Shopaholic & Baby - Sophie Kinsella - E-Book
SONDERANGEBOT

Shopaholic & Baby E-Book

Sophie Kinsella

0,0
6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nachwuchs für die Schnäppchenjägerin!

Rebecca Bloomwood, verheiratete Brandon, schwebt im siebten Himmel. Sie und ihr Mann Luke erwarten ihr erstes Kind, und natürlich soll für den Nachwuchs alles perfekt vorbereitet sein. Strampelanzüge, Kinderwagen, Spielzeug – Rebecca ist im Kaufrausch. Doch ihr Glück wird getrübt, als sie erfährt, dass ihre höchst attraktive Geburtshelferin Venetia eine Exfreundin von Luke ist. Und die scheint wild entschlossen, ihr den Mann auszuspannen. Als Rebecca dann auch noch herausfindet, dass Luke Geheimnisse vor ihr hat, ist sie überzeugt: Er und Venetia haben eine Affäre …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 559

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Rebecca Bloomwood, verheiratete Brandon, schwebt im siebten Himmel: Sie und ihr Mann Luke erwarten ihr erstes Kind. Obwohl sich Rebecca eigentlich mit Luke einig war, dass sie vor der Geburt nicht wissen wollten, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, treibt sie die Neugier um. Wie kann man nach Namen suchen oder den richtigen Strampelanzug kaufen, wenn man völlig ahnungslos ist? Zumindest für das Shopping-Problem gibt es eine Lösung: Man kauft vorsichtshalber einfach alles. Schon bald türmen sich zu Hause die Strampelanzüge, Babydecken, Plüschtiere und Kinderwagen. Doch Rebeccas Vorfreude auf den Nachwuchs wird schon bald getrübt: Ausgerechnet ihre Geburtshelferin, die äußerst attraktive Venetia, entpuppt sich als ehemalige Freundin von Luke aus gemeinsamen Studientagen. Anfangs lässt sich Rebecca davon nicht irritieren, doch schon bald hat die Eifersucht sie fest im Griff. Zumal Luke offenbar etwas zu verbergen hat – womöglich eine Affäre mit der glamourösen Venetia …

Weitere Informationen zu Sophie Kinsella sowie zu lieferbaren Titeln der Autorin finden Sie am Ende des Buches.

Sophie Kinsella

Shopaholic & Baby

Roman

Aus dem Englischen von Isabel Bogdan und Monika Scheele Knight

Die englische Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel »Shopaholic & Baby« bei Bantam Press, London. Erstmals auf Deutsch erschienen 2007 unter dem Titel »Prada, Pumps und Babypuder«. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Neuausgabe Juli 2022

Copyright © der Originalausgabe 2007 by Sophie Kinsella

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007

by Goldmann Verlag, ein Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: FAVORITBÜRO, München

Redaktion: Martina Klüver

MR · Herstellung: ik

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-28307-0V003www.goldmann-verlag.de

Für Oscar

KENNETH PRENDERGAST

Prendergast de Witt Connell

Financial Advisers

Forward House394 High Holborn London WC1V 7EX

Mrs R. Brandon

37 Maida Vale Mansions

Maida Vale

London NW6 0YF

30. Juli 2003

Sehr geehrte Mrs Brandon,

es hat mich sehr gefreut, Sie und Ihren Mann kennenzulernen, und ich stehe Ihnen in Zukunft sehr gern als Finanzberater zur Seite.

Wie besprochen leite ich alles in die Wege und eröffne zunächst ein Treuhandkonto für Ihr Kind. Bei Gelegenheit können wir dann über weitere Anlagemöglichkeiten auf den Namen des Kindes sprechen.

Ich freue mich darauf, Sie und Ihren Mann in den nächsten Monaten näher kennenzulernen. In der Zwischenzeit stehe ich Ihnen bei Fragen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Kenneth Prendergast

Familien-Finanzberater

KENNETH PRENDERGAST

Prendergast de Witt Connell

Financial Advisers

Forward House394 High Holborn London WC1V 7EX

Mrs R. Brandon

37 Maida Vale Mansions

Maida Vale

London NW6 0YF

1. August 2003

Sehr geehrte Mrs Brandon,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Auch wenn ich selbstverständlich nicht davon ausgehe, dass er genutzt werden wird, habe ich für das Bankkonto Ihres Kindes einen Dispositionskreditrahmen vorgesehen.

Mit freundlichen Grüßen

Kenneth Prendergast

Familien-Finanzberater

KENNETH PRENDERGAST

Prendergast de Witt Connell

Financial Advisers

Forward House394 High Holborn London WC1V 7EX

Mrs R. Brandon

37 Maida Vale Mansions

Maida Vale

London NW6 0YF

7. August 2003

Sehr geehrte Mrs Brandon,

vielen Dank für Ihr Schreiben.

Es fasziniert mich sehr, dass Sie eine »übersinnliche Botschaft« Ihres ungeborenen Kindes empfangen haben. Leider muss ich ihnen jedoch mitteilen, dass Sie den Überziehungskredit zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Anspruch nehmen können, auch wenn »das Baby es so sehr wünscht«.

Mit freundlichen Grüßen

Kenneth Prendergast

Familien-Finanzberater

EINS

Okay. Keine Panik. Keine Panik. Wird schon gutgehen. Natürlich wird es das. Natürlich.

»Wenn Sie jetzt bitte Ihr Oberteil anheben würden, Mrs Brandon?« Die Ultraschall-Assistentin sieht freundlich und professionell auf mich herunter: »Ich verteile jetzt etwas Gel auf Ihrem Bauch, und dann beginnen wir auch schon mit dem Ultraschall.«

»Klar«, sage ich, ohne mich zu rühren. »Die Sache ist nur die: Ich bin ein kleines bisschen … nervös.«

Ich liege auf einem Bett im Krankenhaus Chelsea & Westminster und bin total angespannt. Gleich werden Luke und ich das erste Mal unser Baby sehen, ich meine, so richtig sehen, seit es beim ersten Ultraschall ganz am Anfang nur ein kleiner Punkt war. Ich kann das alles immer noch nicht glauben. Im Grunde habe ich noch gar nicht richtig kapiert, dass ich schwanger bin. Neunzehn Wochen noch, und dann bin ich, Rebecca Brandon, geborene Bloomwood, Mutter. Mutter!

Luke ist übrigens mein Mann. Wir sind jetzt ein gutes Jahr verheiratet, und unser Baby ist ein hundertprozentiges Flitterwochen-Kind. Wir sind in den Flitterwochen quer durch die Weltgeschichte gereist, und ich habe ausgerechnet, dass wir das Kind in dieser tollen Ferienanlage namens Unawatuna auf Sri Lanka gezeugt haben müssen, wo jede Menge Orchideen und Bambus wuchsen und wir eine herrliche Aussicht hatten.

Unawatuna Brandon.

Miss Unawatuna Orchidee Bambus Brandon.

Mmh, ich weiß nicht, was Mum dazu sagen würde.

»Meine Frau hatte zu Beginn der Schwangerschaft einen kleinen Unfall«, erklärt Luke, der neben dem Bett auf einem Stuhl sitzt. »Deshalb macht sie sich ein bisschen Sorgen.«

Er drückt mir die Hand, und ich drücke seine. In meinem Schwangerschaftsbuch, Neun Monate Ihres Lebens, steht, man soll den Partner an allen Aspekten der Schwangerschaft teilhaben lassen, damit er sich nicht ausgeschlossen fühlt. Also beziehe ich Luke ein, wo immer ich kann. Gestern Abend zum Beispiel, da habe ich mir mit ihm zusammen meine neue DVDSchöne Arme in der Schwangerschaft angesehen. Mittendrin fiel ihm plötzlich ein, dass er noch einen wichtigen dienstlichen Anruf erledigen musste. Er hat dann ziemlich viel verpasst – aber Hauptsache, er fühlt sich von mir nicht ausgeschlossen.

»Sie hatten einen Unfall?« Die Assistentin unterbricht ihre Eingaben in den Computer.

»Ich bin einen Berghang runtergerutscht, als ich in einem Sturm nach meiner lange verschollenen Halbschwester gesucht habe«, erkläre ich. »Da wusste ich noch gar nicht, dass ich schwanger bin. Und jetzt habe ich Angst, dass ich dabei das Baby verletzt habe.«

»Aha«, sagt die Assistentin und sieht mich freundlich an. Sie hat ihr grau-braunes Haar zu einem Knoten zusammengebunden, und in dem Knoten steckt ein Bleistift. »Na ja, so ein Baby hält schon was aus. Wir schauen es uns mal an, okay?«

Da ist er. Der Moment, auf den ich seit Wochen warte. Zögernd hebe ich mein Top hoch und betrachte meinen immer runder werdenden Bauch.

»Könnten Sie bitte auch Ihre ganzen Halsketten zur Seite schieben?«, fügt die Assistentin hinzu. »Sie haben da ja eine ganz schöne Kollektion!«

»Das sind alles ganz besondere Anhänger.« Ich fasse die klimpernden Ketten zusammen: »Das hier ist ein aztekisches Mutterschaftssymbol, das ist ein Schwangerschaftskristall, die Klangkugel soll das Kind beruhigen … und das ist ein Geburtsstein.«

»Ein Geburtsstein?«

»Man drückt den Stein auf eine bestimmte Stelle in der Handfläche, und dann hat man keine Wehenschmerzen mehr. Das stammt noch aus alten Maori-Zeiten.«

»Ah-mmh.« Die Assistentin zieht eine Augenbraue hoch und drückt durchsichtigen Glibber auf meinen Bauch. Mit einem leichten Stirnrunzeln legt sie mir den Schallkopf des Ultraschallgeräts auf die Haut, und sofort taucht auf dem Bildschirm ein undeutliches Schwarz-Weiß-Bild auf.

