Das Haus Zamis 70 - Logan Dee - E-Book

Das Haus Zamis 70 E-Book

Logan Dee

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Beschreibung

»Georg!«
Obwohl sein Name wieder und wieder erklang, war es so leise, dass es nur für seine Ohren bestimmt war. Und dennoch wusste er, dass er träumen musste. Niemand konnte ahnen, dass er hier unten im Verlies dahinvegetierte. Wer also sollte nach ihm rufen? Er kannte die Stimme. Sie gehörte Mischa. Nein, das konnte nicht sein! Mischa war weit fort!

Während Georg in der Vergangenheit dem geheimnisvollen Grafen Nocturno begegnet, forscht Coco weiterhin nach dem Verbleib ihrer Mutter - mit Asmodi als unverhofftem Verbündeten an ihrer Seite!
Die Schwarze Eminenz schart unterdessen ihre Anhänger um sich und schwört sie auf den kommenden Krieg ein. Dabei manifestiert der Dämon jedes Mal ein riesiges Tor, das mit Dunkelheit gefüllt ist. Er nennt es das Tor der Nacht. Bald, so verkündet er, wird ewige Nacht über die Erde kommen und die Dämonen sich als deren wahre Herrscher ausrufen!


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Seitenzahl: 127

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DAS TOR ZUR NACHT

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Kurz darauf findet sie sich jedoch in einer Vision in Wien wieder und steht ihrer versteinerten Familie gegenüber. Nach und nach gewinnt sie ihre Erinnerung zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Daraus erfährt sie, dass er zuvor über Jahre hinweg seinen Halbbruder Rasputin bekämpft hat. Mit Hilfe der Vita gelingt es Coco, Gorgons Bann zu brechen und Wien zu retten.

In der Folge baut Michael Zamis seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen aus, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese. Es kommt zum Bruch mit den Oppositionsdämonen, die Coco ungefragt ein »Permit« verpassen – ein magisches Tattoo in Form eines zweiköpfigen Adlers. Einst werde ihr dieses Permit Schutz gewähren ... Coco und auch ihr Bruder Georg wollen sich nicht länger instrumentalisieren lassen, doch selbst auf Sylt, wo Georg seine grausamen »Lehrjahre« verbringen musste, stoßen sie auf Anhänger der Oppositionsdämonen. Ohne ihre Familie zu informieren, reist Thekla Zamis unterdessen nach Istanbul. In Asmodis Auftrag soll sie dort den Kontakt zu den Oppositionellen herstellen. Seitdem jedoch ist sie verschwunden. Michael Zamis tröstet sich derweil mit seiner totgeglaubten Geliebten Traudel Medusa.

Im Jahr 1939 bestreitet Georg die erste Etappe seiner »Grand Tour«. Er wird von seinem Vater zunächst nach Asmoda geschickt, zu der Gräfin Anasthasia von Lethian ...

DAS TOR ZUR NACHT

von Logan Dee

Asmoda, 1939

Da war es wieder! Er vernahm das leise Rufen bis hinein in seinen Schlaf. Unruhig wälzte er sich auf der schäbigen, verlausten Matratze hin und her. Nein, er wollte nicht, er wollte einfach nur schlafen! Das Rufen hörte nicht auf, wurde drängender, ungeduldiger.

»Georg!«

Obwohl sein Name wieder und wieder erklang, war es so leise, dass es nur für seine Ohren bestimmt war. Und dennoch wusste er, dass er träumen musste.

Niemand konnte ahnen, dass er hier unten im Verlies dahinvegetierte. Wer also sollte nach ihm rufen?

Er kannte die Stimme. Sie gehörte Mischa.

Nein, das konnte nicht sein!

Mischa war weit fort!

Georg hielt sich die Ohren zu. Er wollte mit dem Menschenpack nichts mehr zu tun haben!

1. Kapitel

Wann immer er sich in seinem bisherigen Leben mit Menschen eingelassen hatte, war dies mit leidvollen oder zumindest schmerzhaften Erfahrungen verbunden gewesen.

Seit Tagen schon dämmerte er in diesem Loch dahin. Er hatte keine Lust mehr, den Sündenbock zu spielen. Er sehnte den Zeitpunkt herbei, an dem die Gräfin die Tür öffnen ließ und ihm seine Freiheit wiedergeben würde. Er hatte bereut. Er war geläutert.

»Georg!«

»Halt deine verdammte Schnauze!«, brüllte er. Er sollte ihn in Ruhe lassen! Sie alle dort draußen sollten ihn endlich in Ruhe lassen!

