Das Haus Zamis 60 - Logan Dee - E-Book

Das Haus Zamis 60 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

»Die Venezianer begannen 1631 mit dem Bau der Kirche Santa Maria della Salute. Sie lösten damit einen Schwur ein, den sie im Jahr zuvor, als einer verheerenden Pest Tausende von Bürgern zum Opfer fielen ...«
Erschöpft folgte Irene Altmann dem taubenblauen Kostüm der Reiseleiterin durch das Kirchenschiff. Sie war in den vergangenen Tagen bereits durch Rialto gestreift, hatte den Dogenpalast und die Glasbläsereien Muranos besucht und war über die Lidoinsel spaziert. Es war so viel.
»... sehen Sie ein Spätwerk Tizians mit dem Titel ›Pfingsten‹. Tizian Vecellio wurde durch seine Arbeiten mit kraftvollen, leuchtenden Farben bekannt, in denen er große Tafelbilder ...«
Irene blinzelte. Sie spürte einen leichten Schwindel.
Vielleicht eine Lebensmittelvergiftung, dachte sie. Oder lag es an dem Weihrauchduft, den sie noch nie vertragen hatte.
Sie fiel zurück. Das taubenblaue Kostüm eilte voraus in Richtung Altar, die Stimme der Reiseleiterin entfernte sich. Irene Altmann blieb stehen. Sie fröstelte.

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Seitenzahl: 123

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

MASKENBALL

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Kurz darauf findet sie sich jedoch in einer Vision in Wien wieder und steht ihrer versteinerten Familie gegenüber. Nach und nach gewinnt sie ihre Erinnerung zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Bisher wusste sie nur, dass ihr Vater einst aus Russland nach Wien emigrierte. Aus der Dämonenvita erfährt sie, dass er zuvor über Jahre hinweg seinen Halbbruder Rasputin bekämpft hat. Coco wird klar, dass die damaligen Ereignisse für die Rettung ihrer Familie von elementarer Bedeutung sein könnten.

Aus diesem Grund ist auch Asmodi hinter der Dämonenvita her, doch Coco gelingt es, Gorgons Bann zu brechen und Wien zu retten. Michael Zamis allerdings dankt seiner Tochter die Rettung schlecht und quartiert sie nach Südamerika aus, um ungestört seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen auszubauen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese und verlässt Wien. Michael, der als Täter verdächtigt wird, schickt Coco aus, um Verbündete zu aquirieren – zunächst nach Klagenfurth, dann nach Venedig, wo ein befreundeter Dämon namens Belios di Avolo von Unbekannten bedroht und schließlich getötet wird. Coco entkommt der Falle – aber nicht dem Lockruf des Schwarzen Spiegels im Haus der di Avolos ...

MASKENBALL

von Logan Dee, Jörg Kleudgen und Dario Vandis

»Die Venezianer begannen 1631 mit dem Bau der Kirche Santa Maria della Salute. Sie lösten damit einen Schwur ein, den sie im Jahr zuvor, als einer verheerenden Pest Tausende von Bürgern zum Opfer fielen ...«

Erschöpft folgte Irene Altmann dem taubenblauen Kostüm der Reiseleiterin durch das Kirchenschiff. Sie war in den vergangenen Tagen bereits durch Rialto gestreift, hatte den Dogenpalast und die Glasbläsereien Muranos besucht und war über die Lidoinsel spaziert. Es war so viel.

»... sehen Sie ein Spätwerk Tizians mit dem Titel ›Pfingsten‹. Tizian Vecellio wurde durch seine Arbeiten mit kraftvollen, leuchtenden Farben bekannt, in denen er große Tafelbilder ...«

Irene blinzelte. Sie spürte einen leichten Schwindel.

Vielleicht eine Lebensmittelvergiftung, dachte sie. Oder lag es an dem Weihrauchduft, den sie noch nie vertragen hatte.

Sie fiel zurück. Das taubenblaue Kostüm eilte voraus in Richtung Altar, die Stimme der Reiseleiterin entfernte sich. Irene Altmann blieb stehen. Sie fröstelte.

1. Kapitel

Spärliches Licht fiel durch die halb offenen Portale und Oberlichter. Der Himmel war von dichten Wolken bedeckt. Sie stützte sich an einem der mächtigen Pfeiler ab. Sie benötigte frische Luft. Ja, das war es.

Eine Bewegung im Augenwinkel ließ sie herumfahren. Ein Mann hatte die Kirche betreten. Das hieß, sie glaubte, dass es ein Mann war. Der Fremde trug ein weites Gewand, einer Kutte ähnlich, und einen seltsam geformten Hut. Einen Dreispitz. Mit seinem Gesicht stimmte etwas nicht. Es musste sich um eine Maske handeln. Es gab doch keinen Menschen, der so ein Gesicht hatte!