Ich halte die Luft an.

Das ist unser Kind. In mir drin. Ich sehe zu Luke hinüber, der gebannt auf den Bildschirm starrt.

»Hier sind die vier Herzkammern.« Die Assistentin bewegt den Schallkopf über meinen Bauch. »Und hier sehen wir die Schultern.« Sie zeigt auf den Bildschirm. Ich schaue brav hin, kann aber ehrlich gesagt gar keine Schultern erkennen, sondern nur verschwommene Kurven.

»Hier ist ein Arm … eine Hand …«

Totenstille im Raum. Ich kriege Angst. Sie runzelt die Stirn, weil das Baby nur eine Hand hat. Ich wusste es.

Sofort erwacht mein Beschützerinstinkt, und ich verspüre eine große Liebe. Mir steigen Tränen in die Augen. Es ist mir egal, dass unser Kind nur eine Hand hat. Ich werde das Kind trotzdem lieben, genauso. Ich werde es sogar mehr lieben. Luke und ich werden mit dem Baby in der ganzen Welt herumfliegen, um die beste Behandlung zu bekommen, wir werden Geld an die Forschung spenden, und niemand soll es wagen, auch nur einen schiefen Blick auf mein Kind zu werfen.

»Und hier ist die andere Hand«, unterbricht die Assistentin meine Gedanken.

»Andere Hand«, sage ich erstickt. »Es hat zwei Hände?«

»Ähm … ja.« Die Assistentin scheint befremdet. »Hier können Sie sie beide sehen.« Sie zeigt auf den Bildschirm, und zu meinem Erstaunen erkenne ich tatsächlich die kleinen, knochigen Finger. Alle zehn.

»Tut mir leid«, bringe ich hervor und trockne mir mit dem Taschentuch, das sie mir reicht, die Augen. »Ich bin bloß so erleichtert.«

»Soweit ich das sagen kann, sieht alles ganz prima aus«, versichert sie mir. »Und machen Sie sich keine Sorgen, es ist völlig normal in der Schwangerschaft, dass man etwas nah am Wasser gebaut ist. Die Hormone …«

Also echt. Alle reden ständig von den Hormonen. Luke gestern Abend auch – nur, weil ich bei einer Fernsehwerbung mit einem Hundewelpen geweint habe. Dabei bin ich überhaupt nicht hormonell, ich bin vollkommen normal. Es war eben eine besonders traurige Werbung.

»So.« Die Assistentin tippt wieder auf der Computertastatur herum, und aus dem Drucker kommt eine Reihe von schwarz-weißen Bildern. Sie reicht mir ein Bild, auf dem ich ganz deutlich den Umriss des Kopfes erkenne. Eine kleine Nase, einen Mund und alles.

»Ich wäre dann jetzt fertig.« Die Assistentin dreht sich auf ihrem Stuhl wieder zu mir. »Jetzt fragt sich nur noch, ob Sie das Geschlecht Ihres Kindes wissen möchten.«

»Nein, danke«, antwortet Luke lächelnd. »Darüber haben wir schon gesprochen, nicht wahr, Becky? Wir finden, es würde den Zauber der Geburt schmälern, wenn wir es vorher wissen.«

»Gut.« Die Assistentin lächelt zurück. »Wenn Sie das so entschieden haben, dann sage ich nichts.«

Dann sagt sie nichts? Das heißt ja wohl, sie hat schon gesehen, welches Geschlecht das Kind hat! Und sie könnte es uns jetzt sagen!

»Ähm, das hatten wir aber noch nicht wirklich entschieden, oder? Ich meine, noch nicht definitiv?«, sage ich.

»Doch Becky, hatten wir.« Luke wirkt verblüfft. »Weißt du nicht mehr? Wir haben den ganzen Abend über nichts anderes geredet, und wir waren uns einig, dass wir uns lieber bei der Geburt überraschen lassen wollen.«

»Ach ja, stimmt.« Ich kann meine Augen nicht von den verschwommenen Umrissen des Babys lösen. »Aber wir könnten uns ja auch jetzt überraschen lassen! Das wäre doch genauso zauberhaft!«

Okay, vielleicht nicht ganz. Aber möchte er es nicht auch unbedingt wissen?

»Möchtest du das wirklich?« Ich sehe einen Anflug von Enttäuschung in Lukes Gesicht. »Möchtest du es jetzt schon wissen?«

»Na ja«, zögere ich. »Nicht, wenn du es nicht auch willst.«

Ich möchte Luke auf keinen Fall verletzen. Er war die ganze Schwangerschaft über so süß und liebevoll. In letzter Zeit hatte ich oft Heißhunger auf Dinge in den verrücktesten Kombinationen. Kürzlich zum Beispiel auf Ananas und einen pinkfarbenen Cardigan. Luke hat mich sofort in die entsprechenden Geschäfte gefahren, um beides zu kaufen.

Er will gerade etwas sagen, als sein Handy klingelt. Er zieht es aus der Tasche, aber da hebt die Assistentin abwehrend die Hand: »Entschuldigung, aber das können Sie hier nicht benutzen.«

»Ach ja.« Luke runzelt die Stirn, als er auf dem Display die Nummer erkennt. »Das ist Iain, den muss ich zurückrufen.«

Schon klar, welcher Iain. Das wird Iain Wheeler sein, der Marketingchef der Arcodas Corporation. Luke hat seine eigene PR-Firma, Brandon Communications, und Arcodas ist ein neuer Großkunde. Es war ein riesiger Coup, als Luke den Auftrag von Arcodas bekommen hat, und seitdem geht es seiner Firma blendend. Er hat jede Menge neue Leute eingestellt und plant mehrere neue Niederlassungen in ganz Europa.

Bei Brandon Communications läuft also alles wunderbar, aber Luke arbeitet mal wieder wie ein Besessener. Ich habe noch nie erlebt, dass er bei jemandem so Gewehr bei Fuß gestanden hat wie bei Iain Wheeler. Wenn Iain anruft, dann ruft Luke sofort zurück, und mit »sofort« meine ich »sofort«. Innerhalb von fünf Minuten, egal, ob er gerade in einem Meeting sitzt oder beim Abendessen, sogar mitten in der Nacht. Luke sagt, er ist nun mal Dienstleister, und Arcodas ist ein großer Kunde, der für genau so etwas viel Geld bezahlt. Ich kann dazu nur sagen: Sollte Iain Wheeler anrufen, wenn ich in den Wehen liege, dann fliegt das Telefon in hohem Bogen aus dem Fenster.

»Kann ich hier irgendwo auf dem Festnetz telefonieren?«, fragt Luke die Assistentin. »Becky, es macht dir doch nichts aus?«

»Schon okay«, winke ich ab.

»Ich zeige Ihnen den Weg«, sagt die Assistentin und erhebt sich. »Mrs Brandon, ich bin gleich wieder da.«

Die beiden verschwinden, und die Tür schließt sich mit einem schweren Klack.

Ich bin allein. Der Computer ist noch an. Der Schallkopf liegt neben dem Monitor.

Ich könnte ihn einfach nehmen und …

Nein. Lächerlich. Ich weiß ja noch nicht einmal, wie man so ein Ding bedient. Außerdem würde das ja die zauberhafte Überraschung verderben. Wenn Luke will, dass wir warten, dann warten wir.

Ich drehe mich auf dem Bett um und sehe meine Fingernägel an. Ich kann warten. Natürlich kann ich das. Ich kann locker …

O Gott. Ich kann es nicht. Nicht bis Dezember. Jetzt habe ich hier alles vor der Nase … und keiner ist in der Nähe … ich werfe nur einen klitzekleinen Blick darauf. Ganz kurz nur. Und ich sage Luke einfach nichts davon. Dann werden wir bei der Geburt immer noch überrascht – nur, dass es für mich insgeheim doch nicht mehr sooo eine Überraschung ist. Genau.

Ich beuge mich hinüber und nehme den Schallkopf in die Hand. Ich setze ihn auf das Gel auf meinem Bauch – und sofort erscheint wieder das verschwommene Bild auf dem Monitor.

Ich habe es geschafft! Nun muss ich nur noch die entscheidende Stelle finden. Hoch konzentriert bewege ich das Gerät über meinen Unterleib, drehe es mal hier- und mal dahin und recke den Kopf dabei Richtung Bildschirm, um etwas erkennen zu können.

Das ist ja viel einfacher, als ich dachte! Vielleicht sollte ich Ultraschall-Assistentin werden. Offensichtlich bin ich ein Naturtalent.

Da ist der Kopf. Wow, er ist riesig! Und das muss …

Meine Hand bleibt stehen, und ich halte den Atem an. Ich habe es gerade gesehen. Ich habe das Geschlecht gesehen!

Es ist ein Junge!

Das Bild ist zwar nicht so klar, wie die Ultraschall-Assistentin es hinbekommen hat, aber es besteht kein Zweifel: Luke und ich bekommen einen Sohn!

»Hallo«, sage ich zu dem Bildschirm, und meine Stimme zittert dabei etwas. »Hallo, kleiner Junge!«

Mir laufen Tränen übers Gesicht. Wir bekommen einen prächtigen kleinen Jungen! Ich kann ihm süße Latzhosen anziehen und ihm ein Bobby-Car kaufen, und Luke kann mit ihm Cricket spielen, und wir nennen ihn …

O mein Gott. Wie nennen wir ihn?

Was Luke wohl zu Birkin sagen würde? Dann könnte ich nämlich eine Birkin-Tasche von Hermès als Windeltasche kaufen.

Birkin Brandon. Klingt doch ziemlich cool.