»Der Jahrmarkt, Georg! Der Jahrmarkt ist in der Stadt!«

Er konnte nicht verstehen, dass Mischa dafür Freude empfinden konnte. Nicht nach dem, was alles geschehen war. Und erst recht verstand er nicht, warum Mischa nicht auf seinen Rat gehört hatte. Wusste er denn noch immer nicht, was hier abgelaufen war?

Er musste nur kurz überlegen. Nein, ein Jahrmarkt interessierte ihn nicht. Nicht im Geringsten. Außerdem sah er keine Chance, hier herauszukommen.

Dennoch war er nun vollends munter. Er richtete sich auf und erhob sich von seiner Matratze.

Er spürte, dass er leicht schwankte. Obwohl er nicht viel benötigte, machte sich der Nahrungs- und Flüssigkeitsverlust allmählich bemerkbar.

Vielleicht hörte er auch deshalb Mischas Stimme. Er sah sich in der Zelle um. Vor seinen Augen flimmerte es leicht. Dort, wo die Wände nicht so ganz rechtwinklig zusammenstießen, wie sie es eigentlich sollten, glaubte er einen hoch aufgerichteten Schatten wahrzunehmen. Als er die Augen zusammenkniff und erneut hinschaute, war der Schatten verschwunden.

Georg richtete den Kopf nach oben. Dort befand sich das einzige Fenster zur Zelle. Es war vergittert. Hinter den Stäben erkannte er ein Gesicht. Es sah aus wie eine bleiche eindimensionale Scheibe. Dennoch war es eindeutig Mischa.

Zugleich wurde ihm wieder bewusst, weshalb er im Kerker saß. Während er seine Strafe im eiskalten Schlosskeller absaß, hatte er mehr als einmal sein Handeln bereut. Ein Teil von ihm war allerdings auch stolz darauf, dass er – ein kleinwüchsiges Kind – die beiden gefährlichen Kreaturen nur durch die Kraft seines Verstandes besiegt hatte.

Dass er trotz seines Ungehorsams keineswegs dumm war oder unüberlegt gehandelt hatte, würde nach einigen Wochen auch die Gräfin einsehen und ihn wieder herauslassen. Vielleicht würde sie ihm auch noch einiges über den Umgang mit Blutrosen beibringen.

Zum Glück waren nicht alle Gewächse verendet. Dennoch würde der pflanzliche Schutzwall Jahrzehnte brauchen, um seine alte Stärke zurückzugewinnen. Wenn überhaupt. Jedenfalls war die Gräfin mehr als sauer gewesen.

Denn unbeabsichtigt hatte er mit dem Tod der Rosen leider auch Gräfin von Lethians Pläne zur magischen Instandsetzung ihres Schlosses gründlich ruiniert. Im Grunde war er mit seiner Strafe noch glimpflich davongekommen. Sie hätte ihn auch töten können.

»Was willst du von mir?«, knurrte Georg, nachdem sein erster verzweifelter Wutanfall verraucht war.

»Der Jahrmarkt ist in der Stadt!«, wiederholte Mischa. Seine Stimme klang nicht erregt, sondern seltsam emotionslos.

»Ich scheiß auf deinen Jahrmarkt! Warum hast du nicht auf meinen Rat gehört und den erstbesten Zug genommen?«

»Sie haben dort auch eine Freakshow«, redete Mischa weiter. »Ich habe es selbst gesehen. Als sie die Zelte aufbauten, habe ich mich im Schatten versteckt und sie beobachtet.«

Irgendetwas erweckte daran sein Interesse.

»Freakshow? Na ja, aber das kennt man: eine Dame mit Bart, einen Zwerg, einen Riesen ... im besten Fall Siamesische Zwillinge.«

»Nein, nein«, beharrte Mischa. »Ich rede von echten Freaks!«

Georg stutzte. Was wusste Mischa schon von Freaks? Er konnte nicht ahnen, dass als Freaks diejenigen Dämonen bezeichnet wurden, die von der Schwarzen Sippe verstoßen wurden. Es hieß, nur Asmodi, der Fürst der Finsternis, könne Dämonen in Freaks verwandeln. Aber genau wusste er das nicht. Bestimmt war sein Vater genauso mächtig.

»Es waren keine echten Freaks!«, widersprach Georg.

»Die Gestalten sahen aus wie in einem Albtraum!«, fuhr Mischa fort. »Manche haben kein Gesicht, andere haben dafür mehrere Köpfe.«

Georg horchte auf. Das hörte sich in der Tat nicht nach einer gewöhnlichen Freakshow an.

»Aber eine der Freaks ist etwas ganz Besonderes.« Mischa kicherte. Das erste Mal, dass seine emotionslose Stimme so etwas wie Begeisterung ausdrückte.

