Das Haus Zamis 59 - Logan Dee - E-Book

Das Haus Zamis 59 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

Das Glöckchen über der Tür bimmelte, als die Gestalt in der roten Kutte Rufos Werkstatt betrat. Rufo schaute von der Maske auf, die er gerade angefertigt hatte.
Die rote Kutte ging dem Mann bis zu den Schuhen. Auf dem Kopf trug er einen Dreispitz, und das Gesicht war unter der zugehörigen Bautta-Maske verborgen. In Stirnhöhe war darauf eine winzige Sonne abgebildet.
»Was kann ich für Sie tun?«
»Ich hörte, dass Sie ein sehr geschickter Maskenmacher seien, junger Herr. Vielleicht benötige ich schon bald Ihre Hilfe ...«

Cocos neuer Auftrag führt sie nach Venedig in das Haus von Belios di Avolo, einem äußerst schwachen Mitglied der Schwarzen Familie, das sich von unbekannten Mächten bedroht sieht. Aber warum hat Michael Zamis Belios’ Hilferuf überhaupt nachgegeben? Die Lösung des Rätsels führt Coco Zamis in die Laguna Morta ...


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Seitenzahl: 118

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

LAGUNA MORTA

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Kurz darauf findet sie sich jedoch in einer Vision in Wien wieder und steht ihrer versteinerten Familie gegenüber. Nach und nach gewinnt sie ihre Erinnerung zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Bisher wusste sie nur, dass ihr Vater einst aus Russland nach Wien emigrierte. Aus der Dämonenvita erfährt sie, dass er zuvor über Jahre hinweg seinen Halbbruder Rasputin bekämpft hat. Coco wird klar, dass die damaligen Ereignisse für die Rettung ihrer Familie von elementarer Bedeutung sein könnten.

Aus diesem Grund setzt auch Asmodi alles daran, die Dämonenvita in seinen Besitz zu bringen, doch sein Plan schlägt fehl. Es gelingt Coco, Gorgons Bann zu brechen und Wien zu retten. Michael Zamis allerdings dankt seiner Tochter die Rettung schlecht und quartiert sie nach Südamerika aus, um ungestört seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen auszubauen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese und verlässt Wien. Michael, der als Täter verdächtigt wird, schickt Coco nach Klagenfurth, um den Dämon Wolfgang Canori alias Klingsor als Verbündeten zu gewinnen – ein Fehlschlag. Da erreicht die Familie Zamis der Hilferuf eines Dämons aus Venedig, und erneut schickt Michael seine Tochter Coco ...

LAGUNA MORTA

von Logan Dee, Jörg Kleudgen und Dario Vandis

»Wir sind die Toten«, sagte das Mädchen.

Rufo, den man auch den »Maskenmacher« nannte, starrte sie schaudernd an. Auf den ersten Blick schien die Haut der Frau von einer anmutigen Blässe zu sein. Erst bei genauerem Hinsehen offenbarte sie ihre wahre Natur.

»Wir warten auf dich! Wir glauben an die Ankunft eines Erlösers. Es gibt für uns keine andere Zuflucht als diese. Du musst uns helfen.«

Er ließ seinen Blick über die sich windenden, drängenden Leiber gleiten, die den stillgelegten Kanalisationsabschnitt wie eine Flut lebendigen Unrats ausfüllten. Einige von ihnen hüpften ungelenk mit ihren verformten Gliedmaßen, um nicht von den anderen überrannt und erdrückt zu werden.

»Ich kann es nicht!«, sagte Rufo und presste sich tiefer in die Nische hinein. In seinen Pupillen glomm ein Licht, das an die Reflexion von Sternenlicht auf einem schwarzen Teich erinnerte. »Ich kann euch nicht helfen. Es gibt keine Erlösung. Ihr wartet vergeblich.«

1. Kapitel

Einer der Untoten hatte ihn bemerkt und deutete mit einer Hand, die nur noch drei Finger besaß, zu ihm hinauf. Die anderen folgten mit ihren Blicken der ungelenken Geste und betrachteten ihn mit gebrochenen Augen.

Die groteske Prozession geriet ins Stocken. Dicht an dicht drängten sich die Leiber.