»Hallo, mein Baby«, summe ich dem großen Bild seines Kopfes sanft entgegen.

»Möchtest du Birkin heißen?«

»Was um alles in der Welt machen Sie denn da?«, schreckt mich die Ultraschall-Assistentin auf. Sie steht reichlich entsetzt mit Luke in der Tür.

»Das sind Krankenhausgeräte! Die dürfen Sie nicht einmal anfassen!«

»Tut mir leid«, räume ich ein und wische mir die Tränen weg. »Ich musste einfach noch einen Blick auf das Kind werfen. Luke, ich habe mit unserem Baby gesprochen. Es ist einfach … toll.«

»Zeig mal.« Lukes Miene hellt sich auf, und er kommt durch den Raum auf mich zu, die Assistentin folgt ihm. »Wo?«

Es ist mir egal, ob Luke sieht, dass es ein Junge ist, und es ist mir egal, ob dann die Überraschung dahin ist. Ich muss diesen Moment mit ihm teilen.

»Guck, hier ist der Kopf«, zeige ich. »Hallo, mein Schatz!«

»Aber wo ist das Gesicht?«, fragt Luke etwas verstört.

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich auf der anderen Seite«, winke ich ab. »Hier sind Mummy und Daddy! Wir lieben dich ganz gaanz …«

»Mrs Brandon«, unterbricht mich die Assistentin, »Sie reden mit Ihrer Blase.«

Woher soll ich denn wissen, dass das meine Blase ist? Sah genau wie ein Babykopf aus.

Meine Wangen sind immer noch ganz heiß, als wir ins Sprechzimmer des Arztes gehen. Die Assistentin hat mir einen ellenlangen Vortrag darüber gehalten, wie ich mich hätte verletzen oder das Gerät hätte beschädigen können, und wir sind erst von ihr losgekommen, als Luke eine großzügige Spende angeboten hat. Als Wiedergutmachung sozusagen.

Außerdem hat sie noch gesagt, ich sei nicht mal in der Nähe des Babys gewesen und hätte folglich auch sein Geschlecht nicht sehen können. Hmpfh.

Als ich meinem Frauenarzt Dr. Braine gegenübersitze, geht es mir langsam besser. Er strahlt so viel Ruhe aus. Dr. Braine ist in den Sechzigern, hat graumeliertes, gepflegtes Haar und trägt einen Nadelstreifenanzug und einen Hauch altmodisches Aftershave. Und er hat schon Tausende von Kindern zur Welt gebracht, einschließlich Luke! Wenn ich ehrlich bin, kann ich mir Lukes Mutter Elinor überhaupt nicht bei einer Geburt vorstellen, aber irgendwie wird es wohl passiert sein müssen. Sobald wir wussten, dass ich schwanger bin, hat Luke in Erfahrung gebracht, ob Dr. Braine noch praktiziert, weil er der Beste im ganzen Land ist.

»Mein lieber Junge!« Er drückt Luke herzlich die Hand. »Wie geht es dir?«

»Sehr gut.« Luke setzt sich neben mich. »Und wie geht es David?«

Luke ist mit Dr. Braines Sohn David zur Schule gegangen und fragt jedes Mal nach ihm, wenn wir bei Dr. Braine sind.

Während Dr. Braine darüber nachdenkt, herrscht Stille im Raum. Das ist das Einzige, was mich an ihm ein kleines bisschen irritiert: Er denkt wahnsinnig lange über alles nach, was man ihn fragt. Selbst wenn man nur Konversation macht. Beim letzten Mal habe ich ihn gefragt, wo er seine Krawatte gekauft hat, und er hat geschlagene fünf Minuten darüber nachgedacht, sogar noch seine Frau angerufen, und das Ganze entwickelte sich zu einer Riesengeschichte. Dabei hat mir die blöde Krawatte nicht einmal gefallen.

»David geht es sehr gut«, meint er und nickt. »Er lässt grüßen.«

Es entsteht erneut eine Pause, in der er die Unterlagen der Ultraschall-Assistentin studiert.

»Sehr gut«, sagt er dann. »Alles bestens. Wie fühlen Sie sich, Rebecca?«

»Oh, mir geht es gut!«, sage ich. »Ich freue mich jedenfalls, dass sich auch das Baby bester Gesundheit erfreut.«

»Sie arbeiten noch Vollzeit?«, fragt Dr. Braine und sieht auf meinen Bauch. »Wird Ihnen das nicht langsam zu viel?«

Luke schnaubt neben mir. Er ist manchmal so ungehobelt.

»Na ja.« Ich überlege, wie ich es am besten ausdrücke. »Der Job ist nicht so furchtbar anstrengend.«

»Becky arbeitet für The Look«, erklärt Luke. »Sie wissen schon, das neue Kaufhaus in der Oxford Street.«

»Ah.« Dr. Braines Miene entspannt sich. »Verstehe.«

Wann immer ich Leuten erzähle, was ich mache, sehen sie beschämt zur Seite, wechseln das Thema oder tun so, als hätten sie noch nie von The Look gehört. Dabei ist das unmöglich, alle Zeitungen schreiben seit Wochen darüber. Gestern nannte die Daily World das Geschäft »den größten Einzelhandelsflop in der Geschichte Großbritanniens«.

Der Vorteil daran, für den größten Kaufhausflop des Landes zu arbeiten, ist, dass ich mir für Arzttermine und Geburtsvorbereitungskurse so viel freinehmen kann, wie ich will. Und wenn ich danach nicht sofort zurückeile, fällt es noch nicht einmal auf.

»Das läuft bestimmt bald besser«, versucht Dr. Braine, mich zu ermutigen. »Haben Sie sonst noch Fragen?«

Ich hole tief Luft. »Also, eine Frage habe ich wirklich noch, Dr. Braine.« Ich zögere kurz und fahre dann fort. »Jetzt, wo der Ultraschall gezeigt hat, dass alles in Ordnung ist, können wir da … wissen Sie …«

»Absolut.« Dr. Braine nickt verständnisvoll. »Viele Paare verzichten in der Frühphase der Schwangerschaft auf Geschlechtsverkehr.«

»Ich rede nicht von Sex!«, sage ich überrascht. »Ich rede vom Einkaufen.«

»Einkaufen?« Dr. Braine sieht mich verstört an.

»Ich habe überhaupt noch nichts für das Baby gekauft«, erkläre ich. »Ich bin etwas abergläubisch. Aber wenn jetzt alles in Ordnung ist, dann könnte ich doch vielleicht heute Nachmittag mit dem Einkaufen anfangen!«

Ich kann meine Begeisterung kaum verhehlen. Ich habe so darauf gewartet, endlich für das Baby shoppen zu können. Gerade habe ich von diesem tollen neuen Geschäft in der King’s Road gelesen: Bambino. Ich habe mir heute extra einen unbezahlten Nachmittag freigenommen, um endlich hingehen zu können!

Luke starrt mich ungläubig an.

»Schatz, was meinst du denn mit anfangen?«, fragt er.

»Ich habe doch noch gar nichts für das Baby gekauft«, verteidige ich mich. »Das weißt du doch.«

»Also … du hast keinen Miniatur-Morgenmantel von Ralph Lauren gekauft?« Luke zählt weiter an den Fingern ab: »Und kein Schaukelpferd? Und kein rosa Feenkostüm mit Flügeln?«

»Das ist doch alles für ein Kleinkind«, erwidere ich höchst würdevoll. »Ich habe noch nichts für den Säugling gekauft.«

Also echt. Wenn ihm dieser Unterschied nicht klar ist, wird Luke wohl kein sehr guter Vater werden.

»Was machen wir denn, wenn es ein Junge wird?«, fragt Luke nach. »Willst du ihn in ein rosa Feenkostüm stecken?«

Für den Fall habe ich mir überlegt, das Kostüm selbst zu tragen. Ich habe es sogar schon anprobiert, und was soll ich sagen, es ist ziemlich dehnbar! Aber das werde ich Luke natürlich nicht auf die Nase binden.

»Wie bist du denn drauf, Luke?« Ich hebe das Kinn. »Ich wusste gar nicht, dass du so spießig bist.«

Dr. Braine folgt unserer Unterhaltung verblüfft. »Ich nehme also an, Sie wollen das Geschlecht des Kindes nicht vorher wissen?«

»Nein, danke«, sagt Luke bestimmt. »Wir wollen, dass es eine Überraschung bleibt. Nicht wahr, Becky?«

»Ähm … ja.« Ich räuspere mich kurz und füge an: »Es sei denn, Dr. Braine, Sie denken, wir sollten es aus wichtigen medizinischen Gründen doch besser vorher erfahren.« Dabei sehe ich Dr. Braine verschwörerisch an, aber er kapiert nichts.

Stattdessen strahlt er: »Nein, nein, überhaupt nicht.«

Mist.

Es dauert noch zwanzig Minuten, bis wir endlich draußen sind. Etwa drei davon untersucht mich Dr. Braine, und den Rest der Zeit schwelgen Luke und er in Erinnerungen an irgendein Cricket-Spiel in Lukes Schulzeit. Ich versuche, höflich zuzuhören – aber ich bin ganz kribbelig. Ich möchte zu Bambino!

Als der Termin endlich vorbei ist, stürzen wir uns ins Londoner Getümmel. Eine Frau mit einem altmodischen Silver-Cross-Kinderwagen läuft an uns vorbei. Ich begutachte ihn verstohlen. So einen will ich unbedingt auch, mit diesen herrlich federnden Rädern. Außer, dass ich ihn mir in Quietschpink machen lasse. Das wird so cool. Die Leute werden mich »die Frau mit dem quietschpinken Kinderwagen« nennen. Außer, wenn es ein Junge wird, dann muss der Wagen natürlich in Hellblau gefertigt werden. Nein, Moment … besser in Marineblau. Dann nennen sie mich …

»Ich habe heute Morgen übrigens mit Giles von der Maklerfirma gesprochen«, unterbricht Luke meine Gedanken.