»Eine?« horchte Georg auf.

»Lass dich überraschen«, spannte Mischa ihn auf die Folter.

Was meinte er damit? Das alles klang nicht wie der Mischa, den er kannte. Abermals schaute er nun in dessen bleiches Gesicht, das wie ein Mond hinter den Gitterstäben schwebte. War er etwa auch zum Wiedergänger geworden?

»So oder so ist es egal«, resignierte Georg. »Ich komme hier nicht raus. Vielleicht muss ich ja nur noch ein paar Tage hier unten schmoren und habe Glück, dass dann die Freakshow noch nicht weitergezogen ist.« Ihm wurde bewusst, dass er unfreiwillig Feuer gefangen hatte. Seine guten Vorsätze, sich bessern und nichts mehr mit den Menschen zu tun haben zu wollen, waren erstaunlich schnell über Bord geworfen. Er wunderte sich über sich selbst.

Und noch immer spürte er, dass er nicht vollends Herr seiner Sinne war – so als hätte er den Schlaf noch immer nicht ganz abgeschüttelt. Die Mauern um ihn herum schienen zu vibrieren, so als würden sie ein- und ausatmen. Erneut zeigte sich der Schatten, doch tauchte er nur im Augenwinkel auf. Immer wenn Georg versuchte, ihn mit seinen Blicken zu stellen, war er verschwunden. Der Boden schwankte unter seinen Füßen.

Nein, alles in allem war er nicht gerade gut drauf.

Von oben kam ein trockenes Lachen. »Hast du mir nicht erzählt, was du alles kannst? Was hindert dich daran, die Gitter zu sprengen? Zeig der Gräfin, dass du dein eigener Herr bist!«

Da war etwas Wahres dran! Welches Recht nahm sich die Gräfin heraus, ihn zu bestrafen? Etwas bäumte sich in ihm auf, rebellierte, trieb den Stachel, mit dem Mischa ihn gelockt, noch weiter in sein Fleisch.

»Es ist ja nur für ein paar Stunden«, fuhr Mischa lockend fort. »Nachher kannst du dich wieder hier verkriechen. Die Gräfin wird sowieso nichts davon mitbekommen.«

Abermals sah Georg zum Fenster hoch. Es bestand aus einem Loch in der Mauer, gut zweieinhalb Meter über dem Boden. Selbst mit einem guten Sprung würden seine Hände es niemals erreichen.

Sein Blick wanderte zur Matratze. Wenn er sie schräg gegen die Wand stellte ...

Es war nur eine Idee, aber in seinem Kopf formte sich so etwas wie ein vager Plan. Ohne weiter auf Mischas drängendes Flüstern einzugehen, hievte er die Matratze unter das Fenster und stellte sie schräg gegen die Wand. Obwohl er winzig war und nicht viel wog, knickte sie erwartungsgemäß ein, als er an ihr hochklettern wollte.

Er setzte seinen Willen ein, nein, er setzte seine Macht ein, und er spürte, wie sich die Matratze unter ihm zu versteifen begann. Wie bei einem Fakir, der es fertigbrachte, ein Seil in der Luft erstarren zu lassen. Unwillkürlich huschte ein triumphierendes Lächeln über sein Gesicht. Natürlich kannte er den uralten indischen Seilzauber, bei dem der Fakir an dem Seil hochkletterte, bis er sich in Luft auflöste. Einfach unsichtbar wurde. Er würde die Matratze hochklettern und verschwinden. Fort aus diesem Drecksloch.

Die Luft um ihn herum wurde kälter, eiskalt, während sich in seinem Bauch gleichzeitig eine angenehme Wärme bemerkbar machte.

Langsam, Schritt für Schritt, erklomm er die Matratze, die nun steif wie ein Brett war. Als er ihr Ende erreicht hatte, war das Fenster für ihn nur einen Katzensprung entfernt. Von Mischa war nichts mehr zu sehen, aber das störte ihn nicht.

Er zog sich an dem Fenstersims hoch und ergriff die Gitterstäbe. Sie waren kein Hindernis für ihn. Fast schmerzlos glitten sie durch seinen schmächtigen Körper, während er sich durch die schmale Öffnung presste.

Unsanft landete er auf der anderen Seite auf dem Boden.

Aber er war frei!

Nichts konnte ihn halten! Noch nicht einmal Mauern und Gitter! Das Triumphgefühl in ihm wuchs an. Welch eine Nacht! Und er war bereit, noch einiges zu erleben.