War er einer der Maskenträger, die nicht mehr nur im Karneval die Stadt bevölkerten, sondern inzwischen das ganze Jahr über zu sehen waren?

Sie musste es herausfinden.

Der Fremde durchquerte zielstrebig, aber ohne Hast den Innenraum der Kirche. Sein Ziel waren die Beichtstühle im Zwielicht des Chors. Irene folgte ihm und verlor dabei die Reisegruppe aus den Augen. Auch den Hauptaltar konnte sie von hier aus nicht mehr sehen, sonst wäre ihr aufgefallen, dass sich die marmorne Skulpturengruppe darüber verändert hatte. Der Titel »Die vor der Madonna fliehende Pest« wurde ihr nicht länger gerecht, denn Gestik und Mimik der Figuren ließen sich plötzlich so interpretieren, als sei es die Mutter Gottes, die ihrerseits voller Entsetzen vor dem Schwarzen Tod die Flucht ergriff.

Der Mann verschwand lautlos hinter dem Vorhang des Beichtstuhls.

Ein Priester!

Ohne dass sie begriff, was sie tat, betrat Irene die andere Kabine. In dem Moment, da sich der Vorhang hinter ihr schloss, war es, als würden alle Geräusche der äußeren Welt ausgesperrt. Die Stimme der Reiseleiterin, die bis eben wie ein entferntes Echo durch das Hauptschiff gehallt hatte, war nun verschwunden. Es war dunkel.

Irene blickte auf den Durchlass zur anderen Kabine, in die der seltsame Priester geschlüpft war. Es überrascht sie, dass er nicht vergittert war. Durch das offene Viereck konnte sie in die andere Kabine blicken.

Sie erschrak.

Der Priester blickte sie an, als hätte er darauf gewartet, dass sie den Beichtstuhl betrat. Er trug tatsächlich eine Maske. Sie war dem Schnabel eines Vogels nachempfunden und verdeckte das komplette Gesicht. Nur seine Augen blitzten durch die Aussparungen. Sie waren schwarz. Pechschwarz.

Ein Detail, das ihr vorher entgangen war, war der Stab, den der Mann in seiner Rechten hielt. Noch bevor sie reagieren konnte, hob er den Stab und schob ihn durch das Viereck. Irene spürte die Berührung an der Schulter. Es traf sie wie ein elektrischer Schlag.

Die Schmerzen waren unerträglich.

Sie schrie.

Doch weil im selben Moment die Glocken von Santa Maria della Salute die elfte Stunde schlugen, gab es niemanden, der sie hörte.

Tonio blickte sich um, bevor er die Haustür aufschloss. Es war niemand zu sehen. Er kam sich wie ein Dieb vor, als er sein eigenes Haus betrat, aber für diese Vorsicht gab es schließlich einen Grund.

Tonio rief sich zur Ordnung. Er sah inzwischen bereits Gespenster. Er war allein. Niemand beobachtete ihn.

Auf der Treppe nach oben lauschte er abermals auf Geräusche. In den Schlafzimmern war es still. Seine beiden Söhne Luca und Barnabas schienen bereits zu schlafen. Sie waren jung und gingen früh ins Bett, und ihr Schlaf war ausgezeichnet. Natürlich, denn sie wussten ja nichts von den monatlichen Geheimtreffen, zu denen Tonio sich mittlerweile nur noch äußerst widerwillig begab. Aber ihm blieb nichts anderes übrig. Wer sich erst einmal dem Geheimbund der Maschera Nera angeschlossen hatte, für den gab es kein Zurück mehr. Er hatte den Vertrag schließlich mit seinem eigenen schwarzen Blut unterschrieben, und er zweifelte nicht daran, dass die Maschera Nera ihn an diese Verpflichtung erinnern würde, sobald er sich abtrünnig zeigte.

Falls sie ihm dann überhaupt noch die Gelegenheit geben würde, sich zu erinnern ...

Tonio spürte, wie ihm der Schweiß über die Stirn rann, während er die Stufen hinaufstieg. Der Druck, der auf ihm lastete, überforderte ihn. Er war ein unwichtiges Mitglied der Schwarzen Familie, ein Dämon nahezu ohne magische Fähigkeiten, der in den Augen der meisten anderen Dämonen nicht mehr wert war als ein Ghoul. Seine Sippe besaß keinerlei politischen Einfluss – und in seinen geheimsten Träumen hatte er gehofft, dass genau dies sich durch die Mitgliedschaft bei der Maschera Nera ändern würde. Was hatte man ihm nicht alles versprochen, wenn erst einmal der Grund allen Übels beseitigt wäre! Macht, Ruhm und Reichtum ...

