt. Aber sie hatte es so gewollt. Sie war am Ende der Welt angelangt ...


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Seitenzahl: 125

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DÄMONEN-HALLIG

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Kurz darauf findet sie sich jedoch in einer Vision in Wien wieder und steht ihrer versteinerten Familie gegenüber. Nach und nach gewinnt sie ihre Erinnerung zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Bisher wusste sie nur, dass ihr Vater einst aus Russland nach Wien emigrierte. Aus der Dämonenvita erfährt sie, dass er zuvor über Jahre hinweg seinen Halbbruder Rasputin bekämpft hat. Coco wird klar, dass die damaligen Ereignisse für die Rettung ihrer Familie von elementarer Bedeutung sein könnten.

Aus diesem Grund setzt auch Asmodi alles daran, die Dämonenvita in seinen Besitz zu bringen, doch serin Plan, Coco in die Vergangenheit ihres Vaters zu schleudern und sie auf diese Weise elegant zu »entsorgen«, schlägt fehl. Coco gelingt es, in die Gegenwart zurückzukehren und Gorgos Bann zu brechen. Michael Zamis dankt seiner Tochter die Rettung schlecht und quartiert sie nach Südamerika aus, um ungestört seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen auszubauen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Er beginnt sogar ein Verhältnis mit Traudel Medusa, die dem Widerstand angehört. Als Cocos Mutter Thekla davon erfährt, bietet Asmodi ihr seine Unterstützung an. Thekla stellt Traudel zur Rede und tötet sie – und während der Verdacht auf Michael Zamis fällt, verlässt Thekla Wien ... auf Nimmerwiedersehen?

DÄMONEN-HALLIG

von Logan Dee

Der raue Nordseewind blies kühl über die kleine Insel.

Später wussten sie nicht mehr zu sagen, wer das verräterische Glitzern im Schilf zuerst bemerkt hatte. Jedenfalls war es Meike, die leichtfüßig den Graben übersprang, sich bückte und aus dem Schilf einen länglichen Gegenstand herausholte. Erst als Meike wieder an seiner Seite stand, erkannte Sven, um was es sich handelte: Es war eine Pfeife, aus altem, schwarzen Bruyèreholz. Das Glitzern stammte von dem silbernen Schmuckring, der Pfeifenkopf und Mundstück miteinander verband.

Die Pfeife war in einem armseligen Zustand, verschmutzt mit vertrocknetem Schlick und Seetang, doch zugleich wirkte sie irgendwie kostbar.

Dennoch ekelte es Meike, das Ding in der Hand zu halten. Der Pfeifenkopf fühlte sich warm an, wie etwas Lebendiges, als wäre vor Kurzem noch glühender Tabak darin gewesen.

»Zeig mal!«, verlangte Sven, und fast war Meike froh, die Pfeife los zu sein. Sven war passionierter Pfeifenraucher. Seine Augen leuchteten auf, als er das Fundstück betrachtete.

1. Kapitel

»Die ist schon alt«, sagte er schließlich. »Wer weiß, wie lange sie vorher im Schlick gelegen hat. Der Schmuckring könnte kostbar sein – echtes schweres Silber.«

Er rieb daran. »Der Ring ist sogar verziert. Warte mal ... Hier sind Schriftzeichen drauf ...« Sven beugte sich vor. »Sieht aus wie eine Zeichnung von einem Fisch oder so.«

Ein plötzlicher Windstoß ließ Meike frösteln. »Lass uns das Ding wieder wegwerfen!«, sagte sie zweifelnd.

Sven sah sie erstaunt an. »Was ist denn los mit dir?«

»Ich weiß auch nicht, irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl ...«

»Kommt nicht infrage.« Mit einer raschen Bewegung steckte Sven die Pfeife in seine Jackentasche. Fast, als wollte er ganz sichergehen, dass Meike sie ihm nicht wieder entriss.

Am Abend überraschte Meike Sven, wie er in der Gästeküche saß und den Fund vorsichtig mit Wasser und Wattestäbchen säuberte. Sie setzte sich zu ihm und sah ihm unbehaglich zu. Den Pfeifenkopf hatte er inzwischen so weit von Schlick gesäubert, dass die Schnitzereien darauf besser zu sehen waren.

»Was stellen sie eigentlich dar?«, fragte Meike und kämpfte gegen ihren Widerwillen an. Entfernt erinnerten sie die Schnitzereien an polynesische Statuen, wie sie sie von Aufnahmen kannte, die man auf den Osterinseln gemacht hatte. Außerdem glaubte sie einige Tentakel zu erkennen.