»Wirklich?« Ich sehe ihn an. »Hat er etwas …«

»Nein.«

»Oh.« Meine Aufregung verflüchtigt sich.

Momentan leben wir in einer fantastischen Penthousewohnung, die Luke schon seit Jahren besitzt. Die Wohnung ist toll, aber sie hat keinen Garten, und sie ist mit einem makellosen beigefarbenen Teppichboden ausgelegt und allgemein nicht besonders geeignet für ein Baby. Deswegen haben wir sie vor ein paar Wochen zum Verkauf ausgeschrieben und angefangen, uns nach einem schönen Einfamilienhaus umzusehen.

Das Problem ist nun, dass unsere Wohnung sofort gekauft wurde. Ich will ja nicht angeben, aber das verdanken wir sicherlich meiner perfekten Dekoration. Ich hatte überall Kerzen aufgestellt, im Badezimmer lag eine Flasche Champagner auf Eis, und dann hatte ich noch lauter trendige Accessoires verteilt, zum Beispiel Programmhefte aus der Oper und Einladungen zu wichtigen Abendgesellschaften (die hatte mir meine angesagte Freundin Suze ausgeliehen). Die Karlssons haben auf der Stelle ein Angebot gemacht! Und sie zahlen ohne Kreditaufnahme, was den Verkaufsvorgang natürlich noch beschleunigt!

Es ist toll – aber wo sollen wir nun wohnen? Wir haben noch kein einziges Haus besichtigt, das uns gefallen hätte. Der Makler sagt, der Markt sei im Moment »leer gefegt«. Er hat uns sogar schon gefragt, ob wir nicht vielleicht etwas mieten wollen.

Ich möchte aber nicht mieten. Ich möchte ein hübsches, neues Haus besitzen, das meinem Kind ein Zuhause ist, wenn wir aus dem Krankenhaus kommen.

»Und wenn wir nichts finden?« Ich sehe Luke an. »Wenn wir auf der Straße landen? Es wird Winter! Und ich werde hochschwanger sein!«

Ich sehe mich schon die Oxford Street auf- und abstapfen, während irgendwo ein Chor »O Little Town of Bethlehem« singt.

»Schatz, wir landen nicht auf der Straße. Aber Giles hat gesagt, wir müssen möglicherweise etwas flexibler mit unseren Wünschen sein.« Luke hält einen Moment inne. »Ich glaube, er meinte deine Wünsche, Becky.«

Das ist nun aber so was von unfair! Sie haben uns einen Fragebogen zugeschickt, auf dem stand: »Bitte formulieren Sie Ihre Wünsche so genau wie möglich.« Also habe ich meine Wünsche so genau wie möglich formuliert. Und jetzt ist das nicht richtig!

»Das Schuhzimmer können wir wohl vergessen.«

»Aber …« Ich breche sofort ab, als ich Lukes Gesichtsausdruck sehe. Ich habe mal in einer Lifestyle-Ausgabe von The Rich and Famous ein Schuhzimmer gesehen, und seitdem träume ich davon. »Okay, dann nicht«, gebe ich nach.

»Vielleicht müssen wir auch flexibler sein, was das Stadtviertel …«

»Das macht mir nichts aus«, versichere ich. Lukes Handy klingelt. »Ich denke sogar, dass das eine gute Idee ist.«

Schließlich wollte Luke die ganze Zeit in Maida Vale wohnen, nicht ich. Ich könnte mir alle möglichen Gegenden vorstellen.

»Luke Brandon«, sagt Luke in seinem Geschäftston. »Oh, hallo. Ja, der Ultraschall war schon. Sieht alles gut aus. Es ist Jess«, sagt er zu mir. »Sie hat es auf deinem Handy probiert, aber das ist wohl noch ausgeschaltet.«

»Jess«, sage ich erfreut. »Gib sie mir mal!«

Jess ist meine Schwester. MeineSchwester. Ich freue mich immer noch jedes Mal, wenn ich das sagen kann. Ich war nämlich mein ganzes Leben lang Einzelkind – und dann habe ich herausgefunden, dass ich eine Halbschwester habe! Na gut, am Anfang haben wir uns nicht so super verstanden, aber seitdem wir gemeinsam diesen Sturm durchgestanden und uns mal vernünftig unterhalten haben, sind wir richtig gute Freundinnen.

Ich habe sie seit ein paar Monaten nicht gesehen, weil sie für irgendein geologisches Forschungsprojekt nach Guatemala geflogen ist. Aber wir haben telefoniert und gemailt, und sie hat mir Fotos aufs Handy geschickt, auf denen sie ganz oben auf einem Berg steht. (Und auf denen sie einen potthässlichen blauen Anorak trägt, dabei hatte ich ihr diese coole Jacke aus Pelzimitat geschenkt. Also echt.)

»Ich gehe jetzt wieder ins Büro«, sagt Luke ins Telefon. »Becky wollte gerade shoppen gehen. Möchtest du mit ihr sprechen?«

»Psst«, zische ich ihn entsetzt an. Er weiß doch, dass er Jess gegenüber das Einkaufen nicht erwähnen soll. Ich schneide eine entsprechende Grimasse und nehme den Hörer: »Jess! Wie geht’s?«

»Super!« Sie klingt sehr weit weg, und es knistert in der Leitung. »Ich wollte nur mal hören, wie der Ultraschall gelaufen ist.«

Das ist ja so rührend. Dass sie daran gedacht hat! Vermutlich hängt sie gerade an einem Seil über irgendeinem Abgrund und schlägt Steine aus dem Berghang – und ruft mich dabei noch an.

»Sieht alles prima aus!«

»Ja, das hat Luke gerade auch schon gesagt, Gott sei Dank.« Ich höre Jess die Erleichterung förmlich an. Ich weiß, dass sie sich immer noch Vorwürfe macht, weil ich ihretwegen den Berghang hinuntergefallen bin. Ich war da hochgeklettert, um sie zu suchen …

Egal, das ist eine lange Geschichte. Das Wichtigste ist jetzt, dass es dem Baby gutgeht.

»Luke sagt, du willst einkaufen gehen?«

»Ach, nur ein paar Kleinigkeiten«, werfe ich locker ein. »Ein paar … äh … umweltfreundliche Windeln. Aus dem Billigladen.« Ich sehe Luke lachen und drehe mich schnell weg.

Die Sache ist nämlich die: Meine Schwester kann Einkaufen und Geldausgeben nicht leiden und will die Erde nicht mit unnützem Konsum belasten. Und sie denkt, ich sehe das genauso. Sie denkt, ich bin ihrem Beispiel gefolgt und lebe jetzt sparsam.

Habe ich auch getan. Ungefähr eine Woche lang. Ich habe einen Sack Haferflocken bestellt, Klamotten bei Oxfam gekauft und Linsensuppe gekocht. Nur leider ist Sparsamkeit so langweilig. Suppe kann man schnell nicht mehr sehen, und es nervt, sich keine Zeitschriften mehr zu kaufen. Und dann dieses Zusammenkleben unbrauchbarer Seifenreste zu einem ekelhaften Klumpen. Die Haferflocken standen Lukes Golfschlägern im Weg, also habe ich sie weggeworfen und stattdessen einfach Weetabix gekauft.

Das alles kann ich Jess aber nicht erzählen, denn das würde unsere harmonische Schwesterbeziehung zerstören.

»Hast du den Artikel gelesen, wie man selbst Feuchttücher herstellen kann?«, fragt sie begeistert. »Das soll ganz einfach sein. Ich habe schon angefangen, alte Lappen für dich zu sammeln. Wir könnten das zusammen machen.«

»Oh. Ähm … ja!«

Jess schickt mir immer die Zeitschrift Das sparsame Baby. Darin stehen Artikel wie »Richten Sie ein ganzes Kinderzimmer mit nur 25 Pfund ein!«, und auf den Bildern sieht man Babys in alten Mehlsäcken. Was für deprimierende Fotos! Ich möchte mein Kind nicht in einen Plastikwäschekorb für 3 Pfund legen. Ich möchte einen niedlichen Stubenwagen mit weißen Rüschen.

Jetzt redet sie von »umweltverträglichen Hanf-Stramplern«. Ich glaube, ich breche diese Unterhaltung besser ab.

»Jess, ich muss los«, unterbreche ich sie. »Kommst du eigentlich zu Mums Party?«

Meine Mutter wird nächste Woche sechzig. Sie hat jede Menge Leute eingeladen, eine Band wird spielen, und unser Nachbar Martin führt Zaubertricks vor!

»Na klar!«, sagt Jess. »Das lasse ich mir doch nicht entgehen! Bis dann!«

»Bye!«

Ich klappe das Handy zu und sehe, dass Luke schon ein Taxi herbeigewunken hat. »Soll ich dich beim Billigladen rauslassen?«, fragt er und öffnet die Tür.

Haha.

»Bambino auf der King’s Road, bitte«, sage ich zum Taxifahrer. »Möchtest du nicht doch mit, Luke?«, frage ich vor lauter Begeisterung. »Wir könnten uns zusammen coole Kinderwagen ansehen und so – und dann noch schön irgendwo Tee trinken gehen …«

Ich sehe Luke schon an, dass er Nein sagen wird.