Aber die Zeit verging, und der Grund allen Übels war immer noch da.

Asmodi.

Das Oberhaupt der Schwarzen Familie.

Die Maschera Nera hatte sich dem Ziel verpflichtet, den Fürsten der Finsternis von seinem Posten zu entfernen, ihn durch eine Revolution aus dem Amt zu fegen. Und sie besaß Verbündete weltweit. Tonio hatte etwas von einem Zusammenschluss verschiedener Mitglieder der Schwarzen Familie flüstern hören. Eine weltumspannende Gruppierung, von der die Maschera Nera wiederum nur ein kleiner Teil war. Diese Gruppierung von Revolutionsdienern war umsichtig genug, der eigenen Bewegung keinen Namen zu geben. Deshalb nannte man sie nur die »Oppositionsdämonen«.

Einst war Tonio stolz gewesen, zu ihnen zu gehören, doch inzwischen wuchs seine Ungeduld. Und seine Angst. Noch hatten die Oppositionsdämonen und die Maschera Nera keine Leistung von ihm eingefordert. Er zweifelte inzwischen offen daran, dass sie ihr Ziel überhaupt ernsthaft und mit aller Konsequenz verfolgte, und diesem Zweifel hatte er vor zwei Wochen auf einer schwarzen Messe Luft gemacht. Inzwischen bereute er seine Worte, die von allen umstehenden Dämonen gehört worden waren. Natürlich hatte er die Maschera Nera nicht wörtlich genannt, aber in den Blicken der anderen las er, dass sie verstanden hatten, wovon er sprach.

Und er las Missfallen über seine Äußerung.

Seitdem fühlte er sich beobachtet.

Vor einigen Tagen dann hatte er vom Tod Belios Di Avolos erfahren. Die Di Avolos waren eine alte venezianische Sippe ohne besondere Stellung innerhalb der Schwarzen Familie. Früher einmal mochten sie Macht besessen haben, aber inzwischen lebten nur noch der alte Belios und sein nichtsnutziger Sohn Rufo, der allerdings vom Vater verstoßen worden war und in einer Maskenwerkstatt in der Stadt Bautta-Masken für die Dämonen fertigte. Lächerlich. Wären die Di Avolos nicht über drei Ecken mit dem mächtigen Zamis-Clan in Wien verwandt gewesen, hätte sich bestimmt längst irgendein missgünstiger Vampir oder Werwolf ihren heruntergekommenen Palazzo angeeignet.

Aber genau diese Verbindung zu den Zamis war es, die Tonio nachdenklich machte. Es war ein offenes Geheimnis, dass die Zamis mit Asmodi auf Kriegsfuß standen. Sie hatten ihn schon öfter herausgefordert, und wahrscheinlich besaßen sie auch gute Kontakte zu den Oppositionsdämonen. Coco Zamis, die Tochter des Sippenoberhauptes, war vor ein paar Tagen im Palazzo Belios Di Avolos aufgetaucht – doch auch sie hatte nicht verhindern können, dass der alte Zausel auf San Michele von unbekannten, maskierten Männern erledigt worden war.

Von unbekannten, maskierten Männern.

Es sah aus, als würden die Führer der Maschera Nera die Kontrolle verlieren. Griffen sie mittlerweile ihre eigenen Leute an?

Oder waren die Zamis nicht mit den Oppositionsdämonen im Bunde? War Belios Di Avolo überhaupt in die Pläne des Zamis-Clans eingeweiht gewesen?

Für Tonio ergaben die Ereignisse keinen Sinn – er verstand nur, dass die Zeiten noch gefährlicher geworden waren. Die Maschera Nera mordete gnadenlos. Wie würde sie mit ihm umgehen, wenn sie herausfand, dass er mit ihrem Wirken unzufrieden war?

Tonio stand noch immer auf der Treppe und lauschte in die Stille des Hauses. Sie erschien ihm plötzlich nicht mehr friedlich, sondern unheimlich. Es war zu ruhig. Unnatürlich ruhig.

Hatte Loredana mit den Kindern das Haus verlassen?

Ihm fiel nun auch der Geruch auf. Süßlich. Faulig. Wahrscheinlich war der Kanal wieder einmal verstopft. Das geschah immer häufiger. Manchmal steckte eine Ratte in einem der Abwasserrohre und verpestete die Luft.