»Keine Ahnung, vielleicht irgendwelche heidnischen Fischgötter«, mutmaßte Sven. »Die Arbeit ist recht grob ausgeführt – fast wie ein Holzschnitt. Interessanter erscheinen mir die Zeichen auf dem Silberring. Einige davon könnte man als Buchstaben deuten, andere sind nur verschlungene Hieroglyphen ...«

»Glaubst du denn, dass sie schon lange dort im Schilf lag?«

Sven runzelte die Stirn. »Ihr Zustand lässt jedenfalls darauf schließen. Möglicherweise ist sie freigespült worden, oder irgendein Vogel ist auf das Glitzern des Silberrings aufmerksam geworden und hat sie in das Schilf transportiert.«

»Hi Mom, hi Paps!«, ließ sich plötzlich eine Stimme hören. Tanja, ihre dreizehnjährige Tochter kam mit langen, wehenden Haaren ins Zimmer gestürmt. Ihre Backen glänzten rot.

»Na, wie war's heute im Pferdestall?«, fragte Meike. Irgendwie ahnte sie, dass etwas Besonderes vorgefallen war.

»Ich glaube, ich habe mich heute zum ersten Mal verliebt«, sagte Tanja. »Ich meine, richtig verliebt!«

»Erzähl schon!«, drängte Meike. Die Idee, hier Urlaub zu machen, schien sich zumindest für Tanja auszuzahlen. Während sie und Sven tagsüber endlich mal wieder Zeit zum Lesen hatten und bei langen Spaziergängen rund um die Hallig seit Langem wieder ernsthaft miteinander ins Gespräch kamen, konnte Tanja ihrem Hobby – Pferde – frönen.

»Er heißt Ole, ist sechzehn und gestern hier angekommen.«

»Herzlichen Glückwunsch!«, sagte Sven und wandte sich wieder seinem Fundstück zu.

Nachts kam Sturm auf. Er rüttelte an den Fensterläden des kleinen Zimmers, das Sven und Meike für eine Woche gemietet hatten. Tanja schlief gleich nebenan in einem Einzelzimmer. Einmal krachte etwas so laut von draußen gegen das Fenster, dass beide kerzengerade in ihren Betten standen. Als Sven das Fenster öffnete und draußen nachschaute, war nichts zu sehen. Selbst der Sturm hatte sich gelegt.

Am nächsten Morgen fühlten sich beide wie gerädert. Tanja hatte nichts gehört. Sie hatte wie ein Stein geschlafen, wie sie behauptete. Erst der Kaffee brachte Sven und Meike wieder auf die Beine. Sie nahmen das üppige Frühstück wie jeden Morgen in dem gemütlichen Café ein, das gleich gegenüber ihrer Pension auf sie wartete.

Meike gönnte sich einen Extralöffel der köstlichen, hausgemachten Erdbeerkonfitüre, die sie auf dem ofenwarmen Brötchen verteilte, während sie auf den Sturm zu sprechen kam. »Ist doch komisch«, sagte sie zwischen zwei Bissen, »dass dieser Sturm so plötzlich wieder aufhörte diese Nacht.«

»Was ist daran merkwürdig? Auf einer Hallig schlägt das Wetter öfter Kapriolen.« Mit der Messerspitze köpfte Sven geschickt sein Frühstücksei und gab einen zufriedenen Laut von sich. Es hatte genau die richtige Konsistenz – nicht zu weich und nicht zu hart. »Unsere Zimmerwirtin ist wirklich ein Genie.«

»Lenk nicht ab, Sven. Dieser Lärm heute Nacht war ebenso merkwürdig.« Plötzlich fiel ihr etwas ein: »Wenn es ein Ast gewesen ist, der gegen das Fenster geknallt ist, müsste er doch noch dort draußen liegen. Wir könnten nachsehen und ...«

»Wollten wir nicht heute Morgen nach Landsende wandern?«, unterbrach sie Sven, und irgendwie vergaßen sie beide darüber, sich weiterhin über die vergangene Nacht den Kopf zu zerbrechen.