»Hilf uns!«, sagte das Mädchen, und die bodenlosen Schächte ihrer Augen drohten ihn zu verschlingen. »Du hast uns gerufen. Nur du kannst uns unseren Frieden zurückgeben!«

»Was weißt du schon?«, murmelte er und stieß sie sanft von sich. Er wollte sie nicht verletzen. Auf gewisse Weise hatte sie ja sogar recht. »Ich muss weg von hier!«

»Nein, bleib!« Sie versuchte ihn zu halten. Deutete er ihren Gesichtsausdruck richtig? Flehte sie ihn an? Es war so schwierig, die Gefühle eines Menschen zu erkennen, wenn dessen Augen vollkommen ausdruckslos waren. »Bitte! Wir brauchen dich! Hilf uns!«

»Ich kann nicht«, sagte er. »Noch nicht!«

Er wandte sich um und eilte zurück in seine Werkstatt.

Maß zu halten hatte noch nie zu Filippos Stärken gehört. Abgesehen von der Tatsache, dass seine Manieren zu wünschen übrig ließen, gestalteten sich auch die Hasardspielereien, die er bei den Festen seines Vaters aufzuführen pflegte, zunehmend unverschämter. So konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis er den Bogen überspannte.

Im Herbst, als die ersten Blätter von den Bäumen fielen, lud sein Vater zu einem Fest, das alle vorherigen übertreffen sollte und das bereits am frühen Nachmittag begann. Filippo hatte eine Kleidung angelegt, die dem Anlass entsprach – eine rote Kutte mit einer Kapuze, die er tief ins Gesicht gezogen trug. Das lange Haar darunter trug er zu einem Zopf geflochten. Goldene Ringe schmückten jeden einzelnen seiner Finger, an denen man ihn selbst mit der Maske vor dem Gesicht sofort erkannte.

Als es dunkelte, erleuchteten bengalische Feuer den Garten des Palazzo und warfen die grotesken Schattenrisse der phantasievoll verkleideten Besucher auf die Wände der großen Halle. Es war eines der größten Maskenfeste, die Venedig jemals erlebt hatte. Und doch bekam – abgesehen von den Gästen – niemand etwas davon mit. Geladen waren nur Mitglieder einer Geheimgesellschaft. Die Öffentlichkeit sollte von den Ausschweifungen dieses Abends niemals erfahren.

Filippo befand sich in einer ausgelassenen Stimmung. Das mochte daran liegen, dass der Comte von Verona in der Gesellschaft seiner liebreizenden Tochter Maria erschienen war. Sie erlag Filippos Charme bald und hing an seinen Lippen. Er verlor sich seinerseits im Anblick ihrer schwarzen Augen, des ebenholzfarbenen Haares, das ihr makelloses, elfenbeinernes Antlitz einrahmte, und der Blüte ihrer Lippen, hinter denen sich winzige Zähne von selten schöner Gleichmäßigkeit verbargen. Sie reizte ihn wie schon lange keine Frau mehr.

»Sie sehen Ihrem Bruder sehr ähnlich, Filippo«, sagte sie lächelnd.

»Ach ja?« Filippos Mundwinkel fielen herab. Wenn er eines hasste, dann war es, an seinen Bruder erinnert zu werden.

»Ja«, sagte Maria, die seine Missstimmung nicht bemerkte. »Sie haben seine Augen. Aber Sie sind ... forscher. Nicht so zurückhaltend wie er.«

»Zum Glück, meine Liebe. Sonst hätte ich es vielleicht nie gewagt, Sie anzusprechen.«

»Wo ist Ihr Bruder eigentlich? Ich habe ihn schon viele Jahre nicht gesehen.«

»Mein Vater hat ihn hinausgeworfen. Er musste Venedig verlassen.«

»Das ist ja schrecklich!«

»Allerdings ist er zurückgekommen. Ich habe gehört, dass er sich mit einer Werkstatt niedergelassen hat. Als Maskenmacher. Das geschieht ihm recht. Er taugt eben nur zu einem Lakaien. Wollen wir nicht viel lieber über uns sprechen, meine Teure?«

Sie lächelte wieder. »Sie kommen wohl gern schnell zur Sache, Filippo?«

Filippo hielt sein Verlangen nur mühsam unter Kontrolle. »Eigentlich bin ich ganz anders, Maria ...«

»Ach, wirklich?«

»Ich bin schüchtern.«

»Nein!«

»Und ein Bücherliebhaber.«

»Bücher!« Sie bekam große Augen. Ihr Lachen erklang perlend, und Filippo war sicher, dass sie die Ironie seiner Worte einfach überhört hatte. Dummes Ding. Doch er hatte selbst inzwischen nur noch Augen für ihren schlanken Hals, ihre perfekte Figur, die sich unter dem fast barock geschnittenen Kleid abzeichnete. Er fühlte sich wie berauscht von ihrem Duft. Er wusste, dass er nicht mehr lange an sich halten konnte.