»Schatz, ich muss zurück ins Büro, Iain treffen. Ich komme ein anderes Mal mit. Versprochen.«

Es bringt nichts, enttäuscht zu sein. Ich weiß, dass Luke vollauf mit Arcodas beschäftigt ist. Immerhin hat er sich Zeit für den Ultraschall genommen. Das Taxi fährt los, Luke legt den Arm um mich und sagt: »Du leuchtest förmlich.«

»Wirklich?«, strahle ich ihn an. Ich muss sagen, ich fühle mich heute auch wirklich gut. Ich trage diese hippen, neuen Jeans aus der Umstandskollektion von Earl, dazu Espadrilles mit Keilabsatz und ein sexy Neckholder-Shirt von Isabella Oliver. Ich habe es ein kleines bisschen hochgezogen, damit man meine gebräunte Kugel darunter sieht.

Das war mir gar nicht so klar, aber schwanger zu sein ist klasse! Okay, der Bauch wird dick – aber das soll er ja auch. Und die Beine sehen im Vergleich dazu dann noch schlanker aus. Und dann bekommt man ganz plötzlich dieses umwerfende Dekolleté. (Auf das Luke auch sehr steht.)

»Zeig doch noch mal die Ultraschallbilder«, sagt er. Ich krame in meiner Handtasche nach den Bildern, und für eine Weile betrachten wir sie gemeinsam. Der runde Kopf, das Profil …

»Wir erschaffen einen ganz neuen Menschen«, murmele ich, völlig gefesselt von den Aufnahmen. »Kannst du dir das vorstellen?«

»Wahnsinn.« Luke drückt mich fester. »Das ist das größte Abenteuer unseres Lebens.«

»Unglaublich, wie die Natur funktioniert.« Ich beiße mir auf die Lippe, denn ich spüre schon wieder all diese Gefühle in mir aufwallen. »Ich habe schon richtige Mutterinstinkte. Ich will … ich möchte unserem Baby einfach alles geben!«

»Bambino«, sagt der Fahrer und hält am Straßenrand an. Ich blicke von den Ultraschallbildern auf zu einer fantastischen, nagelneuen Ladenfront. Eine cremefarbene Fassade mit rot gestreiftem Vordach, ein als Spielzeugsoldat verkleideter Türsteher, und die Schaufenster sind die reinste Schatzkammer für Kinder. Es gibt wunderschöne Babykleidung an kleinen Schaufensterpuppen, ein Kinderbett in der Form eines Cadillacs aus den Fünfzigern, sogar ein richtiges Riesenrad, das sich dreht und dreht …

»Wow!« Ich atme tief durch und öffne die Taxitür. »Ob das Riesenrad wohl zu kaufen ist? Bye, Luke, bis später!«

Ich bin schon fast am Eingang angekommen, da höre ich Luke rufen: »Warte!« Ich drehe mich um und stelle fest, dass er etwas beunruhigt aussieht. »Becky.« Er lehnt sich aus dem Fenster. »Das Baby muss nicht alles haben.«

ZWEI

Wie um Himmels willen habe ich es ausgehalten, das Einkaufen für das Baby so lange aufzuschieben?

Die Säuglingsabteilung im ersten Stock ist mit weichem Teppich ausgelegt, über die Lautsprecher ertönen Kinderlieder, und der Eingang zur Abteilung ist mit riesigen Plüschtieren dekoriert. Ein Angestellter im Peter-Rabbit-Kostüm hat mir einen weißen Weidenkorb gegeben. Ich sehe mich um und könnte sofort den ganzen Laden leer kaufen.

Es heißt ja, dass das Muttersein einen verändert – und das stimmt. Einmal in meinem Leben denke ich nun nämlich nicht an mich. Ich bin sogar total selbstlos! Schließlich ist all dies nur zum Wohl meines Kindes.

Auf der einen Seite der Abteilung sind reihenweise süße Stubenwagen und leise klimpernde Mobiles. Auf der anderen Seite leuchtet das verlockende Chrom der Kinderwagen. Direkt vor mir sehe ich lauter klitzekleine Outfits für Säuglinge und gehe darauf zu. Diese süßen Häschenpantoffeln … Und die kleinen rindsledernen Steppjäckchen … Und diese riesige Auswahl an Baby Dior … Und, o mein Gott, Junior Dolce!

Okay. Ganz ruhig. Alles der Reihe nach. Ich brauche eine Liste.

Ich ziehe Neun Monate Ihres Lebens aus der Handtasche und schlage Kapitel acht auf: »Einkaufen für das Baby.«

Kleidung: Erliegen Sie nicht der Versuchung, zu viel Erstlingsausstattung zu kaufen. Wir empfehlen weiße Kleidung, da sie am besten waschbar ist. Drei einfache Strampler und sechs Bodys reichen vollkommen aus.

Ich sehe mir diese Worte einen Augenblick lang an. Es ist doch so: Im Grunde sollte man Ratschläge aus Büchern nicht allzu penibel befolgen. Das stand sogar in der Einleitung des Buches selbst: »Sie müssen nicht jeden Rat befolgen, den Ihnen jemand gibt. Jedes Kind ist anders, verlassen Sie sich auf Ihren Instinkt.«

Mein Instinkt sagt mir, ich soll so ein Rindsleder-Jäckchen kaufen.

Ich eile zu dem Kleiderständer und sehe mir die Größen an. Da gibt es »Neugeboren« und »Kleines Baby«. Woher soll ich denn jetzt schon wissen, ob ich ein kleines Baby haben werde? Ich knuffe meinen Bauch ein bisschen, er fühlt sich bis jetzt ziemlich klein an, aber wie will man das beurteilen? Vielleicht sollte ich beide kaufen. Sicher ist sicher.

»Da ist ja der Schneeanzug von Baby in Urbe!« Am Ständer vor mir macht sich eine manikürte Hand zu schaffen und greift nach einem weißen Steppanzug an einem schicken schwarzen Kleiderbügel. »Den suche ich ja schon ewig.«

»Ich auch!«, rufe ich instinktiv. Ich schnappe mir den letzten Anzug, der noch da hängt.

»Wussten Sie, dass sie bei Harrods eine sechs Monate lange Warteliste für so einen haben?« Die Hand gehört zu einer hochschwangeren blonden Frau in Jeans und einem türkisfarbenen Wickeltop. »O mein Gott, die haben hier ja die ganze Kollektion von Baby in Urbe.« Sie stapelt die Babykleidung geradezu in ihren Korb. »Sehen Sie mal! Pu-der-Bär-Schuhe! Davon muss ich einfach ein Paar für meine Tochter mitnehmen.«

Ich habe noch nie von Baby in Urbe gehört. Und dass es Schuhe von Pu gibt, wusste ich auch nicht.

Warum bin ich bloß so uncool? Wieso kenne ich das alles nicht? Ich sehe auf die Kleiderständer und gerate ein bisschen in Panik: Ich habe keine Ahnung, was gerade hip ist. Ich kenne mich mit Babymode überhaupt nicht aus. Und mir bleiben nur noch vier Monate, um mich auf den neuesten Stand zu bringen. Höchste Eisenbahn!

Ich könnte mit Suze sprechen. Sie ist meine älteste und beste Freundin, und sie hat immerhin schon drei Kinder: Ernest, Wilfrid und Clementine. Aber bei ihr ist alles ein bisschen anders, ihre Babykleidung besteht größtenteils aus handbestickten und von der alten Haushälterin ihrer Mutter gestopften Kleidchen, die schon seit Generationen in der Familie weitergereicht werden. Und ihre Kinder schlafen in antiken Eichenbettchen aus dem herrschaftlichen Familiensitz.

Ich nehme mir zwei Paar Pu-der-Bär-Schuhe, noch ein paar Strampler von Baby in Urbe und ein Paar Gummistiefel. Sicher ist sicher. Dann entdecke ich niedliche rosa Kleidchen mit Regenbogen-Knöpfen, passenden Unterhosen und winzig kleinen Söckchen. Total süß. Aber was ist, wenn wir einen Jungen bekommen?

Das geht einfach nicht! Dass ich das Geschlecht des Babys bis zur Geburt nicht weiß. Irgendwie muss ich das doch noch herausfinden.

»Wie viele Kinder haben Sie?«, fragt mich die junge Frau im türkisfarbenen Wickeltop. Nebenbei sucht sie in den Schuhen nach den Größenangaben.

»Das wird mein erstes.« Ich zeige auf meinen Bauch.

»Wie toll! Bei meiner Freundin Saskia auch.« Sie deutet in die Richtung eines superdünnen dunkelhaarigen Mädchens, das ein paar Meter entfernt steht und telefoniert. Man sieht kein bisschen, dass sie schwanger ist. »Sie hat es gerade erst rausgefunden. Das ist ja so aufregend!«

Just in dem Moment klappt Saskia ihr Handy zu und kommt strahlend auf uns zu.

»Ich bin reingekommen!«, sagt sie. »Ich bin bei Venetia Carter!«

»Oh, Saskia! Das ist ja fantastisch!« Die Wickeltop-Frau lässt den Weidenkorb fallen, und zwar genau auf meinen Fuß, und umarmt Saskia stürmisch. Ich hebe den Korb auf und gebe ihn ihr zurück. »’tschuldigung!«, sagt sie unbekümmert. »Ist das nicht toll? Venetia Carter!«

»Sind Sie auch bei Venetia Carter?« Saskias Interesse flackert plötzlich auf.

Ich bin ja dermaßen nicht auf dem Laufenden, was Babys angeht. Ich habe keine Ahnung, wer oder was Venetia Carter überhaupt ist.

»Ich habe noch nie von ihr gehört«, gebe ich zu.

»Das gibt es doch gar nicht!« Die Wickeltop-Frau sieht mich mit großen Augen an. »Die Gynäkologin! Die angesagte Promi-Frauenärztin, zu der jeder will!«

Angesagte Promi-Frauenärztin, zu der jeder will?