Wer auf einer Hallig spazieren geht, der hat immer einen herrlichen Rundumblick. Die langen Wege führen geradeaus, das Meer ist meistens in Sichtweite und ein paar der Warften ebenfalls. Bei guter Sicht sieht man andere Spaziergänger schon kilometerweit. Manchmal täuscht man sich: Dann entpuppen sich die vermeintlichen Menschen als Pfähle in der Landschaft. Starr und knorrig gen Himmel gerichtet wie mahnende Zeigefinger.

An dem Spätnachmittag, an dem Sven und Meike den unheimlichen Spaziergänger das erste Mal bemerkten, zogen bereits die ersten Nebelschwaden über die Hallig hinweg. Der Fußgänger war vielleicht einen Kilometer weit entfernt und stand regungslos da. »Was der wohl da macht«, wunderte sich Meike. Irgendetwas an seiner Gestalt flößte ihr einen leichten Schauder ein.

»Was soll er schon machen? Er steht dort und beobachtet ein paar Ringelgänse«, sagte Sven.

Die Gestalt trug einen langen schwarzen Mantel, der im Wind flatterte. Fast wirkte sie wie eine Vogelscheuche. Meike drückte sich enger an Sven. »Lass uns weitergehen. Mir wird kalt!«

Sie eilten ihrer Pension zu.

Als sich Meike noch einmal umdrehte, war die schwarze Gestalt verschwunden.

In dieser Nacht rüttelte der Sturm noch mehr als in der Nacht zuvor an den Fensterläden. Als Meike erwachte und sich an Sven kuscheln wollte, stießen ihre Hände nur auf ein leeres Bett. Irritiert tastete sie nach dem Lichtschalter. Der warme Schein tunkte das kleine Zimmer in rötliches Licht. Von Sven war nichts zu sehen.

Wahrscheinlich ist er nur mal eben zur Toilette, vermutete Meike, und wartete ab. Heftiger Wind ließ die Fensterläden klappern. Etwas strich von draußen darüber – wahrscheinlich die Zweige der Linde, die ihr Astgeflecht direkt bis vors Fenster spann. Meike verglich das Geräusch mit dem Kratzen langer Fingernägel, und eine Gänsehaut zog sich über ihren Körper. Der Sturm orgelte und heulte auf – wie ein Chor schauriger Geisterstimmen, die von der See herübergeweht wurden.

Schließlich hielt es Meike nicht mehr im Bett. Sie stand auf und begab sich auf den Korridor. Sie bemühte sich, sehr leise zu sein, denn es hatte sich noch ein weiteres Ehepaar in der Pension eingemietet. Die Dielen knackten unter ihren nackten Füßen. Jetzt erst fiel ihr auf, wie still es hier war. Von dem Sturm war nichts zu hören. Vor sich sah sie einen schmalen Lichtschlitz. Was machte Sven um diese Zeit in der Küche?

Als sie die Tür aufstieß, machte er ein fast furchterfülltes Gesicht.

»Mein Gott, hast du mich erschreckt!«, fuhr er sie an, nachdem er Meike erkannt hatte. »Was machst du auch mitten in der Nacht hier allein in der Küche?«

»Ich konnte nicht schlafen«, druckste er herum, aber es war offensichtlich, dass es nur eine Ausrede war. Jetzt sah Meike, dass er die Pfeife in der Hand hielt. Er hatte sie instinktiv verbergen wollen. Seine Faust schloss sich um den Pfeifenkopf, sodass nur das Mundstück hervorblickte.

Er sah ihren Blick. Bevor sie etwas sagen konnte, ergriff er das Wort: »Diese Pfeife lässt mir einfach keine Ruhe. Ich wollte sie mir noch einmal anschauen, weil ich dachte, ich könnte die Schriftzeichen entziffern. Weil ich dich nicht wecken wollte, bin ich in die Küche gegangen.«

Meike kniff die Augen misstrauisch zusammen. »Warum glaubst du, die Schrift auf einmal lesen zu können? Du bist ja völlig vernarrt in dieses widerliche Ding!«

»Nenn es, wie du willst. Jedenfalls ist es schon faszinierend ...«

»Was?«, bohrte Meike nach, als er nicht fortfuhr. »Was ist so faszinierend daran?«

Nachdenklich drehte Sven die Pfeife in den Händen. »Als ich sie vorhin aufnahm, war sie warm – so als hätte vor nicht langer Zeit jemand aus ihr geraucht.«

»Du spinnst!«, entfuhr es Meike.

»Fühl selbst!«

Obwohl Meike einen immer größer werdenden Ekel vor dem Ding verspürte, fasste sie kurz an das schwarze Holz. Es war tatsächlich warm. Ihre Hand zuckte zurück.