»Es gibt Bücher, Signorina, die sind unendlich viel kostbarer, als dass man sie mit Gold bezahlen könnte. Bücher voll von geheimem Wissen. Voller Macht!«

»Und Sie besitzen solche Bücher?«

Der Anflug von Hochmut in ihrer Stimme verärgerte ihn einen Augenblick lang. Er würde dem Weib schon zeigen, was ... Nein!, rief er sich zur Ordnung. Nicht hier! Nicht vor den Augen der anderen Gäste. Nicht dass sie keine Ausschweifungen gewöhnt waren. Aber sie achteten alle streng auf die Etikette. Anders als Filippo.

Er wusste, dass Maria seinen Köder geschluckt hatte. Ihre Neugierde würde ihm gestatten, alles mit ihr zu tun. Alles. Sie gehörte ihm. Nur ihm. »Natürlich besitze ich sie. Möchten Sie sie sehen?«

»Jetzt?«, entfuhr es ihr überrascht. »Ich meine, können wir die Gesellschaft denn verlassen?«

Filippo sah sich um. Während des Gesprächs hatten sie sich unwillkürlich vom Gros der Feiernden entfernt, ohne dass es jemandem aufgefallen war. Er legte beiläufig seine Hand auf ihren Arm und fühlte, wie sie angesichts der ungebührlich vertrauten Geste zusammenzuckte, ohne sich jedoch von ihm zurückzuziehen.

»O mein lieber Filippo, Sie sind so gescheit. So gebildet. Sie müssen mir alles erzählen, was Sie wissen.«

»Das werde ich. Komm nur mit ...«

Maria begann zu frösteln. »Es ist kühl in diesen Gängen, Filippo. Wohin bringen Sie mich? Befindet sich hier etwa Ihre Bibliothek?«

»Ja, es sind wenige Schritte nur, die wir zu gehen haben.« Das Gelächter der Gesellschaft war hinter ihnen zurückgeblieben. »Deine Anwesenheit lässt mich die Kälte vergessen, Maria. Folge mir!«

Er ergriff ihre Hand mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der er zuvor seine Hand auf ihren Arm gelegt hatte. Sie leistete keinen Widerstand. Er folgte dem Gang, bis sie an eine Treppe gelangten, die in einen einzelnen Erkerturm führte. Außer diesem einen Aufgang gab es keinen weiteren. Deshalb hatte er sein Studierzimmer hierher verlegt. Die Bibliothek befand sich in einem anderen, weniger feuchtigkeitsanfälligen Bereich des Hauses.

»Einen Moment noch, dann sind wir da!« Filippo bemerkte die Verwirrung in Marias Gesicht. »Komm. Gleich ist es so weit ...« Er öffnete den komplizierten Verschluss der schweren Eichentür und betrat den Raum, der von einer einzigen Laterne unter der hohen Decke beleuchtet wurde. Schatten huschten in die Ecken und verdichteten sich dort zu gespinstartigen Knäueln, als auch Maria die Turmkammer betrat.

»Und hier bewahren Sie Ihre Bücher auf?«, fragte sie skeptisch. »Wo befinden sie sich denn? Ich sehe gar keine ... außer ...« Ihr Blick war auf ein einziges aufgeschlagenes Buch gefallen, das auf einem Tisch unter der Lichtquelle lag. Wie gebannt trat sie vor und legte ihre rechte Hand auf das Papier, das sich unter ihren Fingern wie zum Leben erwacht bewegte und Wellen warf. Sie war sichtlich fasziniert.