Es kribbelt mich am ganzen Körper. Es gibt also eine angesagte Promi-Frauenärztin, zu der jeder will, und ich weiß nichts davon?

»Die aus Hollywood«, erklärt die Wickeltop-Frau. »Sie bringt alle Filmstarkinder zur Welt. Von der müssen Sie doch gehört haben. Sie ist jetzt nach London gezogen, und die ganzen Supermodels gehen zu ihr. Sie hält sogar Teepartys für ihre Patientinnen ab, ist das nicht cool? Alle bringen ihre Kinder mit und bekommen tolle Geschenktüten …«

Mein Herz schlägt wie wild, als ich all das höre. Geschenktüten? Partys mit Supermodels? Ich kann gar nicht glauben, dass ich das bisher alles verpasst habe. Warum habe ich noch nichts von Venetia Carter gehört?

Das ist alles Lukes Schuld. Er war es, der uns gleich zu diesem blöden alten Dr. Braine geschleppt hat. Wir haben nicht mal an jemand anderen gedacht.

»Und macht sie das gut, ich meine, die Geburtshilfe?«, frage ich. Ich versuche, ganz ruhig zu bleiben.

»Oh, Venetia ist wunderbar«, sagt Saskia. »Sie ist ganz anders als diese altmodischen Ärzte. Sie baut eine richtige Beziehung zu ihren Patientinnen auf. Meine Chefin Amanda hat mit ihr eine spektakuläre ganzheitliche Wassergeburt erlebt – mit Lotusblüten und einer Thai-Massage.«

»Mein Mann will nicht so viel Geld für sie ausgeben«, meint ihre Freundin verärgert. »Er ist so was von geizig. Saskia, du hast vielleicht ein Glück …«

»Wie kommt man denn zu ihr durch?« Die Worte sprudeln einfach so aus mir heraus. »Haben Sie ihre Adresse? Oder ihre Telefonnummer?«

»Oh«, sagt die Wickeltop-Frau. Sie und Saskia schauen sich zweifelnd an. »Da sind Sie vermutlich zu spät dran. Sie ist bestimmt schon ausgebucht.«

»Hier, ich kann Ihnen das hier geben, Sie können es ja mal probieren.« Saskia holt aus ihrer Mulberry-Tasche eine Broschüre heraus, auf der ein fein gezeichnetes Baby zu sehen ist. Darunter steht in eleganter marineblauer Schrift »Venetia Carter«. Ich schlage die erste Seite auf. Sie ist voll von glühenden Empfehlungsschreiben, die diskret mit Namen unterschrieben sind. Lauter berühmte Namen! Auf der Rückseite steht eine Adresse in Maida Vale.

Nicht zu fassen. Wir wohnen doch in Maida Vale! Ein Zeichen!

»Danke«, hauche ich. »Ich probiere es.«

Saskia und ihre Freundin machen sich wieder auf den Weg, ich hole mein Handy raus und drücke die Schnellwahltaste für Luke.

»Luke!«, rufe ich, sobald er abnimmt. »Gut, dass ich dich erwische! Rate mal, was passiert ist!«

»Becky, ist alles in Ordnung?«, fragt er beunruhigt. »Was ist denn los?«

»Mir geht’s gut. Aber hör mal, wir müssen den Arzt wechseln! Ich habe gerade von dieser brillanten Frauenärztin gehört, Venetia Carter. Da gehen alle hin, sie ist anscheinend wahnsinnig toll, und die Praxis ist ganz bei uns in der Nähe! Passender könnte es nicht sein! Ich rufe sie gleich mal an!«

»Becky, wovon zum Teufel sprichst du?« Luke scheint mir nicht zu glauben. »Wir wechseln doch nicht den Arzt! Wir haben schon einen Arzt, erinnerst du dich? Und zwar einen sehr guten.«

Hat er denn gar nicht zugehört?

»Das weiß ich doch«, sage ich. »Aber Venetia Carter bringt die Babys der Filmstars zur Welt! Ganzheitlich!«

»Was meinst du denn mit ›ganzheitlich‹?« Das scheint Luke überhaupt nicht zu beeindrucken. Gott, ist der engstirnig.

»Jede Frau erlebt bei ihr eine tolle Geburt! Sie macht das mit Thai-Massagen! Ich habe hier bei Bambino gerade zwei Frauen kennengelernt, die mir erzählt haben …«

»Also, ich weiß wirklich nicht, warum diese Ärztin besser sein soll als Dr. Braine«, unterbricht mich Luke. »Wir wissen, wie erfahren er ist. Wir wissen, dass er hervorragende Arbeit leistet. Und er ist ein Freund der Familie …«

»Aber – aber …« Vor lauter Frustration hüpfe ich schon auf und ab.

»Aber was?«

Ich weiß nicht mehr weiter. Ich kann jetzt auf keinen Fall sagen: »Sie gibt Teepartys mit Supermodels.«

»Vielleicht möchte ich ja einfach lieber von einer Frau betreut werden!« Das fiel mir zum Glück gerade noch rechtzeitig ein. »Hast du daran schon mal gedacht?«

»Dann bitten wir Dr. Braine, uns eine Kollegin zu empfehlen«, gibt Luke fest zurück. »Becky, Dr. Braine ist seit Jahren der Frauenarzt unserer Familie. Wir sollten wirklich nicht wegen zwei dahergelaufener junger Frauen zu einer unbekannten Ärztin wechseln, nur weil sie gerade angesagt ist.«

»Aber diese Ärztin ist nicht unbekannt! Darum geht es doch gerade! Sie behandelt alle Prominenten!«

»Becky, hör einfach auf.« Lukes Stimme hört sich jetzt richtig bestimmt an. »Das ist doch eine Schnapsidee. Deine Schwangerschaft ist schon halb rum, da wechselt man doch nicht einfach den Arzt. Punkt. Iain ist gerade reingekommen, ich muss jetzt Schluss machen. Bis später.«

Aufgelegt. Ich starre ärgerlich das Telefon an.

Was bildet er sich eigentlich ein, mir vorschreiben zu wollen, zu welchem Arzt ich gehe? Und was ist überhaupt so toll an diesem Dr. Braine? Ich stopfe die Broschüre und das Handy in meine Tasche und fülle meinen Korb wütend mit Stramplern von Petit Lapin.

Luke hat ja keine Ahnung. Wenn alle Filmstars zu ihr gehen, dann muss sie einfach gut sein.

Und es wäre so cool. So dermaßen cool.

Ich sehe mich schon im Krankenhaus liegen, mein neugeborenes Baby im Arm, und im Nebenbett liegt Kate Winslet. Und daneben Heidi Klum. Wir würden uns anfreunden! Wir würden uns gegenseitig kleine Geschenke kaufen, und unsere Babys würden für den Rest ihres Lebens diese innere Verbundenheit spüren. Und wir würden zusammen auf den Spielplatz gehen und dabei von der Hello! fotografiert werden. »Kate Winslet mit Kinderwagen: Sie spricht mit einer Freundin.«

Vielleicht sogar: »… mit ihrer besten Freundin Becky.«

»Entschuldigen Sie, benötigen Sie noch einen Korb?« Eine Stimme unterbricht meine Gedanken, und als ich aufsehe, steht da ein Verkäufer, der auf den Berg von Babysachen in meinem Korb zeigt. Ich habe sie einfach da reingestopft, ohne sie richtig anzusehen.

»Oh, danke«, sage ich benommen. Ich nehme einen zweiten Korb entgegen und gehe zu einem Stand mit Mützen, auf denen »Kleiner Star« und »Kleiner Schatz« steht. Aber ich kann mich nicht mehr konzentrieren.

Ich will zu Venetia Carter. Mir doch egal, was Luke davon hält. In einem plötzlichen Anflug von Trotz ziehe ich erneut das Handy heraus und nehme die Broschüre in die Hand. Ich suche mir eine stille Ecke und wähle die Nummer.

»Guten Tag, Vorzimmer Venetia Carter«, meldet sich eine sehr vornehme Frauenstimme.

»Oh, hallo.« Ich versuche, so charmant wie möglich zu klingen. »Ich bekomme im Dezember ein Kind, und Venetia Carter ist mir sehr empfohlen worden. Wäre es vielleicht noch irgendwie möglich, einen Termin bei ihr zu bekommen?«

»Das tut mir leid.« Die Frau ist höflich, aber bestimmt. »Miss Carter ist momentan völlig ausgebucht.«

»Aber ich brauche sie dringend! Ich möchte unbedingt eine ganzheitliche Wassergeburt. Und ich wohne in Maida Vale. Und ich wäre bereit, mehr zu zahlen.«

»Miss Carter ist vollkommen …«

»Wissen Sie, ich bin Einkaufsberaterin, und es wäre mir eine Freude, Miss Carter meine Dienste zur Verfügung zu stellen.« Die Worte sprudeln nur so hervor. »Und mein Mann hat eine PR-Agentur. Er könnte kostenlos die PR für Miss Carter übernehmen! Das braucht sie zwar sicher gar nicht«, füge ich hastig hinzu, »aber wenn Sie sie vielleicht fragen könnten? Bitte?«

Stille.

»Ihr Name?«, fragt die Frau schließlich.

»Rebecca Brandon«, sage ich eifrig. »Und mein Mann ist Luke Brandon von Brandon Communications und …«

»Bitte warten Sie kurz, Mrs Brandon. Venetia …« Ihre Stimme wird von der Melodie der »Vier Jahreszeiten« unterbrochen.

Bitte mach, dass sie Ja sagt. Bitte.