»Vielleicht, weil du sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hast.«

Sven schüttelte den Kopf. »Sie ist innen richtig heiß.«

»Wirf sie endlich weg!«, verlangte Meike. »Irgendetwas stimmt mit ihr nicht. Sie macht mir Angst.«

Aber Sven schüttelte trotzig den Kopf. »Wir werden schon herausfinden, woher sie stammt. Gleich morgen früh statten wir mal dem Museum einen Besuch ab.«

Als sie am nächsten Morgen am Frühstückstisch saßen, hatten sie beide das Gefühl, nicht ein Auge zugemacht zu haben. Während sich ihre Tochter Tanja schon längst wieder von ihnen Richtung Pferdestall und neuer Liebe verabschiedet hatte, waren sie todmüde in ihren Betten liegen geblieben. Der Sturm hatte sie immer wieder hochfahren lassen. Es war ein Wunder, dass die Fensterläden den Böen Stand gehalten hatten.

»Ist das nicht komisch, dass der Sturm nur in unserem Zimmer zu hören ist?«, wunderte sich Meike abermals. »Wenigstens kommt mir das so vor.«

»Wir können ja unsere Vermieterin fragen, ob sie uns ein anderes Zimmer zur Verfügung stellt«, schlug Sven vor. Doch als sie die wortkarge Frau auf den nächtlichen Sturm ansprachen, runzelte diese nur die Stirn und meinte, nichts gehört zu haben.

Auf dem Weg zur Horstwarft, auf der sich das Museum befand, bemerkte Meike plötzlich wieder den Mann in Schwarz. Diesmal war er nicht mehr ganz so weit entfernt wie am vorigen Tag. »Da ist der komische Typ schon wieder«, sagte sie. Sie bemühte sich bewusst um eine lockere Wortwahl, um ihre Besorgnis nicht allzu offensichtlich werden zu lassen.

»Lass ihn doch«, sagte Sven. »Wahrscheinlich beobachtet er wieder seine Vögel.«

»Ich habe eher den Eindruck, er beobachtet uns«, sagte Meike.

Sie blieben stehen und betrachteten die Gestalt genauer. Der Mann trug einen glänzenden Gummimantel, und seinen Kopf bedeckte ein mächtiger Südwester, obwohl es gar nicht regnete. Irgendwie sah sein Kopf dadurch besonders riesig und unförmig aus.

»Warum steht er nur da und bewegt sich nicht?«, fragte Meike. Sie konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht mehr verbergen.

Sven hob die Hand zu einem Gruß, aber der Mann erwiderte ihn nicht. Vielleicht lag es auch daran, dass er zu weit entfernt war und schlecht sehen konnte. Vielleicht wollte er aber auch gar nicht zurückgrüßen. »Gehen wir weiter!«, sagte Sven und zog Meike an sich. »Das Museum macht gleich auf.«

Meike widersprach nicht. Sie war bestrebt, raschen Schrittes fortzukommen und die unheimliche Gestalt hinter sich zu lassen. Diesmal schaute sie sich nicht mehr nach ihr um.

Im Museum war um diese frühe Uhrzeit kein weiterer Besucher. Umso leichter fiel es Ihnen, einen Mitarbeiter ausfindig zu machen.

Sven sagte nicht, woher er die Pfeife hatte. Und er war froh, dass er nicht gefragt wurde, ob er sie auf der Insel gefunden hatte. So musste er nicht lügen. Interessiert schaute der Museumsmitarbeiter, ein schwarzhaariger und gut aussehender junger Mann, der sich ihnen als Dr. Kleusen vorgestellt hatte, auf das Fundstück, das Sven ihm entgegenhielt. »Unser Museumsleiter könnte Ihnen sicherlich mehr darüber erzählen. Er weilt leider in Urlaub, und ich bin nur seine Vertretung. Ich bin zwar auch auf der Hallig geboren, bin aber kein Experte in dieser Hinsicht. Und nun möchten Sie sicherlich gerne von mir wissen, ob es etwas wert ist, oder?«, sagte er, nahm die Pfeife in die Hand und untersuchte sie sorgfältig. »Die Schnitzereien auf dem Pfeifenkopf sind wirklich merkwürdig. Es könnte sich um Walfische handeln ...«

Meike nickte bestätigend. »Das haben wir auch schon gedacht.«