Tonio erreichte das Obergeschoss, öffnete die Tür zum Schlafzimmer. Was er sah, ließ ihn erstarren. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Loredana war tot!

Seltsam unbeteiligt registrierte er die Einzelheiten: Seine Frau lag auf dem Bett, der Hals in seltsamem Winkel verdreht. Ihre Augen starrten blicklos an die Decke. Ihr Körper war unbekleidet und auf furchtbare Weise entstellt. Nicht etwa durch Schnitt- oder Platzwunden, die von Schlägen herrührten. Es handelte sich auch nicht um Verbrennungen. Sondern es war viel schlimmer. Zweifellos war sie unter der Einwirkung von Magie gestorben.

Verendet, korrigierte Tonio sich. Sie ist jämmerlich verreckt.

Hühnereigroße Geschwüre bedeckten ihren Leib. Teilweise waren die violett-schwarzen Beulen aufgeplatzt und hatten ein eitriges Sekret freigesetzt. Deshalb auch der durchdringende Geruch, den Tonio schon im Korridor wahrgenommen hatte!

Ihm wurde schlecht. Er besaß nur schwache magische Kräfte, konnte höchstens den Hauch einer fremden magischen Aura wahrnehmen, die das Zimmer ausfüllte – was bedeutete, dass diese Aura geradezu übermächtig sein musste!

Seine Fähigkeiten zu stärken, seine Position in der Schwarzen Familie zu verbessern – das hatte ihm die Maschera Nera versprochen.

Und nichts davon gehalten!

Der Aussicht auf Macht hatte er nicht widerstanden und sich ihnen angeschlossen. Ein Fehler, den er nun bitter bereute.

Loredana war tot, doch vielleicht war er noch nicht zu spät gekommen, um die Kinder zu retten! Er löste sich aus seiner Erstarrung, stolperte über den Flur und öffnete die Tür zum Kinderzimmer. Im Laufen verwandelte er sich. Seine Eckzähne wuchsen, seine Augen fielen in die Höhlen zurück. In ihnen glühten nun Angriffslust und Blutdurst. Er war ein Vampir – ein Vampir allerdings, dessen Anblick keinen Dämon der Schwarzen Familie in Schrecken versetzt hätte. Er konnte seine Vampirgestalt nicht einmal über längere Zeit aufrechterhalten. Er riss nur kleine Kinder, weil er zu schwach war, um sich an Erwachsenen zu vergreifen ...

Auf der Schwelle zum Kinderzimmer verharrte er.

Blieb wie angewurzelt stehen.

Vor den Betten stand eine vermummte Gestalt. Sie trug ein schlichtes braunes Gewand, eine Kutte. Das Gesicht wurde von einer Bautta-Maske verdeckt. Schon glaubte er, ein Mitglied der Maschera Nera vor sich zu haben, aber da lüftete die Gestalt die Schnabelmaske ...

Tonios Atem stockte.

Dahinter kam kein Gesicht zum Vorschein, sondern eine weiße Fläche, in der die Augen wie zwei schwarze Kohlen glühten.

Jetzt wusste er, wer der Fremde war.

Und er kannte auch das Gewand, das der Eindringling trug. Er hatte es auf vielen historischen Zeichnungen gesehen. Es war die traditionelle Kleidung eines Pestdoktors. Jetzt sah Tonio auch den langen, dünnen Holzstab in der rechten des Fremden. Mit diesen Stäben hatten die Pestdoktoren im Mittelalter die Bettdecke der Krankenbetten gelupft, um einen Kranken zu begutachten, ohne ihm gleichzeitig zu nahe zu treten.

Die Pest ...

Jetzt verstand er auch, was die schwarzen Beulen auf der Haut seiner Frau bedeuteten.

Tonio sah an der Kuttengestalt vorbei auf seine Kinder. Sie lagen nackt im Bett. Sie waren ebenfalls tot, und ihre Haut von Pestbeulen überzogen.

Schlagartig wurde Tonio klar, dass dieser Pestdoktor nicht gekommen war, um zu heilen.

Er brachte den Tod.

Ich schrak aus unruhigem Schlaf.

Die Stimme hallte in meinem Kopf nach. Wie ein Glockenschlag, der allmählich im Äther verebbte.

Ich wusste, wer nach mir rief. Das Flüstern war mir nur zu gut bekannt. Es kam aus dem Schwarzen Spiegel, der unten im großen Speisesaal hing. Filippo war darin gebannt worden – durch Asmodi, den Fürsten der Finsternis, wie ich kürzlich erfahren hatte. Filippo tat mir weder leid, noch verschwendete ich auch nur einen Gedanken daran, ihn zu befreien.