Er schaute sich nach Mischa um. Sein Freund stand ein wenig abseits. Er schien über das Kunststück nicht überrascht, im Gegenteil, sein Blick war ausdruckslos.

»Wir müssen uns sputen«, drängte er nun zur Eile. »Ehe die Gräfin die Häscher auf uns hetzt!«

Was wusste Mischa schon von der Gräfin! Georg winkte lässig ab. »Sie kann uns nichts«, antwortete er, wohl wissend, dass dies nicht stimmte. Aber er fühlte sich so herrlich frei wie schon lange nicht mehr. Was interessierte ihn da die Gräfin? Ein letztes Mal schaute er zurück. Hoch oben war ein einziges Fenster erleuchtet. Wahrscheinlich saß sie dort in ihrer Kammer und dachte sich weitere Bosheiten aus.

Mischa war vorangelaufen. Georg hastete ihm nach. Sie rannten den Berg hinunter ins Dorf, das aus der Höhe wie ein schwarzer Maulwurfshaufen wirkte. Der Weg war schmal und steil, und mehr als einmal strauchelte Georg. Nicht jedoch Mischa, der über jeden Stein, jede Unebenheit sprang, als würde er den Weg wie seine Westentasche kennen. Ja, das war der alte Mischa, der so viel schneller und flinker war als er.

Georg schloss zu ihm auf. Hechelnd rief er ihm ein paar Fragen zu. Er wollte mehr über die Freaks wissen, vor allem über die eine! Mischa schwieg eisern.

Endlich hatten sie Asmoda erreicht. Schwer atmend verharrten sie für ein paar Momente. Georg spürte die Seitenstiche, so schnell waren sie gerannt. Ein letztes Mal noch schaute er zurück zum Schloss, das hoch oben mit seinen Türmen und Erkern wie eine gen Himmel gestreckte, verkrüppelte Krallenhand wirkte. Selbst aus der Entfernung war noch immer das beleuchtete Zimmer der Gräfin zu sehen. Es schimmerte wie ein einzelner, weit im Weltenraum liegender Fixstern.

Georg wandte den Blick ab. »Wohin jetzt?«, fragte er ungeduldig.

»Komm!«, flüsterte Mischa und flitzte bereits weiter. Allmählich ging Georg die Puste aus. Außerdem wunderte es ihn, dass Mischa keine Anzeichen von Erschöpfung zeigte. Immerhin war der nur ein Mensch. Er hatte das Gefühl, als würde mit jedem weiteren Schritt mehr Kraft aus ihm herausgezogen.

Asmoda lag in tiefer Nacht. Der Marktplatz und die engen, verwinkelten Gassen waren menschenleer. Hohl hallten die Schritte der beiden Jungen auf dem Kopfsteinpflaster.

Mischa führte ihn genau ans andere Ende des Dorfes, dort, wo sich der Hexenplatz befand. Er hatte keine Ahnung, warum die Dorfbewohner ihn so nannten. Vielleicht hatten sie früher hier ihre Hexen verbrannt, wer wusste das schon zu sagen. Es war eine kreisrunde Fläche, auf der gerade mal ein paar Grashalme wuchsen. Dahinter schlängelte sich der Pfad in tiefe Wälder hinein.

Im Gegensatz zu sonst war der Hexenplatz nicht leer. Am Rande des Platzes standen ein Dutzend Wohnwagen. Mindestens ebenso viele Männer waren damit beschäftigt, bunt bemalte Zelte und Holzbuden zu errichten. Es geschah nahezu lautlos.

Mischa war im Schutz des letzten Hauses stehen geblieben. Georg verharrte an seiner Seite.

»Ich sehe keine Freaks«, sagte er enttäuscht.

»Ich habe sie gesehen«, widersprach Mischa. Er wies zu einem der Zelte. Als einziges war es bereits aufgebaut. »Dort drinnen erwartet sie dich.«

»Mich?« Plötzlich ahnte Georg, dass Mischa ihn nicht zufällig aufgesucht hatte. Oder aus alter Freundschaft. Er hatte einen Auftrag erhalten. Den Auftrag, ihn hierherzulocken.

Mischa grinste auf eine Art, die Georg nicht gefiel. So kannte er Mischa nicht. So – selbstbewusst. Ihm lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter. »Wenn du mir irgendwas verschwiegen hast, dann wirst du es büßen!«, warnte er, aber Mischa beschwichtigte ihn.

»Geh schon! Du wirst es nicht bereuen!«

Georg betrachtete abermals das Zelt. Es war fantasievoll bemalt – mit Teufeln, Ungeheuern und unheimlichen Gestalten. Sie alle stießen mit spitzen Nadeln auf ein halb nacktes Mädchen ein.