Mir stockt der Atem. Ich stehe neben einer Auslage von gestrickten weißen Hasen, kreuze meine Finger, halte dabei zur Sicherheit alle Talismane an den Halsketten fest und bete zu Vishnu. In letzter Zeit war Vishnu schon häufiger ganz hilfreich. »Mrs Brandon?«

»Hallo!« Ich lasse die Kettenanhänger fallen. »Ja, ich bin noch dran!«

»Es sieht so aus, als wäre vielleicht doch noch ein Zeitfenster offen. Wir geben Ihnen in den nächsten Tagen Bescheid.«

»Okay«, keuche ich. »Vielen Dank!«

REGAL AIRLINES

Head Office

Preston House

354 Kingsway • London WC2 4TH

Mrs Rebecca Brandon

37 Maida Vale Mansions

Maida Vale

London NW6 0YF

14. August 2003

Sehr geehrte Mrs Brandon,

vielen Dank für Ihr Schreiben mit der Auflistung der Flugstrecken, die Sie mit unserer Airline zurückgelegt haben, ebenso wie für die Arztberichte und Ultraschallbilder. Es stimmt sicherlich, dass Ihr ungeborenes Kind schon viele Male mit Regal Airlines geflogen ist. Dennoch qualifiziert dies nicht zur Anrechnung von Flugmeilen, da das Kind für keinen dieser Flüge ein Ticket erworben hat.

Es tut mir leid, dass ich Sie mit dieser Nachricht enttäuschen muss. Ich hoffe, Sie dennoch bald wieder als Fluggast bei Regal Airlines begrüßen zu dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

Margaret McNair

Kundenbetreuung

DREI

Luke gegenüber habe ich Venetia Carter nicht mehr erwähnt.

Erstens ist sowieso noch nichts sicher. Und noch mal, erstens hat mich die Ehe vor allem eins gelehrt: keine heiklen Themen anschneiden, wenn der Mann gestresst ist, weil er gleichzeitig in Amsterdam und München neue Büros eröffnet. Luke war die ganze Woche weg und ist erst gestern Abend völlig erledigt nach Hause gekommen.

Außerdem ist der Arztwechsel nicht das einzige heikle Thema, das ich mit ihm besprechen muss. Der Mercedes hat eine winzig kleine Schramme abbekommen (was nicht meine Schuld war, sondern die von so einem blöden Poller), und ich möchte gerne, dass Luke mir aus Mailand zwei Paar Miu-Miu-Schuhe mitbringt.

Es ist Samstagmorgen, ich sitze im Arbeitszimmer und sehe mir auf dem Laptop meinen Kontostand an. Das Onlinebanking habe ich erst vor ein paar Monaten entdeckt – das hat ja so viele Vorteile! Man kann es zum Beispiel zu jeder Tages- und Nachtzeit machen. Und es werden einem keine Kontoauszüge mehr nach Hause geschickt, also sieht niemand (zum Beispiel auch kein Ehemann) die Auszüge in der Wohnung herumliegen.

»Becky, meine Mutter hat geschrieben.« Luke kommt mit einem Brief und einer Tasse Kaffee in der Hand herein. »Viele Grüße.«

»Deine Mutter?« Ich versuche, mir den Schreck nicht anmerken zu lassen. »Elinor? Was will sie denn?«

Luke hat zwei Mütter. Seine liebe und herzliche Stiefmutter Annabel lebt mit seinem Vater in Devon. Wir haben sie erst letzten Monat besucht. Und dann seine biologische Mutter Elinor, die Eiskönigin persönlich. Sie lebt in Amerika und hat ihn bei seinem Vater in England zurückgelassen, als Luke noch ein kleines Baby war. Ich finde, sie gehört exkommuniziert.

»Sie reist mit ihrer Kunstsammlung durch Europa.«

»Wieso das denn?«, frage ich rundheraus. Vor meinem inneren Auge sehe ich Elinor in einem Zugabteil sitzen, ein paar Gemälde unter den Arm geklemmt – und das passt irgendwie so gar nicht zu ihr.

»Die Sammlung ist im Moment in den Uffizien zu sehen und wird danach in eine Galerie in Paris …« Luke bricht ab. »Becky, du hast doch nicht gedacht, dass sie ihre Kunstsammlung mit in den Urlaub nimmt, oder?«

»Natürlich nicht«, sage ich würdevoll. »Ich wusste genau, was du meinst.«

»Wie dem auch sei, sie kommt dann auch nach London und möchte uns treffen.«

»Luke, ich dachte, du kannst deine Mutter nicht leiden? Ich dachte, du wolltest sie nie wiedersehen?«

»Ach, Becky.« Luke runzelt die Stirn. »Sie ist immerhin die Großmutter unseres Kindes. Wir können sie nicht komplett ausschließen.«

Doch, das können wir – würde ich jetzt am liebsten antworten. Aber ich nehme an, dass Luke Recht hat. Das Kind wird ihr erstes Enkelkind sein, und es ist blutsverwandt.

Oje, was machen wir nur, wenn das Kind so wird wie Elinor? Ich kann mir direkt vorstellen, wie mein Baby in einem cremefarbenen Chanel-Kostüm im Buggy sitzt und sagt: »Mutter, dein Outfit sieht schäbig aus.«

Luke unterbricht meine Gedanken. »Was machst du denn da?«, fragt er. Erst jetzt merke ich, dass er direkt auf mich – und meinen Laptop – zukommt.

»Nichts!«, sage ich schnell. »Das ist nur mein Konto …« Ich klicke auf »Fenster schließen«, aber es tut sich nichts. Abgestürzt. Mist.

»Ist irgendwas?«, fragt Luke.

»Nein, nein!« Jetzt werde ich doch ein bisschen panisch. »Ich schalte einfach das ganze Ding ab!« Ich reiße das Stromkabel aus dem Laptop – aber der Bildschirm ist immer noch erleuchtet. Der blöde Akku ist voll, und da steht mein Kontostand. Schwarz auf weiß.

Und Luke kommt immer näher. Ich weiß wirklich nicht, ob er das hier sehen sollte.

»Lass mich doch mal«, sagt Luke. »Bist du auf der Website der Bank?«

»Äh … irgendwie schon. Ehrlich, du brauchst mir nicht zu helfen …« Ich stehe auf und stelle mich vor den Laptop, aber Luke sieht um mich herum. Er starrt einen Augenblick ungläubig auf den Bildschirm.

»Becky, steht da First Cooperative Bank of Namibia?«

»Äh … ja.« Ich versuche, ganz sachlich zu klingen. »Da habe ich ein kleines Girokonto.«

»In Namibia?«

»Die haben mir gemailt und sehr gute Konditionen geboten«, verteidige ich mich. »Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.«

»Beantwortest du eigentlich jeden Spam, Becky?« Luke sieht mich fassungslos an. »Hast du etwa auch ein paar nette Viagra-Ersatzmittel bestellt?«

War ja klar, dass er meine clevere Entscheidung nicht verstehen würde.

»Reg dich doch nicht so auf«, sage ich. »Das ist halb so wild. Die Welt ist globalisiert, das weißt du doch. Die alten Grenzen sind verschwunden. Wenn es in Bangladesh gute Konditionen gibt …«

»Bangladesh?«

»Oh … also … da habe ich auch ein Konto. Auch nur ein ganz kleines«, sage ich schnell, als ich seinen Gesichtsausdruck bemerke.

»Becky.« Luke kommt anscheinend nicht ganz damit klar. »Wie viele Onlinekonten hast du genau?«

»Drei«, sage ich. »Ungefähr drei.«

Er sieht mich durchdringend an. Das ist das Dumme an Ehemännern: Irgendwann kennen sie einen einfach zu gut.

»Also okay. Fünfzehn.«

»Und wie viele davon haben einen Dispo?«

»Fünfzehn. Was denn?«, schieße ich schnell hinterher. »Ein Konto ohne Dispo ist ja wohl sinnlos.«

»Fünfzehn Konten mit Dispokredit?« Luke fasst sich an den Kopf. »Becky, du bist die Schulden der Dritten Welt.«

»Ich nutze die Globalisierung zu meinem Vorteil«, entgegne ich. »Die Bank von Tschad hat mir 50 Dollar allein für die Eröffnung eines Kontos gutgeschrieben.«

Luke ist echt betriebsblind. Was soll so schlimm daran sein, dass ich fünfzehn Konten habe? Jedes Kind weiß doch, dass man nicht alles auf ein Pferd setzen soll.

»Luke, du vergisst anscheinend, dass ich mal eine höchst erfolgreiche Finanzjournalistin war. Mit Geld und Investitionen kenne ich mich aus. Je höher das Risiko, desto größer der Profit.«

Meine Argumentation scheint Luke nicht zu überzeugen. »Danke, Becky, die Prinzipien des Finanzmarkts sind mir bekannt«, sagt er höflich.

»Okay.« Da fällt mir was ein. »Wir sollten das Investmentkonto für das Baby auch in Bangladesh anlegen. Da würden wir irre viel Geld verdienen!«

»Bist du verrückt?« Luke starrt mich an.

»Aber warum denn nicht? Der Markt dort ist voll im Kommen!«

»Wohl kaum.« Luke rollt jetzt richtig mit den Augen. »Ich habe schon mit Kenneth über das Konto für das Baby gesprochen, und wir sind übereingekommen, das Geld in sehr sicheren Anlagen …«

»Moment mal!« Ich hebe die Hand. »Was soll das denn heißen: Du hast mit Kenneth gesprochen? Habe ich nichts dazu zu sagen?«

Ich fasse es nicht, dass sie mich nicht mal gefragt haben! Als ob ich gar nicht zähle. Dabei war ich früher Finanzexpertin im Fernsehen und habe jede Woche Hunderte von Briefen mit Fragen bekommen.