»Gefällt es dir?«, fragte Filippo, der immer noch ihre Linke hielt. »Es ist ein uraltes Buch. In ihm sind die Geheimnisse des Lebens verzeichnet.«

»Ich weiß nicht.« Sie klang plötzlich unsicher. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen kann. Die Geschichten ... Man erzählt sich einiges über Sie. Ihr Vater macht sich große Sorgen, heißt es ...«

Er lächelte dunkel: »Geschwätz. Wichtig ist nur, was du fühlst.« Er verstärkte seinen Druck auf ihre Hand. »Ich will dich haben! Ich will dich haben, wie ich noch nie zuvor etwas haben wollte!«

»Sie sind unverschämt, Filippo! Ich werde Ihrem Herrn Vater ...«

Sie schrie auf, weil sie an ihrem Ärmel plötzlich eine Bewegung spürte. Eine Maus kroch darüber und sprang mit einem Satz auf Filippos offene Handfläche.

»Igitt! Werfen Sie sie weg, Filippo!«

Er lachte. »Aber warum denn? Ist sie nicht hübsch? Sieh nur, Maria, sie gehorcht mir. Sie tut alles, was ich sage.«

Tatsächlich schien die Maus keine Angst vor Filippo zu haben. Sie richtete sich auf die Vorderbeine und starrte Maria aus ihren schwarzen Knopfaugen an, sodass Maria am liebsten schreiend davongelaufen wäre. Sie hasste Mäuse!

Was sie jedoch jetzt sah, nagelte ihre Beine geradezu am Boden fest. Die Maus begann zu tänzeln! Sie bewegte sich! Sie drehte sich auf ihren winzigen Hinterpfoten einmal im Kreis, sodass sie Maria nun den Rücken zuwandte.

Maria sah, dass das Rückenfell und der Hinterkopf der Maus blutverkrustet waren. Ein Riss klaffte in ihrem Nacken.

»Da staunst du, Maria, nicht wahr?«, zischte Filippo triumphierend. »Diese Maus ist tot. Ich habe ihr das Genick gebrochen – und sie anschließend wieder zum Leben erweckt!«

Maria keuchte. Das Gefühl, in einem Albtraum gefangen zu sein, verstärkte sich.

Filippo schien das Interesse an der Maus zu verlieren. Er warf sie fort, sodass sie mit einem hässlichen Geräusch auf dem Boden aufschlug. »Und nun zu dir, meine Hübsche. Ich werde dir ebenfalls das Genick brechen. Allerdings erst später, nachdem ich mit dir fertig bin ...«

Das Blut wich aus Marias Gesicht, als sie jetzt auf Filippo blickte. Er hatte sich von einem zum anderen Augenblick verändert. In seinen Augen glühte ein kaltes Feuer. Er hatte keine Ähnlichkeit mehr mit dem charmanten Sohn des Gastgebers, der vor wenigen Minuten das Gespräch mit ihr gesucht hatte. Sein Gesicht war nun eine Fratze unbändiger Wollust.

Er griff nach ihrem Hals. Packte sie.

»Nein ...! Bitte nicht ...!«

Auf seinen Zügen tanzten Schatten. Maria hatte den Eindruck, sein ganzes Gesicht sei in Bewegung. Tatsächlich war er kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Seine animalischen Begierden gewannen die Oberhand über sein Denken.

Und Maria, der diese Entwicklung nicht entging, verschaffte ihrer Angst mit einem schrillen Schrei Luft, der nicht ungehört bleiben konnte.

Schon war Filippo über ihr, und es war kaum noch etwas Menschliches an ihm. Er presste seine Linke auf ihre Lippen und drückte sie mit seinem massigen Körper unnachgiebig zu Boden, obwohl sie sich verzweifelt zur Wehr setzte. Dann brachte er sein Gesicht näher an ihres heran, um sie zu küssen. Sein Atem erinnerte sie an den einer wilden Bestie.

Ihre Bewegungen erschlafften. Er riss ihr Kleid entzwei und tastete nach ihren Brüsten. Er steigerte sich in einen wahren Rausch hinein. Sekunden vergingen, dann Minuten – bis er endlich wieder zu sich kam und verwundert auf das reglose Mädchen unter sich blickte.

Er hatte gedacht, dass sie mehr aushalten würde.

Das war eben Pech.

Filippo ließ die Tote liegen und kehrte zu den Gästen des Maskenballs zurück, überzeugt, dass der Tod des Mädchens ohne Folgen für ihn bleiben würde.

Rufo versuchte sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Er saß in seiner kleinen Werkstatt, umgeben von Seidenstoffen, von Holz und Handwerkszeugen, mit deren Hilfe er die Masken fertigte – Dutzende Masken, Hunderte Masken. Er war der beste Maskenmacher von Venedig.