»Becky, sieh mal«, seufzt Luke. »Kenneth freut sich, uns passende Anlagen zu empfehlen – und du brauchst dir keinen Kopf zu machen.«

»Darum geht es doch gar nicht!«, sage ich verletzt. »Verstehst du das denn nicht, Luke? Wir werden Eltern. Als Eltern müssen wir Dinge gemeinsam entscheiden. Sonst schlägt unser Kind uns später, und wir verstecken uns vor lauter Angst im Schlafzimmer und schlafen nie mehr miteinander!«

»Was?«

»So läuft das! Habe ich bei der Supernanny gesehen!«

Luke ist total erschrocken. Er sollte wirklich mehr fernsehen.

»Okay«, sagt er schließlich. »Wir können gerne gemeinsam Entscheidungen treffen. Aber ich lege das Geld für das Baby nicht auf einem hochriskanten Markt an.«

»Nun ja, und ich lege es nicht auf ein langweiliges Sparbuch, wo es keinen Gewinn erzielt!«

»Pattsituation.« Es zuckt um Lukes Mundwinkel. »Was schlägt denn die Supernanny so vor, wenn Eltern entgegengesetzte Meinungen zu Investmentkonten haben?«

»Ich bin nicht sicher, ob sie das Thema schon hatten«, gebe ich zu. Dann fällt mir etwas ein. »Wir können das Geld doch aufteilen. Du investierst die eine Hälfte, ich die andere. Dann werden wir ja sehen, wer mehr Gewinn macht.« Ich kann mir nicht verkneifen, noch hinzuzufügen: »Ich wette, ich.«

»Oh, verstehe.« Luke zieht die Augenbrauen hoch. »Dann ist das also eine Wette, Mrs Brandon?«

»Wer wagt, gewinnt«, sage ich lässig. Luke lacht.

»Okay, abgemacht. Jeder bekommt die Hälfte und kann damit machen, was er will.«

»Abgemacht.« Ich strecke die Hand aus, und Luke schlägt ein. Da klingelt das Telefon.

»Ich geh ran«, sagt Luke. »Hallo?«

Diese Wette werde ich aber so was von gewinnen! Ich suche mir richtig gute Anlagemöglichkeiten aus und vergolde unser Kind geradezu. Ich kann in Futures investieren oder in Gold … Halt! Kunst! Das ist es. Ich entdecke den nächsten Damien Hirst. Ich kaufe irgendeine bemalte Kuh oder so was, die später bei Sotheby’s zu einem horrenden Preis versteigert wird. Alle werden sagen, wie unglaublich weitsichtig und genial ich das angestellt habe …

»Wirklich?«, fragt Luke gerade. »Nein, das hat sie noch gar nicht erzählt. Danke.« Er legt auf und sieht mich fragend an. »Becky, das war Giles vom Immobilienbüro. Er sagt, ihr habt euch Anfang der Woche lange unterhalten? Was genau hast du ihm denn gesagt?«

Mist. Wusste ich doch, dass da noch ein heikles Thema war. Ich sollte mir lieber eine Liste machen.

»Ach, ja.« Ich räuspere mich kurz. »Ich habe ihm gesagt, dass wir flexibler sein wollen.« Ich schiebe ein paar Zettel auf dem Schreibtisch herum. »Hast du doch selbst gesagt. Die Gegend ein bisschen ausweiten, in der wir suchen.«

»Ein bisschen?«, fragt Luke. »In die Karibik? Er will uns Informationen zu acht Strandhäusern schicken und hat gefragt, ob wir schon Flüge buchen möchten.«

»Du hast doch gesagt, dass wir die Suche ausweiten sollen. Das war deine Idee!«, verteidige ich mich.

»Ich meinte Kensington! Nicht Barbados!«

»Hast du denn gesehen, was wir auf Barbados kriegen könnten? Sieh dir das doch mal an!« Ich gehe zu seinem Schreibtisch hinüber, gehe ins Internet und suche die Seite der Maklerfirma in der Karibik.

Diese Websites sind das Beste. Besonders die mit den virtuellen Touren.

»Das hier zum Beispiel.« Ich zeige auf den Bildschirm. »Villa mit fünf Schlafzimmern, eingelassenem Swimmingpool, großzügigem Garten und Gästehaus!«

»Becky …« Luke hält einen Moment inne, bevor er erklärt: »Das Haus ist auf Bar-ba-dos.«

Warum hängt er sich denn so an diesem Detail auf?

»Ja und?«, sage ich. »Das wär doch super. Das Baby könnte zu Hause schwimmen lernen, und du könntest deinen Internetanschluss ins Gästehaus legen … und ich könnte jeden Tag am Meer joggen …«

Ich sehe mich schon im Stringbikini mit einem Joggerbuggy am weißen Strand der Karibik entlanglaufen. Und Luke würde knackebraun im Polohemd einen Rumpunsch trinken. Er könnte surfen lernen, und er könnte sich wieder Perlen ins Haar flechten lassen …

»Ich flechte mir nicht wieder Perlen ins Haar«, unterbricht er meine Gedanken.

Wie gruselig ist das denn? Woher um alles in der Welt wusste er …

Oh. Okay. Könnte sein, dass ich ihm meine Fantasien über die Karibik schon mal erzählt habe.

»Schatz«, sagt er und setzt sich. »Über so was können wir vielleicht in fünf bis zehn Jahren mal nachdenken. Wenn alles läuft wie geplant, dann ist bis dahin alles drin. Aber in der Zwischenzeit müssen wir in London bleiben.«

»Und was machen wir jetzt?« Ich schließe demonstrativ die Website aus Barbados. »Der Markt gibt im Moment nichts her. Bald ist Weihnachten, und wir landen auf der Straße. Wir müssen mit dem Baby in eine Unterkunft für Obdachlose und Suppe essen …«

»Becky.« Luke hebt die Hand. »Wir müssen keine Suppe essen.« Er öffnet eine E-Mail, lädt den Anhang herunter und druckt ihn aus.

»Was machst du da?«, frage ich.

»Hier.« Er reicht mir die Zettel. »Deshalb hat Giles angerufen. Falls wir London noch in Betracht ziehen, hat er gesagt. Er hat es gerade reinbekommen, direkt hier um die Ecke, Delamain Road. Wir müssen uns schnell entscheiden.«

Ich sehe mir die erste Seite an.

Elegantes Einfamilienhaus … ideal für Gäste … großzügiger Eingangsbereich … luxuriöse Einbauküche …

Wow. Zugegeben, das sieht toll aus.

Garten mit vom Architekten entworfenem Spielplatz … sechs Schlafzimmer … Ankleidezimmer mit begehbarem Schuhschrank …

Ich halte die Luft an. Ein begehbarer Schuhschrank! Das heißt doch bestimmt nur …

»Es gibt sogar ein Schuhzimmer.« Luke grinst mich an. »Hat Giles ganz gut gefallen. Wollen wir es uns ansehen?«

Ich bin ja so aufgeregt. Nicht nur wegen des Schuhzimmers. Ich habe mir das Exposé immer wieder durchgelesen und sehe Luke und mich schon in diesem Haus wohnen. Ich sehe mich in der rahmenlosen Kalksteinduschkabine »Rainjet« duschen … in der Bulthaup-Küche zwischen den funkelnden Armaturen Kaffee kochen … und mit der Tasse in den nicht einsehbaren Garten auf der Westseite mit altem Staudenbestand schlendern. Was auch immer das sein soll.

Wir gehen die baumbestandene Maida Vale Road hinunter, um uns das Haus anzusehen. Ich habe das Exposé in der Hand, dabei kenne ich es mittlerweile fast auswendig.

»24 … 26 …« Luke sieht die Hausnummern an. »Das muss auf der anderen Seite sein.«

»Da ist es!« Ich zeige auf die gegenüberliegende Straßenseite. »Guck mal, das ist der ›repräsentative Eingangsbereich mit Säulen, Doppelflügeltür und Oberlicht‹! Es sieht toll aus!«

Luke hält mich noch kurz fest, bevor ich rübersprinte. »Becky, eins noch, bevor wir reingehen.«

»Was denn?« Ich ziehe an seiner Hand wie ein Hund an der Leine.

»Bleib cool, okay? Wir wollen keinen zu interessierten Eindruck machen. Das gehört zum Einmaleins jedes Geschäfts: Man muss immer wirken, als ob man genauso gut wieder gehen könnte.«

»Oh. Alles klar.«

Cool sein. Das kann ich, keine Frage.

Aber als wir auf das Haus zugehen, hämmert mein Herz. Das ist unser Haus, ich weiß es!

»Was für eine Haustür!«, rufe ich aus. »Wie die glänzt!« Ich drücke auf die Klingel.

»Becky … cool, okay?«, sagt Luke. »Versuch bitte, nicht so beeindruckt auszusehen.«

»O ja, stimmt ja.« Ich mache den coolsten Gesichtsausdruck, den ich auf Lager habe.

Eine sehr schlanke Frau in den Vierzigern öffnet die Tür. Sie trägt D-&-G-Jeans, ein Top, das 500 Pfund gekostet haben muss, und einen so riesigen Diamantring, dass sie wahrscheinlich kaum den Arm heben kann.

»Hi.« Sie spricht mit einem heiseren Mockney-Akzent. »Möchten Sie das Haus besichtigen?«

»Ja!« Ich merke sofort, dass ich schon wieder zu begeistert klinge, und schiebe möglichst unbeteiligt nach: »Wir dachten, wir sehen es uns mal an.«

»Fabia Paschali.« Ihre Hand fühlt sich an wie nasse Baumwolle.

»Becky Brandon. Und das ist mein Mann Luke Brandon.«

»Kommen Sie doch rein.«